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  • ArbeitArbeit

    metallzeitung 8 | 2014 | 1514 | metallzeitung 8 | 2014

    Im Grunde ist es doch ganz ein-fach, einen Tarifvertrag zu erhal-ten. Man muss nur die Belegschaftorganisieren, Betriebsräte grün-den und schon geht’s los mit denVerhandlungen zum Tarifvertrag.

    Das meine ich natürlich nichtganz ernst. Einen Tarifvertragmuss man sich hart erkämpfen.Und bis man ihn in der Hand hältund bis die erste Verbesserung aufdem Konto sichtbar wird, ist dasein langer, sehr langer Weg. Aberdas Prinzip ist einfach: Mitgliedwerden, Betriebsrat gründen undTarifvertrag verhandeln. So geht’s.Bei uns hat das Ganze fast dreiJahre gedauert. Aber ja. Der Weghat sich gelohnt.

    Im Jahr 2010 waren bei uns –damals hießen wir noch RepowerSystems – rund acht bis zehn Pro-zent der Beschäftigten organisiert.Heute, vier Jahre später und mitTarifvertrag, sind fast 100 Prozentder Beschäftigten Mitglied der IG Metall. Und sie sind immer bereit, ihren Tarif zu verteidigen,weil sie wissen, was sie an ihmhaben.

    Damals wie heute sind unse-re Monteure an unterschiedlichenServicestützpunkten in der ge-samten Bundesrepublik unter-wegs. Miteinander zu reden, sichauszutauschen, ist oft nur schwermöglich. Die Monteure wissen

    nur wenig über die anderen Kolle-gen und deren Bedingungen odergar Einzelheiten über ihre Ar-beitsverträge.

    Damals gab es aber ein The-ma, das allen unter den Nägelnbrannte: Wir hatten nur unzurei-chende Regelungen im Notdienst.Wir mussten für 128 Euro bruttozusätzlich in der Woche für denNotdienst immer verfügbar underreichbar sein.

    Und das hieß: Privatleben,ade. Kino, Sport oder Freundetreffen war und ist im Notdienstfast unmöglich. Dafür waren die128 Euro eher ein Schmerzens-geld als eine faire Vergütung.

    Dank Tarifvertrag mehr Geld.Wir haben – weil es sich um einspezielles Thema handelte – denNotdienst und die Bereitschaft alsspezielle, eigenständige Tariffor-derung deklariert, losgelöst vonder grundsätzlichen Tarifforde-rung nach einem Anerkennungs-tarifvertrag für den gesamtenKonzern. Die Verhandlungen zueinem Rahmentarifvertrag fürden Notdienst wurden dann pa-rallel zu den eigentlichen Tarif-verhandlungen geführt mit einemfür uns Monteure erfolgreichenErgebnis.

    Das war gut so, denn dankdieser Tarifverträge haben die Be-

    schäftigten jetzt im Durchschnittrund 320 bis 350 Euro bruttomehr auf dem Konto.

    Klar ist Geld sehr wichtig fürdie Beschäftigten. Aber der Tarif-vertrag bringt auch Sicherheit.Viele meiner Kollegen haben inden Monaten nach dem Abschlussdes Tarifvertrags geheiratet.

    Klingt komisch. War aber so.Sicherheit, Planbarkeit, Kündi-gungsschutz – erst dann trautensich viele, sich für die Zukunft zu binden und teure Anschaffun-gen wie Waschmaschine, Sofaoder Auto zu tätigen.

    Augenzwinkernd könnteman sagen, dass Tarifverträgenicht nur ein großes Investitions-programm darstellen, sondernauch die Geburtenrate nach obentreiben. Denn die Familiengrün-dung hatte natürlich Folgen fürunsere Kollegen: Viele sind jetztstolze Väter.

    Ein weiteres Highlight unse-res Tarifvertrags ist die Regelungder Arbeitszeit im Notdienst: Eskann passieren, dass ein Monteurim Rahmen seines Notdienstein-satzes weniger Störungen beseiti-gen muss und deshalb nicht aufseine vertragliche Arbeitszeitkommt. Wenn ein Monteur bei-spielsweise nur 28 Stunden arbei-tet, muss das Unternehmen denDifferenzbetrag zur vereinbarten

    tariflichen Arbeitszeit von 40Stunden ausgleichen. Also gehtniemandem im Notdienst etwasverloren. Das finden alle großar-tig an dem Tarifvertrag.

    Sicher und fair. Wir haben beiuns außerdem festgestellt, dassder Tarifvertrag für die Beschäf-tigten auch Wertschätzung be-deutet. Am Ende dreht sich dochalles um eine faire Bezahlung.Die ist mit dem Tarifvertragdank höherem Gehalt, Tarifer-höhungen oder Altersvorsorgedurch Entgeltumwandlung ga-rantiert. Und das bedeutet auch,dass unsere Arbeit etwas wert ist.

    Ohne Mitglieder geht es nicht.Eins haben bei uns alle Beschäf-tigten verstanden: Ohne Mitglie-der gibt es keinen Tarifvertrag.Und je mehr Beschäftigte sich füreinen Tarifvertrag einsetzen, des-to leichter wird er durchgesetztund desto besser wird er. Stehenviele IG Metall-Mitglieder hinterdem Tarifvertrag, dann merktder Arbeitgeber, dass viele ihnverteidigen. Das erhöht die Ver-handlungsbereitschaft. So ist dasauch bei uns.

    Es gibt immer etwas zu ver-bessern. Das erreichen wir abernur gemeinsam.

    Björn.Volkmann@senvion.com

    Björn Volkmann, 41, istGesamtbetriebsratsvorsit-zender der Senvion Deutsch-land, einem der weltweit füh-renden Hersteller von Wind -energieanlagen, onshore undoffshore. Volkmann war vonAnfang an dabei, als es darumging, die Belegschaft zu organi-sieren, Betriebsräte an den ver-schiedenen Standorten zu grün-den und schließlich denTarifvertrag zu verhandeln.

    Zum Autor

    Foto: Elektrons08/plainpicture

    Foto: B

    jörn Quednau

    Mit Tarifvertrag geht es besser

    STANDPUNKTDank Tarifvertrag haben die Monteure der Senvion Deutsch-land (ehemals Repower Systems) mehr Geld auf ihrem Kontound bessere Arbeitsbedingungen. »Bis dahin war es ein langerWeg«, sagt Gesamtbetriebsratsvorsitzender Björn Volkmann.Heute sind fast alle Monteure Mitglied der IG Metall, um ihrenTarifvertrag notfalls gemeinsam zu verteidigen.

    Jeder Gedanke beginnt mit ei-nem elektrischen Impuls. Vielelösen sich nach 20 Sekunden wie-der in nichts auf. Ein Gedankewird erst zur bleibenden Erinne-rung, wenn das Gehirn ihn um-baut und ins Langzeitgedächtnistransportiert. Der Mensch hatetwas gelernt. Das passiert im Ge-hirn täglich unzählige Male. Sobetrachtet ist lebenslanges Ler-nen doppelt gemoppelt: JederMensch lernt ein Leben lang.

    Keine Frage des Alters. Ler-nen weckt immer Erinnerungenan die Schulzeit, an klassischesLernen mit festem Plan und Ziel,etwa ein Abschlusszeugnis. Jenachdem wie sie die Schulzeit er-lebt haben, bricht vielen schonbei dem Gedanken, wieder zu ler-nen, der Schweiß aus. Damit Be-schäftigte wieder Lust aufs Ler-nen bekommen, brauchen sie einUmfeld, in dem das Lösen vonProblemen oder die Entwicklungneuer Ideen auch Spaß machen.

    Wie gut oder schlecht je-mand lernt, ist keine Frage desAlters. Viel hängt von der Übungab. Laut einer Untersuchung der

    Uni Bremen schneiden Ältere beiTests sogar besser ab als Jüngere,wenn sie regelmäßig trainieren.

    Und: Fortbildungen kostenGeld und Zeit, die vielen Be-schäftigten neben Job und Fa-milie nicht bleibt. Wenn sie be-ruflich am Ball bleiben wollen,brauchen sie Unterstützung.

    Beim lebenslangen Lernengeht es oft um die Arbeitswelt, diesich ständig wandelt und immerneue Anforderungen an Beschäf-tigte stellt. Sich für den Arbeits-markt fit zu halten, ist aber nurein Teil des lebenslangen Ler-nens. Ein anderer Teil ist, die ei-gene Persönlichkeit weiterzuent-wickeln, etwa in sozialen oderpolitischen Ehrenämtern, imSportverein oder Musikorchester.

    Zum lebenslangen Lernenzählen ebenso Erfahrungen, dieMenschen täglich und oft unbe-merkt sammeln. Erfahrungswis-sen ist am Arbeitsplatz Goldwert. Gerade ältere Beschäftigtekönnen damit punkten. Denn:Die Jungen können vielleichtschneller laufen, aber die Älterenkennen die kürzeren Wege.

    Fabienne.Melzer@igmetall.de

    DAS STICHWORT

    le|bens|lan|ge Ler|nen, das;

    Wer rastet, der rostet nichtJeder weiß, dass Pausen wäh-rend der Arbeit und längere Er-holungsphasen gut für die Ge-sundheit, das Wohlbefindenund auch für die Qualität derArbeit sind. Wer herausfindenwill, ob er in der Lage ist, abzu-schalten, kann online den»Check zur Erholungsfähigkeit«machen. Dazu müssen 16 Fra-gen zu Einstellungen und zumpersönlichen Verhalten wäh-rend der Arbeit und der Freizeit

    beantwortet werden. Den Checkbietet das Landesinstitut für Ar-beitsgestaltung in Nordrhein-Westfalen an.

    Was wo. In dem Onlineportaldes Landesinstituts sind auchTipps zum besseren Erholenund Anbieter von Kursen zu fin-den. Und weitere Informationenrund um Arbeit und Gesund-heit.

    www.lia.nrw.de/erholung

    ARBEIT UND GESUNDHEITWISSEN

    Im Vergleich: Tarifvertrag und GesetzAnsprüche von Beschäftigten

    per Tarifvertrag per Gesetz35- bis 38-Stunden-Woche* 48-Stunden-WocheArbeitswoche Mo. bis Fr. Arbeitswoche Mo. bis Sa.sechs Wochen Urlaub vier Wochen UrlaubUrlaubsgeld Gibt es nicht.Weihnachtsgeld Gibt es nicht.Übernahmeanspruch für Azubis Keine Regelungnach der AusbildungVermögenswirksame Leistungen oder Altersvorsorge Gibt es nicht.Kündigungsschutz und Verdienstsicherung Gibt es beides nicht.speziell für ÄltereErhöhung von Lohn, Gehalt und Ausbildungsvergütung Gibt es nicht.

    * je nach Tarifgebiet und Branche unterschiedlich

    Tarifverträge gestalten Zukunftund sind für alle gut. Denn mitTarifverträgen gibt es ein gutesLeben.