Was lange schmort, wird endlich gut...heiss in (sehr viel) Olivenöl an. Vorher hat er es gesalzen...

Post on 04-Sep-2020

6 views 0 download

Transcript of Was lange schmort, wird endlich gut...heiss in (sehr viel) Olivenöl an. Vorher hat er es gesalzen...

KOCHSCHULE Rolf Fuchsvom Restaurant Panoramain Steffisburg kocht uns einMenü vor, das wenig kostetund lange satt macht. Brasatound Polenta sind grosszügig –in mancher Hinsicht.

Es riecht nach Winter im Süden.Das hat mit der Polenta zu tun,die eben noch auf dem Herd bro-delte und jetzt einen wohligenDuft verströmt, und auch mitdem Braten, der lange Zeit imOfen vor sich hinschmorte.Heimelig und warm und wohlists in der Küche von Rolf Fuchshoch über Steffisburg, in der wireine Hommage ans Tessin ko-chen. Mit Brasato und Polentaschonen wir Portemonnaie, Ner-ven und Zeitbudget. Das Gemüseschliesslich landet leuchtend undin ganzen oder halben Stückenauf dem Teller, weil auch diesesgeschont wurde – vom Messer.

Weg mit dem GemüseJe langsamer, desto besser, unddies gilt nicht nur für Fleisch: Ambesten kommt der Rindsschmor-braten laut Fuchs, wenn man ihn24 Stunden sich selbst überlässt.Und zwar im Ofen, der «68 Grad,oder was man halt an seinemBackofen einstellen kann», an-zeigt. Normalerweise legt ernicht nur einen Brasato in dasOfenrohr, der würde jetzt, wo dasTessiner Gericht auf der Restau-rantkarte steht, nirgends hin-reichen. «Etwa zwanzig Stückschmoren jeweils über Nacht.»

Auch wenns kompliziert aus-sieht, der Arbeitsaufwand fürunser Gericht ist gering. ZumBeispiel der Braten: «Am bestenRindsschulterspitz kaufen», soFuchs, «den müssen wir wederspicken noch marinieren, und erbleibt trotzdem saftig und zart.»Fuchs brät das Stück nicht allzuheiss in (sehr viel) Olivenöl an.Vorher hat er es gesalzen und ge-pfeffert. «Für den Geschmack»rüstet der Koch jetzt Gemüse:Rüebli, Sellerie, Zwiebeln und ei-nen halben Knoblauch, den ereinfach in der Mitte durchge-schnitten hat, brät alles kurz an,legt Thymian, Salbei, Rosmarindarüber. Wichtig: auch hier«nicht brutal heiss. Sonst ver-brennen die Sachen.»

Fuchs hantiert grosszügig mitder Rotweinflasche. So viel Weinzum Ablöschen? «Das täuscht»,lacht er, «der Alkohol verdunstet,und wir haben dafür Farbe undGout.» «Den Wein müssen wirganz reduzieren, das ist wichtig.»Erst dann füllt er den Topf mitbraunem Kalbsfond auf und lässtihn aufkochen. Und schon sindwir fertig: Deckel drauf und abin den Ofen. Ganz zurücklehnenkönnen wir aber nicht: Wichtigist so oder so, dass man den Bra-ten hin und wieder übergiesst.Die gespickte Zwiebel und dieKräuter hat Fuchs zum Bratengelegt . Den Rest des Gemüseslegt er zur Seite – bis zum letztenDrittel der Garzeit. Dann brodeltes mit dem Braten mit. Fuchsbrät es wegen des Röstaromas –«für mehr Chuscht» – jeweilsnoch kurz an.

Traum und WirklichkeitDa wir nicht so viel Zeit haben,wählen wir die kürzere Schmor-variante von zwei Stunden undgehen zur Polenta über, die Fuchsaus dem Tessin bezieht. Er lässtsie in einem Topf Olivenöl warmwerden und schneidet während-dessen eine Zwiebel und eine Ze-he Knoblauch sehr fein – das ge-höre einfach in eine Polenta. «Diebeste», sinniert er dann, «wirdnatürlich über dem Feuer ge-macht, in einem Kessi, bei demdie Flammen rundherum wär-men, die Polenta brennt am Rand

ein bisschen an, und das wird im-mer wieder untergerührt. Un-schlagbar im Geschmack.» Aberauch unser Maisbrei, in dem ermit Kelle und Nachdruck rührt,beginnt jetzt umwerfend zu duf-ten. Die Polenta lässt Fuchs kurzin gedünsteten Zwiebeln undKnoblauch anrösten. Polentakann fast nicht – wie Risotto –verkochen. Deshalb stellt sieFuchs auch immer in den Back-ofen. «Ja, sie brennt leicht an,aber das gehört doch dazu!»

Fuchs ist alsbald wieder beimBraten: «Übergiessen, immerwieder übergiessen! Beim Brasa-to ist die Sauce genau so wichtigwie das Fleisch.» Diese wurde socremig eingekocht, dass sie einwenig am Fleisch haften bleibt.Und unsere Augen haften am Tel-ler: Fast kann man sich nichtmehr lösen vom Anblick des Win-ters. Das wird schon wieder einFestessen – im Januarloch.

Nina Kobelt

Was lange schmort, wird endlich gut

Immer schön übergiessen: Der Brasato hat einen Tag Ofen hinter sich, die Gemüse sind erst vor kurzemdazugekommen. Es riecht nach Winter im Tessin. Bilder Beat Mathys

Es fliegen die Fetzen. Genauer: die Zwiebelstücke. Zibele und Knoblauchgehören in die Polenta, findet Rolf Fuchs.

Kein Muss, aber ein Genuss: Fuchs brät das Schmorgemüse für seine Gästejeweils noch kurz in der Pfanne nach – «für mehr Chuscht».

Warum klein hacken, wenns auch grossklotzig geht? Wintergemüseam Stück haben mehr Geschmack.

Jetzt wirds heimelig: Röstet man die Polenta mit Zwiebeln und Knoblauchkurz an, verbreitet sich ein himmlischer Duft in der Küche.

SERIE

TRICKS VON SPITZENKÖCHENSo kochen Profis: In der Serie«Kochschule» verraten Mitglie-der der Jeunes Restaurateursd’Europe (JRE) jeden ersten Frei-tag im Monat Tricks aus ihrerKüche. Bei den JRE handelt essich um Spitzenköche, die alleunter 45 Jahre alt sind. In derheutigen Ausgabe lässt sich RolfFuchs vom Restaurant Panoramain Steffisburg (16 «Gault Millau»-Punkte) über die Schulter schau-en. Er plädiert für eine ursprüng-liche Art zu kochen: Sein Brasatoschmort 24 Stunden, und vonFertigpolenta will er selbstver-ständlich nichts wissen.

Einfach und gut erklärt:Rezept und Anleitung von

dieser «Kochschule» sowie vonbereits erschienenen Folgen aufwww.kochschule.bernerzeitung.ch

BRASATO UND POLENTA(Zutaten für 4 Personen)

Brasato:800 g bis 1 kg Rindsschulterspitz,2 Rüebli, ein halber kleiner Selle-rie, halbe Stange Lauch, 2 RispenCherrytomaten, 2 rote Zwiebeln,gespickt mit einer Nelke undeinem Lorbeerblatt, ein halbier-ter Knoblauch, 2 dl Rotwein,1,5 l brauner Kalbsfond, Salz,Pfeffer, braune Mehlschwitzeoder Maizena zum Abbinden,wenig Barolo oder ein andererkräftiger Rotwein.

Rindsschulterspitz salzen undpfeffern und in Olivenöl rund-herum anbraten. Gemüse anbra-ten. Brasato ablöschen mit Rot-wein, einkochen lassen. Hat manZeit, bei ungefähr 70 Grad wäh-rend 24 Stunden, sonst bei 170

REZEPT

Grad während circa 1,5 Stundenschmoren.

Polenta:350 g bis 400 g Polenta, eine hal-be Zwiebel, 1 Zehe Knoblauch,Thymian, 50 g Weisswein, 1,4 lleichte Geflügelbrühe, Salz, Pfef-fer, 50 g Parmesan, 70 g Butter

Zwiebeln und Knoblauch düns-ten, Polenta und Thymian kurz

mitdünsten und mit Weissweinablöschen. Geflügelbouillon da-zugeben (Verhältnis Polenta -Bouillon: 1:4). Wenig salzen, ab-schmecken erst am Schluss.

Butter und Käse dazugeben.Achtung: Jetzt darf sie nicht mehrbrodeln. Beim Anrichten etwasMilchschaum für den «Cappucci-no-Effekt» beigeben.

Variation:Der Polenta am Schluss fein ge-schnittene Frühlingszwiebelnuntermischen. Anstelle von Par-mesan eignen sich alle Käse, et-wa Gorgonzola. Oder Trüffel.

Reste:Der Braten, findet Rolf Fuchs,schmeckt nach dem zweitenWärmen fast besser. Die Polenta-reste kann man zum Beispiel mitKäse überbacken.

Geniessen Freitag6. Januar 20122626

Währschaftes im Winter: Brasato,Polenta, Gemüse und Milchschaum.