Swiss Media Forum «Beide Seiten haben aufgerüstet»CEO der AZ Medien, bestätigte, dass das...

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  • Samstag, 14. Mai 2011 | az 3Swiss Media Forum

    Frage an die jüngsten Teilnehmer Welche Medien sind wichtig für Sie?

    «Wichtig sind mir das Radio,da es stets für eine gute Hinter-grundstimmung sorgt, unddie Zeitungs-Apps fürs iPhone,da sie einen überall auf demneusten Stand halten.»

    Livia Middendorp, 20, Studentinund freie Journalistin

    «Ich arbeite häufig am PC, folg-lich sind für mich die Online-Medien am wichtigsten. Trotz-dem lese ich – als Ausnahmein meiner Altersklasse – täg-lich Printzeitungen.»

    Tim Honegger, 18, Chefredaktor derKantizeitung «NAKT» und freierMitarbeiter «az Aargauer Zeitung»

    «Zentral ist das Internet – we-gen der Aktualität, der Vielfaltund der sozialen Komponente.Zur Vertiefung lese ich ge-legentlich eine Tageszeitungoder ein Magazin.»

    Luc-Etienne Fauquex, 22,Chefredaktor der Studierenden-magazins «prisma»

    «Da ich bei einem Online-Por-tal arbeite, informiere ich michhauptsächlich übers Internet.Ich höre auch oft Radio. Daserlaubt mir einen schnellenÜberblick über die Aktualität.»

    Lucie Monnat, 23, Stagiaireim Online-Ressort von «24 Heures»

    «Viele Kommunikationswegeführen nach Rom. Wenn ichhierarchisieren muss: Internet,Printmedien, Radio. Es gibtkaum einen Tag, an dem ichdiese nicht konsumiere.»

    Antonio Fumagalli, 26, Redaktor bei«20 Minuten Online»

    Ende März dieses Jahres hat die «NewYork Times» bei ihrem Internetange-bot eine so genannte «Paywall» einge-führt. Seither können die User imNetz nur noch 20 Artikel pro Monatkostenlos lesen. Wer auf mehr On-line-Inhalte der «New York Times» zu-greifen will, muss bezahlen. Das Sys-tem hat offenbar Erfolg. Nach Anga-ben des Unternehmens konnten in-nerhalb kurzer Zeit über 100 000 On-line-Abos verkauft werden.

    In der Schweiz hingegen warenBezahlschranken im Internet bislangkein Thema. Die Online-Portale dermeisten Medienmarken sind hierzu-lande frei zugänglich. Doch daskönnte sich bald ändern. Die Chefsder Medienunternehmen NZZ undAZ Medien kündigten an einem Podi-um anlässlich des Swiss Media Forumin Luzern an, kostenpflichtige Ange-bote für das Internet zu entwickeln.

    «Wir sind daran, eine Paywall ein-zurichten. Sie wird flexibel sein», sag-te Albert P. Stäheli, der CEO der NZZ-Gruppe, ohne aber weitere Details zuenthüllen. Auch Christoph Bauer,CEO der AZ Medien, bestätigte, dassdas Unternehmen derzeit an einer«Paid Content Strategie» arbeite, «dievor allem im Regionaljournalismusansetzt». Gemäss Bauer könnte dasProjekt bereits im Herbst des laufen-den Jahres lanciert werden.

    Mit ein Grund für das Vorpreschender beiden Medienunternehmen inSachen Bezahlinhalte dürfte auch dieTatsache sein, dass deren News-Porta-le derzeit noch nicht profitabel sind.«Wir schreiben im Online-BereichVerluste», sagte Bauer, nannte aberkeine konkreten Zahlen. Stäheli be-zifferte das Defizit von «NZZ Online»auf eine Million Franken. «Wir glau-ben aber daran, mit unseren Online-Angeboten in Zukunft Geld verdie-nen zu können», so Stäheli.

    Bei Tamedia ist das offenbar be-reits der Fall. Wie CEO Martin Kallsagte, schreiben sowohl «News-netz/tagesanzeiger.ch» als auch«20 Minuten Online» schwarze Zah-len. Tamedia will deshalb weiter insInternet investieren. Kall: «Wir wer-den in den nächsten zwei Jahren 200Stellen im Online-Bereich schaffen.»

    Das Medienunternehmen Ringiersetzt derweil grosse Hoffnungen insiPad. CEO Christian Unger rechnetdamit, dass Apples Tablet-PC in derSchweiz «richtig einschlagen» werde.Derzeit seien in der Schweiz rund100 000 Geräte im Umlauf. Wenn eseinmal 200 000 bis 300 000 seien,werde das iPad auch für die Medien-branche interessant. «Die Verlagewerden Apps entwickeln, die mone-tarisiert werden können», prophezei-te Unger. Der Ringier-CEO räumte je-doch ein, dass das kürzlich von Rin-gier lancierte iPad-Magazin «The Col-lection» noch «kein Erfolg» sei. (BAU)

    Gratis-News imInternet sind baldVergangenheit

    Journalisten und Firmensprecher ha-ben ein symbiotisches Verhältnis – je-der braucht den anderen. Und dochverfolgen sie unterschiedliche Ziele:Der Journalist will eine knackige Story,der Sprecher sein Unternehmen positivdarstellen. Dieses Spannungsverhältnisgab auch am Swiss Media Forum inLuzern zu reden (siehe Box). Für die azdiskutierten am Rande des ForumsSusanne Mühlemann und Hansi Voigtmiteinander. Mühlemann ist Leiterinder Medienstelle von Swiss. Voigt istChefredaktor von 20 Minuten Online.

    Ist das Verhältnis zwischen Firmen-sprechern und Journalisten gestört?Susanne Mühlemann: Gestört istdas falsche Wort. Aber es gibt einnatürliches Spannungsfeld zwischenden Seiten – und das ist in den letz-ten Jahren stärker geworden. BeideSeiten haben aufgerüstet.Hansi Voigt: Aufgerüstet haben vorallem die Kommunikationsabteilun-gen, während die Zeitungsredaktio-nen stark ausgedünnt wurden. Dashat das Kräfteverhältnis gestört.Mühlemann: Aber auch der journa-listische Kurs ist härter geworden.

    Haben die Firmen deshalb ihre Me-dienabteilungen ausgebaut?Mühlemann: Die Bedeutung derKommunikation ist gestiegen, dieUnternehmen haben das erkannt.Voigt: Früher konnte ein Journalistdirekt beim Firmenchef anrufen. Dasind ab und zu Kommunikationspan-nen passiert, die journalistisch inte-ressant waren. Heute läuft alles überMediensprecher.

    Wie gut arbeiten diese Sprecher?Mühlemann: Wir haben den An-spruch, so schnell und transparentwie möglich zu informieren. Dakann es bei Anfragen von Online-medien manchmal zum Clinch kom-men, weil sie ihre Antwort sofortwollen, wir aber nur gesicherte Infor-mationen herausgeben.Voigt: Auch wir verwenden nur ge-sicherte Informationen. Es gibt aberFirmen, die machen jede Anfrage ei-nes Journalisten zu einer Staatsaffä-re. Dann kommt die Antwort für unsOnliner oft viel zu spät.

    Ist es im Zeitalter von Facebookund Twitter noch möglich, brisanteInformationen zurückzuhalten?Mühlemann: Kaum, die Transparenzist heute zu gross.Voigt: Dem kann ich zustimmen. Un-sere Leser sind auch unsere Infor-manten. Die Masse der Leser weissviel und verbreitet das rasendschnell. Und wenn wir schlafen, rüf-felt man auch uns.

    Mühlemann: Wir sind durch dieneuen Medien vor neue Herausfor-derungen gestellt. Bei einem Problemerreicht uns der Anruf eines Journa-listen oft fast zeitgleich wie die Mel-dung aus unserer Einsatzleitstelle.Voigt: Ich möchte betonen, dass wirsämtliche Informationen der Leserbestätigen lassen, bevor wir etwasonline stellen.Mühlemann: Ja hoffentlich!Voigt: Aber hier ist manchmal haltTempo gefragt. Schwierig wird es,wenn zum Beispiel die SBB eine Stö-rung haben und in Dietikon Hunder-te von Leuten auf dem Perron stehenund uns Fotos schicken – die SBB-Pressestelle aber noch nichts weiss.

    Wie sieht es mit der Qualität derJournalisten aus?Mühlemann: Gerade bei Onlineme-dien erlebe ich irritierende Dinge:Mangelnde Sach- oder Dossierkennt-nis der Journalisten, man wird falschzitiert und nach dem Anruf, umetwas richtigzustellen, stimmen dieAussagen oft immer noch nicht. Aus-serdem ist die Titelsetzung bei On-line-Medien ein Kapitel für sich. Voigt: Ich kann nicht für alle On-line-Medien sprechen. Bei 20 Minu-

    ten Online bemühen wir uns umTransparenz und um hohe journalis-tische Qualität. Wir pushen deshalbnicht kurzfristig die Clickquote mitFragezeichen-Titeln oder Rätselleads,wir nennen die Quellen und habenden Copy-Paste-Journalismus über-wunden. Der Leser honoriert das.

    Ist nicht der Mix zwischen PR undJournalismus die grössere Gefahr?Voigt: Die Mediennutzer sind pro-fessioneller geworden und verlangenTransparenz. Wenn wir den Flug desSolar Impuls übertragen, ist das nurdank deklariertem Sponsoring mög-lich. Aber das garantiert beim nächs-ten Artikel keinen Kuschelkurs.Mühlemann: Auch aus Unterneh-menssicht wäre es nicht sehr schlau,die Grenzen zu verwischen.Voigt: Schwierig wird die Verknüp-fung, wenn ein Konzern die ganzeVerwertungskette von der Veranstal-tung eines Konzertes über den Ver-kauf der Tickets bis zur Berichterstat-tung abdeckt. Da bleibt wohl dieTransparenz auf der Strecke.Mühlemann: Ich glaube nicht, dassdas funktioniert. Wir verzichten aufunserer Facebook-Seite auf PR-Sprache,das goutieren unsere Kunden nicht.

    Kommunikation Ein Journalist und eine Sprecherin über Spannungen zwischen Medien und Firmen

    VON PHILIPP MÄDER

    «Beide Seiten haben aufgerüstet»

    Swiss-Sprecherin Susanne Mühlemann und 20-Minuten-Online-Chef Hansi Voigt. ALEX SPICHALE

    Am ersten Swiss Media Forum im Kul-tur- und Kongresszentrum Luzern (KKL)debattierten von Donnerstagmittag bisFreitagmittag rund 320 Vertreter der Me-dien- und Kommunikationsbranche, aberauch Politiker und CEO von grossen Un-ternehmen, über die Digitalisierungder Medien und das Verhältnis zwi-schen Journalismus und PR. PatrikMüller, Chefredaktor der Zeitung «DerSonntag» und Initiant des Anlasses,zieht eine positive Bilanz. «Ich habe vonTeilnehmern sehr gute Rückmeldun-gen erhalten», sagt Müller. Am SwissMedia Forum traten unter anderem Ste-phen Dunbar-Johnson, Verleger der «In-ternational Herald Tribune», die Schrift-stellerin Melinda Nadj Abonji, Google-Manager Peter Barron und Swisscom-CEO Carsten Schloter auf. Müller kün-digte gegenüber der az an, den Anlassauch im kommenden Jahr wieder inLuzern durchführen zu wollen. (BAU)

    ■ BILANZ DES FORUMS

    Video-Interviews zum Thema online

    Samstag, 14. Mai 2011 | az 3Swiss Media Forum

    Frage an die jüngsten Teilnehmer Welche Medien sind wichtig für Sie?

    «Wichtig sind mir das Radio,da es stets für eine gute Hinter-grundstimmung sorgt, unddie Zeitungs-Apps fürs iPhone,da sie einen überall auf demneusten Stand halten.»

    Livia Middendorp, 20, Studentinund freie Journalistin

    «Ich arbeite häufig am PC, folg-lich sind für mich die Online-Medien am wichtigsten. Trotz-dem lese ich – als Ausnahmein meiner Altersklasse – täg-lich Printzeitungen.»

    Tim Honegger, 18, Chefredaktor derKantizeitung «NAKT» und freierMitarbeiter «az Aargauer Zeitung»

    «Zentral ist das Internet – we-gen der Aktualität, der Vielfaltund der sozialen Komponente.Zur Vertiefung lese ich ge-legentlich eine Tageszeitungoder ein Magazin.»

    Luc-Etienne Fauquex, 22,Chefredaktor der Studierenden-magazins «prisma»

    «Da ich bei einem Online-Por-tal arbeite, informiere ich michhauptsächlich übers Internet.Ich höre auch oft Radio. Daserlaubt mir einen schnellenÜberblick über die Aktualität.»

    Lucie Monnat, 23, Stagiaireim Online-Ressort von «24 Heures»

    «Viele Kommunikationswegeführen nach Rom. Wenn ichhierarchisieren muss: Internet,Printmedien, Radio. Es gibtkaum einen Tag, an dem ichdiese nicht konsumiere.»

    Antonio Fumagalli, 26, Redaktor bei«20 Minuten Online»

    Ende März dieses Jahres hat die «NewYork Times» bei ihrem Internetange-bot eine so genannte «Paywall» einge-führt. Seither können die User imNetz nur noch 20 Artikel pro Monatkostenlos lesen. Wer auf mehr On-line-Inhalte der «New York Times» zu-greifen will, muss bezahlen. Das Sys-tem hat offenbar Erfolg. Nach Anga-ben des Unternehmens konnten in-nerhalb kurzer Zeit über 100 000 On-line-Abos verkauft werden.

    In der Schweiz hingegen warenBezahlschranken im Internet bislangkein Thema. Die Online-Portale dermeisten Medienmarken sind hierzu-lande frei zugänglich. Doch daskönnte sich bald ändern. Die Chefsder Medienunternehmen NZZ undAZ Medien kündigten an einem Podi-um anlässlich des Swiss Media Forumin Luzern an, kostenpflichtige Ange-bote für das Internet zu entwickeln.

    «Wir sind daran, eine Paywall ein-zurichten. Sie wird flexibel sein», sag-te Albert P. Stäheli, der CEO der NZZ-Gruppe, ohne aber weitere Details zuenthüllen. Auch Christoph Bauer,CEO der AZ Medien, bestätigte, dassdas Unternehmen derzeit an einer«Paid Content Strategie» arbeite, «dievor allem im Regionaljournalismusansetzt». Gemäss Bauer könnte dasProjekt bereits im Herbst des laufen-den Jahres lanciert werden.

    Mit ein Grund für das Vorpreschender beiden Medienunternehmen inSachen Bezahlinhalte dürfte auch dieTatsache sein, dass deren News-Porta-le derzeit noch nicht profitabel sind.«Wir schreiben im Online-BereichVerluste», sagte Bauer, nannte aberkeine konkreten Zahlen. Stäheli be-zifferte das Defizit von «NZZ Online»auf eine Million Franken. «Wir glau-ben aber daran, mit unseren Online-Angeboten in Zukunft Geld verdie-nen zu können», so Stäheli.

    Bei Tamedia ist das offenbar be-reits der Fall. Wie CEO Martin Kallsagte, schreiben sowohl «News-netz/tagesanzeiger.ch» als auch«20 Minuten Online» schwarze Zah-len. Tamedia will deshalb weiter insInternet investieren. Kall: «Wir wer-den in den nächsten zwei Jahren 200Stellen im Online-Bereich schaffen.»

    Das Medienunternehmen Ringiersetzt derweil grosse Hoffnungen insiPad. CEO Christian Unger rechnetdamit, dass Apples Tablet-PC in derSchweiz «richtig einschlagen» werde.Derzeit seien in der Schweiz rund100 000 Geräte im Umlauf. Wenn eseinmal 200 000 bis 300 000 seien,werde das iPad auch für die Medien-branche interessant. «Die Verlagewerden Apps entwickeln, die mone-tarisiert werden können», prophezei-te Unger. Der Ringier-CEO räumte je-doch ein, dass das kürzlich von Rin-gier lancierte iPad-Magazin «The Col-lection» noch «kein Erfolg» sei. (BAU)

    Gratis-News imInternet sind baldVergangenheit

    Journalisten und Firmensprecher ha-ben ein symbiotisches Verhältnis – je-der braucht den anderen. Und dochverfolgen sie unterschiedliche Ziele:Der Journalist will eine knackige Story,der Sprecher sein Unternehmen positivdarstellen. Dieses Spannungsverhältnisgab auch am Swiss Media Forum inLuzern zu reden (siehe Box). Für die azdiskutierten am Rande des ForumsSusanne Mühlemann und Hansi Voigtmiteinander. Mühlemann ist Leiterinder Medienstelle von Swiss. Voigt istChefredaktor von 20 Minuten Online.

    Ist das Verhältnis zwischen Firmen-

    sprechern und Journalisten gestört?Susanne Mühlemann: Gestört istdas falsche Wort. Aber es gibt einnatürliches Spannungsfeld zwischenden Seiten – und das ist in den letz-ten Jahren stärker geworden. BeideSeiten haben aufgerüstet.Hansi Voigt: Aufgerüstet haben vorallem die Kommunikationsabteilun-gen, während die Zeitungsredaktio-nen stark ausgedünnt wurden. Dashat das Kräfteverhältnis gestört.Mühlemann: Aber auch der journa-listische Kurs ist härter geworden.

    Haben die Firmen deshalb ihre Me-

    dienabteilungen ausgebaut?Mühlemann: Die Bedeutung derKommunikation ist gestiegen, dieUnternehmen haben das erkannt.Voigt: Früher konnte ein Journalistdirekt beim Firmenchef anrufen. Dasind ab und zu Kommunikationspan-nen passiert, die journalistisch inte-ressant waren. Heute läuft alles überMediensprecher.

    Wie gut arbeiten diese Sprecher?Mühlemann: Wir haben den An-spruch, so schnell und transparentwie möglich zu informieren. Dakann es bei Anfragen von Online-medien manchmal zum Clinch kom-men, weil sie ihre Antwort sofortwollen, wir aber nur gesicherte Infor-mationen herausgeben.Voigt: Auch wir verwenden nur ge-sicherte Informationen. Es gibt aberFirmen, die machen jede Anfrage ei-nes Journalisten zu einer Staatsaffä-re. Dann kommt die Antwort für unsOnliner oft viel zu spät.

    Ist es im Zeitalter von Facebook

    und Twitter noch möglich, brisante

    Informationen zurückzuhalten?Mühlemann: Kaum, die Transparenzist heute zu gross.Voigt: Dem kann ich zustimmen. Un-sere Leser sind auch unsere Infor-manten. Die Masse der Leser weissviel und verbreitet das rasendschnell. Und wenn wir schlafen, rüf-felt man auch uns.

    Mühlemann: Wir sind durch dieneuen Medien vor neue Herausfor-derungen gestellt. Bei einem Problemerreicht uns der Anruf eines Journa-listen oft fast zeitgleich wie die Mel-dung aus unserer Einsatzleitstelle.Voigt: Ich möchte betonen, dass wirsämtliche Informationen der Leserbestätigen lassen, bevor wir etwasonline stellen.Mühlemann: Ja hoffentlich!Voigt: Aber hier ist manchmal haltTempo gefragt. Schwierig wird es,wenn zum Beispiel die SBB eine Stö-rung haben und in Dietikon Hunder-te von Leuten auf dem Perron stehenund uns Fotos schicken – die SBB-Pressestelle aber noch nichts weiss.

    Wie sieht es mit der Qualität der

    Journalisten aus?Mühlemann: Gerade bei Onlineme-dien erlebe ich irritierende Dinge:Mangelnde Sach- oder Dossierkennt-nis der Journalisten, man wird falschzitiert und nach dem Anruf, umetwas richtigzustellen, stimmen dieAussagen oft immer noch nicht. Aus-serdem ist die Titelsetzung bei On-line-Medien ein Kapitel für sich. Voigt: Ich kann nicht für alle On-line-Medien sprechen. Bei 20 Minu-

    ten Online bemühen wir uns umTransparenz und um hohe journalis-tische Qualität. Wir pushen deshalbnicht kurzfristig die Clickquote mitFragezeichen-Titeln oder Rätselleads,wir nennen die Quellen und habenden Copy-Paste-Journalismus über-wunden. Der Leser honoriert das.

    Ist nicht der Mix zwischen PR und

    Journalismus die grössere Gefahr?Voigt: Die Mediennutzer sind pro-fessioneller geworden und verlangenTransparenz. Wenn wir den Flug desSolar Impuls übertragen, ist das nurdank deklariertem Sponsoring mög-lich. Aber das garantiert beim nächs-ten Artikel keinen Kuschelkurs.Mühlemann: Auch aus Unterneh-menssicht wäre es nicht sehr schlau,die Grenzen zu verwischen.Voigt: Schwierig wird die Verknüp-fung, wenn ein Konzern die ganzeVerwertungskette von der Veranstal-tung eines Konzertes über den Ver-kauf der Tickets bis zur Berichterstat-tung abdeckt. Da bleibt wohl dieTransparenz auf der Strecke.Mühlemann: Ich glaube nicht, dassdas funktioniert. Wir verzichten aufunserer Facebook-Seite auf PR-Sprache,das goutieren unsere Kunden nicht.

    Kommunikation Ein Journalist und eine Sprecherin über Spannungen zwischen Medien und Firmen

    VON PHILIPP MÄDER

    «Beide Seiten haben aufgerüstet»

    Swiss-Sprecherin Susanne Mühlemann und 20-Minuten-Online-Chef Hansi Voigt. ALEX SPICHALE

    Am ersten Swiss Media Forum im Kul-tur- und Kongresszentrum Luzern (KKL)debattierten von Donnerstagmittag bisFreitagmittag rund 320 Vertreter der Me-dien- und Kommunikationsbranche, aberauch Politiker und CEO von grossen Un-ternehmen, über die Digitalisierungder Medien und das Verhältnis zwi-

    schen Journalismus und PR. PatrikMüller, Chefredaktor der Zeitung «DerSonntag» und Initiant des Anlasses,zieht eine positive Bilanz. «Ich habe vonTeilnehmern sehr gute Rückmeldun-

    gen erhalten», sagt Müller. Am SwissMedia Forum traten unter anderem Ste-phen Dunbar-Johnson, Verleger der «In-ternational Herald Tribune», die Schrift-stellerin Melinda Nadj Abonji, Google-Manager Peter Barron und Swisscom-CEO Carsten Schloter auf. Müller kün-digte gegenüber der az an, den Anlassauch im kommenden Jahr wieder inLuzern durchführen zu wollen. (BAU)

    ■ BILANZ DES FORUMS

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