04 Lajda SIGA 26.10 · • (noch immer) im OP-Saal, Patient umgelagert im Bett, beatmet, sediert...

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Memento

Beginn des Films

(mori)

Turbulenzen in der Anästhesie

Fallvorstellung | gnulletsrovllaF26.10.2019

Stefan Lajda

Universitätsspital Basel

«Die Hard 2017»

• eine an Spannung nicht zu überbietende Story

• nach einer wahren Begebenheit

• von und mit: mir

• Film ab!

(oder: manchmal nützt alles Denken nichts)

• (noch immer) im OP-Saal, Patient umgelagert im Bett, beatmet, sediert

• SpO2 93%, FiO2 1.0, IPPV 15 x 500ml, Pinsp 40, PEEP 7

• BD 130/60 mmHg mit Noradrenalin 5 µg/min, Hf 100/min

• Abdomen gebläht, gespannt/hart

• → viel Luft im Darm? Perforation/akutes Abdomen?!

• → zur Diagnostik/Bildgebung ins CT oder auf die Intensivstation?

2 2 3 0

• Op-Ende, (Dienst-Ende), Umlagern ins Bett, Umhängen an mobile Beatmungseinheit

• SpO2 90%, FiO2 1.0, IPPV 15 x 500ml, Pinsp 40, PEEP 10

• BD 90/50 mmHg, Hf 100/min, Noradrenalin 12 µg/min

• Abdomen gebläht, gespannt/relativ hart

• → nochmals Umhängen der Beatmung an den Perseus bis der Patient wieder stabiler ist

2 2 0 0

• Einfuhr bisher ca. 4000ml Kristalloide, 500ml Kolloide

• Abdomen ausladend/gespannt

• → volle Blase?! DK-Einlage: Entleerung von 25ml Urin

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• wiederholte Volumenboli bei intermittierendem Blutdruckabfall: Blutdruckanstieg für jeweils einige Minuten, stark schwankend, zudem auf Ephedrin jeweils bessere Wirkung als auf Noradrenalin-Erhöhung:

• Noradrenalin-Leitung para ?! (22G Unterarm links, mit dem der Patient bereits in die Einleitung gekommen ist)

• → Einlage VF 18 G am Fussrücken, Umhängen des Noradrenalins vom 22G Unterarm links: Blutdruckverhalten unverändert

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• Sonographie der Lungen/Pleura: aspekt-mässig links Pneumothorax, jedoch gleiches Bild rechts

• SpO2 92% mit FiO2 1.0. Auskultation: bds. belüftet, links «allenfalls abgeschwächt»

• BD 100/60 mmHg, Hf 90/min, Noradreanlin 8 µg/min

• → (Spannungs-)Pneumothorax? Versuch einer Entlastungspunktion?! Nein: Patient aktuell einigermassen stabil. Gefahr Situation weiter zu verschlechtern mit einem iatrogenen Pneumothorax

2 1 2 0

• Tubus-Wechsel via Cook durch Operateur von einem 7.0 Tubus auf eine Trachealkanüle:

• Anstieg der Beatmungsdrücke, erschwerte Oxygenation

• SpO2 85%, FiO2 1.0, P insp 38

• Koagel/Sekret in den Bronchien? Atelektasen?

• → Absaugen über Trachealkanüle, dabei intermittierend SpO2-Abfall

• → mehrmaliges Blähen, fiberoptische Kontrolle: keine grossen Koagel sichtbar

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• SpO2 32%

• BD 80/40 mmHg, Hf 80/min, Noradrenalin 8 µg/min

• → Wechsel des enoralen 8.5 Tubus mithilfe Cook neben dem liegenden Tubus durch ein bestehendes Tracheostoma auf einen 7.0 Tubus

• → manuelle Beatmung bis SpO2 wieder 90% erreicht

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• Anruf aus Saal: «komm bitte mal schnell, sie haben in den Cuff geschnitten»

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• 10 Minuten nach Schnitt, Patient «stabilisiert», Erleichterung im Team

• SpO2 96%, FiO2 0.9, 15x 600ml, Pinsp 33, PEEP 10

• BD 115/70 mmHg, Hf 80/min, Noradreanlin 6 µg/min

• Abdomen gespannt/gebläht

2 0 4 5

• (endlich) Schnitt

2 0 3 5

• (noch immer) in der Einleitung

• NIBD 75/45 mmHg, Hf 130/min

• bisher 1700 µg Phenylephrin und 45mg Ephedrin

• → Einlage Arterie rad. links: BD 85/45 mmHg

• → Beginn Noradrenalin via 22 G VF UA links

• Abdomen stark gebläht

2 0 0 0

• Abdomen massiv gebläht

• Luftinsufflation? Oesophagus-Perforation? Magenperforation?

• liegende nasogastrale Ernährungssonde: → Absaugen erfolglos

• → mehrmaliger Versuch vorsichtig eine Magensonde enoral einzulegen, letztlich kommt etwas Altblut über die Magensonde

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• SpO2 90% mit FiO2 1.0, manuell und maschinell hohe Beatmungsdrücke bei gespanntem/geblähtem Abdomen

• Patient instabil, BD 75/45 mmHg, Hf 100/min

• → Phenylephrin-Boli, Volumen-Boli

1 9 4 0

• SpO2 17%

• → Intubation enoral mittels Glidescope, 8.5 Tubus, Kapnographie positiv

• → manuelle Beatmung, SpO2-Anstieg auf 91%

1 9 3 5

• SpO2 35%

• → Beatmung über Tracheostoma mit Ventrain: Messung von etwas CO2 über oral aufgesetzte Maske, Anstieg des SpO2 bis auf 50%

• dann kein CO2 mehr, SpO2 sinkt wieder

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1 9 3 2

• SpO2 70%

• → Intubationsversuch enoral mittels Glidescope: keine Sicht auf Glottis wegen Blut im Rachen, trotz mehrmaligem Absaugen

1 9 3 0

• SpO2 98%

• → Einlage 6.5-Tubus über das bestehende Tracheostoma, Beatmung: kein CO2

• → nochmalige Neuplatzierung: kein CO2, SpO2 beginnt zu fallen

• Maskenbeatmung (erwartungsgemäss) nicht möglich

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• Patient schläft

• → konventionelle Laryngoskopie: keine Sicht trotz Absaugen und BURP

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• SpO2 99%

• → RSI-Einleitung mittels TCI (Propofol/Ultiva), Rocuronium 100 mg, Fentanyl 0.2 mg.

• → Drehen des Patienten auf den Rücken.

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• es geht los

• → Präoxygenation in Seitenlage.

• → Kommunikation/Festlegung des Procederes:

• Plan A: konv. Laryngoskopie, enorale Intubation

• Plan B: Glidescope

• Plan C: Intubation via bestehendes Tracheostoma mit 6.5 Tubus

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• Patient monitorisiert: EKG, NIBD, SpO2, VF 22G Unterarm links bereits in situ, VF 18G (neu)

• SpO2 90% unter Raumluft

• BD 150/85 mmHg, Hf 95/min

• zweite ANA-Pflege anwesend, HNO-Kollegen in der Nähe (im Saal bei der vorangehende OP)

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• nun doch Kategorie 1B

• Patient in Einleitung, umgelagert, in Halbseitenlage rechts liegend

• hustet, spuckt Blut/Koagel, klagt über Atemnot wegen Koageln im Rachen

• dekanüliert seit 5 Tagen; auf Prämedikationsblatt dokumentiert: St. n. ITN mit BURP C+L II (2x), Maskenbeatmung problemlos

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• Spätdienst (P2), OP-Anmeldung Kategorie 1B:

• Blutstillung enoral in ITN, orale Intubation möglich, Tubus mittig wie bei TE

• Dx: enorale Blutung bei St. n. Radialislappen rechts am 30.11.17 bei Tonsillenkarzinom

• «Blutung sei im Bereich des Gaumens rechts», Blutung aktuell sistiert nach Kautern auf der Abteilung -> Herabstufung auf Kategorie 2

• 64-jährig (m); art. Hypertonie, Hb 120, Krea 94, CRP 112; Co-Amoxi, Torem, Amlodipin, Esomep, Paroxetin

1 8 3 0

zurück zum Anfang bzw. Ende

• 64-jährig, aktive Blutung im Bereich des Gaumens rechts nach Gaumenrekonstruktion mit Radialislappen und Tracheotomie vor 11 Tagen bei Tonsillenkarzinom; dekanüliert seit 5 Tagen; Husten, Dyspnoe; RSI-Einleitung

• Intubationsversuch mittels konv. Laryngoskopie, Intubationsversuch über Tracheostoma, Intubationsversuch mittels Glidescope, Oxygenierungsversuch mittels Ventrain, Intubation mittels Glidescope

• repetitiv Vasoaktiva- und Volumengabe

• mehrmalige Versuche der Magensonde-Einlage

zurück zum Anfang bzw. Ende

• Notfall-Umintubation von enoral auf tracheal

• Umintubation durch Tracheostoma vom «normalen» Tubus auf Trachealkanüle

• mehrmaliges Blähen und Absaugen, fiberoptische Kontrolle

• Sonographie der Lunge/Pleura

• DK-Einlage und Neuanlage Noradrenalin-Zugang

• durchgeführte Operation: Re-Tracheotomie und Blutstillung Gaumen rechts

• Reassessment:

• Patient lebt noch, ich lebe noch

• A: war kritisch, aktuell gelöst

• B: erschwert / ungelöst

• C: stabilisiert, verbesserungsfähig, für die durchgeführte Operation aber nicht adäquat

• D: aktuell nicht beeinflussbar, wird sich später zeigen

• E: Abdomen: ungelöst

2 2 3 0

Entscheidung

• auf die Intensivstation → Rx-Thorax

• falls bland → ins CT für CT-Abdomen

• 22:45: Ankunft auf der IPS (ohne Applaus):

• SpO2 89%, FiO2 1.0, VT 450ml, P 40/40/7, BD 105/75 mmHg, Hf 100/min, Nor 8 µg/min, Abdomen gebläht/hart

• Rx-Thorax:

Spannungs-Pneumothorax links

• → Punktion 2. ICR medioclavicular-Linie links mit 18G VF: fragliche Entlastung

• → Einlage Thoraxdrainage links: deutlich hörbarer Austritt von Luft

• SpO2 100%, Beatmungsdrücke tiefer, Vt höher

• BD 170/100 mmHg, Hf 85/min -> Stopp Noradrenalin

• Rx-Bild: auch rechts ein Pneumothorax! -> Einlage TD rechts

• und jetzt noch ins CT wegen des Abdomens….

• Nein! → Abdomen weich, nicht ausladend…!!!

• einseitig fehlendes Atemgeräusch

• hypersonorer Klopfschall

• gestaute Halsvenen

• hämodynamische Instabilität mit Hypotonie und Tachykardie

• Verlagerung der Trachea zur Gegenseite

• Tachydyspnoe, Zyanose, Hypoxie

• Asymmetrie des Thorax

• Rx-Thorax? → Lungensonographie!

Spannungs-Pneumothorax: Klinik

Pleuralinie

Lungengleiten (lung sliding)

B-Linien (B-lines, «comet-tail»)

Lungenpuls (lung pulse)

«seashore sign» und «stratosphere sign»(M-Mode)

Lungenpunkt (lung point)

• flach liegend: ventral über 3. oder 4. ICR in MCL (Luft am höchsten Punkt) beginnen

• einfacher Algorithmus

1. (fehlendes) Lungengleiten → (fehlendes) «seashore sign»(M-Mode)

→ Nachweis «stratosphere/barcode sign» (M-Mode)

2. (fehlende) B-Linien

3. (fehlender) Lungenpuls

4. (ev.) Lungenpunkt nachweisbar (atemsynchron): beweisend

Pneumothorax

Lungenpunkt (M-Mode)

Pneumothorax

Diagnose-

Algorithmus

• HNO-Fälle bergen die Gefahr eines (oft unterschätzten) airway-Problems

• HNO-Kollegen im Zweifel bei der Einleitung «standby» dabei haben

• Plan A, B und C festlegen und kommunizieren

• Hilfsmittel bereitlegen (Videolaryngoskop, Fiberoptik, «Notfallkoffer», verschiedene Tubusgrössen, -arten)

• genügend Personal bereithalten

Take home message

• Stellenwert der Notfall-Sonographie in schwierigen / unklaren Situationen

• Erlernen der Technik

• Hilfe holen bei Kollegen, die das bereits beherrschen

• nicht aufgeben

• Debriefing im Team, und für sich selbst: war man die Ursache des Problems oder waren die Umstände das Problem? Gabe es Kommunikationsprobleme? Habe ich fahrlässig gehandelt? Was kann ich tun, um besser zu werden?

Take home message

The End