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7. September 2013
„Sachsen füreinander:
Generationen. Gerecht. Gestalten.“
Eine Veranstaltungsreihe derCDU-Fraktion des
Sächsischen Landtages
Schriftenreihe zu Grundlagen, Zielenund Ergebnissen der parlamentarischen Arbeitder CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages
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Inhaltsverzeichnis
EinführungSteffen Flath MdLVorsitzender der CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages
„Sachsen füreinander: Generationen. Gerecht. Gestalten.“Christine Clauß MdL Sächsische Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz
2 – 3
4 – 15
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Steffen Flath MdL
Einführung
Meine sehr geehrte Damen und Herren,
es ist eine gute Tradition, dass der Jo-
hann-Amos-Comenius-Club zum Tag
der Sachsen Station im jeweiligen Aus-
tragungsort macht. Deshalb freue mich
sehr, hier in der St. Georgen-Kirche in
Schwarzenberg zu sein. Lieber Herr Pfar-
rer Scholz haben Sie vielen Dank, dass
wir in Ihrer wunderbaren Kirche zu Gast
sein dürfen.
Zur 70. Veranstaltung des Gesprächsfo-
rums begrüße ich heute besonders herz-
lich unseren Bundesverteidigungsminis-
ter Dr. Thomas de Maiziére. Weiter darf
ich herzlich willkommen heißen die Mit-
glieder der Landtagsfraktion, namentlich
will ich hier Alexander Krauß nennen, der
in Schwarzenberg seinen Wahlkreis hat.
Es sind wieder zahlreiche ehemalige Frak-
tionsmitglieder gekommen, an der Spitze
unser Ehrenpräsident Dr. Fritz Hähle. Ich
darf weiter zahlreiche Oberbürgermeis-
ter und Bürgermeister, sowie Vertreter
der Kirchen, Vorsitzende und Geschäfts-
führer von Verbänden und Unternehmen
begrüßen.
Eine besonders treue Freundin des Jo-
hann-Amos-Comenius-Clubs will ich
jetzt begrüßen. Es ist unsere Sächsische
Staatsministerin für Soziales und Ver-
braucherschutz Christine Clauß. Und ich
freue mich besonders, dass sie uns heute
als Referentin zur Verfügung steht. Chris-
tine Clauß gehört dem Sächsischen Land-
tag seit 1999 an und wurde 2008 Staats-
ministerin. Ihr Aufgabengebiet umfasst
unter anderem die Lebenssituationen
von jungen und alten Menschen, aber
auch die Sozialversicherungen. Als ge-
bürtige Erzgebirgerin kennt sie sowohl
die Belange des ländlichen Raumes als
auch als Wahlkreisabgeordnete in Leip-
zig die von Großstädten.
Das heutige Thema ist eins, das ganz we-
sentlich mit uns selbst zu tun hat. Wie
möchte ich eigentlich alt werden? Wie
wird das sein mit der Pflege und wer wird
das alles bezahlen? Wie können wir die
Sozialsysteme und unser Lebensumfeld
gestalten, damit Junge und Alte in Sach-
sen zufrieden leben können?
Die demografische Entwicklung ist eine
der großen Herausforderungen in unse-
rem Land. Das betrifft die Infrastruktur
im ländlichen Raum und in den Groß-
städten. Es betrifft aber auch jeden ein-
zelnen von uns. Die Menschen erwarten
zu Recht, dass Politik diesen Prozess be-
gleitet und mit Leben erfüllt.
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Vor diesem Hintergrund ist gerade das
Gesprächsforum der CDU-Landtagsfrak-
tion eine gute Möglichkeit, über das Ta-
gesgeschäft hinaus Lösungsansätze zu
diskutieren.
Ich freue mich jetzt auf den Vortrag von
Christine Clauß, danach haben Sie alle
wie immer Gelegenheit, mit ihr ins Ge-
spräch zu kommen. Bitteschön.
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Sehr geehrte Damen und Herren,
„Omnes omnia omnino excoli“ - Alle alles
in Rücksicht auf das Ganze zu lehren. So
der Grundsatz von Johann Amos Come-
nius. Dieser war Grundsatz des Mannes,
der mit seiner christlich-humanistischen
Lebensgestaltung uns heute immer noch
Vorbild ist. Der 70. Johann-Amos-Come-
nius-Club ist deshalb für mich eine be-
sondere Gelegenheit, meine Gedanken
zu Sachsens sozialer Zukunft mit Ihnen
zu teilen. Ich danke Ihnen, sehr geehrter,
lieber Herr Flath, für diese ehrende Be-
grüßung und auch meinerseits Ihnen al-
len ein herzliches willkommen!
Meine Gedanken und mein Handeln zu
Sachsens sozialer Zukunft stelle ich unter
die Überschrift: Sachsen füreinander. Ge-
nerationen. Gerecht. Gestalten. Das ist
das, was mich umtreibt. Das ist das, was
mich aber auch antreibt: Eine Sozialpoli-
tik –solide, solidarisch, generationenge-
recht. Sachsens soziale Zukunft. Eine Zu-
kunft für alle Sachsen. Von uns gestaltet.
Denn soziale Gerechtigkeit und Solida-
rität gepaart mit Freiheit in Verantwor-
tung – in Verantwortung vor Gott und
den Menschen - das sind die Grundpfei-
ler unserer Demokratie und halten un-
sere Gesellschaft zusammen.
„Sachsen füreinander: Generationen. Gerecht. Gestalten.“Staatsministerin Christine Clauß
Meine Damen und Herren, eigentlich
nimmt ein alter Menschheitstraum Ge-
stalt an – unser Lebensalter steigt und
steigt und das bei guter Gesundheit.
Schon heute hat fast jedes 2. kleine Mäd-
chen, das wir auf der Straße sehen, die
Chance, 100 Jahre alt zu werden. Zugleich
erblicken aber viel zu wenig Kinder das
Licht der Welt - trotz der Tatsache, dass
wir zur Zeit das geburtenfreudigste Bun-
desland sind – Dresden und Leipzig ha-
ben sich mächtig in Zeug gelegt. Und das
ist unser demografischer Wandel. Unser
demografischer Wandel – mit all seinen
Risiken.
Für mich ist dies aber keine unüber-
windbare Hürde sondern viel mehr eine
Chance. Die Chance, unsere Strukturen
zukunftsfest zu gestalten. Um es auf den
Punkt zu bringen: Wir in Sachsen gehö-
ren zu den deutschen Alterspionieren.
Wir haben in einem Gutachten von Pro-
fessor Raffelhüschen in die Zukunft ge-
schaut – ins Jahr 2020, ins Jahr 2030 und
in das Jahr 2050.
Schauen wir auf dem Zeitstrahl ins Jahr
2030 – das ist schon in 17 Jahren –, dann
sehen wir, dass im Erzgebirgskreis 80 über
65-Jährige nur noch 100 Menschen zwi-
schen 20 und 64 Jahren gegenüberstehen.
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2009 waren das gerade einmal 41 zu 100.
Das heißt, bis 2030 verdoppelt sich diese
Zahl. Die Zahl der Menschen, die Pflege
brauchen, wird um die Hälfte steigen. Die
Zahl der Menschen, die staatliche Unter-
stützung brauchen, wird um bis zu 20 Pro-
zent steigen. Der Anteil, den die Kommu-
nen zur Pflege beisteuern müssen, könnte
ebenfalls steigen.
Ich werde keine weiteren Zahlen nen-
nen. Die Zahlen können Sie in unserem
Gutachten »Alter | Rente | Grundsiche-
rung« nachlesen. Denn hinter all diesen
Zahlen stehen Menschen. Menschen,
mit all ihren Erwartungen, Hoffnungen
und Ängsten. Aber eine andere Realität
des Menschheitstraumes ist auch klar:
Lange leben, ohne alt zu werden, wird
nicht funktionieren.
Meine Damen und Herren, auf dem Weg
zu unserem Ziel, das ich eingangs skiz-
ziert habe, brauchen wir funktionierende
soziale Netzwerke. Regionale Netzwerke,
die unterschiedliche Situationen in den
Sozialräumen unserer Kommunen, Ge-
meinden und Großstädten erkennen, mit
den aktuellen Entwicklungen verknüp-
fen, sie erweitern und mit Lebendigkeit
und Qualität füllen. Auf einen Nenner
gebracht: Ein Ort, an dem man lebt und
liebt. Ein Ort in LLX. Dabei steht das X
für die handelnden Personen und die bei-
den Ls für: leben mit all seinen Höhen
und Tiefen und loslassen. Und dies al-
les im Kreislauf unseres Lebens. Denn
wir geben jenen eine Stimme, die noch
keine haben – unseren Kleinsten – und
jenen, die keiner mehr hören kann be-
ziehungsweise auf die keiner mehr hört
– unseren Hochbetagten und Schwerst-
behinderten.
Die Mitte eines jeden Netzwerkes ist
die Familie. Sie ist die wichtigste Ver-
knüpfung, von der alles ausgeht – wie
der Aschoff-Tawora-Knoten unseres Her-
zens. In der Familie bekommen wir Liebe
und Geborgenheit. In der Familie lernen
wir die Werte, die uns das ganze Leben
begleiten. In der Familie werden wir weit
mehr als in der Schule auf das Leben vor-
bereitet und die Familie kann ein ganzes
Leben lang schützen.
Deshalb brauchen Familien Wertschät-
zung, Anerkennung, Verlässlichkeit und
Zeit. Sie dürfen nicht zum Spielball der
Politik werden – wie zurzeit beim Betreu-
ungsgeld. Diese Diskussionen gehen of-
fensichtlich an der Lebenswirklichkeit
unserer Familien vorbei. Dabei dürfen
wir nicht vergessen, dass unsere Fami-
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lien, wie alle Strukturen, einem starken,
raschen Wandel unterliegen.
So haben sich Familien nicht nur in sich
selbst geändert – sondern auch in ihrer
örtlichen Verankerung. Familienmitglie-
der sind heute über Distanzen hinweg –
manchmal über die ganze Welt verstreut
– und Freunde erst recht. Der eine lebt in
Kanada, der andere in Hongkong. Und
selbst wenn alle noch in Deutschland
leben, den Sohn oder die Tochter kann
man nicht jedes Wochenende in Berlin,
in Bautzen oder in Baden-Baden besu-
chen. Den Freund, der in Köln sesshaft
geworden ist, sehen wir wahrscheinlich
nur einmal im Jahr.
So entstanden die sozialen Netzwerke
der Moderne – so konnten sich Face-
book und Co. durchsetzen. Mit der Nut-
zung dieser digitalen Netzwerke gehen
wir lediglich einem ureigenen menschli-
chen Bedürfnis nach: Wir teilen uns mit.
Wir brauchen die Gespräche mit Freun-
den, mit der Familie, mit ehemaligen
Kollegen. Wenn wir vor einer Entschei-
dung stehen, brauchen wir jemanden,
der uns berät. Wenn wir ein glückliches
Erlebnis haben, brauchen wir jemanden,
der sich mit uns freut. Wenn wir trau-
rig sind, brauchen wir jemanden, der
uns zuhört, uns tröstet. Deshalb nut-
zen wir die virtuelle Welt, um uns mit
unseren Liebsten und Vertrauten zu
unterhalten.
So bewegte mich das Schicksal einer al-
ten Dame, die ihren Hausarzt um einen
früheren Termin bat, weil sie zu einem
Geburtstag wollte. Der Hausarzt machte
es möglich – freute er sich doch, dass die
alte Dame mal wieder rauskommt, unter
Menschen geht. Als er zu ihr kam, war sie
in den Vorbereitungen für den Geburts-
tag. Sie stellte den Computer ein, ver-
band sich mit dem Internet und öffnete
das Chatprogramm.
Ein Geburtstag per Chat – sind das wirk-
lich Netzwerke, die tragen? Ich sage:
Nein. Der Chat mit der Mutter kann das
vertrauensvolle Gespräch am Küchen-
tisch mit ihr nicht ersetzen. Ein lächeln-
des Profilfoto ist nicht dasselbe wie das
echte Lächeln des Freundes, wenn wir
ihm von unserem Tag erzählen. In einem
kurzen Tweet kann man keine Gefühle
ausdrücken, keine Mimik und Gestik ver-
schicken. Die Geselligkeit einer Geburts-
tagsfeier kann nicht entstehen, wenn je-
der einzeln in seinem Wohnzimmer vorm
Computer sitzt.
Facebook und Co. sind so etwas wie mo-
derne Brieftauben. Sie ersetzen – wie
auch die Brieftaube – nicht das Gespräch,
die Umarmung, das echte Interesse von
unseren Freunden, die sich Zeit für ein
Treffen nehmen. Auch die Facebook-Seite
des Staatsministeriums für Soziales und
Verbraucherschutz, unser Newsletter,
unsere Homepage sind kein Ersatz für
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Begegnungen mit den Menschen vor Ort.
Sie geben Informationen schnell und ziel-
gerichtet weiter – nicht mehr, aber auch
nicht weniger.
Wir brauchen echte soziale Netze. Wir
brauchen Familie und Freunde, Nach-
barn und Kollegen, Partner und Ver-
traute. Denn – um es mit den Worten
Marc Aurels auszudrücken – »Wir sind
zur Gemeinschaft geschaffen wie Füße,
wie Hände, wie die untere und die obere
Reihe unserer Zähne.« Wir brauchen:
Sachsen füreinander! Lassen Sie mich
das an den drei Schlagworten Lebens-
zeitpolitik, Zusammenhalt und Versor-
gung verdeutlichen.
Wie ich bereits gesagt habe, sind meine
Besuche vor Ort eine der wichtigsten
Informationsquellen für mich. Erst die-
ses Frühjahr habe ich ein kleines Mäd-
chen kennengelernt, das mit ihren Eltern
und ihrer Oma zusammen wohnt. Mutter
und Vater sind beide voll berufstätig und
kümmern sich gemeinsam um die Toch-
ter und die Oma. Dieses kleine Mädchen
war glücklich und sagte das auch. Und
doch sagte sie zum Schluss etwas, was
mich tief bewegt hat. Sie sagte zu mir:
»Manchmal träume ich, dass ein kleiner
Hase alle Uhren bei uns zu Hause klaut.«
Meine Damen und Herren, unsere Kin-
der spüren sehr genau, was sie brauchen
– was Familie braucht. Damit der kleine
Uhren klauende Hase nicht mehr not-
wendig ist, brauchen wir eine andere Le-
benszeitpolitik. Aber was bedeutet ei-
gentlich Lebenszeitpolitik? Es bedeutet,
dass wir neben allen staatlichen Leis-
tungen Zeit für unsere Familien schaf-
fen müssen.
Natürlich ist die finanzielle Unterstüt-
zung wichtig. Egal, ob wir da an das El-
terngeld denken, an Hilfe in Notsitua-
tionen, die unsere Stiftung »Hilfen für
Familien, Mutter und Kind« bietet oder
an das sächsische Landeserziehungsgeld.
Natürlich sind auch unsere vielfältigen,
teilweise auch neuen und innovativen Be-
ratungsangebote wichtig, die über 500
Fachkräfte täglich mit Leben füllen.
Aber das ist nicht alles – und hier wie-
derhole ich mich gern: Familien brau-
chen Zeit und die können wir als Politik,
als Staat, ihnen nicht geben. Flexibilität,
ständige Mobilität, Pendeln, Wochenend-
ehen – haben unmittelbaren Einfluss auf
Familie und Familienplanung und über-
fordern unsere Familien mitunter. Des-
halb ist es wichtig, dass Arbeitgeber
Strukturen schaffen, die familienfreund-
lich sind. Familienfreundlichkeit ist heute
kein Luxus mehr, es ist viel mehr Wettbe-
werbsvorteil.
Für unsere Fachkräfte sind nicht nur die
berufliche Herausforderung und die Ent-
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lohnung wichtig – es sind auch die wei-
chen Faktoren, die entscheidend sind:
der Kindergarten in der unmittelbaren
Nähe; flexible Arbeitszeiten und Arbeits-
orte; verständnisvolle Vorgesetzte, wenn
es um die kleinen und großen Nöte einer
Familie geht. So fühlen sich Mitarbeiter
sicherer, sind ausgeglichener und vor al-
lem konzentrierter bei der Arbeit. Ein fa-
milienfreundliches Unternehmen kann
enorme Leistungssteigerungen erzielen.
Ich finde: Wenn von Arbeitnehmern im-
mer mehr Flexibilität und Mobilität ge-
fordert wird, müssen auch Arbeitgeber
gleichziehen. Die Frage ist nicht, in wel-
cher Zeit und an welchem Ort die Ar-
beit erledigt wird. Die Frage ist, ob eine
Aufgabe zuverlässig und solide erledigt
wurde und ob mein Mitarbeiter über
den Tellerrand hinausschaut und sich mit
meiner Firma identifiziert, ihre Grund-
sätze verinnerlicht und lebt. Zu dieser Fa-
milienfreundlichkeit gehört noch mehr,
zum Beispiel die Anerkennung von Fami-
lien, die ihre Angehörigen pflegen. Nicht
nur für Kinder brauchen wir Zeit, sondern
auch für unsere Eltern, wenn sie alt wer-
den. Erinnern Sie sich: Wir geben jenen
eine Stimme, die noch keine haben und
jenen, auf die keiner mehr hört.
Nehmen wir nur das Beispiel Demenz.
Demenz ist eine Diagnose, die Sorge,
Angst und lähmende Verunsicherung
auslöst. Egal, ob wir fürchten selbst be-
troffen zu sein, oder ob wir fürchten, als
Angehörige vor diese schwere Aufgabe
gestellt zu werden. Denn Demenz ist eine
Krankheit, die die Person und die Fami-
lie betrifft. Demenz betrifft aber auch
die ganze Gesellschaft und das beileibe
nicht nur in den Fragen der Finanzier-
barkeit. Demenz betrifft unsere Gesell-
schaft, weil wir konfrontiert werden mit
bohrenden Fragen nach unserem Selbst-
verständnis:
Woran macht sich Menschenwürde fest?
An intellektuellen oder körperlichen Fä-
higkeiten? An Leistungsfähigkeit? Was
ist uns ein Mensch wert, der nicht mehr
weiß, wie er heißt? Was ein Mensch, der
rund um die Uhr Betreuung braucht und
der vergessen hat, was er mit einer Zahn-
bürste anfangen soll? Lässt sich Men-
schenwürde berechnen wie der Zeit-
aufwand beim Sockenanziehen? Kann
Lebensqualität auch ein Lächeln, ein se-
liger Moment sein oder sind wir nicht
sogar verpflichtet, für dieses Lächeln zu
sorgen? Ist nur der was wert, der Wert
schafft?
Was ist wichtiger im Umgang mit den Be-
troffenen: Verständnis oder Verstehen?
Wie lebt einer in der äußeren Welt, der
sich kaum noch in seiner inneren zurecht-
findet? Was ist er wert, der Mensch, der
wie kein anderer für das Vergessen steht.
Was ist er wert in einer Gesellschaft, in
der nichts vergessen werden darf, in der
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wir Unmengen von Informationen im-
mer schneller und schneller verwerten
müssen? Wie passt Demenz zu unserem
Selbstverständnis?
Diesen Fragen müssen wir uns stellen:
Für jeden einzelnen, der heute von De-
menz betroffen ist, aber auch, weil wir
in Zukunft viel häufiger mit dieser Krank-
heit konfrontiert werden. Schon heute
leiden mehr als eine Million Menschen
in Deutschland an Demenz. Jedes Jahr
kommen etwa eine viertel Million neuer
– nein, nicht Fälle, sondern Menschen!
hinzu. Wie es den Betroffenen selber
geht, können wir nur ahnen.
Arno Geiger, der österreichische Schrift-
steller, der 2005 für seinen Roman »Es
geht uns gut« den deutschen Buchpreis
erhalten hat, versucht, sich in seinen Va-
ter einzufühlen, wenn er schreibt: Es ist…
»Als wäre man aus dem Schlaf gerissen,
man weiß nicht, wo man ist, die Dinge
kreisen um einen her, Länder, Jahre, Men-
schen. Man versucht sich zu orientieren,
aber es gelingt nicht. Die Dinge kreisen
weiter, Tote, Lebende, Erinnerungen, …
, Satzfetzen, die einem nichts sagen –
und dieser Zustand ändert sich nicht
für den Rest des Tages. … Dann ist alles,
was mein Vater sieht, beängstigend, al-
les schwankend, instabil, davon bedroht,
sich im nächsten Moment aufzulösen.
Und nichts davon fühlt sich an wie zu
Hause.« Zitat Ende.
Es ist diese beängstigende Vorstellung
vom völligen geistigen Verfall, die uns
als Nichtbetroffenen solche Angst macht
und die Augen schließen lässt. Aber ge-
nau das darf nicht geschehen, denn wenn
wir die Augen schließen, dann sehen wir
auch die nicht, die unsere Hilfe, unsere
Begleitung, unsere Stimmen und unser
Lächeln so dringend brauchen.
Für viele Herausforderungen, meine Da-
men und Herren, die mit unserem höhe-
ren Lebensalter kommen, war das neue
Familienpflegezeitgesetz ein wichtiger
Schritt, wohl wissend, dass davon noch
nicht so viel Gebrauch gemacht wird. Wir
brauchen aber auch: Weiterbildungsmög-
lichkeiten während der Eltern- und wäh-
rend der Pflegezeit und die Möglichkeit
von Teilzeit in Vollzeit zu wechseln. Denn:
Wir brauchen Jede und Jeden! Jede Bega-
bung ist wichtig. Jeder kann sich entspre-
chend seinen Fähigkeiten einbringen.
Jedes Potenzial brauchen wir für den
wirtschaftlichen und sozialen Wohl-
stand unseres Landes. Deshalb streiten
wir in der Allianz Arbeit und Behinde-
rung für Menschen mit Behinderungen
und deren Potenzial als bereits ausgebil-
dete Fachkräfte. Viele Regelungen und
Zuständigkeiten sind eine Hürde gerade
für kleine und mittelständische Unter-
nehmen. Deshalb haben wir in Sachsen
ein Modellprojekt initiiert, in dem Ar-
beitgeber alle Informationen aus einer
10
Hand bekommen. Das ist wichtig, denn
mit einem Beruf und einer Arbeit haben
wir alle mehr Chancen, an echten sozia-
len Netzwerken teilzuhaben, sie weiter-
zuentwickeln und uns selbst vor sozia-
len Notlagen zu schützen. Das ist das,
was die UN-Behindertenrechtskonven-
tion zu Recht fordert. Das ist der Weg in
die inklusive Gesellschaft. Das ist: Sach-
sen füreinander.
Meine Damen und Herren, letztes Wo-
chenende war ich beim 10-jährigen Jubi-
läum des Kinderhospizes Bärenherz. Eine
emotionale Situation – auch wenn man
Menschen trifft, die sich neben ihrem
Beruf auf eine besondere Art und Weise
ehrenamtlich für ihre kleinen Schützlinge
engagieren. Und da geht es nicht nur um
die reine Arbeitszeit des Einen. Es geht
auch um die Bereitschaft der Anderen –
der Kollegen, die im Zweifel Arbeit mit
übernehmen, damit jemand sein Ehren-
amt ausüben kann.
Und das funktioniert – tagtäglich in unse-
rem Freistaat. Das ist eine unserer wich-
tigsten und dringendsten Aufgaben: die
Förderung der Bürgergesellschaft. Und
die Stütze einer Bürgergesellschaft ist
bürgerschaftliches Engagement. In einer
Bürgergesellschaft haben Bürgerinnen
und Bürger die Möglichkeit für selbst or-
ganisiertes Mitgestalten und eigene Be-
teiligung – unabhängig vom Staat und
außerhalb des Marktes.
Die Bürgergesellschaft ist kein ferner
Zustand, sondern ein gegenwärtiger
Prozess, für dessen Fortschreiten Bür-
gersinn, Zivilcourage und Solidarität un-
erlässlich sind. Lassen Sie uns gemein-
sam, Alt und Jung, an der Realisierung
dieser Bürgergesellschaft weiterarbei-
ten. Lassen Sie uns gemeinsam unsere
bestehenden Strukturen weiterentwi-
ckeln und vernetzen. Und dabei denke ich
weniger an unsere Sozialversicherungs-
systeme – das wäre ein eigenes Thema
für sich.
Dabei denke ich an Solidarmodelle, die
wir dringend brauchen – eine bürgerli-
che und bürgerschaftliche Unterstüt-
zungskultur. Ein Beispiel: 9 von 10 Men-
schen wollen in ihrem eigenen Zuhause
alt werden. Manchmal brauchen sie dabei
Unterstützung. Denn soziale Teilhabe ist
mehr als Schrankwand, Sessel und Fern-
seher. Unsere Tausendfüßler machen dies
möglich – als Alltagsbegleiter finanziert
über den ESF, als Nachbarschaftshelfer,
und ganz neu seit dieser Woche als Ru-
heständler mit der Aufgabe eines Alltags-
begleiters, finanziert vom Freistaat Sach-
sen. Denn unsere jungen Alten von heute
sind gesund und geistig mobil, sie wollen
sich engagieren, wollen gebraucht wer-
den. Unser Altenbild hat sich verändert.
Meine Damen und Herren, es gibt noch
mehr Beispiele für erfolgreiche Solidar-
modelle: Zum Beispiel Mehrgeneratio-
11
nenhäuser, die heute manchmal schon
Ersatzfamilie, sozialer Treffpunkt und
kleine Volkshochschule in einem sind.
Ob es sich um den offenen Mittagstisch,
haushaltsnahe Dienstleistungen, um PC-
oder Sprachkurse handelt: Die 39 Mehr-
generationenhäuser in Sachsen sind in-
zwischen zu einer Art Dorfbrunnen der
Moderne geworden und aus unserer Ge-
sellschaft nicht mehr wegzudenken. Sie
ergänzen flexibel andere lokale Ange-
bote. Sie sind regionale Netzwerke für
Menschen jedes Alters.
Unsere Kommunen stehen vor der Her-
ausforderung, die demografischen Ver-
änderungen vor Ort aufzufangen und ab-
zufedern. Sie reagieren auf veränderte
Familienstrukturen und erhöhen damit
die Standortattraktivität für die Bevöl-
kerung, aber auch für die regionale Wirt-
schaft.
Mehrgenerationenhäuser als lokale, Ge-
meinwesen-orientierte Versorgungsan-
gebote können hier eine gute Lösung
sein. Sie bieten allen Generationen kon-
krete Unterstützungsstrukturen aus ei-
ner Hand und stärken die Eigenverant-
wortung und Solidarität der Menschen
vor Ort. Deshalb sollen sie in die Rolle ei-
nes Angebots-, Informations- und Dienst-
leistungsknotenpunkts hineinwachsen.
Bei Solidarmodellen denke ich aber auch
an Seniorengenossenschaften. Denn
diese können ein Beitrag dazu sein, sich
auf das Alter vorzubereiten und dort zu
helfen, wo man helfen kann und mag. Ihr
Motto heißt »Gebe heute, nehme mor-
gen«. Wer hauswirtschaftliche Dienst-
leistungen, Gartenarbeiten, unterschied-
liche Betreuung leistet, kann sich diese
Leistung in Stunden anrechnen lassen.
Und diese Stunden können dann abgeru-
fen werden, wenn man sie selbst braucht
oder man lässt sie sich später auszahlen.
Der offizielle Start ist nächste Woche am
13. September im Dresdner Hygienemu-
seum bei unserem Kongress Seniorenge-
nossenschaften - mit unserem Minister-
präsidenten und anderen Experten und
ich lade Sie herzlich dazu ein. Ich habe
Ihnen Einladungen mitgebracht.
Meine Damen und Herren, gerade der
3. Lebensabschnitt bietet viele Chancen,
denn unser Altersbild ändert sich. Aber
nicht nur das – auch Selbstverständnis
und Selbstvertrauen unserer Senioren
haben zugenommen: Die Omi von heute
trägt mini und fährt Mini. Der Opa joggt,
er trainiert Kinder im Sportverein – ganz
abgesehen davon, dass beide sich die
neuesten Nachrichten auf ihr iPad her-
unterladen. Das müssen wir nutzen.
Denn, und das möchte ich hier keinesfalls
verheimlichen, das hilft auch uns als Poli-
tik und als Staat, unsere Herausforderun-
gen zu meistern. Viele Dinge können wir
12
aufgrund der finanziellen Ausstattung
schlicht nicht mehr leisten. Wir brauchen
unsere Bürgergesellschaft und das eh-
renamtliche Engagement mehr denn je.
Wir brauchen sie in allen Bereichen des
Lebens, in jedem Lebensalter. Wir brau-
chen sie, damit das Herz unserer Gesell-
schaft kräftig schlägt.
Beeindruckend ist das Ergebnis des En-
gagements im Programm »Wir für Sach-
sen« in den Bereichen Soziales, Kultur und
Umwelt. Allein dieses Programm ist mit 6
Millionen Euro jährlich untersetzt. Aber
es geht nicht nur ums Geld. Es geht um
Strukturen, die Ehrenamt ermöglichen.
Und es geht auch hier um verständnis-
volle Arbeitgeber. Es ist sicher nicht im-
mer leicht, als Arbeitgeber dafür die richti-
gen Modelle zu finden. Aber es lohnt sich.
Denn ehrenamtlich tätige Menschen sind
bereit, sich über Gebühr für eine Sache zu
engagieren. Das sollte jeder Unternehmer
für sich zu nutzen wissen.
Neben all den staatlichen Förderungen
und Strukturen dürfen wir eines nicht
vergessen: die Anerkennung unserer Bür-
gergesellschaft. Dafür haben wir unsere
jährliche Auszeichnungsveranstaltung im
Sächsischen Landtag mit Herrn Dr. Röß-
ler; unsere Annen-Medaille für beson-
dere Verdienste oder unsere Tierschutz-
medaille. Ganz viele Kommunen tun es
uns gleich und zeichnen ihre Ehrenamt-
ler jährlich aus.
Ein anderes Beispiel ist unser Orden für
die Hosentasche – die sächsische Eh-
renamtskarte, deren Inhaber Vergüns-
tigungen von ermäßigtem Eintritt in das
Hallenbad mit Sauna, über günstige Ein-
trittspreise bei Theatervorstellungen und
in Museen bis Rabatte bei Dienstleistern
bekommen. Hier haben wir viele Koope-
rationspartner in den Kommunen vor
Ort, aber auch im Land und es werden
ständig mehr.
Das alles sind kleine, aber wichtige
Schritte auf dem Weg zu einer wertschät-
zenden Anerkennungskultur. Und womit
wir unsere zivile Bürgergesellschaft moti-
vieren und ausbauen, eben: Sachsen für-
einander.
Meine Damen und Herren, Netzwerke
brauchen wir auch für die medizinische
und pflegerische Versorgung überall in
Sachsen – ganz gleich, ob im ländlichen
Raum oder in der Großstadt – jeder hat
das Recht auf eine gute Versorgung.
Zum Beispiel unsere Krankenhäuser, die
mehr sind als die Anzahl ihrer Betten. Der
Freistaat Sachsen hat nach unserer Fried-
lichen Revolution durch seine Investitio-
nen in Aufbau und Ausbau Enormes ge-
leistet. Auch heute brauchen wir kluge
Strategien für gesunde Krankenhäuser
und haben im aktuellen Haushalt dabei
Prioritäten gesetzt. Dafür noch einmal
vielen Dank an die Fraktion.
13
Im Umkehrschluss leisten auch unsere
Krankenhäuser und ihre Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter Unglaubliches – 24
Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 365
Tage im Jahr. Sie und Ihr Engagement sind
einer der wichtigsten Aspekte im Hei-
lungsprozess. Daran sollten wir immer
erinnern und erinnert werden.
Gleiches gilt für unsere Pflegekräfte –
egal ob ambulant oder stationär. Sie set-
zen jeden Tag Ihre Kraft ein, um gerade
in der Pflege die Würde des Einzelnen in
den Mittelpunkt zu stellen und jede Form
der Selbstbestimmung zuzulassen, ja so-
gar einzufordern – im Sinne unseres ers-
ten Ls: Leben.
Und auch hier müssen wir uns deutlich
fragen: Was ist es uns wert, was uns wert-
voll ist? Hier müssen wir Klartext spre-
chen und uns eindeutig positionieren.
Dafür haben wir unsere Initiative Pro
Pflege Sachsen ins Leben gerufen. Wert-
schätzung, Anerkennung, Verdienst nach
Tarif und mehr Vollzeitbeschäftigung –
das sind die Grundlagen unseres Einsat-
zes für die Pflegekräfte und die Pflegebe-
dürftigen. Gemeinsames Handeln aller
Beteiligten ist dabei besonders wichtig,
denn die Pflege ist unsere wichtigste Auf-
gabe – heute und in Zukunft.
Eine ebenso wichtige Aufgabe überneh-
men unsere Helfer und Mitarbeiter in
den sächsischen Hospizdiensten. Mit viel
Empathie und Fingerspitzengefühl helfen
sie ihren Schützlingen und deren Fami-
lien bei unserem zweiten L: dem Loslas-
sen. Auf dem schwierigsten Weg im Le-
ben sind sie einfach da, gehen ein Stück
des Weges mit. Und dieses zweite L – das
Loslassen – steht ganz im Sinne Cicely
Saunders, der Begründerin des Hospiz-
gedankens, die sagte: »Sie sind wichtig,
weil Sie eben Sie sind. Sie sind bis zum
letzten Augenblick Ihres Lebens wichtig
und wir werden alles tun, damit Sie nicht
nur in Frieden sterben, sondern auch bis
zuletzt leben können.«
Diese Grenzsituation des Lebens müssen
wir aus der Tabuzone herausholen und
den Gedanken Cicely Saunders in unse-
rer Gesellschaft verankern. All jenen, die
Dienst am Menschen leisten zollen wir
unseren Respekt, unsere Anerkennung,
unseren Dank. Sie halten unsere Gesell-
schaft zusammen: Sachsen füreinander.
Und all diese Menschen arbeiten Hand
in Hand für das Wohl unserer Patienten
zusammen – in sektorenübergreifenden
Netzwerken.
Ein Beispiel ist unser Entlassungsma-
nagement. Dieser recht kalte Begriff
steht jedoch für eine wichtige Dienst-
leistung. Denn auch bei einer Entlassung
aus dem Krankenhaus, zum Beispiel an ei-
nem Freitagnachmittag, können Sie sich
darauf verlassen, dass Sie die Hilfsmittel
aus dem Sanitätshaus noch bekommen,
14
wie zum Beispiel ein Pflegebett, Ihre Me-
dikamente auch in der Apotheke um die
Ecke nach den Vorgaben der Kranken-
hausärzte und der Physiotherapeut sich
um Sie und Ihre Beweglichkeit kümmert.
Ergänzt wird dies alles durch Netzwerke,
in denen wir Wissen und Technik teilen,
in denen wir Dienstleistungen miteinan-
der verbinden, in denen wir Nachwuchs
sichern und uns unabhängig von Stand-
orten machen. Stichworte sind hier: Te-
lemedizin, unsere Trauma- und Schlagan-
fallnetze mit den Stroke Units und unsere
Geriatrienetze als Beispiel für sektoren-
übergreifende Versorgung.
Und hier, meine Damen und Herren,
kommen die digitalen Netzwerke zu ei-
ner sehr guten und wichtigen Anwen-
dung. Zum Beispiel in der Kommunika-
tion aller medizinischen Dienstleister, um
unsere Patientinnen und Patienten opti-
mal zu versorgen – in erster Linie ambu-
lant. Therapeuten und Apotheker, Haus-
arzt und Pflegedienst, Sozialarbeiter und
Facharzt arbeiten zum Wohle ihrer Pati-
enten zusammen und sprechen sich ab
– bei großen räumlichen Entfernungen
auch mit digitalen Hilfsmitteln.
Oder nehmen wir unser virtuelles Pflege-
Netz, das alle Informationen zur Pflege
im Internet zur Verfügung stellt. Hier
können Sie sich völlig ortsunabhängig
über Dienstleistungen und Dienstleister
informieren und nachschauen, wer in ih-
rer Nähe für Sie da ist.
Professionsübergreifende Zusammenar-
beit ist heute wichtiger denn je – gerade
in der medizinischen und pflegerischen
Versorgung. Unsere Geriatrienetzwerke
und unser PflegeNetz zeigen, wie es
geht. Dabei gilt ambulant vor stationär.
Mit Beratung – individuell, passgenau,
wohnortnah. Das sind Netzwerke, die für
den Menschen Sicherheit schaffen und
Vertrauen zurückgeben. Vertrauen und
Sicherheit, nicht nur in großen Städten
medizinisch gut versorgt zu sein.
Und doch ist eines unbenommen: Ohne
Ärzte – vor allem Hausärzte – im ländli-
chen Raum funktionieren auch die bes-
ten Netzwerke nicht. Deshalb ist eines
der wichtigsten Anliegen der sächsi-
schen Staatsregierung, Hausärzte für
unterversorgte Gebiete zu gewinnen.
Im Oktober dieses Jahres startet hier-
für eine weitere Ausbildungsbeihilfe für
Medizinstudenten. Circa 20 angehende
Ärzte, die sich zu Beginn ihres Studi-
ums verpflichten, Allgemeinmediziner
zu werden und sich in einem unterver-
sorgten Raum niederzulassen, erhalten
während des Studiums 1000 Euro Zu-
schuss pro Monat.
Denn nicht alle wollen in die große weite
Welt hinaus. Wer im ländlichen Raum auf-
gewachsen ist, ist eher bereit für eine
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Rückkehr in seine Heimat, wenn eine be-
rufliche Perspektive da ist.
Oder sagen wir es anders: Natürlich müs-
sen junge Sachsen auch in die Welt hin-
aus. Sie müssen sich entdecken, auspro-
bieren, andere Kulturen kennenlernen.
Das ist wichtig. Aber unser Ziel ist es,
dass sie bewusst und voller Motivation
zurückkehren, sich in ihrer Heimat dau-
erhaft niederlassen und vielleicht den ei-
nen oder anderen Freund aus einem fer-
ner Land zu uns mitbringen.
Denn Heimat heißt handeln und Verant-
wortung übernehmen für das, was vor
der eigenen Haustür geschieht. Heimat
heißt zupacken, sich einbringen, offen zu
sein für Neues und Zuzügler offenherzig
zu begrüßen. Wenn wir uns in diesen Ta-
gen in der Welt umschauen, bin ich dank-
bar für unsere geordnete Welt. Die auch
denjenigen Platz bieten sollte, die bei uns
Zuflucht suchen.
Meine Damen und Herren, die aktive
und generationengerechte Gestaltung
unserer Zukunft ist eine Herausforde-
rung, die sehr sehr anstrengend ist – sie
braucht Visionen, sie ist aber auch eine
Chance. Eine Chance fürs Umdenken, für
den Wandel aus Überzeugung. Denn, wie
Gustav Heinemann schon vor einem hal-
ben Jahrhundert gesagt hat: »Wer nichts
verändern will, wird auch das verlieren,
was er bewahren möchte.«
Knüpfen wir also in diesem Sinne unsere
Netze Knoten für Knoten, dass sie tra-
gen und halten – in Gegenwart und in
Zukunft. Sachsen füreinander.
Herzlichen Dank.
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Impressum
Sachsen füreinander: Generationen. Gerecht. Gestalten.Veranstaltung am 7. September 2013
HerausgeberCDU-Fraktiondes Sächsischen Landtages
RedaktionJan Donhauser
Satz, Gestaltung und DruckZ&Z Agentur Dresden
Dresden, Juli 2014
Diese Broschüre wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlhelfern im Wahlkampf zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Den Parteien ist es gestattet, die Druck-schrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden.