Дипломная работа студентов BTU Cottbus

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Дипломная работа студентов Бранденбургского технического университета, в которой произведен предварительный расчет конструкций Белой башни для разных вариантов нагрузок.

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I

Aufgabenstellung für eine Bachelorarbeit im Studiengang Bauingenieurwesen Bearbeiter: Olga Arkhipkina, Mat.-Nr. 3027213 Betreuer: Prof. Dr.-Ing. Werner Lorenz, Prof. Dr.-Ing. Frank Jesse (Massivbau, BTU/Fak.2) UNTERSUCHUNG, BEMESSUNG UND BEWERTUNG HISTORISCHER BAUSUBSTANZ – BAUZUSTANDSUNTERSUCHUNG, SCHADENSANALYSE UND STATISCHE NACHWEISE ZUM STAHLBETONTRAGWERK AM „WEIßEN TURM“ (1929-31) IN JEKATERINENBURG (RUSSLAND)

Zielstellung / Schwerpunkte:

� Vorbereitung (Arbeitsaufwand und Anteil am Inhalt ca. 25%) - Durchsicht der vorhandenen Unterlagen - Planung und Vorbereitung der Untersuchungskampagne (z.B. zeichnerische Aufbereitung von Wandabwicklungen, Aufbereitung vorhandener Bewehrungspläne) � Bauzustandsuntersuchung vor Ort ( ... ca. 25% ) - Durchführung der Untersuchung im Team vor Ort (Konstruktive Bestandsaufnahme, Schadensaufnahme, Bewehrungsidentifizierung) - Dokumentation der Ergebnisse (zeichnerisch, textlich, fotografisch) in geeigneter Form � Statische Berechnung und Bemessung ( ... ca. 50% ) - Statische Berechnung der Haupttragglieder - Bemessung definierter Bauteile nach SNiP (Russische Norm) auf Grundlage der geplanten Bewehrung (entsprechend dem Planstand)

- Bemessung definierter Bauteile nach SNiP (Russische Norm) auf Grundlage der ermittelten

tatsächlichen Bewehrung - Vergleich der Ergebnisse mit planmäßiger und realer Bewehrung

- Vergleich mit den Ergebnissen einer Berechnung nach EC2 (Bachelorarbeit G. Albrecht)

� Schautafel - Anfertigung einer Schautafel zum Thema der Arbeit nach Abgabe der schriftlichen Fassung

Grundlagen: - Vorliegendes Archivmaterial - Unterlagen, Präsentationen und Literaturempfehlungen aus der LV Vertiefung Tragwerkserhaltung - aktuelle Fassung der russischen Norm (SNiP ) für Lastannahmen, Stahlbeton und/oder Sanierung u.v.m.

Cottbus, den bestätigt, Cottbus, den

.............................. ..............................

Betreuer Vorsitzender des Prüfungsausschusses

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II

Aufgabenstellung für eine Bachelorarbeit im Studiengang Bauingenieurwesen Bearbeiter: Georg Albrecht, Mat.-Nr. 3041670 Betreuer: Prof. Dr.-Ing. Werner Lorenz, Prof. Dr.-Ing. Frank Jesse (Massivbau, BTU/Fak.2) UNTERSUCHUNG, BEMESSUNG UND BEWERTUNG HISTORISCHER BAUSUBSTANZ – BAUZUSTANDSUNTERSUCHUNG, SCHADENSANALYSE UND STATISCHE NACHWEISE ZUM STAHLBETONTRAGWERK AM „WEIßEN TURM“ (1929-31) IN JEKATERINENBURG (RUSSLAND) Zielstellung / Schwerpunkte: � Vorbereitung (Arbeitsaufwand und Anteil am Inhalt ca. 25%) - Durchsicht der vorhandenen Unterlagen

- Planung und Vorbereitung der Untersuchungskampagne (z.B. zeichnerische Aufbereitung

von Wandabwicklungen, Aufbereitung vorhandener Bewehrungspläne) � Bauzustandsuntersuchung vor Ort ( ... ca. 25% ) - Durchführung der Untersuchung im Team vor Ort (Konstruktive Bestandsaufnahme, Schadensaufnahme, Bewehrungsidentifizierung) - Dokumentation der Ergebnisse (zeichnerisch, textlich, fotografisch) in geeigneter Form � Statische Berechnung und Bemessung ( ... ca. 50% ) - Statische Berechnung der Haupttragglieder - Bemessung definierter Bauteile nach EC2 auf Grundlage der geplanten Bewehrung (entsprechend dem Planstand) - Bemessung definierter Bauteile nach EC2 auf Grundlage der ermittelten tatsächlichen Bewehrung - Vergleich der Ergebnisse mit planmäßiger und realer Bewehrung

- Vergleich mit den Ergebnissen einer Berechnung nach SNiP (Bachelorarbeit O. Arkhipkina)

� Schautafel - Anfertigung einer Schautafel zum Thema der Arbeit nach Abgabe der schriftlichen Fassung Grundlagen: - Vorliegendes Archivmaterial - Unterlagen, Präsentationen und Literaturempfehlungen aus der LV Vertiefung Tragwerkserhaltung - u.v.m. Cottbus, den bestätigt, Cottbus, den .............................. .............................. Betreuer Vorsitzender des Prüfungsausschusses

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III

Eidesstattliche Erklärung

Die Verfasser erklären an Eides statt, dass sie die vorliegende Arbeit selbständig,

ohne fremde Hilfe und ohne Benutzung anderer als die angegebenen Hilfsmittel

angefertigt haben. Die aus fremden Quellen (einschließlich elektronischer Quellen)

direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind ausnahmslos als solche kenntlich

gemacht. Die Arbeit ist in gleicher oder ähnlicher Form oder auszugsweise im

Rahmen einer anderen Prüfung noch nicht vorgelegt worden.

Cottbus, 20.12.2013 Unterschrift der Verfasser

Verwendungsrecht

Die Verfasser übertragen das Recht zur Verbreitung und Vervielfältigung, sowie

sämtliche sonstige Verwendungsrechte auf der vorliegenden Arbeit an den

betreuenden Lehrstuhl.

Cottbus, 20.12.2013 Unterschrift der Verfasser

Page 5: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

IV

DANKSAGUNG

Für die Unterstützung während der Bearbeitung möchten wir uns besonders bei den

Professoren Werner Lorenz und Frank Jesse bedanken. Ein großer Dank gilt auch

Sabine Kuban, die immer ein offenes Ohr hatte und uns sehr hilfsbereit zur Seite

stand.

Außerordentlicher Dank gebührt der Architekturgruppe PODELNIKI, die die

Bearbeitung und Informationsaufnahme in Cottbus und in Jekaterinburg

ermöglichte. Die Betreuung und Herzlichkeit waren bemerkenswert.

Weiterhin danken wir den beteiligten russischen Studenten der verschiedenen

Studienrichtungen, die bei der Erarbeitung viel Positives beisteuern konnten und

großes Engagement zeigten.

Unser Dank gilt auch allen Beteiligten, die vor Ort für einen sehr angenehmen und

reibungslosen Ablauf des Projektes gesorgt haben.

Darüber hinaus danken wir allen Mitarbeiter des Lehrstuhls Bautechnikgeschichte

und Tragwerkserhaltung und des Lehrstuhls Massivbau, die uns bei der Bewältigung

von kleinen und großen Problemen tatkräftig unterstützten.

Nicht zuletzt gilt auch dem deutschen Konsulat in Jekaterinburg unser Dank für die

finanzielle Unterstützung, die das Projekt dringend benötigte, um überhaupt

durchgeführt werden zu können.

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V

INHALTSVERZEICHNIS

Aufgabenstellung für eine Bachelorarbeit im Studiengang Bauingenieurwesen .......... I

Aufgabenstellung für eine Bachelorarbeit im Studiengang Bauingenieurwesen ..........II

ABBILDUNGSVERZEICHNIS ..................................................................................................... VII

TABELLENVERZEICHNIS ............................................................................................................ IX

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ...................................................................................................... X

1. Einführung in die Thematik .............................................................................................. 1

1.1 Baugeschichtliche Hintergründe und Zusammenhänge .................................... 1

1.2 Die Geschichte des Uralmasch ............................................................................... 5

1.3 Die Geschichte des „Weißen Turmes“ ................................................................. 11

1.4 Der Architekt: Moiseji Reischer (1902-1980) ......................................................... 16

2. Konstruktive Vergleiche ................................................................................................. 20

2.1 Historische Entwicklung der Hochwasserbehälter .............................................. 21

2.2 Weißer Turm in Jekaterinburg ................................................................................ 24

2.3 Wasserturm des Kupferkombinats in Krasnouralsk .............................................. 26

2.4 Wasserturm auf dem Werksgelände des Uralmasch ......................................... 28

2.5 Der Rote Nagel in St. Petersburg ........................................................................... 31

3. Konstruktive Bestandsaufnahme .................................................................................. 33

3.1 Methodik ....................................................................................................................... 33

3.2 Vorbereitung ................................................................................................................. 34

3.3 Untersuchungsablauf................................................................................................... 35

3.3.1 Vorphase ................................................................................................................ 35

3.3.2 Phase 1 – Aufnahme der Rohmaße .................................................................... 35

3.3.3 Phase 2 - Schadenskartierung ............................................................................. 36

3.3.4 Phase 3 – Gerätebasierende Untersuchung ..................................................... 37

3.4 Fazit: Schadensbilder und Ursachen .................................................................... 39

4. Statische Berechnung und Bemessung ....................................................................... 43

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VI

4.1 Modellierung der Varianten .................................................................................. 44

4.2 Modellierung des Gesamtmodells ........................................................................ 48

4.3 Normen und Sicherheitskonzept nach Eurocode und SNiP .............................. 48

4.3.1 Sicherheitskonzept nach SP 20.13330.2011 ........................................................ 49

4.4 Lastannahmen nach EC 1 und SP 20.13330.2011 ............................................... 50

4.5 Lastkombinationen ................................................................................................. 52

5. Bemessung....................................................................................................................... 54

6. Fazit ................................................................................................................................... 56

6.1 Bewertung der Bauweise ....................................................................................... 56

6.2 Bewertung der Tragfähigkeit ................................................................................. 57

LITERATURQUELLENVERZEICHNIS ........................................................................................... 58

BILDQUELLENVERZEICHNIS ..................................................................................................... 60

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VII

ABBILDUNGSVERZEICHNIS Seite

Abb. 1: Propagandaplakat zur Aufholung der Industrialisierung 5

Abb. 2: A. Bannikow 6

Abb. 3: W. Fiedler 6

Abb. 4: Generalplan zur Bebauung der Plansiedlung 7

Abb. 5: Baracken, zeitgenössische Aufnahme 8

Abb. 6: 3-stöckige Holzhäuser/Baracken, zeitgenössische Aufnahme 9

Abb. 7: 4-stöckiges gemauertes Haus, zeitgenössische Aufnahme 9

Abb. 8: Panzer verlassen die Werkshalle 10

Abb. 9: Arbeiter der Uralmasch-Baustelle, zeitgenössische Aufnahmen 10

Abb. 10: Arbeiter der Uralmasch-Baustelle, zeitgenössische Aufnahmen 10

Abb. 11: der erste Entwurf von Moiseji Reischer 11

Abb. 12: Modell des Turmes von Reischer 1929 11

Abb. 13: Bau der Stützen 13

Abb. 14: Schalung des Behälters 13

Abb. 15: Projekt zur Umnutzung des Turmes von Moiseji Reischer, 1971 14

Abb. 16: Projekt zur Umnutzung des Turmes von Moiseji Reischer, 1971 14

Abb. 17: Umnutzungskonzept des Architekten Chramtsow, 1989 15

Abb. 18: Diplomarbeit „Volkshaus für Aufklärung“ von Moiseji Reischer 16

Abb. 19: Diplomarbeit „Volkshaus für Aufklärung“ von Moiseji Reischer 16

Abb. 20: Moiseji Reischer bei der Arbeit 16

Abb. 21: Gorsowet vor dem Umbau 17

Abb. 22: Umbauskizze des Architekten Golubew für das Gorsowet 17

Abb. 23: Gorsowet (Rathaus) heute 17

Abb. 24: Umbau des Gebäudes des Gorsowet 17

Abb. 25: Grabdenkmal von A.Bannikow und W.Fiedler, zeitgenössische Aufnahme 18

Abb. 26: Entwurf eines Skipavillions 19

Abb. 27: Übersicht der Entwicklungsstufen von Wasserhochbehältern 21

Abb. 28: Weißer Turm in Jekaterinburg 24

Abb. 29: Längsschnitt 24

Abb. 30: Wasserturm des Kupferkombinates in Krasnouralsk 26

Abb. 31: Längsschnitt 26

Abb. 32: Bauphase mit ausgekoffertem Bereich für die Rohrleitungen 28

Abb. 33: Wasserturm auf dem Werksgelände (gut sichtbar die große „Konsole“ über der

vertikalen Fensterreihe 28

Abb. 34: schematischer Querschnitt durch den Werksturm 29

Abb. 35: Dachunterseite mit 2-Kammerbehälter 29

Abb. 36: Der Wasserturm „Roter Nagel“ an der Ecke der ehemaligen Produktionshalle 31

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VIII

Abb. 37: Schnitt durch den Turmkopf 32

Abb. 38: Arbeiten mit dem Hubsteiger 35

Abb. 39: Phenolphtalein-Lösung an einer Stütze 37

Abb. 40: Schmidthammermessung 38

Abb. 41: Profometermessung 38

Abb. 42: Öffnung über der Dachschale – Ablaufmöglichkeit für Niederschlag 39

Abb. 43: Fehlende Betondeckung / sichtbare Entmischung (Kiesnester) an Stütze C 2b 40

Abb. 44: Schaden an der Unterseite der Dachschale 41

Abb. 45: Schaden an der Außenseite der Zylinderwand 41

Abb. 46: offene Bewehrung und abgebröckelter Beton im Bereich des Fensterbandes 41

Abb. 47: Statisches System eines Vierendeelträgers 44

Abb. 48: Variante 1 und 2 (gleiches System) 45

Abb. 49: Variante 3 mit drucksteifen Diagonalen 45

Abb. 50: Balken ohne Querschnittsversprung 45

Abb. 51: Balken mit Querschnittsversprung 45

Abb. 52: räumliches, statisches Modell mit äußerem und innerem Ring 46

Abb. 53:Variante mit der Ausbildung der Konsole als Kragarm 47

Abb. 54: vgl. zwischen SP- und EC-basierender Kombinationsbildung bei der

Grundkombination 50

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IX

TABELLENVERZEICHNIS Seite

Tab. 1: Liste der verwendeten Materialien und Geräte 36

Tab. 2: Schmidt-Hammer Ergebnisse in N/mm² 37

Tab. 3: tabellarische Übersicht der Schäden 42

Tab. 4: Teilsicherheitsbeiwerte für ermittelte Lastfälle nach SP 20.13330.2011 49

Tab. 5: Kombinationsbeiwerte 49

Tab. 6: gemittelte Schneelasten – Vergleich 51

Tab. 7: Windlasten – Vergleich 51

Tab. 8: Schnittkräfte in der Lastkombination 1 52

Tab. 9: Schnittkräfte in der Lastkombination 2 53

Tab. 10: Schnittkräfte in der Lastkombination 3 53

Tab. 11: erforderliche Bewehrung 54

Tab. 12: vorhandene Bewehrung (C 4a/ C 4d: bei Bauaufnahme ermittelt, C 1a aus

Archivplan №300514, Anlage A3) 55

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X

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abb. Abbildung

Abs. Absatz

bzw. beziehungsweise

ca. circa

cm Zentimeter

deut. deutsch

d.h. das heißt

EC Eurocode

KBA konstruktive Bestandsaufnahme

LK Lastkombination

m Meter

mm Millimeter

russ. russisch

SP Swod Prawil (zu Deutsch: Regelsammlung)

Tab. Tabelle

u.a. unter anderem

u.ä. und ähnliche/s

vgl. Vergleich

z.B. zum Beispiel

z.T. zum Teil

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1. EINFÜHRUNG IN DIE THEMATIK

Der Lehrstuhl Bautechnikgeschichte und Tragwerkserhaltung und insbesondere Prof.

Werner Lorenz haben langjährige Erfahrungen mit Projekten in Russland. Dazu zählt

beispielsweise das von der DFG1 seit 10 Jahren geförderte Projekt an der Eremitage

(Schwerpunkt: Dachkonstruktionen). Im Rahmen einer Exkursion zu den Eisenwerken

im Ural wurden die ersten Kontakte zu der Architektengruppe PODELNIKI geknüpft.

Diese beschäftigt sich u.a. mit dem Erhalt von einem Leitbauwerk des russischen

Konstruktivismus – dem „Weißen Turm“. Anhand dieses Bauwerkes kann ein Teil

russischer Architektur- und Zeitgeschichte nachvollzogen werden. Ein besonderer

Stellenwert ist dem Bauwerk dabei sicher. Zu welcher Zeit hätten die Ingenieure sich

so viel Kühnheit zugesprochen? Im Ural hatte man damals kaum bis keine

Erfahrungen mit dem Stahlbetonbau. Viele Bauwerke wurden von Jungingenieuren

und -architekten konzipiert. Der Weiße Turm ist da keine Ausnahme. Er ist ein

beeindruckendes Zeugnis von Aufbruchsstimmung einer jungen Nation und ihrer

Kühnheit im Umgang mit neuen Werkstoffen und Geometrien. So ist es nicht

verwunderlich, dass der ursprünglich zur Wasserversorgung der naheliegenden

Arbeitersiedlung dienende Turm, zu einem Denkmal für Industriearchitektur avanciert

ist. Leider, wie in so vielen Fällen, ist er in den letzten 50 Jahren bei den Behörden in

Vergessenheit geraten, was zu dem Verfall des Denkmals führte.

Um sich einen Überblick über den aktuellen Zustand des Bauwerkes zu verschaffen,

wurde Prof. Lorenz mit einem Team von der Architektengruppe PODELNIKI zur

Durchführung einer konstruktiven Bestandsaufnahme nach Jekaterinburg

eingeladen. Die Bauaufnahme ist nur einer von vielen Schritten bei der

Wiedereingliederung des "Weißen Turmes" in das Stadtgeschehen, obwohl er auch in

seinem jetzigen Zustand nicht aus dem Stadtbild wegzudenken ist.

1 Deutsche Forschungsgemeinschaft

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1.1 Baugeschichtliche Hintergründe und Zusammenhänge

Die Bezeichnungen Vorhut oder auch Vortrab entstammen dem französischen Wort

„avant-garde“. Die avant-garde bezeichnet in der Sprache des französischen Militärs

diejenigen, die den Feind zuerst ausspionieren oder mit ihm in Kontakt kommen

sollen. Diese wichtige Rolle in der taktischen Kriegsführung steht bezüglich der

Semantik gleich einer künstlerischen Epoche des frühen 20. Jahrhunderts in Europa-

der Avantgarde. Diese Epoche vereinte die Einflüsse der westlichen Welt, mit den

Traditionen der östlichen und steht für einen Prozess der Erneuerung. Eine

Vorreiterrolle, die diese Epoche übernimmt, liegt in der Kunst begründet. Sehr

bekannte Vertreter wie beispielsweise Marc Chagall2, Wassily Kandinsky3 oder auch

Kasimir S. Malewitsch4. Letzterer war der Begründer des „Suprematismus“, einer

Stilrichtung in der modernen Kunst, die vor allem auf der Konstruktion mit Hilfe von

geometrischen Formen begründet war. Die Kernaussage dieser fordert „den

Abbruch aller Traditionen und den Aufbau einer neuen Wirklichkeit im

traditionsleeren Raum“ [8]. Führende Architekten des Konstruktivismus der frühen

1920er Jahre wurden durch diesen Stil in ihren Entwürfen beeinflusst. Der

Konstruktivismus war eine Architekturperiode, die durch klare Formgebung und einer

daraus resultierenden Zweckbestimmung des Objektes bestach. Pragmatische

Formen, futuristisch anmutend, fanden oft in der frühen sowjetischen Architektur ihre

Anwendung.

Die erste Hälfte der 1920er Jahre war die Phase der „Papierarchitektur“. Viele

Entwürfe, die in dieser Zeit auf dem Papier entstanden, wurden nie umgesetzt.

Jedoch war diese Phase sehr intensiv hinsichtlich der kreativen Suche nach

geeigneten Ausdrucksformen [3/S.15]. Die Architektur der russischen Avantgarde

entstand durch eine Kombination von Funktion, Form und Konstruktion. Die

Formgebung war durch die Erschließung neuer Baustoffe wie dem Stahlbeton auch

gut in der Realität umsetzbar. Die Absicht ein Gebäude nach seiner Funktion und

zukünftigen Nutzung zu gestalten war maßgeblich.

„Nach der Gründung der „Vereinigung moderner Architekten“ (OSA) 1925 in Moskau

wurden die Grenzen zwischen den Architekturströmungen5 stärker“ [4/S.54]. Unter der

2 Französicher Maler von russisch-jüdischer Herkunft (1887-1985) 3 Russischer Maler, Grafiker und Kunsttheoretiker (1866-1944) 4 Russischer Maler und Hauptvertreter der russischen Avantgarde (1879-1935) 5 Architekturströmungen waren der Konstruktivismus und der Traditionalismus

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Leitung von Moseij J. Ginzburg6, dessen Schaffen durch westliche Einflüsse wie das

deutsche Bauhaus geprägt wurde, konzentrierte sich die Arbeit der OSA auf die

Moderne. Es gab eine Entwicklung hin zu der „funktionellen Methode“ des

Konstruktivismus als ein Ergebnis der Mischung zweier Strömungen – Einflüsse aus dem

Konstruktivismus und dem Traditionalismus, welcher städtebaulich-sozial ausgerichtet

war. Diese Methode bezog sich auf die Zweckbestimmung eines Gebäudes. Dem

räumlichen Erscheinungsbild einerseits, steht gleichzeitig die Funktionalität des

gesamten Bauwerks gegenüber. Die Konstruktivisten, und vor allem die junge,

inspirierte Studentenschaft des Landes nahmen sich dieser Methode an.

Eines der Schaffensprinzipien, welches die Vereinigung moderner Architekten

definierte, lautete: ,,Die OSA schafft kollektiv neue Architekturformen, die sie auch

praktisch probiert, die sich funktionell aus der Bestimmung des Gebäudes, seinen

Material, der Konstruktion und anderen Produktionsbedingungen ergeben, sie

entspricht damit den konkreten Aufgaben, die sich aus dem sozialistischen Aufbau

des Landes ergeben." [6/S.194]. Es war die Zeit einer industriellen Aufholjagd und die

Architekten mussten sich hinsichtlich der industriellen Fertigung bestimmter Bauteile

und der damit zusammenhängenden Montage auf eine neue Herangehensweise

einstellen.

Besonders entscheidend für die Etablierung des Konstruktivismus im Ural war eine

eindeutige Verbesserung der wirtschaftlichen Lage. In den späten 1920er Jahren war

das Land wieder in der Lage an die Zeit vor dem Bürgerkrieg anzuknüpfen. Das

Vorhandensein von Baumaterialien und die nötige Motivation in der Bevölkerung,

einhergehend mit Wettbewerbsgeist, sorgten für einen Aufschwung. „Das

traditionelle Bauwesen in Russland beschränkte sich über Jahrhunderte ganz

überwiegend auf wenige Materialien: Holz, Stein und Lehm, später auch Metall.“

[1/S.34]. Die russische Avantgarde und das „neue“ Bauen erforderten ein Umdenken.

Zum einen wurde von jetzt an zwischen der statisch und konstruktiv erforderlichen

Tragstruktur und der raumgebenden Struktur eindeutig unterschieden. Zum anderen

kamen viele neue (künstliche) Baustoffe zum Einsatz. Vorangetrieben durch die

Industrialisierung waren vor allem Industriebauten die Vorreiter bei der Einführung

neuer Baustoffe wie Stahl oder Stahlbeton. Weiterhin konnten, begünstigt durch die

Trageigenschaften des Stahlbetons, größere Spannweiten realisiert werden. Zu

diesem Zeitpunkt lag die Sowjetunion im internationalen Vergleich weit hinter

anderen Nationen, wie den USA, Deutschland oder Frankreich. In den USA konnte

6 russisch: Моисей Яковлевич Гинзбург (1892 – 1946)

Page 15: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

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man bereits auf einen reichen Erfahrungsschatz im Industriebau zurückgreifen,

Deutschland hingegen war führend im Wohnungs- und Siedlungsbau gewesen.

Der frühe sowjetische Konstruktivismus und die Architekturströmungen aus dem

westlichen Ausland nahmen in ihrer Entwicklung einen ähnlichen Weg. Beide hatten

die Funktionalität als Maxime. Die Bauwerke des neuen sowjetischen Staates sollten

jedoch auf die Art und Weise des Denkens des Sowjetbürgers einwirken. Folglich

stellte sich die Wiederspiegelung der Ideologie in der Architektur selbst als eines der

wichtigsten Merkmale heraus. Ohne jedoch zu dominieren sondern sich ihr

unterzuordnen. Diese Architektur sollte keine klassenlose Massenarchitektur sein,

sondern wurde für eine bestimmte Klasse geschaffen werden – das Proletariat [10].

Zu den drei wichtigsten Zentren der Avantgarde-Architektur zählten die USA, Europa

und die Sowjetunion. In diesen Regionen waren architektonische und bautechnische

Errungenschaften gleichberechtigt. Vor allem in Europa und der Sowjetunion war

jedoch die Ästhetik eine sehr bedeutende Komponente. Der Entwurf von Bauwerken

entsprach bis 1929 weitgehend nur den Errungenschaften des europäischen Know-

how‘s. Ab den 1930er Jahren erfolgte vermehrt ein Austausch mit ausländischen

Spezialisten, wodurch neue Erkenntnisse zum Bau von großen Werksanlagen

gewonnen werden konnten. So z.B. die Traktorfabriken in Stalingrad7 und

Tscheljabinsk, das Autowerk in Gorki und eine Bahnwagenfabrik in Nischni Tagil.

Eine frühe Mittlerrolle zwischen Ost und West spielte der bereits angesprochene

Wassily Kandinsky [1/S.38], der als Lehrmeister 1921 an die Bauhausschule nach

Deutschland ging. Diese wurde im Jahr 1919 als eine Vereinigung der örtlichen Kunst-

und der Kunstgewerbeschule in Weimar durch Walter Gropius8 gegründet.

Publikationen auf deutscher Seite unter der Leitung von Walter Gropius und Ernst

May9 über sowjetische Architektur sowie auf russischer Seite, unterstützt durch die

OSA, informierten über den ausländischen Kenntnisstand und trugen dazu bei eine

zukünftige gemeinsame Arbeitsgrundlage zu schaffen. Speziell die Kenntnisse des

Bauhaus‘ wurden vor allem durch den ehemaligen Bauhausdirektor Hannes Meyer10

und sieben Bauhausstudenten [1/S.38] in die Sowjetunion gebracht, die wegen des

erstarkenden Nationalsozialismus nach Moskau umsiedelten.

Das Land holte immer schneller mit Hilfe der ausländischen Erfahrungen und

Technologien die versäumte Industrialisierung nach. Oft übertrafen die Anlagen ihre

7 heute Wolgograd 8 deutscher Architekt (1883 – 1969) 9 deutscher Architekt und Stadtplaner (1886 – 1970) 10 Schweizer Architekt (1889 – 1954) und Lehrer/Direktor an der Bauhausschule

Page 16: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

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ausländischen Vorbilder - so auch das Maschinenbauwerk Uralmasch in

Swerdlowsk11. Es wurde sehr schnell errichtet, spielte eine Vorreiterrolle in der Region

und war sowohl im In- als auch Ausland bekannt. Die dort gefertigten Maschinen

wurden bei Ausstellungen im Ausland gezeigt, was für innovatives und qualitatives

Arbeiten stand. Weiterhin belieferte das Maschinenwerk über 200 Firmen in 10

verschiedenen Ländern.

11 heute Jekaterinburg

Page 17: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

5

Abb. 1: Propagandaplakat zur Aufholung der Industrialisierung – „Einholen und Überholen“

1.2 Die Geschichte des Uralmasch

„Uralmasch lebte wie das Land

lebte, aber auf Grund seines

Maßstabs fand alles, was im

Land passierte, hier extremes

Ausmaß.“12

„Und ungewollt entsteht die Frage:

Ist es das Los des russischen Mannes in Armut

und Verzicht zu leben und dabei Stolz zu sein auf

den Fortschritt? Stolz sein aus den letzten Kräften.“12

Um die Leistung der Erbauer des Weißen Turmes besser

einschätzen zu können, muss man den Kontext

betrachten, in dessen Zuge er entstanden ist.

Das Russland der 1920er Jahre ist ein rückständiges

Land, zerrissen von dem Bürgerkrieg13, den internen

Machtkämpfen in der Partei, die nach dem Tod Lenins

1924 ausbrachen und den daraus resultierenden

Säuberungen. Das Industrialisierungsniveau ist

zwischen 50 bis 100 Jahren hinter den westlichen

Staaten und so wird das Land einem rigorosen Plan

unterworfen, einer einzigartigen Aufholjagd (Abb. 1).

Mit Hilfe der sogenannten Fünfjahrespläne14 sollte der

junge15 sowjetische Agrarstaat in ein modernes

rüstungsstarkes Industrieland verwandelt werden. Das

Alles sollte nach Stalins Plan in 10 bis 15 Jahren

geschehen.

Der erste dieser Fünfjahrespläne wurde 1928 abgesegnet und beinhaltete den Bau 12 Beides nach [11] und [12] 13 ca. 1917 – 1923 14 Russ.: Pjatiletka 15 die Sowjetunion wurde erst 1922 gegründet; bis 1917 Russisches Imperium, 1917 Russische Republik, 1917-1922 Sowjetrussland

Page 18: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

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Abb. 2: A. Bannikow Abb 3: W. Fiedler

neuer metallurgischer Werke auf dem Südural und in Westsibirien. Um diese mit allen

notwendigen Maschinen beliefern zu können und diese nicht im Ausland einkaufen

zu müssen, wurde gleichzeitig beschlossen ein eigenes russisches Maschinenbauwerk

zu errichten. Am 3.Juli 1927 begann die Geschichte des „Vaters aller Fabriken“ [11]

und [12] in Russland mit der Billigung des Baus durch die Sowjetregierung. Die

Grundsteinlegung erfolge am 15.Juli 1928 an der zukünftigen Werkstatt für

Metallkonstruktionen. Die Wahl des Datums hatte einen symbolischen Stellenwert –

am 15.Juli 1919 wurde die „Weißen“16 unter Admiral Koltschak17 durch die

Bolschewiki18 aus der Stadt vertrieben.

Die Lage des Betriebes wurde nicht um sonst gewählt. Ursprünglich waren 3

Standorte in der engeren Auswahl – das Werch-Isetskij19 Werk in Jekaterinburg,

Nischni Tagil und Tscheljabinsk. Am Ende wurde sich für den Standort im Norden der

Stadt Swerdlowsk20 entschieden, da dieser logistisch günstig lag und notwendige

Ressourcen vorhanden waren. So gab es zwei Wasserquellen in der Nähe – den

Werch-Isetskij Teich und den See Schuwakisch, sowie reiche Torflagerungen und den

wichtigen Bahnknotenpunkt Swerdlowsk-1.

Zum Bauleiter wurde schon am 7.12.1926 Alexander Bannikow21 (Abb. 2), ein

studierter Parteifunktionär und

Veteran der roten

Revolutionsbewegung, ernannt; zum

leitenden Ingenieur – Wladimir

Fiedler22 (Abb. 3). Eigens für den Bau

der Fabrik Uralmasch – ural’sches

Maschinenbauwerk – wird das Büro

16 Die bedeutendsten Kontrahenten der Bolschewiki und der Roten Armee im Bürgerkrieg; Zusammenschluss mehrer politischen Lager, deren einzige Gemeinsamkeit die Ablehnung der sowjetischen Herrschaft war 17 Alexander Wassiljewitsch Koltschak (1874-1920) – russischer Ozeanologe, Polarforscher, Admiral, führende Persönlichkeit der „Weißen“, Oberster Regent Russlands von 1918-1920 18 Kommunistische Partei, die eine Revolution unter der Führung von Berufsrevolutionären anstrebte 19 Eisen-Stahlwerk, das 1726 in 2 km Entfernung von Jekaterinburg gegründet wurde; liegt am Fluss Isset. 20 Von 1924-1991 Name Jekaterinburgs. 21 Alexander Petrowitsch Bannikow (1895-1932) – russischer Revolutionär und Offizier, Teilnehmer der Revolution und des Bürgerkrieges 22 Wladimir Fedorowitsch Fiedler (1881-1933) – Hauptingenieur des Uralmaschstroj und leitender Ingenieur des Baus des Uralmasch

Page 19: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

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Uralmaschstroij23 gegründet, in dem der Letztgenannte eine hohe Position

bekleidete, und, das einige der wichtigsten Bauwerke projektieren wird.

Während der offizielle Beschluss zum Bau erst Juli 1927 gefällt wurde, sind die ersten

Behausungen für Arbeiter schon 1926 in Form von Erdhütten entstanden, da es schon

seit dem Anfang von 1927 gebaut werden sollte. Bis zum Jahr 1928 wurden auch

einige Baracken (Abb. 5) als Behausung für Alleinstehende gebaut. Diese verfügten

nur über die einfachste Ausstattung – Heizöfen und Pritschen.

Abb. 4: Generalplan zur Bebauung der Plansiedlung; rot – die Lage des Wasserturmes, grün – Werkseingang

Im selben Jahr wurde Piotr Oranskij24 zum leitenden Stadtplaner der neuen Siedlung

ernannt [19]. Obwohl es in dem Jahr 1927 einen Wettbewerb zur Planung gab, reiste

I.Robatschweskij 1928 nach Leningrad um einen fähigen Spezialisten einzustellen und

brachte den jungen Architekten mit. Oranskij wählt die zu der Zeit äußerst populäre

Idee [13] des Sozgorod25 für die Werksplansiedlung. Typisch für diese Art von

23 wörtlich: Uralmaschbau 24 Piotr Wassiljewitsch Oranskij (1899-1960) – Architekt und Stadtplaner, eine der Hauptakteure des Baus der Werksplansiedlung Uralmasch, in den 1950ern leitender Architekt Jekaterinburgs und Hochschullehrer 25 Bezeichnung für einheitlich nach einem Generalplan gebaute Siedlungen/Viertel in sowjetischen Städten der 30er Jahre

Page 20: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

8

Abb. 5: Baracken, zeitgenössische Aufnahme

Stadtgestaltung sind Wohnblöcke, die durch Ein- und Ausfallsstraßen begrenzt

werden. Charakteristisch ist auch die Aufteilung der Flächen: etwa 50% sollen mit

Wohnhäusern bebaut werden, 35% werden Parkanlagen, Grünflächen und

Ähnlichem zugewiesen, der Rest dient zum Infrastrukturausbau [13].

Ein Areal für die Werksplansiedlung wurde nördlich vom Werk gewählt, da dort durch

die Windbewegungen ein abgasfreieres Quartier garantiert werden konnte.

Außerdem war nur das Wasser aus dem See Schuwakisch trinkbar, der Werch-Isetskij

Teich war für die Trinkwasserversorgung ungeeignet.

Das erste Bebauungskonzept für 100 Tausend Einwohner stellt Oranskij 1929 vor. Als

Hauptaugenmerk in dem Entwurf galt der Platz vor dem Eingang auf das

Werksgelände Ploschad‘ Pervoji Pjatiletki26 mit 3 Hauptstraßenachsen (Abb. 4), um

die Verbindung zwischen Werk und Siedlung zu betonen [13].

Im Gegensatz zu anderen Plansiedlungen,

wird die des Uralmasch durch die Lage und

Bedeutung des Werkes selbst definiert. Sie sollte

in 3 Bebauungsgebiete unterteilt werden: das

erste Gebiet für steinerne Bauwerke um die

Hauptachsen des Platzes des ersten

Fünfjahresplanes, zweites weiter drinnen für

Holz-, Block- und „Gerüst-Aufschütt“-Häuser

und das dritte für individuelle Heime am Ortsrand.

Der Bau der Siedlung kam nur schleichend voran, da es an sämtlichen

Baumaterialien und dem Knowhow fehlte. Das Hauptaugenmerk galt dem

Maschinenbauwerk, so dass die meisten Ressourcen dorthin geleitet wurden. Es gab

kaum moderne Hilfsmittel. Das Meiste wurde mit einfachsten Mitteln errichtet. Weil

Mauern im Winter den Russen nicht möglich war, betrug die Bauzeit für die ersten

massiven Häuser 2 Jahre (Abb. 7). Auch für Blockhäuser brauchte man zu viel Zeit

und Ressourcen. Deshalb wurde eine Übergangslösung gefunden – „Gerüst-

Aufschütt-Häuser“ (Abb. 6). Die Wände bestanden aus groben Holzbalken, die mit

Holzplatten je Seite verkleidet wurden und mit einer Mischung aus Sägespänen und

Kalk verfüllt wurden. Alles Notwendige dafür wurde vor Ort gefertigt, zum

Bestimmungsort transportiert und zusammengebaut. Obwohl nur für 20 Jahre

gedacht, wurde erst in den 1970ern mit dem Abriss der Häuser begonnen, vereinzelt

sind sie noch heute in dem Viertel zu finden [14]. 26 Ploschad‘ Pervoji Pjatiletki – Platz des ersten Fünfjahresplans

Page 21: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

9

Im März 1928 wird beschlossen das Werk vor dem 1.Oktober 1933 in Betrieb zu

nehmen. Die Arbeiter schufteten mindesten 16 Stunden am Tag um die Vorgabe zu

erfüllen. Die Schichten gingen eigentlich 12 Stunden, aber Überstunden waren Pflicht

und der Meister musste einen entlassen. Um Zeit zu sparen wurden außerdem die

kostspieligen, im Ausland eingekauften Maschinen gleichzeitig mit den Werkshallen

aufgebaut, was teilweise zu fatalen Defekten hochsensibler Mechanismen durch die

Witterungsverhältnisse führte.

Im Frühling 1930 misslangen die ersten Bohrung für Wasserversorgungsschächte,

woraufhin deutsche Spezialisten in den Ural eingeladen wurden. Unter ihrer Aufsicht

bohrte man 5 Schächte von 50 cm Durchmesser und 80-100 m Tiefe. Da diese nicht

für die Belieferung ausreichten, wurden durch Russen 4 weitere selbstständig

gebohrt.

1931 gingen die ersten Werkstätten in den Betrieb – die Gusseisengießerei, die

Modellwerkstatt und die Werkzeugwerkstatt. Außerdem wurde das komplette

industrielle Wassernetz in Betrieb genommen.

Am 15.Juli 1933 wurde das Werk feierlich eröffnet. In den folgenden Jahren wird es zu

einem der größten sowjetischen Betriebe. Die Produktion wird nicht nur im Inland

angewendet, sondern auch ins Ausland verkauft.

Den stalinistischen Säuberungen entgingen die Arbeiter, Ingenieure und zahlreichen

anderen Fachkräfte trotz oder vielleicht besonders wegen ihrer Verdienste jedoch

nicht. Mit Eifer wurde immer und immer wieder nach Staatsfeinden gesucht. Auch

der 1933 verstorbene leitende Ingenieur Fiedler wurde nicht verschont. Postum wurde

er zum „Schädling“ wegen des Brandes in der Schmiede-Presse-Werkstatt, die zu den

„Lieblingskindern“ [15] des Ingenieurs zählte, ernannt. Seine Asche wie die von

Bannikow sollte aus dem Denkmal vom Platz des ersten Fünfjahresplanes entfernt

werden. Nur durch den Einsatz eines Mitarbeiters wurden diese gerettet und nach

Jahren im Versteck endlich in den 1950ern begraben.

Abb. 6: 3-stöckige Holzhäuser/"Gerüst-Aufschütt-Häuser", zeitgenössische Aufnahme

Abb. 7: 4-stöckiges gemauertes Haus, zeitgenössische Aufnahme

Page 22: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

10

Abb. 9 und Abb. 10: Arbeiter der Uralmasch-Baustelle, zeitgenössische Aufnahmen

Abb. 8: Panzer verlassen die Werkshalle

Während des Zweiten Weltkrieges wird die Produktion auf Kriegsgüter umgestellt.

Allein in 4 Jahren werden 5551 Panzer (Abb. 8) und Selbstfahrlafetten hergestellt, 19

Tausend Panzerungen für Fahrzeuge und tausende Geschoße für sämtliche Arten

von Waffen. In der Werkssiedlung wurden 26

Tausend Flüchtlinge aufgenommen. Schon

damals wird deutlich, dass die Planer sich bei

der Entwicklung der Bevölkerungszahlen

verkalkuliert haben. Die erst in der 50ern zu

erreichende Zahl von 24 Tausend Einwohnern

in der Siedlung, wurde schon vor dem Zweiten

Weltkrieg erreicht. Heute leben in dem Viertel,

das seit 1935 den Namen von Sergo

Ordschonikidse27 trägt, 240 Tausend Einwohner; es verfügt über zahlreiche Tramlinien

und einen Anschluss an das U-Bahnnetz. Das Werk produziert noch immer

verschiedenste Maschinen, die vor allem im Bergbau genutzt werden.

An die Opfer und Entbehrungen der Ersterbauer (Abb. 9 und 10) erinnern heute nur

noch wenige Stimmen. Die von ihnen errichteten Bauwerke erfühlen jedoch auch

heute ihren Zweck und tragen ihre Geschichte leise weiter.

27 Grigori Konstantinowitsch (Sergo) Ordschonikidse (1886-1937) – sowjetischer Funktionär, maßgebend beteiligt an dem Vorantreiben sowjetischer Industrialisierung

Page 23: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

11

1.3 Die Geschichte des „Weißen Turmes“

Der Bau des Werks Uralmasch war ein logistischer Kraftakt. Alle beteiligten an

Arbeitern musste mit allen überlebensnotwendigen Sachen beliefert werden – Strom

kam von WIZ28, das Heizöl aus der Umgebung zur zukünftigen Siedlung gebracht, nur

die Wasserversorgung bereitete den Verantwortlichen Kopfzerbrechen. Bis dahin

wurde das Wasser in Fässern zu Pferd transportiert.

Abb. 11: der erste Entwurf von Moiseji Reischer und Abb. 12: Modell des Turmes von Reischer 1929

1928 schlug Iosif Robatschewskij, Leiter der Projektierungsabteilung des

Uralmaschstroij, vor einen Wasserturm nach einem individuellen Entwurf zu bauen.

Trotz des Termindrucks unterstützte auch der leitende Ingenieur Wladimir F. Fiedler29

das Vorhaben. Mit dem Bauwerk sollte ein neues Ideal des Bauens geschaffen

werden, welches abgrenzend zur der zaristischen, bourgeoisen Kunst stünde. Der

anschließende Wettbewerb ermöglichte nur 3 Tage Entwurfszeit – schlussendlich gab

es 3 Teilnehmer – P. Oranskij30, W. Bezrukow und M. Reischer (siehe Kapitel 1.4). Die

Entwürfe der beiden Ersterwähnten sind nicht mehr überliefert. Angeblich enthielt ein

Entwurf die Kombination eines Wasserturmes mit einem Wohnblock, der Autor ist

jedoch unbekannt [16/S. 6]. Reischers Entwurf jedoch, der nur in einer Nacht

28 Werch-Issetskij Zawod – Stahl- und Eisenwerk am Fluss Isset, das seit 1726 existiert, etwa 8 km entfernt 29 Wladimir Fedorowitsch Fiedler (1881-1933) – Hauptingenieur des Uralmaschstroj und leitender Ingenieur des Baus des Uralmasch, nach dem Tod repressiert 30 Piotr Wassiljewitsch Oranskij (1899-1960) – Architekt und Stadtplaner, eine der Hauptakteure des Baus der Werksplansiedlung Uralmasch, in den 1950ern leitender Architekt Jekaterinburgs und Hochschullehrer

Page 24: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

12

entstand [24], wurde zum Bau ausgewählt (Abb. 11 und 12). Die Idee des Ingenieurs

war simpel und genial zu gleich – die Vereinigung von zwei geometrischen Körpern,

eines Quaders und eines Zylinders.

Schon im Generalplan (erstellt von Konkurrent Piotr Oranskij) desselben Jahres wird

dem Bauwerk eine zentrale Rolle zugeschrieben. Er sollte den Mittelpunkt einer

mehrstrahligen Straßensystems bilden, das mehrere kleinere Werkplansiedlungen

anderer Betriebe verbinden sollte. Weder diese Siedlungen noch ein Teil der

geplanten Straßen wurden je realisiert.

Als Leiter einer der Projektierungsabteilungen durfte Reischer sich die Baustoffe selbst

aussuchen. Wichtig war, dass diese effizient und kostengünstig waren. So wählte er

Stahlbeton, da er in der Zeit auch an der Ausarbeitung einer weitspannenden

Hallenkonstruktion aus diesem beteiligt war. Das Projekt des „Weißen Turmes“ galt

anfangs als nicht technisch realisierbar. Im Ural gab es keine Erfahrung mit dem

Baustoff und Hauptingenieur Fiedler, der um die Standsicherheit des Turmes

fürchtete, bestimmte, dass aus zwei freistehenden Stützen unter dem Behälter vier

werden. Außerdem wollte man die Chance nutzen eine neue Generation von

fachlich hochqualifizierten Spezialisten auszubilden, die keine Angst vor

Herausforderungen im Planungs- und Logisitikbereich des Projektes hatten.

Mit der Ausarbeitung der technischen Ausführung im Stahlbeton wurde das

Moskauer Büro „Techbeton“ unter Leitung von Sergei L. Prochorow betraut. Auch

die Bauleitung wurde von ihnen durch den Mitarbeiter M. Strukow übernommen

(Abb. 13 und 14). Dieser hatte im Gegensatz zu seinen Moskauer Planungskollegen

ständig vor Ort zu sein. Die Planung des Tanks übernahmen die Ingenieure des

Uralmaschstroij unter Ingenier S. Korotkow. Dafür wurde das System des deutschen

Ingenieurs Otto Intze gewählt. Für die Herstellung des Behälters wurde erstmals das

Elektroschweißverfahren verwendet. Die Schweißarbeiten dauerten 5 Monate lang

und wurden am 5.Juli 1931 mit der Abnahme durch Moskauer Ingenieure beendet.

Die Qualität der Naht wurde von den Moskauer Spezialisten als sehr hoch

angesehen, trotzdem passierte beim ersten Befüllen ein schweres Unglück.

Page 25: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

13

Nur wenige Minuten nach der Unterzeichnung der Freigabepapiere bog sich der

stählerne Behälterboden zuerst durch und platzte anschließend, so dass die

komplette Maße an Wasser an den Stützen und dem Treppenhaus herunter strömte.

Prompt interessierte sich das NKWD31 für den Vorfall [17]. Der leitende Ingenieur des

„Techbeton“ wurde sofort nach Jekaterinburg bestellt. Auf der Fährfahrt von Nischni

Nowgorod nach Perm, die damals 4-5 Tage betrug, entwarf Sergei Prochorow einen

komplett neuen Behälterboden aus Stahlbeton, machte die erforderlichen statischen

Berechnungen und fertigte die notwendigen Zeichnungen zur Umsetzung an. Nach

seiner Ankunft wurde der Entwurf rasch realisiert und festigte durch seine Stabilität

das Vertrauen in den Stahlbetonbau. Laut der Projektierungsunterlagen zur

Wasserversorgung [25, Bestand 3, №2] sollte der Turm anfangs mit 542,27 m3 Wasser

befüllt werden, jedoch ließen die Projektierer Platz für den Ausbau des Behältnisses

bis zu einem Volumen von 695 m3 zu. Somit war der Tank der größte seiner Art in der

Zeit auf der Welt. In Chicago soll es einen Behälter vergleichbarer Größe gegeben

haben [16/S. 4].

Das Wasser zur Belieferung der Siedlung wurde dem naheliegenden Schuwakisch-

See entnommen. Die Wasserleitung dafür durchtrennte etwa 100 m verschiedenster

Bodenschichten. Die intensive Nutzung durch das Werk und die Siedlung führte in

den Folgejahren dazu, dass der See nahezu komplett austrocknete. Heute ist an

seiner Stelle eher ein Sumpf vorzufinden, obwohl das Wasser seit den 1960ern nach

der Außerbetriebnahme mehrerer Pumpen langsam zurückkehrte [15].

Nach der Fertigstellung des Bauwerkes wurde es mit weißem Kalk verputzt, was ihm

31 Narodnij kommissariat wnutrennich del – Volkskommisariat für Innere Angelegenheiten

Abb. 13: Bau der Stützen Abb. 14: Schalung des Behälters

Page 26: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

14

seinen heutigen Namen „der Weiße Turm“ gab. Und obwohl diese Farbe in den

Zeiten des Zweiten Weltkrieges als Objekt von strategischer Bedeutung in

camouflage-grün umgestrichen wurde, setzte sich die Bezeichnung bis heute durch.

Während in den 30ern noch die kleinere Version des Behälters für die vorhandene

Bevölkerung vollkommen ausreichte, wurde der Turm in den 60ern überflüssig, da er

die zur Versorgung notwendigen Mengen nicht halten konnte und so wurde der

Betrieb nach nur ca. 30 Dienstjahren eingestellt. Der Turm geriet in die Vergessenheit

trotz mehrerer Revitalisierungsversuche.

Moisej Reischer, sein „Vater“, veranstalte mit seinen Studenten in den 1970ern eine

Kreativwerkstatt, wo Möglichkeiten zur Umnutzung besprochen wurden. Außerdem

arbeitete er mit einer Gruppe von Malern einen Umnutzungsplan zum Cafe aus

(Abb. 15 und 16). Im Tank sollte ein Zwischenboden eingezogen werden und so ein

doppelstöckiges Jugendcafe mit Aussichtsplattform ermöglichen. Die Direktion des

Uralmasch gab grünes Licht, doch die Umsetzung scheiterte am Widerstand von

Gennadi Beljankin, dem Hauptarchitekten der Stadt.

Zusätzlich wurde in den 1970ern seine Bedeutung als Mittelpunkt dreier Achsen

geschmälert. Bis dahin sichtbar vom Platz des ersten Fünfjahresplanes, wurde er

durch den neuen Kulturpalast „Uralmasch“ und ein Stadion verdeckt.

Auch weitere Versuche zur Umsetzung einer Umnutzung scheiterten. Es gab Ideen zur

Einrichtung eines Clubs, von Büros oder ein Wiederaufgriff der Cafe-Idee. Das

Problem bestand vor Allem bei der Treppe. Nach gültigen russischen Standards wäre

eine Feuerwehrtreppe von größeren Abmessungen notwendig (Abb. 17).

Abb. 15 und Abb. 16: Projekt zur Umnutzung des Turmes von Moiseji Reischer, 1971

Page 27: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

15

Diese würde jedoch das architektonische Konzept des Turmes mit dessen schlanker

Diese würde jedoch das architektonische Konzept des Turmes mit dessen schlanker

Silhouette zerstören und so verfiel der Turm langsam während die Pächter einer nach

dem anderen wechselten. Darunter waren eine Versicherungsgesellschaft, die sich

nach dem Turm benannte und das Rote Kreuz dabei. Im April 2013 [18] wurde der

Turm dann entgeltlos an die ehrenamtliche Architekturgruppe PODELNIKI zur

Nutzung übergeben. Die Jungarchitekten setzen sich schon davor für den Erhalt des

Denkmals und dessen Wiedereingliederung ins Stadtleben ein.

Abb. 17: Umnutzungskonzept des Architekten Chramtsow mit einem neuen Treppenhaus, 1989

Page 28: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

16

Abb. 18: Moiseji Reischer bei der Arbeit

Abb. 19 und Abb. 20: Diplomarbeit „Volkshaus für Aufklärung“ von Moiseji Reischer

1.4 Der Architekt: Moiseji Reischer (1902-1980)

Hinter jedem Bauwerk steht ein Team von

Ingenieuren, Architekten und Arbeitern. Der

„Weiße Turm“ ist da keine Ausnahme,

jedoch sticht in diesem Fall ein Name

besonders hervor, der von Moiseji Reischer32

(Abb. 18), geboren am 1.Januar 1902. Der

Architekt hat das Bauwerk wie kein anderer

geprägt und nach seinen Vorstellungen

geformt. So soll der Entwurf innerhalb nur

einer Nacht entstanden sein [24]. Im Jahr 1926 machte er den Abschluss Technischen

Instituts Sibiriens33 mit der Diplomarbeit zur Planung eines „Volkshauses für Aufklärung“

(Abb. 19 und Abb. 20).

Mit nur 27 Jahren er die Konstruktion entworfen und den Bau intensiv begleitet. Dabei

war er einer der älteren Ingenieure im Team und hatte deshalb auch

anspruchsvollere Aufgaben zu erledigen. Der Bau des „Weißen Turms“ fand im

Rahmen seiner Zuständigkeit für den Bau der Industriebauten des Werksgeländes des

Uralmasch statt, welche innerhalb des ersten Fünfjahresplanes34 errichtet werden

sollten. Aus der Feder von Reischer stammten alle wichtigen Werkshallen – die

Gusseisen- und Stahlgießereien, das Schmiede-Presswerk, das thermische Werk.

Auch nach dem Beenden der Arbeiten am Turm blieb er seiner Kreation verbunden.

Ein Foto des Turmes soll immer in seiner Wohnung gehangen haben [20].

32 [16] Tokmininowa, S. 6 33 Heute: Tomsk Polytecnic University 34 Fünfjahresplan – ein planwirtschaftliches Instrument, das in der USSR hauptsächlich zur die Umsetzung der Industrialisierungsziele verwendet wurde

Page 29: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

Abb. 21(links oben): Gorsowet vor dem Umbau Golubew für das Gorsowet Abb. Umbau des Gebäudes des Gorsowet

Obwohl in den 20er Jahren Mitglied der OSA

und mehr durch Rekonstruktionsaufträge dem Neoklassizismus zu. Seine B

den späteren Jahren sind eher von der Anwendung klassischer Elemente im

Fassadenschmuck geprägt. Seit 1936 war Moiseji Reischer für das Exekutivkomitee für

Architektur Jekaterinburgs tätig

Konservatoriums, der Rekonstruktion der Fassade des Hotels „Großer Ural“ und bei

der Gestaltung der Fassade des Jekaterinburger Gorsowet

heute als Rathaus dient [21]

35 Obschestwo sowremenich architektorowvon 1925-1930, wurde wegen der Abkehr von der architektonischen ParArchitektur) aufgelöst. 36 Gorsowet – Stadtrat (russ.), heute Rathaus

Gorsowet vor dem Umbau Abb. 22 (links mittig): Umbauskizze des Architekten Abb. 23 (links unten): Gorsowet (Rathaus) heute

Umbau des Gebäudes des Gorsowet

Obwohl in den 20er Jahren Mitglied der OSA35 wandte er sich ab den 1940ern mehr

und mehr durch Rekonstruktionsaufträge dem Neoklassizismus zu. Seine B

den späteren Jahren sind eher von der Anwendung klassischer Elemente im

Fassadenschmuck geprägt. Seit 1936 war Moiseji Reischer für das Exekutivkomitee für

Architektur Jekaterinburgs tätig [22]. So beteiligte er sich bei dem Wiederaufbau des

ervatoriums, der Rekonstruktion der Fassade des Hotels „Großer Ural“ und bei

der Gestaltung der Fassade des Jekaterinburger Gorsowet36 (Abb. 21

[21].

Obschestwo sowremenich architektorow – Organisation moderner Architekten; existierte

1930, wurde wegen der Abkehr von der architektonischen Parteilinie (stalinistische

Stadtrat (russ.), heute Rathaus

17

Umbauskizze des Architekten Gorsowet (Rathaus) heute Abb. 24 (rechts):

wandte er sich ab den 1940ern mehr

und mehr durch Rekonstruktionsaufträge dem Neoklassizismus zu. Seine Bauten aus

den späteren Jahren sind eher von der Anwendung klassischer Elemente im

Fassadenschmuck geprägt. Seit 1936 war Moiseji Reischer für das Exekutivkomitee für

. So beteiligte er sich bei dem Wiederaufbau des

ervatoriums, der Rekonstruktion der Fassade des Hotels „Großer Ural“ und bei

(Abb. 21-24), welches

Organisation moderner Architekten; existierte teilinie (stalinistische

Page 30: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

18

Außerdem war er seit 1937 mit kurzer Unterbrechung während des Krieges als

Hochschullehrer tätig, von 1937-1941 am Architekturfachschule Swerdlowsk37 und

nach 1945 am Baufachschule Swerdlowsk. In dem Zuge hatte er auch eine

Ideenwerkstatt mit seinen Studenten zur Umnutzung des Wasserturmes in den 1970ern

veranstaltet.

Im Jahr 1945 wurde er mit der Medaille für „Heldentum der Arbeit“ ausgezeichnet.

Moiseji Reischer starb am 5.September 1980 in Jekaterinburg. Noch heute sind seine

Nachkommen dem Weißen Turm und der Stadt Jekaterinburg verbunden.

Liste der Bauwerke [23]:

(wenn nicht anders benannt in Jekaterinburg)

Arbeiten am UZTM38:

1929 – „Der Weiße Turm“

1932 – Werkhallen für die Gusseisenfertigung und

die Stahlgießerei

1932 – Grabdenkmal aus schwarzem Marmor für

Alexander Bannikow39 und Wladimir Fiedler auf

dem Vorplatz des Haupteinganges zum

Uralmasch-Gelände (1955 abgerissen und mit

einem Denkmal von Sergo Ordschonikidse40 ersetzt,

Abb. 25)

1933 – Schmiede-Presswerkhalle und thermische Werkhalle

Außerdem eine Reihe von öffentlichen Gebäuden der Plansiedlung Uralmasch u.a.

einen Supermarkt, einen Sportpavillon und ein Einkaufszentrum.

Rekonstruktionen:

1936 – Wohnhaus des Werkes „Metallist“

1938 – Fassade des Hotels „Großer Ural“

1943 – Fassade und Vestibül des Kinos „Temp“

1954 – Gesamter Komplex vom Gorsowet (Abb. 21-24)

nicht datiert – Dendroparkanlage ul. Perwomaiskaja 67, Wohnhaus in ul. Swerdlowa

37 Swerdlowsk – 1924-1991 Name Jekaterinburgs, nach dem Revolutionär Jakow M. Swerdlow (1885-1919) benannt 38 Uralskij Zawod Tjaschologo Maschinostrojenija, anderer Name für Uralmasch 39 Alexander Petrowitsch Bannikow (1895-1932) – Hauptverantwortlicher für den Bau des Uralmasch 40 Grigori Konstantinowitsch (Sergo) Ordschonikidse (1886-1937) – sowjetischer Funktionär, maßgebend beteiligt an dem Vorantreiben sowjetischer Industrialisierung

Abb.25: Grabdenkmal von A.Bannikow und W.Fiedler, zeitgenössische Aufnahme

Page 31: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

19

Sonstige:

1931 – Haus der Kultur in Asbest, Swerdlow Gebiet (in Zusammenarbeit mit P. Oranskij

und I. Robatschewskij)

1938-39 – Studentwohnheim des

Straßentechnikums

1939 – Wohnheim des Berginstituts

1939 – Skipavillion (Abb. 26)

1945 – Villen für die Angestellten des

Jekaterinburger Konservatoriums

1945 – Bebauung des 1 Quartiers der Pionerskij

Siedlung mit individuellen 2/3-Zimmer-

Wohnhäusern

1946 – Gebäudekomplex des Krankenhauses №23 (zusammen mit I. Jugowoj)

1947 – Denkmal den Gefallenen im II.WK auf dem Schirokoretschenskiji Friedhof

1947 – Denkmal auf dem Gelände des UZTM

Abb. 26: Entwurf eines Skipavillions

Page 32: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

20

2. KONSTRUKTIVE VERGLEICHE

Im Rahmen des internationalen Workshops in Jekaterinburg vom 23. August – 01.

September 2013 konnten insgesamt drei verschiedene Wassertürme besichtigt

werden. Dazu zählten der weiße Turm, der Werkswasserturm des Uralmasch und ein

Turm auf dem Werksgelände des Kupferkombinats in Krasnouralsk41. Diese

Wassertürme wurden alle Ende der 1920er bis Anfang der 1930er Jahre errichtet und

weisen somit Gemeinsamkeiten auf. Hinsichtlich der Konstruktion, den verwendeten

Materialien und der Bedeutung können allerdings auch Unterschiede festgemacht

werden. Zusätzlich wird auf einen weiteren Turm eingegangen, der sich perfekt in die

Zeit der Avantgarde einordnen lässt. Von dem russischen Architekten und Designer

Jakow G. Tschernikow42 entworfen und zwischen 1929 und 1931 erbaut, steht der

Turm43 bis heute in St. Petersburg und zeugt von einer ausdrucksstarken

Industriearchitektur. Ein Vergleich der vier Wassertürme soll im Folgenden

Besonderheiten bei der Konstruktion mit Stahlbeton aufzeigen sowie eine allgemeine

Übersicht dieser darstellen. Als sinnvolles Unterscheidungskriterium wird dabei die

Behälterausbildung gewählt, und zwar nach [der Art des] Baustoff[es] und nach der

Form der Behälter [5/S.65]. Der Wasserbehälter ist das Herzstück des Wasserturms,

dessen Tragwerk sich nach ihm ausrichtet. Dabei wird kurz auf die historische

Entwicklung einiger Behälterformen bis hin zu den in den untersuchten Wassertürmen

eingegangen, wobei das Hauptaugenmerk auf die Formen der Behälter in den zu

untersuchenden Bauwerken gelegt wird. Weitere Entwicklungsstufen werden

aufgrund der fehlenden Relevanz für diese Arbeit nicht betrachtet.

41 Krasnouralskij mediplawitel'nij kombinat/ красноуральский медеплавительный комбинат ist eine Fabrik in dem Gebiet von Sverdlovsk die immer noch Kupfer verarbeitet (250km nördlich von Jekaterinburg). 42 russisch: Яков Георгиевич Чернихов (1889-1951) 43 Die Konturen des Wasserturmes erinnern an die Form eines Nagels. Er war Bestandteil der Drahtseilfabrik Roter Nagel (oft auch als Rote Nagel – Fabrik bezeichnet).

Page 33: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

21

2.1 Historische Entwicklung der Hochwasserbehälter

Bereits um 1830 wurden die ersten Wasserhochbehälter gebaut (Abb. 27, [5]). Ihr

Anwendungsgebiet beschränkte sich damals auf die Wasserversorgung der

Eisenbahn. Mit der Erfindung der Dampfmaschine und deren Einbindung in die

Schieneninfrastruktur war eine permanente Wasserversorgung für die

Schienenfahrzeuge unumgänglich. Ein rechteckförmiger Flachbodenbehälter aus

Gusseisen stellt den ersten Meilenstein in der Konstruktion und Entwicklung der

Wasserhochbehälter dar. Dieser entstand „aus der Forderung, eine gegebene

rechteckige Grundfläche möglichst zweckmäßig auszunutzen“ [5/S.66]. Bisher

bekannte Konstruktionen aus Holz waren dabei ein Vorbild und man ahmte diese mit

dem Baustoff Gusseisen nach. Die Nachteile des Werkstoffes machten sich in der

Konstruktion bemerkbar. Materialbedingte Schwächen in der Aufnahme von

Zugkräften machten solch eine Konstruktion sehr unwirtschaftlich. Die Wände des

Flachbodenbehälters mussten mit Ankern versehen werden und der

biegebeanspruchte Boden lagerte auf einem starken Trägerrost. Als

Weiterentwicklung kann der zylindrische Flachbodenbehälter gesehen werden,

dessen Wände aus Schmiedeeisen hergestellt wurden. Dieser Werkstoff war zwar

teurer als das nur bedingt geeignete Gusseisen, jedoch hatte man erkannt, dass eine

bestimmte Formgebung der nur auf Zug beanspruchten Wände für die Tragfähigkeit

von großer Bedeutung war. Die Überlegung, sowohl die Behälterwände als auch den

Abb. 27: Übersicht der Entwicklungsstufen von Wasserhochbehältern

Page 34: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

22

Behälterboden ausschließlich auf Zugkräfte zu beanspruchen, um die

Materialeigenschaften noch effizienter ausnutzen zu können, führte zu einer weiteren

Entwicklung. Diese ist auf den Franzosen Jules Dupuit44 zurückzuführen, der in den

Jahren 1854/55 einen „Behälter mit hängendem Kugelboden“ [5/S.73] entwickelte.

Die neue Formgebung führte in den Wand- und doppelt gekrümmten Bodenblechen

zu einem Lastabtrag, der sich in den Hauptrichtungen auf Zug ausbildete. Im

Behälterboden entstanden durch die neue Formgebung hohe Zugkräfte. Diese

horizontal verlaufenden Kräfte aus dem Behälterboden mussten über einen

geschlossenen Auflagerring auf das darunter liegende Mauerwerk übertragen

werden. Daher musste der Auflagerring gleichzeitig als Druckring fungieren. Die

Anschlussstelle dieses Details konstruktiv angemessen auszubilden war eine

Herausforderung. Einige Nachteile dieser Konstruktion, wie z.B. eine Ausdehnung oder

Verengung des Auflagerringes bei unterschiedlicher Füllhöhe sowie relativ große

Horizontalkraftanteile auf das Auflagermauerwerk veranlassten den deutschen

Ingenieur Otto Intze45 1883 einen fortschrittlicheren Entwurf eines Behälterbodens zu

entwickeln. Der Fortschritt beim Intze-I Behälter lag in der Spannungsfreiheit des

Auflagerringes. Intze dachte sich einen nach oben geöffneten Kegel, dessen

Auflagerring nun nach unten versetzt wurde. Der noch überbleibende Teil des

hängenden Innenkegels wurde nach seinem Entwurf durch einen stützenden

Kugelboden ersetzt [5/S.81]. Spannungsfrei wird der Auflagerring, weil sich die

horizontalen Zugkomponenten, links und rechts von diesem, entgegenwirken und

aufheben. Intze konnte durch diese Konstruktion eine Bewegung des Ringes auf dem

darunter liegenden Mauerwerk fast gänzlich verhindern.

Diese Erkenntnis war richtungsweisend für die Verwendung eines neuen Baustoffes,

der relativ schnell für den Behälterbau verwendet wurde – der Eisenbeton. Durch die

neue Formgebung mussten im Wasserhochbehälter nur noch Normalkräfte

übertragen werden, da eine Biegebelastung praktisch ausgeschlossen werden

konnte. Im Bereich des gesprengten Bodens treten nur noch Meridian- und

Ringkräfte auf und die Mantelflächen erfahren ebenfalls keine Biegebeanspruchung

mehr. Das hat zur Folge, dass die lastabtragenden Bauteile unter dem Behälter selbst

nur noch Vertikallasten aus eben diesem abzutragen hatten. Diese Tatsache erlaubt,

das Tragwerk filigraner zu gestalten und Material einzusparen.

44 Jules Dupuit (1804-1866) war ein französcher Bauingenieur, der sich dem Wasserbau verschrieben hatte. 45 Otto Intze (1843-1904) war ein deutscher Bauingenieur, Statiker und Professor an der TH Aachen, der führend auf dem Gebiet des Wasserbaus war.

Page 35: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

23

Der Intze-I Behälter brachte durch seine Konstruktion in mancher Hinsicht ästhetische

Nachteile mit sich. Durch den notwendigen äußeren Stützkegel musste der Turmkopf

ausgelagert werden. Dieser Problemstellung trat man mit einer neuen Behälterform

entgegen – dem kuppelförmigen Stützbodenbehälter. Bei dieser Behälterkonstruktion

wurde auf den angesprochenen Stützkegel verzichtet. Schließlich war ein

freitragender Kuppelboden das Ergebnis, der bis zu Füllmengen von ca. 750m³ ein

wirtschaftliches Arbeiten ermöglichte. Die entstehenden Horizontalkräfte mussten

über einen Auflager-Zugring kurzgeschlossen werden. Einer Auslagerung des

Turmkopfes wurde somit vorgebeugt.

Page 36: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

24

2.2 Weißer Turm in Jekaterinburg

Der Weiße Turm (Abb. 28) wurde in den Jahren 1929-1931 im damaligen Sverdlowsk

(Ural) erbaut. Der leitende Ingenieur bei Bau des Turmes war Moiseji Reischer, der für

die Baugesellschaft Techbeton arbeitete. Der Turm

diente der Versorgung der Arbeiter mit Wasser, die

mit dem Bau der Werkssiedlung beschäftigt waren.

Grundsätzlich besteht er aus zwei geometrischen

Körpern. Der Treppenturm gleicht einem

rechteckigen Prisma und das Behältergehäuse

einem Zylinder. Der Zylinder ist verhältnismäßig groß,

da er ca. die Hälfte der gesamten Turmhöhe von

über 35m ausmacht. Der darin befindliche

Wasserbehälter wurde nach dem Intze-I Prinzip

gefertigt. Der Boden besteht aus Stahlbeton. Die

Behälterwand wurde aus Stahl hergestellt und

musste wasserdicht an den Stützkegel des Bodens

angeschlossen werden. Bis zu einer Füllmenge von

500m³ war ein wirtschaftliches Konstruieren mit dieser Behälterform möglich. Man

behielt sich beim Weißen Turm vor, den Behälter auf bis zu 700m³ auszubauen. Der

gesamte Wasserbehälter lagert auf einem polygonal

verlaufenden Ring, der unmittelbar mit dem Auflagerring des

Behälterbodens verbunden ist. Unterhalb dieses Ringes

schließen sich insgesamt sechs Stützen an, die verglichen zum

Volumen des gesamten Bauwerks ausgesprochen filigran

erscheinen. Umlaufend befindet sich innerhalb des Zylinders,

zwischen Behälterwand und der Wand des Gehäuses ein Spalt

von ca. 70cm (s. Längsschnitt Abb. 29). Die Planung dieses

Freiraumes beabsichtigte eine Isolierung des Wasserbehälters

gegen z.T. extreme Temperaturen im Winter. Weiterhin wurde

im gesamten Bauwerk mit einer verlorenen Holzschalung

gearbeitet. Das unter einer Putzschicht verdeckte Holz isolierte

den Turm zusätzlich. In Bereichen der Ausfachung,

insbesondere in der Gehäusewand, wurde statt des Holzes

auf Holzwolle-Leichtbauplatten zurückgegriffen, um eine

Abb.28: Weißer Turm in Jekaterinburg

Abb. 29: Längsschnitt

Page 37: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

25

Dämmung zu gewährleisten.

Aufgrund des angesprochenen Freiraumes verbreiterte sich der Zylinder auf der

Ebene des polygonalen Ringes. Es besteht aus einem Stahlbetonsockel, an welchen

insgesamt 10 vertikale Stützen monolithisch angeschlossen sind. In regelmäßigen

Abständen verlaufen über die gesamte Höhe des Zylinders verteilt drei horizontal

angeordnete Stahlbetonringe. Die Verbreiterung des Zylinders, im Bild als Auskragung

ersichtlich, wird durch sechs massive Konsolen, die jeweils an die Haupttragstützen

anschließen, abgefangen. Genau mittig zwischen den Konsolen sind weiterhin

starke, vertikale Riegel angeordnet, die einen Teil der Zylinderlast in die

abschließende „Bodenplatte“ einleiten, die wiederum die Lasten zu den Stützen

bringt. In dieser massiven Bodenplatte von ca. 60cm Dicke (25cm Stahlbeton und

35cm Aufschüttung), verlaufen Stahlbetonbalken, die die einzelnen Stützenköpfe

untereinander verbinden. Das trägt zur Aussteifung in horizontaler Richtung bei, da

die Bodenplatte die Funktion einer Scheibe übernimmt. Weiterhin wirkt der

Treppenturm durch eine Kopplung zum Zylinder in der Aussteifung mit.

Im oberen Drittel des Turmes ist ein für die Architekturperiode typisches Fensterband

vorhanden, welches sich von einer Seite des Treppenhauses bis hin zur anderen Seite

zieht. Des Weiteren befinden sich insgesamt 10 bullaugenähnliche Fenster in der

Zylinderwand. Diese stehen in Kontrast zu den rechteckigen Öffnungen ober- und

unterhalb dieser und spiegeln die Suche nach expressiven Ausdrucksformen

während der Avantgarde wieder.

Das Dach des Turmes ist eine schalenartige Konstruktion aus Stahlbeton, welche mit

einer Attika und einem Aussteifungsring direkt oberhalb des Fensterbandes versehen

ist. Auf der Schale enden vier kleinere Stützen, die einen Teil der Lasten aus der

darüber liegenden Aussichtsplattform einleiten. Der Weiße Turm als städtebauliche

Dominante entworfen, sollte von Beginn an für die Öffentlichkeit zugänglich sein und

neben seiner Funktion als Wasserturm auch als Aussichtspunkt über die

Werksplansiedlung dienen.

Page 38: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

26

2.3 Wasserturm des Kupferkombinats in Krasnouralsk

Bei der Besichtigung dieses Wasserturmes wurden Planungsunterlagen zur Verfügung

gestellt, die auf den 7.März 1929 datiert sind. Genauere Angaben bezüglich des Baus

sind nicht bekannt –

eine Errichtung des

Turmes in den

darauffolgenden zwei

Jahren ist jedoch sehr

wahrscheinlich. Er

diente bis in die 1960er

Jahre der Fabrik auf

dessen Gelände er bis

heute steht. Danach

konnte er den erhöhten

Anforderungen hinsicht-

lich des erforderlichen

Wasserdrucks nicht mehr gerecht werden und wurde außer Betrieb genommen.46

Äußerlich erinnert dieser Turm stark an den Weißen Turm aus Jekaterinburg. Die

konstruktivistische Bauweise lässt sich auch hier sehr gut erkennen. Bandähnliche

Fensteröffnungen auf verschiedenen Ebenen des Turmes sind als charakteristisches

Gestaltungsmerkmal wiederzufinden. Zusammengesetzt aus einfachen

geometrischen Formen, wie dem rechteckigen Prisma (Treppenhaus) und dem

Zylinder (Behältergehäuse) ragt der Turm bis in knapp 25m Höhe (Abb. 30). Die

Vereinigung dieser Elemente unterscheidet sich von der im Weißen Turm. Verlief bei

diesem noch das Treppenhaus außerhalb des Zylinders bis nach oben auf die

Plattform, so befindet es sich bei dem Turm in Krasnouralsk unterhalb des

Wasserbehälters und endet dort (Zugang zum Wasserbehälter selbst und darüber

hinaus nur über eine schmale Leiter möglich). Insofern ist es möglich, dass der

Zylinder, den darunter liegenden „Treppenblock“ ganz umschließt und nicht wie

beim Weißen Turm nur teilweise „hineingesetzt“ wurde.

Auch hier wird die Art der Konstruktion und des daraus resultierenden Lastabtrages

durch die Wasserbehälterform bestimmt. In diesem Turm wurde ein

Stützbodenbehälter des Typs 1 verwendet (s. Abb. 31 - vgl. Abb. 27 Kap. 2.1). Der

freitragende Kuppelboden ist komplett zugänglich und genau wie die

46 mdl. Information während der Werksführung am 31.08.2013

Abb.30: Wasserturm des Kupferkombinates in Krasnouralsk

Abb. 31: Längsschnitt

Page 39: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

27

Behälterwandung aus Stahlbeton hergestellt. Der Boden endet entsprechend der

Konstruktion in einem monolithisch angeschlossenen Zugring, in welchem die

Horizontalkräfte, die durch den Wasserbehälter entstehen, kurzgeschlossen werden.

Der vertikale Lastfluss wird durch acht Stützen gewährleistet. Diese sind durchgehend

vom Fundament bis unterhalb der Dachkonstruktion betoniert. Im Bereich des

Behälterbodens, mussten sie nach außen versetzt werden, um einen Freiraum

zwischen der Behälter- und der zylindrischen Gehäusewand zu schaffen. Der

Freiraum isoliert den Wasserbehälter vor Kälte und ermöglicht gleichzeitig den

direkten Zugang zu diesem. Dieser Versatz nach außen wird oberhalb des

Behälterbodens durch eine Konsole (angevoutete Verstärkung an jeder Stütze) sicher

gestellt. Die Bereiche im Zylinder zwischen den Stützen wurden schließlich mit Beton

ausgefacht.

Der Boden des polygonalen Teils unterhalb der zweiten Fensterreihe schließt direkt an

den Treppenblock an. Auf der einen Seite gehen von diesem zwei massive,

horizontal verlaufende Balken ab, die monolithisch mit jeweils einer Stütze verbunden

sind. Des Weiteren unterstützen zwei Unterzüge darüber die „Bodenplatte“. Auf der

anderen Seite begrenzt an jeweils einer Ecke eine Stütze den Treppenblock. Sowohl

die Verbindung zu dem Treppenblock, als auch die symmetrische, polygonale

Anordnung der Stahlbetonstützen tragen so zur Aussteifung des Bauwerks in jede

Richtung bei.

Seit den 60ern hat der Turm keine direkt Nutzfunktion mehr. Allerdings ist das Interesse

des Werkes in Krasnouralsk an ihm sehr groß. Die Angestellten wurden an der

Erhaltung maßgeblich beteiligt. Die Stützen innerhalb des Zylinders wurden

nachträglich mit einer Stahleinfassung verstärkt und die Fenster sowie alle der

Witterung ausgesetzten Flächen entsprechend saniert, um die vorhandene Substanz

zu bewahren. Anschließend wurde der Turm in den Werksfarben gestrichen.

Page 40: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

28

2.4 Wasserturm auf dem Werksgelände des Uralmasch

Unweit des Weißen Turmes befindet sich auf

dem Werksgelände des Uralmasch ein eigener

Wasserturm. Dieser wurde im Jahr 1931

vermutlich bei der gleichen Baugesellschaft

wie der Weiße Turm in Auftrag gegeben -

Techbeton47 (Abb. 32). Der Turm diente der

Versorgung des Thermo-elektrischen Werkes auf

demselben Betriebsgelände.

Er unterscheidet sich grundlegend von allen

hier aufgeführten Türmen durch seine

Bauweise. Ausschließlich zylindrische Formen

bestimmen die äußere Erscheinung. Die

Tragstruktur bildet ein zentraler

Stahlbetonschaft, der sich vom Fundament bis

zum Wasserbehälterboden erstreckt. Dieser

Schaft, durch Lisenen48 unterstützt, leitet die

Lasten aus dem Wasserbehälter ab. Der

Behälter entspricht dem gleichen Typ wie im

Weißen Turm. Jedoch wurde die Nutzung des

Intze-I Behälters abgeändert. Direkt über dem

Turmschaft liegt der horizontale Auflagerring,

welcher gleichzeitig die Trennstelle eines Zwei-

Kammerbehälters darstellt. Der komplett aus

Stahlbeton hergestellte Behälter bot somit die

Möglichkeit Flüssigkeiten für verschiedenartige

Nutzungszwecke zur Verfügung zu stellen. An

der Tragweise ändert sich für das Intze-Prinzip,

abgesehen von der erhöhten vertikalen

Normalkraft nichts. Diese Vertikalkraft setzt sich

aus zwei Teilen zusammen. Zum einen aus dem

47 mdl. Quelle – Museumsleiter während einer Führung über das Werksgelände 48 Lastabtragendes Element. Leicht hervortretende, vertikale Verstärkung im Schaftbereich

Abb. 32: Bauphase mit ausgekoffertem Bereich für die Rohrleitungen

Abb. 33: Wasserturm auf dem Werksgelände (gut sichtbar die große „Konsole“ über der vertikalen Fensterreihe)

Page 41: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

29

Abb. 35: Dachunterseite mit 2-Kammerbehälter

Abb. 34: schematischer Querschnitt durch den Werksturm

Eigengewicht der zusätzlichen Behälterwand und zum

anderen aus dem Lastanteil des Turmdaches. Diese relativ

leichte Holzdachkonstruktion in ca. 32m Höhe wird über zwei

Stahlbetonringe mittels mehrerer quadratischer Stützen auf

die Behälterwände übertragen und belastet somit den

Auflagerring zusätzlich. Daher ist die Anordnung des

charakteristischen Fensterbandes am oberen Ende des

Turmkopfes problemlos möglich. Die Fenster erfahren keine

Belastung und werden so auch nicht durch lastabtragende

Bauteile unterbrochen. Anders als bei dem Weißen Turm,

dessen Lasten von oben über den zylindrischen Teil nach

außen geleitet werden, findet hier im Inneren ein zentraler

Lastabtrag auf den Stahlbetonschaft statt. Über

Stahlbetonkonsolen im Bereich der unteren Fensterreihe ist

der außenliegende Zylinder unmittelbar mit der äußeren

Behälterwand verbunden. Die Konsolen leiten die Lasten des Zylinders in den

äußeren Stützkegel des Intze-I Behälters und weiter in den Auflagerring. Dieser

konstruktive Vorteil verhindert eine zusätzliche Lastexzentrizität außerhalb der

Turmschaftachse.

Die auf der Abb. 33 überdimensional groß wirkende Konsole, die eine Verbindung

zwischen Schaft und Kopf realisiert, hat keine statische Relevanz. Dieses Bauteil ist

eine Ankofferung für eine innenliegende Treppe, von der aus man den Turmkopf

betreten kann.

Der Wasserbehälter unterstützt des

Weiteren die Aussteifung des

gesamten Turmes. Dem relativ

steifen Turmschaft folgt der, durch

die Wasserbehälterform beeinflusste,

ausgelagerte Turmkopf. Die

Verbindungsstellen des Behälters mit

der Dachkonstruktion am oberen

Ende und mit den Konsolen am unteren Ende des Zylinders sorgen für die

notwendige Steifigkeit des gesamten Tragwerks oberhalb des Turmschaftes.

Page 42: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

30

Um das Wasser vor extremer Kälte zu schützen wurde neben einer verlorenen

Schalung eine Heizungsanlage mit einer großen Anzahl an walzenförmigen

Heizflächen installiert.

Page 43: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

31

2.5 Der Rote Nagel in St. Petersburg

Der Wasserturm der „Roten Nagel-Fabrik“ (Abb. 36) wurde nach Entwürfen von

Jakow G. Tschernikow zwischen1930 – 1931 erbaut. Dieser ist Bestandteil des

ehemaligen Stahlwalzwerkes „Krasnyi Gvozdilščik“49, das im Südwesten der Vasilievskij

Insel in St. Petersburg liegt [3/S.116]. An der Ecke einer langen, relativ flachen

Produktionshalle errichtet, überragt er mit einer Gesamthöhe von exakt 34m50

sämtliche Bauwerke der Umgebung. Ein schmaler Schaft mit einem verhältnismäßig

wuchtig wirkenden Turmkopf erinnert an einen Nagel [8/S.373]. Die industrielle

Ausrichtung der Produktionsstätte wird durch dieses Bauwerk eindeutig symbolisch

dargestellt.

Die Ausführung ähnelt dem ursprünglichen Entwurf des Weißen Turmes (vgl. Kap. 1.3).

Sie wirkt durch die Kombination von einer klaren vertikalen Struktur und der

zylindrischen Kopfform sehr dynamisch. Die strikt, einfach gehaltenen Formen bieten

die besten Voraussetzungen für die Anwendung von Stahlbeton.

49 Красный гвоздильщик – „Roter Nagel – Fabrik“ 50 Den Plänen von Maximilian Wetzig entnommen. Wetzig ist der Bearbeiter einer Diplomarbeit aus dem Jahr 2008 an der TU Berlin, die ein Umnutzungskonzept der direkt angrenzenden Produktionshalle thematisiert.

Abb. 36: Der Wasserturm „Roter Nagel“ an der Ecke der ehemaligen Produktionshalle

Page 44: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

32

Abb. 37: Schnitt durch den Turmkopf

Der Turmkopf beinhaltet als einziger der hier

aufgeführten Türme einen zylindrischen

Flachbodenbehälter aus Stahl (Abb. 37).

Die Wandungen überlappen und sind

miteinander vernietet, wobei der

Lastabtrag entsprechend des auf Biegung

beanspruchten Bodens über einen

Trägerrost gewährleistet ist. Der Behälter

selbst liegt auf rechtwinklig angeordneten

Profileisen, die wiederum auf einem Sockel

befestigt sind. Dieser leitet die Lasten des

Behälters in die Stahlbetonbalken, die

unterhalb des Turmkopfes konstruktiv

auffällig angeordnet sind. Durch die relativ

große statische Höhe besitzen diese unterzugartigen Balken ein

Flächenträgheitsmoment, das die Behälterlast mühelos aufnehmen kann. In dem

Querschnitt ist deutlich zu sehen, dass die Balken unterhalb des Turmkopfes nicht

vollständig massiv ausgebildet wurden, sondern in der Mitte hohl blieben. Da die

einzuleitenden Lasten dies zuließen, konnte dadurch Material und weiterhin

Eigengewicht eingespart werden. Die abzutragende Last ist bei dem

Fassungsvermögen des Behälters von ca. 50m³ relativ gering und wird auf vier

Stützen verteilt. Diese Stützen sind im Bereich des Erdbodens Teil des Treppenhauses.

Ab einer Höhe von ca. 10m verspringt der Treppenturm nach hinten und lässt so

einen Blick auf zwei der filigranen Stützen zu, die bis in die Höhe unterhalb des

Turmkopfes reichen. Die anderen beiden Stützen grenzen den Treppenturm ab und

sind von außen nur ansatzweise zu erkennen. Der Treppenturm selbst besteht aus

einer Stützen-Riegel Konstruktion und stellt den aussteifenden Kern des gesamten

Bauwerkes dar.

Entsprechend des Baustils ist auch hier wieder das großzügige Fensterband zu

erkennen. Drei Längsöffnungen im Treppenturm sind weiterhin ähnlich angeordnet

wie bei dem Weißen Turm in Jekaterinburg. Bei fast gleicher Bauhöhe wirkt der

Wasserturm der „Roten Nagel – Fabrik“ jedoch viel filigraner, was nicht zuletzt durch

die Wasserbehältergröße bestimmt wird.

Page 45: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

33

3. KONSTRUKTIVE BESTANDSAUFNAHME

3.1 Methodik

„Bauaufnahme ist die Bestands- und Zustandserfassung eines dreidimensionalen

Objektes und dessen Wiedergabe in zweidimensionalen maßstabsgerechten Plänen

und/oder dreidimensionalen Modellen. Die Bauaufnahme kann eine Vorstufe zu

einer Bestandsaufnahme bilden. Sie dient zur Bauvorbereitung, der Dokumentation

für die Denkmalpflege und der wissenschaftlichen Erforschung von Bauwerken.“51

Die konstruktive Bestandsaufnahme fällt dabei in den Ingenieurbereich. Sie

unterscheidet sich von der klassischen Bauaufnahme, in dem sie sich auf

Rohbaumaße und die Klärung des Lastflusses konzentriert. Verkleidungen,

gestalterische Architekturdetails und Ausbauten spielen hier keine Rolle. Ziel ist es am

Ende ein statisches Modell aus den aufgenommenen Daten zu ermitteln. Hierbei ist

auch die maßtechnische Aufnahme von Materialeigenschaften von Bedeutung. Aus

ihnen können Aussagen über Steifigkeit und Zusammensetzung gewonnen werden,

die entscheidend für die Bemessung sind.

Zur Dokumentation gehören die Anfertigung von Bestandszeichnungen (Grundriss,

Schnitte und Details falls notwendig), Beschreibung der baulichen Besonderheiten

und Problemstellen sowie eine der vorhandenen Systeme und Materialien. Weiterhin

muss eine genaue Auswertung von Messergebnissen erfolgen, falls eine

Untersuchung mit Messgeräten durchgeführt wurde.

Als erstes wird das Objekt in Augenschein genommen, um erste Eindrücke über das

vorhandene Bauwerk und dessen System zu gewinnen. Zur Erkenntnis dienen

Öffnungen, Fehlstellen, markante Bauteile und Schäden. Um sich dabei Gewissheit

über bestimmte Materialien oder Aufbaustrukturen zu verschaffen, kann die

„Abklopfmethode“ (z.B. mit einem Hammer) verwendet werden. Wichtig ist hierbei,

dass hauptsächlich zerstörungsfrei gearbeitet wird, um nicht neue Schäden am

Bestandsbauwerk zu erzeugen.

51Skript „Konstruktive Bestandsaufnahme. VL – Einführung“ des LS Bautechnikgeschichte und Tragwerkserhaltung der BTU Cottbus-Senftenberg, Stand 29.11.2013

Page 46: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

34

Im nächsten Schritt werden die Rohbaumaße aufgenommen. Gängige Hilfsmittel

sind dabei Messutensilien wie Distanzmessgeräte, Zollstöcke oder Schiebelehren.

Weitere Hilfsmittel können Lote oder Schlauchwagen sein. Für eine Dokumentation

der Ergebnisse ist es wichtig Bezugsachsen und –höhen zu definieren.

Im letzten Schritt kann dann Messtechnik zum Einsatz kommen. Welche Geräte

verwendet werden, hängt mit der Zielstellung der Bauaufnahme zusammen. Der

Profometer dient z.B. zur Bewehrungssuche und Feststellung der Betondeckung. Mit

einem Schmidt-Hammer kann man die Festigkeit von Beton ermitteln.

Im Endeffekt verfährt der Bauingenieur hier als eine Art Bauwerksdoktor. Wie ein Arzt

muss er seinen Patienten untersuchen – zuerst werden die Art der Beschwerden und

die Symptome besprochen (optische Betrachtung), im Anschluss daran allgemeine

Daten und Untersuchungen durchgeführt (vgl. Rohbaumaße und

z.B. „Abklopfmethode“). Zuletzt folgen genauere Untersuchungen wie Röntgen, EKG

u.ä. (vgl. Profometer, Schmidt-Hammer etc.), um ein vollständiges Bild über die Lage

des Patienten zur erhalten. Schließlich kann der Arzt eine Diagnose stellen – „In

welchem Zustand ist der Patient?“, „Was fehlt ihm?“, „Was kann man tun?“. Genau

diese Schlussfolgerungen gehören zu der erfolgreichen Arbeit eines Bauingenieurs

beim Umgang mit bestehenden Gebäuden.

3.2 Vorbereitung

Vor der örtlichen Begehung des Weißen Turmes war eine gezielte Vorbereitung

notwendig.

Vorhandene bauzeitliche Archivunterlagen und existierende Bauzeichnungen

wurden untersucht. Es waren jedoch auch Zeichnungen von einem nicht realisierten

Umbauvorhaben aus den 1970ern vorhanden ([25] № 1-6 und 11-13). Ein Ziel war

diese in einer einzigen Zeichnung zusammenzufassen, um grundlegende Geometrien

des Weißen Turmes zu erfassen. In den Archivunterlagen fehlten jedoch Zeichnungen

zu den vier Stützen unter dem Zylinder, sowie eine Zeichnung zu den wahren Maßen

des Zylinders selbst. Diese konnten näherungsweise aus einer Zeichnung zum Behälter

entnommen werden ([25] № 16 und 17). Außerdem fehlten Informationen zu dem

oberen Verlauf des Treppenhauses und den Anschlüssen zwischen Treppenturm und

dem Zylinder sowie zwischen Zylinderaußenwand, Stütze und Behälter. Der zuletzt

genannte Knotenpunkt war besonders wichtig für die Bauaufnahme, da er Aussagen

Page 47: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

35

Abb. 38: Arbeiten mit dem Hubsteiger

über das Tragverhalten erlaubte.

Um reibungsloses Arbeiten vor Ort zu ermöglichen, wurden nach den Archivmaßen

Vorlagen für ausgewählte Bauteile angefertigt. Sie wurden in drei Typen unterteilt, je

nach Phase der Bauaufnahme – 1. Rohbaumaße, 2. Schadenskartierung,

3. Gerätebasierende Untersuchung. In die Vorlagen mussten dann die jeweiligen

Informationen passend zur Phase eingetragen werden.

3.3 Untersuchungsablauf

3.3.1 Vorphase

In der Vorphase wurde die erste Begehung des Bauwerks unternommen. Dabei

verschaffte man sich einen ersten Eindruck über die Schäden, die Werkstoffe und die

Anschlüsse.

Außerdem wurde das Hauptquartier für die Bauaufnahme eingerichtet und der

Ablauf der Arbeiten für die nächsten Tage festgelegt.

Zu dem Team gehörten zusätzlich vier russische Studenten, die die Bauaufnahme im

Rahmen eines freiwilligen Praktikums absolvierten, sowie die Organisatoren von der

Architekturgruppe PODELNIKI, die sämtliche logistische Schwierigkeiten lösten.

3.3.2 Phase 1 – Aufnahme der Rohmaße

Am ersten Tag der Bauaufnahme wurden die

Rohbaumaße aufgenommen. Das

Hauptaugenmerk lag auf den vier Stützen unter

dem Behälter, dem Anschluss zwischen diesen

und dem Behälter, sowie auf dem Aussichtsturm

über dem Zylinder. Passend zu den Abschnitten

gab es Teams zu je zwei Personen, welche die

Bauteile genauer untersuchten.

Das Fazit des Tages war, dass der Turm nicht

ganz symmetrisch gebaut wurde, sondern eine

Abweichung von 10 cm zur Achse A3

(vgl. Positionsplan, Anlage A1) aufweist. Diese

Feststellung beruht nur auf Innenabmessungen.

Page 48: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

36

Außenabmessungen konnten nicht genau ermittelt werden, da der eingeplante

Geodät nicht zu Verfügung stand. Lediglich die Auskragung der Zylinderwand

konnte bei der Arbeit mit dem Hubsteiger (Abb. 38) vermessen werden.

3.3.3 Phase 2 - Schadenskartierung

Schon bei dem Begehungstermin konnte festgestellt werden, dass der Turm an

einigen Stellen massive Schäden aufweist. Dazu zählen besonders Flächen, die der

Witterung direkt ausgesetzt sind. Zu den Hauptschadensbildern gehören die

vermehrte Rissbildung, zahlreiche Abplatzungen und die Karbonatisierung, der

offenliegenden Bewehrung. Auf eine Aufnahme der Wasserschäden wurde

verzichtet, da diese zu großflächig auftraten. Gleiches gilt für feine Risse, da diese zu

zahlreich waren. Betrachtet wurden nur Risse ab 8 mm Breite.

Bei der Untersuchung lag das Hauptaugenmerk wieder bei den bedeutendsten

Haupttragelementen. Das Treppenhaus wurde nur in der Erdgeschossebene

betrachtet.

Zu den verwendeten Werkzeugen zählten Maßbänder, Zollstöcke, Schiebelehren und

Rissbreitenmesser (Tab. 1). Mit Letzterem konnte der aktuelle Durchmesser von

freigelegter Bewehrung ermittelt werden, der anschließend mit den vorhandenen

Archivdaten verglichen wurde.

Die in den Archivplänen festgestellten Umbiegungen von Stabenden in den Stützen

konnten anhand von freiliegenden Stellen bestätigt werden. Im Voraus wurde diese

Ausführung angezweifelt, da dies bei Druckstößen unzulässig ist.

Tab. 1 – Liste der verwendeten Materialen und Hilfsmittel

Messgeräte Hilfsmittel

Distanzmessgerät

Stahlmaßband (30m)

Zollstöcke

Schiebelehre

Rissbreitenmesser

Schmidthammer

Profometer

Diodenstrahler, Taschenlampen

Kamera (auch mit Stativ)

Hammer

Phenolphtalein-Lösung mit Zerstäuber

Zeichenunterlagen und -utensilien

Page 49: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

37

Abb. 39: Phenolphtalein-Lösung an einer Stütze

Ein Teil der Schäden konnte auf die gar nicht vorhandene oder geringe

Betondeckung von maximal 2 cm, sowie auf den fehlenden Witterungsschutz des

kompletten Gebäudes zurückgeführt werden. Sämtliche Verglasungen sind nicht

mehr erhalten. Das Bauwerk wurde in den letzten Jahren zum beliebten Ziel für

Vandalen – einige Bauteile sind mit Graffiti überdeckt. Für die Durchführung der

Bauaufnahme wurde der Turm im Voraus von den Organisatoren und Freiwilligen von

Müll und Schutt beräumt.

So ist es erstaunlich anzumerken, dass der Innenraum des Zylinders nahezu

unbeschädigt ist. Schäden an der Wand des Wasserbehälters konnten nicht ermittelt

werden, da dieser bereits vor Jahrzehnten entfernt wurde.

3.3.4 Phase 3 – Gerätebasierende Untersuchung

Die gerätebasierenden Untersuchungen wurden in 3 separate, parallellaufende

Einheiten eingeteilt. Jeweils ein Team untersuchte die Bauteile auf

Bewehrungsführung und Betonfestigkeiten. Eine Karbonatisierungsuntersuchung

wurde mit Hilfe der Phenolphtalein-Lösung separat durchgeführt (Abb. 39). Dabei

konnten keine flächendeckenden

Ergebnisse erzielt werden. Jedoch ist

Anzumerken, dass bei den

Außenstützen im Fußbereich kritische

Stellen vorhanden sind.

Die Bewehrungssuche wurde mit

einem Profometer durchgeführt

(Abb. 41). Dieser bietet ein

impulsgestütztes Verfahren zur

Ermittlung der Betondeckung und zur zerstörungsfreien Ortung vorhandener

Bewehrung. So konnten in den vier Hauptstützen, zu denen jegliche Angaben über

Armierung fehlen, auf der Erdgeschossebene und in Stützenmitte (zugänglich über

den Hubsteiger) die Verläufe und Lage der Bewehrung dokumentiert werden. Für die

Tab. 2: Schmidt-Hammer Ergebnisse in N/mm²

Page 50: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

38

Abb. 40: Schmidthammermessung Abb. 41: Profometermessung

Feststellung der Betondruckfestigkeit wurde der Schmidt-Hammer verwendet.

Prinzipiell funktioniert er über Umwandlung von kinetischer Energie in

Verformungsenergie. Je härter ein Werkstoff ist, desto geringer ist die Verformung

durch die beschleunigte Kugel innerhalb der Hammerspitze und desto größer

wiederum der Rückschlag. Dadurch lässt sich die Festigkeit bestimmen. Um ein

Ergebnis zu erhalten wird die Spitze an einen vorher geschliffenen Betonabschnitt

platziert und gegen diesen gedrückt bis ein Aufprall hörbar wird. Dann kann ein

Ergebnis auf einer Skala abgelesen werden und mit Hilfe einer beigelegten Tabelle in

eine moderne EC-konforme Druckfestigkeit umgerechnet werden. Die Messung muss

in einem Untersuchungsbereich an 8 bis 10 verschiedenen Stellen wiederholt werden

(Abb. 40).

Das Verfahren wurde an allen Stützen im Erdgeschoss und zur Kontrolle am

Stützenkopf der Stützen C 4b sowie auf derselben Höhe bei Stütze C 2b durchgeführt

(vgl. Positionsplan, Anlage 1). Außerdem wurden sowohl der Behälterboden und der

darunterliegende polygonförmige Balken, als auch die Ringbalken im Zylinder

untersucht. Die ermittelten Festigkeiten können der Tab. 2 entnommen werden.

Es ist zu erwähnen, dass auch hier relevante Bauteile nur teilweise untersucht werden

konnten, da es an personellen Kapazitäten mangelte.

Durch die Benutzung von Hilfsmitteln beim Aufmaß können sich auch bei größter

Sorgfalt immer kleine Ungenauigkeiten ergeben. Bei der Benutzung des

Distanzmessgerätes wurden einfache, leicht verformbare Reflexionsflächen wie z.B.

Blöcke verwendet, um bestimmte Randmaße aufnehmen zu können. Außerdem

weisen die Oberflächen des Bauwerks lokale Imperfektionen und Schäden auf, so

dass es keine einheitlichen Abmessungen für gleiche Bauteiltypen gibt. Für die

weitere Bearbeitung wurden anhand der Messergebnisse plausible Mittelwerte für

die Abmessungen gebildet und falls vorhanden mit den Archivunterlagen

Page 51: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

39

verglichen.

Fehler bei der gerätebasierenden Untersuchung (Profometer, Schmidt-Hammer)

können nicht ausgeschlossen werden, jedoch wurden die Geräte im Voraus

sorgfältig geprüft.

3.4 Fazit: Schadensbilder und Ursachen

Der Weiße Turm wird seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr in seiner ursprünglichen

Funktion genutzt. Nennenswerte Sanierungsmaßnahmen seit der Errichtung sind nicht

bekannt, es ist jedoch davon auszugehen, dass kosmetische Reparaturen über die

Jahre vorgenommen wurden. Dafür sprechen die äußere Erscheinung und

vereinzelte Teile im Inneren. Der Turm wurde vor einigen Jahren weiß gestrichen und

Teile der Unterseite der Dachschale wurden notdürftig saniert.

Da sämtliche Verglasungen fehlen, sind die dadurch exponierten Bauteile im Inneren

der Witterung ausgesetzt. Das hat den Verfall des Bauwerkes beschleunigt.

Außerdem ist kein effizientes Niederschlagsableitungssystem vorzufinden. Es existieren

Längsöffnungen (Achse A 8, Anlage 1) im Traufbereich der Zylinderschale für den

Abfluss des Regenwassers (Abb. 42), jedoch fließt dieses einfach an der Fassade

herunter. Dasselbe gilt auch für das leicht geneigte Flachdach des Aussichtsturmes.

Ein weiteres großes Problem ist die geringe bis nicht vorhandene Betondeckung.

Nach Archivunterlagen für den Treppenturm (№300513, Anlage A3) waren dort 2 cm

Betondeckung vorgesehen. Das erweist sich nach dem heutigen Wissensstand als

deutlich zu gering. Bei den Witterungsverhältnissen und dem Betonstahl sind

mindestens 4 cm notwendig, um einigen der Schäden vorzubeugen (Annahme: XC4

für abwechselnd nasse und trockene Bauteile wie Außenwände). Außerdem wird

nach dem EC 2 für die Expositionsklasse XC4 ein

Beton von der Mindestfestigkeitsklasse C25/30

verlangt. Diese scheint zwar teilweise durch die

Schmidt-Hammer-Versuche (Tab. 2), Positionen

C1a/b-C5a/b) bestätigt, jedoch kann davon

ausgegangen werden, dass bei der Planung

diese Sachverhalte mangels ausreichendem

Kenntnis- und Forschungsstand nicht

berücksichtigt wurden. Zu geringe Betondeckung und die Witterungsverhältnisse

Abb. 42: Öffnung über der Dachschale –Ablaufmöglichkeit für Niederschlag

Page 52: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

40

führten zur Abplatzung des Betons, einhergehend mit freiliegender Bewehrung

(Abb. 42-44, 46). Das begünstigte die Korrosion des Stahls sowie die Karbonatisierung

des Betons, da die Oberfläche CO2 ausgesetzt wird und somit auch tief in das

Betongefüge eindringen kann. Inwieweit verborgene Stellen betroffen sind, war nicht

ermittelbar.

Ein weiteres Problem stellen sogenannte Kiesnester dar (Abb. 43). Diese können

aufgrund von Undichtigkeitsstellen in der Schalung entstanden sein. Sollte diese

Lücken aufweisen, so können feine Betonpartikel entweichen und nur die gröberen

verbleiben unbemerkt. Weiterhin kann ein zu

hoher Bewehrungsgrad dazu geführt haben.

Jedoch kann zu dicht liegende Bewehrung

als Grund für Kiesnester weitgehend

ausgeschlossen werden.

So wird das homogene Betongefüge zerstört

(Betonentmischung) und ein durchgehender

Verbund von Stahl und Beton ist nicht mehr

gewährleistet. An einigen Teilen des

Tragwerks sind grobe Fehler während der

Betonage auszumachen. Es ist erkennbar,

dass die Bewehrung teilweise direkt an der

Schalung anliegt. Eine Ursache kann die

nicht sachgerechte Nutzung von

Abstandhaltern sein (insofern diese

überhaupt zum Einsatz kamen). Das

begünstigt zusätzlich Abplatzungen am Beton und korrosive Schäden der

Bewehrung. Weiterhin verfügte diese nicht über die heute gängige Rippenstruktur,

die erst ab den späten 1930er Jahren zum Einsatz kam. Der verwendete Stahl weist

ausschließlich eine glatte Oberfläche auf. Die daraus resultierenden schlechteren

Verbundbedingungen wurden über Aufbiegungen von Stabenden kompensiert.

Dieses Vorgehen wurde sehr wahrscheinlich im gesamten Turm angewandt. Selbst

bei Druckstößen in Bauteilen, die hauptsächlich Drucknormalkräfte übertragen sind

Haken und Schlaufen zu finden, was bei entsprechend großen Druckkräften auch zu

Abplatzungen führen kann.

Der verwendete Betonstahl hat eine geringere Zugfestigkeit als der heutige Baustahl.

Somit liegt die Grenze der Zugfestigkeit tiefer und die Bewehrung gerät eher ins

Abb. 43: Fehlende Betondeckung und sichtbare Entmischung (Kiesnester) an Stütze C 2b

Page 53: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

41

Fließen. Dadurch wird der Beton eher einer Zugkraft ausgesetzt, welche schließlich zu

Rissen führt. Weitere Gründe für die starke Rissbildung am Bauwerk können starke

Temperatureinwirkungen (Frost), Veränderungen in der Belastungssituation durch die

Entfernung des Wasserbehälters, Fundamentsetzungen (Schnittgrößenumlagerung)

und die Korrosion der Bewehrung sein. Die Entstehung von Rissen schon während der

Bauphase kann nicht ausgeschlossen werden. Der Turm gilt als eines der ersten in

Stahlbeton ausgeführten Bauwerke. Man hatte kaum Erfahrung mit diesem Baustoff.

Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass der Beton u.a. nicht richtig nachbehandelt

wurde.

Abb. 44: Schaden an der Unterseite der Dachschale Abb. 45: Schaden an der Außenseite der Zylinderwand

Abb. 46: offenliegende Bewehrung und abgebröckelter Beton im Bereich des Fensterbandes

Page 54: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

42

Tab. 3: tabellarische Übersicht der Schäden

Diese Tabelle 3 soll schließlich einen Überblick über ausgewählte Schadensbilder und

deren Häufigkeit geben. Sie wurde im Nachhinein angefertigt und basiert auf einer

sehr groben Schätzung, die anhand von Bildern und den Handaufzeichnungen

während der Bauaufnahme gemacht wurde. Sie gibt den Flächenanteil der

jeweiligen betroffenen Fläche an und kann als Grundlage für ein Sanierungskonzept

herangezogen werden. Die beschädigten Stellen und ihr quantitatives Vorkommen

sind vor Ort noch einmal zu überprüfen. Schäden, wie z.B. Risse und Stellen, die durch

permanente Durchfeuchtung schadhaft in Erscheinung treten, wurden nicht in die

Tabelle mit aufgenommen. Sie kommen zahllos an sehr vielen Stellen des Bauwerkes

vor, sodass eine grobe Schätzung nicht ausreicht, um eine konkrete Angabe über ihr

Auftreten machen zu können. Abbildungen 44 – 46 zeigen noch nicht einmal im

Detail, wie der allgemeine Zustand des Turmes ist und lassen dennoch erahnen, wie

vielfältig sich die Schadensbilder im gesamten Bauwerk wiederfinden lassen.

Page 55: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

43

4. STATISCHE BERECHNUNG UND BEMESSUNG

Das Ziel der Bearbeitung war für den Weißen Turm ein plausibles Tragfähigkeitsmodell

zu entwickeln. Mit Hilfe des Programms Dlubal RSTAB 8 für räumliche Stabwerke

wurden zwei voneinander unabhängige statische Modelle für die Haupttragsysteme

erstellt. Es sollte geprüft werden, ob beide Teilsysteme allein unter entsprechender

Belastung in sich stabil und tragfähig sind. Die vorhandenen Archivunterlagen sowie

die Beurteilung vor Ort ließen diesbezüglich keine 100%-ig sichere Aussage zu.

Ein Modell stellt den Treppenturm und ein zweites den zylindrischen Behälter mit dem

Wassertank dar. Für diese beiden Haupttragsysteme des Weißen Turmes wurden

getrennte statische Modelle entwickelt, die mit verschiedenen Lastfällen belastet

wurden. Zu diesen gehörten neben dem Eigengewicht, die Verkehrslast und die

Einwirkungen Schnee und Wind. Entscheidend war über das statische System eine

möglichst reale Abbildung des vorhandenen Tragwerks bzw. des

Tragmechanismusses zu erreichen, um spätere Ergebnisse auch richtig interpretieren

zu können. Dabei musste beachtet werden, dass die Ingenieure damals nur über

einfache Handrechenverfahren verfügten und das System somit auch mit wenigen

Mitteln berechenbar sein musste. Es wurden mehrere Varianten erstellt und

hinsichtlich der auftretenden Schnittkräfte und Verformungen auf ihre Plausibilität

untersucht. Dieses Vorgehen wird in den folgenden Texten ausführlich erläutert.

Nach der Plausibilitätsprüfung der einzelnen Modelle konnten diese

zusammengesetzt werden, um schlussendlich den Wasserturm als Ganzes abzubilden

und anhand der Schnittgrößen eine Bemessung vorzunehmen.

Page 56: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

44

4.1 Modellierung der Varianten

Modell 1: Der Treppenturm

Der Treppenturm war durch die vergleichsweise gute Dokumentation in den

Archivunterlagen nicht im Fokus der konstruktiven Bestandsaufnahme, so dass die

Annahmen bei der Modellierung weitestgehend auf Archivalien basieren [25]. Als

Betongüte wurde C16/20 gewählt, um auf der sicheren Seite zu liegen und mögliche

Querschnittsschwächungen zu berücksichtigen.

Im ersten Schritt wurde der Treppenturm abseits des Behälterbaus als eigenständiges

Bauwerk betrachtet. Es wurden insgesamt drei Modellvarianten untersucht, auf die

im folgenden Text näher eingegangen wird. Alle Abmessungen wurden aus den

Plänen №300514 (Anlage A3) und №300395 [25] genommen.

Im Grundriss erkennt man, dass die Stützen über verschiedene Abmessungen

verfügen, so dass die Knotenpunkte

teilweise exzentrisch platziert werden

mussten, um die tatsächliche

Belastungssituation zu simulieren.

Es wurde angenommen, dass der Turm die

Lasten über ein System von

Vierandeelträgern52 (Abb. 47) abträgt, d.h. dass alle Anschlüsse zwischen Bauteilen

als biegesteif modelliert wurden.

Es wurden gelenkige Auflager am unteren Stützenende angenommen, weil die

Schlankheit der Stützen sowie die Ausführung des Fundamentes in Mauerwerk samt

Lastsockel (vgl. Anlage A3) eine Einspannung weitestgehend ausschließen. An den

Auflagerpunkten dieser Stützen (C 1a/b, C 3a/b, Anlage A1) mussten Starrstäbe

eingefügt werden, da an Stützenfußpunkten keine Momente sein dürften, die durch

die exzentrische Platzierung des Knotens entstanden.

Die ersten zwei Varianten unterscheiden sich nicht gravierend in ihrer Geometrie

(Abb. 48 und 49). Die einzige Differenz ist der Versprung des Balkenquerschnittes

(Abb. 50 und 51) zwischen den Stützen C 1a und C 1b (Anlage A1). In der ersten

Variante wurde ein Balken mit einen konstanten Querschnitt von 20x20 cm

angenommen, um die Notwendigkeit eines Querschnittsversprunges zu prüfen. In der

52 ein Träger, der durch biegesteifangeschlossene vertikale und horizontale Stäbe, die einen steifen Rahmen bilden, seine Lasten abträgt

Abb. 47: Statisches System eines

Vierendeelträgers

Page 57: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

zweiten Variante ist der Querschnitt jeweils an den Stützen von 20x40

Länge von 1,1 m angesetzt worden, während dazwischen ein Querschnitt von

20x20 cm vorhanden ist. Es ist anzunehmen, dass diese Querschnittänderung für die

bessere Aufnahme von Biegemomenten gewählt wurde, da dies

deutlichen Unterschied aus, da das System

Für die das zusammengesetzte Modell wurde die Variante 2 gewählt, da

plausibelsten war. Die statischen Berechnungen

den Mitteln der 1920er/1930

war damals schon bekannt. Außerdem sind die Schnittkräfte ein wenig gr

Variante 3, was zu einer zusätzlichen Sicherheitsquelle bei der Bemessung führt.

Abb. 48: Variante 1 und 2 (gleiches System)

Abb. 49: drucksteifen Diagonalen

ist der Querschnitt jeweils an den Stützen von 20x40

m angesetzt worden, während dazwischen ein Querschnitt von

cm vorhanden ist. Es ist anzunehmen, dass diese Querschnittänderung für die

Biegemomenten gewählt wurde, da diese an den Rändern

höher sind als in der

In der dritten Variante wurde

geprüft, ob die Ausfachung zur

Aussteifung beiträgt. Dafür wurden

auskreuzende Diagonalen mit einem

Querschnitt von 20x20

ausgefachten Stellen eingefügt.

Diese wurden als Druckstäbe

definiert und sind somit zugschlaff.

Das Einfügen der Aussteifung macht

besonders bei der Verformun

deutlichen Unterschied aus, da das System an Steifigkeit zunimmt.

Für die das zusammengesetzte Modell wurde die Variante 2 gewählt, da

. Die statischen Berechnungen eines solchen System

den Mitteln der 1920er/1930er möglich gewesen. Das System des Vierendeelträgers

war damals schon bekannt. Außerdem sind die Schnittkräfte ein wenig gr

einer zusätzlichen Sicherheitsquelle bei der Bemessung führt.

Abb. 50: Balken ohne Querschnittsversprung

Abb. 51: Balken mit Querschnittsv

Abb. 49: Variante 3 mit drucksteifen Diagonalen

45

ist der Querschnitt jeweils an den Stützen von 20x40 cm über eine

m angesetzt worden, während dazwischen ein Querschnitt von

cm vorhanden ist. Es ist anzunehmen, dass diese Querschnittänderung für die

e an den Rändern

als in der Mitte.

In der dritten Variante wurde

geprüft, ob die Ausfachung zur

ung beiträgt. Dafür wurden

auskreuzende Diagonalen mit einem

Querschnitt von 20x20 cm an allen

ausgefachten Stellen eingefügt.

Diese wurden als Druckstäbe

definiert und sind somit zugschlaff.

Das Einfügen der Aussteifung macht

besonders bei der Verformung einen

Für die das zusammengesetzte Modell wurde die Variante 2 gewählt, da es am

Systems wären mit

er möglich gewesen. Das System des Vierendeelträgers

war damals schon bekannt. Außerdem sind die Schnittkräfte ein wenig größer als bei

einer zusätzlichen Sicherheitsquelle bei der Bemessung führt.

Balken ohne Querschnittsversprung

Querschnittsversprung

Page 58: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

46

Abb. 52: räumliches, statisches Modell mit äußerem und innerem Ring

Modell 2: Der Behälter

Der Behälterteil steht auf insgesamt sechs Stützen deren Stützenköpfe unmittelbar

unterhalb des ehemaligen Wasserbehälters anschließen (vgl. Achse A 7, AnlageA1).

Dort bilden sie zusammen mit der Konsole (vgl. Positionsplan Detail A, Anlage A1)

eine monolithische Einheit. Die Stützen stehen auf einem Stahlbetonsockel dessen

Querschnitt nach unten hin zunimmt. Nach Durchsicht der Archivalien scheinen sie

unterhalb des Sockels auf einem gemauerten Fundament zu stehen. Diese Erkenntnis

und die sehr große Schlankheit der Stützen lassen einen Rückschluss auf eine

gelenkige Lagerung zu. Aus diesem Grund wurde allen Stützen ein zweiwertiges

Lager zugeordnet. Im Programm wurden die Stützen als Balkenstab definiert. Da sie

am Stützenkopf unmittelbar an den polygonalen Auflagerring des Behälters

anschließen, wurden dort biegesteife Anschlüsse modelliert.

Die Ebene unterhalb des Behälterbodens ist in der Realität eine kreisrunde

Stahlbetonscheibe (Achse 6, Anlage A1). Diese Scheibe beinhaltet

Stahlbetonbalken, die die einzelnen Stützen untereinander verbinden und als eine

Art Überzüge fungieren. Diese Scheibenwirkung wird in das Modell übertragen,

indem eben diese Stahlbetonbalken auch als Balkenstäbe darin aufgenommen

werden. Insgesamt acht Balken liegen in der Scheibenebene (Achse A6, Anlage A1),

welche im Modell allerdings nicht als kreisrund erscheint.

Das statische System des Behälterteils wurde konkret bis zu der Achse A 6konstruiert.

Dabei war die Ausbildung der Konsole entscheidend. Diese ist maßgeblich am

Lastabtrag auf die Hauptstützen unterhalb des Wasserbehälters beteiligt. Die

Zylinderwand, auf der im Modell als äußeren Ring erkennbaren Auskragung

Page 59: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

47

(Achse A7, Anlage A1) oberhalb der Konsole, wurde nicht abgebildet. Stattdessen

wurde die Wand im Modell über ihr Eigengewicht berücksichtigt und als Linienlast auf

den äußeren Ring angetragen. Zusätzliche Einwirkungen wie Schnee und Wind

(vertikal), die auch über die Zylinderwand abgetragen werden sind weiterhin als

Linienlast auf den Ring verteilt worden. Der horizontale Anteil des Windes greift im

Modell punktartig an den Knotenpunkten der Konsolen an. Auch hier musste wieder

die fehlende Zylinderwand berücksichtigt werden. Bei der Annahme einer relativ

großen Zylinderschalensteifigkeit würde die dem Wind zugewandte Seite

abhebende Kräfte verursachen. Im Gegensatz dazu werden auf der

gegenüberliegenden Seite entsprechend dem Kräftepaar abtreibende Kräfte

wirken. Diese Kräfte wurden auf dem Ring als parabolisch verlaufende Einwirkung

dargestellt53.

Eine Variante des räumlichen Stabwerkes definierte die Konsole einzig über einen

Kragarm, der gelenkig an den äußeren Ring angeschlossen wurde. Damit wurde

sichergestellt, dass eine Durchlaufwirkung des Ringes erhalten bleibt und die

Biegemomente zu den hohen Steifigkeiten (Anschluss Konsole) gebracht werden.

Allerdings war diese Variante realitätsfern, da die massive Konsole als einzelner Stab

abgebildet wurde, die Balkentheorie jedoch erst bei Stäben mit einem Verhältnis von

ca. h/b >5 greift.

Eine weitere Variante (Abb. 53) sieht es vor die Konsole über einen Pendelstab zu

erzeugen. Der bereits angesprochene Kragarm bleibt der neuen Variante erhalten.

Dieser wird jedoch um den Pendelstab ergänzt, da die Tragweise der Konsole auf

diesem Weg besser abzubilden ist. Der äußere Ring wird weiterhin als Durchlaufträger

53 Berechnung vgl. Lastannahmen Georg Albrecht Abschnitt 4: „Ermittlung der Windlasten des Behälterteils“

Abb. 53: Variante mit der Ausbildung der Konsole als Kragarm

Page 60: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

48

ausgebildet. Um möglichst realistische Schnittgrößen zu erhalten, wurden die

Steifigkeiten von biegebeanspruchten Bauteilen um 40% herabgesetzt. Damit wird

gerissenem Beton, bei dem die Bewehrung bereits ins Fließen geraten ist, Rechnung

getragen.

4.2 Modellierung des Gesamtmodells

Bei der Vereinigung der einzelnen Varianten musste vor allem die „Kopplungsnaht“

zwischen dem Behälterteil und dem Treppenturm in das Modell integriert werden.

Das wurde mittels Kopplungsstäben realisiert, die jeweils gelenkig am Stabanfang

und –ende angeschlossen wurden. Da diese Kopplung nicht nur an einer Stelle,

sondern an mindestens vier Stellen (bei jedem horizontalen Ringbalken) über die

gesamte Höhe des Zylinders idealisiert gesetzt wurde, musste die Variante des

Behälterteils noch um einen „Aufbau“ ergänzt werden. Dieser wurde mit Hilfe von

Starrstäben erstellt, da die zylindrische Wand als eine in sich steife Konstruktion

angesehen werden kann. Ein Starrstab koppelt die Verschiebungen zweier Knoten

durch eine starre Verbindung. Somit wird sichergestellt, dass eine

Knotenverschiebung am unteren Teil (Achse A 7, Anlage A1) gleich einer

Verschiebung am oberen Teil (Achse A 8, Anlage A1) ist. Diese Annahme wird durch

die Ausbildung des Daches als eine steife, kegelstumpfförmige Schale bestärkt.

Darüber hinaus wurde die steife Zylinderschale am Kopfpunkt über zwei weitere

Starrstäbe mit dem Treppenturm verbunden. Diese Verbindung simuliert den

Anschluss zwischen der Aussichtsplattform und der kegelstumpfförmigen

Dachkonstruktion.

4.3 Normen und Sicherheitskonzept nach Eurocode und SNiP

Um ein differenziertes Bild über die Tragfähigkeit des Weißen Turmes zu erhalten,

wurden zwei Normkonzepte für die Nachweisführung verwendet und im Anschluss

verglichen.

Für die Lastannahmen wurde einerseits der EC1, "Einwirkungen auf Tragwerke"

Page 61: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

49

Tab. 4 (links): Teilsicherheitsbeiwerte für ermittelte Lastfälle, Tab 5 (rechts): Kombinationsbeiwerte

Lasteinwirkungsdauer Kombinationsbeiwert

Lang (long) ψl1=1,0; ψl2=ψl3=...=0,95

Kurz (temporary) ψt1=1,0; ψt2=0,9; ψt3=ψt4=...=0,7

(Teile 1-1, 1-3, 1-4), samt dem nationalen Anhang sowie SP54 20.13330.2011, "Lasten

und Einwirkungen"55, die 2011 aktualisierte Fassung von SNiP56 2.01.07-85* verwendet.

Zur Anwendung für die Nachweisführung kam der EC2 Teil 1-1, "Bemessung und

Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken" und SP 63.13330.2012,

"Beton- und Stahlbetonkonstruktionen. Hauptvorschriften"57 (die 2012 aktualisierte

Fassung von SNiP 52-01-2003).

4.3.1 Sicherheitskonzept nach SP 20.13330.2011

Das Sicherheitskonzept der russischen Normung unterscheidet sich in einigen Punkten

von dem semiprobabilistischen Sicherheitskonzept des Eurocodes.

Die Belastungen werden in zwei Hauptkategorien unterteilt - ständige und

veränderliche Einwirkungen. Zu denen gehören die lange, kurzzeitige und

außergewöhnliche Lasteinwirkungsdauer. Zu den Langzeiteinwirkungen zählen z.B.

Belastungen durch Maschinen und Flüssigkeiten in Behältnissen. Unter kurzzeitigen

Einwirkungen sind Verkehrs-, Wind- und Schneelasten zu finden.

Der Teilsicherheitsbeiwert γf (Tab. 4) wird nicht in der Grundkombination aufgeführt,

jedoch sollen alle Lasten grundsätzlich nach Abs. 4.2 mit ihm erhöht werden. Der

Beiwert ist in der jeweiligen Lastannahme zu finden, zumeist im letzten

Kapitelunterpunkt. Bei dem Eigengewicht hängt der Teilsicherheitsbeiwert der

Belastungskombination im Gegensatz zum Eurocode (γG=1.35) von den verwendeten

Materialen ab.

Für die Grundkombination der SNiP (Abb. 54) und der des Eurocodes gilt das

Aufaddieren von den Belastungen, die nach ständig, lang- und kurzeinwirkend

54 SP, russ.: свод правил (swod prawil), deut.: Regelsammlung 55 freie Übersetzung, russ.: Нагрузки и воздействия (Nagruzky i wozdejictwija) 56 SNiP, russ.: строительные нормы и правила (stroitel'niji normy i prawila), deut.: Baunormen und -regeln 57 freie Übersetzung, russ.: Бетонные и железобетонные конструкции. Основные положения (Betonnoji i schelezobetonniji konstruktiji. Osnowniji poloschenija)

Lastfall γf Eigengewicht (Stahlbeton)

1,1

Verkehrslasten 1,2 Schneelasten 1,4 Windlasten 1,4

Page 62: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

unterschieden werden. Für die langen und kurzzeitigen Einwirkungen gibt es

Kombinationsbeiwerte (Tab.

führend unterteilt werden.

Einwirkungen zur selben Zeit berücksichtigt

maximalen Werte unabhängiger veränderlicher Einwirkungen nicht gleichzeitig

auftreten. Somit dienen die Kombinationsbeiwerte der Reduzierung der Einwirkung.

Grundsätzlich jedoch wird in beiden Konzepten die Einwirkungsseite erhöht, während

die Widerstandsseite herabgesetzt wird.

Abb. 54: vgl. zwischen SP- und ECGrundkombination

4.4 Lastannahmen nach

Das Eigengewicht wurde in zwei Teile unterteilt:

1) das Gewicht der tragenden Konstruktion, d.h. der Stützen und Riegel

2) das Gewicht der Ausfachung

Für 2) wurde angenommen, dass eine schlechtere Betonmischung

wurde. Somit wurde eine geringere Wichte nach Historischen Bautabellen

Ausfachung gewählt. Falls die Annahme nicht stimmt, wurde das Bauwerk auf der

sicheren Seite bemessen, da die Übe

bei Bauteilen mit gleicher Wichte.

Das Eigengewicht der tragenden Bauteile wurde durch das Programm RS

automatisch berechnet.

Podesten wurde als Knotenlast

angetragen, jedoch werden bei der weiteren Bearbeitung nur die Ergebnisse an den

Knotenpunkten betrachtet.

Die Verkehrslasten entstehen im Treppenturm nur infolge der Nutzung der Treppen.

Der charakteristische Wert ist gleich der europäischen Normfestlegung für T1

Treppen und Treppenpodeste ohne signifikanten Publikumsverkehr. Diese Annahme

58 Nach [6/S. 48]

unterschieden werden. Für die langen und kurzzeitigen Einwirkungen gibt es

Kombinationsbeiwerte (Tab. 5). Dabei müssen die Einwirkungen in führend

unterteilt werden. Damit wird die Auftretenswahrscheinlichkeit mehrerer

Einwirkungen zur selben Zeit berücksichtigt. Es wird davon ausgegangen, dass die

maximalen Werte unabhängiger veränderlicher Einwirkungen nicht gleichzeitig

uftreten. Somit dienen die Kombinationsbeiwerte der Reduzierung der Einwirkung.

wird in beiden Konzepten die Einwirkungsseite erhöht, während

die Widerstandsseite herabgesetzt wird.

und EC-basierender Kombinationsbildung bei der

nach EC 1 und SP 20.13330.2011

Das Eigengewicht wurde in zwei Teile unterteilt:

1) das Gewicht der tragenden Konstruktion, d.h. der Stützen und Riegel

2) das Gewicht der Ausfachung

urde angenommen, dass eine schlechtere Betonmischung

wurde. Somit wurde eine geringere Wichte nach Historischen Bautabellen

Ausfachung gewählt. Falls die Annahme nicht stimmt, wurde das Bauwerk auf der

sicheren Seite bemessen, da die Überdrückung durch die Ausfachung geringer ist als

bei Bauteilen mit gleicher Wichte.

Das Eigengewicht der tragenden Bauteile wurde durch das Programm RS

automatisch berechnet. Das Eigengewicht aus Treppenstufen, Wangen und

Podesten wurde als Knotenlasten angetragen. Die Ausfachung wurde als Linienlast

angetragen, jedoch werden bei der weiteren Bearbeitung nur die Ergebnisse an den

Knotenpunkten betrachtet.

Die Verkehrslasten entstehen im Treppenturm nur infolge der Nutzung der Treppen.

sche Wert ist gleich der europäischen Normfestlegung für T1

Treppen und Treppenpodeste ohne signifikanten Publikumsverkehr. Diese Annahme

50

unterschieden werden. Für die langen und kurzzeitigen Einwirkungen gibt es

führend und nicht

Damit wird die Auftretenswahrscheinlichkeit mehrerer

. Es wird davon ausgegangen, dass die

maximalen Werte unabhängiger veränderlicher Einwirkungen nicht gleichzeitig

uftreten. Somit dienen die Kombinationsbeiwerte der Reduzierung der Einwirkung.

wird in beiden Konzepten die Einwirkungsseite erhöht, während

mbinationsbildung bei der

1) das Gewicht der tragenden Konstruktion, d.h. der Stützen und Riegel

urde angenommen, dass eine schlechtere Betonmischung verwendet

wurde. Somit wurde eine geringere Wichte nach Historischen Bautabellen58 für die

Ausfachung gewählt. Falls die Annahme nicht stimmt, wurde das Bauwerk auf der

rdrückung durch die Ausfachung geringer ist als

Das Eigengewicht der tragenden Bauteile wurde durch das Programm RSTAB 8

Eigengewicht aus Treppenstufen, Wangen und

Die Ausfachung wurde als Linienlast

angetragen, jedoch werden bei der weiteren Bearbeitung nur die Ergebnisse an den

Die Verkehrslasten entstehen im Treppenturm nur infolge der Nutzung der Treppen.

sche Wert ist gleich der europäischen Normfestlegung für T1 -

Treppen und Treppenpodeste ohne signifikanten Publikumsverkehr. Diese Annahme

Page 63: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

wurde getroffen, da die ursprüngliche angedachte Nutzung des Aussichtsturmes nie

im vollen Umfang aufgenommen wurde

muss bei der Berechnung der Schneelast berücksichtigt werden, da e

Konstruktionen zu Verwehungen kommt. Auch auf dem

vorhanden. Das Berechnungsv

gleich. In der Modellierung wurden d

angetragen.

Bei den Windlasten wurden die Einwirkungen auf das Flachdach vernachlässigt, da

diese nicht im Normanhang dargestellt werden. Außerdem wurde nur eine

Anströmrichtung untersucht. Es wurde zwischen Einwirkungen auf den Treppenturm,

der einen rechteckigen Grundriss hat, sowie auf den Zylinder unterschieden. Dies ist

auf die geometrische Beschaffenhe

Besonders ist dabei, dass im SP die Windunruhe zusätzlich zu der mittleren Windlast

betrachtet werden muss. Diese hängt von der Eig

Massive Stahlbetonbauwerke gelten

diese Zusatzbelastung wurden sinnvolle Annahmen

Arbeitsaufwand einer Bachelorarbeit gerecht zu werden.

direkten Vergleich der Windeinwirkungen als Ergebnis der Berechnung von EC und

SP. Auffallend ist, dass die Bemessungswerte nach EC fast ausschließlich größer

ausfallen (Ausnahme Stütze C 5a). Diese Tatsache liegt wahrscheinlich in den

Unterschieden der Sicherheitskonzepte begründet

Einwirkungen stärker über die

Tab. 7: Windlasten - Vergleich

Tab. 6: Schneelasten – Vergleich (gemittelt)

wurde getroffen, da die ursprüngliche angedachte Nutzung des Aussichtsturmes nie

im vollen Umfang aufgenommen wurde.

Der Treppenturm

Flachdach mit Attika auf

gegenüberliegenden Seiten. Dies

muss bei der Berechnung der Schneelast berücksichtigt werden, da e

Konstruktionen zu Verwehungen kommt. Auch auf dem Zylinderdach ist eine Attik

handen. Das Berechnungsverfahren ist daher mit Ausnahme der Grundrissform

In der Modellierung wurden die Lasten wurden an Knotenpunkten

Bei den Windlasten wurden die Einwirkungen auf das Flachdach vernachlässigt, da

m Normanhang dargestellt werden. Außerdem wurde nur eine

Anströmrichtung untersucht. Es wurde zwischen Einwirkungen auf den Treppenturm,

der einen rechteckigen Grundriss hat, sowie auf den Zylinder unterschieden. Dies ist

auf die geometrische Beschaffenheit der Haupttragglieder zurückzuführen.

Besonders ist dabei, dass im SP die Windunruhe zusätzlich zu der mittleren Windlast

betrachtet werden muss. Diese hängt von der Eigenfrequenz des Bauwerkes ab.

Massive Stahlbetonbauwerke gelten im Regelfall als nicht schwingu

diese Zusatzbelastung wurden sinnvolle Annahmen getroffen

Arbeitsaufwand einer Bachelorarbeit gerecht zu werden. Die Tabelle

direkten Vergleich der Windeinwirkungen als Ergebnis der Berechnung von EC und

Auffallend ist, dass die Bemessungswerte nach EC fast ausschließlich größer

ausfallen (Ausnahme Stütze C 5a). Diese Tatsache liegt wahrscheinlich in den

Unterschieden der Sicherheitskonzepte begründet. Im Eurocode werden die

Einwirkungen stärker über die Sicherheitsbeiwerte erhöht.

Vergleich (gemittelt)

51

wurde getroffen, da die ursprüngliche angedachte Nutzung des Aussichtsturmes nie

Der Treppenturm verfügt über ein

mit Attika auf zwei

iegenden Seiten. Dies

muss bei der Berechnung der Schneelast berücksichtigt werden, da es bei solchen

Zylinderdach ist eine Attika

hme der Grundrissform

ie Lasten wurden an Knotenpunkten

Bei den Windlasten wurden die Einwirkungen auf das Flachdach vernachlässigt, da

m Normanhang dargestellt werden. Außerdem wurde nur eine

Anströmrichtung untersucht. Es wurde zwischen Einwirkungen auf den Treppenturm,

der einen rechteckigen Grundriss hat, sowie auf den Zylinder unterschieden. Dies ist

it der Haupttragglieder zurückzuführen.

Besonders ist dabei, dass im SP die Windunruhe zusätzlich zu der mittleren Windlast

enfrequenz des Bauwerkes ab.

t schwingungsanfällig. Für

getroffen, um dem

Die Tabelle 7 zeigt einen

direkten Vergleich der Windeinwirkungen als Ergebnis der Berechnung von EC und

Auffallend ist, dass die Bemessungswerte nach EC fast ausschließlich größer

ausfallen (Ausnahme Stütze C 5a). Diese Tatsache liegt wahrscheinlich in den

. Im Eurocode werden die

Page 64: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

52

Zusätzliche Lastfälle wie Temperatur-, Frost- und Verformungslasten wurden im

Rahmen der Arbeit nicht berücksichtigt.

Eine ausführliche Berechnung der differenzierten Lastannahmen (EC und SNiP) sind

im Anhang A4 und A5 zu finden.

4.5 Lastkombinationen

Es wurden insgesamt drei verschiedene Lastkombinationen untersucht. Diese sind

über Teilsicherheitsbeiwerte und Kombinationsbeiwerte in RSTAB 8 gebildet worden.

Lastkombination 1 spiegelt die tatsächliche, aktuelle Belastungssituation vor Ort

wider. Sie beinhaltet neben dem Eigengewicht und einer Verkehrslast, veränderliche

Einwirkungen wie Wind und Schnee.

Lastkombination 2 beinhaltet die Lasten die im Rahmen eines Umnutzungskonzeptes

auftreten würden. Dabei wurde eine Unterbringung eines zweistöckigen Cafés,

welches auf dem Behälterring lastet, angenommen. Im Unterschied zu LK 1treten

zusätzliche Lasten, resultierend aus Eigengewicht und Verkehrslast, auf.

Die letzte der drei Kombinationen bezieht sich auf die ursprünglich vorgesehene

Belastung durch einen gefüllten Wasserbehälter von bis zu 700m³ Fassungsvermögen.

Die Windeinwirkung wurde in der Kombinationsbildung nach EC und SP immer als

führend angenommen.

In den Tab. 8-10 sind für die maßgebenden Bauteile (s. Abschnitt 5 „Bemessung“) die

Schnittgrößen der jeweiligen Lastkombination aufgeführt.

Tab.8: Schnittkräfte in der Lastkombination 1

Page 65: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

53

Tab.9: Schnittkräfte in der Lastkombination 2

Tab.10: Schnittkräfte in der Lastkombination 3

Die z.T. gravierenden Unterschiede der Schnittgrößen sind auf den Einfluss der

Windlasten, wie in Abschnitt 4.4 erläutert, zurückzuführen.

Für die Bemessung wurden mit Hilfe von RSTAB 8 und dem Zusatzmodul

„BETON Stützen“, die maßgebende Lastkombination für das jeweilige Bauteil

bestimmt (s. Abschnitt 5 „Bemessung“).

Eine ausführliche Berechnung der Bemessung (EC und SP) sind im Anhang A8 und A9

zu finden.

Page 66: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

5. BEMESSUNG

Für die Bemessung wurden drei ver

unter dem Behälter mit jeweils der größten

Anlage A1), sowie die Stütze C 1a im Treppenhaus.

maßgebend für die Stütze C 4d. Für die Stützen C 4a und C 1a ist es die

Lastkombination 3.

Die Stützen wurden jeweils nach dem EC 2 und SP 63.13330.

Unterschiede im Bemessungskonzept festgestellt werden konnten.

Während im EC 2 die Schlankheit der Stützen überprüft werden muss

direkten Einfluss auf die Bewehrungsmenge hat

Berechnungsverfahren dazu

erzeugt, die aus dem Verhältnis der Bemessungswerte von Moment und Normalkraft

resultieren. Weiterhin ist für eine Durchbiegung des Bauteils das Verhältnis von dem

Moment der ständigen Last zu

abhängig. Über diesen Koeffizienten wird für den Beton im SP das Kriechen

berücksichtigt. Dieser wird in der Steifigkeitsberechnung des Bauteils verwendet,

welche iterativ ermittelt wird. Außerdem berücksichtigt die

Flächenträgheitsmoment und den vorerst geschätzten Bewehrungsgrad.

Während die Knicklänge im Eurocode von der Geometrie und den

Lagerungsbedingungen (Eulerfälle) abhängt, spielt im SP die Art und Richtung der

Einwirkung eine große Rolle. Die Knicklänge

vertikaler Belastung wird sie verringert (<1) und bei horizontaler Belastung, in den

meisten Lagerungsfällen, erhöht (>1).

Die Bemessungsergebnisse sind

vorhandenen Bewehrungsmenge ist mit Tab.

Tab. 11: erforderliche Bewehrung

Für die Bemessung wurden drei verschiedene Stützen untersucht -

unter dem Behälter mit jeweils der größten und kleinsten Normalkraft (C 4a

), sowie die Stütze C 1a im Treppenhaus. Lastkombination 1 ist

maßgebend für die Stütze C 4d. Für die Stützen C 4a und C 1a ist es die

Die Stützen wurden jeweils nach dem EC 2 und SP 63.13330.2012 bemessen, wobei

Unterschiede im Bemessungskonzept festgestellt werden konnten.

Während im EC 2 die Schlankheit der Stützen überprüft werden muss

direkten Einfluss auf die Bewehrungsmenge hat, findet sich im SP kein direktes

hren dazu. Im Gegensatz dazu werden künstliche Exzentrizitäten

erzeugt, die aus dem Verhältnis der Bemessungswerte von Moment und Normalkraft

Weiterhin ist für eine Durchbiegung des Bauteils das Verhältnis von dem

Moment der ständigen Last zu dem Moment der veränderlichen Einwirkung

abhängig. Über diesen Koeffizienten wird für den Beton im SP das Kriechen

Dieser wird in der Steifigkeitsberechnung des Bauteils verwendet,

welche iterativ ermittelt wird. Außerdem berücksichtigt diese den E

Flächenträgheitsmoment und den vorerst geschätzten Bewehrungsgrad.

Während die Knicklänge im Eurocode von der Geometrie und den

Lagerungsbedingungen (Eulerfälle) abhängt, spielt im SP die Art und Richtung der

e. Die Knicklänge ist direkt davon abhängig. Bei vermehrt

vertikaler Belastung wird sie verringert (<1) und bei horizontaler Belastung, in den

meisten Lagerungsfällen, erhöht (>1).

Die Bemessungsergebnisse sind der Tab. 11 zu entnehmen. Ein Vergleich zu d

vorhandenen Bewehrungsmenge ist mit Tab. 12 möglich.

54

- zwei der Stützen

und kleinsten Normalkraft (C 4a /d,

Lastkombination 1 ist

maßgebend für die Stütze C 4d. Für die Stützen C 4a und C 1a ist es die

2012 bemessen, wobei

Während im EC 2 die Schlankheit der Stützen überprüft werden muss und diese

indet sich im SP kein direktes

. Im Gegensatz dazu werden künstliche Exzentrizitäten

erzeugt, die aus dem Verhältnis der Bemessungswerte von Moment und Normalkraft

Weiterhin ist für eine Durchbiegung des Bauteils das Verhältnis von dem

dem Moment der veränderlichen Einwirkung

abhängig. Über diesen Koeffizienten wird für den Beton im SP das Kriechen

Dieser wird in der Steifigkeitsberechnung des Bauteils verwendet,

se den E-Modul, das

Flächenträgheitsmoment und den vorerst geschätzten Bewehrungsgrad.

Während die Knicklänge im Eurocode von der Geometrie und den

Lagerungsbedingungen (Eulerfälle) abhängt, spielt im SP die Art und Richtung der

ist direkt davon abhängig. Bei vermehrt

vertikaler Belastung wird sie verringert (<1) und bei horizontaler Belastung, in den

zu entnehmen. Ein Vergleich zu der

Page 67: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

55

Tab. 12: vorhandene Bewehrung (C 4a/ C 4d: bei Bauaufnahme ermittelt, C 1a aus Archivplan №300514, Anlage A3)

Die vorhandene Bewehrungsmenge in den Haupttragstützen unterhalb des

Wasserbehälters ist gleich der erforderlichen bzw. übersteigt diese sogar. Nach EC 2

beträgt die maximale Bewehrungsmenge 31,40 cm² in den Stützen C 4a und C 4d.

Das bedeutet die vorhandene Fläche wird nur zu ca. 60% rechnerisch erforderlich.

Allerdings wurde in der Berechnung eine Annahme der zu erwartenden

Stahlfestigkeit getroffen sowie von einer Verbundwirkung mit gerippten Stählen

ausgegangen. Vor diesem Hintergrund erweist sich die 60%-ige Auslastung als

sinnvoll, da eine geringere Verbundwirkung bei glattem Stabstahl auch eine höhere

Bewehrungsmenge nach sich zieht.

Die Ergebnisse nach SP entsprechen an den Stützen unter dem Wasserbehälter eher

der tatsächlichen Situation. Die erforderliche Bewehrungsmenge in Stütze C 4a liegt

bei 10Ø24 nur zwei Stäbe unter der vorhandenen (s. Tab. 11). Gewählt wurde für die

Bemessung ein glatter Stabstahl (A 240). Dieser lässt sogar nach SP Umbiegungen

und Haken in druckbeanspruchten Bauteilen zu.

In Realität ergibt sich für die Tragfähigkeit sehr wahrscheinlich ein größerer Spielraum,

da die Schmidt-Hammer Messungen (s. Tab. 2) im Schnitt eine höhere Festigkeit

ergeben, als mit einem C16/20 bzw. B20 rechnerisch angenommen wurde.

Page 68: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

56

6. FAZIT

6.1 Bewertung der Bauweise

Das Bauwerk, obwohl im schlechten Zustand, beeindruckt noch heute seine

Besucher. Dass es noch steht, ist nicht zuletzt auf seine durchdachte

Konstruktionsweise zurückzuführen. Besonders beeindruckend dabei ist, dass die

Ingenieure nur einfache Mittel zur Berechnung von Tragwerken hatten. Und obwohl

es doch teilweise sehr filigran erscheint, wurde es mit Sicherheit bemessen. Die

Abstufung bei der Belastung ist durch wechselnde Stützenquerschnitte zu erkennen.

So haben die Stützen unter dem Behälter mit 60 x 90 cm (C 4 a-d, Anlage A1) einen

deutlich größeren Querschnitt als z.B. die Stützen C1 (40 x 60 cm, Anlage A1), die

nicht unmittelbar zum Lastabtrag der Behälterlasten beitragen.

Außerdem ist zu erkennen, dass die Konstrukteure sich über die Aussteifung des

Tragwerks Gedanken gemacht haben. Das Treppenhaus ist sehr massiv ausgebildet

und gibt dem Zylinder, der wiederum eine steife Schale in sich darstellt, die nötige

Stabilität gegen horizontale Einwirkungen. Es ist anzunehmen, dass für die Bemessung

das schon damals bekannte System eines Vierendeel-Trägers verwendet wurde.

Auch dieses wäre mit einfachen statischen Mitteln zu berechnen.

Neben den Bemessungsmöglichkeiten sind auch die Baubedingungen als

außergewöhnlich zu bezeichnen. In den 1930ern war Stahlbeton im Ural

weitestgehend ungenutzt, so dass der Weiße Turm zu einem der Pionierbauwerke des

russischen Stahlbetonbaus auf dem Ural gezählt werden kann. In den Zeiten von

Rohstoffknappheit und fehlenden technischen Geräten, wurde der Turm unter

einfachsten Bedingungen von meist ungelernten Arbeitskräften gebaut. Darauf

können teilweise auch die Baumängel zurückgeführt werden. So fehlt an einigen

Stellen die vorgesehene Betondeckung, Querschnittsabmessungen wurden teilweise

nicht eingehalten und das Bauwerk weist Asymmetrien auf.

Jedoch kann man im Großen und Ganzen von einem gelungenen, repräsentativen

und gut durchdachten Objekt sprechen, welches seinem eigentlichen

Bestimmungszweck sehr wahrscheinlich problemlos dienen konnte.

Page 69: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

57

6.2 Bewertung der Tragfähigkeit

Die Tragfähigkeit des Bauwerkes ist für den idealisierten Bauwerkszustand (Schäden

werden nicht betrachtet) als gut zu bewerten. Die Tragreserven, die sich nach der

Bemessung offenbarten, lassen eine Umnutzung und vor allem den Gedanken an

eine zukünftige Erhaltung zu. Wie gut durchdacht und konstruiert der Weiße Turm ist,

beweist allein die Tatsache, dass er trotz einer Vielzahl konstruktiver Schwachstellen

und fehlender Wartung bzw. Instandhaltung noch immer steht. Die Haupttragglieder

sind verglichen zu vielen Stellen am Turm in einem relativ guten Zustand. Die

Betondeckung an den wichtigsten Bauteilen des Tragsystems schützt die Bewehrung

vor Korrosion. Jedoch muss diese bei einer Sanierung bei Außenbauteilen zusätzlich

erhöht werden, um den heutigen Standards zu entsprechen und die Bewehrung

weiterhin vor Korrosion schützen zu können.

Um die Standfähigkeit für die nächsten Jahre gewährleisten zu können, müssen

allerdings bald Maßnahmen zu Erhaltung vorgenommen werden. Allen voran scheint

die Installation eines funktionierenden Regenableitungssystems an erster Stelle zu

stehen. Der rasant fortschreitende Verfall des Turmes wird besonders durch das

immer wiederkehrende Regenwasser, mit Frost einhergehend, begünstigt. Allein eine

vorläufige Konservierung des Zylinders durch eine Spezialfolie sowie das Einsetzen von

Fensterverglasung im Treppenhaus würde das Bauwerk vor weiterem Verfall schützen

und die nötige Zeit für die Ausarbeitung einer dauerhaften Lösung bieten. Diese sollte

zum Ziel haben die Tragfähigkeit des Weißen Turmes wiederherzustellen, sowie dem

Gebäude eine neue Nutzung zu ermöglichen. Momentan sind am Turm zahllose

Stellen mit Abplatzungen, Rissen und freiliegender Bewehrung zu finden, die die

Standfestigkeit auf Dauer gefährden. So bietet die hier erfolgte Bemessung keine

Gewähr, da sie für ein Bauwerk im Idealzustand vorgenommen wurde und einen

Vorblick auf die Tragfähigkeit des sanierten Bauwerkes erlaubt.

Um diesen Vorblick in die Realität umzusetzen, müssen am Weißen Turm möglichst

bald umfangreiche Sanierungsmaßnahmen stattfinden. Zusammen mit einem

Umnutzungskonzept kann und soll der Turm wieder in das Stadtgeschehen

eingegliedert werden, was das Viertel Uralmasch kulturell und architektonisch

aufwerten würde sowie weiteren Generationen einen einzigartigen Einblick in die

Architektur der 1930er Jahre erlauben.

Page 70: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

58

LITERATURQUELLENVERZEICHNIS

Printquellen:

[ 1] Zalivako, Anke: Die Bauten des russischen Konstruktivismus Moskau. Petersberg:

Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG, 2012.

[ 2] Pare, Richard: Verlorene Avantgarde. München: Schirmer/Mosel, 2007

[ 3] Dementieva, Vera Haspel, Jörg.: Das architektonische Erbe der Avantgarde – eine

Einführung. In: Nationalkomitee der BRD (Hrsg.) und hendrik Bäßler Verlag: Das

architektonische Erbe der Avantgarde. Berlin, 2010.

[ 4] Schmidt, Dietrich W./ Schädlich, Christian.: Avantgarde II 1924-1937 Sowjetische

Architektur. Bonn: Verlag Gerd Hatje, 1993.

[ 5] Merkl, Gerhard: Historische Wassertürme. München: R. Oldenburg Verlag GmbH, 1985

[ 6] Bargmann, Horst: Historische Bautabellen. Normen und Konstruktionshinweise

1870-1960. Köln: Werner Verlag, 2008

[ 7] Kirikov, B.M., Stieglitz, M.S., Leningrad Avant-Garde Architecture, St. Petersburg: Kolo,

2008

[ 8] Chan-Magomedov, Selim Omarovic: Pioniere der sowjetischen Architektur. Dresden:

Verlag der Kunst, 1983

Digitale Quellen:

[9] http://www.kunstwissen.de/fach/f-kuns/a_mod/05.htm (Stand: 29.10.2013)

[10] Kostina, Darja: Die vergessene Utopie, 2010,

http://divus.cc/london/de/article/forgotten-utopia?printLayout=true

(Stand: 14.10.2010)

[11] Ageew, Sergej, Bril’, Juri: Neizwestniji Uralmasch. Istoria I sud’by. (Unbekanntes

Uralmasch. Geschichte und Schicksale Teil 1), 2003

http://magazines.russ.ru/ural/2003/6/aggee.html (22.10.2013)

[12] Ageew, Sergej, Bril’, Juri: Neizwestniji Uralmasch. Istoria I sud’by. (Unbekanntes

Uralmasch. Geschichte und Schicksale Teil 1), 2003

http://magazines.russ.ru/ural/2003/7/ageev.html (22.10.2013)

[13] Budantseva, Tatyana: Avant-Garde Between East and West. Modern Architecture

and Town-Planning in the Urals 1920-30s. Dissertation an der TU Delft, 2007 (E-Book)

[14] Istorija Sozgoroda Uralmasch (Die Geschichte des Sozgorod Uralmasch)

http://ougk.ru/uslugi/domami/dogovora/socgoroda/ (22.10.2013)

[15] http://biblio28.ru/kraevedenie/istoriya.html ( 29.10.2013)

Page 71: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

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[16] Tokmeninowa, L.: Wodonapornaja baschnja UZTM (Wasserturm des UZTM). Moiseji

Reischer. Jekaterinburg: Tatlin, 2011 (E-Book).

[17] Budantseva, Tatyana: Wodonapornaja baschnja UZTM (Der Wasserturm des UZTM)

http://www.1723.ru/read/books/white-tower.htm (18.10.2013)

[18] http://urbc.ru/1068009822-belaya-bashnya-peredana-ekaterinburgskoy-

obschestvennoy-organizacii-gruppa-arhitekturnyh-iniciativ-sobytiy-ikommunikaciy.html

(22.10.2013)

[19] Elagin, G.: Schizn‘ poswjaschaju gorodu (Das Leben widme ich der Stadt).

Jekaterinburg: Tatlin, 2010 (E-Book).

[20] http://ekburg.tv/white_tower/feed/12456/12328/ (22.10.2013)

[21] Raboty architektora Reischera w Ekaterinburge (Arbeiten des Architekten Reischer in

Jekaterinburg)

http://arch66.ru/raboty-arxitektora-rejshera-v-ekaterinburge-sverdlovske (10.10.2013)

[22] http://semantic.uraic.ru/post/postbrowse.aspx?o1=10770&q=true&f=p (10.10.2013)

[23] http://www.ural.ru/spec/ency/encyclopaedia-16-1701.html (14.10.2013)

[24] http://itsmycity.ru/blog/post/id/1863 (16.10.2013)

Archiv:

[25] PODELNIKI Archiv

Normen:

Eurocode 1: DIN EN 1991-1-1 (2010) Einwirkungen auf Tragwerke

DIN EN 1991-1-1/NA (2010)

DIN EN 1991-1-3 (2010) Einwirkungen auf Tragwerke - Schneelasten

DIN EN 1991-1-3/NA (2010)

DIN EN 1991-1-4 (2010) Einwirkungen auf Tragwerke - Windlasten

DIN EN 1991-1-4/NA (2010)

Eurocode 2: DIN EN 1992-1-1 (2010) Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton und

Spannbetontragwerken

DIN EN 1992-1-1/NA (2010)

SNiP: SP 20.13330.2011, "Lasten und Einwirkungen"

SP 63.13330.2012, "Beton- und Stahlbetonkonstruktionen.

Hauptvorschriften"

Page 72: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

60

BILDQUELLENVERZEICHNIS

Abb. 1 http://ru.wikipedia.org/wiki/Файл:плакат_-_догнать_и_перегнать.jpg

Abb. 2 http://biblio28.ru/assets/images/5-kraevedenie/pamyatnye-mesta/30.JPG

Abb. 3 http://biblio28.ru/assets/images/5-kraevedenie/gzl/FIDLER2.jpg

Abb. 4 [25], Bestand 3, № 15

Abb. 5 [25], Bestand 6, № 38

Abb. 6 [25], Bestand 6, № 82

Abb. 7 [25], Bestand 6, № 41

Abb. 8 http://commons.wikimedia.org/wiki/File:RIAN_archive_1274_

Tanks_going_to_the_front.jpg?uselang=ru

Abb. 9 [25], Bestand 6, № 81

Abb. 10 [25], Bestand 6, № 75

Abb. 11 [25], Bestand 4, № 2

Abb. 12 [25], Bestand 4, № 5

Abb. 1 3 [25], Bestand 6, № 135

Abb. 14 [25], Bestand 6, № 140

Abb. 15 [25], Bestand 2, № 12

Abb. 16 [25], Bestand 2, № 11

Abb. 17 Google Drive, White Tower Archive, Hramtsov_reuse_project_1989.pdf

Abb. 18 [25], Bestand 1, № 32

Abb. 19 [25], Bestand 1, № 21

Abb. 20 [25], Bestand 1, № 20

Abb. 21 http://www.berlogos.ru/spets-projects/ekaterinburg-sverdlovsk-ekaterinburg-

progulki-vo-vremeni.php

Abb. 22 http://www.berlogos.ru/spets-projects/ekaterinburg-sverdlovsk-ekaterinburg-

progulki-vo-vremeni.php

Abb. 23 http://venividi.ru/files/img/9675/14.jpg

Abb. 24 [25], Bestand 1, № 41

Abb. 25 http://www.artandarchitecture.org.uk/images/full/

198426f84ad8f323724737ceaa310eb48a32a662.html

Abb. 26 [25], Bestand 1, № 18

Abb. 27 [5/S.65]

Abb. 28 privat (Foto der Kampagne)

Abb. 29 Planausschnitt aus [25], Bestand 5, № 1

Abb. 30 privat (Foto der Kampagne)

Abb. 31 Google Drive, White Tower Archive, Krasnouralsk_drawings.pdf

Page 73: Дипломная работа студентов BTU Cottbus

61

Abb. 32 [25], Bestand 6, № 41

Abb. 33 privat (Foto der Kampagne)

Abb. 34 Planausschnitt aus [25], Bestand 5, № 1

Abb. 35 privat (Foto der Kampagne)

Abb. 36 Aufnahme von Maximilian Wetzig.

Abb. 37 Planausschnitt (zur Verfügung gestellt von Maximilian Wetzig)

Abb. 38 privat (Foto der Kampagne)

Abb. 39 privat (Foto der Kampagne)

Abb. 40 privat (Foto der Kampagne)

Abb. 41 privat (Foto der Kampagne)

Abb. 42 privat (Foto der Kampagne)

Abb. 43 privat (Foto der Kampagne)

Abb. 44 privat (Foto der Kampagne)

Abb. 45 privat (Foto der Kampagne)

Abb. 46 privat (Foto der Kampagne)

Abb. 47 http://de.wikipedia.org/wiki/Vierendeelträger

Abb. 48 Screenshot aus Dlubal RSTAB 8

Abb. 49 Screenshot aus Dlubal RSTAB 8

Abb. 50 Screenshot aus Dlubal RSTAB 8

Abb. 51 Screenshot aus Dlubal RSTAB 8

Abb. 52 Screenshot aus Dlubal RSTAB 8

Abb. 53 Screenshot aus Dlubal RSTAB 8

Abb. 54 EC 1 bzw. SP 20.133302011