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8/15/2019 Sternstunden des DDR- Humors / 1949 - 1950
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Die Jahre 1949-1950: Von der owjetunion lernen,
heißt siegen lernen
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H. W. Tzschichhold: Etwas älter und ein bißchen weise 7
1. Kapitel: Von der Sowjetunion lernen
heißt siegen lernen 9Lothar KuscheWie streng sind denn im Sowjetland die Bräuche? 10
Dietrich ZietemannSo war das 14
Fritz BernhardGedanken über Kritik und Selbstkritik 14
HenricusHermann
Paul PoerschkeFräulein Wachtmeister
Verrechnet
Paul BlankDie bösen Wörter mit Kri ..
Bernd WollenbergApril - schaurige Episode
Hansgeorg StengelNeujahrsauftakt
2. Kapitel: Alles zum Wohle des VolkesHumorvolles aus dem Alltag
Bernd WaltenbergFortschritt
Erich HankoLeda mit dem Schwan
Lothar KuscheBahnhof Savignyplatz
Ersatz
Jan Peter LemailDie Raucherbewegung
Hansgeorg StengelAm dreizehnten Tage
Fritz BernhardDer Presto
Erich HankoEnde 11nd Anfang der B-Wurst
HenricusDer Leuchtglobus
Hermann WtlkeDer Mann vom Wohnungsamt
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Inhalt
3 Kapitel: Lernen lernen nochmals lernenAls wir Schüler und Pioniere waren
Erich HankoFerienheim Sonnenblick
In der Dorfschule
Erwin F. B. AlbrechtHirsekorns Knabe
HansgeorgHt engelKinder
Jo SchulzVaterstolz
Lothar KuscheOstzonale Miniaturen
4 Kapitel: Was des Volkes Hände schaffenWir Werktätigen in Stadt und Land
Erich HankoDamals als ich ...
Max AlbertDas Testament
Lothar KuscheDer generöse Generator
Jo SchulzDer Lumpensammler kommt
Hansgeorg Stengel
Der letzte SchreiRichard DrewsKleines Kolleg über Kollegen
Bernd WaltenbergSchwerarbeit
Hansgeorg StengelDie Hauptsache
5 Kapitel: Heißer SommerVon Ostseestrand Datsche und Jugendclubs ...
Erwin F. B. AlbrechtEs war ein Sonntag hell und klar ...
Fritz Bernhard0 Mortadella
Erich HankoSommerreise
Lothar KuscheKomm mit mir auf den Wannsee
Jo SchulzGesunder Ausgleich
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6 Kapitel: Höher schneller weiter
Sportlich sportlichErich anko
Sport treiben ber richtig
Jo Hanns RößlerDas königliche Spiel
Günter GregorGut Holz
Hansgeorg Stengel
Inhalt
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84
86
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Die Rache des Meisterläufers 89
Richard DrewsEndspurt zum Verfassen von Frühlingsgedichten 91
7 Kapitel: Unter vier AugenÜber Verliebte und Verheiratete 93
Jo Schulz
Ein Blumenstrauß 94
Erich HankoOsterhütchen 98
Jo SchulzDie Prüfung 99
Willi DrescherDas große Abenteuer 101
Ehestandsgeschichten 103
Ralph Wiener
Geist und Materie 104Paul Blank••Uber die Nachtigall 106Jo SchulzGleichberechtigung 107Ralph WienerDie Wiederholung 108
8 Kapitel: Wo wir sind ist vornEs geht seinen sozialistischen Gang 109
Fritz BernhardDie Eingabenschleuder 110Lothar KuscheRede nach deutscher Art 114Bernd WaltenbergHaben Sie einen Ausweis? 116Fritz BernhardDichter und Richter 118
Zeittafel 120
Rechtliches 128
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F is che r W nd u nd Eu1e n sp ie g e1e e n
etw s iißter ~ d ei OilJel ceH weise
1949 - ein Jahr des Um- und des Aufschwungs. Auch in mei
nem Leben. Als ausgelernter Radiomechaniker begann ich in
einem kleinen Rundfunkgerätewerk namens »Elbia« in Schönebeck meine Arbeit. Da wir mehrere Lehrlinge und Jungfach
arbeiter waren dachte ich mir die Gründung einer FDJ-Grup
pe könne von Vorteil sein. Also passierte es. Nun war ich zudieser Zeit auch schon Volkskorrespondent der Schönebecker
Tageszeitung und Jugendkorrespondent der »Jungen Welt«. Esverging nur eine kurze Zeit da war ich schon ein ahnungs
loser »Agit/Prop.«-Sekretär der Kreisleitung. Die Folge: Man
delegierte mich in das Vorbereitungskomitee der Weltfestspie
le der Jugend und Studenten 1951 nach Berlin. Also fuhr ichlos in die Möllendorffstraße in Lichtenberg und mußte dort
auf einem Strohsack schlafen was meine Begeisterung in un
geahnte Höhen trieb. Trotzdem versuchte ich das Beste draus
zu machen. Ich lernte auf einer Pressekonferenz den Chef
redakteur meiner seit Jahren abonnierten H11mor- und Satire
zeitschrift »Frischer Wind<< Walter Heynowski kennen. Ein
kurzes Gespräch unter vier Augen mit diesem imposanten Men
schen und selbiger schlug mir vor ich solle ab 1. Juli 1951 in
seiner Redaktion arbeiten. Als zu kurzfristig lehnte ich das An
gebot ab er aber bezeichnete gerade das als Eignungstest.
Mein Sehrippengeber der Landesvorstand der FDJ in Halle
versuchte mir klarzumachen als Mitglied der FDJ hätte ich
einen Verbandsauftrag. Ich beendete die Diskussion indem ich
mein FDJ-Mitgliedsbuch übergab mit den Worten: Dann w r ich
eben Mitglied der FDJ - und begann meine redaktionelle Ar
beit beim »Frischen Wmd«. Schnell wuchs ich dort mit meinen
Aufgaben anfangs unter den helfenden Händen von Lothar Ku
sche und Carl Andrießen. So ging es dann weiter durch alle die
Jahre beim »Eulenspiegel«. 1965 war ich beteiligt den Amateurfilmwettbewerb »Eulenspiegeleien« ins Leben zu rufen der als
»Internationales Filmfestival für Humor und Satire« 2009 z11m
35. Mal stattfindet. Auch nach meinem gesetzlichen Abgang im
65. Lebensjahr 1991 konnte ich vom »Eulenspiegel« nicht lassen.
Da versteht es sich daß ich mich über die »Eulenspiegeleien«
die für dieses Buch gesammelt wurden freue und sie den Lesern
als Rück- und Einblicke in bewegte Zeiten ans Herz lege.
Hans-Werner Tzschichhold
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Die Sowjetunion· .
bringt 4 Bücher ·über den Elefantenheraus:1. Der Elefant im
zaristischen uß-
land2. Der Elefant in ,o•
der Großen o z i l { .. „
stischen Oktolieft.e: ,• ' • C '
volution ·3. Der Elefant im c
Großen Vaterländischen Krieg
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4. Der Elefant beimAufbau des Kom-
•mumsmus.Die DDR bringt 6Bände heraus: ..4 Bände Überset-. .'
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.zung aus de ~ ~ ·sischen5. Band: Der Ele- .fant, der treueste· ..
Freund der Sowjet-•umon
6. Band: Vom So
wjetelefanten lernen heißt siegenlernen.
-
„Von der Sowjetunion lernen
Lothar Kusche
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SI Oltlt I t
r i t ~ e / c o I -Schlafen auch die Bewohner der Städte noch uf dem Ofen
Nein.Erstens fehlt es den Bewohnern der Städte an Öfen. Zweitensliegt man auf Zentralheizungen sehr unbequem; die Form derHeizkörper würde einem lauter Rillen in den Rücken drücken.Wonach schmeckt kalter Stör
Am besten nach Wodka. Doch können Sie die Reihenfolge auchvertauschen, denn Wodka schmeckt auch nach kaltem Stör
sehr gut.Wird in der Sowjetunion auch nur mit Wasser gekocht
Manchmal dachte ich: Da wird bloß mit Fett gekocht.
•
Wo läßt ein Spaziergänger in Moskau seinen Zigarettenstummel
Als Ausländer würde man den Zigarettenstummel am liebstenherunterschlucken, denn man traut sich nicht, ihn auf denFußweg fallen zu lassen - so rein ist da das Pflaster. Die Bahnhöfe Moskaus zum Beispiel werden behütet und mit einemRespekt betreten, als handle es sich um Museen. Von denblankgescheuerten Perrons, mit großen Topfpflanzen verziert,könnte man essen; aber keinem Menschen würde es einfallen,weil er dabei ja den Bahnsteig fettig machen könnte; und niemand würde Papier oder Speisereste fortwerfen. »Moskau istgeradezu langweilig sauber«, hatte ein Bekannter in Berlingewitzelt, aber als ich nach Moskau kam, fand ich eine so saubere Stadt ganz erfreulich, sozusagen der Abwechslunghalber. Es stehen allenthalben unzählige Behälter für Abfallund die Zahl derjenigen, welche die Straßen fegen, die Kehrichttonnen leeren und mit Spezialfahrzeugen den Asphalt
waschen, muß Legion sein. Damit dürfte der Umstand, daß dieMoskauer Bevölkerung auch geradezu langweilig gesund ist,in gewissem Zusammenhang stehen. Die Sowjetbürger, diesich den kollektiven Luxus schaffen, respektieren ihn auch;wenn jemand einer Unsauberkeit fähig ist, dann ganz sichereher in seiner Wohnung als in der Öffentlichkeit. Was das anlangt, so benimmt man sich da interessanterweise genau umgekehrt wie in den Staaten, deren herrschende Klasse demPrinzip des individuellen Luxus für wenige huldigt.
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Von der Sowjetunion lernen _ ..
Wieso f hlt es dort eigentlich noch an Wohnungen
Ja-wieso eigentlich? Wo doch die Zaren außerordentlich vielfür den Arbeiterwohnungsbau getan haben, nicht wahr? UndHitler auch, nicht wahr?Wie kam der Zuckerguß in die Sowjetarchitektur
Die Häuser sind prächtig. Über den Geschmack läßt sich nichtstreiten oder läßt sich streiten, je nachdem, ob man Lust hat.Immerhin sind es die Häuser
/
der Moskauer oder Leningrader oder Taschkenter,und immerhin war es ihr Geschmack; und wie die Bauten auch aussehen, ihre Erbauer wollten, daß sie schönaussehen sollten, sie warenganz fest entschlossen, siedem Auge angenehm zu bauen und nicht bloß den zivilisatorischen Ansprüchen derMieter zu genügen. Es sindkeine Wohnmaschinen, weilman solche im Sowjetlanddürftig, ärmlich, häßlichfände. Die Bürger fühlen
sich weder gezwungen nochveranlaßt, die Ausstattungihrer Wohnhäuser und öffentliehen Einrichtungen aufdas lediglich funktionellbedingte Maß zu beschränken. Die Wohnbauten sindgroßenteils so prächtig wiedie Theater, Ferienheime,
Hotels oder Sanatorien: Teppiche, Portieren, Parkett,Polster, reiche Foyers, Blu-
„.'fPl ,11,0BOH l .-IOUt:K 4 ' ~ ' B C : T ß V f . T CE6ß ) C B O l i O ~ H b l ~f\>Ami AHHHOM CBOEH C'l'PAlfhl, t80El O P ;•A Oitlll}:CTUEltfflilM. i I T F . . 1 t ~ . lf l::C;1H OH P-I>OT\fT \:OPOUIO H .:tAEl' 061.l(t:t;TßYTO . qTo ~ O m E T .].,\fb-OH l tPOlf TP)Jl.\.08 OBF.JJH . IABOH.
men, Ornamente, Mosaiken, Wand- und Deckenmalereien.Wohl haben die sowjetischen Architekten vor Jahren öfter denGrundsatz der Wirtschaftlichkeit verletzt und ihre Ansicht vonBaumethoden und -grundsätzen später revidiert, doch bauensie auch heutzutage nicht karg und dürftig (und sie tun diesunterm Beifall der Öffentlichkeit). Es ist selbstverständlich,
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Welcher Nationalität waren Adam
und Eva?
Sowjetbürger.Wieso?
Sie kamen arm aufdie Welt hattennichts anzuziehenund glaubten sichim Paradies.
-Von der Sowjetunion lernen
daß diejenigen welche aus den Hütten gekommen sind sich
und der Welt zu zeigen wünschen daß die Zeit angebrochen
ist da sie in Palästen leben. Sowjetarchitektur will auch mit
soziologischem Maßstab gemessen werden.
Gibt es in der UdSSR genügend Säulen?
Ja.Gibt es in den Großstädten viele Radfahrer und sind diese auch
an allem schuld?
In den großen Städten sieht man kaum einen Radfahrer denn
die großen Städte sind dort einfach zu groß. An allem schuld
scheint mir im Sowjetland wenn überhaupt jemand der Fuß-•• •
ganger zu sein.
Nehmen die Fußgänger Rücksicht aufdie übrigen Verkehrsteilneh-
mer?
Nein. Sie zeigen weder vor Lastzügen noch vor RennwagenRespekt weder vor Verkehrsampeln noch vor Milizionären.
Grassiert dort die Transparentitis?
Das kann der böswilligste Beobachter nicht behaupten. Es
mag sein daß in der Sowjetunion genauso viele Transparen
te hängen wie in der DDR. Jedoch muß man bedenken daß
die Sowjetunion etwas größer ist als die DDR.
Sind die Taxifahrer dort genauso liebenswürdig wie die bei uns?
Ja. Genauso.
Kann man sich auch verständigen wenn man kein Wort Russischkann?
Mir ist es im allgemeinen ganz gut gelungen. Unglaublich viele
Leute dort sprechen Französisch oder Englisch. m besten
konnte ich mich mit Menschen unterhalten deren Englisch
Kenntnisse den meinen entsprachen also ähnlich dürftig
waren. Man plaudert so ungehemmt nachdem man einmal
herausgefunden hat daß es der andere auch nicht richtig
kann.
Als ich eines Abends mit einem sowjetischen Kollegenim Re-
staurant eine besonders schwungvolle englische Diskussion
hatte kam ein Mann vorüber dessen Gesicht gleichsam mit
einer Maske ungläubigen Staunens bedeckt zu sein schien und
der sich noch lange mit weit geöffneten Augen nach uns
umsah. Er war Engländer.
Wie beurteilen Sie das Programm des Moskauer Rundfunks
Da kann ich wahrhaftig kein Urteil abgeben denn ich spreche
leider nicht russisch. Und es wird ziemlich viel gesprochen im
Moskauer Rundfunk.
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k o m m t z u m U h r m a ·• i • •
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Von der Sowjetunion lernen ...
Dietrich Zietemann
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Im Dritten Reich war es immer wie auf der Straßenbahn.
Vom stand der Führer.Hinter dem Führer stand das Volk,
Was nicht stand, das saß.
Dauernd lief einer rum und kassierte.
An die Oberleitung durfte niemand ran
Die stand immer unter Spannung.
Die Anhänger immer hinterher.
Ab und zu sprang einer ab.
An der Endstelle stieg alles schnell aus
und warf die Fahrscheine weg.
Die, die gesessen hatten, standen auf.
Die alten Anhänger wurden abgehängt.
Kritik ist wie Salz. Man kann es nicht entbehren, aber es
kommt auf die richtige Dosierung an. Wer einem anderen die
Suppe nur versalzen will, hat das Maß der gesunden Kritik
schon überschritten. Kritik ist um so wertvoller, je durchdach
ter sie ist. Sie ist um so durchdachter, je mehr man aus ihr ler
nen kann. Der beste Kritiker dringt in die Tiefe, um zur Höhe
zu fahren. Die häßlichste Kritik ist die gehässige. Sie ist billig
wie ein Wespenstich und gefährlich wie ein Schlangenbiß. Fast
immer entsteht sie am Schreibtisch, oft am Telefon, fast nie
Aug' in Auge. Man sollte jede Kritik für die Pupille schreiben.
Wenn unsere Selbstkritik die Schärfe unserer Kritik an ande
ren und unsere Kritik an anderen das Wohlwollen unserer
Selbstkritik aufweist, sind beide richtig. Kritik und Selbstkritik sind nicht zu verwechseln mit Seife, Streusand, Chlor, Imi,
Ata oder Fewa. Kritik und Selbstkritik sind mehr als Reini
gungsmittel. Sie sind Methoden unserer Arbeit. Man kann sie
daher nicht von der Arbeit loslösen und etwa nur morgens aus
der Tube drücken. Oder nur sonntags mit ins Badewasser krü
meln. Wer einen Tag keine Selbstkritik geübt hat, bietet Anlaß
zu Kritik, und umgekehrt.
Fritz ernhard
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Von der owjetunion lernen , ..7
Henricus
Was, Sie kennen Hermann nicht? Da haben Sie aber Glück
Das heißt, soviel Glück haben Sie nun auch wieder nicht:Denn Hermann kennt Sie bestimmt.
Hermann kennt alle, Hermann weiß alles, Hermann setzt
alles durch; wo etwas zu holen ist, hält Hermann die Hand
auf, wo etwas zu sehen ist, sperrt Hermann die Augen auf.
Es gibt kein Schlüsselloch, durch
das Hermann nicht sieht, es gibt
keine Türritze, durch die Her
mann nicht hört, es gibt keinen
Topf, in den Hermann nicht seine
Nase hereinsteckt. Hermann steht
mit allen auf Du und Du, und doch
kann keiner Hermann leiden. Das
kann man Hermann zeigen, man
kann es ihm sagen, ja, man kann
es ihm schriftlich geben, Hermann
ist das egal, Hermann bemerkt
das gar nicht
„ •
-
Hermann kennt nicht nur Ihren
Namen, weiß nicht nur, wievielSie heute und wieviel Sie vor zehn
Jahren verdient haben, Hermann
weiß auch, wie groß Ihre o -
nung und wie hoch Ihre Miete ist,
Hermann kennt den Mädchenna
men der Großmutter Ihres Unter-
DEUTSCHL ND
mieters und weiß mit wem die
Frau Ihres Gemüsehändlers etwas gehabt hat und wer mit ihr
gerne etwas gehabt hätte. Das weiß Hermann nicht nur, ererzählt es auch - Ihnen und allen, die es hören wollen, und
denen, die es nicht hören wollen, erzählt er es auch.
Hermann ist bei einer Behörde angestellt. Eine Viertelstun
de vor Dienstbeginn steht Hermann auf der gegenüberliegen
den Straßenseite und paßt auf, wer zu früh und wer zu spät
und wer mit wem kommt.
Nach Dienstschluß steht Hermann wieder da und beobachtet,
wer mit wem, wer in anderer Richtung als gewöhnlich und
Deutschland zum
ersten zum zweiten
zum ... «
15
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onder owjetu e=r=n=e= = '·= 1-7~ · · · ~ · , - · ~ · „ · - · · - · ~ · · „ ~ . . .
Umfangreiche Kohlevorkommen in Berlin entdeckt Kolossal. kolossal
70 Grad im Schatten Na langsam wirds a
Nu aber ran Glückauf
. '
„Hilfe „Gott sei Dank, der Ofen ist kalt. s war nur ein Traum."
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Von der Sowjetunion lernen
Paul Blank
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OSO · . .
Als wir eines Morgens beim Frühstück saßen fühlte sich
meine Frau verpflichtet, ein Gespräch zu beginnen.Sie sagte: » ie Kri ... «
»Um Gottes willen«, stöhnte ich, »hör auf Dauernd dieses Ge-
rede vom Krieg «
Sie lächelte über meine kindliche Angst. »Diesmal meine ich
etwas anderes. Sie kommt Nämlich die Krise «
»Was verstehst du darunter?« fragte ich.
Ich liebe klare Begriffe.
»Sehr einfach: In einer Krise hat niemand mehr Geld, aber alle
haben Schulden.«Höchste Zeit, sich über die Gefahr genauer zu orientieren.
Ich suchte daher kurz entschlossen einen maßgebenden Wirt
schaftspolitiker auf. Er ist 80 Jahre alt und studiert seit frü
19
hester Kindheit Wirtschaftsfragen.
»Wie entsteht eine Krise?« fragte ich, nach
dem er mich zuvorkommend in einen Sessel
gedrückt hatte.
Wörter die mit Kri ... anfangen sollte
man aus den Wörterbüchern verbannen.
»Durch Absatzstockungen«, erwiderte er prompt.
»Undwarum stockt der Absatz?« fragte ich, stockend vor Erwartung.
Der Professor dachte angestrengt nach. Dann begann er: »Es
ist furchtbar schwer, einfachen Leuten so etwas richtig klar
zu machen. Aber ich werde es versuchen: Nehmen wir als
Beispiel einen politisch neutralen, ganz unverfänglichen In-
dustriezweig, die Büstenhalterkonfektion. Auch Büstenhal
ter waren nach dem Kriege ziemlich knapp. Weniger im Sitz
als im Angebot. Nachdem jetzt aber alle Menschen, soweit sie
Büsten haben, mit Haltern ausgerüstet sind, bis hinauf zu
den Eskimos, tritt eine Stockung in der Produktion ein, da
niemand mehr Halter kauft. Die Krise ist da. Der Büstenhal
termarkt ist gesättigt.«
Der Professor holte tief Luft, während ich durch ein teil
nahmsvolles Schweigen mein Interesse bekundete. Dann fuhr
er fort: »Nun muß man so lange warten, bis die in Umlauf be
findlichen Halter durch intensive Abnutzung so stark ver-
braucht sind, daß neue gekauft werden müssen. Von diesem •
Augenblick an beginnt wieder die Konjunktur, und die Krise
ist vorbei. Das ist der Kreislauf, der auch für alle übrigen
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on er owjetunion lernen ...
Branchen gilt. Wenigstens in der kapitalistischen Wirtschafts-
ordnung.«
Der Professor holte inzwischen abermals tief Luft und be-
gann mit neuer Kraft: »Unangenehm ist an dem ganzen Vor••
gang nur die Wartezeit in der kein Bedarf vorliegt. Ahnlich
liegt die Sache auch auf dem Kanonenmarkt wo ebenfallsbald Absatzschwierigkeiten auftreten werden. Hier hat die
• „ • • •
Pariser Konferenz viel Schaden ange-
richtet da sie die Aussichten auf einen
baldigen Krieg verringert hat Aus die-
sem Grunde fallen in den USA die
Stahlpreise und die Kanonenindustrie
und ähnliche Branchen schliddern in
die Krise wie die Büstenhalter.«
»Kann man gegen diese Absatzstockun-gen denn gar nichts tun?« fragte ich be-
drückt.
•• • • • • •. .
• •• •. .
•. .
»Natürlich gibt es Mittel. Man kann
zum Beispiel die Fabriken abreißen
oder demontieren wie man es jetzt im
Westen tut um sie vielleicht später bei
neu auftretendem Bedarf wiederaufzu-
bauen. Dabei beschäftigt man gleich-
zeitig die Arbeitslosen und bewahrt sie
vor der Gefahr faul zu werden.«
»Ein gutes Mittel« sagte ich: »Kann
man es mit den Kanonen nicht auch so
machen? Ich meine ohne wieder neue kaufen zu müssen?«
»Kanonen und ähnliche Gegenstände werden ausschließlich
in Staaten zerstört die einen Krieg verloren haben. In ande-
ren nicht. Die Konjunktur auf diesem Gebiete kann nur durch
eine glaubwürdige Kriegsgefahr wieder angekurbel t werden.
Am besten natürlich durch einen wirklichen soliden Krieg.«
»Und warum tut man das nicht?« fragte ich anscheinend
etwas naiv denn der Professor lächelte nachsichtig.
»Maßgebende Kreise bemühen sich darum. Aber man muß Ge-
duld haben und mit dem Unverstand der Völker rechnen. Sie
haben noch keine rechte Lust dazu. Sie sind noch nicht reif
genug um die segensreichen Auswirkungen eines Krie «
Hier brach ich das Gespräch ab. Erstens weil mir der Kopf
doch etwas wirr geworden war. Und zweitens weil ich Wör-
ter die mit Kri .. anfangen nicht mehr hören kann.
Man sollte sie aus den Wörterbüchern verbannen.
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Von der owjetunion lernen ..
Bernd Wollenberg
- seAa a i so
So wahr ich lüge: das ist mir am 1. April auf der Berliner
S-Bahn passiertEtwas müde und trübsinnig schleucht sich die zügige Schlan-
ge die Schienen entlang, bockt dann kurz, es zischt und
prustet aus allen Rohren und Ventilen, und dann steht das
Züglein. Irgendwo auf der Strecke. Die Passagiere legen ihr
Gesicht in die gewohnten Kummerfalten und harren hinter der
Zeitung verborgen der Dinge, die geschehen werden.
Das Licht geht aus. Ein paar seufzen und legen ihre Lektüre
in die Aktentasche. Die Optimisten warten ab und siehe, siebe-
halten recht, das Licht geht auch wieder an. Dann zischt es wieder. Einer pfeift, nicht zum Spaß im Abteil, sondern vorne im
Führerstand. Es klingt wie ein Hilfeschrei und ist sicher auch
einer. Dann gibt es wieder einen Ruck, und der Zug fährt an.
Bleibt aber gleich wieder stehen.
Einer murmelt jetzt etwas Böses, zwei andere werden schonmunterer: >>Sauerei das« schmettert der Tapferste, »geht alles
vom Feierabend ab.«
Der nächste will sich nicht lumpen lassen: »Uberhaupt eine
Wirtschaft«, räsoniert er. Da fährt der Zug schon wieder an undtrudelt wie eine müde Schnecke in den nächsten Bahnsteig,
allwo er sanft entschläft.Um so munterer werden die Passagiere. Sie schimpfen, auf die
Eisenbahn als Verkehrsmittel an sich; auf die Reichsbahndirek-
tion, auf den Zugführer, die Schaffner, auf die Regierung; auf
Gott und die Welt. Da geschieht das Wunder:
Eine Lautsprecherstimme ertönt und erklärt:
»Achtung Achtung, Saboteure haben die Weiche zwischen den
Stationen X und Y blockiert. Wir sind dabei, den Schaden zubeheben. In etwa 15 Minuten ist wieder alles klar. Achtung,
Achtung, denkt daran, wem Ihr Euren Arger verdankt «
Donnerwetter, das war eine gute Idee. Was kostet sie? Etwas
Beamteninitiative, ein paar Worte und Schwachstrom, für die
Lautsprecheranlage, dessen Wert auszurechnen ich zu schwach
bin weil es sich um Bruchteile von Pfennigen handelt.
Hei waren die Fahrgäste verwandelt. Sie schimpften wie die
Rohrspatzen, nicht auf die Eisenbahn als Verkehrsmittel an
sich, nicht auf die Reichsbahndirektion, den Zugführer, den
21
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4
»Kohlen, Mensch,
Kohlen haben wir ein
Glück <<
l les zum Wohle des Volkes
Bernd Waltenberg
r tt
»Den kenne ich doch«, denke ich, als ich einen Mann vorsich
tig aus dem Keller einer Ruine herausschleichen sehe. Er äugtnach allen Seiten, sichert, greift dann schnell einen Sack, ausdessen grobem Gewebe ein paar Holzsplitter hervorragen,wirft ihn mit einem Ruck auf die Schulter und will verschwin
den.Ich hinterher. »Erich«, sage ich vorwurfsvoll, »machst du auchschon krumme Sachen?«
• •,,..r
Der Mann zuckt zusammen,dreht den Kopf, atmet auf,als er mich erkennt, und lä-
chelt dünn: »Ach du,
Mensch, habe ich mich er
schreckt. Komm schnell
weg hier, mit um die Ecke.Erkläre dir alles.« Und nachein paar hastigen Schritten:»Ich habe einen Fund ge
macht, einen ganz großar
tigen Fund und eine Ent
deckung ... «»Was«, flüstere ich, »Geld
schrank?«»Quatsch«, sagt er mit tiefer Verachtung. »Geld
schrank, was soll denn daheutzutage schon drin sein. Ungültige Geldscheine, wertloseAktien, dreimal verscheuerte Patente. Nein, mein Guter, hier«
- und seine Hand streichelt liebevoll den prallen Sack, »hier,
aber komm erst, nach Hause, erkläre dir alles. Bedingung: tiefes Schweigen, man kann gar nicht vorsichtig genug sein.«
Ich nicke stumm. Weiter durch die neblige Nacht, der Mond
h t einen violetten Hof, ein paar Wasserlachen grinsen blöde.»Rein hier«, murmelt Erich, »bin zu Hause.« Ich stolpere hin
terher.Im Flur schüttet er den Sack aus, greift mit großer Geste einStück Holz heraus und reicht es mir gönnerhaft. >>Riech maldran «
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lleszum Wohle des Volkes
Ich rieche. »Kien«, sage ich sachverständig.»Eben«, nickt er überlegen, »und nun rein in die Stube, jetzt
zeige ich dir meine Erfindung «
Erich war schon immer hochbegabt, in der Physikstunde war
er der Beste.
»Hast du'n entdeckt?« fragte ich beeindruckt, »Atom?«»Quatsch«, lächelte er schon wieder leicht überlegen, »doch
längst überholt. Gib mal ein Streichholz her, zünde die Kerze
da an. Primitiv, diese Kerze So. Da, sieh mal, in der Wand ... «
Aus der schwärzlich berußten Ecke ragt armlang eine massi
ve Eisenstange mit einem soliden Ring am Ende.
Erich steckt die Hände in die Hosentaschen und mustert mich
stolz: »War nicht so einfach zu beschaffen. Weißt ja, Engpaß
Stahl - Hat 7,50 D-Mark gekostet, eine Dekade Brotmarken,
die letzte Zigarettenzuteilung und den Abschnitt C der Seifenkarte. Aber prima Arbeit.«»Schön«, sage ich, »willst du dich aufhängen?«
»Quatsch«, höhnt er, »mit meiner Entdeckung « Und dann an
dächtig: »Jetzt nehme ich mein Messer ... «- klappt einenge
waltigen Hirschfänger auf, so daß ich unwillkürlich dreiSchritte rückwärts mache, - »zwei, drei fachmännische Schnit
te, damit der Kienspan sitzt, so, oben ein paar Luftschnitte,
so, rein in den Ring, gib die Kerze her, zünde an Na, was
sagst du nun, Mann. Das ist die Erfindung des Jahrhunderts.Die Licht- und Wärmequelle gleichzeitig. Das war noch nichtda «
Der Kienspan im handgeschmiedeten Ring brennt flackernd
und malt gespenstische Kringel auf die gekalkten Wände.
Erich steht in feierlicher Pose davor und reibt sich die Hände.
»Aber, um Gottes willen, keinem Menschen verraten. Wollte
die Sache ja schon längst zum Patent anmelden, aber man
liest doch jeden Tag, wie man mit unseren Patenten umgeht.
Muß noch ein bißchen warten, bis wir einen Friedensvertraghaben. Kann doch nicht mehr lange dauern.«
Der Kienspan brennt rußend, knisternd und knackend. Im zuk
kenden Licht entdecke ich jetzt auch Erichs Frau und seine
drei Kinder auf dem Sofa.
Sie starren hingerissen mit großen runden Augen. Ich nicke
kurz hinüber, und mein Blick streift die Gardine, die schwarz
vor dem Fenster hängt. Erichs Frau hat mich gleich verstanden. »Ach«, sagt sie milde. »Das ist kein Fehler. Alle Männer
rauchen heute Pfeife ...«
25
..
Ein Kunde betritt. . .
einen Fleischerla-den. »Haben SieRouladen?« · · o
»Harn wa nich. «
»Haben Sie SchweiTu neschdiftel?« · ·
.
»Harn wa nich. «
»Haben Sie Kalb-· fleisch? : :,
. Harn wa nich.·»Haben Sie Bock-
.
· wurst?«
- »Harn wa nich. «
.Der Kunde verläßtr ·;>; . -
. .
enttäuscht den
Laden.J Sagt dß r eine Mer
käuferzum an
dern:. »Mensch, hat·•
der eia.;gutes Ge-
dächtnis «
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6
Auf der Parteiversammlung wird diskutiert, wie die ·
christlichen Bürger
besser für den Sozialismus gewon
nen werden kön-
. .
nen. Lange wirdgeredet. Schließlich hat ein Genosse den richtigenEinfall. Im Kommu-
· nistischen Manifestmuß es heißen:
»Proletarier allerLänder, in GottesNamen, vereinigteuch.«
·
Alles zum Wohle des Volkes
Erich Hanko
tit
»Buntmetalle?« sagte Frau Schulze. »Ausjeschlossen Harn w
nich mehr - Allet wech «Drei Stunden später, um neun Uhr abends, fiel Herm Schulze
plötzlich der alte Spazierstock von Onkel Otto ein, der mit der
Messingkrücke. Natürlich, unten im Keller Ganz hinten in der
Ecke Als ihr Mann im Keller danach suchte, nahm Frau Schul
ze in der Küche deutlich einige Erdstöße wahr, denen ein dump
fes unterirdisches Grollen folgte. Nach fünf Minuten erschien
in der Küchentür ein völlig verstaubter Mensch mit blutendem
Daumen, einer Beule auf der Stirn und verschiedenen seltsa
men Geräten in den Händen. Bei genauerer Betrachtung erkannte sie ihren Mann. »Wilhelm, wie siehst du aus?« fragte sie
mißbilligend. »Haste übrichens det Erdbeben bemerkt?«
»Erdbeben? - Det war ick«, sagte Schulze. »Da unten hat na
türlich wieda mal die Birne nich jebrannt Und wie ick da nu
so im Dustem rumgrabbele, da knallt mit eenmal wat. Det war
die olle Rattenfalle, die uns Tante Emma vaerbt hat. Hier -
Prima Buntmetall - Bloß mein Daumen war zwischenjeraten.
Mensch, det h ick jemerkt - Da fiel ma in, det da irjendwo
noch san olla Leuchta stehen muß mitn Licht Und wie ick sosuche, da vaheddere ick ma doch mit de Beene in irjend wat
und haue lang hin - Det warn mindestens 30 Meter olle An
tennenlitze Hier isse Reinet Kupfer Ick habe det allet aba erst••
hintaher jemerkt, wie es wieda helle war. Ubrijens jing ick nich
alleene zu Boden. Uff mir ruff fiel nämlich det olle Rejal, wo
ick ma dran festehalten wollte. Und da oben muß die Leda mitn
Schwanjestanden ham Weeßte? Die Bronzejruppe von Tante
Lenchens Vertiko Die klatscht ma uffn Kopp - Na, ich ahol
ma erst ne Weile, befreie ma von det Rejal, finde ooch jlück
lich den Leuchta und die Streichhölza, mache Licht .. . und wat
soll ick da sachen? - Hier, bitte, der Leuchta Janz aus Zinn
Prima, wat?«
Als der Daumen verbunden war und die Beule mit einem Plätt
eisen gekühlt wurde, fragte Frau Schulze: »Na und? Onkel Ottos
Spazierstock? Haste den nich mitjebracht?«
»Konnt ick nich«, sagte Wilhelm Schulze. »Jrade wie ick unta
det Rejal lag, da fiel ma in, det w den j schon bei de vorje
Sammlung abjejeben ham «
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lles zum Wohle des Volkes
Lothar Kusche
'
Vorige Woche sagte Lucie: »Ich habe eine prima Idee, wie wir
zu Geld kommen.« - Jetzt sind wir ganz pleite. Das kam so:Wir wollten schieben, und das ging schief. (Nicht etwa wegen
der Polizei. Mein Gott, die sind ja auch nicht so.) Lucie besorg
te Schokolade. Ich ließ die erst mal zu Hause und ging zum
Bahnhof. Wollte mal sehen, wie die da so schieben und wie
hoch die Preise sind.An dem Bahnhof war es ziemlich voll. Es standen da: zweiund
siebzig Schieber, sechzehn Bahnbeamte und ein Polizist. Erstwunderte ich mich, weil gar kein Fahrgast da war. War aber
doch einer da: Der Polizist. Der war nämlichaußer Dienst. Ab und zu kam ein Zug. Dann
riefen die Bahnbeamten: »Zaah Winniplatz «
Mit jedem Zug kamen ungefähr dreißig neue
Schieber an. Die stellten sich zu den schon
vorhandenen und murmelten mit: »Schoklade
ham wa noch. Hundekopp ham wa noch.
Amis ham wa noch.«
Ich fragte, was die Schokolade kostet. Die
nannten den Preis. Ich stand wieder auf undging nach Hause, meine Ware holen. Da sagte
Lucie: »Ich hab die Schokolade aufgegessen.
Ich konnte mich nicht beherrschen.« In dem
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7
Moment wurde sie auch schon ganz grün. Ich L _ ~ _ :::::::::: _ J
rannte schnell zu Bernhard. Der meinte, vielleicht hatte er derLucie aus Versehen einen Karton Seife gegeben, und gab mir
ein Brechmittel. Bernhard sagte: »Wie könnt ihr Idioten auch
immer gleich alles selber fressen? «
Ich nahm einen neuen Karton Schokolade mit. Lucie beschäftigte sich ein bißchen mit dem Brechmittel. Dann begleitetesie mich zum Bahnhof. Da hatten sich inzwischen dermaßen
viel Schieber versammelt, daß wir gar nicht mehr in die Halle
rein konnten. Vielleicht machten sie eine Art Parteitag oderso was, ich weiß nicht, jedenfalls mußten wir uns draußen hin-
stellen. Lucie sagte immer »Schokolade«und ich »hamanoch«.Plötzlich fing es an zu regnen. Als unser Karton naß wurde,
begann er zu brausen. Ach, dachte ich, es ist Brausepulver.
Lucie betete. Ein durchdringender, saurer Geruch strömte aus
lückliche eit
für Raucher
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lles zum Wohle des Volkes
Jan Peter Lemail
Das einzige, um das wir uns heute keine Sorgen zu machen
brauchen, sind die Sorgen. Denn wer keine hat, der macht sicheben welche. Es gibt große und kleine Sorgen. Zu den großen
kleinen Sorgen gehören die Rauchersorgen. Wir wollen uns
keinen blauen Dunst vormachen: blauer Dunst wird nicht mehr
vor-, sondern nachgemacht. Und da der Ersatz nicht reichlich,
sondern reichlich knapp ist, rauchen wir Ersatzersatz. rr paf
fen Tee, wir smoken Laub, wir qualmen Seegras, Kuchenge
würz und Fichtennadelfußbadesalz-Ersatzmischung.
Dies mußte noch einmal gesagt werden, um eine Versammlung
verständlich zu machen, die vor wenigen Tagen in der gar nicht
so weiten Umgebung Berlins stattgefunden hat.
»Gründungsversammlung der Liga für Raucherrechte« stand
auf der Einladung. Als Einberufer zeichnete ein ehemaliger
Zigarettenfabrikant, Herr Toni Wurzelkoch. Wurzelkoch war
Kleinst-Parteigenosse und somit jetzt glühender Neoantifa
schist.»Meine Volksgenossen und-genossinnen « führte HerrW. etwa
aus, »die Zeiten des Bonbons sind vorüber und kommen auch
nicht wieder. Wir brauchen also mehr zu rauchen (Beifall ). Es
ist mein unerschüttlicher Entschluß, mit der heute zu gründen
den >Liga für Raucherrechte< eine Bewegung der deutschen de
mokratischen Raucherschaft ins Leben zu rufen. (Heil ) Um
eine unerträglich fühlbare Lücke zu schließen, wird die Liga
zunächste eine neue Zeitung herausgeben, die den verpflichten
den Titel >Deutscher Rauch< führen wird. (Bravorufe.) Vorge
sehen ist ferner die Gründung einer eigenen politischen Par
tei, der >Deutsch-Demokratischen Raucher- und Nichtraucher
Partei<, abgekürzt D. D. R. N. P. (Stürmische Bravo- und Heil
rufe ) Zum Führer der jungen Bewegung schlage ich als alterZigarren- und Zigarettenfachmann mich selber vor. (Sehr rich
tig Beifall, Zuruf: rr danken unserem Führer ) Mein Kampf
(Heilrufe) wird geführt für die Autarkie der deutschen Tabak
rohstoffversorgung (Bravorufe.) Schon jetzt ist dem rastlosen
deutschen Erfindergeist gelungen, eine völlig neue Tabakpflan
ze namens Carotta nicotinosa zu züchten, die äußerlich einer
Mohrrübe gleicht und sofort nach der Ernte rauchfertig ist.
(Orkanartige Bravorufe.) Das ist aber noch nicht alles, meine
9
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3 l les zum Wohle des Volkes
Volksgenossen und -genossinen Die Pflanze, die man aus einer
sinnreich konstruierten Spitze raucht, wird nie alle Sie brennt
oben, wird in der Mitte gegossen und wächst während des Rau
chens unten nach ...«
Diese Worte entfesselten einen nicht endenwollenden Beifalls
sturm, die Mehrzahl der anwesenden Volksmenge von mindestens vier Mann sprang spontan von den Stühlen und rief:
»Führer, befiehl, wir rauchen «
In diesem Augenblick erwachte ich. Schweißgebadet.
Der Arzt stellte schlicht einen typischen Fall komatöser
Zustände mit Reizung des Labyrinths und der vestibularen Bah
nen infolge einer exogenen Intoxikation fest - falls es sich••
nicht um einen anderen Fall handle. Mögliche Ursache: Uber-
mäßiger Genuß selbstgedrehter Zigaretten, die ich versuchs
halber mit etwas Migränetee gestreckt hatte. Fortan werde ich
im Rauchen vorsichtiger sein. Zu Besorgnissen besteht übri
gens kein Anlaß. Die Mohrrübenzigarre war wirklich nur eine
visionäre Harmlosigkeit. Von der Raucherbewegung allerdings
will ich das nicht so fest behaupten, nachdem wir unter ande
ren Schönheitsfehlern ja auch wieder eine Königspartei haben(wer keine Sorgen hat, macht sich welche, siehe oben).
' 1Lump und Sabine, das Hundepaar,
erblickten am vierten Januarzum ersten Mal und völlig ohne
Brille das Licht der sowjetischen Zone.
Wenn auch das große Ereignis schon
eher erwartet - laut Lexikon -
wie gesagt: eher erwartet wurde,gab es doch keinen, der deshalb murrte.
Vielmehr herrschte heute durchaus
frohe Stimmung im ganzen Haus.
In Augen-Blicken von kleinen Hunden
hat jeder für sich einen Lichtblick gefunden.
ansgeorg Stengel
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3 l les zum Wohle des Volkes
Fritz Bernhard
or rosto
Mit Rapünzchen fing es an. Horst Kubinke, Ingenieur und
Junggeselle, war rechtzeitig aufgestanden, hatte ausgiebig gefrühstückt, und jetzt ging er ohne Hast zur Straßenbahn. Dafiel sein Blick auf die schwarze Tafel vorm Konsum, die heutevon einem einzigen Angebot beherrscht wurde: »Frische Rapünzchen « Es folgte, sehr niedrig, der Preis.»Rapünzchen, Rapünzchen?« überlegte Horst flüchtig, »ist dasnicht irgend so'n Grünfutter?« Dann schweiften die Gedankenwieder ab.Doch da rief es schon wieder, diesmal von der Schaufenster
scheibe des Kaufmanns an der Ecke: »Soeben eingetroffen,prima Rapünzchen « Und ein paar Schritte weiter bauten dienetten Haubenmädchen vor dem HO-Laden einen Verkaufsstand aus leeren Kisten mit einer Wiege schale drauf, und ander Seite lehnte ein provisorisch bemaltes Brett, das verkündete: »Heute Sonderangebot in erstklassigen, frischen Tafelrapünzchen «Von der plötzlichen Rapünzchenschwemme ein wenig belustigt, bestieg Horst Kubinke seine Straßenbahn, erhielt seinen
gewohnten Eckplatz und begann, soweit das nicht schon beimFrühstück geschehen war, die Morgenzeitung zu lesen. Auf derfünften Seite fiel ein Artikel des ärztlichen Mitarbeiters Dr.Bleibgesund und die Überschrift »Die Rapunzel- Jungbrunnenunserer Tage« auf:»Noch viel zu wenig ist in der breiteren Öffentlichkeit bekannt,einenwie segensreichen Helfer die Natur unserem Organismusin Form der unscheinbaren Rapunzel, besser Rapünzchen Va
lerianella) genannt, geschaffen hat.
Das Rapünzchen enthält nicht nur zahlreiche Aufbaustoffe,die unserem Körper in der heißen Jahreszeit als erfrischendeSalate usw. hoch willkommen sind, sondern auch ebensovielAbbaustoffe, welche den Magen-Darmkanal zu entschlackenund damit unser Blut zu reinigen imstande sind. Das Rapünzchen ist deshalb, regelmäßig genossen, durchaus geeignet,eine verjüngende Wirkung auszuüben. Dabei ist sein Ge
schmack von angenehmer Zartheit, und auch größere Mengendieses leicht verdaulichen Krautes werden im allgemeinen
ohne weiteres gut vertragen.
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lles zum Wohle des Volkes ,•
Ein Aufguß von Rapünzchen ergibt einen nicht übel schmekkenden, leichten Tee, der besonders unserer Männerwelt anStelle eines überreichlichen, abendlichen Biergenusses zuempfehlen ist. Auch die Durchführung einer Rapunzelkur kannin bestimmten Fällen von guter Wirkung sein, doch sollte man
hierüber von Fall zu Fall den Arzt befragen.«Horst Kubinke wendete das Blatt um. Da stand an Stelle derGerichtsreportage, die Horst so gern las, unter dem Titel»Tante Josefines Schmackeduzien« eine Reihe von Rezepten,die sich ausschließlich mit Rapünzchen befaßten: »Rapünzchensalat«, »Rapünzchen in Remoulade«, »Gedämpftes Rapünzchengemüse« und »Rapünzchen mit Birnen«.Im Verlauf des Tages mußte der Ingenieur Horst Kubinke seinejüngeren Mitarbeiter im Zeichensaal mehrmals zu größerer
Ruhe ermahnen, weil sie über die Kalorienwerte von Rapünzchen diskutierten. Und abends, als Horst nach arbeitsreichemTage zu Hause das Radio einschaltete, sagte eine freundlicheFrauenstimme aus dem Lautsprecher: »Verehrte Hörerinnenund Hörer, wir geben Ihnen eine Programmänderung bekannt.An Stelle der im Programm vorgesehenen Volksweisen hörenSie einen Vortrag von Herrn Professor Dr. Heinrich Siebenschläfer, Jena, über das Thema >Rapunzel oder Rapünzchen -eine Tafeldelikatesse im Lichte der Etymologie<.«
Drei Tage hämmerte das Rapünzchen akustisch und optischauf Horst Kubinke ein, dann sagte er zu seiner Wirtin: »Nun
machen Sie uns doch bloß schon mal Rapünzchen, Frau Kök
keritz, damit man mitreden kann.« Das war Sonnabend nachGeschäftsschluß.Als Frau Köckeritz am Montag früh gemeinsam mit Kubinkeaus dem Haus ging, gab es weit und breit kein Rapünzchenmehr zu kaufen. Dafür rief, lockte, girrte von Schaufenstern,Tafeln und Plakaten eine neue Weise: »Achtung Achtung So
eben eingetroffen: Prima frische Seerochen « - »Ein Versuch
überzeugt auch Sie Heute die Ia delikaten Rochenfilets « -»Wer probt, der lobt Sonderangebot Erstklassige Tafel-Rochen-Fischkoteletts «»Also kaufen Sie Rochen « rief Horst seiner Wirtin zu, bevorer in die Straßenbahn stieg und in einer Art heiterer Spannungdie Beiblätter der Sonntagszeitung aufschlug, zu denen er tagszuvor nicht mehr gekommen war.Zunächst fiel ihm ein Artikel des Wirtschaftsredakteurs Dr.
Hirsekorn unter der Überschrift »Unser Seefischimport als
Lebensmittelkontrolle beim Flei- .scher. »Stimmt es,daß Sie für Ihre
Kaninchenwurstauch Pferdefleischverarbeitet haben?«- » un ja, ein bißchen. Man.will jaseine Kundschaftauch versorgen.« -»Unä wie ist dasMischungsverhält-
· nis?< - } Eins zu
eins. Ein Pferd -· ein Kaninchen.«
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lles zum Wohle des Volkes
über der nach einiger Zeit aus einer geräumigen Aluminium
büchse seltsame Fleischröllchen zu wickeln begann die er mit
Behagen verspeiste. Auch Kubinke begann zu frühstücken.
Dabei kamen sie ins Gespräch.»Also Ingenieur sind Sie und wollen nach Greifenstadt in die
Ferien?« sagte der Fremde. »Ja.« - »FDGB?« - »Nein. Zu einemFreund und früheren Kollegen.« - »Was heißt Kollegen?« -
»Er hat früher ebenfalls Motorräder konstruiert.« - »Also kon
struieren Sie Motorräder?« - »Ja.« Eine Pause trat ein. Dann
sagte der Fremde: »Ich will auch nach Greifenstadt.« - »In Ur
laub?«fragte Horst Kubinke höflich. »Nein dienstlich. Ich bin
Presto.« - »Aha« sagte Horst mit nicht sehr geistreichem Ge
sicht »Staatsoper?«Der Strenge schüttelte den Kopf. »Unsinn
junger Mann. >Presto<heißt >Pro
paganda-Experte für Stoßgeschäfte<. Ich organisiere die Werbung
für den Absatz von plötzlichen Wa
renstaus verstehen Sie?«
Ach du liebe Tüte dachte Kubin
ke und fühlte ein gewisses nach
Rochen schmeckendes Unbehagen
in sich auftreten. »Wenn man fra
gen darf was für ein Stoßgeschäft
wollen Sie in Greif enstadt ... « -»Ich will nicht ich habe bereits«
erklärte der Presto. »Greifenstadt
ist mein Experimentierfeld Num
mer 1 denn dort reagieren die
Leute am besten auf meine Werbewinke und werden darum
auch bevorzugt mit meinen Stoßlieferungen bedacht.« - »Und
was ist Ihr nächster - Stoß wenn man fragen darf?« wieder
holte Horst seine Frage mit wachsender Besorgnis.
»Erst kosten« erklärte der Presto und hielt Kubinke die Aluminiumdose hin. Die Röllchen schmeckten nach Fett und
Pfeffer.
»Köstliche Delikatesse was?« meinte der Strenge und nach
einer kleinen Spannungspause fügte er hinzu: »Känguruh
schwanzrouladen auf Zigeunerart. Es ist uns gelungen eini
ge Schiffsladungen Känguruhschwänze zu importieren und
bald werden Sie etwas erleben mein Lieber was Ihnen nicht
alle Tage geboten wird. Meine Propaganda läuft in Greifen
stadt bereits seit drei Tagen. In Berlin geht es erst heute los.«
5
Der Konsum hat einen
allen toffbekommen
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6
.
Alles zum Wohle des Volkes
Der Zug rollte in die Halle des Greifenstädter Hauptbahnhofs•
ein
»Viel besser als der Schwanz der Kuh / Schmeckt uns der
Schwanz vom Känguruh «
Die Empfangsfeierlichkeiten für den Presto dauerten längere
Zeit. Der Greif enstädter Männergesangverein brachte vierstimmig ein Lied seines Dirigenten zu Gehör: »Die Himmel
rühmen des Känguruhs Ende«. Darauf hielt der Bürgermeistereine Ansprache, und sein fünfjähriges Töchterchen sagte,
bevor der Gesangverein die dritte Strophe sang, ein kurzes
vielbelachtes Scherzgedicht auf:
»Du lieber, guter Onkel du,
Beschertest uns das Känguruh,Drum sollst du stets, was wir auch tun,
In unsern Herzen känguruhn «Nur mit Mühe gewann Horst Kubinke das Freie. Die Straßen
hingen voller Transparente, auch da, wo man es nicht erwar
tet hätte. So hieß es in der Auslage eines Friseurs:
»Den dünnsten Haarwuchs stärkt im Nu
Der Schwanz (in Dill) vom Känguruh «
Ein Musikalienhändler wieder meinte:»Die Panne im Trompetenrohr,Die kommt jetzt mehr als früher vor,
Weil Känguruh im eignen Saft'ne unerhörte Puste schafft «
Vor der Geschäftsstelle der »Greifenstädter Zeitung«, wo Ku-
binke einen Augenblick verweilte, um die neuesten Nachrich
ten zu überfliegen, machte er eine interessante Entdeckung.Dr. Bleibgesund hieß hier Dr. Werdniekrank, aber sein Stil sahdem des Kollegen Dr. Bleibgesund ziemlich ähnlich. Vor allem
empfahl er Kän fleisch in allen Fällen von Magenverstim
mungen, hervorgerufen durch übermäßigen Genuß von Ro-
chenfleisch, ferner gegen Husten und Heiserkeit, Rachitis,offene Beine, Hautjucken und Paradentose. In ernsteren Fäl-
len sei jedoch der Arzt zu befragen. Daneben waren die Re-
zepte abgedruckt, die diesmal von »Küchenmeister Lukullus«
stammten. Sie empfahlen »Paprikakänguruh«, »Känguruh im
Reisrand«, »Falscher Hase von Känguruh« und als besondere
Delikatesse »Känguruhschwanz a a Madame Pompadour«.Kubinke ging weiter. Die Tanzbar »Blaue Maus« kündigte »all-
abendliche Ausscheidungskämpfe im Känguruh anz« an, und
im Greifenstädter Stadttheater war »Romeo und Julia« abge-
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• • • • • •
Das si ht so schön f ttaus. Bringen Se mir
bitte ne Portiondavon.«
lles zum Wohle des Volkes
Treppe wieder hinunter. Vor der Haustür hieb ihm jemand auf
die Schulter. Horst zuckte zusammen: Der Presto
»Gut, daß ich Sie wiedergefunden habe « rief der Mann mit den
strengen Augen. »Soeben erreicht mich nämlich die Nachricht,
daß die Zufuhr diesmal länger anhält, weil wir neue, günsti
ge Abschlüsse tätigen konnten. Und da wollte ich mal fragen,ob Sie Ihre Neukonstruktion - Sie waren doch der Mann, der
ein neues Motorrad konstruiert?« - »Allerdings .. . « - »Ein
kleines oder n großes?« - »Ein kleines.« - »Schön, mein
Freund. Ich hoffe, Sie werden Ihre Maschine im Interesse un
serer Volksernährung >Känguruhschwänzchen< nennen. Und
einen Vers für den Wimpel habe ich auch schon: Verpflegt mit
Känguruh sie ihn,/ Spart er bedeutend an Benzin «
Immer, wenn ich Bockwurst esse, beschleicht mich
ein unheimliches Gefühl. Weil ich nämlich nie
genau weiß, was hinten und was vorne ist. Ehe ich
den ersten Biß tue, überlege ich ganz scharf, wel
ches wohl das vordere Ende sein könnte. Ich fange
ungern hinten an. Aber wenn ich mich dann ent
schlossen habe und biß - Verzeihung - bis an daszweite Ende gekommen bin, dann stellt sich mei
stens heraus, daß es doch wieder verkehrt war und
die Bockwurst rückwärts durch meine Speiseröhre
gerutscht ist. Dann ist es natürlich zu spät.
Neulich war ich wieder unschlüssig. Die niedliche
HO-Dame bemerkte es und fragte zuvorkommend:
»Fehlt noch etwas, mein Herr?« Ich sah sie schüch
tern an und flüsterte ihr ins Ohr: »Liebes Fräulein, zeigen Sie
mir doch mal genau das Vorderteil und das Hinterteil. Bitte,bitte «
Leider bekam ich nicht die gewünschte Auskunft, sondern
einen gehäuften Löffel Senf ins Gesicht. Obwohl ich gewöhn
lich Bockwurst ohne Senf esse.
m besten wäre es, wenn Bockwürste nur ein Ende hätten.
Dann brauchte man keine Gewissensqualen auszustehen.
Am allerbesten aber wäre es, wenn Bockwürste gar kein Ende
hätten.
Erich Hanko
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lleszum Wohle des Volkes
Henricus
oder: Menschen die uns Freude machen
Ort: Buchhandlung in der Friedrichstraße zu BerlinZeit: Sonnabendnachmittag im Jahre 1949
Personen: Der Verkäufer
Das junge Mädchen
Kunden und Straßenpassanten
Der Verkäufer steht am Ladentisch und spricht mit einem Kun-
den. Etwa 6 bis 8 Kunden stehen an Tischen und Regalen und
blättern oder lesen in den ausliegenden Büchern. Straßen
passanten stehen am Schaufenster oder gehenvorüber.
Das junge Mädchen betritt den Laden): Guten
Tag.
Der Verkäufer unterbricht sein Gespräch mit
dem Kunden): Guten Tag, womit kann ich die-
nen?
M: Ich möchte einen Leuchtglobus haben.
V Einen Leuchtglobus habe ich leider nicht. Viel
leicht versuchen Sie es mal in der nächstenBuchhandlung - hier 100 Meter weiter herun
ter.
M:Wo?
V Hier auf derselben Seite, 100 Meter weiter.
(Zeigt in die angegebene Richtung und wendet
sich wieder dem Kunden zu)
M: Da habe ich aber gar keinen gesehen.
V sich wieder unterbrechend) Das ist möglich. Aber ich weiß,
daß dort einer zum Verkauf war. Versuchen Sie es mal (wen-
det sich wieder zum Kunden)
M: Ja, aber da war doch gar keiner zu sehen.
Die Kunden werden auf die Unterhaltung aufmerksam.
V beginnt einzusehen, daß er nicht ohne eine langere Erklä
rung davonkommt) Sehen Sie, liebes Fräulein, hier stehen die
Globen auch nicht offen im Laden, und doch habe ich wel
che. Die stehen dort oben auf dem Regal und im Lagerraum.
Sie sind verpackt; wenn jemand einen Globus verlangt, hole
und zeige ich ihn. Das kommt nicht so oft vor. Wenn ich die
39
i ~~ ~ s h e i n ·
1 „• „1„ „,
»l eh habe es satt 4Tage lang bin ich nach
einer Badehose rumge-
laufen
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4
••••
OMM f 1 O
FAHNEN· DE8AT TEWEGEN
MATERIAL-MANGEL
VERTAGT . i . . .
l les zum Wohle des Volkes
Globen ausgepackt stehen lassen würde, wür
den sie einstauben und mit der Zeit unansehn
lich werden. Darum ...
M: (unterbricht ihn Wenn Sie einen haben, dann
geben Sie mir doch einen
Die Kunden sind den freundlich belehrenden Worten gefolgt und beobachten mit Spannung dieEntwicklung.
V Das sind keine Leuchtgloben, sondern andere.Wollen Sie so einen nehmen?
M: Ich möchte einen Leuchtglobus
Die Kunden werden - je nach Temperament - un
ruhig oder lachen.
V (betont geduldig) Den habe ich nicht. Versu
chen Sie es doch dort, wo ich Ihnen gesagthabe. Ich glaube, Sie werden da einen bekom
men.
M: Wo ist denn das?
V (wie vorher) Ich sagte doch schon, in der näch
sten Buchhandlung 100 Meter weiter herunter.
M: Ach so, aber da habe ich doch keinen gesehen.
Die Kunden werden unruhig, einige beginnen dro
hend zu knurren.
V (mit etwas unsicherer, leicht zitternder Stimme) Haben Sie denn gefragt?
M: (leicht beleidigt) Natürlich nicht, ich war doch
gar nicht drin, weil ich keinen gesehen habe.
Jetzt sind alle Kunden unruhig und knurren.
V (mit erhobener Stimme) Hier haben Sie doch
auch keinen gesehen und haben doch gefragt
M: Ich dachte eben, Sie hatten einen.
V (abschließend) Ich habe aber keinen. Versu
chen Sie doch mal dortM: Wenn die aber auch keinen habenDie Kunden fangen an, die Bücher aus den Rega
len auf die Erde zu werfen, manche fletschen
mit den Zähnen - je nach Temperament.
V (macht heftige Anstrengungen, sich zu beherr
schen) Dann weiß man dort vielleicht, wo Sie
einen bekommen können und schickt Sie dahin
M: Das hat ja keinen Zweck.
V
(verständnis- und fassungslos) Wieso?
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lleszum Wohle des Volkes
M: (beleidigt) Sie haben doch eben selbst gesagt, die
schicken mich dann weiter, um mich los zu werden.
V: Aber das habe ich doch nicht gesagt.
M: Doch, die haben j keinen, ich habe keinen gesehen.
V (an der Grenze der Beherrschung) Liebes Fräulein, bei mir
sehen Sie doch auch nicht alles, was ich habe.M: (mit neuer Hoffnung) Na, haben Sie denn einen?
V Was für einen?
M: (beleidigt) Einen Leuchtglobus will ich, das habe ich aber
schon mehrmals gesagtV (schreiend) Nein Nein Nein
M: (wie vorher) Schreien Sie mich doch nicht so an Ich kann
doch nichts dafür, wenn Sie mir keinen Leuchtglobus verkau
fen wollen. Ich kann doch nur höflich fragen.
Die Kunden haben jetzt den größten Teil der Bücher auf dieErde geworfen und nähern sich dem jungen Mädchen dro-
hend. Auf der Straße sammeln sich die Passanten.Die Straßenpassanten: Unerhört, wie der seine Kunden behan
delt Wenn da einer fragt, wird er angebrüllt Wie der Laden
überhaupt aussieht Skandal so etwas.
V (immer noch schreiend) Was Sie machen sollen, habe ich
Ihnen Xmal gesagt, Sie sollen in das nächste Geschäft gehen
und mich nicht verrückt machen mit Ihrem dämlichen Glo-
busM: (sehr beleidigt) Guten Tag (geht aus dem Laden, aber in
der verkehrten Richtung)
Die Kunden beruhigen sich und zittern nur noch leicht. Der
Verkäufer stöhnt und wischt sich den Schweiß von der Stirn.
Er hat sich noch nicht im Laden umgesehen, da kommt das
junge Mädchen zurück. Man hört dazwischen die Stimmen
der Passanten: Das würde ich mir von dem Kerl da drin nicht
bieten lassen So ein Lümmel
M: (noch immer beleidigt) Können Sie mir dann wenigstenssagen, wo ich einen Leuchtglobus bekommen kann?
Der Verkäufer macht einen Satz auf den Ladentisch und ver-
sucht vergeblich, die Deckenbeleuchtung herunterzureißen.
Die Kunden wälzen sich hüllend auf der Erde. Die Straßen
passanten werfen die Schaufensterscheiben ein. Das jungeMädchen sieht unschuldig und erschreckt auf das Chaos.
Vorhang 21/11/1949
41
„
Ein hmerikanei
sieht zur Messezeitin Leipzig einelange Schlange.voreinem Lebensmit-telladen. »Bei unskann man ohneweiteres alles kau-
'. ' : .
fen«, ·sagt er. Da ·
wendet sich einMann um und sagt:
»Das „war früher beiuns auch so. Da ·sehen Sie mal, wieweit die USA zu-rückgeblieben s t ~ «
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42
•
t1
1
1
•
„
ch möchte die Regen-
tage nicht mehr im
Schrank verbringen
müssen <<
lles zum Wohle des Volkes
Hermann Wilke
or
Ganz ohne Absicht kam ich in die Lage, den Mann vom Woh-
nungsamt zu spielen, und das kam so:Als Ersatz für mein ausgebombtes Atelier wurde ich vom Woh-
nungsamt in ein Atelier eingewiesen, das über meiner Privat
wohnung gelegen und lange Jahre nicht benutzt worden war.
Gegen die Einweisung erhob jedoch die frühere Inhaberin Ein-
spruch und war erst zum Verzicht bereit, wenn ihr ein ande
rer gleichwertiger Raum nachgewiesen würde. Ich bekam also
---r'
'
vom Wohnungsamt den Auftrag, einen
Ersatzraum zu suchen.
Schon am nächsten Tage hatte ichGlück. Ganz in der Nähe meines Hau-
ses fand ich das Atelier. Die Portier
frau, die zunächst wenig zugänglich
l war, wurde plötzlich sehr lebendig, als
' ich ihr sagte, ich käme vom Woh
a nungsamt. Sofort erklärte sie sich be
reit, das Atelier zu zeigen.
Beim Hinaufgehn öffneten sich fast
alle Türen des Treppenhauses Eshatte sich schon herumgesprochen,
daß ich ein Mann vom Wohnungsamt
sei. Plötzlich war ich die wichtigste
Person im Hause Man ließ mich zwar
noch das Atelier besichtigen, aber dann stürmten alle auf mich
ein mit ihren Wünschen. Hier war das Dach undicht, dort eine
eingedrückte Wand und Türen, die sich nicht schließen ließen.
Da ich mit Bezug auf das gefundene Atelier schon geäußert
hatte, daß kleine Schäden vordringlich behandelt würden, be-
stürmte man mich von allen Seiten, doch ihre kleinen Schä
den gleich mit machen zu lassen. Ich murmelte etwas von mal
sehn, was ich tun könnte, und hörte noch im Weggehen die
Worte: »Endlich mal einer vom Wohnungsamt «
Auf dem Heimwege bemerkte ich zu meiner angenehmen Über-
raschung, daß man mir meine Jackentaschen unbemerkt mit
allerhand Rauchwaren gefüllt hatte. Acht Zigaretten, zwei Zi-
garren und vier Zigarillos betrug die »Sonderzuteilung«
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44 Lernen lernen nochmals lernen
Erich Hanko
orioHAai t OHHOH e
In diesem Sommer hatte das Ferien-Kinderheim des Betriebes
zum ersten Male seine Pforten geöffnet. Alle warteten gespanntauf das Ergebnis des Experiments. Es war in der Tat überra
schend. Niemand hätte bei Herrn Direktor Krause, dem Jung-
gesellen, so viel Kinderliebe vermutet. Gleich bei seinem ersten
Besuch im Heim »Sonnenblick« blieb er acht Tage dort, um
nach dem Rechten zu sehen. Seine Sekretärin, Fräulein Mül-
ler, half ihm dabei. Zwischen 10 und 11 Uhr morgens spielten
beide mit den Kleinsten Kreisspiele, zum Beispiel Zeigt her
eure Füßchen, zeigt her eure Schuh ...« Alle Kinder freuten
sich, wenn auch Herr Krause und Fräulein Müller ihre Füßchenherzeigten.
Gegen 12 Uhr rief Direktor Krause gewöhnlich im Werk an, ob
etwas los wäre. Wenn etwas los war, ermahnte er die Verant-
wortlichen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die man natür
Alle Herren von der Direktion waren
schön braun gebrannt und mit dem
Ergebnis der Kindererholung zufrieden
lich nur an Ort und Stelle richtig beurteilen
konnte. Er selbst, Krause, würde sofort zu-rückkommen, wenn seine Anwesenheit im Fe-
rienheim »Sonnenblick« nicht mehr erforder
lich wäre. Aber vorläufig wäre sie eben noch erforderlich. Nach-mittags gingen Herr Krause und Fräulein Müller gern in den
Wald, um für die Kinder Brombeeren zu suchen. Meist fanden
sie jedoch keine und kamen ziemlich spät, müde und zerkratzt,
aber immer gut gelaunt zurück. Wenn die Kinder dann schon
im Bett lagen, versäumte der Herr Direktor nie, danach zu fra-
gen, ob alle da wären und keines von ihnen auf Abwege gera
ten sei. So vergingen die Tage mit fröhlichem Spiel und steter
Sorge um die Kleinen, bis schließlich auch für Herrn Direktor
Krause und Fräulein Müller die Stunde schlug, da sie abreisenmußten, weil ihr regulärer Urlaub vor der Tür stand.
Ka11m waren sie im Werk angekommen, da traf aus dem Fe-
rienheim die Nachricht ein, daß die Kuh eines benachbarten
Bauern, die für ihre Zerstreutheit bekannt war, sich während
der Mittagspause auf den Kinderspielplatz verirrt, drei Buddel-
eimer aus Blech zertreten und einer Zelluloidpuppe den Kopf
zerquetscht hatte.»Da haben wir's«, sagte Direktor Krause traurig. »Kaum wen
det man den Rücken, da passiert was Aber ich habe j schließ
lich auch noch andere Pflichten «
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Lernen lernen nochmals lernen
Sofort sprang ein anderer für ihn in die Bresche. Magazinver-
walter Schultze erklärte sich bereit einige Tage seiner Arbeits-
zeit zu opfern und nach dem Ferienheim »Sonnenblick« zu fah-
ren um die dort entstandenen Materialverluste wieder auszu-
gleichen. Außer drei neuen Blecheimern und einer Puppe nahm
er seine junge Frau mit die sich ruhig ansehen sollte wie manmit Kindern umgeht für den Fall daß sie selbst mal welche
haben würde. Als Gegengewicht gegen die Kuh nahm Schult-
ze seine Schwiegerelten mit, die vom Lande
stammten und daher wußten wie man sich
diesen Tieren gegenüber verhält. So war derbetriebseigene PKW voll ausgelastet und
niemand konnte über Leerlauf klagen.Die Beziehungen zwischen Kinderheim und
Werk wurder immer inniger. »Unsere Kindersind unsere Zukunft « pflegte Direktor Krau-
se zu sagen wenn er wieder hinfuhr um mit
Fräulein Müller nach dem Rechten zu sehen.
Oft waren mehrere leitende Persönlichkei-
ten des Werkes gleichzeitig anwesend. Es
ergaben sich zwanglose Skatpartien und zu-
weilen auch kleine Tänzchen. Aber das na-
türlich immer erst wenn die Kinder schon
schliefen.
Die Raumfrage machte keine großen
Schwierigkeiten. Wenn die Kinder etwas zu-
sammenrückten konnten selbst so umfang-
reiche Persönlichkeiten wie Abteilungslei-
ter Maus von der Abteilung Planung unter-
kommen. Ein großer Mangel allerdings blieb auf die Dauer
nicht verborgen. Man hatte die Garage zu klein gebaut. Nicht
einmal die Hälfte der werkseigenen Personenwagen ließ sich
darin unterbringen. Das machte sich besonders störend be-
merkbar wenn die Direktion eine größere Arbeitstagung über
das Wochenende nach dem Ferienheim »Sonnenblick« einbe-
rief. Da mußten verschiedene Wagen Nächte hindurch im Frei-en stehen schutzlos den Unbilden der Witterung preisgege-
ben. Außerdem malten die Kinder Männchen und kleine Tiere
die nicht immer sehr künstlerisch wirkten an die Wagenwän-
de. Als zum Beispiel Abteilungsleiter Maus einmal beim Weg-
fahren auf dem linken vorderen Kotflügel eine Zeichnungentdeckte die anscheinend eine Maus darstellen sollte in
Wrrklichkeit aber mehr einer Ratte ähnelte wurde er sehr böse
45
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46 Lernen lernen nochmals lernen
so daß er die mit der Beaufsichtigung der Wagen betraute Kin-
dergärtnerin beinahe für die fristlose Entlassung vorgeschla
gen hätte.
Aber das waren nur kleine Schattenseiten des Ferien-Kinderheimes »Sonnenblick«. Im allgemeinen war die Betriebsleitung
mit dem Ergebnis des ersten Feriensommers durchaus zufrie-den, wie sich bei dem Rechenschaftsbericht im Herbst heraus
stellte. Besondere Beachtung fand der Vorschlag des KollegenStülpke, die Aufenthaltsräume und Spielplätze für die Kinder
im nächsten Jahr etwas abseits vom eigentlichen Heim anzu-legen, damit der Lärm nicht mehr so zu hören sei. Aber sonst,
wie gesagt, waren alle Herren von der Direktion schön braun
gebrannt und mit dem Erfolg der Kindererholung zufrieden.
Einiges Befremden erregte allerdings die Interessenlosigkeit
des Ingenieurs Schmitt, der dem Heim nur einen kurzen Besuchabgestattet und nicht einmal dort übernachtet hatte. Und dabei
war er selbst Vater von drei Kindern»Unsere Kinder sind unsere Zukunft « sagte Direktor Krause
betont.und sah den Ingenieur Schmitt von der Seite an. »Man
sollte ihnen einige Wochen ungestörte Erholung gönnen «.»Das sollte man wirklich«, sagte Schmitt trocken. »Und warum
tun wir es eigentlich nicht?«
Lehrer zum Schüler: »Paul, nenne mir mal das menschliche
Geschmacksorgan.« Paul hüllt sich in Schweigen. »Paul, washast du im Munde?« - »Nichts, Herr Lehrer.« - »Doch, Paul, du
hast etwas im Munde.« - »Nein Herr Lehrer, ich habe wirklichnichts im Munde.« - »Nun gut, Paul, nehmen wir mal deinen
Vater, was hat der wohl im Mund?« - »Mein Vater ist doch tot.«
»Ach so. Was hat dein Großvater im Munde?« - »Einen Zahn,
Großmutter sagt immer: das ist der Kuchenzahn.« - »Außerdem Zahn hat er aber noch etwas im Munde.« - »Ja, meistens
n Priem.« - »Paul, du verstehst mich nicht. Lassen wir mal den
Priem weg, was hat dein Großvater sonst noch im Munde?« -
»Wenn er den Priem nicht drin hat, hat er die Tabakspfeife
drin.« - »Paul, das mein ich alles nicht. Nun paß mal genau
auf: Wenn du heute nach Hause kommst, stellst du dich vor
den Spiegel, machst den Mund weit auf und schaust hinein,
dann ... « - »Herr Lehrer, das geht nicht.« - »Warum denn
nicht?« - »Wir haben gar keinen Spiegel.« - »Setz dich, Paul.«
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•
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G o t t , ~ ' ; : ' ~ ' : lk
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8fostscbo"'•oa·:a Pfennig mebr._Nacbnabme W.l•ar t„.
Knall• K • Q.Gebr. _
Der Lehrer fragt nach dem Namen und Benrfs-WUnsch.
eh ester Frilzchen?"t• bst du deinei t u dodt u.Nee -
Der erste: Ich heiße Egon. - »Was möchtest
du mal werden?. - »Weiß ich nich.• Der zweite:
»Ich heiße Max • - »Was möchtest du mal wer-
den? - »Weiß ich nich.• - »Wer von euch weiß
denn, was er mal werden möchte?. Einer in der
letzten Reihe meldet sich: »Ich möchte Polizistwerden.« - »Sehr schön, sehr gut , sagt der
.
Lehrer, »und Wie heißt du? - »Weiß ich nich.
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48 lernen lernen nochmals lernen
rwin F B Albrecht
Ich gehe nicht gerade häufig zu Hirsekorns, gerade mal so
zum Geburtstag oder in Hausangelegenheiten oder so. Es istmir, ehrlich gesagt, immer ein wenig zu steif und förmlich bei
Hirsekorns. Er, Hirsekorn, gehtja noch an. Er war mein Schul
freund, und man darf sagen, daß er manchmal eine gewisse
Art von Nonchalance hat. Aber sie Herrschaften, es ist nicht
zuviel gesagt, wenn ich behaupte, daß sie eine aufgeblasene
Pute ist, die sich einzubilden scheint, sie sei die Künderin derVornehmheit. Und Detlef, das Söhnchen, ist ihr Produkt. So
was von Wohlerzogenheit habe ich in meinem ganzen Leben
noch nicht erlebt.
Beispielsweise, als ich das letzte Mal bei Hirsekorns zum
Essen eingeladen war, es ist schon längere Zeit her, ß ich die
Gulaschsuppe wohl etwas zu genießerisch. Wissen Sie, was
p ß d h ff E. k 1 D h t das wohlerzogene Detleffelchen da für eine Schoteka d i e ~ u losließ? »Das Schmatzen und das Schlürfen nur dieeenhe eiseM u bas_ nKen t us1 e- Schweinchen dürfen«, sagte der Bengel. »Nicht wahr,
wac senen ara u 1m ar on. M ?amma. «
Und die Mammi lobte ihn noch: »Ganz recht, mein Kind, du bist
ein braver Junge.« Und der brave Junge benahm sich weiter
hin geziert wie eine Ballettschülerin und redete eine Sprache
wie ein Tonband für den Deutschunterricht.
Ein paar Tage später traf ich den Knaben Detlef in einer Sei-
tenstraße beim Spiel mit anderen Kindern. Plötzlich horchte
ich auf. Was hatte der brave Junge da soeben geschrien? »Paß
doch uff, Eierkopp Zertrampelst j die ganze Hopse « Und
nach einer Weile, während das Spiel etwas ruhiger weiterge
gangen war, mit doppelter Lautstärke: »Kannste denn nich
kieken, Blödheini? Trampelst j schon wieder uff de Linien
rum «Ich tr t näher, um mich zu überzeugen, daß der Schreihals
wirklich mit dem braven Detleffelchen identisch war Er war'sEben brüllte er seinen Spielgefährten aufs neue an: »Määnsch.
laß dir krankschreiben, bei dir piept's Du hast keene Meise,
du hastn ausjewachsenen Marabut im Karton « Und jetzt
zeigte er dem anderen Jungen einen Vogel und krönte sein·
Geschimpfe: »Vollidiot «
Und wieder einmal besuchte ich die Familie, um eine Hausan-
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Lernen lernen nochmals lernen
gelegenheit zu regeln. Ich konnte mir nicht verkneifen, die
Frau des Hauses zu fragen: »Nun, Frau Hirsekorn, sind Sie wei-
ter mit dem braven Detlef zufrieden, ich meine besonders mit
seiner Umgangssprache?«»Aber selbstverständlich«, sagte die Dame mit gespitztem
Mund. »Unser Sohni bringt nur oder fast nur lauter Einsenaus der Schule nach Hause. Und neulich hat er sogar ein neues
Verslein über das gute Benehmen beim Essen gemacht: >Beim
Löffeln darf man nie was hören, weil w r damit die Mahlzeit
stören < Ist das nicht süß?«
Vielleicht merkte Vater Hirsekorn, daß die Anzüglichkeit mir
galt. Er sagte etwas verbindlicher:
»Gott, na ja, so nen Vers verbricht
auch der Gescheiteste mal, ha, ha,
ha.« Und um mich vollends zu ver-söhnen: »Im übrigen fahr ich dich
nachher mit unserem F 8 nach
Hause, ich muß sowieso in die
Richtung.« Dankend nahm ich den
Vorschlag an, und wenig später u -
ren wir los. »Hat dein Junge also
wirklich so gute Erfolge in derSchule?« sagte ich unterwegs, um
was zu sagen.»Doch, doch«, bestätigte Hirsekorn,
»er ist schon tüchtig, und zum Lohn
nehme ich ihn jetzt immer im Wagenmit zur Schule. Da kommt er auch unterwegs nicht erst auf
dumme Gedanken. Du weißt doch, als w r so alt waren ... «
Da . w r sind an einer Ecke . Bremsen quietschen, odersind's die Reifen? Menschen schreien auf ... w r haben die Vor-
fahrt, aber der andere, ein neuer F 9, scheint noch nicht sehr
sicher zu sein im Fahren oder in den Verkehrsregeln. Nur ein
paar Zentimeter trennen seine Bugspitze von unserm Auto.
Blitzartig kurbelt Hirsekorn die Scheibe runter und brüllt:
»Paß doch uff, Eierkopp Kannste denn nich kieken, Blödhei-
ni? Laß dich krank schreiben. Määnsch, bei dir piept's Du
hast keene Meise, du hastn ausjewachsenen Marabut im Kar-
ton « Und dann zeigt er dem anderen, noch sehr jungen Fah-
rer einen Vogel und krönt, bevor er wieder zum Schalthebel
greift, seine Ausführungen: »Vollidiot «
9
Verkehrsunfall?<<
Nee, een pädagogischer
Unfall. Ich wollte mei-
nem jungen eine runter-
hauen, da kam jrade
Stromsperre und die
Backpfeife ging an dieWand.
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••
;- > •
...
. .
.
. ·
.
. .
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Lernen lernen nochmals lernen
Hansgeorg Stengel
Kinder grade erst geboren,
sind noch winzig klein,haben aber schon zwei Ohren,
linkes Bein, rechtes Bein.
Können atmen schon und schlucken,
fange langsam an,
staunend ihre Hände zu begucken,
dann
weinen Kinder allererste Tränen,
haben Magenknurren, Weh und Ach
schlafen viel und werden mit den Hähnenund viel früher als die Muttis wach.
Später, wenn die ersten Zähnchen sprießen,
ist der Tag nicht fern,
da die Kinder Purzelbäume schießen,
stundenlang und gern.
Vieles können Kinder nun schon machen,
spielen mit Papier und Sand und Holz.
Und am schönsten ist: Sie können lachen.
Na die sind die Eltern aber stolz.
atorstoßz
Der alte Pinkpank aus der Sonnenallee trifft einen ehemaligen
Verehrer seiner Jüngsten und berichtet ihm freudestrahlend:
»Scheen Dank for Ihre höfliche Nachfrage von wejen mein wer
tes Frollein Tochter; glücklich verheirat isse, zwei Kinder
hamse - und sojar im >Telegraf< hatse schon jestanden: einmal
mit m kleen Wohnungsbrand und einmal als Verkehrsunfall.«
]o chulz
51
In der Mathematikstunde wird eineTextaufgabe ge;.
stellt. Zwei Briga-den asphaltiereneine drei Kilometerlange Straße. Brigade A beginnt m
Ende a und arbeitetum 20 Prozent
schneller als Brigade B, die an Punktb beginnt.Die Lehrerin fragtnun: »Wo treffensich beide Briga-den?« Fritzchen
meldet sich als er-ster. »Na Fritzchen, wo? «»In der Kneipe.«
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5
•
))Mensch, du h st dem
j een Ziegelstein als
Neese gemacht «
Na denkste vielleicht,
ick koofe dem 'ne Mohr-rübe uffm Schwarz-
markt?<<
Lernen lernen nochmals lernen
Lothar Kusche
War mal eine Schule in Waltersdorf. Kinder sind hungrig. Der
Teltower Kreisausschuß für den freien Markt dachte sich also:Wir werden eine schöne Schulspeisung arrangieren. Und gab• •
dem Schulleiter eine Anweisung. Uber 15 000 g Fleisch, 10000 g Butter und 5000 g Öl. Oh, sagte Herr P (der Schulleiter), recht schönen Dank auch. Er hatte einen weiten Weg zugehen mit der schönen Anweisung. Als er am Ziele war, hatteer zwar nicht den Gutschein, wohl aber die hungrigen Kinder
••'•
vergessen. Donnerwetter,dachte er, für wen ist bloßdieser Gutschein bestimmt? Ach Und weh Erkonnte und konnte sichnicht erinnern. Na. Daverteilte er die Lebensmittel eben an die HerrenKollegen. Und jeder Lehrer in Waltersdorf bekam3000 g Fleisch, 2000 g
• •
Butter und 1000 g 01 Un-
gefähr soviel jedenfalls.Und die Kinder bekamengar nichts. Genau abgewogen: Gar nichts Dakonnten sie sich wenig
stens nicht den Magen verderben. Die lieben Pauker also ließen's sich schmecken.- Gesegnete Mahlzeit wünschten dann allerdings die Gemeindevertreter. Die erzählten die Geschichte nämlich der Staats
anwaltschaft. Hoffentlich gibt es ein mildes Urteil.Sonst könnten die Lehrer böse werden. Das aber hätten dieKinder auszubaden. (Der Ärger von Pädagogen pflegt sichimmer recht deutlich den Schülern mitzuteilen.) Oder - aberdas fällt mir nur so ganz nebenbei ein - oder man versucht'smal mit einem anderen Schulleiter. Der ein besseres Gedächtnis hat. Wissen Sie, ich meine ein Gedächtnis für Kinder, dieHunger haben.
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5 Was des Volkes ände schaffen
rich Hanko
•••
Am 23. Februar fing es an. Das war der Tag, an dem Karl seine
Norm mit 134 Prozent übererfüllte. An demselben Tage hörteer auf, normal zu sein.
Die 134 Prozent waren ihm gar nicht so schwer gefallen. Aber
das, was hinterherkam, überwältigte ihn: die öffentliche Belo
bigung in der Betriebsversammlung, die Prämie, das Hände-
schütteln und die Gratulationen der Kollegen. Den Rest gab
ihm der begeisterte Bericht in der Bezirkszeitung über seine
vorbildlichen Leistungen. Solch ein tüchtiger Kerl war er also
Karl wurde von einem tiefen Mitleid mit sich selbst ergriffen.
Wie hatte man das so lange übersehen können? Warum hatteman seine überragenden Qualitäten bisher so ängstlich ver-
schwiegen und sie erst jetzt anerkannt, als sie sich nicht län-
ger verheimlichen ließen? Jeder klardenkende Mensch hätte sie
doch schon längst bemerken müssen ... Zugege-
ben, er selbst war nicht ganz schuldlos. Auch er
hatte seine Bedeutung bisher nicht genügend ge-
Wenn von Verbesserung des Arbeits-
gangs gesprochen wurde zuckte
Karl die Achseln. würdigt. Insofern hatte er an sich selbst viel gut-
zumachen. Aber die andern auch Und da Verdienste nicht nur
leicht übersehen, sondern noch leichter vergessen werden, beschloß er, die Welt und sich selbst in gewissen Zeitabständen,
die nicht zu lang bemessen sein durften, immer wieder daran•
zu ennnern.
Wenn zum Beispiel in der Arbeitspause über das nächste Fuß-
ballspiel gesprochen wurde, sagte Karl: »Könnt ihr euch noch
auf das Spiel im Februar besinnen? Es muß so kurz nach dem
23. gewesen sein, als ich meine Norm mit 134 Prozent überer-
füllt habe ...« Wenn von einer Verbesserung des Arbeitsgangs
gesprochen wurde, dann zuckte Karl die Achseln und sagte: »Ja,wenn wir daran schon im Februar gedacht hätten, damals, als
ich meine Norm ... «
Oder beim Mittagessen in der Kantine, wenn es Nudeln gab:
»Erinnert ihr euch noch? Am 23. Februar gab es auch Nudeln
Damals, als ich meine Norm mit 134 ...«
Diese intensive Beschäftigung mit dem 23. Februar erforderte
natürlich Nerven, und so kam es, daß Karl sich nicht mehr so
auf seine Arbeit konzentrieren konnte wie früher. Oft stand er
geistesabwesend an seiner Maschine und dachte angestrengt
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Was des Volkes ände schaffen
an jenen glorreichen Tag im Monat Februar, den ihm niemand
mehr rauben konnte. Auch Kurt nicht, obwohl er im April Karls
geliebte 134 Prozent um 10 Prozent verbesserte, und auch
Paul nicht, der Anfang Mai noch 8 Prozent draufsetzte. Karlnahm das zur Kenntnis, aber übel nahm er es ihnen nicht.
Schließlich war er es j gewesen, Karl, der die Grundlagen fürihre Leistungen gelegt hatte, damals am 23. Februrar, als
er ... Schlimmer war schon, daß Kurt und Paul ihn jetzt häu
fig in seinen Erinnerungen unterbrachen und ihrerseits an gewisse Daten im April und Mai erinnerten, als sie ihre Norm ...
Und dabei grinsten sie so merkwürdig Die anderen übrigens
auch. Karl fand das ziemlich albern.
Noch etwas anderes fiel ihm auf. Die Menschen, mit denen er
sprach, gähnten in letzter Zeit auffallend häufig. Meist sogar
dann, wenn er im Begriff war, auf den Februar zu sprechen zu
kommen. Das konnte nicht allein mit der Frühjahrsmüdigkeit
zusammenhängen. »Wie soll das Haar geschnitten werden?«
fragte der Friseur. »Fassonschnitt«, sagte Karl. »Wie damals imFebruar, als ich meine Norm ... «
»Uuuäääh ... «, machte der Friseur und riß die Hand vor den
Mund, wobei er sich mit der Schere fast das Leben genommen
hätte. Viele Leute schliefen bereits ein, wenn Karl nur den
Mund aufmachte. Das fiel ihm zwar auf, aber er fand keine Er
klärung dafür. Die kam eines Abends von weiblicher Seite. »Wie
schön der Mond heute scheint«, sagte Karl zu Inge, als siebeide vor der Haustür standen.
»Genauso wie damals im Februar, als ich meine Norm mit 134Prozent ... « - »Ja«, sagte Inge und gähnte unter erheblichem
Temperaturrückgang. »Damals nahm der Mond aber zu. Heute
nimmt er ab . . . Gute Nacht.«
»Pfui Teufel, Sie riechen j nach Schweiß«, sagte der Hut, der
es mit der Vornehmheit hatte, zur schmierigen Mütze, die neben
ihm hing, und rückte von ihr ab, zwei Garderobenhaken weiter.
»Sie scheinen j ein stinkefeiner Hut zu sein«, sagte die Mütze,
die keine Schlafmütze war und nicht auf den Kopf gefallen war,
auf dem sie gesessen hatte. Und dann erzählte sie von Zweijahrplan. Da nahm der Hut den Hut ab und entschuldigte sich.
»Kollegen, wa ·Emacht ihr d ü · ··
. -
: da?«.
55
>Wrr reißen die Zie-
gelei ab.«· Aberwir braicllen- . -
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6
·Kind: »Vati gestern·hatte der Mond · ·
doch einen so gro ;
ßen Hof und.heute·hat er keinen
melit?«.
Vater: »Ja das .· liegt an der Booen- .i f r ·
••
Max lbert
Was des Volkes Hände schaffen
Der Kalkhofbauer liegt im Bett und über dem Land strahlen
der Märzsonnenschein. In den achtzig Jahren seines Lebens istes wohl das erste Mal daß die .Mittagssonne den Zacharias
Kalkhof im Bett sieht. Wie hätte er auch sonst seinen Hof so
herauswirtschaften können. Daß es ans Sterben geht, daran
zweifelt der Zacharias nicht. Er weiß, daß ihm nicht mehr viel
Zeit bleibt, seine letzten Dinge auf dieser Welt zu ordnen.
»Gotthart«, hat er deshalb in der Frühe zum Sohn gesagt,
»spann die Schimmel an und hol den Advokaten aus der Stadt «
»Eigentlich könnt er schon hier sein« murmelt er vor sich hin.
Zacharias Kalkhof ist ungeduldig. Die Pferde werden draußengebraucht
»Er wird sicher bald hier sein« tröstet die magere Bäuerin ihren
Mann. Als sie das Zimmer gerade wieder verlassen will, rollt
der Wagen durch das Hoftor.
Der alte, weißhaarige Advokat betritt die Krankenstube. Er
kennt den Kalkhofbauer seit vielen Jahren und weiß, daß er
hier nicht um die Sache herumreden muß. Hier lebt man undstirbt, ohne viel Aufhebens davon zu machen.
Nach einem kurzen Gruß hat der Advokat sich an den Tisch ge setzt und nimmt das Schreibzeug aus der Aktentasche. Mutter
Martha fährt noch einmal mit dem Schürzenzipfel über die Tisch
platte. Dann nimmt sie neugierig im Hintergrund Aufstellung.
»Tja - den Hof kriegt der Gotthart und die fünfzig Morgen
Acker, die Wiesen und den Wald hinter dem Galgenberg«, gibt
Zacharias seinen letzten Willen kund, nachdem der Advokat
den Kopf des Testaments geschrieben hat.
Die Feder fährt kratzend über das Papier.
»Dafür muß er für die Mutter sorgen und für die Schwester bis
zu ihrer Verheiratung. Zwanzig Morgen Acker und die Weiden
am Bach soll die Anne ...«
»Bloß zwanzig Morgen und das bißchen Weideland«, unter
bricht Martha Kalkhof ihren Mann jetzt scharf. Die Anne hat
zwar bereits eine anständige Aussteuer - aber sie ist ihre Lieb
lingstochter.
Zacharias Kalkhof richtet sich in seinem Bett auf. Er runzelt
die Stirn zornig. Widerspruch - das hat gerade noch gefehlt.
»Stirbst du - oder sterbe ich« faucht er endlich seine bessere
Hälfte an.
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• •
- R N U N Z IT
_
einer Betriebsversammlung schlägt ein
vor daß künftig nur noch montags
wird. Nachdem sich der brausende
gelegt hat ru t einer nach vorn:
jeden Montag?<<
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58
Kommt mal alle her
Der letzte Hamsterer <<
Was des Volkes ände schaffen
Lothar usche
„
O OtOSO O Ottttor
Vorige Woche kam mein Chef und sagte: »Sie müssen morgen
20 Päckchen in die Stadt bringen. Ich habe bei der Fahrbereitschaft ein Auto bestellt. Es kommt früh um 8 Uhr.«
Um 8 Uhr wartete ich in unserem Büro. Gegen Abend kam einMann und sagte: »Das Auto ist da Schnell runterkommen «Es war ein sehr großes Auto. Der Chauffeur sagte: »Es ist ein
5-Tonnen-Generator.«Da· mußte ich ihn mit mei-
nen 20 Päckchen enttäuschen. Sein Auto hatte
bequem 20 000 Päckchen gefaßt. Ich entschuldigte mich.
Aber er sagte: »Das istgut, so wenig aufzuladen, da fährt der Wagenflotter.«
Wir fuhren aber nochnicht gleich. Der Mannmußte nämlich erst einbißchen in dem Genera-
tor-Ofen stukem. Mir
wurde ganz schwarz vor Augen und überall. Ich hörte, wie derChauffeur sagte: »Und nun muß ich noch das Wasser aus dem
Ofen herauslassen, weil das Holz, das wir verheizen, ganzfeucht ist.« Ich sah ihn im Nebel eine mehrere Meter großeKlappe losdrehen. Es zischte und dampfte wie bei Dante. Als
sich der Qualm verzogen hatte, war der Chauffeur weg. Nanu?
dachte ich und ging ihn suchen. Nach einer Weile fand ich ihnam anderen Ende der Straße. Er war dort angeschwemmt wor-den. »Holla«, rief er, »das Wasser hätten wir raus. Nun raschgestartet.«Er berichtete mir, daß der Wagen schwer zu starten sei.Deshalb waren hinten noch etwa 9 große Überbatterien zusätzlich aufmontiert. »Die helfen uns an sich sehr«, sagte er, »bloß
sie sind zu schwer, als daß wir damit fahren könnten. Deshalbwerden Sie die Batterien sofort runterschmeißen, wenn derMotor angesprungen ist. Wir lassen sie dann hier liegen.«
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Was des Volkes ände sch ffen 6
senschaftliche Formulierung - ick formuliere neu: Man muß
auch bei den Lumpen immer den Menschen sehn. Wo kommtder Lump her? frag ick mir; (er nimmt eine Unterhose aus demSack) aus wat for'ne Umgebung? (er fördert einen Büstenhal
ter zu Tage) Hat sich eener um ihn jekümmert? Sehn Se ma -
ick als sozusagen öffentliehe Anstalt kann ooch diese Fragen(Er hält eine Windel hoch) nich ausm Weje jehn ... Also im Ver-traun ... jetzt bin ick j een Mann in de besten Jahre, aberwenn ick noch in meine juten Jahre wäre, bei die Kinderzula
gen könnte ick mir glatt zur Ruhe setzen und von meine Jömleben. (Er hält einen weißen Berufsmantel hoch) Den kann kei-ner reinwaschen . . . for Arbeiterjroschen studieren und denn
flitzen ... (ein zerschlissenes Stück Gardine betrachtend) janz
schön j erissen ... nischt mehr zu verschleiern (Zieht ein Paar
lange Samthandschuhe aus dem Sack) Und soo lange Samt
handschuhe (Er breitet eine blankgescheuerte Hose auseinan
der und verbeugt sich ironisch vor ihr) Kiek an, Kollege Kieke-busch, zehn Jahre am Schreibtisch- eene wahre Jlanzleistung
(Die Hosen drehend und wendend) Nich weiter inreißen lassen,
nach unten versetzen ... und mal ordentlich unter Dampf,denn kann wieder wat draus werden. Et kommt immer uff dierichtige Behandlung an. Und uff det jute Vorbild Ick bin j nu
eenjanz vorbildlicher Betrieb ... denn ick loofe niemals leer ...Kunststück - ick hab j och keen Wasserkopp über mir. Ren-tabel bin ick selbstmurmelnd, denn wat ick rinstecke, hol ickunter Jarantie wieder raus.Bloß mit die Erhöhung von meine Arbeitsprojektivität sehe ick -
duster: Wie soll ick mehr Lumpen von die Leute kriegen, wenn
die Stoffe besser wem? Det muß ick mal klar aussprechen.
Sehn Se, det is eben der jroße Vorteil von die Dia ... Dia ... na,Sie wissen schon, also wo wir Theoretiker sagen ... Dia ... und
ooch schon inne Urjemeinschaft wie j sojar Bebel ... oderHegel?Also: die Dia - det is, wenn et nich bloß im Kreise jeht,
sondern imma mitm Wuppdich ... und der Vorteil von diese Dia... Dia ... Na, lassen Se man, ick wer' mir populär ausdrücken
Fremdwörter sind nichjedermanns Sache, also, der Vorteil vondie Wissenschaftlichkeit, der is, det wa die Lumpen unterschei
den lernen injroße und in kleene Lumpen und det wa se recht
zeitig erkenn'. Wenn et mir nach jeht, denn könn' sich die jro
ßen Lumpen jratulieren: ick laß ma von die nich 'n drittet Malinwickeln, diesmal sorg ick mit dafür, det se injesteckt wem
(Nach längerem Überlegen) ... Aba wo nehm ick so ville Säcke
her?
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6 Was des Volkes Hände schaffen
Hansgeorg Stengel
tzt
••
In der kleinen Stadt gibt es drei Arzte: einen Zahnarzt, einen
Ohrenarzt und einen praktischen, der mit dieser Erzählungnicht das geringste zu tun hat, da er soeben wieder die Tür zum
Wartezimmer öffnet und ausruft: »Der Nächste bitte ...«
Anders der Zahnarzt. Anders der Ohrenarzt.
Der Zahnarzt hat Ohrenschmerzen, unterbricht seine Sprechstunde, hängt an der Vorsaaltür ein Pappschild auf (»,Bin gleich
zurück «) und geht zum Ohrenarzt.
t .
Der Ohrenarzt hat Zahnschmerzen,
unterbricht seine Sprechstunde,
hängt an der Vorsaaltür ein Pappschild auf (»Bin gleich zurück «)
und geht zum Zahnarzt.Der Zahnarzt nimmt im Wartezim
mer des Ohrenarztes, der Ohren
arzt im Wartezimmer des Zahnarz
tes Platz, denn der Zahnarzt hat
Ohren- und der Ohrenarzt Zahn
schmerzen.
- .-.- ..; Und jetzt: Die Patienten im Wartezimmer des Zahnarztes, darunter
der Ohrenarzt, werden unruhig.
Die Patienten im Wartezimmer des
Ohrenarztes, darunter der Zahn
arzt, werden unruhig.
Sie, das werden wir
Ihnen abgewöhnen,
durch Plakatieren unser
schönes Straßenbild zu
verschandeln
Nach zwei Stunden vergeblichen
Wartens fängt einer im Wartezim
mer des Zahnarztes an zu meckern: »Schlamperei heute wie
der Stundenlang rumsitzen Dabei hat man doch keine Zeit.Und man hat Zahnschmerzen und schließlich ein menschliches
Recht und einen Krankenschein, daß man drankommt ... «Die
anderen Patienten nicken mit den Köpfen (mit den eigenen).
Eine alte Frau sagt: »Und beim Ohrenarzt, wo ich eben mit mei
nen Ohren gewesen bin, sitzen sie auch herum und schimpfen,
weil keiner reinkommt und man nicht drankommt ... «
Das ist nun wirklich eine tolle Geschichte Beim Ohrenarzt
passiert nämlich zufällig zu gleicher Zeit das entsprechende.
Jawenn
jemand von den Patienten den Zahnarzt und den Oh-
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Was des Volkes ände schaffen
renarzt persönlich gekannt ~ t t e Es wäre alles anders gekom
men, weil die alten Frauen (die eine mit den Ohren und die an
dere mit den Zähnen) schon vor einer Stunde zum Ohrenarztbzw. Zahnarzt gesagt hätten: »Ach, da sitzen Sie ja, Herr Dok
tor Deshalb also «
Wie die Schimpferei immer mehr auf Touren kommt, werdender Ohrenarzt und der Zahnarzt stutzig, und es geht ihnen einLicht auf, weil sie akademisch gebildet sind. Sie stehlen sichauf leisen Sohlen aus den Wartezimmern und stürmen in Rich
tung ihrer jeweiligen eigenen Praxis.Nun könnte es man so machen wie Jo Hanns Rößler in seinerGeschichte mit dem Fahrstuhl und die beiden Ärzte bis zum
Einbruch der Dämmerung hartnäckig an sich vorüber aufenlassen. Wem wäre aber damit gedient? Dem Zahnarzt mit denOhrenschmerzen? Dem Ohrenarzt mit den Zahnschmerzen?Den wartenden Patienten?Zahnarzt und Ohrenarzt laufen also mitnichten an sich vor
über, sondern treffen sich genau auf halber Strecke. So ist esrecht, und so trägt es sich in Wirklichkeit zu, und es bleibt nurdie große Frage:Wer geht zuerst mit zu wem?
»Sollen mich alle «dachte der Bauer, der sein Soll erfüllen soll
te. »Erst komme ich und dann die anderen.«»Sollen mich alle « dachte der Arbeiter, der sein Soll erfüllensollte. »Ich lege mich lieber hin.«Und keiner erreichte sein Soll.Der Arbeiter bekam nichts zu essen und der Bauer keine Ma
schinen.
»Sollte das mit dem Soll zusammenhängen?« dachten sie, nachdenklich geworden.Da kamen beide zu demselben Schluß und machten einen An
fang.
6
Eine DresdnerStraßenbahnschaff-
nerih beginnt mitder Fahrscheinkon-
trolle. Eine Frausucht aufgeregt in
-
ihrer Tasche. »Was
suchen Sie denn?«
fragt die Schaffnerin;; »Meine Fleisch-
zuteilung. WissenSie ich hatte die inmeinen Straßen-
-
bahnfahrschefu ein-
gewickelt, und nunmuß sie dochdurch das Knip loch gefallen sein.«
I
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6 Was des Volkes ände schaffen
Richard Drews
Kollegen, sagte mir der Kollege Klinger, sind Glückssache.
Genau wie Bräute. Man kann furchtbares Pech haben. Es gibtreizende Kollegen, aber es gibt auch Widerlinge. Es gibt Kol-
legen, die nicht nur den Arbeitsraum, die auch die Brötchen miteinem teilen. Und Freud und Leid. Aber es gibt Kollegen, die
alles für sich behalten. Sogar ihre Meinung.Es gibt, so sagte mir Kollege Klinger, indem er in seiner Zer-
streutheit eines meiner Brötchen verzehrte, ohne daß ich s ihmangeboten hatte, es gibt Kollegen, die alles hinnehmen, und an-
dere, die gar nichts hergeben. Die Hinnehmer nehmen die Welt
Hach man hat zu tun; die ganzerbeit bleibt wieder liegen.
den Chef das Büro hin wie Einrichtungen, an denenman nichts ändern kann; sie sind stille Dulder, ledigjedes aktivistischen Geistes. Ich, sagte Klinger,
nehme lange nicht alles hin; vorige Woche habe ich erst wie-
der über Sparsamkeit am falschen Ort gemeckert und Büro-klammern angefordert, an denen wir besonders klamm sind.Krach habe ich geschlagen. Übrigens brauchen wir Leim.
Man kann aber, sagte Klinger indem er seine Stimme auf volleLautstärke einstellte, sie aber sofort dämpfte, als sich der Chef
hinter der Glastür zeigte, die Kollegen auch in Lautsprecherund Leisetreter einteilen. Leisetreter tragen Sohlen, die sich beijedem Schritt entschuldigen, daß sie überhaupt vorhanden sind.Die Lautsprecher sind beinahe noch unangenehmer.Es gibt, sagte Klinger indem er seinen Redebach zu einem Re-
defluß erweiterte, schwatzhafte und schweigsame Kollegen.Die Schwatzhaften sind einfach unangenehm. Sie erzähleneinem unaufgefordert ihre Lebensgeschichte auf Stottern, alsob es sich um einen spannenden Fortsetzungsroman handelte.
Sie erzählen von ihrer Frau, ihrer Freundin, ihrem Paddelboot,ihren Lieblingszigarren, ihrem Kriegsdienst, ihrem Regen-schirm und wie man Rotweinflecke aus weißen Tischdeckenentfemt. Man kennt ihren Kohlenvorrat, ihre Abneigung gegenHimbeersoße, ihre Zuneigung zu Tischtennis.Die Schweigsamen, zu denen ich mich zähle, sprechen selten,und wenn sie sprechen, sehen sie nicht von ihrer Arbeit auf.Sie arbeiten ihr Pensum herunter und machen mitunter mehrals ihr Pensum. Sie sind die geborenen Aktivisten; das weni-
ge, was sie sagen, ist fortschrittlichen Geistes und dient der
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asdes Volkes ände schaffen
Weiterentwicklung des Betriebes. Ekelhaft sind dagegen, sagte
Klinger indem er aufstand und ein von ihm vorbereitetes Schild
mit der Aufschrift »Bitte herein, wenn Sie nicht hinauswollen «
an der Tür befestigte, ekelhaft sind die ewig Betriebsamen, die••
vor lauter Betriebsamkeit nicht zum Arbeiten kommen. Ubri-
gens, sagte Klinger ich muß mal eben zum Bürochef; er hat
mir Kohlen versprochen; ich gehe anschließend dann gleich zuFräulein Lapsky; sie soll sich verlobt haben. Ich kann wohl in
Ihrem Namen gleich gratulieren, wie? Ja, und um eins bin ich
bei Stempelmann; ich brauche eine Anweisung für Schreibpa-
pier. Anschließend muß ich mir Theaterkarten besorgen. Und
dann auf einen Sprung zu Liebenau hinüber; Frau Liebenau hat
einen Jungen bekommen. Sie sind so gut und achten inzwi
schen aufs Telefon? Rach, hat man zu tun; die ganze andere
Arbeit bleibt wieder liegen. Na Mahlzeit, helf er sich
>>Du Otto, ick gloobe,
wir haben die falscheFassade abgerissen <<
6
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Was des Volkes Hände sch ffen
ernd Waltenberg
wor r oit
»Steh auf und geh ins Büro es ist sieben Uhr« sagte meine
Frau. Draußen graute es und mir graute drinnen. Ich zogschnell die Decke wieder über den Kopf und maulte: »Nein
heute nicht laßt mich zufrieden.«
Nun packte sie den einen Zipfel aber ein bißchen kräftiger bin
ich ja nun doch. So ging es also nicht. Ich hörte sie aus mei
nem Kissenunterstand heraus noch etwas Kräftiges murmelndann die Tür hart zuschlagen und es war wieder ganz still.
Nicht lange allerdings dann kam der Nachbar von links der
etwas schwerhörige ehemalige Bankpräsident und der von
rechts der ehemalige Versicherungsdirektor und der von geraderüber der ehemalige Angestellte aus dem Luftfahrtministe-
Wir zwangen den Vorsteher unsere
Resolution vom Vormittag aus dem
Papierkorb zu suchen.
rium. Alle noch im Schlafanzug einen dicken Schal
um den Hals geschlungen und den Mantel eng um
die Taille gewickelt. Ihre Stimmung war sehr
schlecht. Sie setzten sich um mein Bett herum und
betrachteten mich böse denn ich war mit einem Auge heraus-
gekrochen und hatte sie begrüßt.
»Wrr haben einen Ausschuß gebildet zwecks Untersuchung ob
Sie wirklich berechtigt sind im Bett liegenbleiben zu dürfen.
Sie sind der einzige hier in der Straße der noch vital genug ist
um die Strapazen eines normalen Werktages zu überleben«
näselte der Direktor. »Also los gehen Sie an die Arbeit Sie kön
nen doch nicht die ganze Gegend blamieren.« Ich schüttelte
zwar noch ostentativ den Kopf aber sie stimmten schon ab. Da
ich mich eisern meiner Stimme enthielt beschlossen sie ein
stimmig daß ich mich auf den Weg zu machen habe.
Was blieb mir als Demokraten anderes übrig. Ich stand auf
machte mich fertig und verschwand. Ohne einen Ton zu sagen.
In der Tür hörte ich nur noch den Schwerhörigen laut fragen:»Was hat er wieder gemeckert?«
Es war acht Uhr als ich am Bahnhof landete. Eine ganze Trau
be von Menschen stand am Fahrkartenschalter. »Nein« sagteich mir »so geht das ja nun nicht« und überredete vier die hin
ter mir standen dazu einen Untersuchungsausschuß zu grün-
den um zu ermitteln warum es so viel waren. Um zehn hat-
ten wir es heraus. Es lag an der hohen Zahl derer die fahren
wollten. Aber inzwischen war der Zug vondannen gerauscht
und wir warteten auf den nächsten. Es begann lieblich zu reg-
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asdes Volkes Hände scha f f n
nen das Dach des Bahnhofs war recht undicht meine Schuheauch und so wurde ich von unten und von oben gleichzeitig
eingeweicht. Darum machte ich mich hart und schimpfte auf
die tollen Zustände. Gleich waren sechs sieben Mann meiner
Meinung und da wir doch warten mußten entsandten wir eine
Delegation an den Bahnhofsvorsteher diese schandbaren Zu-stände sofort abzustellen. Wobei wir offen ließen ob mit den
»Zuständen« die durchlöcherten Sohlen das Bahnhofsdachoder der Regen an sich gemeint war. So wurde es zwölf Uhr.
Der Bahnhofsvorsteher sagte uns in verbindlicher Form Abstel-
lung sämtlicher Mängel in kürzester Zeit zu wenn sämtlicheMaterialien zur Behebung der Schäden in noch kürzerer Zeitherangekommen sein würden nahm unsere Resolution entge-
gen und schüttelte uns allen die Hände. Dann verstaute er uns
in den eben einfahrenden Zug. Der ruckte kurz an schütteltesich ein paarmal wie ein krankes Roß stieß zweimal kurz
nach vom wie ein Bock und blieb stehen. Das alte Mütterchenneben mir hatte seinen Schirm zugeklappt und hielt ihn so ge-
schickt daß kein Tropfen des ablaufenden Wassers auf denBoden sondern alles von oben in meine Stiefel lief. Das war
entschieden eine ganz neue Nuance. Aber nach zweieinhalb
Stunden im Regen gab das Wagendach ein wenig nach so daßdas liebe alte Mütterchen seinen Schirm lieber wieder auf-spannte. Nun lief mir das Wasser in den Halskragen hinein
und meine Geduld über.Um drei Uhr waren wir halb ersäuft wieder beim Bahnhofsvor-
steher und bildeten einen Sicherheitsrat. Es ging recht stür-
misch her und wir tagten bis gegen vier Uhr. Dann zwangen wir
den Vorsteher unsere Resolution vom Vormittag wieder aus
dem Papierkorb hervorzusuchen und auf der Rückseite schil-
derten wir in krassen Farben die Mißstände die beseitigen zu
lassen er gleichfalls versprach. Nun unterschrieben wir alleeine feierliche Protestnote an die Reichsbahndirektion das
heißt die anderen unterschrieben. Ich konnte nicht weil mirjemand im Gedränge meinen Füllfederhalter und meinen Dreh-
bleistift gestohlen hatte. Dafür fand ich aber einen Zettel in der
Tasche mit der Aufschrift: »Stecken Sie sich ein andermal ge-
fälligst eine Brieftasche ein Sie Gauner.« Nun war ich aber
froh denn auf dem Wisch waren ja bestimmt Fingerabdrücke
und vielleicht konnten die Graphologen auch durch Schriftdeu-
tung den Dieb ermitteln. Schnurstracks eilte ich den Zug im
Stich lassend zur Polizei. Als ich spät abends nach Hause kam
hatte ich einen recht anstrengenden Arbeitstag hinter mir.
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7 •Heißer Sommer
Erwin F. B lbrecht
s w r oi t 1t1tta
o ~ ll r
Behaglich reckte sich der Redakteur Paul Klaffke im Liege
stuhl. »Ist diese Ruhe nicht wunderbar, Lottemaus? «»Himmlisch«, sagte Lottemaus aus dem Nebenstuhl. »Sollstmal sehen, Paulematz, wie das deine Nerven beruhigt.«»Merke ich jetzt schon«, meinte der Gatte. »Es war wirklich einherrlicher Gedanke von dir, uns hier am Stadtrand ne Laube
zu pachten. Man ist nicht so weit von Hause weg und doch inder freien Natur. Ich merke schon fast nichts mehr von meiner••
Uberarbeitung. Könnte glatt ne lyrische Lokalspitze schrei-ben, >Einkehr am ersten Feriensonntag< oder so ... « Er begannzu deklamieren:
»Herrliche Lust der verdienten Entspannung,Wenn wir, entrückt dem Giganten BerlinUnd dem zermalmenden Großstadtgetriebe,Friedlich verweilen bei dir Mutter Grün
Köstliche Stunden erfrischender Ruhe -«
»Huhu « rief eine weibliche Stimme, die rasch näher kam, undabermals: »Huhn « Dann tauchte hinter der Gartentür ein gel
ber Kapotthut mit einer Garnierung aus mehreren PortionenKirschkompott auf - seit etwa zwanzig Jahren das besondereKennzeichen Tante Annas, der gesprächigsten aller Tanten, die
aus Pauls Verwandtschaft stammte. »Na, Kinder«, rief sie freu
destrahlend, »ist das ne Überraschung? Ich hab mir schon ge
dacht, Paulchen, daß du vor Freude kein Wort herausbekommen würdest, hihihi aber schön habt ihr s hier, Kinder, so mit
ten im Wald und in dieser himmlischen Ruhe, na, da werdenwir uns mal so richtig ausplauschen können, ach, ich muß euchja soviel erzählen, wir haben doch unseren Hauswirt verklagt,alle achtzehn Mieter zusammen, weil der Kerl nichts machenläßt.«Während Tante Anna Platz nahm und die Wohnungsschäden beiden einzelnen Mietern, zunächst im Vorderhaus, aufzuzählenbegann, jagte auf der Straße unter rasendem Gekläff eine rt
Besen auf Beinen heran, hinter dem nach einer Weile Oma undOpa Biedermann auftauchten, die Großeltern, die Lottemausmit in die Ehe gebracht hatte. »Wir mußten uns doch mal ein
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bißchen um euch kümmern«, meinte Opa, und Oma fügte hinzu:
»Und ein paar Radieschen wollten wir uns mitnehmen, die sind
doch so gesund für Opan, und vielleicht n bißchen Schnitt
lauch.« Inzwischen schien der kläffende Besen die Radieschen
bereits entdeckt zu haben. Mit einem frenetischen Freudenge
heul jagte er um die Wohnlaube herum, so daß Tante Anna, diegerade bei den ersten Mietern des Seitenflügels angelangt war,
ganz erschrocken aus dem Konzept kam.
Frau Lotte kochte Kaffee, und der Hausherr holte Zigaretten
und - mit einem kleinen Seufzer - die Kognakflasche herbei,
da erschien vor dem Tor ein neuer Gast. »Ach herrje«, rief Tante
Anna, »ist das nicht Onkel Arthur? Und anscheinend schon
wieder angesäuselt?«
Er war es. Unter dem Arm einige Weinflaschen, sang r mit
markiger Stimme, wie immer in diesem Stadium, sein Lieblingslied: »Es war ein Sonntag hell und klar, als meine Tante
mich gebar ... «
Gleichzeitig näherte sich von der anderen Seite her eine Kapel
le. »Um Gottes willen«, stöhnte Paul, der Redakteur, »wat denn
71
nu noch « Rasch kam die Erklärung: Der Musikzir
kel aus Pauls Redaktion - 4 Gitarren, 8 Mandoli
nen und 2 Harmonikas - hatte es sich nicht neh
men lassen, dem beliebten Kollegen an diesem er
Onkel rthur sang die übrigen ein-
hundertfünfzig Strophen seines
Liedes die wie die erste lauteten.
sten Feriensonntag einen kleinen Besuch abzustatten. Da sie
mit ihren Instrumenten am Tisch keinen Platz mehr fanden,
richteten sie sich auf der frisch gemähten Rasenfläche häus
lich ein, und da sie wirklich sehr musikliebend waren, sorgte
in den Spielpausen ein Koffergrammophon für die nötigen Tan-•
zwe1sen.
Während der Redakteur, von zunehmender Nervosität befal
len, in immer kürzeren Abständen nach der Uhr sah, schien es
den Gästen ausgezeichnet zu gefallen. Ihre Lautstärke wuchs
stündlich. Die Laienkünstler hatten eine neue Note entdeckt:
sie spielten jetzt gemeinsam mit dem Koffergrammophon.
Onkel Arthur lag in der Hängematte, trank Johannisbeerwein
und sang die übrigen einhundertfünfzig Strophen seines Lieb
lingsliedes, die wie die erste lauteten. Tante Anna hatte den
Faden wiedergefunden, war beim ersten Termin gegen den
Hauswirt angelangt und sprach die Gerichtsszene hoch drama
tisch mit verteilten Rollen. Am schweigsamsten verhielten sich
noch Oma und Opa, die nach restloser Aberntung der Radies
chen und des Schnittlauchs Sorge hatten, wie sie die vorhan-
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Die lieben Verwandten
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Heißer Sommer
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denen Bestände an Kopfsalat und grünen Stachelbeeren im
Rucksack verstauen sollten. Der Hund Ajax dagegen ersetztemit seinem Gekläff gut und gern den Lärm einer ganzen Meute.»Er spielt Mäuschen«, sagte Opa und sah von Zeit zu Zeitschmunzelnd zu, wie Ajax unter wütendem Gebell ganze Fuchs
höhlen in die Blumenrabatten grub.Erst kurz vor Abgang des letzten Zuges, nachdem Lottemausihren Gästen den letzten Wurstzipfel und Paulematz die letzteFlasche Bier dargebracht hatten, brach das heitere Völkchenauf, freilich nicht ohne sich vorher mit dem vorhandenen Flie
der geschmückt zu haben. Als letzte ging Tante Anna. »Na dannalso auf Wiedersehen am nächsten Sonntag « rief sie noch von
weitem, und alle, alle stimmten ein: »Nächsten Sonntag, ihr Lie
ben Nächsten Sonntag «»Habt ihr euch gedacht«, knurrte Paulematz leise, »heute inacht Tagen fahre ich mit meiner Frau nach Berlin. Ich willsonntags meine Ruhe haben «
7
Dieses Vorhaben indessen sollte ein Vorhaben Keine Sorge, im Wanderzelt hast du
bleiben, denn soeben bog aus der entgegengeset- mit deinem Frauchen bequem Platz.
zen Richtung ein Auto um die Ecke. Auf dem Ver-
deck waren Koffer und ein riesiger Bettsack angeschnallt, am
Heck des Wagens hing ein mehrsitziger Kinderwagen. Die Freu
de war groß, wenigstens auf Seiten der Ankömmlinge. »Gott
sei Dank«, sagte Theodor, Pauls Studienfreund aus Rostock,während er seiner Frau und einer munteren Kinderschar ausdem Wagen half, »wir hatten nämlich 'ne Panne, sonst wärenwir schon früher hier gewesen. Aber dafür sollt ihr uns auchvolle vierzehn Tage haben, Paulus Wenn schon, denn schon,was, alter Junge?«»Es wird nicht ganz einfach sein, euch alle unterzubringen«,wandte Paul mit unverhohlener Ironie ein, nachdem das Auto
entladen und ein Überblick über die Kopfzahl der Familie mög
lich war.»Nur keine Sorge, lieber Junge«, beschwichtigte Theodor, »wirhaben an alles gedacht, mein Alter, t m euch während unsererFerien nicht zur Last zu fallen. Unter den Betten liegt unserWanderzelt, da hast du mit deinem Frauchen bequem Platzdrin
Der fassungslose Hausherr wurde einer Antwort durch neuesGeschehen enthoben: Das Musikkorps an der Spitze, kamenOma, Opa, Onkel Arthur, Tante Anna und der kläffende BesenAjax vom Bahnhof zurück. Sie hatten den letzten Zug verpaßt.
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7 eißer Sommer
Fritz Bernhard
ort l
»Vor allen Dingen werde ich mich in diesen vierzehn Tagen
über nischt, aber auch überjar
nischt ärjern«, hatte BrigadierPlüschke - auf dem Bau nur »Täve« genannt, weil er mit dem
Vornamen Gustav hieß - hatte also Täve Plüschke laut verkün
det, als er mit Mariechen in Flundershagen aus dem Bäderzug
stieg.
»Na wollen mal sehen«, hatte die kleine blonde Frau diploma
tisch erwidert. Sie kannte das leicht entzündliche Tempera
ment ihres Gatten. Aber einstweilen schien es wirklich, als••
solle es in den beiden Urlaubswochen ohne jeden Arger abge-
hen, der bei Täve schon fast zu einer lieben Gewohnheit gewor
den war. Die Sonne strahlte fast pausenlos, die Ostsee schien
geheizt, die Unterkunft im einstigen Lustschlößchen einer Für
Wir werden der Kurverwaltung auf die
Bude rücken Der Mensch ist doch
keine Mortadellapelle
stenmätresse war tadellos und der Seeblick ge
radezu fürstlich. Nie wurden Plüschkes von
den so verbreiteten Strandkorbnassauern belästigt, und die Verpflegung war so gut und reich-
lich, daß der in Magenfragen sehr kritische
Kollege Plüschke des Lobes voll war. Wenigstens in den ersten
drei Tagen. Am vierten Abend runzelte Täve vor der Aufschnitt
platte ein wenig die Stirn, sagte aber noch nichts. m fünftenAbend meinte er beiläufig: »Sage mal, Mariechen - ob unser
Heimleiter vielleicht 'n kleenen Komplex hat? Eenen Mortadel
lakomplex? Wenn ick nich irre, kriejen wir heute zum fünften
mal Mortadella vorjesetzt.«
Er hatte recht gesehen. Auch heute wieder prangten die gro
ßen, rosaroten Scheiben mit den weißen Speckquadratchen in
der Mitte der appetitlich angerichteten Platte. »Laß die Mor
tadella mir und iß den Käse«, sagte Mariechen. »Morgen hole
ich dir ein bißchen harte Salami aus der HO.«»Det wäre wohl nichjanz im Sinne des Erfinders«, brummte Täve.
»Wenn ick in Pension bin, bin ick in Pension.«Da die Kollegen,
mit denen sie am Tisch saßen, seine Meinung teilten, rückte
Plüschke noch am gleichen Abend dem Heimleiter aufs Büro.
»Ihre Beanstandung ist nicht die erste, lieber Kollege«, nickte
der Heimleiter trübsinnig, »aber machen Sie was, wenn die
Schlächter von Flundershagen nichts anderes liefern Da müßte
die Kurverwaltung mal ein Machtwort sprechen. Ich kann ja
noch mal telefonieren.«
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Die Kurverwaltung war schon geschlossen. Der Widerwille der
Badegäste aber gegen die unvermeidliche Mortadella wuchs
jetzt fast lawinenartig, denn es stellte sich heraus, daß auch
die Nachbarheime und deren Nachbarheime von der Mortadel
laplage befallen waren. Bald sprach man am Strand nur noch
von der Einheitswurst, für die Täve Plüschke wegen ihresgleichbleibend wabbeligen Zustandes den Ausdruck »Ferien-
sülze« geprägt hatte. Ein neuer Ausdruck bürgerte sich ein:»Haben Sie heute schon gemortadellat?« Ein Arzt begann
nachts von einer neuen Krankheit zu phantasieren, der Morta-
dellatitis. Ein Musiker komponierte einen spanischen Marschim Sechsachteltakt, frei nach »Am Manzanares«, mit dem Text:
Ü Mortadella, wer dich jeden Abend speist, der stirbt schnella.«Täve und Mariechen feierten ihr Bergfest, als in sämtlichen
Häusern von Flundershagen die Heimleiter vor dem Abendes
sen überraschend kleine, humorgewürzte Ansprachen hielten,
in denen sie mit Stolz darauf hinwiesen, daß die berechtigteKritik der Badegäste soeben einen schönen Erfolg gezeitigt
habe. Und wirklich, auf den Platten glänzte heute eine neue
Wurstsorte, in kleineren, dafür zahlreicheren Scheiben.
Täve langte zu, kaute und stutzte. »Nanu? etistjajenau der-
selbe Geschmack, Mariechen «
»Jagdwurst«, nickte Mariechen bekümmert, »das is nämlich Mor-
tadella mit Knoblauch. Ich werde dir morgen von der HO ...«
»Kommt jar nich in Frage«, fuhr der Gatte ihr so laut in dieRede, daß der ganze Saal aufhorchte. »Wir werden der Kurver-
waltung auf die Bude rücken, zum Donnerwetter nich nochmal
Der Mensch ist doch keene Mortadellapelle Kollegen Ich
schlage vor, daß wir uns nachher im Lesezimmer mal überlejen, was wir in Sachen Feriensülze unternehmen wollen «
Am nächsten Vormittag begab sich ein Sprechchor in Bade-
mänteln unter Führung von Täve vor die Kurverwaltung.
»Der Knoblauch ändert nichts an dem Begehr - Wir wollen
keine Mortadella mehr «So erscholl es im Takt, bis der Leiter der Kurverwaltung auf
dem Balkon erschien und lärmend Abhilfe versprach.
Die Kurverwaltung tagte in Permanenz. Zweimal vierundzwan
zig Stunden war das Gebäude für jeden Publikumsverkehr ge-
schlossen. Am dritten Tag erging an die fleischverarbeitenden
Betriebe von Flundershagen folgende Verfügung:
»1. Aufgrund wiederholter, berechtigter Beschwerden unserer
Badegäste sind die bisherigen Wurstsorten >Mortadella< und
>Jagdwurst< ab sofort nur noch in beschränktem Umfang her-
7
Genosse Schulzemacht seine ersteSeereise. Aus
Sorge vor der See-krankheit fragt erden Kapitän: »Was
nimmt man dennbei hohem Seegangzu sich?«
Der alte Seebär
knurrt: »Was Billiges «
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zustellen. Stattdessen ist die bisherige Sorte >Jagdwurst<ab
sofort unter Zusatz von dreißig Prozent reinen Fleischbestand
teilen in >Gefüllten Schinken< bzw. >Bierschinken<umzuwan
deln.
2. Im Zuge der allgemeinen Einsparungsmaßnahmen wird bei
der Aufschnittsorte >Gefüllter Schinken<der Fleischzusatz vondreißig Prozent auf drei Prozent herabgesetzt.
Der Rat der Gemeinde / Die Kurverwaltung.«
So erschien auf den Aufschnittplatten von Flundershagen statt
der Jagdwurst der Gefüllte Schinken.
Täve Plüschke, dessen sich inzwischen ein gewisser Galgen
humor bemächtigt hatte, kostete den Gefüllten Schinken mit
andächtiger Miene. An den Nachbartischen wurde Widerspruch
gegen die neueste Wurstsorte laut, die wie ihre Vorgänger
schmeckte. Erregte Rufe schwirrten durch den Saal. Da erhobsich Täve, klopfte an die Teetasse und sprach: »Kollejinnen
und Kollejen Ick habe mir vorjenommen, mich in diesem Ur
laub nich zu ärjem. Macht et wie ick, Kollejen, und laßt die
Dem Siegerpaar im Tanzturnier w nkt
eine delikate Riesen-Mortadella
Heimleitung einfach uff ihren Schinken sitzen,
ich meine natürlich uff den jefüllten Wir jeben
den Aufschnitt zurück, weil et nämlich nischt
wie Aufschnitt ist, wenn sie uns ihre Mortadella jetzt im drit
ten Jewande servieren « Man begann zu lachen, der Unmut
wich. »Außerdem schlage ick vor, det wir heute nach dem
Abendbrot jeschlossen essen jehn. Im HO-Lokal an der Lan
dungsbrücke is heute allerhand los.«
Einstimmig nahmen sie Täves Vorschlag an.
Schon von weitem dröhnte der aufgeräumten Schar die Tanz
musik entgegen. Mit knapper Not fanden sie inmitten der
tanzenden, lärmenden, schwatzenden Menge noch ein paar
freie Tische, die sich zusammenrücken ließen.
Nach einer Weile trat ein Herr in hellgrauem Anzug, anschei
nend der Objektleiter, an das Mikrophon auf dem Musikpodi
um und wünschte allen Gästen einen recht frohen Abend. »Auch
unser Küchenmeister hat es sich nicht nehmen lassen, meine
Damen und Herren, das Seine zum Gelingen des Abends bei
zutragen. Es gibt nach Wahl eine Portion Gefüllten Schinken
oder Jagdwurst mit Kartoffelsalat zum Preise von nur 1,80 DM
Und wem das noch nicht genügt, meine Damen und Herren, der
beteilige sich an unserem großen Tanzturnier, das n wenigen
Minuten seinen Anfang nimmt Dem Siegerpaar winkt eine de
likate, als Sonderanfertigung hergestellte Riesen-Mortadella «
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••
»Tahiti«, erzählt der Reisende, »ist der glücklichste Wmkel
der Erde: unverändert schönes Wetter, und die Menschen dort
haben nicht die geringsten Nahrungssorgen.« Da meint Tante
Erna: »Das muß schrecklich sein in Tahiti, wenn man weder
vom Wetter noch vom Essen reden kann.«
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Sofort e f c r b a rOtto Kirschmann K ...G.
Hdlle (Saale), Rudoli·flaym-Straße 3.f.
Telefon • ? ~ I \ 9 : : : : · :.:.: · .... u V ,,.).
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• •
• •
•• ••
In der Ausflugsgaststätte:
>>Herr Ober, was macht mein
Bier, auf das ich schon 'ne
halbe Stunde warte?<<
>>Fünfzig Pfennig, mein Herr.
•
•
•
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•
Heißer Sommer
Erich Hanko
Wie es in der Sächsischen Schweiz aussieht, ist allgemein be-
kannt. Ich will mich daher auf intime und rein persönliche Er-lebnisse beschränken.DRESDEN: Gegen halb 12 Uhr mittags wurde ich vor dem
Hauptpostamt von einem ziemlich großen Hund gebissen, und
zwar ohne triftigen Grund. Anschließend wurden wir beide -
\ f '
•
der Hund und ich - auf Toll
wut untersucht. Bei dem
Hund wurde keine festge
stellt. Bei mir selbst war sichder Arzt nicht ganz im kla
ren. Er riet mir aber drin
gend, vier Wochen lang einen
Maulkorb zu tragen, da die
Krankheit noch nach länge
rer Zeit ganz unvermittelt
ausbrechen kann. Dadurch
wurde meine Ferienstirn -
mung etwas beeinträchtigtund das Zähneputzen ziem-
lich umständlich.BASTEI: Als ich oben war,
fiel ich wieder runter, weil
das Schutzgeländer, auf das
ich mich stützte, brach. Ich
mußte den ganzen Aufstieg
noch einmal machen. Die Folge war ein Zeitverlust von zwei
Stunden. Außerdem hatte ich auch Kreuzschmerzen.SCHANDAU: Beim Baden in der Elbe geriet ich mit dem Kopf
in das Antriebsrad eines Dampfers, das dadurch beschädigtwurde. Der Kapitän drohte mir mit einer gerichtlichen Klage,
da ich keinen Ersatz leisten konnte. In keinem der HO Ge-
schäfte Schandaus waren Räder für Elbdampfer aufzutreiben.
Das kann ein teurer Spaß werden Abends stolperte ich dann
auch noch in dem dunklen Hotelgang über einen gefüllten
Mülleimer und verlor dabei vier Zähne, das Bewußtsein undmeinen Füllfederhalter. Wirklich etwas viel für einen Urlaubs
tag.
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eißer Sommer
KÖNIGSTEIN: Bei der Besichtigung fiel mir meine Armband-uhr in den großen Brunnen. Ich sprang natürlich sofort hinterher, da man j auf der Urlaubsreise unbedingt eine Uhr braucht,hatte aber nicht daran gedacht, daß der Brunnen sehr tief ist152 Meter . Das war auch der Grund dafür, daß ich nur teil-
weise wieder rausgeangelt werden konnte. Einige nicht un-wichtige Körperteile blieben unten, darunter auch der Kopf.Aber den Maulkorb wurde ich bei dieser Gelegenheit zum Glückebenfalls los.MEISSEN: Auch hier hatte ich Pech. Nach der Besichtigung derPorzellanmanufaktur ß ich Klöße, die sehr gut schmeckten,aber außerordentlich fest waren. Jedenfalls trat eine Verstop-fung im Dannkanal auf, die nur durch einen operativen Eingriffbeseitigt werden konnte. Da ich meinen Ausweis
1h
1 f d C h d f
79
von der SVK nicht bei mir hatte, die Rechnung c. iege au . ouc un reue
b h · ht 1 · h b ahl k t b hi lt mich, daß mir die Strapazen ersparta er auc mc g eic ez en onn e, e e bl bdas Krankenhaus als Sicherheit meine Leber und ie en.Galle zurück, so daß ich mich über mein Mißgeschick nicht einmal ärgern konnte. Als ich nach Hause kam, kannten michmeine Verwandten und Bekannten gar nicht wieder, so guthatte ich mich erholt.NACHTRAG: Verschiedene Leser werden sich darüber wun-dem, daß ich nach diesen Erlebnissen noch in der Lage bin,einen Reisebericht zu schreiben. Ihr Erstaunen ist vollkommen
berechtigt, aber ich werde die Sache sofort klären. In der Eilehabe ich nämlich vergessen, von meinem rst n Reiseerlebniszu berichten, das ich gleich nach der Abfahrt hatte. Ich warknapp 20 Meter von meiner Wohnung weg, da riß die Kette mei-nes Motorrades. Auch der Motor hatte keine Lust, in die Sächsische Schweiz zu fahren. Und als ich beim Reparieren aus Ver-sehen das Getriebe berührte, fiel es auseinander. Angesichtsdieser Ereignisse beschloß ich, ebenfalls zu Hause zu bleiben.Jetzt liege ich auf der Couch und freue mich, daß mjr die oben
geschilderten Strapazen erspart blieben. Wenn ich mir vorstelle, wie ich heute aussehen würde, falls ich wirklich gefahrenwäre, wird mir direkt schlecht.Mein Motorrad gebe ich bei der nächsten Schrottsammlung ab.Ich werde es aber immer in gutem Andenken behalten, weil esmich vor großem Ärger bewahrt hat und ich in diesen Tagenendlich dazu gekommen bin, meine kaputte Klingelleitung zureparieren und die Türklinken zu ölen. Sie quietschten nämlich•immer.
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t 1,
• •
eißer Sommer
Lothar Kusche
O
Vorige Woche war endlich schönes Wetter, der Himmel war
ganz blau; aber das wissen Sie ja selbst, daß der Himmel blau
ist. Also ich ging mit Lucie paddeln. Um 10 Uhr früh früh ist
gut, wie? - waren wir draußen; wir holten das Boot aus dem
•
0
0
Schuppen und stell ten es auf zwei
hölzerne Böcke. Das Boot ist auch
aus Holz und ziemlich schwer. Ein
Mann fragte, aus welchem Holz
das Boot sei. Ich sagte: »Es ist ausLavendelholz. « Da waren wir ihn
los.
Um halb zwölf waren wir mit dem
Einpacken fertig. Das Boot enthielt
nun: 1 Kokosmatte, 3 Decken,
4 Kissen, 1 Koffergrammophon,
4 kleinere Gläser mit Pudding,
1 großes Glas mit Kartoffelsalat,
1 Korb mit schwarzen Brötchen,5 Bücher, davon zwei in Din-A-4-
Format, 1 leere Büchse zum Was
serschöpfen, 3 Lappen, 1 Bade
mantel, 1 Tasche mit Ausweisen,
Papier, Bleistift und Geld, 2 Pad
deln, 1 Igelitbeutel mit Hautkrem,
Seife, Bürste und Kosmetika,
1 Spiegel, 1 Zeltbahn für den Fall
eines Regenschauers, 2 warmeTrainingsanzüge für die Abendküh
le, 2 Päckchen Knäckebrot, 1 rot
ledernen Picknick-Koffer mit je
2 Teelöffeln, Tellern, Tassen, Untertassen und Brotaufstrich
döslein aus grünem Bakelite (unlängst wollte mir jemand
erzählen, Bakelite würde aus Käse hergestellt - aber wer soll
denn das glauben), 1 Thermosflasche mit Pfefferminztee,
4 Flaschen Brause 2 Waldmeister, 1 Himbeer und eine gelbe
mit nicht genau zu klassifizierendem Aroma).
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eißer Sommer
Da war das Boot ziemlich schwer.
Wir schoben es über den Rasen ins Wasser, was nicht ohne
kleine Beschädigungen sowohl des Rasens wie auch des Boo
tes abging. Indessen blieb das Wasser unversehrt.
Als Lucie sich dann hineingesetzt hatte, war für mich kein
Platz mehr da; sie stieg aus, ich setzte mich hinein, da warfür sie kein Platz.
Schließlich mußte ich sie auf den Schoß nehmen. Hilfreiche
Leute gaben dem Boot einen Schubs, und wir trieben auf den
See hinaus.
Nun paddeln Sie mal, wenn Sie die Arme nicht bewegen kön
nen. Lucie umklammerte mich teils liebevoll, tei ls furchtsam.
Ich schwitzte wahnsinnig, ich konnte mir doch die Jacke nicht
ausziehen.
Um halb eins kam mir die Idee, daß wir erst mal alles aufessen müßten, damit wir Platz bekämen. Gegen drei hr war
alles verzehrt. Ich war beim Essen ein paarmal ins Wasser ge
fallen. Na.
Als Lucie dann endlich vor mir statt auf mir saß sagte sie:
»So. Und jetzt spielen wir Grammophon « - »Äm« sagte ich
scheinheilig, »ich habe die Grammophonnadeln vergessen.« Es
war ein Trick von mir. Ich kann Koffergrammophone nicht er
tragen. Die Hölle, das sind die andern - sagt Sartre. Ich bin
eigentlich der Meinung, daß die Koffergrammophone auf demWannsee die Hölle sind.
»Na« sagte Lucie, »wenn du die Nadeln vergessen hast dann
singe ich eben « Hätte ich das nur geahnt Sie kann doch nicht
singen, die Gute. Es war ein Triumph des Willens, als sie sang.
Gegen Abend merkte ich, daß wir beim Draufsetzen die Pad
deln zerbrochen hatten. Lucie sang immer noch. Es war grau
enhaft. »Wir müssen nach Hause«, sagte ich. »Erst müssen
wir noch den Kartoffelsalat aufessen«, sagte sie. Mein Gott,
es war immer noch Kartoffelsalat in dem großen Glas, siebenLiter etwa, schätzte ich.
Was sollte ich schon machen? Ich sprang ins Wasser und
schwamm nach Hause.
Vermutlich ist Lucie noch auf dem Wannsee. Sie ist ja so ge
duldig. Zudem kann sie sich von dem Teufelssalat noch wo
chenlang mit Leichtigkeit ernähren.
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>>Ich habe hnen eine
Zeitung dagelassen ...
Jo Schulz
Das Wandern ist Herm Müllers Lust
aus Gründen der Entschlackung -wie quillt der Bauch wie schwillt die Brust
in bayrischer Verpackung.
Am Sonntagmorgen zieht er auszu seines Leibes Rettung
und meidet jedes Speisehaus
im Zuge der Entfettung.
„ „
Stolz strampelt er acht Stunden lang
mit Braut und praller Bürde
im liebgewohnten Trampelgangstrammheiter doch mit Würde.
Am Sonntagabend sehen wir
den Wandrer heimwärts hinken;stark abgenommen hat das Bier
im Rucksack auch der Schinken.
Beim Wandern denkt Herr Müller froh:Der schönste Tag ist Montag
Ab Montag sitzt er im Büround macht sechs Tage Schontag.
eißer Sommer
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84 Höher schneller weiter
Erich Hanko
O
Der Sport ist eine verhältnismäßig junge Bewegung. Adam
hat noch keinen Sport getrieben. r hat nur ein bißchen mitÄpfeln gespielt und das ist ihm gar nicht gut bekommen. Evaübrigens auch nicht. Von einem bewußten und planmäßigenSportbetrieb konnte jedenfalls noch nicht die Rede sem.Auch von anderen bekannten Persönlichkeiten der Weltgeschichte ist wenig Sportliches zu berichten. Julius Cäsar hat
in seiner dienstfreien Zeit nie Ping-Pong gespielt und Napoleon war nachweislich nie Mitglied eines Kegelklubs obwohldas für die Weltgeschichte vielleicht besser gewesen wäre.
Unsere Großmütter haben noch nicht gehulahupt und daswar sehr vernünftig von ihnen weil Großmütter für dieseSportart doch schon etwas zu gesetzt sind. Großväter natürlich auch. Aber Skat haben sie gespielt und Sechsundsech
zig und das ist ja auch schon etwas. Manchelehnen es allerdings ab Kartenspiele als ör-
persport zu betrachten.Aber wenn man einmal erlebt hat mit welcher
Hat man zu kurze Beine muß man
Laufsport betreiben und so lange
rennen bis die Beine die gewünschte
Länge erreicht haben.Muskelkraft die entscheidenden Trümpfe auf
den Tisch geknallt werden dann sieht man ein wie falsch dieser Standpunkt ist.Zweck jeder sportlichen Betätigung ist es die körperlicheLeistungsfähigkeit zu steigern. Ehe man mit dem Sport anfängt sollte man daher seine Körperteile genau betrachtenund feststellen welcher Teil die meiste Betätigung braucht.Leidet zum Beispiel jemand an sehr dünnen Armen dann muß
er eben Gewichte heben oder Kugeln stoßen. Je dünner dieArme sind um so schwerer müssen die Gewichte sein damit
der richtige Ausgleich erzielt wird. Sind die Arme dann dikker geworden so kann man mit dem Heben ruhig etwas nachlassen bis man zuletzt nur noch hin und wieder einen hebt.Hat man zu kurze Beine muß man Laufsport betreiben undso lange rennen bis die Beine die gewünschte Länge erreichthaben. Aber nicht länger sonst sieht es unschön aus. Daherkommt auch der Ausdruck »jemandem Beine machen«.Wer ein schwaches Gehirn hat soll Denksport treiben. Aberauch hierin sollte man Maß halten und im richtigen Moment
wieder aufhören sonst wird das Gehirn zu groß und unför-
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»Mein Vater warsehr froh, als er
herausfand, daß duSchachspieler bist.«»Wirklich?«
»Ja, als nämlichmein letzter Vereh-
rer mir einen Hei-
ratsantrag machteund mein Vater ihn
hinausbefördern ·wollte, stellte sichheraus, daß erBoxer war «
Höher, schneller weiter
Jo Hanns Rösler
' • ' 'H OHI p1
Helene machte einen letzten Versuch.
»Jeden Abend?«»Jeden Abend, Helene «»Mußt du so oft schachspielen, Eduard?«
»Es ist ein königliches Spiel «
»Wo wir erst drei Wochen verlobt sind, Eduard «
Er legte seinen Arm um sie.»Du mußt mit eine Zerstreuung gönnen, Helene «
»Du hast doch mich «
»Wir können uns nicht immer küssen«
»Wir können uns unterhalten.«»Dann haben wir uns bald nichts mehr zu sagen.«Helene kam gegen seine Leidenschaft nicht auf.
»Was soll ich nur tun, Liebster?«»Lern auch schachspielen «Was tut ein junges Mädchen nicht alles aus Liebe? Helene trateinem Schachklub bei. Man gab ihr einen reizenden Partner.»Wollen Sie eröffnen?« fragte der Partner.Helene eröffnete. Nach drei Zügen ...
»Schach der Dame «»Zu dumm «
»Schach dem König « rief Helene.»Matt?«
»Es sieht so aus«, sagte HeleneDer reizende Partner raufte sich das volle Haar.
»Ich werde dieses dumme Spiel nie erlernen «»Warum spielen Sie es denn?«
Der reizende Partner gestand verlegen: »Ich bin verlobt.«
»Und?«»Meine Braut ist eine leidenschaftliche Schachspielerin.«Helene lächelte: »Genau wie bei mir. Ich bin auch verlobt. Mit
einem Schachspieler.«»Ein Narr Wenn ich an seiner Stelle wäre ...«»Nun?«
»Ich würde an ganz andere Dinge denken.«
Er errötete. Helene nicht minder. Aber sie sagte noch schnell:»Wenn ich Ihre Braut wäre, würde ich auch an ganz andere
Dinge denken ...«
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Sie hätte es nicht sagen sollen Aber kann man gegen dasSchicksal? Als sie sich nach langem Küssen trennten, fragteHelene: »Wie soll ich es meinem Verlobten sagen?«
»Daß du dich von ihm trennst?«
»Ja.«
Er nahm aus seiner Tasche eine Karte.»Gib ihm dies «
»Was ist das?«
»Die Adresse meiner Braut.<<
»Was soll er mit ihr?«
Er zog sie in seine Arme.
»Schachspielen, während wir heiraten «
J
t ~ t Hol z
87
Der bekannteSchachmeistergedachte seinelangjährige Hausdame zu heiraten
und machte ihr sei-. .
nen Antrag mit denWorten: »Ich sageIhnen persönlich>ardez<. Wollen Siesich opfem oderwegziehen?«
>> • • ein herrliches Spielund bestimmt bedauern
Sie es nicht selbst hier
als Zuschauer zu sit-
zen <<
Ein Hoch auf die Vereinsstandarte 11-otz BSG sind wir die alten,der Knöselbacher Kegelsparte. die immer noch die Stange halten.
Und sind auch schon die Motten drin, rr saufen fröhlich, fromm und frisch
wir geben alles für sie hin noch jeden Gegner untern Tisch,
Wir sind auf sie besonders stolz und das ist unser größter Stolz
Gut Holz Gut Holz
ünter regor
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88 Höher schneller weiter
ansgeorg Stengel
ia aelca das
Ein Beitrag zur Rettung der deutschen Sprache
Schon häufig hatte der bekannte Meisterläufer nach seinen in
aller Welt Bewunderung und Aufsehen erregenden Erfolgen
Sportzeitungsartikel gelesen, in denen er »sich selbst über
troffen« hatte. Sich selbst übertroffen - das war die Grenze
menschlicher Leistungsfähigkeit, die Krönung sportlichen Ehr
geizes, das Hohelied spartanischer Körperbeherrschung und
der Bankrott aller Bemühungen zur Pflege des deutschen
Sprachschatzes.
Da geschah das Unerhört das
Unfaßliche das Unheimliche:
Der Meisterläufer versank in seinen Klubsessel und inein tiefes Grübeln. Seine Blicke durchkreuzten das un
geheizte (wir haben Sommer) Wohnzimmer, dessen
Wände mit Lorbeerkränzen, sportlichen Urkunden under Meisterläufer überholte
sich selbst. anerkennenden Schreiben tapeziert waren. Marksteine
unvergleichlichen Ruhms Der Meisterläufer, wie gesagt, grü
belte. Wie oft eigentlich schon hatte er sich selbst übertrof
fen? Es war ein harter, dornenvoller Weg: Sich treffen, sich
selbst treffen, sich übertreffen, sich selbst übertreffen - vier
Etappen einer gegipfelten Erfolgsbilanz Und der Gipfel sollte gleichsam der Schlußakkord der Rhapsodie seiner sportli
chen Laufbahn sein? Der Meisterläufer fuhr in die Höhe. Nein
- höher ging's nimmer. Er hatte sich selbst übertroffen. Aus.
Aus?
Als die Frau des Meisterläufers das Wohnzimmer betrat um
ihn an seinen auf 15 Uhr festgesetzten Start im 800-Meter
Lauf zu erinnern, sah sie ihren Mann mit verklärtem Antlitz
auf der Dampfheizung hocken. Hatte der Meisterläufer eine
Idee?Er hatte
eine...
Das siebenköpfige Feld der 800-Meter-Läufer, darunter der
Meisterläufer, startete pünktlich um 15 Uhr in der Nordkurve
der Aschenbahn des buntbewimpelten Albin-Krause-Stadions.
Zwei Runden waren zu laufen. Eine nicht zu überbietende
Spannung bemächtigte sich der 168 419 Zuschauer, als die
Läufer mit dem Startschuß wie Blitze aus den Lächern fegten
und gleich einer Meute gehetzter Hunde in die erste Runde
gingen. Kaum zweihundert Meter waren zurückgelegt, als sich
der Meisterläufer mit raumgreifenden Schritten an die Spitze
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Höher schneller weiter
der Hunde - nein: an die Spitze des Feldes setzte und ohne
dort sitzenzubleiben, die Konkurrenten Meter um Meter di-
stanzierte. Immer größer wurde der Führungsabstand des ei-
sterläufers, und immer mehr beschleunigte er sein Tempo. Die
erste Runde war gelaufen - noch vierhundert Meter, noch drei
hundertfünfzig, noch dreihundert ... Der Meisterläufer raste,wirbelte, flog dahin - und da geschah das Unerhörte, das Un-
faßliche, das Unheimliche: Der Meisterläufer überholte sich
selbst Wie er der Abstand
zwischen sich selbst Zug
um Zug, Bein um Bein,
Brustbreite um Brustbreite
verringerte, sich allmählich
von der rechten Seite aus
an sich selbst heranpirsch
te und unter dem tosenden
Jubel des Stadions schließ
lich mühelos an sich vor
überbrauste - das war das
unglaublichste und wunder
barste Ereignis in der e-
schichte der deutschen
Leichtathletik Und nicht
genug damit Der Meister
läufer deklassierte sich
selbst im Endspurt in einer
Weise, die dem um wenig
stens hundert Meter zu
rückliegenden Feld sowohl
den Atem als auch die Lust
am Weiterlaufen nahm. Ohne eine Spur von Erschöpfung zer
schnitt der Meisterläufer mit dreißig Meter Abstand vor sich
selbst das Zielband, um die Huldigungen seiner begeisterten
Anhänger entgegenzunehmen. Auch er selbst wurde nach seinem Eintreffen am Ziel mit Glückwünschen buchstäblich über
schüttet.
Die Sportzeitungen fanden die phänomenale Begebenheit des
Sonntags zu surrealistisch, um auch nur mit einer Silbe dazu
Stellung zu nehmen, dieselben Sportzeitungen, die es seit je
für realistisch hielten, wenn sich der Meisterläufer »selbst
übertroffen«hatte.•
9
•• • ••
Na ein ganz schöner
Erfolg schon was?«
•
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•
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•
INM AGDEBUR IAM 23 24JULIK · F LTBOOT UND C N
SONNA END DEN L
»Was macht denn Ihr Ältester, der sich im
vorigen Jaht beim Fußballspielen das Bein
gebrochen hat?« - »Er arbeitet in einer
Leimfabrik.« - »Und hält's denn jetzt?«
,, ,
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Höher schneller weiter -
Richard Drews
oder: Auf die Plätze fertig los
10 000 Lyriker rüsten zum Generalangriff auf die Redaktionen.Stichtag war der 21. März. Die Terminkalender liegen bereitFüllhalter werden gereinigt die Schreibmaschinengewehre in
Stellung gebracht. Die Papierkörbe der Redaktionen werdenvorsorglich durch größere ersetzt aber das kann keinen braven Mann schrecken. Es muß etwas geschehen.Es geschieht auch etwas. 9 000 Lyriker haben dem Frühling
ein Lied abgelauscht in 8 000 Fällen wird es so oder ähnlichbeginnen:
Es lenzelt schon. Die Knospen schwellenDie Stare üben allbereits ihr Lied,Um unsre Herzen aufzuhellenDie Sonne warm hemiedersieht.
500 versuchen dasselbe Thema auf »erotisch«. Das sieht dann
so aus:
Es lenzelt schon. Die Säfte steigenDas Herz schwillt wonniglich vor LustIch möchte mich zu dir hemiedemeigen
Und sinken dir an deine Brust.
500 versuchen dasselbe Thema auf »witzig«:
Es lenzelt schon. Es lenzelt wieder.Wer hätte da nicht Lust zu tänzelnSich eine Elle Kitty oder FriedeTeils anzulachen und teils anzulenzeln.
Ja, meine Herren und dann gehen die Pakete mit Ihren Roh
produkten an die Redaktionen. Und dann kommen die Paketemit Ihren Rohproduktionen in die dazu vorgesehenen diensteifrig lächelnden Papierkörbe. Und dann meine Herren wun-
91
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9 Höher schneller w it r
dem Sie sich. Worüber eigentlich? Daß man das 4 798 621.Frühlingsgedicht nicht druckt, weil man es nicht als eine Be-
reicherung der Weltliteratur ansieht?Dichten will eben gelernt sein. Seit Jahrzehnten plane ich einenLeitfaden für werdende Lyriker. Frühlingslyrik soll darin in
einem besonderen Abschnitt behandelt werden. Hier sind einpaar Richtlinien für die manuelle Herstellung von Frühlingsgedichten.Vermeide, Lyriker, wenn du Porto sparen willst, Vokabeln wie:
Lenz, Frühling, Sonne, Wonne, Brust, Schmerz und mindestensdrei Dutzend ähnliche. Es hat keinen Sinn; das Übersoll istlängst übererfüllt. Sage stat t Brust auch nicht: die süße Wöl-
bung, so wenig wie du noch von Alabasterschenkeln sprechendarfst. Es ist aus damit.
Es wäre zudem, o Lyriker, überhaupt recht vorteilhaft, wennman dem nicht genannt sein wollenden Fr ... ein paar neue Sei-
ten abgewinnen würde. Aufsteigende Säfte und frisch gestrichene Bänke mögen recht kennzeichnend für den Obenerwähn-
ten sein, aber Säfte und Bänke wurden schon so häufig zitiert,daß sie den Reiz der Neuheit verloren haben. Ich fürchte, vieleLeser bekommen Sodbrennen, wenn man sie zwingt, das zusich zu nehmen, was Lyriker von sich geben. Auch die Beob-
achtung, daß als spröde bekannte Mädchen im Frühling geneig-
ter sind, dem Liebeswerben nachzugeben, wurde schon vonvielen Lyrikern gemacht. Wie überhaupt unzählige ähnlicherBeobachtungen. Also auch damit ist es nichts.Es hat auch keinen Zweck zu stammeln.Das Stammeln haben schon die Expressionisten hinreichend be-
sorgt.
Mir, Himmel, dies? 0 Wolke, samten und ekstatischAufglitzert Quell und Knospe, ah
Entbirstir
Grün. Und Blau, aristokratischHa Vogel Wirklich Vogel? Ja
So geht das auch nicht mehr. Wie's geht, davon ein andermal.Es gäbe noch Möglichkeiten für Gedichte mit durchschlagendem Erfolg. Bis dahin muß sich eben jeder so durchschlagen .
••
(Ubrigens, Lyriker: immer einen Durchschlag zu Hause behal-ten, es gibt Redaktionen, die Frühlingsgedichte grundsätzlichnicht veröffentlichen. Aber auch grundsätzlich nicht zurück
schicken.)
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Unter vier ugen
auswerfen. Und das mit Recht, denn ein Mann mit solchem Bu
kett verrät Absichten. Und was für Absichten Höchst ehren
werte oder höchst durchtriebene.
9
Jetzt hörte ich, was die Straße sprach, von mir dachte, wie siemich lobte, schmähte, tadelte, erhob. Ich war ihr preisgegeben,
schutzlos - ein Mann mit unangebrachtem Blumenstrauß,lächerlich und erhaben in einem. Trutzig wie ein mißverstandener positiver Held warf ich mich meinem Publikum in den
Rachen. Aber ach, bald fühlte ich mich nur noch wie ein Ta
schendieb kurz vor der Festnahme. Ich rettete mich in einen
Hausflur, atmete auf. Das Dämmerlicht im Treppenhaus beruhigte. Da kam ein Etwas - ich spürte: ein gefahrbringendesEtwas - die Stufen herabgehastet, ein Tausend-
Und so was wagt sich in unsere Festärmler, ein Polyp, der mich zu umklammern
demonstration zum Empfang der
suchte. Ein weiblicher Bierbaß dröhnte: »Herz- b 1 . h„
ht D 1 t' 1li h willk · li b J . h h b u gar1sc en osenzuc er- e ega 1on.c ommen, mem e er unge, 1c a edich gleich erkannt - auf den ersten Blick, an deinen herrlichen
Rosen - Elviralein hat mir alles von euch erzählt - du darfstMutti sagen, Schwiegersöhnchen «Der Kuß explodierte in der Luft. Ich war entwichen, noch ein
mal davongekommen. »Haltet ihn, haltet ihn«, posaunte es hin
ter mir her, »der Lump hat dem Mädel die Ehe verspro... «Aus. Weg. Vom Wmde verweht, die Töne der Tuba. Ich lief undlief, mitten auf der Fahrbahn, meinen Strauß wie eine Fahneschwenkend, mir den Weg bahnend durch Autos, Straßenbah
nen, Pferde.»Hierher, Kollege, hierher ... reihe dich ein ... «
Eine Demonstration.Noch nie hatte ich einen Umzug so von Herzen begrüßt wie die
sen. Ich sprang in irgendeine Lücke, trat irgend jemandem aufden Fuß, glücklich dem Alleinsein entronnen. Ich marschierte- hehe Wer sollte mir jetzt noch etwas anhaben.
Was für eine Demonstration Alle Teilnehmer trugen Rosen
sträuße - genau wie ich. Eine Zusammenrottung verhinderterHeiratskandidaten? Rebellion der Junggesellen? Das Transparent, hoch über unseren Köpfen, gab Auskunft:
Wrr sagen's durch die Blume -züchte mer, sonst bist du der Dume
Kleingartenverein Neuland.
Scheeläugig musterte der Nebenmann mein Rosenbündel.»Alle Achtung, Jartenfreund«, brummte er mißgünstig, »siehtaus wie Jroßherzogin Henriette, aber nach Mitsehurin veredelt
•
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96 Unter vier ugen
Na, nu mal Hand uffs alte Züchterherz. Sportskamerad, hastedie ooch wirklich mit Ehre und Jewissen selber jezogen?«Ich gestand.»Selber getragen - von Blumen-Müller bis hierher «»Und so wat wagt sich in unsere Festdemonstration zum Emp
fang von die bulgarische Rosenzüchter-Delikation. Betrügaaa «Ich bibberte, bat: »Kollege, verstoßen Sie mich nicht «
Gekränkter Züchterstolz kochte über: »lck bin nich Ihr Kolle
ge, Sie lächerlicher Laie, Hochstapler, Sie Nicht-Mitglied «
Ich verlor die Nerven, schrie: »Zum Teufel mit allen Rosen derWelt «Wie auf Kommando erhoben sich Hunderte Rosenarme, fuch
telten vor meiner Nase herum, und der Gartennachbar an mei
ner Seite rief drohend: »Freunde des Rosensports, laßt euch
nicht proffizieren, er ist eine von die bezahlten Aljmente desGegners, pfui .. . «Ich floh.
Tonsäulen am Straßenrand heulten auf: Schenk deiner Fraumal in und wieder Rosen . . . oder so ähnlich ... Das war die
Rettung. Den Strauß verschenken. Einer Frau. IrgendeinerFrau? Einer geliebten Frau. Ich mußte mich verlieben. Auf derStelle. In wen? Ganz einfach - in sie, drei Handbreit vor mirauf dem Gehsteig. Blond. Wogendes Kornfeld auf hohem Ab
satz. Ich fasse den Strauß fester.»Bitte, verzeihen Sie ... « Sie lächelt.Als mein Großvater meine Großmutter zum ersten Male sah,schenkte er ihr Rosen. Dieses Mädchen ist keine Großmutter,und ich bin nicht ihr Großvater. Eine moderne Frau ist sie,gleichberechtigt, in ihrer Einkaufstasche steckt die »Frau vonheute«.Sie lächelt. Gleich wird sie lachen, mich auslachen - weil ichihr Rosen schenke wie mein Großvater. Kleinbürger, Spießer
und sonstwas wird sie mich nennen, zumindest in Gedanken.Sie gefällt mir. Ich bin zum Äußersten entschlossen. Ihr zuliebe. In hohem Bogen werfe ich alles Alte, Überlebte mit diesemRosenbukett von mir. Es zerflattert in Blätter und Strünke. Ichbin sehr stolz auf mich.
»Glauben Sie mir, ich bin keiner dieser Ewiggestrigen, keinerdieser altmodischen Rosenkavaliere ... «»Schade«, sagte sie, machte auf dem Absatzpfennig kehrt undverschwand.
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• •
J? 4
7 [
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.
>>Madame Ulbricht<<, sagt die Hausangestellte.
Lotte unterbricht: >>Aber wie redest.du michan?« Die Hausangestellte korrigiert sich:
>>Genossin llibricht„ Ich habe heute meinen
freien Abend da gehe ich in die Oper und sehe mir >Genossin Butterfly< an.<<
. . , · .
. ' .- '
auf fure llarheit ommt esan ·Tretet nodl heute ein in den .: ·
. .
. >>Meine ~ ä s c h e ist bei er Plättfrau, mein Anzu .
. ~ u r e i o t g ~ n g ~ n d meine Schuhe beim S c h u s t e r ~ .. . a mußte •eh Sie schon bitten zu m1 r ..... k .
, ...... ommen. <
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Unter vier ugen
Sie war überraschend schnell damit einverstanden, daß ich ein
Paar bekommen sollte, weil wir ja sowieso in das Geschäft
gehen wollten - nicht wahr? - des Osterhütchens wegen.
Vorsichtshalber kaufte ich die Ostersockenhalter zuerst, da ich
befürchtete, nachher nicht mehr die nötigen Geldmittel dafür
aufbringen zu können. »Die kann ich doch auch zu Weihnachten tragen?« fragte ich die Verkäuferin.
Sie sah mich einen Augenblick forschend an. »Selbstverständ
lich, mein Herr, zu jeder Jahreszeit «
Am Hutstand raffte ich mich zu der Frage auf: »Fräulein, haben
Sie vielleicht einen kombinierten Oster-, Pfingst-, Weihnachts
Damenhut am Lager?«
Die Verkäuferin und meine Frau überlegten zuerst, ob sie in
Ohnmacht fallen sollten. Dann besannen sie sich aber eines
Besseren und fielen gemeinsam über mich her, um mir gründlich den Kopf zu waschen. Aber nicht mit Osterwasser.
Trauerspiel (ohne Akt)
Ort: Couch
Mitwirkende: Heinrich, Johanna, eine asthmatische Couch
Heinrich: DuJohanna: schweigt)
Couch: ächzt)
Heinrich: versucht f ohanna zu küssen)
Johanna: weicht aus)
Couch: ergibt sich)
Heinrich: stärkeres Geschütz auffahrend) Kleene, ick hab dir so
lieb ...
Johanna: un -)
Couch: tief beeindruckt)Heinrich: entschlossen) Et jibt nischt, wo ick dir zuliebe nich
tun täte For dir marschier ick durch Wassa und Feua
Johanna: realistisch) Gieß doch ma Tee uff, dis Wassa kocht
sich ja dußlig ...
Heinrich: ebenso) Det mach ma lieba selber, sonst vabrüh ick
mir bloß noch die Finga
Couch: atmet erleichtert auf}
fo Schulz
Untern1ieter zurWirtin: »Bitte hei
zen Sie mein Z i r n ~.
mer und brühen,Sie ·mir einen i ~ ~ u ,
. ·· - ; .
Tee. Ich habe i l i i ~ ·.
eine nette ngiriamitgebracht.« ·»Kommt nicht in
Frage, bei mir gibt
es keine Damenbesuche «
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1 Unter vier Au 9en
Gleichberechtigt Mann •• und Frau,
leider nicht •• m eignen Bau.
Gibt für s i e nur Lcngewet1e' Pftegt e r Kinder wirklich schlecht t
eg die alten Vorurteile. dann
et t hobt ihr gleichet Recht.
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Unter vier ugen
Willi rescher
o t o ~ o rDer kleine Handelsreisende war wieder einmal in der großen
Stadt hat da ein nettes Mädel kennengelernt ist mit ihr imPark spazierengegangen und auf einer Bank hat er ihr seine
erste Liebeserklärung gemacht. Sie hat ihm ihren ersten Kuß
gegeben - er hat aber darauf gedrängt daß das liebe Mädel ihn
mit beiden Händen an den Ohren festhalte.
Wie sie nachher irgendwo beim Alkolat sitzen sagt sie zu ihm:
»Das war aber himmlisch du bist wirklich ein lieber Kerl. Aber
sag warum hab ich dich andauernd bei den Ohren halten müs-sen?«
»Ja liebes Kind da muß ich dir die Geschichte meines großenAbenteuers erzählen.
Es war nahe meiner Stadt nicht weit von hier und es war
stockfinster. Man sah nicht die eigene Hand vor den Augen. Ich
101
tastete mich langsam einen Waldpfad entlang.
Hätte nie gedacht daß es in einem Wald so
dunkel werden könnte sonst hätte ich nicht
Das ist ja eine nette Geschichte Also für
so eine hast du mich gehalten?
die Straße verlassen nur um ein Stück Weges abzuschneiden.
Da hörte ich vor mir einen erstickten Aufschrei ein Rascheln
von Seide. Jemand umklammerte meinen Hals. Ich holte aus
zum Kinnhaken aber es war nicht nötig. Was mich umklam-
merte waren die Arme eines Mädchens das mich obendrein
küßte und sagte: >Oh Liebling warum kamst du nicht früher?
Seit einer Stunde warte ich auf unserer Bank auf dich. Es
wurde immer dunkler oh wie dunkel es wurde ich starb vor
Angst.< - >Liebling< sagte es >küß mich sprich nicht du
brauchst nichts zu sagen du brauchst dich nicht zu entschul
digen es ist alles gleichgültig was gewesen ist meine Angst
ist vorbei und jetzt ist alles gut denn du bist da.< Ich tat wie
sie wünschte sprach nichts sagte nichts entschuldigte mich
nicht denn sie liebte mich j oder jedenfalls den den ich ver-
trat und verzeihe mir ich liebte sie auch ...Wir tasteten uns Arm in Arm gemeinsam durch den Wald stol
perten über Wurzeln rannten Bäume an fielen miteinander in
Brombeerhecken und hatten keine Eile den Wald zu verlassen.
Endlich sahen wir die Straße durch die Bäume schimmern.Die Augen hatten sich jetzt an die Dunkelheit gewöhnt und
meine Begleiterin bisher nur ein Schatten jedenfalls für die
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102
'~
\
•
Mein Mann st so leb-
haft er hat ein Glas
Wein getrunken.
Sicherlich war es wil-
der Wein.«
•Unter vier ugen
Augen, wurde sichtbar. Auf der Straße hupte ein Auto. Ein
Lastkraftwagen ratterte. Es war sehr schön.
Dann sah sie mich, soweit es möglich war, an. Fassungslos
war sie, dann entsetzt, dann empört.
>Mein Herr<, stammelte sie unsicher und trat zurück.
>Mein Fräulein<, sagt ich sanft, >nicht ich küßte Sie, Sie küßten mich.< - >Sie haben mich hintergangen<, schrie sie zombe
bend. >Sie haben mich getäuscht. Wagen Sie es nicht, mir zu
folgen, ich schreie um Hilfe.<
Niedergeschlagen sah ich ihr nach, wie sie mit langen Beinen
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über den Waldboden stieg, der Straße zu.
Auch ich schlug diesen Weg ein.
Dort sah ich sie wieder. Sie stand zwischen
zwei Kerlen, die sie anschrieen und in
einen Wagen zerren wollten. Ich durchschaute die Lage sofort. Nicht genug, daß
der Bursche, mit dem sie sich verabredet
hatte, sie warten ließ, jetzt schrie er sie
auch noch an und wollte sie mit roher Ge-
walt in sein Auto packen.Ich lief auf die Gruppe zu, warf den einen
Mann zu Boden, stürzte mich auf den an-
deren, der aber ging in Deckung, und wäh
rend wir kämpften, kam ihm der erste zuHilfe. Nach einer Weile lag ich unten, einer
oben und der andere hielt das Mädchen fest.
>Gehören Sie zu der Dame?<, wurde ich gefragt. >Natürlich <,
zischte ich wütend. Von Berufs wegen oder aus wirklicher
Liebe? Die Dame betreibt die Liebe nämlich nur aus Beruf.<
>Hören Sie auf<, schrie ich und kämpfte zappelnd um meine
Freiheit. Der Mann, der auf mir kniete, gab sie mir von selbst,
hielt mir seinen Ausweis vor die Nase und sagte: >Kriminalpo-
lizei < Dann fragte er, ob auch ich mich ausweisen könne.>Selbstverständlich<, sagte ich verständnislos und suchte meine
Brieftasche. Sie war fort.
>Ist das Ihre Brieftasche?< fragte der Mann, der das Mädchen
festhielt und holte sie aus ihrer Handtasche. Sie war es.« -
Da hat das liebe Mädel den kleinen Handelsreisenden groß an-
gesehen und empört gesagt: »Das ist ja eine nette Geschichte.
Also für so eine hast du mich gehalten? Darum mußte ich dir
die Ohren festhalten, weil du befürchtet hast, ich würde dir
deine ...«
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Unter vier ugen
Aber er hat sie schnell wieder beruhigt und nur ein leiser
Argwohn über sein Vertrauen zu ihr beschlich sie, als sie rück
blickend von dem grünen Vorhang im Hintergrund des Lokals,
hinter dem sie bald darauf verschwand, sah, daß er schnell in
die Gegend seines Rockes griff, wo jeder Mann seine Brief-
taschen aufzubewahren pflegt.Als sie wiederkam, war alles leer. Der Stuhl, auf dem er geses
sen hatte und auch ihre Handtasche auf ihrem Platz, wie sie
gleich feststellen konnte.»Ober « rief sie schreckensbleich, »wo ist ... ?«
»Ihr Mann? Ich soll i n entschuldigen, er käme gleich wieder.«
»Mein Mann « hat da das kleine Mädel gerufen. »Mein Mann «
und ist dem Ober schwach in die Arme gesunken.
Vor der Himmelstür wartete ein kleiner Schutzengel. Da naht
ein neuer Seliger. Der kleine Schutzengel läuft sofort auf i nzu. »Hugo, da bin ich « - »Wer bist du?« - » Erkennst du mich
nicht?« - »Nein.« - »Ich war doch auf Erden dein Schutzengel.«
Der neue Selige trat einen Schritt zurück und betrachtete sei-
nen Schutzengel mißtrauisch: »Und wo warst du am 3. März1930, als ich meine Frau kennenlernte?«
Vier Männer saßen um den Tisch. Jeder lobte seine Frau. Wie
Männer schon loben Einer seufzte tief auf. »Meine Frau ist mir
zu ordentlich « stöhnte er.
»Zu ordentlich?«
»Sie räumt jeden Abend meinen Anzug in den Schrank, spannt
meine Schuhe ein, hängt meinen Hut an den Nagel.«
»Wenn du heimkommst?«
»Nein, wenn ich ausgehen will.«
Paul und Otto unterhalten sich über das Heiraten. »Weißt du«,
sagt Otto, »so'ne Frau kostet doch eigentlich 'ne Menge Geld.«
»Da hast du recht«, meint Paul, »aber dafür hast du sie ja auch
'ne ganze Weile.«
1 3
»Ich habe schon soviele Nächte lang
von Rosinen ge-
träumt «
»Komisch, ich träume schon ein paar
Nächte lang vonblütenweißem Ku-
chenmehl «
»Laß uns doch malzusammen schlafen, vielleicht krie
gen wir einen Ku-
chen zusammen «
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1 4 Unter vier ugen
Ralph Wiener
o st 4HSeit Meta Physik studiert, kommt Max mit ihr überhaupt nicht
mehr klar.Er schwärmt zwar für Meta, aber nicht für Physik. Sein Hobby
ist Metaphysik.
»Ideologisch bist du eine Null«, hatte Meta neulich gesagt und
ihm vertrauensvoll eine Broschüre über dialektischen Materia
lismus in die Hand gedrückt. Nun saß sie mit ihm in der Laube
und erlaubte ihm, sein transzendental-subjektiv-idealistisches
Herz auszuschütten.
»Ich habe die Broschüre gelesen«, sagte er, indem er zärtlich
ihre Hand streichelte, »aber überzeugt bin ich nicht.«Meta zog ihre Hand zurück. »Dann ist alles aus «
»Warum?« fragte er erschrocken.
Sie sah starr vor sich hin und flüsterte: »Einen Idealisten kann
ich nicht lieben.«
»Aber Meta, mach doch keine Späße Wenn ich auch Kant in
mehreren Auflagen studiert habe, bin ich trotzdem ein Mensch
aus Fleisch und Blut. Und ich sage dir ... «
»Du bist aus Fleisch und Blut«, unterbrach ihn Meta, »aber
mich hältst du für ein Produkt deiner Vorstellung, gelt?«
Max wurde etwas unsicher. »Du verstehst das alles falsch,
Meta. Wenn ich sage, daß der Geist das Ursprüngliche und ein-
zig Reale ist ... «
» .. dann behauptest du, daß mein Körper Luft ist«, ergänzte
Meta und sah ihn wütend an.
»Wir wollen uns doch nicht streiten«, versuchte Max sie zu be-
schwichtigen. »Kant lehrt zwar, daß alle Materie nur in der
Vorstellung existiert, aber er versteht darunter natürlich auch
seinen eigenen Körper.«
»Ich will dir mal was sagen«, brauste Meta auf, »wenn du dich
mit deinem Kant für Luft hältst, dann bin ich das noch langenicht «
»Die weibliche Eitelkeit kennt keine Grenzen«, flüsterte Max
vor sich hin. Dann wandte er sich wieder an Meta: »Der dialek
tische Materialismus betont viel zu sehr das Körperliche.« Bei
diesen Worten legte er seinen rm um ihre Hüfte.»Merkwürdig«, meinte Meta lächelnd, »was für ein Interesse du
an Luft hast.«
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Unter vier ugent
Und ostentativ löste sie sich aus seiner Umklammerung.
Max seufzte. »Du bist heute unausstehlich Meta «
»Wie man in den Wald hineinruft so schallt es heraus« gab siezurück.
Eine halbe Stunde verging ohne daß Max seinem ersehnten
Ziele etwas näher gekommen wäre.»Weißt du«, sagte er schließlich kleinlaut »vielleicht kannst du
mir die Broschüre noch mal mitgeben. Ich werde die Sache er-
neut überprüfen.«
Meta gab sie ihm.
Eine Woche später saßen sie wieder in der Laube.
»Ich habe mich überzeugen lassen« sagte Max und gab ihr das
Heft zurück. »Urgrund aller Dinge ist die Materie «
Als er Meta jedoch umarmen wollte gab sie ihm eine schallende Ohrfeige.
»GeistloserWüstling « fuhr sie ihn an. »Meinst du, der Sinn derLiebe liegt im Körperlichen?«
Und schon hatte sie die Laube verlassen.Max blieb sinnend zurück und rieb sich die Wange. »Nur gut«,
flüsterte er vor sich hin »daß nach Kant auch eine Ohrfeige nurin unserer Vorstellung existiert - sonst würde mir die Backe
jetzt furchtbar weh tun.«
•
1 5
»Fräulein Grete d rf ich
Sie nachher bei Stromsper-
re besuchen? Ich graule
mich im Dunkeln so <<
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10 6 Unter vier ugen
Paul Blank••
Jetzt kommen wieder die gefährlichen Nächte, in denen die
Nachtigall singt. Warum sie das gerade nachts tut,ist
nochnicht genau geklärt. Aber sie wird schon ihre Gründe dafür
haben. (Ich nehme an, daß es ihr am Tage zu laut ist. Mir geht
es auch so. Unter den vielen disharmonischen Geräuschen des
Tages, verursacht durch Autos, Hunde, Katzen, Menschen,
Gänse, Straßenbahnen, Sirenen usw., würden ihre Melodien
nicht so recht zur Geltung kommen.)
An sich ist die Nachtigall ein harmloser Vogel, soweit sie nicht
in Gedichten vorkommt. Dort richtet sie allerdings Unheil an.
Es ist so ähnlich wie mit den Hühnern, die auch nützlich sind,
solange sie keinen Zutritt zu Bl11menbeeten haben.
. . „ In der Literatur wird die Nachtigall haupt-Wen n die Nachtigall wußte, welche Verant- hli h d b tzt Tr. li t d 1 tz
·h · d. 5 h h h b „ d sac c azu enu , ver e en en e -wortung man 1 r 1n 1e c u e sc 1e t, wur e .· b t. t ·t d K f h tt
1 1 ten Stoß zu geben. Und ausnahmsweisesie es 1mm m1 em op sc u e n. t· t . d. p kt d. p · ·t
•
s 1mm 1n 1esem un 1e oes1e mi
der Wirklichkeit überein. Die Sache geht so vor sich:
Er wandelt mit ihr - oder sie mit ihm, ganz wie Sie wollen -
nachts durch einen Park. Vielleicht sogar bei Mondschein. Im
Sommer natürlich, denn im Winter sind die Nachtigallen wo
anders. Vielleicht sind sie gerade aus dem Kino gekommen -
nicht die Nachtigallen, sondern er und sie - und noch roman
tisch angehaucht, was schon gefährlich ist. Aber er - oder sie
- hat trotzdem noch so viel Vernunft gerettet, um zu überlegen,
ob es nicht möglicherweise doch ein Irrtum wäre, und ob man
es nicht eventuell später bereuen würde, wenn man sich jetzt
in dieser verführerischen Stunde hinreißen ließe ... Sie kennen
bestimmt die Situation.
Die duftige Sommernacht ist verfänglich. Immerhin, man
schwankt noch. Man hält sich noch mühsam an einem realistischen Strohhalm fest. In diesem psychologisch entscheidenden
Moment tri tt die Nachtigall in Funktion. Sie fängt unvermittelt
an zu jauchzen oder zu schluchzen, je nachdem, wie sie gera
de aufgelegt ist.
Dann ist es vorbei mit der Logik. Er und sie versinken unrett
bar in den Wellen der Liebe und gehen Verbindlichkeiten ein,
die Ihnen später vielleicht Seufzer entlocken. Deshalb sind die
Nachtigallen bei manchen Menschen so verhaßt. Die Nachtigall
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1 8 Unter vier Augen
Ralph Wiener
»Zebras werden 40 Jahre alt«, sagte Otto zu seiner Cousine
Anita, als sie sich anläßlich seines Besuchs zu einer TasseKaffee niedergelassen hatten. »Interessant«, erwiderte Anita
und stellte das Radio an, womit bewiesen war, daß sich ihr
Interesse an Zebras offensichtlich erschöpft hatte. »Mal
sehen«, s·agte sie, »vielleicht bringen sie gerade Schlager.«
Otto seinerseits ließ sich hiervon nicht beeindrucken. »Ze
bras werden vierzig Jahre alt«, stellte er lakonisch fest. »Das
habe ich schon gehört«, quittierte Anita und hatte endlich
Schlagermusik gefunden. »Rauchst du?« fragte sie, indem sie
ihrem Vetter die Packung anbot. Otto winkte ab. »Zebras werden vierzig Jahre alt.«- »Dreimal brauchst du mir das nicht
zu sagen « entgegnete Anita etwas schroff und zündete sich
eine Zigarette an. Dann überreichte sie ihrem Vetter ein Buch
Willi hat dauernd denselben Satz »Was hältst du von Hemingway?« Otto warf
wiederholt. r hat ihn sogar sechs- ~ n ~ kurzen Blick darauf: »Zebras werdenunddreißigmal gesagt' vierzig Jahre alt«, kommentierte er. »Sag mal,
· bist du übergeschnappt?« rief Anita aus. Mit
unruhigen Augen blickte Otto auf seine Cousine. »Zebras wer
den vierzig Jahre alt « keuchte er. Jetzt wurde es Anita unheimlich. »Otto«, zitterte sie, »du bist doch nicht etwa krank?«
Leise beugte sich der Vetter vor und flüsterte: »Zebras wer
den vierzig Jahre alt « - »Hilfe « schrie Anita in höchster
Angst, sprang auf und eilte zum Telefon. »Was willst du tun?«
fragte Otto, indem er ihr mit raschem Griff den Hörer aus der
Hand nahm. »Eine Anstalt anrufen « antwortete Anita.
»Warum?« Anita sah ihn fassungslos an. »Du mußt doch ver
rückt sein«, bemerkte sie. »Weshalb wiederholst du immer
denselben Satz?« - »Gefällt dir das nicht?« - »So ein Blödsinn«,stellte Anita unwillig fest. »Ich kann mir nichts Alberneres
vorstellen, als dauernd denselben Satz herzusagen. Derartige Wiederholungen sind geradezu läche.rlich « - »Komisch«,
raunte Otto, »vorige Woche, als Willi hier war, hast du dich
gefreut, daß er dauernd denselben Satz wiederholte. Er hatihn sogar sechsunddreißigmal gesagt, und genau in derselben
Weise wie ich.« - »Welchen Satz?« fragte Anita ungläubig.Otto lächelte. »Ich liebe dich.«
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owir sind ist vorn•
er Stempel
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sekampagne zu starten zur zeit leider undurchführbar stop lei-ten eingabe weiter an presseverband stop deutscher schrift-stellerverband.«
Inzwischen war Frau Wippel mit einem Besucher eingetreten
der sich im Hause auszukennen schien. Er hieß Otto Puhlmann
und leitete beim Rat der Gemeinde das Wohnungsamt. Wäh-rend er sich dem Heck an der Wand zuwandte bemerkte erziemlich erregt: »Du bist wohl nicht mehr ganz bei Troste was
Wippel? Nich genug daß du uns täglich wegen deiner Wanze
1 1 1
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• •
Einern Mann ist der Papagei
entflogen. Der Besitzer läuft
sofort zur Stasi: »Ich möchte
Ihnen nur mitteilen, daß ich
die politischen Ansichtenmeines Papageis nicht teiler«
.. -
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Du, t . VJ1tz. { - ))ütischen 1 ,„ ei. { - ))Ja,
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Die Durlhlührung des Planes - das heißl Friede.Besseres leben. Die Kullurslhälze dem Volke
aj§AieJ9@ J@.4 4J ; # 4 JIJ(4 ;:;4 UJ • 4 ;vw t A „ t Ä
Interzonen-Transportevoo und nach alten rten Deut·Sf:h·lands ~ t t e n Zonen für t n d t ~ t r t e :gut. P1üchtlings9ut so...,-vie Mohel
t r ~ n s p o r t e sif het. schnell und 4ZU-
verlässig .
R I C H R D f l E M ~ 1 l N G .l e t p z 1 g • N 21·.
Oelitucher Strai.\e 80.
S P e d i t t o n s v e r t 9 t u n q
„ ...ZU DEM FAHRPLANMKSSIGEN AB·ZUG IN RICHTUNG HEIMAT: TUREH SCHUESSEH, Blm NIEMAND Z U R U C K l E I E H ~ f 1 l e . l
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4 Wo wir sind ist vorn
Lothar Kusche
Sehr frei nach Karl Kraus
Hochverehrte Gäste. Teure Gäste. Werte Bundesfreundinnen
und Bundesfreunde. Liebe Vertreter der Organisationen und
Vereinigungen. Verehrte Gefährtinnen und Gefährte. Hm Ge-
fährten. Geschätzte Hörer und Hörerinnen an den Lautspre
chern des In- und Auslands. Geschätzte Kopfhörer. Liebe
Freundinnen und Freunde Anwesende Kollegen und Kollegin-
nen. Liebes Publikum
Ich konstatiere in diesem Saal das Vorhandensein eines rei
chen Erscheinens breiter werktätiger Hörermassen. Haben esdie Massen genügend verstanden die Bedeutung entsprechend
ihrer kulturellen Bedeutung in schöpferischer Weise einzu-
M.t d A h d
8· f k schätzen? Jawohl sie haben es verstan-
1 em nwac sen er r e mar e zum
K lt t t t d d k ·t· h
1. h den. Sie sind leidenschaftlich an diese
u urgu en s an e r sc samm er1sc e k..B t ht d lb
Frage herangegangen. Was onnen wire rac ung erse en. d · h ? D k.. · daraus zie en. araus onnen wir en
Schluß ziehen daß wir es mit einem gehobenen Bewußtsein
zu tun haben.Erfüllt uns das mit etwas? Ja es erfüllt uns mit Genugtuung
und siegreicher Freude und diese treibt mir das Blut bis in ...
bis in den hintersten Grund meiner Seele.
Ich freue mich daß Sie hier sind. Es geht ums Briefmarkensam-
meln.
Unser zentrales Anliegen ist hier volkstümlich ausgedrückt
die Akkumulation von Postwertzeichen. Stellen wir zunächst
die Frage nach dem Mitteilungsbedürfnis der Urmenschen und
nach den sich hieraus ergebenden Problemen. Die Urmenschen
haben es noch nicht genügend verstanden die Erfindung des
Papiers voranzutreiben welches einen schöpferischen posta
lischen Verkehr erst voll zur Entfaltung bringen kann. Davon
ausgehend haben es die Urmenschen nicht in genügenderBreite verstanden die Gummierung des Papiers welches sie
noch nicht erfunden hatten voll zu aktivieren. Ein solchesSpezialpapier mit Wertzeichen bedruckt die zum Transport
der gesamten Sendung durch hierzu vom Staat ernannte undbezahlte Werktätige mit besonderer Ausbildung berechtigt
kann demzufolge von uns in der Urgesellschaft nur als noch
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owir sind, ist vorn
nicht aufgefunden bezeichnet werden selbst bei schärfstem
Herangehen nicht.
In der Urzeit gab es noch keine Briefmarken.
Mit dem Hineintreten der Menschheit in eine immer dichter
werdende Phase der Geschichte kam es zwangsläufig zur stei
genden Befriedigung des menschlichen Mitteilungsbedürfnisses mittels Zuhilfenahme der heute noch in Benutzung befind
lichen Form der sogenannten Postwertzeichen.
Schließlich kam die Briefmarke auf, wie wir sie heute noch haben.
Die Briefmarke verdient es erst dann eine wirklich schöpfe
rische solche genannt zu werden wenn sie in ein enges un
zertrennliches und leidenschaftliches Klebeverhältnis zu der
eigentlichen postalischen Sendung das heißt also zu Post
karte Drucksache Brief Päckchen
115
•
l
Paket Einschreibpostkarte Einschreibedrucksache Einschreibebrief Einschrei
bepäckchen Einschreibepaket Einschrei
bedoppelbrief Einschreibeeilbrief Ein
schreibeeilrohrpostbrief Einschreiberohr
postdoppelbrief und so weiter - um nur
einiges herauszugreifen - getreten ist. Zur
Herstellung eines derartigen Klebever
hältnisses wie ich es weiter oben erwähnt
habe ist es im allgemeinen üblich daßdie frankierenden Personen in der Regel
also derAbsender mit Hilfe seiner Zunge
die Rückseite der Briefmarke welche spä
ter auf die Postsache aufgepreßt wird zur
Anfeuchtung gelangen läßt.
- 9 MÄRZ fq
Ohne Spucke klebt keine Briefmarke.
Mit dem Anwachsen der Briefmarke zum
Kulturfaktor entstand die kritisch-sammlerische Betrachtung
derselben durch Putzung der Lupen und Hindurchguckungdurch diese. Es gab auch Abirrungen ins Sammlertum und wir
wollen uns in leidenschaftlicher Weise abkehren von den Ten
denzen des Sammlertums und der Sammlertümler. Aber bei
konkreter Fragestellung bleibt der internationale und stür
misch dem Frieden dienende Charakter derAkkumulaticn der
Briefmarken zu nichtpostalischen Zwecken unübersehbar. Und
daher ist ein stürmisches Beitreten in uns notwendig.
Treten Sie unserer Sammlersparte bei
•
»Aha, MM, Matthäus
Müller. Nun gibt's baldwieder Sekt <<
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6 Wo wir sind ist vorn
ernhard Waltenberg
swois I
Wir waren nicht gerade sehr viele in der guten Stube des Poli
zeireviers. Sechs oder sieben Mann vor mir; kein Grund also zumVerzweifeln, wenn auch der Beamte ein bißchen langsam war.
Es war ja auch schon warm in der Polizeistube, träge summte
eine Mücke ihr sonores Lied in das Kratzen des Federhalters,
als ein dicklicher Herr aufgeregt herein- und sofort an die Spit
ze unserer Schlange stürzte. Das ist nun eines von den Dingen
im Leben, die ich gar nicht vertragen kann. »Sie, hör'n Se mal«,
tippte ich ihm auf die Schulter. Seine Brillengläser funkelten
mich böse an. »Hinten ran«, sagte ich energisch.
»So«, meinte er höhnisch, »ich habe einen Ausweis, einen Ausweis, mein Herr «
Hätten nun die anderen nicht so lammfromm und ergeben drein
geschaut, hätte die nette Blondine vor mir nicht so mokant ge
Die Polizei ist eine staatliche Institu-
tion ist die Inkarnation des Staates
niemals eine simple Behörde.
lächelt, hätte ich das ja geschluckt. Denn ein Aus
weis, du lieber Gott, das ist doch bei uns eine ge
waltige Sache. Ein Blick noch auf die Blondine,
viel war ja nicht zu sehen, weil sie mir ostentativ
ihre Kehrseite zuwandte, aber sie hatte schöne
Nylon- oder Perlonstrümpfe. Ich räusperte mich.»So«, sagte ich nonchalant, »einen Ausweis haben Sie. Dann zei
gen Sie das Ding mal her.«
»Bitte sehr«, schmetterte der Vorkömmling gereizt und hielt
mir einen reizend zellophanierten dunkelroten Ausweis vor die
Nase.
»Zufrieden, wie?« näselte er.
»Nein«, sagte ich fest. »Hier steht: Ausweis berechtigt zur be
vorzugten Abfertigung bei Behörden. Dies hier ist aber keine
Behörde, dies ist ein Polizeirevier «»Machen Sie keine albernen Witze«, wollte mich der Dicke
abtun, aber nun kam ich in Fahrt: »Von Witz ist hier gar keine
Rede, Herr - Herr Wachtmeister « Der fuhr hoch. »Sind Sie ein
Behördenangestellter, ja oder nein?«
»Ich bin Oberwachtmeister Müller«, sagte er mit viel Festigkeit
in seiner Stimme.
»Herr Oberwachtmeister«, beschwor der Ausweisbesitzer den
Beamten, »fertigen Sie mich jetzt sofort ab. Eine Polizei ist
eine Behörde «
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owir sind ist vorn -
»Ha«, grollte ich mit tiefster Verachtung in der Stimme, »eine
Polizei eine Behörde Daß ich nicht kichere. Die Polizei ist eine
staatliche Institution, ist die Inkarnation des Staates, niemalsaber eine simple Behörde. Herr Oberwachtmeister, lassen Sie
sich das nicht gefallen. Ich protestiere energisch, ich prote
stiere energisch, ich protestiere «»Geben Se mal her Ihren Ausweis«, murmelte der Oberwacht-meister und ging mit ihm zu seinen Kollegen. Es entspann sich
ein eifriger Disput. Jetzt oder nie, dachte ich.
»Nehmen Sie ihm den Ausweis ab«, sagte ich streng, »damit
nicht Unfug damit gemacht werden kann. Ich verlange soforti
ge Feststellung dieses Mannes. Wo ist der Re-
viervorsteher? «
»Der ist gerade dienstlich weg«, entschuldigte
sich der Oberwachtmeister.Und ich: »Das ist eine faule Ausrede. Die Sache
muß geklärt werden, und wenn ich bis zum Po-
lizeipräsidenten persönlich gehen muß. Wenn
Sie den Mann vor mir abfertigen ... «»Aber, das ist doch ... « murmelte der Ausweis
besitzer schwach.»Ich nehme den Ausweis in Verwahrung«, ent
schied salomonisch der Polizist. »Kommen Sie
heute abend gegen 5 Uhr wieder vorbei. Wirwerden den Fall prüfen. Und wehe Ihnen,
wenn «
Sehr milde mischte ich mich ein: »Na, nun
geben Sie dem Mann schon seinen Ausweis
wieder. Es wird ihm hoffentlieh eine Lehre sein.
Ehrlich währt's am längsten.«
»Aber, das ist doch ... « röchelte der Ausweisbesitzer. Dann
nahm er ihn, den ominösen Ausweis, aber schnell zurück und
verschwand zerknirscht im Ausgang.»Der Nächste bitte«, sagte der Oberwachtmeister.
Als ich nach einer halben Stunde das Revier verließ, kam mit
glasigen Augen mein Ausweisbesitzer aus der gegenüberliegenden Destille. »Ist die Polizei eine Behörde, ja oder nein?«
lallte er, ohne mich wiederzuerkennen.
»Natürlich«, sagte ich.
Da fiel er lang hin. Ich habe dann die Rettungswache geholt.
Man muß immer ein gutes Herz haben.
7
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118
Ein Haus ist zusammengebrochen.
Die Einzelteile werden verhört.Die Ziegel: »Wir
waren es nicht, wir
sind komplett rot.«Der Sand: »Ich
war's nicht, ich bin
durch und durchgesiebt.«Der Zement: »Und
ich war nichtdabei.«
o wir sind ist vorn
Fritz ernhard
iell tor ~Der Blitzdichter stand vor Gericht.
»Sie geben also zu, Angeklagter«, funkelte der Rat in der rotenRobe das Männlein an, das mit hängenden Schultern ängstlich
zum hohen Richtertisch emporäugte, »Sie geben also zu, das
Ofenrohr von der Trümmerstätte entwendet zu haben?«
Der Armesünder schien ein wenig aus sich herauszuwachsen.
Er schüttelte heftig den Kopf und reckte pathetisch die Hand.
»Entwendet, Herr Richter, entwendet? 0 nein Das würde ein
großer Justizirrtum sein Wohl hab ich das Ofenrohr fortgenommen, doch nur, um beschwingter nach Hause zu kommen.«
Der Unmutschatten im Gesicht des Vorsitzenden vertiefte sichzur Zomesfalte. »Unterlassen Sie gefälligst Ihre dämlichen Rei
mereien, Angeklagter Sie sind hier nicht in Ihrem Kabarett.
Was also wollten Sie mit dem Ofenrohr?«
Der Angeklagte hob zitternd die Schultern.
»Ich nahm es von dem verunzierten Rasen, um darauf Saxophon
zu blasen. Und habe es später, wie Sie schon wissen, auch rich
tig wieder fortgeschmissen. Es war eine Laune, nicht mehr,
Herr Richter, weil an dem Abend mein Auftritt als Dichter -
wie schon erwähnt, in der Bulldog-Barvon
einem Erfolg ohnegleichen war. Als Gast eines Gastes, der ziemlich begütert,hatt' ich mir drauf einen angetütert. «
Die Zomesfalte wurde zur Gletscherspalte.
»Sie sollen Ihre ungebührlichen Reimereien unterlassen, Herr«,
brüllte der Richter, »oder ich nehme Sie in eine Ordnungsstrafe «
Der Blitzdichter knickte wieder zusammen und meinte beküm
mert: »Aber verzeihen Sie gütigst, Herr Richter, ich spreche
doch hier nicht als Kabarettdichter Ich reime auch nicht ausRespektmangelsgründen, ich kann nur kein Wort mehr in Prosafinden, dieweil ich bis abends von morgens um viere nur immer
trainiere, nur immer trainiere ... «
Schon hieb die Faust des hohen Rates auf den Tisch. Sein Blickflammte Blitze, seine Stimme rollte Donner. »Ich werde Ihnen
beibringen, daß das Sitzungszimmer kein Trainingssaal und
keine Probebühne ist Wegen ungebührlichen Verhaltens vor
Gericht nehme ich Sie in eine Ordnungsstrafe von 100 Mark.Haben Sie noch etwas zu Ihrer Verteidigung zu bemerken?«
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•o wir sind ist vorn
Noch einmal reckte sich der Blitzdichter empor, schlug an seine
Brust und sprach: »Ich beuge mich gerne dem hohen Gericht,
doch anders reden, das kann ich nicht. Der eine macht Särge,
der andere baut Küchen, der dritte ernährt sich mit Urteilssprü
chen, ich aber versteh nichts von solchen Sachen, ich bin halt
ein Meister im Versemachen Mein Amt als Dichter, das Schick-sal schuf es. Ich bin wohl ein Opfer meines Berufes ...«
Damit knickte er abermals zusammen, diesmal endgültig. Der
Landgerichtsdirektor aber schüttelte stumm den Kopf, immer-
zu ...
Nach langer Beratung kam das Gericht in das Sitzungszimmerzurück. Der Vorsitzende fuhr sich nervös über die Stirn, wie-
der und wieder, als wolle er eine
lästige Vorstellung fortwischen.
Endlich setzte er das rote Barettauf und sagte, stockend und _• •unter einem sichtbaren Zwang:
»Urteilsverkündung. Obwohl das
Verhalten des Angeklagten äh,
nicht in allen Punkten gutzuhei
ßen - kann sich das Gericht dem
hier Gesagten - äh, doch nicht in
allen Punkten verschleißen. Dem
Angeklagten ist nahezulegen, inZukunft dem Alkohol äh, zu ent
segen - und nachts nicht, geleitet von falschen Gefühlen aufRohren Saxophon äh, zu spülen. Es wird ihm ferner zur Pflicht
gemacht, nie mehr vor Behörden, ganz gleich welcher Acht,
sein seltsames Dichtertalent zu entwickeln und ständig n Ver-
sen sich äh, auszudrickeln. Im übrigen hat äh, aus mehrfachem
Grund, das hohe Gericht auf äh, Freispruch erkunnt. Die Ko-
sten - ich sage das völlig bewußt - sie fallen der Staatskasse
äh, zur Lust - und mangels direkter Beweise an Schuld - wirddas Verfahren äh, eingestullt.«
119
0 0 \
0 0
- ~ o
>>Warum haben Sie denn
den Mann geschlagen?
r hat Sie doch mit kei
nem Wort beleidigt ''>>Stimmt jesagt, hat er
nischt, aber ich kanndoch lesen, hoher ]e-
richtshof ''
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12
..., . . • t. . ' . .
·: Truppenparaüe. uf ·,äe.m Roten Platz. t· · .
- . - . . ·· ' ' . - - .' -:_ . . ' . ··_ - . - ,.,.- : ._ - . - - ' · „.
. Stalin Iaat drei Rot- ., a r m i s t ~ n zu ·sich:,'die _
an-dei Scfilachi: um ·' · Berlin t e i l g e l J . o m m ~ µ
. \• ., - „_
n a h e n >>Nun, mein . <.
:; . .
. Sohn welthe Mei.: . .' . . .
.. nung-hast a L;l·von ·: ..
'Deutschland? < -- »Vä
terchen. Stalin, ein .. chönes Land .Von·
- . - .
f aen.Kriegsschäden. .
m,al a b g e s e h e n ~ ist
alles sauber urid zivi' . -
·. . . .
lisiert u ~ Stalins•• . „., . . -. - :
.·Miene ~ e r l i n s t e r f .;. ~ i c h g i b t B e r i j a ·.·
· eiil Zeichen: »Ins · · ·;
· ·Lager< ach Sibipen (
Er f r a ~ den zweiten,. „.. .
: der sagt: »Sehr gut,ein Lanu.mit .,viel
. -
. Kultur ·oaetlle · .. . ' . . ' . . . .
Schiller, .Heine ...« .
Stitlin ei:bost: »Ab in' .die ·kaukasischen. ··
. . .
·BergwerR.e1« i · •. ::. . .
fragt äe11 tlritten: · ·. ·
»Unä \ V i ~ findest du. . .
' Deutschland?«„ .- · :
»Sch1e.cht, Väter- .
· chen, . s c h l e c l i t . ~ < ,- ,
.Stälin·erfreut:·»Her„ ·. . .• . -
·, v o r r a g e n d Das ist ·die richtige Einstel-
. lung. Dafür darfst du· ·dir was wünschen··«·
. ' . ,. .
)>Väterchen,.dannmöchte ich nach · ;
IDeutscliland.«.
949
1. Januar7. Januar
11.Januar
25. Januar
25.-28. Januar
6. Februar
8. Februar
11.-13. Februar
18./19. März
1. April
4. April
4. April
1949
•
Aufnahme des FDGB in den Weltgewerkschaftsbund.Der FDJ-Zentralrat beantragt, alle Jugendherbergen des
ehemaligen Jugendherbergsverbandes der FDJ zu über-•
eignen.
Mit seinem 1939 entstandenen Stück >>Mutter Courage
und ihre Kinder<< eröffnet Bertolt Brecht das Berliner En
semble; Spielstätte ist vorerst das Deutsche Theater.
In Warschau gründen die Sowjetunion, CSSR, Polen, Un
garn, Rumänien und Bulgarien den >>Rat für gegenseitigeWirtschaftshilfe<<.
Die 1 Parteikonferenz der SED berät weitere Maßnahmenzur Festigung des antifaschistisch-demokratischen Aufbaus; die Entwicklung der SED zur >>Partei neuen Typus<<
wird beschlossen.
Erste Berliner Meisterschaften im Eisschnellauf auf demKarpfenteich im Treptower Park.
Die >>Universität Berlin<< erhält den Namen HumboldtUn versität.
Erste Wintersport-Zonenmeisterschaften in Oberhof.
Der Deutsche Volksrat billigt den Verfassungsentwurf für
eine deutsche demokratische Republik.
Die Wasserleitung für die Max-Hütte Unterwellenborn, er
baut als FDJ-Jugendobjekt, wird in Betrieb genommen.
Gründung der Nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft (NATO) in Washington.
Die ersten von 1000 sowjetischen Traktoren treffen inFrankfurt (Oder) ein.
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15. April
1. Mai
8. Mai
10. Mai
12. Mai
Boxen wird als Berufssport verboten.
Inkrafttreten der Rechts- und Strafordnung des Deutschen
Sportausschusses.
Zum Jahrestag der Befreiung wird das Ehrenmal für die
gefallenen Sowjetsoldaten im Treptower Park eingeweiht.
Der Parlamentarische Rat in den Westzonen bestimmtBonn als Hauptstadt der künftigen Bundesrepublik.
Ende der Blockade Westberlins. Die Westalliierten führen
die Luftbrücke noch bis September fort
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Zeittafel 949
15./16. Mai
18. Mai
21. Mai•
Erstmalig Wahlen in der SBZ zum III. Deutschen Volkskongreß nach einer Einheitsliste des Demokratischen Blocks.
Das Nationaltheater Weimar zeigt die deutsche Erstaufführung von Arthur Millers >>Alle meine Söhne<<.
Die Zwickauer Horch-Werke liefern den ersten Traktorvom Typ >>Pionier<< 40 PS .
23. Mai Das >>Grundgesetz<< tritt in den Westzonen in Kraft.23. Mai 20. Juni Auf der letzten Konferenz des Rates der Außenminister
der Alliierten wird lediglich Übereinkunft darin erzielt,den lnterzonenhandel wieder aufzunehmen.
23. Mai
27. Mai
29./30. Mai
31. Mai
Erste Zonenmeisterschaften im Tischtennis, bei den Männern gewinnt die Mannschaft der BSG Carl Zeiss Jena, beiden Frauen die BSG Post Magdeburg.
DEFA-Filmpremiere >>Quartett zu fünft<<, ein heiterer Filmüber den >>Männermangel<< nach dem Krieg.
Der 111 Volkskongreß bestätigt den Verfassungsentwurf
vom 19. März.Eröffnung der Ausstellung >>Mensch und Arbeit<< im Großen Saal des Berliner Stadtkontors.
»Wer war der erste Mensch, Fritz?«fragt der Lehrer. »Unser ge
liebter Stalin, Herr Lehrer«, brüllt Fritzchen. »Nein, so war es
nicht gemeint«, erklärt der Lehrer, »der erste Mensch war Adam «
»Jaaa«, antwortet Fritzchen erstaunt, »wenn Sie die Kapitalisten
mitrechnen «
18. Juni
26. Juni
29. Juni
3. Juli
8. Juli
23. Juli
24. Juli
1. August
14. August
25. August
Wiedereröffnung der Nationalgalerie in Berlin.
In der Fußball-Zonenmeisterschaft schlägt die ZentraleSportgemeinschaft Halle Fortuna Erfurt mit 4:1.
Einweihung der Landessportschule Thüringen in BadBlankenburg.
Im Potsdamer Lustgarten wird das Ernst Thälmann-Sta-dion eingeweiht.
DEFA-Filmpremiere >> Die Buntkarierten von Kurt Maet-zig, die Geschichte einer Berliner Arbeiterfrau .
Das erste Zentrale Pionierlager >>Georgi Dimitroff<<wird in
Prora auf Rügen eröffnet.Erstmalig nach Kriegsende sind Leichtathleten aus Ost-und Westzonen am Start im Berliner Poststadion.
In Weimar wird Thomas Mann mit dem Goethe-Preis undder Ehrenbürgerschaft der Stadt ausgezeichnet.
In den Westzonen wird der erste deutsche Bundestag ge-wählt.
Erstmalige Verleihung von Nationalpreisen durch denDeutschen Volksrat in Weimar, an Friedrich Wolf, JohannesR. Becher, Erich Weinert, Ernst Busch, Heinrich Mann u. a.
2
Ein Berliner aus
dem amerikani
schen Sektor undeiner aus dem so-
wjetischen treffen
sich. Beide haben
blaugefroreneNasen. Fragt der
erste: »Na, wie ist
es bei euch im Sektor?«- »Kalt, eine
Hundekälte habenwir « Sagt der ande
re: »Na endlich mal
etwas, das gerechtverteilt ist.«
Thomas Mann
einri hMann
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22
Konrad denauer
•
Wolfgang Staudte
»Warum hat denn
die für gestern
angekündigte Ver-
sammlung nichtstattgefunden?«
»Sie ist verschoben
worden.«
»Na hoff entlieh krie-
gen sie den Kerl.«
28. August
28. August
2. September
7. September
Zeittafel 949
Erstmalige Vergabe des FDGB-Pokals an BSG WaggonbauDessau-Nord im Spiel gegen die BSG Gera-Süd 1 :0).
Erstes Bergringrennen für Motorräder nach dem Krieg inTeterow.
Gründung des Kulturfonds.
Konstituierende Sitzungen von Bundestag und Bundesrat
in Bonn. Am 15.9. wird Konrad Adenauer Bundeskanzler.
9.-18. September Hunderttausende Zuschauer beim ersten Deutschen
Amateuretappenrennen der Radsportler seit 1928 über1186 km in sieben Etappen.
10. September Eröffnung der 2. Deutschen Kunstausstellung in derDresdner Nordhalle mit rund 680 Exponaten aus allenvier Zonen Deutschlands
10. September Der erste lnterzonenzug fährt von Berlin aus nach Ham
burg, München und Frankfurt am Main.
16. September Der DEFA-Film >>Rotation<< von Wolfgang Staudte kommtin die Kinos.
25. September Paul Greifzu gewinnt das erste Nachkriegsrennen für Motorräder und Sportwagen auf dem Sachsenring.
1. Oktober
7. Oktober
7. Oktober
An der Humboldt-Universität werden die ersten Studen
ten der Arbeiter- und-Bauern-Fakultät immatrikuliert
Gründung der Deutschen Demokratischen Republik. DerDeutsche Volksrat konstituiert sich als Provisorische
Volkskammer, setzt die Verfassung in Kraft und bestimmtOst-Berlin zur Hauptstadt.
Die Regierung Adenauer protestiert gegen die Gründungder DDR.
In einem Gefängnis sind die Häftlinge z m Appell angetreten.
»Mal herhören« verkündet der Wärter. »Morgen kommt unser Prä-sident Wilhelm Pieck. «
»Siehst du« flüstert ein Häftling dem anderen zu »ich habe immer
gesagt daß es mit dem kein gutes Ende nimmt.«
8. Oktober
9. Oktober
10. Oktober
11. Oktober
11. Oktober
Abkommen mit der BRD über den innerdeutschen Handel.
Der erste internationale Sportwettkampf der DDR ist ein
Fußballspiel zwischen einer ungarischen Auswahl derGewerkschaften gegen eine Sachsen-Auswahl 2:1 ).
Auflösung der SMAD und Gründung der Sowjetischen
Kontrollkommission. Die Verwaltungsfunktionen werdender Provisorischen Regierung der DDR übertragen.
Die Provisorische Volkskammer und die Provisorische Län
derkammer wählen einstimmig den SED-VorsitzendenWilhelm Pieck zum Präsidenten der DDR.
Erich Honecker überreicht Wilhelm Pieck das >>Gelöbnis
der deutschen u g e n d
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eittafel 949
12. Oktober
15. Oktober
Die Provisorische Volkskammer bestätigt die ProvisorischeRegierung der DDR aus Vertretern der SED LDP CDU,
NDPD und DBD unter Leitung von Otto Grotewohl.
Die Sowjetunion nimmt als erster Staat diplomatische Be
ziehungen zur DDR auf, bis zum 25. Oktober wird die
DDR von Albanien, Bulgarien, China, Nordkorea, Polen,
Rumänien, der Tschechoslowakei und Ungarn anerkannt..
Im Zug nach Sibirien sitzen drei Männer. Fragt der eine sein Ge-
genüber: »Brüderchen was hast du bekommen?« - »Fünf Jahre.<<»Und was hast du gemacht?« - »Ich war gegen Popow. Und duBrüderchen was hast du bekommen? «- »Auch fünf Jahre.«»Und was hast du gemacht?« - »Ich war für Popow« antwortet derund wendet sich an den Dritten. »Brüderchen was hast.du bekommen?«- »Auch fünf Jahre.« - »Und was hast du gemacht?« -»Nichts habe ich gemacht. Ich bin Popow.«
15. Oktober Erstes internationales Abkommen der DDR: Handelsab
kommen mit Finnland.
16. Oktober Dr. Marcellus Markus Leipzig) erzielt mit 44 82 m imHammerwerfen den ersten DDR-Rekord in Pirna.
7. November Die Nationalhymne der DDR, zwei Tage vorher durch den
Ministerat beschlossen, wird erstmals vom ZentralenOrchester des Ministeriums des Innern auf dem BerlinerAugust-Bebel-Platz öffentlich vorgetragen.
9 November Slatan Dudwos DEFA-Film >>Unser täglich Brot<< hat Pre-•
m1ere.
12. November Das Berliner Ensemble eröffnet an seiner vorläufigenSpielstätte im Deutschen Theater mit der Erstaufführungvon Brechts >>Herr Puntila und sein Knecht Matti<<. ErwinGeschonneck als Matti
21. November Die Berliner Frankfurter Allee wird in Stalinallee umbenannt.
1. Dezember Erstmals wird das FDJ-Abzeichen >>Für gutes Wissen<< ver
liehen.
8. Dezember Beschluß zur Errichtung des Obersten Gerichtshofes und
der Generalstaatsanwaltschaft der DDR.
1949 verlassen 129 245 Menschen die SBZ bzw. die DDR.
neue Bücher:
Willi Bredel
>Die Söhne<<
Stephan Hermlin
>>Die Zeit der Gemein
samkeit<<
Anna Seghers
>>Die Toten bleiben•
JUng<<
Bodo Uhse
>>Die heilige Kunigunde
im Schnee<<
Elfriede Brüning
>>Damit du weiter
lebst<<
Anna Seghers
>>Die Hochzeit von
Haiti<<
23
Slatan udow
Der >>Deutsche Sport-
ausschuß<< ermittelt
1949/50 die besten
Mannschaften der Vor
saison aus den ost
deutschen Ländern
Brandenburg 2),Mecklenburg-Vorpom
mern 2), Sachsen 4),
Sachsen-Anhalt 3)
und Thüringen 3) in
der sogenannten DS
Liga einen Ostdeut
schen Fußballmeister.
Berliner Mannschaften
dürfen sich wegen des
Viermächte-Status ·
nicht beteiligen. Da
während der Saison
die DDR gegründet
wird, geht der Gewin
ner dieser Meister
schaftsrunde, die ZSG
Horch Zwickau, 1950
als erster DDR-Fußball
meister in die Ge
schichte ein.
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124
Vor einem Uhren-
geschäft steht einelange Schlange. Ein
Passant fragt nachdem Grund. Man
antwortet ihm: »DerLaden hat geradeeine Sendung Uhren
aus Rußland be-kommen.« - »Dann
.
stelle ich mich an.Vielleicht st meineauch dabei.«
rnold weig
Ein Volkspolizist
fragt seinen Kalle-•gen, wie er zu sei-
nem Staat steht.
»Genauso wie du«,antwortet der vor
sichtig.
»Da muß ich dich
leider verhaften.«
195
1. Januar
1. Januar
1.Januar
20. Januar21. Januar
24. Januar
8. Februar
Zeittafel 195
Als Hersteller für Medikamente wird der Betrieb VEBJenapharm<< in Jena gegründet.Alle bisherigen Preissubventionen werden aufgehoben.Dadurch erhöhen sich die Preise für Lebensmittel, Genuß
mittel Haushaltswaren sowie für industrielle und handwerkliche Produkte um 15°o bis 30°o.
Auflösung der Internierungslager für ehemalige Naziaktivisten.Gesetz über den Volkswirtschaftsplan 1950.Die Mannschaft vom SC Berlin-Weißensee gewinnt die 1
DDR-Meisterschaft im Hallenhandball der MännerGründung der Zollverwaltung als >>Amt für Kontrolle desWarenverkehrs<<.Gründung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS).
Werbeanzeige der Stasi: »Kommen Sie zu uns bevor w r zuIhnen kommen «
8. Februar
15. Februar
17. Februar
1.-9. März
2. März19. März
24. März
27. März
30. März
4. April
8. April
15.April
15.April
Das erste Jugendgesetz der DDR wird verabschiedet undregelt unter anderem die Förderung des Sports.Grundsteinlegung für den Wiederaufbau des Stahl- undWalzwerks Brandenburg (Havel).Das musikalische Lustspiel >>Der Kahn der fröhlichenLeute kommt in die Kinos.Erste DDR-Meisterschaften in Wintersportdisziplinen in
Schierke, SG Frankenhausen wird DDR-Meister im Eishockey.Die erste Briefmarke, auf der >>DDR steht, erscheint.Bach-Ehrung der Jugend in Weimar, vier Tage vorher erklärt die DDR-Regierung das Jahr 1950 zum Bach-Jahr.Gründung der >>Deutschen Akademie der Künste<<, Präsident Arnold Zweig.Die Preise für Lebensmittel werden um 28°o, die für Fertigwaren um 32°o gesenkt.Das Ministerium für Volksbildung ordnet die Aufnahme
des Sport- und Schwimmunterrichts in den Schulen an.Das Ministerium für Volksbildung verbietet das Abspielenvon anglo-amerikanischer Tanzmusik in der Öffentlichkeit.Prozeß gegen die Gladow-Bande - der Al Capone vonBerlin wollte Werner Gladow werden. Zwei Morde, fünfzehn Mordversuche und 34 schwere Überfälle werdenvon der Volkspolizei aufgeklärt. Mit 20 Jahren stirbt Gladow unter dem Fallbeil.Ab sofort wird täglich eine warme Mahlzeit an den Schulen ausgegeben.Premiere >>Der Hofmeister<< am Berliner Ensemble.
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Zeittafel 195
16. April
19.April
ZSG Horch-Zwickau gewinnt die 1 DDR-Meisterschaft im
Fußball gegen SG Dresden Friedrichstadt mit 5:1.
Das >>Gesetz der Arbeit<< wird verabschiedet und garantiert das Recht aufArbeit.
21. April Der 8.5. als >Tag der Befreiung vom Faschismus und
der 7 10. als >>Tag der Staatsgründung<< werden Staatsfeiertage.
30. April - 9. Mai Erstmalige Teilnahme einer DDR-Mannschaft an der
Friedensfahrt Warschau-Prag 8. Platz in der Mannschaftswertung.
12. Mai DEFA-Filmpremiere >>Der Rat der Götter<< von Kurt Maetzig mit Herwart Grosse.
15. Mai Die Sowjetunion erläßt der DDR die Hälfte der noch zu
zahlenden Reparationsleistungen.
17. Mai Herabsetzung der Volljährigkeit von 2 auf 18 Jahre.
22. Mai Uraufführung der >>Neuen Deutschen Volkslieder<< von
Brecht/Eisler.
24. Mai
27.-30. Mai
1. Juni
1. Juni
2. Juni
6. Juni
7. Juni
11. Juni
24./25. Juni
29. Juni
4.-6. Juli
5.5. Juli
9. Juli
12. Juli
14.Juli
Eröffnung des Pionierparks >Ernst Thälmann in der
Wuhlheide in Berlin.
Erstes Deutschlandtreffen der Jugend in Berlin mit700 000 Teilnehmern. Das Walter-Ulbricht-Stadion späterStadion der Weltjugend wird eingeweiht.
Die erste Kindereisenbahn der DDR wird in Dresden eröffnet ab 1.5.1951 als >> Pioniereisenbahn<<
Erster internationale Kindertag in der DDR.
Kinopremiere >>Semmelweis Retter der Mütter<<.
Polen und die DDR erklären in Warschau die Oder-Neiße
Linie zur endgültigen deutsch-polnischen Grenze.
Die SED ordnet an einen neunmonatigen Abendkurs Marxismus-Leninismus für alle Parteimitglieder an um gegenideologische Angriffe der anglo-US-amerikanischen
Kriegshetzer gewappnet zu sein.
Erster Spatenstich für den Bau des Fernsehzentrums inBerlin-Adlershof.
1 DDR-Meisterschaften im Judo in Dresden.
350000 Berliner demonstrieren gegen die USA-Aggression und für Nordkorea.
II. Deutschen Schriftstellerkongreß und Gründung desSchriftstellerverbandes; Vorsitzender: Bodo Uhse.
Das Finanzministerium ordnet an alles Westgeld innerhalb drei Tage bei der deutschen Notenbank abzugeben
Ausnahme: Ostberliner die in Westberlin arbeiten.
In Mecklenburg findet erstmals ein >>Sporttag der Landjugend statt.
Der Schachverband der DDR ist der erste der in einen internationalen Verband aufgenommen wird.
Das Reiterstandbild Friedrichs II. Unter den Linden wird
abgebaut und im Park von Sanssouci aufgestellt.
1/
Herwart Grosse
125
Vor dem Gemüse-
laden steht einlange Schlange.Endlich ist der pen-
sionierte Studienratdran. »Was kriegenSie?« fragt dieHändlerin. »Nichtsliebe Frau ich woll-
te nur sagen daßSellerie mit zwei > <
geschrieben wird. c
odo Uhse
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126
Louis Fümberg
Ein altes Mütterchen in Ostberlinsteht vor einem rie-
sigen Stalin-Plakat.»Wer ist das?« fragtes einen Passanten.»Das ist unser Be-
freier « - »Sehr gut,
ob der uns wohlauch von den Russen befreien kann?«
Stephan Herrn in
20. Juli
21. Juli
20.-24. Juli
22./23. Juli
23. Juli
24. Juli
27. Juli
28. Juli
1. August
4. 7. August
17. August
Zeittafel 195
Das Stahl- und Walzwerk Brandenburg liefert den ersten
Stahl.
Eröffnung des Zoologischen Gartens in Magdeburg.
Auf dem III. Parteitag wird in einem Fünfjahrplan der>>planmäßige Aufbau des Sozialismus<< beschlossen.
Erste DDR-Meisterschaften in der Leichtathletik in Halber
stadt, im Bahnradsport (Männer) in Zwickau und im Kanurennsport in Pirna.
Die Deutsche Bachfeier beginnt in Leipzig unter der Eh
renpräsidentschaft von Albert Schweitzer.
Erstmals erklingt Louis Fürnbergs >>Die Partei, die Partei,
die hat immer recht ...
Die >> 16 Grundsätze des Städtebaus<< werden veröffentlicht: >>national in der Form, sozialistisch im Inhalt<<.
Die Gebeine von Johann Sebastian Bach werden anläßlich seines 200 Todestages in der Leipziger Thomaskirche
beigesetzt.
Gründung des Progreß-Film-Vertriebs.
Erste DDR-Meisterschaften im Schwimmen und Wasser
springen in Pirna.
Die Regierung der DDR verabschiedet den Ersten Fünf
jahrplan, der eine zentrale staatliche Planwirtschaft zur
Verdoppelung der Industrieproduktion und Steigerung derArbeitsproduktivität vorsieht.
Eine Kundin beschwert sich: »Gestern habe ich zwei Dosen Fischgekauft. In der einen war nur Tomatensoße, in der anderen der
Fisch. Wie geht denn das?«· ·<
»Sein Se froh, daß Se nicht die dritte erwischt haben, in der müs-
sen wohl die Gräten gewesen sein.«
18. August
25./26. August
31. August
2. September
3. September
6. September
7. September
15. September
27. September
29. September
Beginn des Aufbaus des >>Eisenhüttenkombinats Ost<<
1 Deutscher Nationalkongreß der >>Nationalen Front<< in
Berlin. Wilhelm Pieck erklärt den Nationalen Widerstandgegen die Besatzungsmächte in der BRD.
Die >>Zeugen Jehovas<< werden aus der Liste der zugelassenen Religionsgemeinschaften gestrichen.
Uraufführung des >>Mansfelder Oratoriums<<, Text Stephan
Hermlin, Musik Ernst Hermann Meyer.
Das Planetarium in Jena wird wiedereröffnet.
Gesetz über die Errichtung des Patentamtes der DDR.
Sprengung der Ruinen des Berliner Stadtschlosses.
Wilhelm Pieck eröffnet die 1. Landwirtschaftsausstellungin Markkleeberg.
Gesetz zum Schutz von Mutter und Kind und der Rechte
der Frau.
Die DDR wird Mitglied im Rat für Gegenseitige Wirt-schaftshilfe.
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Zeittafel 195
1. Oktober
5. Oktober
7. Oktober
10. Oktober
15. Oktober
15. Oktober
22. Oktober
29. Oktober1. November
8. November
16. November
19. November
20. November
30. November
8. Dezember
15. Dezember
20. Dezember
Eröffnung der Hochschule für Musik >>Hanns Eisler<< in
Berlin.
Der amerikanische Sänger Paul Robeson tritt in Berlin auf.
Der Nationalpreis für Kunst und Literatur wird verliehen,
u. a. an Arnold Zweig.
Am Potsdamer Platz in Berlin West) werden auf einer
großen Leuchtschrifttafel Nachrichten in den Ostteil derStadt übermittelt. Aus Berlin Ost) wird die Propagan
daaktion mit lautstarker Musik, u. a. mit dem Lied >>Ami
go home<<, beantwortet.
Wahlen zur 1. Volkskammer, zu den Landtagen, Kreis
tagen und Gemeindevertretungen; gewählt werden die
Kandidaten der Einheitsliste der Nationalen Front.
In Berlin, Französische Straße, eröffnet das >>Cafe Praha<<.
Gründung der Deutschen Hochschule für KörperkulturDHfK) in Leipzig mit 10 Lehrkräften; 96 Studenten neh
men ihr Studium auf.
Erste DDR-Meisterschaft im Billard.Das erste >>Parteilehrjahr<< findet statt, rund eine MillionSED-Mitglieder und Kandidaten nehmen daran teil.
FDJ-Funktionärskonferenz unter der Losung >>Stürmt die
Festung Wissenschaft<<.
Eröffnung des Theaters der Freundschaft Berlin.
In der neuerbauten Werner-Seelenbinder-Halle in Berlin wirddie erste Winterbahn für Amateure im Radsport eröffnet.
Die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe wird gebildet.
Der Ministerpräsident Otto Grotewohl schlägt der Bundes-regierung die Bildung eines >>Gesamtdeutschen Konstituierenden Rates<< vor.
DEFA-Kinderfilmpremiere >>Das kalte Herz<< von Paul Verhoeven mit einer Paraderolle Erwin Geschonnecks als Hol
länder-Michel; erster Farb- und Märchenfilm der DEFA.
Die Volkskammer beschließt das >>Gesetz zum Schutz des
Friedens<<.
Nach Protesten und passivem Widerstand der Arbeiter werden in der DDR die kurz zuvor abgeschafften Weihnachts
gratifikationen vorerst wieder ausgezahlt.
1950 verlassen 197 788 DDR-Bürger das Land.
Torschützenkönig derOberliga:
Heinz Satrapa von
der ZSG Horch Zwickau
mit 23 Treffern
neue Bücher:
F C. Weiskopf
>>Abschied vom Frieden<<
Eduard Claudius
>>Vom schweren An
fang<<
Stefan Heym
>>Kreuzfahrer von
heute<<
Erich Loest
>>Jungen, die übrig
blieben<<
27
aul Robeson
Oberliga-Plazierung
1950
1 ZSG Horch Zwickau
2. SG Friedrichstadt
3. BSG WaggonbauDessau
4. BSG KWU Erfurt
5. ZSG Union Halle
6. BSG Franz Mehring
Marga
7. BSG Märkische
Volksstimme
Babelsberg
8. ZSG Industrie
Leipzig9. BSG Einheit
Meerane
10. BSG Hans Wedler
Stendal
11. SG Gera Süd .
12 . ZSG Altenburg
13. ZSG Anker Wismar
14. BSG Vorwärts
Schwerin
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28
Nachweise
Die Karikaturen stammen von
Ferdinand Barlog: 13 , 49 65, 90 u., 105, 119
Gerhart Bergmann: 35
Herluf Bidstrup: SO 72 111
Hans Bradtke: 20 68, 77 o. 78 98 113, 115Harald Kretzschmar: 121, 122, 123, 124, 125, 126, 127
Erwin Kutz: 24
Horst von Möllendorff: 52, 58Mrawek: 37
•
Hansgeorg Myr: 31 u., 47 u., 57 o. 62, 77 u. 82, 87, 89, 971.,
Pinguin: 31 o. 39, 42, 94 97 r.
Karl Schrader: 85
Elizabeth Shaw: 22 30, 40 100
Günther Strupp: 17Georg Wilke: 15 27 80, 102
Hermann Wilke : 31 m. 38 90 o.
Für die freundliche Genehmigung zum Abdruck danken wir den Auto-
ren, Zeichnern, Erben, VG Bild Bidstrup, Shaw). Zahlreiche Beiträgestammen aus den Zeitschriften »Frischer Wind« und »Ulenspiegel«; au
ßerdem haben wir zeitgenössische Plakate abgedruckt. Nicht in allenFällen ist es uns gelungen, Rechteinhaber und Rechtsnachfolger zu er
mitteln. Berechtigte Honoraransprüche bleiben gewahrt.
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echtliches
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Von der Sowjetunion lernen
heißt siegen lernen
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