PD Dr. phil. habil. Marion Grein
Neuro: Kinder & Jugendliche
31.10.2019Folie Nr. 1
Spiel, Spaß und Kreativ – Kinder lernen anders Deutsch als Erwachsene
Mit unseren Lehrwerken „Jana & Dino“ und „Paul, Lisa & Co.“ wollen wir bereits bei Schülern der 1. bis 4. Klasse die Lust und Freude am Erlernen der deutschen Sprache wecken.
Marion Grein zeigt in ihrem Vortrag, warum Deutschlernen für jedes Alter aus neurobiologischer und allgemeiner Perspektive sinnvoll ist. Skizziert werden aktuelle Forschungsergebnisse mit direktem Anwendungsbezug für die Unterrichtspraxis. Anschließend werden Sie gemeinsam mit Gunda Heck an Hand der Lehrwerke entdecken, wie Sie damit bei Schülern Spaß und Freude am Erlernen der deutschen Sprache wecken können.
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Neuro: Kinder & Jugendliche
31.10.2019Folie Nr. 2
Forschungsmethoden & Lernen aus neurodidaktischer Perspektive
PD Dr. phil. habil. Marion Grein
Neuro: Kinder & Jugendliche
Folie Nr. 331.10.2019
Medizin: Urin- & Speichelmessung; kostenintensiv!
Methoden: Neurolab; Linguistiklabor EEG, eyetracker, ab 2019 fMRT
Mediziner
Flora Bastian
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Neuro: Kinder & Jugendliche
Folie Nr. 431.10.2019
High-amplitude sucking (Nuckelfrequenz) und Eyetracking (Augen-/Blickbewegung)
http://calm.mrc-cbu.cam.ac.uk/baby-lab/+ Tagebuch-Studien / Testverfahren
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Neuro: Kinder & Jugendliche
Folie Nr. 531.10.2019
Beispiel zu EEG/ERP-KappeNeugeborene können am Intonationsmuster erkennen, ob ihre Muttersprache oder eine andere Sprache gesprochen wird. Dies erkennt man an ERPs, die bei „falscher“ Intonation zu einer erhöhten Aktivität im Gehirn führen (Papa, Mama dt. vs. frz., vgl. Current Biology, Volume 19, Issue 23, 1994-1997, 05 November 2009, Newborns, Cry Melody Is Shaped by Their Native Language, Birgit Mampe, Angela D. Friederici, Anne Christophe and Kathleen Wermke).
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Neuro: Kinder & Jugendliche
Reiz kommt, limbisches System prüft, ob relevant Cortex
Subkortikaler BereichLimbisches System
Wenn relevant, erste schwache neuronale Verknüpfung
Festigung durch Wiederholung, Mehrkanaligkeit, Emotionen
31.10.2019Folie Nr. 6
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Neuro: Kinder & Jugendliche
Folie Nr. 731.10.2019
Das limbische System wird auch im Unterricht mit vielen Reizen konfrontiert.
Umgangssprachlich: zum einen Ohr rein, zum anderen hinaus -> das, was vom limbischen System nicht aufgenommen wird, kann auch nicht weitergeleitet und damit gelernt werden.
Selbst wenn man motiviert ist, kann das limbische System die Informationsweiterleitung verhindern! -> Lehrperson / Methode
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Neuro: Kinder & Jugendliche
Nur die Reize, die weiter geleitet werden, werden von Neuron zu Neuron zum Cortex (über das Arbeitsgedächtnis zum Langzeitgedächtnis) weitergegeben – und auch hier zeigt sich die Individualität der Lernenden; die Weiterleitung erfolgt größtenteils über Neurotransmitter.
31.10.2019Folie Nr. 8
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Neuro: Kinder & Jugendliche
31.10.2019Folie Nr. 9
Acetylcholin: Aufmerksamkeit, bessere Speicherung bei Kindern: maximal 8 Minuten!!
Dopamin: (Neugierde, Konzentration, Handlungsbereitschaft): -> ausgewogen Dopamin (durch Lob z.B.): bessere Speicherleistung -> Motivation; [endogene Opioide]; Serotonin -> Glückshormon (Blutmessung) -> Bewegung: EndorphineNoradrenalin: (Wachheit, Aufmerksamkeit, Reaktionsbereitschaft): richtige Menge -> gutes Lernen (Eustress, Motivation), zu viel -> kein Lernen (black out) - SpeichelmessungOxytocin: Bindungshormon -> Sympathie zur Kindergrärtnerin/Lehrkraft -> größter Motivator
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Folie Nr. 1031.10.2019
Verknüpfungsdichte nach Alter:
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31.10.2019Folie Nr. 11
Erwerben vs. Erlernen
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Neuro: Kinder & Jugendliche
Folie Nr. 1231.10.2019
Aber:
Erlernen einer Sprache ≠ Erwerben einer zweiten Sprache (doppelter Erstspracherwerb)
Richtig ERLERNEN kann man eine Fremdsprache erst ab ca. dem 6. Lebensjahr, wenn der Erstspracherwerb abgeschlossen ist! -> Erwerben benötigt ausreichenden Input, den erreicht man nicht mit regulärem Unterricht! -> bilinguale Kindergärten / Schulen: Input muss dann 50%-50% sein!
Die Vorteile der erworbenen Zweisprachigkeit erreicht man nicht mit 2-Stunden „frühem Chinesisch“!
Nähe zum Erstspracherwerb: NEIN!
PD Dr. phil. habil. Marion Grein
Neuro: Kinder & Jugendliche
Folie Nr. 1331.10.2019
Wann ist dann „Deutschunterricht“ sinnvoll? IMMER, aber …
1. Spielerisches kreatives Umgehen mit der deutschen Sprache ist schon sehr früh (durchaus im Kindergarten) sinnvoll
Vorteile: Das Gehör kann die Laute / Intonation noch besser wahrnehmen – positive Einstellung zur Sprache, wenn Spielen im Vordergrund steht -> Spiele, Musik
2. Mit ca. 6 Jahren sind die Grundlagen der Erstsprache(n) gelegt, jetzt bietet sich der ebenfalls kreative, spielerische Umgang mit einer Fremdsprache an
Vorteile: Gehör weiterhin relativ offen für fremde Phoneme (Lehrende sollte eine korrekte Aussprache haben) / große Neugier / große Aufnahmefähigkeit / meist große Motivation eine Sprache zu „lernen“ / Zunahme der kognitiven Fähigkeiten wie geschildert
Vgl. Heidi Seifert (2016) Früher Fremdsprachenerwerb im Elementarbereich: Eine empirische Videostudie. Narr.
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Neuro: Kinder & Jugendliche
Folie Nr. 1431.10.2019
Wie?
Spielerisch – Spaß im Vordergrund – Aktiv
Motivation darf nicht „getötet“ werden!!
Wie?
1. Motivierte Lehrkraft 2. gute Materialien, die den Spaß am Lernen fördern
• Limbisches System: Neugier, Freude, Tatendrang, Erfolgserlebnis (Dopamin)
• Aufmerksamkeitsspanne (≈ 10 Min.): Einführen, ausprobieren, spielerisch wiederholen
• Berücksichtigung der Interessen der Lernenden: Themen, Spiele, Malen, Basteln, Sticker
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Neuro: Kinder & Jugendliche
Folie Nr. 1531.10.2019
• Bewegung -> Sauerstoff
• Konsolidierung – nicht vermitteln und gleich abfragen; ca. 6 Stunden zum Aufbau bzw. Festigung des neuen „Lernstoffs“
• Hausaufgaben dienen der Konsolidierung
• Positives Feedback
• Das Wichtigste: eine empathische Lehrkraft (Oxytocin)
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Neuro: Kinder & Jugendliche
Folie Nr. 1631.10.2019
Wichtige Erkenntnisse aus der Sprachlehrforschung für kindliches Lernen
Die Eyetracker-Studien machen deutlich, wie wichtig Bilder sind, die das jeweilige Alter auch ansprechen!Funktion der Bilder (1) Emotionen wecken -> Gleichaltrige / Tiere, Comics, die Kinder in dem Alter auch außerhalb des Unterrichts wählen
PD Dr. phil. habil. Marion Grein
Neuro: Kinder & Jugendliche
Folie Nr. 1731.10.2019
Funktion 2 von Bildern -> Verständniserleichterung
Duale Kodierung, die nicht zu Überlagerungen führt, hilft beim Verstehen -> z.B. Filme
Was spricht Kinder an?
Eyetracker-Studien zeigen: Gesichter / sympathische „Figuren“
Geschichten mit festen Protagonisten -> die beliebtesten 5 in Dtl. (Fokus 2019)Sandmännchen; Caillou; Lauras Stern; der kleine rote Traktor; die Pinguine
PD Dr. phil. habil. Marion Grein
Neuro: Kinder & Jugendliche
Folie Nr. 1831.10.2019
Aufmerksamkeitsspanne / Neugier (=limbisches System) -> Abwechslung und Anlehnung an „Spiele“, die Kinder auch freiwillig (leider immer weniger) in Kinderzeitschriften finden.
Laut Statista beliebteste Kinderzeitschrift GEOmini (5-8 Jahre) und GEOlino (8-12 Jahre) und dort beliebteste „Aktivitäten“ von Kindern:
Tiere, Rätsel – dabei Bilderrätsel, Quiz, Puzzle, Malen nach Zahlen, Ausmalen, Basteln nach Bastelanleitung, Suchbilder, Bildervergleiche, kleine Projekte und Musik
Prinzip: beiläufiges Lernen mit Freude
Zwei weitere Prinzipien aus der Neurowissenschaftlichen Forschung sind die sog. Embodied Cognition und der Einsatz von Musik
PD Dr. phil. habil. Marion Grein
Neuro: Kinder & Jugendliche
Folie Nr. 1931.10.2019
Embodied Cognition
Mithilfe der Visualisierung der Gehirnregionen, die beim Abrufen von Wörtern aktiviert werden, wird deutlich, dass Wörter mit visuellen, auditiven, olfaktorischen und taktilen Informationen gespeichert werden.
Vokabeln wie „aufheben“ oder „treten“ aktivieren beispielsweise zum einen den Bereich, in dem die Vokabeln abgespeichert sind, aber auch den motorischen Bereich, der aktiv ist, wenn die jeweiligen Körperteile tatsächlich aktiviert werden.
Ein rein akustisch gelerntes Wort verfügt über ein weniger tiefes Netz als ein Wort, das mit verschiedenen sensorischen Modalitäten gespeichert wurde.
PD Dr. phil. habil. Marion Grein
Neuro: Kinder & Jugendliche
Folie Nr. 2031.10.2019
Das weitere Feld neurowissenschaftlicher Studien ist der Bereich der Musik (und des Hörsehverstehens)
Studien zeigen, dass Musik vor allem beim Erwerben/Erlernen der richtigen Aussprache hilft, aber auch grammatische Strukturen werden besser memoriert!
Lieder müssen kindgerecht sein ->
PD Dr. phil. habil. Marion Grein
Neuro: Kinder & Jugendliche
Folie Nr. 2131.10.2019
Weitere Erkenntnis aus den neurowissenschaftlichen Studien ist, dass man die Erstsprache der Lernenden (oder auch andere Sprachen, die sie beherrschen) nicht aus dem Unterricht ausklammern soll -> aktuell 5-10% Sprachvergleich sinnvoll!
Aber: je mehr Input auf Deutsch, desto besser
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