Post on 31-Aug-2019
Unfall- und Notfallmedizin für die Allgemeinpraxis
wichtige Maßnahmen zur Akutversorgung beim
unfallmedizinische und internistischen Notfall
Rainer Mittermayr
AUVA Traumazentrum Wien, Standort Meidling
Ludwig Boltzmann Institut für experimentelle und
klinische Traumatologie
Austrian Cluster for Tissue Engineering
AUVA Forschungszentrum
Nicolas Haffner
Orthopädisches Krankenhaus Gersthof
Ludwig Boltzmann Institut für experimentelle und
klinische Traumatologie
Bein verkürzt, nach außen rotiert
Schmerzen inguinal, Trochanter (Aus-
strahlung bis Knie)
Heben/Halten des betroffenen Beines
nicht möglich
Gehunfähigkeit
Klinisches Bild
Bruch des hüftnahen Oberschenkels
Mögliche Differentialdiagnosen
Acetabulumfraktur
Oberer und/oder Unterer Schambeinastbruch
Luxationen
Diaphysäre oder periprothetische Frakturen
Insertionstendinoppathien
GTPS
Aktivierte Coxarthrose
Coxitis
Ihre Verdachtsdiagnose ?
Formen der hüftnahen Femurfraktur
Mediale, basozervikale Fx
Fract. colli fem sin/dext
Pertrochantäre Fx
Fract. pertroch fem sin/dext
Subtrochantäre Fx
Fract. subtroch fem sin/dext
Ätiologie
Neurologische
Erkrankungen
A L T E R
A L
T E
R
Hüftnahe Femurfraktur
typisch und häufig beim älteren Menschen
Jährlich ca. 100.000 Frakturen
85% davon 70 Jahre +
Fract colli mit 15% die häufigste Hauptdiagnose
bei multimorbiden geriatrischen Patienten >70a
Demografische Entwicklung weiter Zunahme
Fraktur
Dehydration
Reduzierter AZ/EZ
Verwirrtheit / Demenz
Gebrechlichkeit
Interne Begleiterkrankungen
Polypharmazie
Eine Frage des Alters … ?
EISBERG
Gerontologische Herausforderung
Rascher schonender Transport in ein traumatologisches/orthopädisches Zentrum
Rasche und definitive Versorgung möglichst innerhalb 24h
Atraumatische OP-Technik und belastungsstabile Osteosynthese (Prothese)
Rasche postoperative Mobilisierung
Kurzer stationärer Aufenthalt
Suffiziente postoperative Betreuung
Rasche Wiedereingliederung in das gewohnte soziale Umfeld
Osteosynthetische Versorgung von SH-Fx innerhalb von 24 Stunden halbiert Hüftkopfnekroserate
(DGU Leitlinie, Stand 10/2015)
Verzögerte operative Behandlung erhöht Risiko für Komplikationen (Charalambous et al. 2003)
• Thrombose
• Lungenembolie
• Dekubitus
• Pneumonien
Bei Vergleich zwischen operativer Versorgung <24 Stunden und >24 Stunden (Pincus et al. 2017)
• Myocardinfarkt 0,39%
• Pulmonalembolie 0,52%
• Pneumonie 0,95%
• Mortalität 0,79%
Versorgung der Schenkelhalsfraktur möglichst innerhalb von 24h vor, wenn Allgemeinzustand des Patienten
dies erlaubt (DGU Leitlinie „Schenkelhalsfraktur des Erwachsenen“; Stand 10/2015)
Gleiches gilt für die pertrochantäre Fraktur (Leitlinie „Pertrochantäre Oberschenkelfraktur“; Stand 02/2015)
Risikodifferenz
Leitlinien Empfehlungen
Klassifikation
Garden
Biomechanisch
Winkel der Fraktur auf die Horizontale
Risiko einer Perfusionsstörung
Trabekelverlauf
eingestaucht oder disloziert
aus Ruchholtz/Wirtz „Essentials Intensivkurs zur Weiterbildung Orthopädie und Unfallchirurgie“, 2. Auflage, Stuttgart, Thieme Verlag
Schenkelhalsfraktur
Disloziert
Junger Patient
Hoher Aktivitätslevel
Gute Knochenqualität
Gut reponierbare Fraktur
Osteosynthese
Älterer Patient
Reduzierter Aktivitätsgrad
Osteopenie/-porose
Coxarthrose
Schlecht reponierbare Fraktur
Endoprothese
Nicht disloziert
Impaktiert
Konservativ
„propylaktische Osteosynthese“ Garden I (II)
Konservativ *
Pauwels 1 Garden 1
Osteosynthese
Perkutane Verschraubung,
DHS
* Engmasche Rx-KO
41-47% sekundäre Dislokation
Versorgungs - Algorithmus
Per- oder sub-trochantäre Frakturen sind
obligat operativ zu versorgen
Pertrochantäre Frakturen
www.aofoundation.org
Perioperative Infektionsprophylaxe mit einer Single-Shot-Antibiose
Thromboseprophylaxe
Rasche Rehabilitation (< 48h; multidisziplinäres Rehabilitationskonzept; Gleichgewicht; Gang)
Sturzprophylaxe (multidisziplinäre Planung multifaktorieller Interventionsprogramme)
• geriatrisches Assessment
• Rehabilitationsprogramme
• Entlassungsmanagement
• Sicherung der ambulanten Versorgung
• postoperative Gabe von Calcium und / oder Vitamin D
Osteopenie / Osteoporose Therapie bzw. Prophylaxe
Peri-, Postoperatives Management
„Low-traumatic fractures are defined as fractures sustained after a minor injury
or without any identifiable trauma that would not typically lead to a bone
fracture“
Niedrigtraumatische Fraktur
Bessette L et al. Osteop Int. 2008
Osteoporotische Frakturen
Priv.-Doz. OA Dr.
Roland Kocijan
International Osteoporosis Foundation 2013 – www.iofbonehealth.org
Osteoporotische Frakturen
Humerus
Schambein
Sacrum
N = 433.499 patients; N = 575.722 de novo
fractures
Muschitz C & Kocijan R et al. Osteop Int 2017
Frakturen in Österreich (AUVA Datenbank)
Klinische Riskofaktoren - FRAX
www.shef.ac.uk/FRAX
FRAX/clinical risk factors – 10-Jahres Wahrscheinlichkeit
Osteoporotische Frakturen ≥ 20%
Hüftfrakturen ≥ 5.0%
Kanis JA et al. Osteoporos Int 2008+2009
W, 61 Jahre, T-Wert: -2,8
Radius-FX, Mutter-SH-FX
Indikation zur spezifischen Therapie
DVO-Leitlinie 2017
DVO Leitlinie 2017
• Anamnese & Frakturrisiko Assessement (FRAX)
• Osteodensitometrie Standardverfahren DXA (LWS, Gesamtfemur,
Femurhals), Trabecular bone score (TBS)
• Röntgen BWS/LWS zur Erfassung von Wirbelkörperfrakturen
• Basislabor zur Erfassung von Risikofaktoren und sekundärer Osteoporose,
anderer Osteopathien und von Kontraindikationen für eine medikamentöse
Therapie
Untersuchungen nach osteoporotischer Fraktur
Biochemical Bone Turnover Markers
Alkaline Phosphatase
Osteocalcin
total P1NP
Increase during anabolic
treatment
Decrease during
antiresorptive treatment
Pyridinium Cross Links:
Desoxypyridinoline (Bone)
& Pyridinoline (Tendon, Cartilage)
CTx (ß-CrossLaps), NTx
Hydroxyproline
TRAP 5
BSP
Formation Resorption
Labordiagnostik
Basislabor zur Erfassung laborchemisch fassbarer Risikofaktoren und sekundarer
Osteoporosen
Vitamin D Supplementation
25-OH vitamin D3 level
30-70 ng/ml
1 gtt = 400 IE colecalciferol
≤ 15 ng/ml
10 gtt/d for 3 months
40 gtt/week continously
≥ 15 ng/ml
40 gtt/week continously
• Jeder der mit Fraktur-Patienten zu tun hat!
• Orthopädie/Traumatologie
• Allgemeinmedizin
• Innere Medizin
• Phyikalische Medizin
• Radiologie/NUK
• ..... Rücksprache Osteoporose-Ambulanz
Labor
Low-trauma FX
Fraktur
keine Abklärung nötig typische Frakturstelle
High-trauma FX
atypische Frakturstelle
keine Abklärung nötig OSTEOPOROTISCHE FRAKTUR
SERM Denosumab Teriparatid
Röntgen (BWS/LWS)
Bisphosphonate (p.o., i.v.) KI für BP (NI) Folgefraktur / GIOP
TBS
Klinische Risikofaktoren
Knochendichte
Schädel – Hirn – Trauma
Verletzungsbedinge Hirnfunktionsstörung mit oder ohne morphologisch fassbarer
Gehirnschädigung, einschließlich seiner Hüllen (knöcherner Schädel und Kopfschwarte)
In D Inzidenz von 332/100.000 pro Jahr In Ö keine exakten Zahlen bzgl Inzidenz
Versorgungs– und Behandlungskosten in D von 2,8 Milliarden Euro jährlich
Leitgeb et al., neuro 01/2015
Anamnese
Unfallhergang:
Art des Traumas (Hochrasanz, Sturzhöhe, harte oder weiche Aufprallfläche, Helm)
initiale Klinik (Bewusstlosigkeit, Amnesie, Übelkeit, Erbrechen, Blutung aus HNO)
Allgemeine Anamnese:
Frühere Schädel-Hirn Traumata
Erkrankungen aus dem neurologischen Formenkreis (zB Dementielles Syndrom)
Medikation
• Antikoagulation?
Klinischer Untersuchungsgang
1) Glasgow Coma Scale
• Augenöffnung
• Verbale Reaktion
• Motorische Reaktion
2) Pupillenweite und Lichtreaktion
• Anisokorie
• Form und Größe
• Reaktion auf Licht
• Augenmuskelparese
3) Neurostatus
• Spontanmotorik
• Muskeltonus
• Parese/Paraparese
• Krampfanfälle
SHT Folge einer direkten oder indirekten Gewalteinwirkung (auch Akzeleration/Dezeleration)
Primäre direkte Schädigung (Gefäßzerreißung, Gewebezerstörung)
Irreversible geschädigte Zellen und Neurone
Sekundärer Schaden (durch Hirneinblutung, konsekutivem Ödem)
Verdrängung, zerebrale Minderperfusion, Hypoxie
CAVE – gelegentlich phasenhafter Verlauf
Intial bewusstlos – passageres Aufklaren – sekundäre Eintrübung
„Talk – and – die“ Patienten (Reilley et al. 1975)
Vielzahl an intrazerebralen Blutungen < 6 Stunden
Hirnkontusionen bis zu 24 Stunden symptomlos
Leichtes Schädel-Hirn Trauma
Mit bis zu 90% häufigste Erscheinungsform des Schädel-Hirn Traumas
Bis zu 15% der Patienten mit initialem GCS 15 haben eine intrazerebrale Läsion
Nur rund 10% brauchen eine operative Intervention
ABER
Gefahr dieses Läsionen zu übersehen oder zu spät zu diagnostizieren
z.T. erhebliche Konsequenzen und Einschränkungen
Derzeitiges Vorgehen
ambulant
Observanz 24 Stunden
Eventuell stationäre Aufnahme
Bei Antikoagulation
Stationäre Observanz
24 Stunden
Hohe Konzentration: Astroglia
Mäßige Konzentration: Schwann‘sche
Zellen
Geringe Konzentration: Melanozyten,
Chondrozyten, Adipozyten,
Langerhans-Zellen, Gl. Parotis
Freisetzung:
bei Zellschädigung und Schädigung
der Blut-Hirn-Schranke
HWZ: 90 Min. (Abnahme innerhalb
von 3 Stunden nach Ereignis
nötig)
Messung aus Serum (kein Plasma)
Grenzwert (Cut-off): 0,105 µg/mL
S100B
Bestimmung von S-100B bei Patienten >65 Jahre und Patienten mit
Thrombozyten-Aggregationshemmern (Aspirin, Clopidogrel)
im Falle eines leichten SHT
Die Verwendung von S100 bei erwachsenen Patienten zur Ausschlussdiagnose einer
intrakraniellen Blutung wurde bereits in mehreren Studien demonstriert. Ältere Patienten
und Patienten mit TAH wurden bisher jedoch nicht untersucht.
Ziel der Studie (Fragestellung)
Kann die Bestimmung von S-100B im Blut als Screening-Maßnahme zum
Ausschluss einer intrakraniellen Blutung bei Patienten mit leichtem Schädel-
Hirn-Trauma, die entweder über 65 Jahre alt sind und/oder unter
Thrombozyten-Aggregationshemmung stehen, herangezogen werden?
Prospektiv
Multi-center: 2 Wiener Unfallkliniken – UKH Meidling und Unfallchirurgie Donauspital
Thaler 17
92-jährige mit leichten SHT
Information bei Einlieferung:
Patientin ist zuhause auf den Hinterkopf gestürzt, Schmerzen Schädel;
Unterlagen sind mitgekommen (Antikoagulation mit Thrombo ASS)
Bei der klinischen Untersuchung
Lucides Interval?
unmittelbare Nachbetreuung nach OP, stationärer Behandlung (Rehabilitation, Sozialdienste)
weitere Abklärung und Therapie Osteoporose zB bei typ. Osteoporose-bedingten Frakturen
(Radiusfx, Hüftgelenksnahe Fx)
Kleine Chirurgie
Schmerztherapie (Cave: NSAR)
Nachbehandlung (Nähte, Verband,…)
Physiotherapie
Zusatzausbildung
Notarztdiplom
Hospitationen
….
Kooperationsmöglichkeiten, Zusatzleistungen