Das 70:20:10-Modell – Lernen am Arbeitsplatz neu entdecken

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Das 70:20:10-Modell –

Lernen am Arbeitsplatz

neu entdecken

Dr. Jochen Robes

HQ Interaktive Mediensysteme GmbH/

Weiterbildungsblog

Haufe Akademie und CrossKnowledge

Webinar, 28. April 2015

Woodlouse (Flickr)

2

Agenda

Zum Einstieg

Vor welchen Veränderungen steht die

Weiterbildung?

Was steckt hinter dem 70-20-10-Modell?

Wie sieht die Praxis des 70-20-10-

Modells aus? Wie können neue

Technologien die Umsetzung

unterstützen?

Was verändert sich mit der Einführung

des 70-20-10-Modells?

Was sind kritische Erfolgsfaktoren?

Was sind Startpunkte?

3

Zum Einstieg: adidas Group „Learning Campus“

6

Vor welchen Veränderungen

steht die Weiterbildung?

7

Veränderungen: neue Lernformen und -methoden

Eine breite Palette neuer Lernformen und

Lernmethoden ist entstanden.

Diese rücken den Erfahrungsaustausch und die

Vernetzungen am Arbeitsplatz in den Vordergrund.

Sie knüpfen an den Routinen der Mitarbeiter an,

die heute schon Google, Wikipedia und YouTube

nutzen, um Antworten und Lösungen zu finden.

Sie holen Lernaktivitäten aus dem Seminarraum

und an den Arbeitsplatz.

Sie geben Mitarbeitern mehr Verantwortung für die

eigenen Lernprozesse. Marcia Conner u.a., 2013

8

In aller Kürze:

Was steckt hinter dem

70-20-10-Modell?

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Das 80-20-Modell

80%

20%

Informelles Lernen

Formales Lernen

“Informal learning is the unofficial, unscheduled,

impromptu way people learn to do their jobs.

Formal learning is like riding a bus: the

driver decides where the bus is going; the

passengers are along for the ride.

Informal learning is like riding a bike: the

rider chooses the destination, the speed, and the

route. The rider can take a detour at a moment’s

notice to admire the scenery or go to the

bathroom.” (Jay Cross)

12

Das 70-20-10-Modell

70%

20%

70 Prozent aller Lernaktivitäten finden im

Arbeitsprozess, “on the job”, durch Praxis und

Erfahrung statt,

20 Prozent durch den Austausch mit anderen,

mit Führungskräften, Teammitgliedern und

Kollegen, und

10 Prozent durch formale Weiterbildung, z.B.

durch Kurse, Seminare und Web-based

Trainings. 10%

14

Das 70-20-10-Modell: Wo kommt es her?

Michael Lombardo,

Robert Eichinger,

1996

Eine Untersuchung von „high

performing“ Managern ergab:

“Lessons learned by successful

and effective managers are

roughly:

70% from tough jobs

20% from people (mostly the

boss)

10% from courses and reading”

70%

20%

10%

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Das 70-20-10-Modell: Wie ist es zu lesen?

es geht nicht um die

(genauen) Zahlen!

es ist keine Regel!

es ist ein

Referenzmodell

es bildet einen Rahmen für

Veränderungen

(„change agent“)

70%

20%

10%

Photo: Paul Krueger (Flickr)

17

Wie sieht die Praxis

des 70-20-10-Modells aus?

Wie können neue Technologien

die Umsetzung unterstützen?

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70-20-10-Aktivitäten

die 70 Prozent: z.B. on-the-job Erfahrungen, neue

Lernerfahrungen in der Praxis anwenden können, Probleme

lösen, herausfordernde Aufgaben, Projekt-Reviews, Guides

& Manuals, neue Arbeitsaufgaben, größerer

Verantwortungsbereich, Zeit in anderen Bereichen und

Rollen, Community-Aktivitäten

70%

20%

10%

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70-20-10-Aktivitäten

die 70 Prozent: z.B. on-the-job Erfahrungen, neue

Lernerfahrungen in der Praxis anwenden können, Probleme

lösen, herausfordernde Aufgaben, Projekt-Reviews, Guides

& Manuals, neue Arbeitsaufgaben, größerer

Verantwortungsbereich, Zeit in anderen Bereichen und

Rollen, Community-Aktivitäten

die 20 Prozent: z.B. Mentoring, Reverse Mentoring,

Coaching, informelles Feedback, interne und externe

Netzwerke, Teamarbeit, Teilnahme in Gremien, Verbänden

und Expertennetzwerken, Action Learning

70%

20%

10%

20

70-20-10-Aktivitäten

die 70 Prozent: z.B. on-the-job Erfahrungen, neue

Lernerfahrungen in der Praxis anwenden können, Probleme

lösen, herausfordernde Aufgaben, Projekt-Reviews, Guides

& Manuals, neue Arbeitsaufgaben, größerer

Verantwortungsbereich, Zeit in anderen Bereichen und

Rollen, Community-Aktivitäten

die 20 Prozent: z.B. Mentoring, Reverse Mentoring,

Coaching, informelles Feedback, interne und externe

Netzwerke, Teamarbeit, Teilnahme in Gremien, Verbänden

und Expertennetzwerken, Action Learning

die 10 Prozent: z.B. strukturierte Programme,

Workshops, Seminare, professionelle Entwicklungspläne,

Kurse, Online-Kurse und Module (E-Learning, WBTs)

(s. Jennings/ Wargnier, 2014)

70%

20%

10%

21

Wie können neue Netztechnologien unterstützen?

Das 70-20-10-Modell unterstreicht die

Bedeutung und Rolle der nicht-organisierten,

informellen Lernaktivitäten (die 90 Prozent)!

Viele informelle Lernaktivitäten finden heute

im Netz statt: wenn wir nach Experten,

Informationen oder Lernressourcen suchen,

wenn wir Experten oder Themen „folgen“,

wenn wir uns mit anderen vernetzen oder

austauschen.

Grafik: opensource.com (Flickr)

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Wie können neue Netztechnologien unterstützen?

70-20-10

Social

Learning

Blended

Learning

Micro-

learning

Perfor-

mance

Support

Hinzu kommt: Die Einführung oder

Umsetzung des 70-20-10-Modells findet

häufig schrittweise statt, indem bestehende

Lernangebote um neue, „non-formale“

Lernaktivitäten erweitert werden

(„evolutionärer Ansatz“, Charles Jennings).

Hier „trifft“ sich das 70-20-10-Modell mit

anderen, aktuellen Ansätzen in der

Weiterbildung, die das informelle, selbst-

organisierte, arbeitsprozessintegrierte und

community-basierte Lernen unterstützen.

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Social Learning

70-20-10

Social

Learning

Blended

Learning

Micro-

learning

Perfor-

mance

Support

Social Learning umfasst das informelle,

selbstorganisierte Lernen, das durch Social

Media und soziale Netzwerke unterstützt wird.

Es erweitert die klassischen Formen des Online-

Lernens, indem es den Lernenden neue Räume

für den Erfahrungsaustausch, die Entwicklung

eigener Inhalte und die Vernetzung öffnet.

Social Learning aus Sicht der Mitarbeiter: ein alltäglicher, bewusst oder unbewusst

ablaufender Prozess

Social Learning aus Sicht der Lehrenden: der gezielte Einsatz von Netzmedien für die

Verbesserung der eigenen Lehrpraxis

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Credit Suisse „Discover Social Learning“

Hintergrund: neue Anforderungen aus dem Business,

wachsende Verbreitung neuer Bildungstechnologien,

70-20-10-Modell als Referenz!

Zielgruppe: alle Ausbildungsverantwortlichen

in der CS (global)

Ziele: Die Ausbildungsverantwortlichen sollen sich

aktiv mit Social Media im allgemeinen und der Social

Media-Infrastruktur der CS auseinandersetzen; sie

sollen in der Lage sein, Social Learning und Learning

Communities in ihre Bildungskonzepte zu integrieren.

Infrastruktur: MySocial Page (Sharepoint), Saba,

Microsoft Lync, WebEx, Centra

Arbeitsaufwand:

ca. 4 Std./ Woche

Teilnahme war

„ausdrücklich

erwünscht“

26

Credit Suisse „Discover Social Learning“

Einige Bausteine des Kurses bzw. der Community:

Jeden Montag führte eine 30-minütige Live-Session

in die neue Themenwoche ein.

Jeden Mittwoch wurde in einer weiteren Live-Session

mit einem internen oder externen Experten ein Thema

diskutiert und vertieft.

Jeden Freitag fassten die Community Manager die

Aktivitäten der Woche in einem Newsletter zusammen.

Für jedes Thema stand eine Online-Library zur Verfügung,

in der Lernmaterialien, vor allem offen zugängliche

Netzressourcen, verlinkt wurden.

Jede Themenwoche beinhaltete zwei Aufgaben

(„Assignments“), die die Teilnehmer bearbeiten mussten.

27

Credit Suisse „Discover Social Learning“

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Blended Learning 2.0

70-20-10

Social

Learning

Blended

Learning

Micro-

learning

Perfor-

mance

Support

Lange Zeit bedeutete Blended Learning die

Verbindung von Präsenztraining und Online-

Kursen.

Heute steht uns eine breite Palette an

Lernmethoden, Lernformaten und

Tools zur Verfügung, aus denen

Bildungsexperten zielgruppengerechte

Lernangebote entwickeln können.

“Blend 2.0 describes training blends that

incorporate emerging web technologies –

mobile learning, gamification, and social media

– with classroom or instructor-led training.” (John O’Brian, 2014)

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Microlearning

70-20-10

Social

Learning

Blended

Learning

Micro-

learning

Perfor-

mance

Support

“Mikrolernen ist gekennzeichnet durch viele kleine

Lerneinheiten. Diese nennt man Microcontents.

Man findet sie sowohl in strukturierter Form

(E-Learning), als auch in dynamischen Prozessen,

wie zum Beispiel bei einem Weblog oder einem

Bookmark (Micromedia) im World Wide Web

wieder.“ (Wikipedia)

Microlearning:

eine kurze Zeitspanne des Lernens ...

eine Abfolge kurzer Lernaktivitäten ...

die Art und Weise, wie wir informell und mit Hilfe

des Internets lernen ...

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Performance Support

70-20-10

Social

Learning

Blended

Learning

Micro-

learning

Perfor-

mance

Support

Performance Support:

... weil es häufig um den schnellen und

einfachen Zugang zu Inhalten geht (on

demand)

... weil der Umfang an Informationen über neue

Systeme, Produkte und Prozesse kontinuierlich

steigt (und klassisches Training nicht die

Lösung für alle Probleme ist)

... weil kontextsensitive Systeme neue

Möglichkeiten der Informationsvermittlung

bieten

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Performance Support

Performance Support:

... weil es häufig um den schnellen und

einfachen Zugang zu Inhalten geht (on

demand)

... weil der Umfang an Informationen über neue

Systeme, Produkte und Prozesse kontinuierlich

steigt (und klassisches Training nicht die

Lösung für alle Probleme ist)

... weil kontextsensitive Systeme neue

Möglichkeiten der Informationsvermittlung

bieten

Performance Support durch

kontext-sensitive Hilfen

Wissensdatenbanken

Assistenten

Checklisten

Online-Hilfen

Manuals

Tools (z.B. Kalkulatoren)

Learning Nuggets

Mobile Learning

Social Media (peer-to-peer

Support)

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Was verändert sich

mit der Einführung des

70-20-10-Modells?

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Die neue Rolle von Learning & Development

L&D entwickelt nicht mehr nur Kurse und Programme, sondern

Lernumgebungen.

L&D schafft Rahmenbedingungen und Gelegenheiten für das

selbstorganisierte und informelle Lernen.

L&D unterstützt Mitarbeiter und Führungskräfte bei der Entwicklung

entsprechender Kompetenzen.

L&D nutzt das breite Portfolio an Medien, Methoden und Formaten,

um das Lernen am Arbeitsplatz zu unterstützen.

L&D „lebt“ die verschiedenen Möglichkeiten des informellen,

vernetzten Lernens „vor“.

L&D ist nicht auf Lernprozesse und –angebote, sondern auf die

Performance und Produktivität der Mitarbeiter fokussiert.

Photo:

David Sim

(flickr)

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Die neue Rolle von Learning & Development

“In the new world of

workplace learning,

instructional design is only

one skill. It requires a range

of other new roles and skills.

Not everyone will need to

have all these skills, but

there will be a need for

specialists in each of these

areas.” (Jane Hart)

Jane Hart, 2015

37

PKM: eine Formel für Wissensarbeiter

Konzepte des Personal Knowledge

Managements (PKM):

Strategien, Methoden und

Werkzeuge, die uns im

persönlichen Umgang mit

Informationen, in der Pflege

unserer Netzwerke und in der

Weiterentwicklung unserer

Kompetenzen unterstützen.

Beispiel: „Seek – Sense – Share“

(Harold Jarche)

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PKM: eine Formel für Wissensarbeiter

Eine PKM-Inspiration:

Hart, 2014

Eine PKM-Befragung:

Cheng, 2015

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Die neue Rolle der Führungskräfte

Sie entwickeln Mitarbeiter durch herausfordernde Projekte, neue

Erfahrungen und Entwicklungsmöglichkeiten.

Sie wissen um ihre Verantwortung und ihre Rolle in den Entwicklungs-

und Lernprozessen ihrer Mitarbeiter (die 20%!) und geben aktiv

Feedback.

Sie lassen Freiräume zu, damit Mitarbeiter sich eigenverantwortlich in

offenen Lernumgebungen bewegen können.

Sie sind selbst aktive Nutzer der neuen Möglichkeiten des vernetzten

Arbeiten und Lernens.

40

Die neue Rolle der Führungskräfte

Seufert u.a., 2013

Vier Handlungsbereiche für lernförderliche

Führungsarbeit:

1. Lernkontexte in Arbeitsprozessen gestalten

2. Formelles und informelles Lernen begleiten

3. „Leadership Commitment to Learning“:

Lernkulturen fördern

4. Führungssituationen lern-/

entwicklungsorientiert gestalten: Ziele vereinbaren - Feedback geben -

Wissensaustausch und Reflexionsprozesse

in Teams fördern

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Was sind kritische

Erfolgsfaktoren?

42

Wie kann man die 90 Prozent managen?

Das ist die falsche Frage!

Aber man kann unterstützen, ermutigen, mit

gutem Beispiel vorangehen, Erfolgsgeschichten

weitergeben, Rahmenbedingungen schaffen ...

Photo: Andy

Rogers (flickr)

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Kritische Erfolgsfaktoren

eine Kompetenzentwicklungs-Strategie, die über

das traditionelle Lernen im Seminar und mit dem

WBT hinausweist

eine Infrastruktur, die sich neuen

technologischen Möglichkeiten öffnet

eine Unternehmenskultur, die Freiräume für den

informellen Austausch und das selbst-

organisierte Lernen bietet

ein Zusammenspiel von HR, Learning &

Development und Geschäftsbereichen

(„Lernen am Arbeitsplatz neu entdecken“)

Führungskräfte bzw. Manager, die diese

Strategie selbst aktiv vorleben

44

Was sind Startpunkte?

45

Erste Startpunkte

eine Bestandsaufnahme der

Aktivitäten im Unternehmen,

die die 70-20-Felder

unterstützen ...

eine Konzeption von

Interventionen, die sich

am 70-20-10-Modell orientiert

HQ Interaktive Mediensysteme, 2014

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Zusammenfassung

Das 70-20-10-Modell öffnet die Sicht auf die Lernaktivitäten, die

außerhalb des Seminarraums stattfinden.

In vielen dieser häufig informellen Lernprozesse spielen heute

Netztechnologien eine wichtige Rolle.

Die betriebliche Weiterbildung (Learning & Development) kann diese

Netztechnologien für neue Lernkonzepte nutzen, die Mitarbeitern

Möglichkeiten des Informations- und Erfahrungsaustauschs sowie der

Vernetzung bieten.

Gleichzeitig schaffen und verbessern sie die Rahmenbedingungen für

die 70-20-Aktivitäten.

48

Herzlichen Dank!

Kontakt:

Dr. Jochen Robes

HQ Interaktive Mediensysteme GmbH,

Wilhelmstr. 34, 65183 Wiesbaden

+49 611 – 99 212-0, jr@hq.de

Weiterbildungsblog: www.weiterbildungsblog.de

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