R. Seising SS 2005 Fuzzy Set Theorie. Einführung, Philosophische Aspekte I Elektrotechnik im 20....

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R. Seising SS 2005Fuzzy Set Theorie

• Einführung, • Philosophische Aspekte I• Elektrotechnik im 20. Jahrhundert• Philosophisch Aspekte II: • Kybernetik, Systemtheorie, Informationstheorie• „Thinking Machines“ und Systems Theory • Fuzzy Sets und Fuzzy-Systeme • Mustererkennung, künstliche Neuronale Netze und Fuzzy Sets• Fuzzy Relationen, Fuzzy Logik, Fuzzy-Regelung• Fuzzy-Algorithmen, Fuzzy-Automaten• Zadehs Erweiterungsprinzip• Fuzzy Sets in der Medizin• (Medizinische) Fuzzy-Expertensysteme • Erste industrielle Anwendungen der Fuzzy Sets (evtl. Demos: Fuzzy-Temperatur-, Robotersteuerung, [Dr. Hoertlehner])• Fuzzy Set Theorie versus Stochastik• „Unscharfe Mengen“ in der DDR

Fuzzy Set Theorie

„Einsteinjahr“ 2005

Die Mathematik genießt vor allen anderen Wissenschaften aus einem Grunde ein besonderes Ansehen; ihre Sätze sind absolut sicher und unbestreitbar, während die aller anderer Wissenschaften bis zu einem gewissen Grad umstritten und stets in Gefahr sind, durch neu entdeckte Tatsachen umgestoßen zu werden.

Albert Einstein, Geometrie und Erfahrung, 17. Januar 1921, Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften,

Rede anlässlich der traditionellen Geburtstagsfeier des Akademieförderers Friedrich II.

Albert Einstein (1879-1955)

Wie ist es möglich, daß die Mathematik, die doch ein von aller Erfahrung unabhängiges Produkt des menschlichen Denkens ist, auf die Gegenstände der Wirklichkeit so vortrefflich paßt?

Albert Einstein, Geometrie und Erfahrung, 17. Januar 1921, Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften,

Rede anlässlich der traditionellen Geburtstagsfeier des Akademieförderers Friedrich II.

Albert Einstein (1879-1955)

Hierauf ist nach meiner Ansicht kurz zu antworten:

Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit.

Albert Einstein, Geometrie und Erfahrung, 17. Januar 1921, Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften,

Rede anlässlich der traditionellen Geburtstagsfeier des Akademieförderers Friedrich II.

Albert Einstein (1879-1955)

Taken lecturing in Denmark on the new physics that he had named "quantum mechanics." By the time of this photo, the probabalistic "Copenhagen" description championed by Heisenberg, Bohr, and others had become well established.

Fuzzy Set Theorie

»Aber Sie glauben doch nicht im Ernst« entgegnete Einstein, »dass man in eine physikalische Theorie nur beobachtbare Größen aufnehmen kann.«

Albert Einstein (1879-1955)

Werner Heisenberg (1901-1976)

»Ich dachte«, fragte ich erstaunt, dass gerade Sie diesen Gedanken zur Grundlage Ihrer Relativitätstheorie gemacht hätten? Sie hatten doch betont, dass man nicht von absoluter Zeit reden dürfe, da man diese absolute Zeit nicht beobachten kann. Nur die Angaben der Uhren, sei es im bewegten oder im ruhenden Bezugssystem, sind für die Bestimmung der Zeit maßgebend.«

»Vielleicht habe ich diese Art von Philosophie benützt« antwortete Einstein, »aber sie ist trotzdem Unsinn. Oder ich kann vorsichtiger sagen, es mag heuristisch von Wert sein, sich daran zu erinnern, was man wirklich beobachtet. Aber vom prinzipiellen Standpunkt aus ist es ganz falsch, eine Theorie nur auf beobachtbare Größen gründen zu wollen. Denn es ist ja in Wirklichkeit genau umgekehrt. Erst die Theorie entscheidet darüber, was man beobachten kann.«

Werner Heisenberg, Der Teil und das Ganze. Gespräche im Umkreis der Atomphysik, München: Piper 1969. Ungekürzte Ausgabe: München: Deutscher Taschenbuchverlag 1973, 7. Auflage 1983, S. 79f.

The closer one looks at a `real world´ problem,the fuzzier becomes its solution.

Stated informally, the essence of this principle is, that as the complexity of a system increases,our ability to make precise and yet significant statements about it‘s behaviour diminishes until a threshold is reached beyond which precision and significance (or relevance) become almost mutually exclusive characteristics.

Lotfi A. Zadeh, Outline of a New Approach to the Analysis of Complex Systems and Decision Processes. In: IEEE Transactions on Systems, Man, And Cybernetics, Vol. SMC-3, No. 1, January 1973,

S. 28-44:28.

Zadehs Inkompatibilitätsprinzip

Platons Höhle

(nach R. Rucker: Die Wunderwelt der vierten Dimension. München 1984, S. 17.)

Schärfentiefe

(nach R. Rucker: Die Wunderwelt der vierten Dimension. München 1984, S. 17.)

unscharf (fuzzy) scharf (crisp)

Die Abbildung illustriert dass der Impuls (hier Bewegung des Tänzers) und Ort desselben nicht gleichzeitig - in einem Bild - wiedergeben werden kann. Oberes Bild: lange Belichtungszeit; es sagt etwas über den Aufenthaltsort und die Geschwindigkeit des Tänzers. Dabei ist der Aufenthaltsort nur unscharf anzugeben. Unteres Bild: kurze Belichtungszeit;es zeigt deutlich den Ort des Tänzers, der jetzt aber auch die Statue eines solchen sein könnte: Wir haben keine Information über die Geschwindigkeit seiner Bewegung.

C. A. RONAN: Naturgeschichte des Universums

Beispiel 3

Galileo Galilei (1564-1642)

Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716)

Francis Bacon Lord Verulam (1561-1626)

René Descartes(1596-1650)

Isaac Newton (1642-1727)

Moderne Wissenschaft

• Diagnose des Zerfalls der Einheit der Wissenschaft (als Ausgangsposition)

• Beförderung der Vielfalt (als Zukunftsaufgabe)

1979: La Condition postmoderne (Das postmoderne Wissen)

Jean-François Lyotard(1920-1998)

Postmoderne Wissenschaft

Drei Resultate der modernen Wissenschaft, die das Wissen erschüttern und die Grundlagenkrise der modernen Wissenschaft auslösten:

1905 Albert Einstein veröffentlichtesein Relativitätsprinzip

1927 Werner Heisenberg fand die Unbestimmtheitsrelationen der Quantenmechanik

1931 Kurt Gödel bewies den Unvollständigkeitssatz

Albert Einstein (1879-1955)

Werner Heisenberg (1901-1976)

Kurt Gödel (1906-1978)

Einsteins Relativitätstheorie besagt,

• dass kein physikalisches Bezugssystem vor einem anderen ausgezeichnet ist,

• dass es unendlich viele eigenständige Systeme mit eigener Zeit gibt, zwischen denen man zwar Bezüge knüpfen kann, die sich aber nicht als ein Ganzes darstellen lassen.

Einsteins Relativitätstheorie

Albert Einstein (1879-1955)

Heisenbergs Relationen zerstören die Idee von der Ganzheit weiter:

schon in jedem einzelnen System können nicht alle definierten Größen(z.B. Ort und Impuls, bzw. Energie und Zeit) gleichzeitig bestimmt werden.

Heisenbergs Unbestimmtheitsrelationen

Werner Heisenberg (1901-1976)

Aber auch die Mathematik, die Königin der Wissenschaften konnte den Erfordernissen einer Mathesis universalis nicht gerecht werden.

Mit Gödels Unvollständigkeitstheorem wurde klar, dass jedes widerspruchsfreie formale System zur Darstellung der elementaren Zahlentheorie unvollständig ist.

Seine Widerspruchsfreiheit kann nicht mit den systemeigenen Mitteln bewiesen werden!

Es gibt somit keine einheitliche axiomatische Theorie zur Lösung aller mathematischen Probleme

Gödels Unvollständigkeitssatz

Kurt Gödel (1906-1978)

Wie sieht das Wissen in „informatisierten Gesellschaften“ aus?

Wie sieht das Wissen in den durch die „Logik der Datenbanken“, die „Hegemonie der Informatik“ beherrschten Gesellschaften aus?

Lyotard: La Condition postmoderne

Jean-François Lyotard (1920-1998)

„Postmodernes“ Wissen

Mit der Hegemonie der Informatik ist es eine bestimmte Logik, die sich durchsetzt.

Lyotard: La Condition postmoderne

Was nicht programmierbar ist, darüber muss man schweigen!

Welsch: Unsere postmoderne Moderne (1993)

• Alles Wissen ist unsicheres Wissen, weil es kein formales System gibt,

dessen Widerspruchsfreiheit gesichert ist.

• Unser Wissen über die Mikrowelt ist unsicheres Wissen,

weil das formale System zur Beschreibung der Quantenmechanik

die Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelationen enthält,

• und schließlich wissen wir vieles nur unvollständig,

weil eine genaue Berechnung innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens

selbst für Computer an der großen Systemkomplexität scheitern würde.

• Es gibt keine letztbegründete Gewißheit für unser Wissen, es ist unsicheres Wissen, weil es kein formales System gibt, dessen Widerspruchsfreiheit gesichert ist.

• Unser Wissen über die Mikrowelt ist unsicher, weil das formale System der Quantenmechanik die Unbestimmtheits- relationen enthält.

• Unser erworbenes Wissen ist unsicher, weil es nicht selbst erworben sondern kommuniziert wurde.

• Unser Wissen ist unvollständig, weil eine genaue Berechnung an der Komplexität scheitert.

Abschied von den großen Erzählungen

• Unscharfes Wissen • Wahrscheinliches Wissen

• Plausibles Wissen

• Dempster-Shafer-Theorie• Quanten-Wahrscheinlichkeitstheorie• Fuzzy Sets• Rough Sets• Possibility Theory• Evidence Theory (Belief-Functions)• Probabilistic Logic• Non-monotonic Logik

Unsicheres Wissen

• Vorgeschichte der Fuzzy Set Theorie 1920er -1960er Jahre

• Engere Entstehungsgeschichte der Fuzzy Set Theorie 1960er Jahre

• Festigung der Fuzzy Set Theorie als wissenschaftliche Theorie und erstetechnische Anwendungen 1970er Jahre

• Durchsetzung der Fuzzy Set Theorie als ein neues wissenschaftlich-technisches Paradigma 1980er und 1990er Jahre

Lotfi A. Zadeh, 1965: Fuzzy Sets

Lotfi Zadeh (geb. 1922)

Lotfi A. Zadeh, 1965: Fuzzy Sets