1 Das Hotel- und Gastgewerbe in Zeiten der Nachhaltigkeit28 Auswirkungen der Hotel- und...

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Das Hotel- und Gastgewerbe in Zeiten der Nachhaltigkeit 1 Das Hotel- und Gastgewerbe in Zeiten der Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit gewinnt im Hotel- und Gastgewerbe immer mehr an Bedeutung. Führungskräfte und Mitarbeiter von Hotel- und Gaststättenbetrieben erkennen zunehmend die Vorteile, die mit Maßnahmen einer nachhaltigen Entwicklung verbunden sind. So tragen bereits einzelne kleinere Nachhaltigkeitsaktivitäten zur Senkung der Kosten bei und durch eine konsequente Positionierung als nachhaltiger Betrieb kann eine Steigerung des Umsatzes erzielt werden. Auf verschiedenen Webseiten von Hotel- und Gaststättenbetrieben wird offensiv mit Nach- haltigkeitsthemen geworben und im Bereich der Hotelneubauten spielen Aspekte der Nach- haltigkeit eine zentrale Rolle. Dies zeigt sich sowohl im Segment der kleinen und mittleren Privatbetriebe als auch bei den großen, global auftretenden Hotelketten. Mit ihrem Engage- ment in Sachen Nachhaltigkeit kommen die Betriebe ihren Gästen entgegen, die sich immer mehr für Nachhaltigkeitsthemen interessieren und die immer öfter bereit sind, für Qualität mehr Geld auszugeben. Sowohl bei der Auswahl eines Hotels als auch beim Verhalten vor Ort orientieren sich immer mehr Menschen an den Kriterien der Nachhaltigkeit. Um Betriebe bei einer nachhaltigen Entwicklung zu unterstützen, werden von unterschiedlichen Organisatio- nen Informationen und Beratungssysteme bereitgestellt. Der Weg zur Nachhaltigkeit bietet viele Gestaltungsmöglichkeiten. Die Betreiber vor Ort haben die Qual der Wahl, welche Maßnahmen konkret zu ergreifen sind. Die Vielzahl existierender Möglichkeiten führt zu einer gewissen Unübersichtlichkeit, die die Auswahl geeigneter Maß- nahmen erschwert. Dies betrifft beispielsweise verschiedene Siegel und ihre Voraussetzungen. 1.1 Über diese Broschüre Der Weg in Richtung Nachhaltigkeit ist für Betriebe des Hotel- und Gaststättengewerbes kein kurzlebiger Trend, sondern eine zukunftsweisende Notwendigkeit. Aspekte der Nachhaltigkeit sind entscheidend für den unternehmerischen Erfolg. Denn wie kaum eine andere Branche lebt das Hotel- und Gastgewerbe von einer intakten Umwelt und freundlichen Mitarbeitern. Wie aber diesen Weg einschlagen? Jeder Betrieb ist anders und es gibt zahlreiche Unterschei- dungsmerkmale, wie Größe, Lage und Angebot. Daher sind keine Pauschalrezepte in Sachen Nachhaltigkeit möglich. Diese Broschüre gibt Empfehlungen und enthält zahlreiche Informationen über Anforderungen unterschiedlicher Siegel und Auszeichnungen, über existierende Instrumente des Nachhaltig- keitsmanagements und Beispiele aus der Praxis. Ziel ist, ein breites Angebot an Gestaltungs- möglichkeiten übersichtlich darzustellen, um Anreize für den Weg in Richtung Nachhaltigkeit zu geben. Die Informationen sollen Betriebe des Hotel- und Gastgewerbes bei der Umsetzung einzelner Nachhaltigkeitsaktivitäten bis hin zur Ausrichtung der gesamten Betriebsführung nach den Kriterien der Nachhaltigkeit unterstützen. Am Ende jedes Kapitels befindet sich eine Infobox mit Tipps und wichtigen Informationen. Die Broschüre richtet sich grundsätzlich an alle Mitarbeiter, insbesondere an Mitglieder der 6 Trend Nachhaltigkeit

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Das Hotel- und Gastgewerbe in Zeiten der Nachhaltigkeit

1 Das Hotel- und Gastgewerbe in Zeiten der Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit gewinnt im Hotel- und Gastgewerbe immer mehr an Bedeutung. Führungskräfte und Mitarbeiter von Hotel- und Gaststättenbetrieben erkennen zunehmend die Vorteile, die mit Maßnahmen einer nachhaltigen Entwicklung verbunden sind. So tragen bereits einzelne kleinere Nachhaltigkeitsaktivitäten zur Senkung der Kosten bei und durch eine konsequente Positionierung als nachhaltiger Betrieb kann eine Steigerung des Umsatzes erzielt werden. Auf verschiedenen Webseiten von Hotel- und Gaststättenbetrieben wird offensiv mit Nach-haltigkeitsthemen geworben und im Bereich der Hotelneubauten spielen Aspekte der Nach-haltigkeit eine zentrale Rolle. Dies zeigt sich sowohl im Segment der kleinen und mittleren Privatbetriebe als auch bei den großen, global auftretenden Hotelketten. Mit ihrem Engage-ment in Sachen Nachhaltigkeit kommen die Betriebe ihren Gästen entgegen, die sich immer mehr für Nachhaltigkeitsthemen interessieren und die immer öfter bereit sind, für Qualität mehr Geld auszugeben. Sowohl bei der Auswahl eines Hotels als auch beim Verhalten vor Ort orientieren sich immer mehr Menschen an den Kriterien der Nachhaltigkeit. Um Betriebe bei einer nachhaltigen Entwicklung zu unterstützen, werden von unterschiedlichen Organisatio-nen Informationen und Beratungssysteme bereitgestellt.

Der Weg zur Nachhaltigkeit bietet viele Gestaltungsmöglichkeiten. Die Betreiber vor Ort haben die Qual der Wahl, welche Maßnahmen konkret zu ergreifen sind. Die Vielzahl existierender Möglichkeiten führt zu einer gewissen Unübersichtlichkeit, die die Auswahl geeigneter Maß-nahmen erschwert. Dies betrifft beispielsweise verschiedene Siegel und ihre Voraussetzungen.

1.1 Über diese Broschüre

Der Weg in Richtung Nachhaltigkeit ist für Betriebe des Hotel- und Gaststättengewerbes kein kurzlebiger Trend, sondern eine zukunftsweisende Notwendigkeit. Aspekte der Nachhaltigkeit sind entscheidend für den unternehmerischen Erfolg. Denn wie kaum eine andere Branche lebt das Hotel- und Gastgewerbe von einer intakten Umwelt und freundlichen Mitarbeitern. Wie aber diesen Weg einschlagen? Jeder Betrieb ist anders und es gibt zahlreiche Unterschei-dungsmerkmale, wie Größe, Lage und Angebot. Daher sind keine Pauschalrezepte in Sachen Nachhaltigkeit möglich.

Diese Broschüre gibt Empfehlungen und enthält zahlreiche Informationen über Anforderungen unterschiedlicher Siegel und Auszeichnungen, über existierende Instrumente des Nachhaltig-keitsmanagements und Beispiele aus der Praxis. Ziel ist, ein breites Angebot an Gestaltungs-möglichkeiten übersichtlich darzustellen, um Anreize für den Weg in Richtung Nachhaltigkeit zu geben. Die Informationen sollen Betriebe des Hotel- und Gastgewerbes bei der Umsetzung einzelner Nachhaltigkeitsaktivitäten bis hin zur Ausrichtung der gesamten Betriebsführung nach den Kriterien der Nachhaltigkeit unterstützen. Am Ende jedes Kapitels befindet sich eine Infobox mit Tipps und wichtigen Informationen.

Die Broschüre richtet sich grundsätzlich an alle Mitarbeiter, insbesondere an Mitglieder der

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Trend Nachhaltigkeit

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Die Berücksichtigung wichtiger Umweltthemen und der bewusste Umgang mit natürlichen Ressourcen stellen einen bedeutenden Teil der Nachhaltigkeitsorientierung eines Betriebs dar. Darüber hinaus spielen ökonomische, soziale und – gerade in der Hotel- und Gaststättenbran-che – kulturelle und gesundheitliche Aspekte eine Rolle. Ebenso wie ökologische Verbesserun-gen können soziale Projekte zur Zufriedenheit der Gäste und der Mitarbeiter sowie zu einer positiven Wahrnehmung in der Öffentlichkeit beitragen.

Unternehmen und Betriebe der Hotel- und Gaststättenbranche, deren Ziel es ist, ihre Dienst-leistung konsequent an Kriterien einer nachhaltigen Entwicklung auszurichten, sollten daher ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten systematisch und ganzheitlich gestalten. Die damit verbunde-nen Veränderungsprozesse sind jedoch konfliktträchtig und stellen die Mitarbeiter von Hotels und Gastronomiebetrieben vor erhebliche Herausforderungen. Diese Herausforderungen kön-nen auf sehr verschiedenen Ebenen auftreten, abhängig von der Betriebsstruktur des eigenen Unternehmens (Abbildung 3).

Abbildung 3: Herausforderungen der Nachhaltigkeit im Gastgewerbe

Bewusster Umgang mit natürlichen Ressourcen ist nur ein Teil der Nachhal-tigkeitsorientierung neben ökonomischen, sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Aspekten

Nachhaltigkeitsakti-vitäten systematisch und ganzheitlich gestalten

11Nachhaltigkeit im Hotel- und Gastgewerbe

HERAUSFORDERUNGNACHHALTIGKEIT

Identi�kation-> Art des Betriebes (konservativ …)-> Zustimmung der Mitarbeiter-> Konstruktion eines Leitbildes-> usw.

Betriebliche Strukturen-> Anzahl der Mitarbeiter-> betriebliche Hierarchien -> Verwaltungsebenen-> Wirtschaftsbeziehungen (z.B. Einkauf)-> Ausrichtung (Wellness-Hotel …)-> usw.

Zielgruppe/Gästeklientel-> Erwartungshaltungen/Ansprüche-> Gästeklientel (Tagungsgäste …)-> Gewinnung neuer Zielgruppen möglich -> usw.

Quali�kation-> Kompetenzen der Mitarbeiter-> Leitungsebene-> Weiterbildungsmöglichkeiten-> usw.

Destination/Region -> regionale Besonderheiten (z. B. Speisen)-> Freizeitangebote-> Wirtschaftsstruktur-> politische Unterstützungen-> usw.

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15Beispiel 1: Das Planet 21 Programm der Hotel-Gruppe Accor

Nachhaltigkeits-konzept mit Fokus auf Soziales und Ökologie

Beispiel 1: Das Planet 21 Programm der Hotel-Gruppe Accor

Abbildung 5: Internetauftritt www.accor.com -> Sustainable Development

Ein Beispiel für ein unternehmerisches Nachhaltigkeitskonzept, das ökologische, soziale und gesellschaftliche Themen unter einem Dach vereint, ist das internationale Nachhaltigkeitspro-gramm PLANET 21 von Accor (siehe Abbildung 5). Der internationale Hotelkonzern, zu dem Marken wie Sofitel, Novotel, Mercure und ibis gehören, will so Entwicklung und Wachstum mit Nachhaltigkeit für alle Hotels und Gäste verbinden. PLANET 21 unterteilt sich in die sie-ben Säulen Gesundheit, Natur, Emission, Innovation, Region, Arbeitsplatz und Dialog (siehe Abbildung 6). Jede Säule umfasst drei Maßnahmen mit konkreten Zielen bis 2015. Zum Bereich Natur ge-hört beispielsweise die Reduktion des Wasserverbrauchs, die Optimierung der Mülltrennung und der Schutz der Artenvielfalt. Die Säule Region unterteilt sich in die Maßnahmen Schutz von Kindern vor Missbrauch, die Unterstützung eines nachhaltigen Einkaufs und den Schutz der Ökosysteme.

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28 Auswirkungen der Hotel- und Gaststättenbranche

27 DEHOGA Bundesverband 2011, 1028 BMU 201229 Deutscher Fachbuchverlag 201130 Roehl, Strassner 2012, 831 Koerber, Kretschmer, Schlatzer 2007, 132

32 Leuenberger et al. 2010, 2-3 33 Reinhardt et al. 2009, 49-5334 Koerber, Kretschmer 2008, 280-28435 Jungbluth 2010, 136 BMU 2012

CO2–Ausstoß des Verpflegungs-

angebots

ESU-Services: Ökobilanz von

Gerichten in Kantinen.

www.esu-services.ch -> publication ->

Food and Nutrition

IFEU-Institut: Ökologische Optimierung

regional erzeugter Lebensmittel:

Energie- und Klima-bilanzen:

www.ifeu.de -> Landwirtschaft ->

Nahrungsmittel

Tabelle 1: Daten zum Energieverbrauch aus der Energiekampagne Gastgewerbe (DEHOGA)27

Betriebsart Energiebedarf pro Übernachtung (Ün) bzw. pro Sitzplatz (Sp)

Beherbergung Median Beste 25 %1- und 2-Sterne-Hotels 80 kWh/Ün 49 kWh/Ün3-Sterne-Hotels 49 kWh/Ün 34 kWh/Ün4-Sterne-Hotels 58 kWh/Ün 48 kWh/Ün5-Sterne-Hotels 118 kWh/Ün 87 kWh/ÜnGasthöfe 95 kWh/Ün 62 kWh/ÜnPensionen 44 kWh/Ün 32 kWh/ÜnGastronomieGaststätte mit 0-20 Sp 1996 kWh/Sp 981 kWh/SpGaststätte mit 21-50 Sp 1384 kWh/Sp 1210 kWh/SpGaststätte mit 51-100 Sp 1507 kWh/Sp 1033 kWh/SpGaststätte mit > 100 Sp 1022 kWh/Sp 675 kWh/Sp

Neben den Übernachtungen hat auch das Verpflegungsangebot einen entscheidenden Einfluss auf den Energieverbrauch und den Ausstoß an Treibhausgasen. Die Ernährung verursacht rund 2,1 t an klimarelevanten Emissionen pro Person und Jahr.28 Gut ein Drittel des Lebensmittelum-satzes wird im Außer-Haus-Markt getätigt, was neben der wirtschaftlichen Bedeutung auch die Bedeutung dieses Marktes für die Belastung der Umwelt verdeutlicht.29 30 Der Anteil der Ernährung am Gesamtausstoß von Treibhausgasen in Deutschland beträgt rund 20 Prozent.31

Einer Schweizer Studie zufolge verursacht ein fleischhaltiges Gericht in einem Betriebsrestau-rant je nach Fleischsorte zwischen 1,5 und 4,4 kg CO2-Äquivalente, während ein vegetarisches Gericht nur etwa 1/3 der Umweltbelastung hervorruft (ca. 0,7 – 1,4 kg CO2-Äquivalente).32

Gerichte mit Schweine- oder Geflügelfleisch verursachen der Studie nach weniger Umwelt-belastungen als Gerichte mit Rindfleisch. Die Energieverbräuche für Lagerung, Kühlung sowie die Abnutzung der Küchengeräte wurden in der Studie nicht berücksichtigt.

Andere Untersuchungen zeigen, dass neben dem Ort der Erzeugung sowohl die Produktions-bedingungen, die Verarbeitung, Verpackung, der Vertrieb, die Jahreszeit und das Einkaufsver-halten darüber entscheiden, ob ein Lebensmittel und damit auch das Verpflegungsangebot aus Klimaschutzsicht empfehlenswert ist oder nicht.33

Generell wird empfohlen, den Konsum an Fleisch und Milchprodukten zugunsten von pflanz-lichen Lebensmitteln, wie Obst und Gemüse, zu senken sowie saisonale, regionale und/oder ökologisch produzierte Lebensmittel zu bevorzugen. So kann die Belastung der Umwelt durch die Ernährung verringert werden.34 35 36

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88 Die Verbraucher Initiative e. V., VCD und WWF, 7-8

Anforderungen an nachhaltige Betriebe

Eigene Nachhaltig-keitsziele fest- legen - Orientierung bieten Kriterien und Indikatoren aus Wissenschaft, Politik und Praxis

Anforderungen von Gästen mit einem ausgeprägten Bewusstsein für Nachhaltigkeit

4 Anforderungen an nachhaltige Betriebe

Die ökologischen, sozialen und ökonomischen Auswirkungen des Hotel- und Gaststättengewer-bes geben einen groben Überblick über mögliche Handlungsfelder für Nachhaltigkeitsaktivitäten im Gastgewerbe. Darüber hinaus benötigen Inhaber, Manager und Mitarbeiter von Hotels und Gaststätten, die ihr Nachhaltigkeitsengagement verbessern möchten, klare, messbare Ziele. Bei der Festlegung geeigneter Nachhaltigkeitsziele können sie sich an Anforderungen orien-tieren, die aus unterschiedlicher Sicht an nachhaltige Hotels und Gaststätten gestellt werden. Verbraucherorganisationen geben allgemeine Hinweise, welchen Anforderungen eine nach-haltige Unterkunft oder ein nachhaltiges Restaurant genügen sollte. In Wissenschaft, Politik und Praxis wurden Indikatoren und Kriterien für einen nachhaltigen Tourismus entwickelt, die auch auf Betriebe des Hotel- und Gaststättengewerbes anwendbar sind. Schließlich stellen Organisationen, die ein Label für nachhaltigen Tourismus vergeben, konkrete Anforderungen an die Nachhaltigkeit von Hotels und Gaststätten.

4.1 Anforderungen an eine nachhaltige Unterkunft und Verpflegung aus Sicht der Verbraucherorganisationen

Gäste, die bei der Buchung ihrer Unterkunft auf ökologische, soziale oder kulturelle Aspekte achten, bewerten die Angebote unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten. Hinweise dafür erhalten sie durch Ratgeber zum Thema „nachhaltig Reisen“, die von Umwelt- und Verbraucherorganisationen herausgegeben wer-den. Die Ratgeber geben Aufschluss über Anforderungen, die Gäste mit einem ausgeprägten Bewusstsein für Nachhaltigkeit an Hotels und Gaststätten stellen. Betriebe können sich bei der Planung ihrer Nachhaltigkeitsaktivitäten an den Anforde-rungen der Ratgeber orientieren, um sich den Wünschen der Gästegruppe der „Nachhaltigkeitsinteressierten“ anzupassen.

Der „Einkaufsführer Bewusst reisen“ (siehe Abbildung 14), herausgegeben von der Verbraucherinitiative e. V., dem Ver-kehrsclub Deutschland und dem WWF, nennt die folgenden Kriterien für nachhaltige Unterkünfte und Verpflegungsein-richtungen:88

Abbildung 14: „Einkaufsführer Bewusst reisen“

Einkaufsführer Bewusst reisen:www.reisekom-pass-online.de

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48 Anforderungen an nachhaltige Betriebe

Um das Umweltzeichen zu erhalten, muss ein Beherber-gungsbetrieb alle Pflicht-Kriterien und zusätzlich eine bestimmte Anzahl der Soll-Kriterien erfüllen.Unter der Adresse www.ecolabel.eu gibt es Informations-broschüren zum Herunterladen sowie eine Liste mit den nationalen Ansprechpartnern (Competent Bodies).Unter der Adresse www.traintoecolabel.org kann man sich kostenlos registrieren, um weitere Informationen zu den Kriterien zu erhalten, wie welche Schritte zur Umsetzung der Kriterien empfohlen werden.Die Kriterien sind in der Entscheidung der EU-Kommission 2009/578/EG festgelegt.

Green Key Die Internationalen Kriterien werden von den nationalen Organisationen an die Bedingungen (z. B. Gesetzgebung, Infrastruktur oder Klima) angepasst. Der internationale Kriterienkatalog enthält Pflicht-Kriterien und optionale Kriterien in den folgenden Bereichen:• Umweltmanagement• Mitarbeiterbeteiligung• Gästeinformation• Wasser• Waschen und Reinigen• Abfall• Energie• Speisen und Getränke • Innenraumklima• Grünflächen und Außenanlagen• Aktivitäten in der Natur• VerwaltungAuf der Internetseite www.green-key.org gibt es die Mög-lichkeit zum Herunterladen der internationalen Kriterien für Hotels.

Österreichisches Umweltzeichen für Tourismus-betriebe

In der Richtlinie für die Vergabe des Österreichischen Umweltzeichens an Beherbergungsbetriebe, Gastronomie-betriebe und Schutzhütten sind die Kriterien ausführlich beschrieben. Es gibt Muss-Kriterien in den Kategorien• Allgemeine Betriebsführung/Umweltmanagement• Energie• Wasser• Abfall• Luft/Lärm• Reinigung/Chemie/Hygiene• Verkehr/MobilitätWeitere Pflichtkriterien beziehen sich speziell auf die Betriebsart (Beherbergungsbetrieb, Gastronomiebetrieb, Schutzhütte) und das Dienstleistungsangebot (Seminar-/Tagungsangebote, Freizeiteinrichtungen/ Wellness-Angebot).

Der Beispielkatalog für Soll-Kriterien enthält außerdem Kriterien in den folgenden Kategorien:• Büro/Druck/Beschaffung• Bauen und Wohnen, Ausstattung• AußenbereichAuf der Internetseite www.umweltzeichen.at stehen die Richtlinien zum Herunterladen bereit.

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54 Nachhaltigkeit umsetzen: Systeme und Instrumente

111 Schaltegger et al. 2007112 Schaltegger, Beständig 2010113 Beständig, Wuczkowski 2012

DEHOGA Umweltcheck:www.dehoga-

umweltcheck.de/Viabono:

www.viabono.de

Bereich: Strategische Planung

Tabelle 10: Instrumente im Bereich strategische Planung111 112 113

Instrument Ziele und Bedeutung Beispiel/Verweis

Corporate Citizenship

Coporate Citizienship steht für das über die eigentliche Geschäfts-tätig-keit hinausgehende bürgerschaftliche Engagement eines Betriebes und ist meist auch im Leitbild dokumentiert. Hierunter fallen die Gründungen von gemeinnützigen Betriebsstiftungen, Spenden, aktive soziale Mitgestaltung sowie Aktivitäten zur Nachbar-schaftspflegeZiel: Positive Außenwirkung des Betriebes

Lieferanten-bewertung

Diese Bewertungen dienen der Auswahl der Lieferanten. Für die Bewertung müssen zunächst Kriterien festgelegt werden, in die sich gut nachhaltige Standards integrieren lassen. Diese (minimalen) Standards können auch bei Ausschreibungen, z. B. im Leistungsverzeichnis, berücksichtigt werden.Eine nachhaltige Beschaffung, wie z. B. der Bezug von Produkten mit Öko-, Bio- und Fairtrade-Labeln, hat Auswirkungen auf die Lieferkette aber auch auf die Verarbeitung im Betriebe und die Angebotsgestaltung.

Siehe auch Krite-rien des DEHOGA Umweltchecks und von Viabono

Dialog- instrumente

Es gibt verschiedene Methoden, um mit den Gästen, aber auch anderen Interessensgruppen, ins Gespräch zu kommen und von Ihnen eine Rück-meldung zu erhalten. Nachfolgend werden Systeme vorgestellt, bei denen eine Integration von Nachhaltigkeitsthemen gut machbar ist.

GästebefragungIm Zuge der Gästebefragung sollten auch nachhaltigkeitsbezogene The-men erfasst werden, wie z. B. Zufriedenheit mit ressourcensparenden Akti-vitäten (Wasser, Energie), Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Meinungen zu Umweltlabeln.

FeedbackmöglichkeitenNeben dem aktiven Instrument der Gästebefragung sollten die Gäste auch dauerhafte Ansprachemöglichkeiten, auch in Bezug auf Nachhaltigkeit haben. Passive Rückmeldemöglichkeiten sind z. B. Briefkästen, Meinungs-bücher und Blogs im eigenen Internetauftritt.

BeiratEin Beirat im Betrieb kann unterschiedlich zusammengesetzt sein, je nach-dem welche Interessensgruppen (Stakeholder) vertreten sind und welche Ziele mit dem Beirat verknüpft sind (z. B. Vertretung der Gästeinteressen, stärkere Kooperation mit den Lieferanten). Insbesondere in der Gemein-schaftsverpflegung sind u. a. Gästebeiräte anzutreffen.

Sponsoring Sponsoring ist ein Instrument der Öffentlichkeitsarbeit, das auch dazu genutzt werden kann, sein Engagement für Nachhaltigkeit nach außen hin darzustellen, im Sinne des Mottos „Tu Gutes und sprich darüber!“.Werden Geld-, Sachmittel oder Dienstleistungen für ökologische oder so-ziale Projekte oder Organisationen bereitgestellt, so spricht man vom Öko- oder Sozialsponsoring. Ein solches Sponsoring hat auch einen Einfluss auf die Betriebskultur.

Vorschlags-wesen

Dieses System zur Förderung, Begutachtung, Anerkennung, Umsetzung und Honorierung von Verbesserungsvorschlägen kann auch dazu einge-setzt werden, nachhhaltigkeitsorientierte Vorschläge von Mitarbeitern zu fördern.

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60 Den eigenen Standort bestimmen und Maßnahmen umsetzen

6 Den eigenen Standort bestimmen und Maßnahmen umsetzen

Für jede Abteilung eines Betriebes der Hotel- und Gaststättenbranche sollten Nachhaltigkeits-kriterien, d. h. kurz-, mittel- und langfristige Ziele in Bezug auf Nachhaltigkeit definiert wer-den, die sich vom Nachhaltigkeitsleitbild, d. h. der übergeordneten nachhaltigkeitsorientierten Zielsetzung bzw. Vision des Betriebes ableiten. Eine zeitliche Staffelung der Ziele ist sinnvoll, da die Einführung von Veränderungen meist besser von Gästen und Mitarbeitern akzeptiert wird, wenn sie schrittweise erfolgt (Abbildung 17).

Abbildung 17: Schrittweise Einführung von Nachhaltigkeit

Bei der Planung und Umsetzung von nachhaltigkeitsbezogenen Maßnahmen im Betrieb kann ein klassisches Instrument des Qualitätsmanagements eingesetzt werden, der Plan-Do-Check-Act – oder PDCA-Zyklus. In der Planungsphase wird zunächst eine Analyse der Ausgangslage durchgeführt. Diese Standortbestimmung kann mithilfe einer Stärken-Schwächen-Analyse erfolgen.

Eine weitere Hilfestellung bei der Planung und Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen bietet die strategische Planungshilfe, die im Zuge des Projekts „Verstetigung des Angebots von Öko-Lebensmitteln in der Außer-Haus-Verpflegung: Analyse von Gründen für den Aus-stieg und Ableitung präventiver Maßnahmen“ an der Universität Hohenheim entwickelt wurde.

Strategische Planungshilfe:

bio-m-aus.uni- hohenheim.de

-> Ausgewählte Projektergebnisse

-> Strategische Planungshilfe

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71Anhang

9.1 A1 Checkliste - Welche Ziele, Kriterien und Indikatoren sollen für den eige-nen Betrieb übernommen werden?

Ziel Kriterium Indikator Für Betrieb

übernehmen? Bereich Ökologie Reduzierung der Treibhausgas-emissionen

Nutzung umwelt-freundlicher Verkehrsmittel bei der An- und Abreise

Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Ja Nein

Information der Gäste über Möglichkeiten der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zur An- und Abreise und für die Mobilität vor Ort

Ja Nein

Förderung der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel durch die Mitarbeiter

Ja Nein

Energieverbrauch im Betriebe

Energieverbrauch pro Übernachtung Ja Nein

Prozentualer Anteil des Energieverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen

Ja Nein

Menge an kompensierten CO2-Emissionen

Ja Nein

Reduzierung des Ressourcen-verbrauchs

Wasserverbrauch, Abfallmenge

Wasserverbrauch pro Übernachtung; Abfallvolumen pro Übernachtung Ja Nein

Vermeidung negativer Auswirkungen auf die Biodiversität

Flächenverbrauch/ direkte Zerstörung von Lebensräumen

Quadratmeter versiegelte Flächen Ja Nein

Übernutzung Art der angebotenen Freizeitaktivitäten Ja Nein Erhalt und Pflege einer naturnahen Kulturlandschaft in ländlichen Räumen

Nutzung von Produkten aus biologischem Anbau, aus der Region

Anteil von regionalen Produkten und Bioprodukten an den verwendeten Lebensmitteln

Ja Nein

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