im naturnahen Waldschutz n=13 n=32 D Ameisenbuntkäfers ... · Fakultät Forst-, Geo- und...

Post on 23-Aug-2019

213 views 0 download

Transcript of im naturnahen Waldschutz n=13 n=32 D Ameisenbuntkäfers ... · Fakultät Forst-, Geo- und...

Fakultät Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften, Fachrichtung Forstwissenschaften, Institut für Waldbau und Forstschutz, Professur für Forstschutz

ERGEBISSE UND DISKUSSION

Experiment 1: Auf die von Hylesinus fraxini besiedelten Stammstücke in der Falle nPhero konnte ein gezielter Anflug der Ameisenbuntkäfer

beobachtet werden. Zudem wurde das besiedelte Stammstück von den Ameisenbuntkäfer als Bruthabitat genutzt und Eier an diesem abgelegt.

Folglich konnten ab 06. Juli 2010 sich im Hylesinus-Brutsystem entwickelnde Thanasimus-Larven mit der Falle erfasst werden.

Abbildung 3: Mittelwert der aggregierten Hylesinus fraxini (Hf) und Thanasimus formicarius (Tf) zwischen dem 27.04.2010 und 17.08.2010 mit dernPhero-Falle im Vergleich zur Nullvariante (Signifikanzprüfung identischer Farben durch one-way-ANOVA: unterschiedliche Buchstaben beschreibenSignifikanz)

Der gezielte Anflug der Ameisenbuntkäfer auf die besiedelten Stammstücke von Hylesinus fraxini verdeutlicht, dass derAmeisenbuntkäfer den Eschenbastkäfer als Beute wahrnimmt, diesem nachstellt und die Hylesinus-Brut als Bruthabitat nutzt.Folglich können die diesbezüglich in der Literatur gefundenen Hinweise auf diese Beute-Prädator-Interaktion bestätigt werden(Gauss 1954, Ting und Simmonds 1977 zitiert in Heidger 1994, Warzée und Grégoire 2003, Nakládal und Turčáni 2007).

Damit scheint der Ansatz, Semiochemikalien mit kairomonaler Wirkung auf Thanasimus formicarius aus dem Eschehabitat zugewinnen, vielversprechend.

Experiment 2: Für Hylesinus fraxini konnte eine Attraktivität der Semiochemikalien Ethanol und Lineatin beobachtet werden (Abbildung 3).

Hingegen schienen die nadelbaumbürtigen Lockstoffe Chalcogran und Sexowit®, sowie das aus dem Rot-Buchenhabitatstammende Veratrol einen repellenten Charakter auf den Eschenbastkäfer zu besitzen.

Thanasimus formicarius konnte mit den Substanzen Sexowit und Lineatin am stärksten aggregiert werden. Auf die getestetenEinzelsubstanzen zeigte dieser keine signifikante Reaktion. Folglich wurde dieser nur mit Substanzgemischen bestehend auskäferbürtigen und baumbürtigen Substanzen aggregiert.

Abbildung 3: Prozentualer Anteil der Fangleistung der Testsubstanzen an der wöchentlichen Gesamtfangzahl pro Falleninsel; links: Hylesinus fraxini;rechts: Thanasimus formicarius (unterschiedliche Buchstaben beschreiben Signifikanz)

Mit den Lockstoff Sexowit® werden die Anforderungen an ein ‚Allochthones Kairomon‘ am besten erfüllt. Folglich wird durchdiesen eine starke Aggregationswirkung auf den Borkenkäferprädator Thanasimus formicarius, verbunden mit einer repellentenWirkung auf den im Habitat heimischen Hylesinus fraxini, erzeugt.

Die Ergebnisse machen deutlich, dass durch den Austausch von Semiochemikalien zwischen Laub- und Nadelwaldhabitatenvielversprechende Resultate eines naturnahen Borkenkäfermanagements zu erwarten sind.

DANKSAGUNG

Für die Förderung des Projektes sei dem Freistaat Sachsen und dem Europäischen Sozialfond recht herzlich gedankt. Für dieUnterstützung bei den Sachkosten des Projektes gilt der Dank der Hans-Sauer-Stiftung.

LITERATURByers JA, Zhang QH, Birgersson G (2004) Avoidance of nonhost plants by a bark beetle, Pityogenes bidentatus, in a forest of odors. The Science of Nature 91: 215-

219.Gauss R (1954) Der Ameisenbuntkäfer Thansimus (Clerus) formicarius Latr. als Borkenkäferfeind. In: Wellenstein G (ed) Die große Borkenkäferkalamität in

Südwestdeutschland 1944-1951. Selbstverl. Forstschutzstelle Südwest, Ringingen, pp 417-429.Heidger (1994) Die Ökologie und Bionomie der Borkenkäfer-Antagonisten Thanasimus formicarius L. (Cleridae) und Scoloposcelis pulchella ZETT. (Anthocoridae):

Daten zur Beurteilung ihrer prädatorischen Kapazität und der Effekte beim Fang von Pheromonfallen. Dissertation, Philipps-Universität Marburg.Müller M (2004) Steuerung von Borkenkäferprädatoren durch art- und habitatfremde Kairomone. Mitt. der Biol. Bundesanstalt 396: 237-238.Müller M, Schua K, Kotte S, Vetter S (2008) Die tatsächliche Frequentierung von Borkenkäferschlitzfallen durch die Ameisenbuntkäfer Thanasimus formicarius,

Thanasimus rufipes und Thanasimus pectoralis (Cleridae) sowie Borkenkäfer (Scolytidae), Allgemeine Forst- und Jagdzeitung 179:51-56.Nakládal O, Turčáni M (2007) Contribution to knowledge of Hylesinus fraxini (Panzer, 1779) (Coleoptera: Scolytidae) natural enemies from Northern Moravia

(Czech Republic). Journal of forest science 53: 53-56.Warzée N, Grégoire GC (2003) Thanasimus formicarius (Coleoptera: Cleridae): Why a Large Range of Prey for a Specialized Predator? Proccedings: IUFRO

Kanazawa 2003 "Forest Insect Population Dynamics and Host Influences”, pp 16-18.Zhang, Q-H (2003) Interruption of aggregation pheromone in Ips typographus (L.) (Col.: Scolytidae) by non-host bark volatiles. Agricultural and Forest Entomology

5: 145-153

‘Allochthone Kairomone’ im naturnahen Waldschutz – Beispiel einer Aggregation des

Ameisenbuntkäfers (Thanasimus formicarius L.) in Beständen der Gemeinen Esche

HINTERGRUND DER UNTERSUCHUNGENDas Prinzip einer Applikation ‘Allochthoner Kairomone’ für naturnahe Regulationsverfahren von Borkenkäfern wurde von Müller(2004) entwickelt. Das ‘Allochthone Kairomon’ soll Borkenkäferprädatoren (z.B. Thanasimus fomicarius L.) die Besiedlung vonWirtsbäumen durch Borkenkäfer und damit das Vorhandensein von Beute simulieren. Ziel bei der Anwendung ist dieKonzentration der Prädatoren an den Applikationsorten ohne dabei die im Habitat heimischen (authochthonen) Borkenkäfer zuaggregieren.Bislang sind für den Borkenkäferprädator Thanasimus formicarius hauptsächlich Kairomone aus Nadelholzhabitaten bekannt. Dieselassen sich, wie die Ergebnisse von Müller et al. 2008 zeigen, erfolgreich durch einen Austausch zwischen verschiedenenNadelholzhabitaten anwenden, birgen jedoch aufgrund des Vorkommens nadelholzbesiedelnder Borkenkäfer an verschiedenenNadelbaumwirten eine erhöhte Gefahr einer ungewollten Borkenkäferaggragation. Hingegen scheint ein Austausch der Substanzenzwischen Laubholz- und Nadelholzhabitaten eine noch selektivere Aggregation der Prädatoren zu bewirken. Aufgrund derErgebnisse von Zhang 2003 und Byers et al. 2004 ist bekannt, dass an Nadelholz vorkommenden Borkenkäfer gezieltlaubholzbürtige Substanzen meiden. Diese Differenzierungsstrategie der Borkenkäfer sowie die generalistische Lebensweise desAmeisenbuntkäfers sollen durch die Anwendung ‚Allochthoner Kairomone‘ für naturnahe Regulationsverfahren genutzt werden(Abbildung 1).

Abbildung 1: Funktionsprinzip der ‚Allochthonen Kairomone‘ (Quelle Bildmaterial: www.klett.de)

ZIEL DER UNTERSUCHUNGEN

Für die gezielte Steuerung von Thanasimus formicarius im Eschenhabitat wurde zunächst dessen Vorkommen als Prädator vonHylesinus fraxini Panz. untersucht (Experiment 1).

Zudem sollte die Wirkung ‚Allochthoner Kairomone‘ (bereits bekannter kairomonaler Substanzen aus Nadelholzhabitaten) auf denAmeisenbuntkäfer und weitere potentielle Prädatoren im Eschenhabitat erfasst werden. Darüber hinaus wurden ausLaubholzhabitaten stammende Semiochemikalien (Volatile und Pheromonbestandteile) auf kairomonale Attraktivität für Thanasimusformicarius erprobt (Experiment 2).

METHODIKDie Versuchsflächen wurden in einem Mischbestand aus Gemeiner Esche (Fraxinus excelsior L.) und Eiche (Quercus spec.) angelegtund befanden sich bei Zwenkau im Forstbezirk Leipzig. (Abteilung 459 und 460, 51°13’12.83‘‘N, 12°18’59.37‘‘O, Höhe über NN129 m).

Experiment 1: Eine neuer Fallentyp (entwickelt an der Professur für Forstschutz der TUDresden) wurde verwendet, um das Vorkommen von Thanasimus formicarius alsPrädator von Hylesinus fraxini zu untersuchen (Abbildung 2). Als Nullvariante dienteeine nach Müller et al. 2008 modifizierte THEYSON®-Lockstofffalle ohne Fangholz.Insgesamt wurden drei Falleninseln, jeweils bestehend aus der Falle nPhero und derNullvariante, aufgebaut. Die Leerung der Fallen erfolgte im Zeitraum vom 27. April –17. August 2010 wöchentlich (insgesamt 12 Leerungen).

Experiment 2:

Experiment 2: Nach Müller et al. 2008 modifizierte THEYSON®-Lockstofffallen wurden für die Erprobung einer Lockwirkungausgewählter Semiochemikalien auf die Zielarten (Thanasimus formicarius und Hylesinus fraxini) verwendet. Die verwendetenSubstanzen sowie deren natürlicher Ursprung sind in Table 1 beschrieben.Tabelle 1: Verwendete Semiochemikalien und Substanzgemische

Legende: ● = für das Habitat autochthone Substanz, ○ = für das Habitat allochthone Substanz

Ingesamt wurden vier Falleninseln in einem Abstand von 100 m aufgebaut. Jede Falleninsel bestand aus einer Nullvariante in derMitte und den in Tabelle 1 aufgeführten Substanzen in kreisförmiger Anordnung um diese Nullvariante. Der Abstand zwischen denFallen innerhalb einer Falleninsel betrug 10 m. Die Fallen wurden im Zeitraum vom 23. März 2010 bis 17. August 2010wöchentlich geleert (insgesamt 21 Leerungen).Für die statistische Auswertung sind Leerungen, an denen weniger als 10 Zielorganismen pro Falleninsel aggregiert wurden, nichtberücksichtigt. Die wöchentlichen Fangzahlen der Zielarten wurden mit der Funktion arcsin√p transformiert und anschließend miteiner one-way-ANOVA, mit daran anschließendem LSD-test ausgewertet.

WEHNERT, M. & MÜLLER, M.

Abbildung 2: nPhero Falle mit besiedeltemHolzstück von Hylesinus fraxini

Substanz Abk. Substanzklasse CASReinheits-

grad [%]Hersteller

Abgabe-

rate

[Δµl/24h]

Dispenser-

art

Ethanol Eth ● VOC Alkohol 64-17-5 96 VWR 4.91 Kapillare

4-Methylheptan-3-ol M-hept ● Scolytus intricatus Alkohol 14979-39-6 99 VWR 0.23 Kapillare

1,2-dimethoxy-Benzen

(Veratrol)Ver ○ VOC Buche Benzenderivat 91-16-7 90+ VWR 0.02 Kapillare

3-Hydroxy-3-

methylbutan-2-onMB-one ○ Xyloterus domesticus Keton 115-22-0 90+ VWR 1.15 Kapillare

Nonanone-2 Non ● Hylesinus fraxini Keton 821-55-6 98 ABCR 0.18 Kapillare

Acetophenon Ace ○,● Taphrorychus bicolor Keton 98-86-2 99 ABCR 0.08 Kapillare

Lineatin Lin ● Xyloterus spp. Substanzgemisch - - WITASEK 17.12 Foliendisp.

Chalcogran Ch ○ Pityogenes chalcographus Substanzgemisch - - BASF 18.57 Reservoir

Sexowit® Sex ○ Ips sexdentatus Substanzgemisch - - WITASEK 15.27 Foliendisp.

Ursprung der Substanz

Legende: ● = autochthone Substanz, ○ = allochthone SubstanzQuellen: [1] Schröder und Lindelöw 1989 [2] Byers 1995 [3] Vrkočová et al. 2003 [4] Holighaus und Schütz 2006 [5] Parini und Petercord 2006[6] Francke et al. 1979 [7] Tømmerås 1988 [8] Martikainen 2001 [9] Zumr 2009 [10] Baader 1989 [11] Birgersson 1990[12] Müller et al. 2008 [13] Kohnle et al. 1987

besiedeltes

Holzstück

Auffangbehälter

Fallentrichter

Fallenkörper

modifiziert

(Grundmodell

THEYSON®)

Abdeckung

16,0 14,7

499,7

4,7

56,0

1

10

100

1.000

10.000

Tf (Imago) Tf (Larve) Hf Tf (Imago) Tf (Larve) Hf

nPhero Nullvariante

log

Mitte

lwert

e d

er

Fang

zahl

vo

n

Thanasim

us f

orm

icarius

and

H

yle

sin

us fra

xin

i

A A

A

B

B

B

A AAB

BB

B

B

B

C

C

Ace

Ch

Eth

Lin

MB-one

M-hept

Non

Nul l

Sex

Ver

Variante

0,0

25,0

50,0

75,0

100,0

pro

zentu

ale

r A

nte

il Hyl

esin

us

fraxi

ni [%

]

n= 13

AB AAB AB

AB

AB

AB

B

C

D

Ace

Ch

Eth

Lin

MB-one

M-hept

Non

Nul l

Sex

Ver

Variante

0,0

25,0

50,0

75,0

100,0

pro

zen

tua

ler

An

teilT

han

asi

mus form

icarius

[%

]

n= 32