Klimawandel: Grabenkämpfe beenden - landesbuehne-nord.de · Knapp 18 000 Malaria-fälle wurden...

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SEITE 8 FREITAG, DEN 23. APRIL 2010WilhelmshavenWILHELMSHAVENER ZEITUNG

Die größte Bedrohungfür den Naturraum Wat-tenmeer sei der Klima-wandel, glaubtWWF-Experte Hans-Ul-rich Rösner. Er leitet dasWattenmeerbüro derUmweltorganisation.

VON MARTIN WEIN

WZ: Sie fordern, man müssedas Wattenmeer klimawan-deltauglich machen. Wasmuss man sich darunter vor-stellen?RÖSNER: Wir kennen diegrößte Bedrohung für dasWattenmeer, nämlich denbeschleunigten Anstieg desMeeresspiegels, wenn auchnoch nicht sein genaues Aus-maß. Und wir wissen, dassviel darauf ankommen wird,dem Watt, aber auch denSalzwiesen und Stränden einMitwachsen zu ermöglichen.Aber wir wissen noch langenicht, wie man das am Bes-ten erreichen kann. Klar istjedoch, dass der Umgang mitdiesem Problem leichterwerden wird, wenn wir früh-zeitig wissenschaftlich nachLösungen suchen. Und ge-nau das fordert der WWF.

WZ: Was passiert denn kon-kret, wenn der Meeresspiegelsteigt?RÖSNER: Zunächst wächstdas Watt mit. Im letzten Jahr-hundert stieg der Meeres-spiegel um 20 Zentimeter –da haben sich entsprechendmehr Sedimente abgelagert.Dieser natürliche Mechanis-mus wird aber aus zweiGründen wohl nicht mithal-ten können: Erstens steigt

der Meeresspiegel men-schengemacht einfach zuschnell. Und zweitens ist dieKüstenlinie durch Deichekünstlich fixiert und kannsich nicht mehr durch Verla-gerung an den Meeresspiegelanpassen. Es besteht die Ge-fahr, dass immer mehr Watt-flächen und Salzwiesen ab-brechen und dauerhaft über-flutet werden.

WZ: Und werden die Wattver-luste überall gleich deutlichausfallen?RÖSNER: Nein, da gibt eszwischen den etwa 30 Tide-

becken zwischen den Nie-derlanden und Dänemark er-hebliche Unterschiede. Dieeinen, etwa zwischen Syltund Romø, sind heute schonam Umkipppunkt. Dort wirdSediment eher ausgeräumtstatt abgelagert. Die Salzwie-sen werden kleiner, Watt wirddauerhaft überflutet und anden Stränden wird der Sandknapp. Andere Tidebeckenhalten noch mit und mögenerst in 10, 20 oder 100 Jahrenam Umkipppunkt sein.

WZ: Was kann man dagegentun? Auf den OstfriesischenInseln wird ja schon ständigaufgespült. Geht das auch imWatt?RÖSNER: Aufgespült imstrengen Sinne wird dortnoch nicht. Dort holt mannur Sand von einer Stelle undbringt ihn an die andere, et-wa die Badestrände. Damitwächst die Insel ja nicht auf.Auf Sylt ist die Sache anders.Dort erodiert der Weststrandauf 40 Kilometern. Jedes Jahrwird dort rund eine MillionKubikmeter Sand aus derNordsee aufgespült. Sonstwäre die Insel akut gefährdet.

WZ: Wird die Gesellschaftsich das auf Dauer leistenkönnen? Bei Sylt wird es ja

nicht bleiben, wenn IhrePrognose zutrifft.RÖSNER: Es kann durchaussein, dass wir das Watt nurhalten können, wenn wirSand zuführen. Das werdenkommende Generationenentscheiden müssen. Aberdazu brauchen wir noch vielForschung, bevor wir unsauch als WWF positionierenund sagen: Aus übergeordne-tem Interesse ist eine Auf-spülung von Sand der kleine-re Eingriff in die Natur als derUntergang des Watts.

WZ: Bei schweren Sturmflu-ten könnte den Küstenbewoh-nern ihr Anliegen ohnehin alsein Luxusproblem erschei-nen.RÖSNER: Nein, das steht ja ineinem engen Zusammen-hang. Das Wattenmeer istdoch zugleich der besteSchutz für die Deiche, undwirkt für diese als Wellenbre-cher. Doch besteht schon aufmittlere Sicht auch ein Prob-lem für jene Marschgebiete,die schon vor Jahrhunderteneingedeicht wurden undheute schon unter dem Mee-resspiegel liegen. Das Landsinkt dort weiter ab, währenddraußen das Meer steigt. Eswird auf Dauer immerschwieriger werden, dort et-wa Niederschlagswasser ab-zupumpen. Und für die Be-wohner wird es womöglichimmer riskanter. Wichtig istangesichts der riesigen He-rausforderung, alte Graben-kämpfe zu beenden. Natür-lich erkennen Naturschützerdie Sturmflutsicherheit alszentrales Anliegen an. Undder Küstenschutz muss auchden Erhalt der Naturland-schaft Wattenmeer in seinePlanungen einbeziehen.Sonst gehen wir bei der An-passung an den Klimawandelalle baden.

Klimawandel: Grabenkämpfe beendenWATTENMEER WWF-Experte: Sandaufspülung könnte letzte Rettung für Naturraum sein

Hans-Ulrich Rösner FOTO: PRIVAT

Strieb nähert sich „Käthchen“ respektvollTHEATER Sonnabend hat Kleists Ritterschauspiel „Käthchen von Heilbronn“ Premiere

Olaf Strieb, Oberspiellei-ter der Landesbühne, istnach eigenen Worten auf„vielen Pfade des Unter-haltungstheaters“ gewan-delt. Kleists „Käthchen“will er psychologischdeuten.

WILHELMSHAVEN/ZY – Kaiserli-scher Seitensprung, Intrigen,Ritterkämpfe, Happy End –Heinrich von Kleists „DasKäthchen von Heilbronn“, dasals Ritterschauspiel in die Li-teraturgeschichte eingegan-gen ist, hat allerlei theatrali-sche Höhepunkte zu bieten.Am morgigen Sonnabend hatdas Werk in der Inszenierungvon Olaf Strieb im Wilhelms-havener Stadttheater Premie-re. Die Vorstellung beginntum 20 Uhr.

Mit Kleists „Käthchen“verlässt der Oberspielleiterder Landesbühne erstmals die„Pfade des Unterhaltungs-theaters“. Das Käthchen istin der Tat seine erste Klassi-kerinszenierung. Im Vorge-spräch sagte Strieb, dass das„Käthchen“ etwas „sehr, sehranderes sein wird“ gemessenan dem, was man von ihm ge-wohnt sei. Er habe sich KleistsKäthchen „respektvoll, abernicht devot“ genähert und in

der Absicht, seinen „mär-chenhaften Charakter für unspsychologisch zu deuten“.

Der Ausgangspunkt für sei-ne Inszenierung sei der As-pekt der „Zeitlosigkeit“ desKleist’schen Textes gewesen,den er zusammen mit demDramaturgen Peter HiltonFliegel um etwa ein Drittel ge-kürzt habe. Das Publikumwerde bei der Premiere fest-stellen, dass sich „die genialeSprache von Kleist naturalis-tisch sprechen lässt“.

Gespielt wird das Stück ineinem „abstrakten Raum“,den Diana Pähler geschaffenhat. Erich Radke habe für dieInszenierung eine eigene Mu-sik komponiert, die „filmischeingesetzt“ werde, also zurKennzeichnung der jeweiligenStimmung die Szenen unter-malend.

Verkörpern wird das Käth-chen, die vermeintliche Toch-ter des WaffenschmiedsTheobald (Stefan Ostertag),Sara Spennemann. Holger

Teßmann gibt in der Rolle desKaisers seinen Abschied vonder Wilhelmshavener Bühne.Als Graf vom Strahl, spätererGemahl des Käthchens, istFabian Döring zu sehen. DieIntrigantin Kunigunde wirdvon Verena Karg gespielt. Inweiteren Rollen sind FabianMonasterios, Thomas Hary,Sibylle Hellmann, Vera Ducci,Mathias Reiter, Georg Lippertund (auch er verlässt die Lan-desbühne) Friedrich Schelerzu sehen.

Käthchen-Szene mit (vorne, v.l.) Mathias Reiter (Freiburg) und Fabian Döring (Strahl). FOTO: LB

DIE EROBERUNG

DER NATUR

Knapp 18 000 Malaria-fälle wurden Ende des

19. Jahrhunderts währenddes Hafenbaus am Jade-busen ver-zeichnet.Über die vie-len Widrig-keiten,denen dieMenschenhier ausge-setzt waren, berichtet an-schaulich David Black-bourn in einem Kapitelseines 2006 erschienenBuches „Die Eroberungder Natur“.

In „Der Jadebusen“ er-zählt der britische Histori-ker auf äußerst unterhalt-same Weise die AnfängeWilhelmshavens – vonden beiden preußischenUnterhändlern über dieEntstehung der Küstenli-nie bis zu den Mühen desHafenbaus. Die erstenschweren Jahre bezeich-net Blackbourn als „Quel-le des Lokalstolzes“.

An ausgewählten Bei-spielen schildert der Autorin seinem Geschichts-buch die Entstehung derdeutschen Landschaft, er-zählt, wie „die Deutschensich aufmachten zu einemFeldzug gegen ihre Um-welt“. Auch das Wirt-schaftswunder und derspätere „Aufstieg der Öko-logie“ finden bei ihm Be-achtung.

Vorgestellt vonMichael Halama

Gemeinschaftfür SeezeichenWILHELMSHAVEN/LR – Dernächste Vortrag beim Nauti-schen Verein Wilhelmsha-ven-Jade beginnt am Diens-tag, 27. April, um 20 Uhr imHotel Kaiser. Dr. Frank Tous-saint, 1. Vorsitzender derHamburger Interessenge-meinschaft Seezeichen,spricht über die Zielsetzungdes Vereins. Gäste sind will-kommen.

Meine Meinung zur Landesbühne

Zukunftssicherheit!VON PETER F. RADDATZ

Die Landesbühne Nie-dersachsen Nord ist

eine der erfolgreichstenLandesbühnen im deutsch-sprachigen Raum. Sie ge-hört gleichzeitig zu den ef-fektivsten und wirtschaft-lichsten Theaterbetriebenin dieser Republik.

Dass dieniedersäch-sische Lan-desregie-rung geradediesem er-folgreichenTheater diefinanzielleGrundlagenicht ge-währen will,ist nichtnachzuvoll-ziehen.

Die Mit-arbeiterinnen und Mitarbei-ter arbeiten unter schwie-rigsten Bedingungen bis zurSelbstausbeutung.

Die Landesbühne ver-sorgt eine ganze Region mitanspruchsvollen Theater-aufführungen – Man darfnicht zulassen, dass dieseRegion vom allgemeinenkulturellen Leben abgekop-pelt wird. Diese Landes-bühne braucht Zukunfts-

sicherheit –hier lohntsich dieLeistungwirklich!

¤Peter F.

Raddatz ist Generaldirektorder Stiftung Oper in Berlin.Der Hamburger begann sei-ne Karriere im künstleri-

schen Be-reich als Ge-schäftsfüh-rer der Lan-desbühneNiedersach-sen-Nord inWilhelms-haven von1985 bis1989. Da-nach war erGeschäfts-führer amSchauspiel-haus Ham-

burg und bis 2009 an denBühnen der Stadt Köln.In loser Folge kommenPersonen aus der Regionund Vertreter der überre-gionalen Theaterszene zuWort, die sich zur Bedeu-tung der Landesbühne fürdie Region äußern. DieBühne leidet unter der De-ckelung der Landeszu-schüsse bis 2011 und hatExistenzängste.

Polizei warnt vor dem „Lederjackentrick“BETRUG Zwei Unbekannte wollten älteren Mann um sein Geld bringen

WILHELMSHAVEN/LR – Die Poli-zei warnt vor zwei unbekann-ten Tätern, die vor zwei Tageneinen älteren Wilhelmshave-ner mit dem sogenannten Le-derjackentrick um Geld brin-gen wollte. Die Unbekanntenhatten ihr Opfer auf der Bis-marckstraße aus einem Autoheraus angesprochen.

Der Beifahrer im Fahrzeugbehauptete, man würde sichüber den Vater kennen, derfrüher mit dem älteren Mann

zusammen gearbeitet hätte.Die beiden Betrüger brachtendas Opfer im Auto nach Hau-se.

In der Wohnung bat dereine Unbekannte den Mannum Geld. Er wolle damit dieHeimreise nach Italien antre-ten, erklärte er. Da das Opferkein Geld zu Hause hatte,wollte man gemeinsam zumnächsten Geldautomaten fah-ren. Der ältere Mann lehntedieses Ansinnen ab. Darauf-

hin fragte der Täter vor Verlas-sen der Wohnung noch nacheinem Glas Wasser.

„Vermutlich nur aufgrundder Tatsache, dass der ältereHerr den Täter in seiner Woh-nung nicht aus den Augen ge-lassen und ständig begleitethat, ist nichts aus der Woh-nung entwendet worden“,sagt die Polizei und warnt vorallem ältere Menschen vordieser Masche.

Nach Polizeiangaben ist

der Täter vermutlich Südlän-der. Er soll schlank und etwa1,65 Meter groß sein. Er hatdunkles kurzes Haar undsprach ein gebrochenes, aberflüssiges Deutsch.

Bei dem Fahrer des schwar-zen Pkw mit ausländischemKennzeichen handelt es sichnach Angaben des älterenHerren möglicherweise umeinen Deutschen mit kräftigerStatur und kurzen schwarzenHaaren.

Tagesfahrt zuKirchenorgelnWILHELMSHAVEN/LR – EineFahrt zu Kirchenorgeln derUmgebung bietet die VHS amSonnabend, 24. April, an. Inder Reepsholter PfarrkircheSt. Mauritius erklingt die vonJohann Friedrich Wenthin er-baute Orgel. In Detern, in derStephani- und Bartholo-mäi-Kirche steht eine Orgelvon Wilhelm Eilert Schmid.Ein Spaziergang durch dieUplengener Moorgebiete run-det den Tag ab. Los geht es um9 Uhr. Infos und Anmeldungunter Tel. 16 14 79.