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Bahaa E. A. Saleh und Malvin C. Teich: Optik und Photonik — 2020/3/17 — Seite 3 — le-tex 3 1 Strahlenoptik Licht kann als elektromagnetische Welle beschrieben werden, die denselben theoretischen Prinzipien folgt wie alle anderen Formen elektromagnetischer Strah- lung, beispielsweise Radiowellen oder Röntgenstrah- len. Diese Beschreibung von Licht führt zur sogenann- ten elektromagnetischen Optik. Elektromagnetische Strahlung besteht aus zwei gekoppelten Vektorwellen für das elektrische und das magnetische Feld. Viele op- tische Erscheinungen können aber auch im Rahmen einer vereinfachten skalaren Wellentheorie behandelt werden, in der Licht durch eine skalare Wellenfunkti- on beschrieben wird. Diese genäherte Methode zur Be- schreibung von Licht heißt skalare Wellenoptik oder einfach Wellenoptik. Wenn sich Lichtwellen um und durch Objekte bewe- gen, deren Abmessungen viel größer sind als die Wellen- länge des Lichts, tritt die Wellennatur des Lichts nicht unmittelbar in Erscheinung und sein Verhalten kann durch die Annahme erklärt werden, dass sich einzelne Strahlen nach bestimmten geometrischen Regeln aus- breiten. Dieses Modell wird als Strahlenoptik bezeich- net. Mathematisch betrachtet ist die Strahlenoptik der Grenzfall der Wellenoptik für unendlich kleine Wellen- längen. Strahlenoptik Wellenoptik elektromagneti- sche Optik Quantenoptik Abb. 1.1 Die Quantenoptik beschreibt praktisch alle opti- schen Erscheinungen. Die elektromagnetische Theorie des Lichts (elektromagnetische Optik) gibt die umfassendste Beschreibung von Licht im Rahmen der klassischen Optik. Die Wellenoptik ist wiederum eine skalare Näherung für die elektromagnetische Optik. Strahlenoptik ist schließlich der Grenzfall der Wellenoptik für sehr kleine Wellenlängen. Die elektromagnetische Optik umfasst somit die Wel- lenoptik und diese die Strahlenoptik, wie Abb. 1.1 illus- triert. Strahlenoptik und Wellenoptik sind Näherungen; ihre Berechtigung beruht darauf, dass sie in ihrem jewei- ligen Gültigkeitsbereich Ergebnisse liefern, die eine gute bis sehr gute Annäherung an die Ergebnisse der exakte- ren elektromagnetischen Theorie bieten. Die elektromagnetische Optik gibt die umfassends- te Beschreibung des Lichts im Rahmen der klassi- schen Optik; manche optische Erscheinungen sind aber grundsätzlich quantenmechanischer Natur und können nicht klassisch erklärt werden. Zu ihrer Be- schreibung ist eine Quantenversion der elektromagneti- schen Theorie nötig, die sogenannte Quantenelektro- dynamik. Soweit nur auf optische Erscheinungen Be- zug genommen wird, wird diese Theorie auch als Quan- tenoptik bezeichnet. Die verschiedenen optischen Theorien entwickelten sich historisch mehr oder weniger sukzessiv in der Reihenfolge Strahlenoptik Wellenoptik elektroma- gnetische Optik Quantenoptik. Diese Folge ordnet die Theorien gleichzeitig nach steigender Komplexität und Vollkommenheit; ihre Entwicklung wurde nötig, um immer raffiniertere und genauere optische Experimen- te theoretisch zu erklären. In der Praxis ist die Theo- rie der Wahl stets die einfachste, die eine bestimmte Er- scheinung erklären kann – allerdings ist es nicht immer einfach, a priori zu entscheiden, welches Modell dafür das richtige ist. Glücklicherweise hilft Erfahrung hier oft weiter. Aus pädagogischen Gründen folgen die ersten Kapitel in diesem Buch der angegebenen historischen Entwick- lung. Jede Theorie des Lichts startet mit einem Satz von Postulaten (die ohne Beweis angegeben werden), aus de- nen eine Vielzahl von Ergebnissen entwickelt werden. Die Postulate einer Theorie tauchen in der Theorie der nächsten Ebene jeweils in Spezialfällen wieder auf. In diesem Kapitel beginnen wir mit der Strahlenoptik. Optik und Photonik, Dritte Auflage. Bahaa E. A. Saleh und Malvin C. Teich. © 2020 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA. Published2020 by WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA.

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1Strahlenoptik

Licht kann als elektromagnetische Welle beschriebenwerden, die denselben theoretischen Prinzipien folgtwie alle anderen Formen elektromagnetischer Strah-lung, beispielsweise Radiowellen oder Röntgenstrah-len. Diese Beschreibung von Licht führt zur sogenann-ten elektromagnetischen Optik. ElektromagnetischeStrahlung besteht aus zwei gekoppelten Vektorwellenfür das elektrische und das magnetische Feld. Viele op-tische Erscheinungen können aber auch im Rahmeneiner vereinfachten skalaren Wellentheorie behandeltwerden, in der Licht durch eine skalare Wellenfunkti-on beschrieben wird. Diese genäherte Methode zur Be-schreibung von Licht heißt skalare Wellenoptik odereinfach Wellenoptik.

Wenn sich Lichtwellen um und durch Objekte bewe-gen, deren Abmessungen viel größer sind als die Wellen-länge des Lichts, tritt die Wellennatur des Lichts nichtunmittelbar in Erscheinung und sein Verhalten kanndurch die Annahme erklärt werden, dass sich einzelneStrahlen nach bestimmten geometrischen Regeln aus-breiten. Dieses Modell wird als Strahlenoptik bezeich-net. Mathematisch betrachtet ist die Strahlenoptik derGrenzfall der Wellenoptik für unendlich kleine Wellen-längen.

Strahlenoptik

Wellenoptik

elektromagneti-sche Optik

Quantenoptik

Abb. 1.1 Die Quantenoptik beschreibt praktisch alle opti-schen Erscheinungen. Die elektromagnetische Theorie desLichts (elektromagnetische Optik) gibt die umfassendsteBeschreibung von Licht im Rahmen der klassischen Optik.Die Wellenoptik ist wiederum eine skalare Näherung für dieelektromagnetische Optik. Strahlenoptik ist schließlich derGrenzfall der Wellenoptik für sehr kleine Wellenlängen.

Die elektromagnetische Optik umfasst somit die Wel-lenoptik und diese die Strahlenoptik, wie Abb. 1.1 illus-triert. Strahlenoptik und Wellenoptik sind Näherungen;ihre Berechtigung beruht darauf, dass sie in ihrem jewei-ligen Gültigkeitsbereich Ergebnisse liefern, die eine gutebis sehr gute Annäherung an die Ergebnisse der exakte-ren elektromagnetischen Theorie bieten.

Die elektromagnetische Optik gibt die umfassends-te Beschreibung des Lichts im Rahmen der klassi-schen Optik; manche optische Erscheinungen sindaber grundsätzlich quantenmechanischer Natur undkönnen nicht klassisch erklärt werden. Zu ihrer Be-schreibung ist eine Quantenversion der elektromagneti-schen Theorie nötig, die sogenannte Quantenelektro-dynamik. Soweit nur auf optische Erscheinungen Be-zug genommen wird, wird diese Theorie auch alsQuan-tenoptik bezeichnet.

Die verschiedenen optischen Theorien entwickeltensich historisch mehr oder weniger sukzessiv in derReihenfolge Strahlenoptik→Wellenoptik→ elektroma-gnetische Optik→Quantenoptik. Diese Folge ordnet dieTheorien gleichzeitig nach steigender Komplexität undVollkommenheit; ihre Entwicklung wurde nötig, umimmer raffiniertere und genauere optische Experimen-te theoretisch zu erklären. In der Praxis ist die Theo-rie der Wahl stets die einfachste, die eine bestimmte Er-scheinung erklären kann – allerdings ist es nicht immereinfach, a priori zu entscheiden, welches Modell dafürdas richtige ist. Glücklicherweise hilft Erfahrung hier oftweiter.

Aus pädagogischen Gründen folgen die ersten Kapitelin diesem Buch der angegebenen historischen Entwick-lung. Jede Theorie des Lichts startet mit einem Satz vonPostulaten (die ohne Beweis angegeben werden), aus de-nen eine Vielzahl von Ergebnissen entwickelt werden.Die Postulate einer Theorie tauchen in der Theorie dernächsten Ebene jeweils in Spezialfällen wieder auf. Indiesem Kapitel beginnen wir mit der Strahlenoptik.

Optik und Photonik, Dritte Auflage. Bahaa E. A. Saleh und Malvin C. Teich.© 2020 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA. Published 2020 by WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA.

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4 1 Strahlenoptik

In diesem Kapitel . . .Strahlenoptik ist die einfachste Theorie des Lichts.Dabei wird Licht durch einzelne Strahlen beschrie-ben, die sich nach bestimmten geometrischen Re-geln durch optische Medien bewegen. Aus diesemGrund wird die Strahlenoptik auch als geometri-sche Optik bezeichnet. Strahlenoptik ist eine Nähe-rung. Obwohl sie die meisten alltäglichen Erschei-nungen im Zusammenhang mit Licht gut beschreibt,gibt es auch viele Phänomene, die sie nicht erklärenkann (wie die restlichen Kapitel dieses Buches ein-drucksvoll belegen).

Die Strahlenoptik beschreibt den Ort und die Rich-tung von Lichtstrahlen. Sie ist gerade bei der Be-schreibung der Bildentstehung nützlich, der Samm-lung aller von einem gegebenen Punkt eines Ge-genstands ausgehenden Lichtstrahlen durch ein op-tisches Element und ihre Zusammenführung aufden entsprechenden Punkt eines Bilds. Mithilfe derStrahlenoptik können wir Bedingungen angeben, dieerfüllt sein müssen, damit Licht in einem bestimm-ten Medium wie beispielsweise einer Glasfaser ge-führt wird. In isotropen Medien zeigen die Licht-strahlen stets in die Ausbreitungsrichtung der opti-schen Energie. Wir können Strahlenbündel konstru-ieren, in denen die Dichte der Strahlen proportio-nal zur Energiedichte des Lichts ist. Wenn Lichtbeispielsweise von einer Punktquelle isotrop ausge-strahlt wird, dann ist die Energie der Lichtstrahlen ineinem ausgewählten Kegel proportional zum Raum-winkel dieses Kegels. Lichtstrahlen können auf ih-rem Weg durch ein optisches System verfolgt werden,um die optische Energie zu bestimmen, die durch ei-nen gegebenen Querschnitt hindurchtritt.

Dieses Kapitel beginnt mit einem Satz von Postu-laten, aus denen wir die einfachen Regeln ableitenwerden, die die Ausbreitung von Lichtstrahlen durchoptische Medien bestimmen. In Abschnitt 1.2 wen-den wir diese Regeln auf einfache optische Elemen-te wie Spiegel oder ebene und sphärische Grenzflä-chen zwischen verschiedenen optischen Medien an.Die Ausbreitung von Strahlen in inhomogenen opti-schen Medien (mit variablem Brechungsindex) wirdin Abschnitt 1.3 untersucht. Optische Elemente mitvariablem Brechungsindex sind die Grundlage einerganzen Technologie, die einen wichtigen Zweig dermodernen Optik bildet.

Optische Komponenten sind oft entlang einer op-tischen Achse angeordnet, die mittig durch sie hin-durchläuft. Strahlen, die nahe der optischen Ach-se und nahezu parallel zu ihr verlaufen, bezeichnet

man alsparaxiale Strahlen. Wenn nur solche Strah-len Berücksichtigung finden, spricht man auch vonparaxialer Optik. Die Veränderung des Ortes unddes Winkels eines paraxialen Strahls auf seinem Wegdurch ein optisches System kann mithilfe einer 2× 2-Matrixalgebra sehr effizient beschrieben werden. Ab-schnitt 1.4 ist diesem algebraischen Werkzeug gewid-met, der sogenanntenMatrizenoptik.

1.1 Postulate der Strahlenoptik

• Licht breitet sich in Form von Strahlen aus. Die Strah-len werden von Lichtquellen emittiert und können be-obachtet werden, wenn sie einen optischen Detektorerreichen.

• Ein optisches Medium wird durch eine Größe 𝑛 ≥ 1charakterisiert, den Brechungsindex. Für den Bre-chungsindex gilt𝑛= 𝑐0∕𝑐, wobei 𝑐0 die Lichtgeschwin-digkeit im Vakuum ist und 𝑐 die Lichtgeschwindig-keit im betrachteten Medium. Die Zeit, die das Lichtbenötigt, um eine Strecke d zurückzulegen, ist daherd∕𝑐 = 𝑛d∕𝑐0. Sie ist proportional zu dem Produkt 𝑛d ,das auch als optische Weglänge bezeichnet wird.

• In einem inhomogenen Medium ist der Brechungsin-dex 𝑛(r) eine Funktion des Ortes r = (𝑥, 𝑦, 𝑧). Die op-tische Weglänge für einen gegebenen Weg zwischenzwei Punkten 𝐴 und 𝐵 ist daher

optische Weglänge = 𝐵∫𝐴 𝑛(r) d𝑠 , (1.1)

wenn d𝑠 das differentielle Längenelement entlang desgewählten Weges ist. Die Zeit, die das Licht von 𝐴nach 𝐵 benötigt, ist proportional zur optischen Weg-länge.

• Fermatsches Prinzip. Zwischen zwei Punkten 𝐴und 𝐵 bewegen sich Lichtstrahlen so, dass die benö-tigte Zeit (bzw. die optische Weglänge) im Vergleichzu benachbarten Wegen ein Extremum annimmt. Ma-thematisch heißt das

δ 𝐵∫𝐴 𝑛(r) d𝑠 = 0 , (1.2)

wobei das Symbol δ als „Variation von“ zu lesen ist.Das bedeutet, dass die optische Weglänge als Funktionder Streckenführung entweder minimal oder maximal(oder ein Wendepunkt) sein muss. In der Regel ent-spricht sie einem Minimum, sodass folgende Aussagegilt:

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51.1 Postulate der Strahlenoptik

Lichtstrahlen breiten sich entlang des Weges aus, der diekürzeste Zeit in Anspruch nimmt.

Manchmal wird diese Bedingung von mehr als einemWeg erfüllt; in diesen Fällen folgen die Lichtstrahlenallen Wegen gleichzeitig. Ein Beispiel für einen Fall,in dem die optische Weglänge maximal ist, ist in Auf-gabe 1-1 gezeigt.

In diesem Kapitel nutzen wir die Postulate der Strah-lenoptik, um die Regeln zu bestimmen, die für die Aus-breitung von Lichtstrahlen, ihre Reflexion oder Bre-chung an der Grenzfläche verschiedener Medien undihre Transmission durch optische Komponenten gelten.Auf dieser Grundlage können wir ohne weitere Annah-men über die Natur des Lichts viele Ergebnisse für zahl-reiche optische Systeme ableiten.

1.1.1 Ausbreitung in einem homogenen Medium

In einem homogenen Medium ist der Brechungsindexüberall gleich, und folglich gilt dasselbe für die Lichtge-schwindigkeit. Der von Fermats Prinzip geforderte Wegder kürzesten Zeit ist folglich gleich der kleinsten opti-schen Weglänge. Fermats Prinzip reduziert sich in die-sem Fall auf das seit dem Altertum bekannte Prinzipvon Hero: Lichtstrahlen bewegen sich entlang des kür-zesten Weges. Der kürzeste Weg zwischen zwei Punktenist eine Gerade; also folgt: Lichtstrahlen breiten sich in ei-nem homogenen Medium geradlinig aus (Abb. 1.2).

Abb. 1.2 Geradlinige Ausbreitung von Lichtstrahlen. Schat-ten sind ideale Projektionen von Hindernissen.

Reflexion an einem SpiegelSpiegel werden meist aus sorgfältig polierten metalli-schen Oberflächen oder dielektrischen Schichten auf ei-ner Unterlage wie z. B. Glas hergestellt. Licht wird anSpiegeln gemäß dem Reflexionsgesetz reflektiert:

Der reflektierte Strahl liegt in der Einfallsebene; der Aus-fallswinkel ist gleich dem Einfallswinkel.

Die Einfallsebene wird durch den einfallenden Licht-strahl und die Flächennormale des Spiegels am Einfalls-punkt festgelegt. Der Einfallswinkel 𝜃 und der Ausfalls-winkel 𝜃′ sind in Abb. 1.3(a) definiert. Das Reflexionsge-setz lässt sich leicht aus dem Prinzip von Hero herleiten.Dazu betrachten wir einen Strahl, der sich nach Refle-

A

B

CSpiegelSpiegel

reflektierterStrahl

einfal-lenderStrahl

Spiegel-normale

Einfalls-ebene

(a)

θʹθθ

θʹ

(b)

Abb. 1.3 (a) Reflexion an der Oberfläche eines gekrümmtenSpiegels. (b) Geometrische Konstruktion zum Beweis desReflexionsgesetzes.

xion an dem ebenen Spiegel in Abb. 1.3(b) von Punkt 𝐴nach Punkt 𝐶 ausbreitet. Nach dem Prinzip von Heromuss die Strecke 𝐴𝐵 + 𝐵𝐶 für einen unendlich dünnenSpiegel minimal sein. Wenn 𝐶′ ein Spiegelbild von 𝐶 ist,gilt 𝐵𝐶 = 𝐵𝐶′, sodass 𝐴𝐵+𝐵𝐶′ minimal sein muss. Dasist genau dann der Fall, wenn 𝐴𝐵𝐶′ eine gerade Linieist, wenn also 𝐵 mit 𝐵′ zusammenfällt und 𝜃 = 𝜃′ ist.

Reflexion und Brechung an GrenzflächenAn der Grenzfläche zwischen zwei Medien mit den Bre-chungsindizes 𝑛1 und 𝑛2 wird ein einfallender Licht-strahl in zwei Strahlen aufgespalten, einen reflektier-ten und einen gebrochenen (oder transmittierten) Strahl(Abb. 1.4). Für den reflektierten Strahl gilt das Reflexi-onsgesetz; der gebrochene Strahl gehorcht entsprechenddem Brechungsgesetz:

Der gebrochene Strahl liegt in der Einfallsebene; der Beu-gungswinkel 𝜃2 hängt mit dem Einfallswinkel 𝜃1 gemäßdem snelliusschen Gesetz zusammen,

𝑛1 sin 𝜃1 = 𝑛2 sin 𝜃2 . (1.3)

n1

n2

reflektier-ter Strahl

gebrochenerStrahl

Einfalls-ebene

Normale zur Grenz-fläche

einfallen-der Strahl

θ1

θ1θ2

Abb. 1.4 Reflexion und Brechung an der Grenzfläche zwi-schen zwei Medien.

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6 1 Strahlenoptik

A

C

Bθ1

𝘥1

𝘥2

n2n1

𝘥θ2

Abb. 1.5 Konstruktion zum Beweisdes snelliusschen Gesetzes.

Die Strahlenoptik macht keine Aussage darüber, welcheAnteile eines Strahls reflektiert bzw. gebrochen werden.

Übung 1-1: Das snelliussche GesetzDer Beweis des snelliusschen Gesetzes ist eine guteÜbung für die Anwendung von Fermats Prinzip. Wirmüssen den optischen Lichtweg 𝑛1𝐴𝐵 + 𝑛2𝐵𝐶 zwi-schen den Punkten 𝐴 und 𝐶 in Abb. 1.5 minimieren.Dazu müssen wir 𝑛1d1 sec 𝜃1 + 𝑛2d2 sec 𝜃2 als Funk-tion der Winkel 𝜃1 und 𝜃2 unter der Nebenbedingungd1 tan 𝜃1 + d2 tan 𝜃2 = d minimieren. Zeigen Sie, dassdie Lösung dieser Minimierung unter der angegebenenRandbedingung zum snelliusschen Gesetz führt.

Die drei einfachen besprochenen Regeln – geradlinigeAusbreitung, Reflexionsgesetz und Brechungsgesetz –werden wir in Abschnitt 1.2 auf verschiedene An-ordnungen von Spiegeln und transparenten optischenKomponenten anwenden, ohne nochmals auf FermatsPrinzip zurückgreifen zu müssen.

1.2 Einfache optische Komponenten

1.2.1 Spiegel

Ebene SpiegelEin ebener Spiegel reflektiert die von einem Punkt 𝑃1ausgehenden Strahlen so, dass die reflektierten Strah-len von einem Punkt 𝑃2 hinter dem Spiegel auszugehenscheinen, der als Bildpunkt bezeichnet wird (Abb. 1.6).

ParabolspiegelDie Oberfläche eines Parabolspiegels ist ein reflektie-rendes Rotationsparaboloid. Sie hat die nützliche Eigen-schaft, dass sie alle parallel zu ihrer Achse einfallendenStrahlen in einem einzigen Punkt bündelt, dem Brenn-punkt. Die in Abb. 1.7 definierte Entfernung 𝑃𝐹 = 𝑓heißt Brennweite. Parabolspiegel werden häufig alsSammelelemente in Teleskopen verwendet. Sie wandelnaußerdem die Lichtstrahlen einer in ihrem Brennpunktpositionierten Punktquelle wie beispielsweise einem Ta-

Spiegel

P1 P2

Abb. 1.6 Reflexion an einem ebenen Spiegel.

Spiegel

PF

Abb. 1.7 Fokussierung von Lichtstrahlenan einem Parabolspiegel.

schenlampenbirnchen in ein paralleles Strahlenbündelum. Wenn ein Parabolspiegel auf diese Weise eingesetztwird, bezeichnet man ihn auch als Kollimator.

Elliptische SpiegelEin elliptischer Spiegel reflektiert alle von einem seinerbeiden Brennpunkte (z. B. 𝑃1) ausgehenden Strahlen inden anderen Brennpunkt 𝑃2 (Abb. 1.8). Entsprechenddem Prinzip von Hero sind die von den Strahlen zwi-schen 𝑃1 und 𝑃2 zurückgelegten Wege alle gleich lang.

P1 P2

Abb. 1.8 Reflexion an einem elliptischen Spiegel.

Sphärische SpiegelSphärische Spiegel (Kugelspiegel) sind leichter herzu-stellen als parabolische oder elliptische. Allerdings be-sitzen sie weder die fokussierenden Eigenschaften vonParabolspiegeln noch die Abbildungseigenschaften el-liptischer Spiegel. Wie Abb. 1.9 zeigt, treffen paralle-le Strahlen an unterschiedlichen Punkten auf die Spie-gelachse; ihre Einhüllende (die gepunktete Kurve) wirdkaustische Fläche genannt. Immerhin werden paraxia-le Strahlen annähernd auf einen Punkt 𝐹 in einer Ent-

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71.2 Einfache optische Komponenten

C F

sphärischer Spiegel

z

(–R)

Abb. 1.9 Reflexion von parallelen Strahlenan einem konkaven Kugelspiegel.

fernung (−𝑅)∕2 vom Zentrum 𝐶 des Spiegels abgebil-det. Per Konvention wird derKrümmungsradius𝑅 fürKonkavspiegel negativ und für Konvexspiegel positiv ge-zählt.

Reflexion von paraxialen Strahlen an KugelspiegelnStrahlen, die nahe der Spiegelachse und in einem klei-nen Winkel zu ihr verlaufen (sodass sin 𝜃 ≈ 𝜃 gesetztwerden kann), heißen paraxiale Strahlen. In der par-axialen Näherung werden nur paraxiale Strahlen be-rücksichtigt; in diesem Fall fokussieren sphärische Spie-gel wie Parabolspiegel und besitzen Abbildungseigen-schaften wie elliptische Spiegel. Der aus dieser Nähe-rung entstehende Satz von Regeln wird als paraxia-le Optik bezeichnet, manchmal auch als Optik ersterOrdnung oder gaußsche Optik.

Ein sphärischer Spiegel mit Radius 𝑅 verhält sich indieser Näherung wie ein Parabolspiegel mit der Brenn-weite𝑓=𝑅∕2. Das ist nicht weiter überraschend, da eineParabel in der Nähe der Achse durch einen Kreis ange-nähert werden kann, dessen Radius gleich dem Krüm-mungsradius der Parabel ist (Abb. 1.10).

FC P z

(–R)2

(–R)2

Abb. 1.10 Für paraxiale Strahlen entspricht einKugelspiegel einem Parabolspiegel.

C

(–R) (–R)/2

Fz

z

y θ2

θ0

θ1

P1

z1 z2

P2

θ

θ

0

Abb. 1.11 Reflexion paraxialer Strahlen an einem konkavenKugelspiegel mit Radius R < 0.

Alle von einem gegebenen Punkt auf der Achse ei-nes sphärischen Spiegels ausgehenden paraxialen Strah-len werden auf einen einzigen Bildpunkt auf der Ach-se reflektiert. Um das zu verstehen, betrachten wir ei-nen Strahl, der in einem Winkel 𝜃1 zur Achse von einemPunkt 𝑃1 in einer Entfernung 𝑧1 von einem Konkavspie-gel mit Radius 𝑅 ausgeht (Abb. 1.11). Er wird in einemWinkel−𝜃2 reflektiert und trifft an einem Punkt 𝑃2 in ei-ner Entfernung 𝑧2 vom Spiegel auf die Achse. Der Win-kel 𝜃2 ist negativ, da der Strahl nach unten gerichtet ist.Da sich die Winkel in einem Dreieck zu 180◦ addieren,gilt 𝜃1 = 𝜃0 − 𝜃 und −𝜃2 = 𝜃0 + 𝜃 und daher −𝜃2 + 𝜃1 =2𝜃0. Wenn 𝜃0 hinreichend klein ist, können wir die Nä-herung tan 𝜃0 ≈ 𝜃0 verwenden, sodass 𝜃0 ≈ 𝑦∕(−𝑅) istund wir

−𝜃2 + 𝜃1 ≈ 2𝑦−𝑅 (1.4)

erhalten, wobei 𝑦 die Höhe des Punktes ist, an dem dieReflexion stattfindet. Da der Spiegel konkav ist, ist 𝑅 ne-gativ. Wenn sowohl 𝜃1 als auch 𝜃2 klein sind, ist 𝜃1 ≈𝑦∕𝑧1 und −𝜃2 = 𝑦∕𝑧2, sodass wir aus Gl. (1.4) 𝑦∕𝑧1 +𝑦∕𝑧2 ≈ 2𝑦∕(−𝑅) erhalten; daraus folgt

1𝑧1+ 1𝑧2

≈ 2−𝑅 . (1.5)

Diese Beziehung gilt für beliebige 𝑦 (d. h. unabhän-gig von 𝜃1), so lange die paraxiale Näherung gilt. Mitanderen Worten, alle Strahlen, die von 𝑃1 ausgehen,treffen sich in 𝑃2. Die Entfernungen 𝑧1 und 𝑧2 werdenin einem Koordinatensystem gemessen, dessen 𝑧-Achsenach links zeigt. Alle Punkte mit negativen Werten von 𝑧liegen daher rechts des Spiegels.

Nach Gl. (1.5) werden Strahlen, die von einem weitentfernt auf der 𝑧-Achse liegenden Punkt ausgehen(𝑧1 = ∞), auf einen Punkt 𝐹 in einer Entfernung 𝑧2 =(−𝑅)∕2 abgebildet. Das bedeutet, dass alle aus demUnendlichen (parallel zur Spiegelachse) einfallendenStrahlen in der paraxialen Näherung in einem Punkt ineiner Entfernung 𝑓 vom Spiegel gebündelt werden, der

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8 1 Strahlenoptik

Brennweite des Spiegels:

𝑓 = −𝑅2 , (1.6)

Meist wird Gl. (1.5) in der Form

1𝑧1+ 1𝑧2

= 1𝑓 , (1.7)

geschrieben, die als Abbildungsgleichung bezeichnetwird. Sie gilt nur, wenn sowohl der einfallende als auchder reflektierte Strahl paraxial sind.

Übung 1-2: Bildentstehung an einem KugelspiegelZeigen Sie, dass von einem Punkt 𝑃1 = (𝑦1, 𝑧1) ausge-hende Strahlen im Rahmen der paraxialen Näherungauf einen Punkt 𝑃2 = (𝑦2, 𝑧2) reflektiert werden, wo-bei 𝑧1 und 𝑧2 die Gl. (1.7) erfüllen und 𝑦2 = −𝑦1𝑧2∕𝑧1ist (Abb. 1.12). Das bedeutet, dass Strahlen von allenPunkten der Ebene 𝑧 = 𝑧1 sich in einem einzigen Bild-punkt in der Ebene 𝑧 = 𝑧2 treffen, sodass der Spiegelals abbildendes System mit der Vergrößerung −𝑧2∕𝑧1wirkt. Eine negative Vergrößerung bedeutet, dass dasBild invertiert wird.

C

P2 = (y2, z2)

P1 = (y1, z1)

Fz

y

0

Abb. 1.12 Bildentstehung an einem Kugelspiegel;vier ausgewählte Strahlen sind gezeigt.

1.2.2 Ebene Grenzflächen

Das snelliussche Gesetz Gl. (1.3) beschreibt die Bezie-hung zwischen dem Einfallswinkel 𝜃1 und dem Bre-chungswinkel 𝜃2 an einer ebenen Grenzfläche zwischen

zwei Medien mit den Brechungsindizes 𝑛1 und 𝑛2. InAbb. 1.13 ist diese Beziehung für zwei Fälle aufgetragen:

1) Äußere Brechung (𝑛1 < 𝑛2):Wenn der Lichtstrahl ausdem Medium mit dem kleineren Brechungsindexkommt, ist 𝜃2 < 𝜃1 und der gebrochene Strahl wirdvon der Grenzfläche weg gebrochen.

2) Innere Brechung (𝑛1 > 𝑛2): Wenn der Lichtstrahlaus dem Medium mit dem größeren Brechungsindexkommt, ist 𝜃2 > 𝜃1 und der gebrochene Strahl wird inRichtung der Grenzfläche gebrochen.

In beiden Fällen wird der Lichtstrahl so gebrochen,dass die optische Weglänge minimiert, d. h. die Wegstre-cke im optisch dünneren Medium zulasten der Wegstre-cke im optisch dichteren Medium vergrößert wird. Inbeiden Fällen ist die Beziehung zwischen 𝜃2 und 𝜃1 fürkleine Winkel (also paraxiale Strahlen) näherungsweiselinear, 𝑛1𝜃1 ≈ 𝑛2𝜃2 oder 𝜃2 ≈ (𝑛1∕𝑛2)𝜃1.

TotalreflexionBei der inneren Brechung (𝑛1 > 𝑛2) ist der Brechungs-winkel größer als der Einfallswinkel (𝜃2 > 𝜃1), sodassmit steigendem 𝜃1 irgendwann 𝜃2 = 90◦ wird (sieheAbb. 1.13). Diese Situation tritt für 𝜃1 = 𝜃k (kritischerWinkel oder Grenzwinkel) ein, wobei 𝑛1 sin 𝜃k =𝑛2 sin(π∕2) = 𝑛2 ist, sodass𝜃k = sin−1 𝑛2𝑛1

. (1.8)

Für 𝜃1 > 𝜃k kann das snelliussche Gesetz Gl. (1.3) nichterfüllt werden und es tritt keine Brechung ein. Der ein-fallende Strahl wird nun vollständig reflektiert, als ob dieGrenzfläche ein idealer Spiegel sei [Abb. 1.14(a)]. Diesesogenannte Totalreflexion ist die Grundlage vieler op-tischer Elemente und Systeme wie beispielsweise reflek-tierender Prismen [siehe Abb. 1.14(b)], LED-Kollimato-ren oder optischer Fasern (siehe Abschnitt 1.2.4). Mit-hilfe der elektromagnetischen Optik (Fresnelsche Glei-chungen in Kapitel 6) kann gezeigt werden, dass der re-flektierte Strahl auch die gesamte Energie enthält; dieTotalreflexion ist somit ein äußerst effizienter Prozess.

90°

1

0 0

3/2

90°

n2/n1 = 2/3

äußere Brechung innere Brechung

θ1

n1 n2 n1 n2

θ1

θ1

θ2

θ2

θk

θk

θ2

Abb. 1.13 Die Beziehung zwischenEinfalls- und Brechungswinkel.

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91.2 Einfache optische Komponenten

45°

45°

(a) (b) (c)

θk

n1

n1

n2 = 1

n2

θ

θ

Abb. 1.14 (a) Totalre-flexion an einer ebenenGrenzfläche. (b) Ein re-flektierendes Prisma.Für n1 > √

2 und n2 = 1(Luft) ist 𝜃k < 45◦; we-gen 𝜃1 = 45◦ wird derStrahl dann vollständigreflektiert. (c) Licht-strahlen werden durchTotalreflexion an deninneren Grenzflächen ei-nes Lichtleiters geführt.

θ

θAb

θ

θAb

α

α = 10°

α = 30°α = 45°

n

60°

0°0°

20°

90°

40°

n = 1

Abb. 1.15 Ablenkung eines Licht-strahls an einem Prisma. Der Ablen-kungswinkel 𝜃Ab ist für einen gege-benen Öffnungswinkel 𝛼 des Prismasund n = 1.5 eine Funktion des Einfalls-winkels 𝜃. Wenn 𝛼 und 𝜃 klein sind,gilt 𝜃Ab ≈ (n − 1)𝛼; die Ablenkung istdann in erster Näherung unabhängigvon 𝜃 wie in der Kurve für 𝛼 = 10◦ zuerkennen. Für 𝛼 = 45◦ und 𝜃 = 0◦ trittTotalreflexion ein, wie in Abb. 1.14(b)gezeigt.

(a) Teilreflektierender Spiegel (b) Dünne Glasplatte (c) Strahlkombinierer

Abb. 1.16 Strahlteiler und-kombinierer.

PrismenEin Prisma mit einem Öffnungswinkel 𝛼 und dem Bre-chungsindex 𝑛 (Abb. 1.15) lenkt einen in einem Win-kel 𝜃 einfallenden Strahl um einen Winkel

𝜃Ab = 𝜃 − 𝛼 + sin−1 [√𝑛2 − sin2 𝜃 sin𝛼 − sin 𝜃 cos𝛼](1.9)

ab. Um diese Beziehung herzuleiten, muss das snellius-sche Gesetz auf jede der beiden brechenden Oberflächendes Prismas angewendet werden. Wenn 𝛼 sehr klein ist(dünnes Prisma) und 𝜃 ebenfalls (paraxiale Näherung),können wir Gl. (1.9) näherungsweise als𝜃Ab ≈ (𝑛 − 1)𝛼 (1.10)

schreiben.

StrahlteilerEin Strahlteiler ist ein optisches Element, das den einfal-lenden Strahl in einen reflektierten und einen transmit-tierten Strahl aufspaltet (Abb. 1.16). Die relativen Antei-le des transmittierten bzw. reflektierten Lichts werdenim Rahmen der elektromagnetischen Optik (Kapitel 6)

durch die Fresnelschen Gleichungen bestimmt. Oft wer-den Strahlteiler auch eingesetzt, um zwei Lichtstrahlenzu einem einzigen zu kombinieren [Abb. 1.16(c)]. Sie be-stehen häufig aus einer dünnen, teildurchlässigen me-tallischen oder dielektrischen Schicht auf einem Glas-substrat. Auch eine dünne Glasplatte wie z. B. der Ob-jektträger eines Mikroskops kann als Strahlteiler wirken,obwohl hier der Anteil des reflektierten Lichts in der Re-gel klein ist. In der Praxis werden oft transparente Kunst-stoffe anstelle von Glas eingesetzt.

StrahlformerMithilfe von einfachen optischen Komponenten könnenStrahlen in bestimmte Richtungen gelenkt oder in ei-ne bestimmte Form gebracht werden. Die in Abb. 1.17dargestellten Bauteile lenken einfallende Strahlen umdefinierte Winkel ab. Das in Abb. 1.17(a) dargestellteBiprisma entspricht einer Kombination eines Prismasmit einem identischen, aber umgedrehten Prisma. Dasin Abb. 1.17(b) gezeigte Fresnel-Biprisma besteht ausReihen nebeneinander angeordneter kleiner Prismen.Es entspricht in der Wirkung einem Biprisma, ist jedochdünner und leichter. Die in Abb. 1.17(c) dargestellte ke-

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10 1 Strahlenoptik

(a) (b) (c)

Abb. 1.17 (a) Biprisma. (b) Fresnel-Biprisma. (c) Plankonve-xes Axicon.

gelförmige Optik ist unter der Bezeichnung Axicon be-kannt. Sie wandelt einfallende Strahlen in eine zylinder-symmetrische Anordnung von Strahlen um, die kegel-förmig auf die zentrale Achse zulaufen. Genau wie dasBiprisma hat es einen Querschnitt in Form eines gleich-schenkligen Dreiecks.

1.2.3 Sphärische Grenzflächen und Linsen

Wir untersuchen nun die Brechung von Lichtstrahlenan einer sphärischen Grenzfläche mit dem Radius 𝑅zwischen zwei Medien mit den Brechungsindizes𝑛1 und𝑛2. Per Konvention wird 𝑅 für konvexe Grenzflächen po-sitiv und für konkave Grenzflächen negativ gezählt. Wirverwenden dazu das snelliussche Gesetz für den Zusam-menhang zwischen dem Einfalls- und dem Brechungs-winkel relativ zur Oberflächennormalen, die durch denRadiusvektor 𝒞 vom Zentrum der Fläche gegeben ist.Die Winkel bezüglich der Normalen müssen von denWinkeln 𝜃1 und 𝜃2 bezüglich der 𝑧-Achse unterschie-den werden. Wenn wir nur paraxiale Strahlen betrach-ten, deren Winkel zur optischen Achse des Systems klein

sind, sodass sin 𝜃 ≈ 𝜃 und tan 𝜃 ≈ 𝜃 gilt, können wir diefolgenden Eigenschaften herleiten:

• Ein in einem Winkel 𝜃1 zur 𝑧-Achse verlaufenderStrahl, der die Grenzfläche an einem Punkt in der Hö-he 𝑦 trifft und dort einen Winkel 𝜃0 mit der Ober-flächennormalen einschließt [siehe Abb. 1.18(a)], än-dert an der Oberfläche seine Richtung, sodass der re-flektierte Strahl in einem Winkel 𝜃2 zur 𝑧-Achse bzw.𝜃3 zur Oberflächennormalen verläuft. Mithilfe vonÜbung 1-3 erhalten wir

𝜃2 ≈ 𝑛1𝑛2𝜃1 − 𝑛2 − 𝑛1𝑛2

𝑦𝑅 . (1.11)

• Alle von einem Punkt 𝑃1 = (𝑦1, 𝑧1) in der Ebene 𝑧 = 𝑧1ausgehenden paraxialen Strahlen treffen sich in ei-nem Punkt 𝑃2 = (𝑦2, 𝑧2) in der Ebene 𝑧 = 𝑧2 (sieheÜbung 1-3); es gilt𝑛1𝑧1

+ 𝑛2𝑧2≈ 𝑛2 − 𝑛1𝑅 (1.12)

und

𝑦2 = −𝑛1𝑛2

𝑧2𝑧1𝑦1 . (1.13)

Die Ebenen 𝑧 = 𝑧1 und 𝑧 = 𝑧2 heißen konjugierte Ebe-nen. Zu jedem Punkt in der ersten Ebene existiert einentsprechender Punkt (Bildpunkt) in der zweiten Ebe-ne; die Vergrößerung beträgt −(𝑛1∕𝑛2)(𝑧2∕𝑧1). Einenegative Vergrößerung bedeutet wieder, dass das Bildinvertiert ist. Per Konvention wird 𝑃1 in einem nachlinks zeigenden und 𝑃2 in einem nach rechts zeigen-den Koordinatensystem gemessen (d. h. wenn 𝑃2 linksder Grenzfläche liegt, ist 𝑧2 negativ).

R

y

n1 n2

P1z C P2

y

P1= ( y1, z1)

1 ( 2) (a)

CP2 = ( y2, z2)

O(b)

P1

y

y

(a)

(b)

R

C

CO

n1

P2

n2

z z

z

P1= (y1, z1)

P2= (y2, z2)

(–θ2)θ1

Abb. 1.18 Brechung an einer konvexen sphäri-schen Grenzfläche (R > 0).

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111.2 Einfache optische Komponenten

Die Ähnlichkeiten zwischen diesen Eigenschaftenund denen eines sphärischen Spiegels sind offensicht-lich. Allerdings gelten die beschriebenen Abbildungs-eigenschaften nur näherungsweise – nämlich nur fürparaxiale Strahlen. Strahlen, die in einem größeren Win-kel zur optischen Achse verlaufen, befolgen diese Re-geln nicht; die Abweichungen führen zu Bildfehlern, dieunter dem Begriff Aberration zusammengefasst wer-den.

Übung 1-3: BildentstehungLeiten Sie Gl. (1.11) her. Zeigen Sie, dass paraxialeStrahlen, die von einem Punkt 𝑃1 ausgehen, durch 𝑃2verlaufen, wenn die Gln. (1.12) und (1.13) erfüllt sind.

Übung 1-4: Aberrationsfreie abbildende OberflächeBestimmen Sie die Gleichung einer konvexen asphäri-schen (nicht sphärischen) Grenzfläche zwischen zweiMedien mit den Brechungsindizes 𝑛1 und 𝑛2 mit derEigenschaft, dass alle von einem Punkt 𝑃1 auf der opti-schen Achse in einer Entfernung 𝑧1 links der Grenzflä-che ausgehenden (nicht unbedingt paraxialen) Strah-len auf einen Punkt 𝑃2 auf der optischen Achse ineiner Entfernung 𝑧2 rechts der Grenzfläche abgebil-det werden [Abb. 1.18(a)]. Hinweis: Nach dem fermat-schen Prinzip müssen die optischen Weglängen zwi-schen den beiden Punkten für alle Wege identischsein.

Beispiel 1-1: Kollimator für LED-LichtDas von einer LED emittierte Licht (Abschnitt 18.1)wird häufig mithilfe eines optischen Elements kolli-miert, dessen Oberfläche die Form eines Rotations-paraboloids hat (Abb. 1.19). Die LED wird dabei imBrennpunkt des Paraboloids platziert, indem ihre halb-kugelförmige Kuppel (dunkleres Grau) vom unterenEnde her in eine Aussparung des Kunststoff-Parabo-loids eingeführt wird. Strahlen, die durch die Seitender LED-Kuppel austreten, treffen unter Einfallswin-keln größer als der kritische Winkel auf das Paraboloidund werden daher durch Totalreflexion aus dem Kol-limator reflektiert. Strahlen, die durch den zentralenTeil der LED-Kuppel austreten, werden an der sphä-rischen Oberfläche gebrochen. Optische Systeme, dieReflexion und Brechung kombinieren, werden allge-mein als katadioptrische Systeme bezeichnet.

Sphärische LinsenEine sphärische Linse wird durch zwei sphärischeOberflächen begrenzt. Sie ist folglich durch die Anga-be der beiden Radien 𝑅1 und 𝑅2 der Oberflächen, ih-rer Dicke 𝛥 und ihres Brechungsindex 𝑛 vollständig be-

Total-reflexion

LED

para

bolis

che G

renz

fläch

e

sphärische Grenzfläche

reflektierte Strahlen reflektierte Strahlengebrochene Strahlen

Abb. 1.19 Querschnitt eines LED-Kollimators. LED-Kollimatoren sind in vielen Ausführungen erhältlich, diein der Regel eine Kombination von Totalreflexion und Bre-chung ausnutzen, um an ihrem Ausgang annähernd paralleleLichtstrahlen zu erzeugen. Sie werden häufig aus formge-presstem Acrylat oder Polycarbonat hergestellt, die ähnlicheBrechungsindizes wie Glas (n ≈ 1.5) besitzen. Das dargestell-te Element hat an seinem unteren Ende einen Durchmesservon ≈ 1 cm.

(–R2)

R1

Δ

Abb. 1.20 Eine bikonvexe sphärische Linse.

schrieben (Abb. 1.20). Eine gläserne Linse in Luft kannals Kombination zweier sphärischer Grenzflächen Luft/Glas und Glas/Luft betrachtet werden.Ein Strahl, der die erste Grenzfläche in einer Höhe 𝑦und in einem Winkel 𝜃1 zur 𝑧-Achse trifft [Abb. 1.21(a)],wird dort gemäß Gl. (1.11) in einem Winkel 𝜃gebrochen.Den gebrochenen Strahl können wir verlängern, bis erauf die zweite Oberfläche trifft. Dort verwenden wir wie-der Gl. (1.11), wobei wir für 𝜃1 nun 𝜃 einsetzen, um denWinkel 𝜃2 des Strahls nach der Brechung an der zweitenOberfläche zu erhalten. Das Ergebnis ist im Allgemei-nen kompliziert. Wenn die Linse aber hinreichend dünnist, können wir annehmen, dass der Strahl die Linse inungefähr derselben Höhe 𝑦 verlässt, in der er eingetre-ten war. Mit dieser Annahme erhalten wir:

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12 1 Strahlenoptik

P1= (y1, z1)

P2= (y2, z2)

f z2

F

z1 0

(a) (b)

P1

y

P2

z1 z20

θ1 (–θ2)Abb. 1.21(a) Strahlen-verlauf in einerdünnen Linse.(b) Bildentste-hung in einerdünnen Linse.

• Die Winkel des einfallenden und des gebrochenenStrahls hängen gemäß

𝜃2 = 𝜃1 − 𝑦𝑓 (1.14)

zusammen, wobei die Brennweite 𝑓 durch

1𝑓 = (𝑛 − 1) ( 1𝑅1− 1𝑅2

) (1.15)

gegeben ist.• Alle von einem Punkt 𝑃1 = (𝑦1, 𝑧1) ausgehenden

Strahlen treffen sich in einem Punkt 𝑃2 = (𝑦2, 𝑧2)[Abb. 1.21(b) und Übung 1-5] mit

1𝑧1+ 1𝑧2

= 1𝑓 (1.16)

und

𝑦2 = −𝑧2𝑧1𝑦1 . (1.17)

Diese Ergebnisse sind identisch mit denen für einensphärischen Spiegel [siehe Gl. (1.7) und Übung 1-2].

Die Gleichungen zeigen, dass jeder Punkt in der Ebe-ne 𝑧 = 𝑧1 auf einen entsprechenden Punkt in der Ebe-ne 𝑧 = 𝑧2 abgebildet wird; die Vergrößerung ist −𝑧2∕𝑧1.Für 𝑧1 = 𝑧2 = 2𝑓 ist die Vergrößerung gleich eins. DieBrennweite𝑓 einer Linse beschreibt daher ihre Wirkungauf paraxiale Strahlen vollständig. Wie bereits zuvor er-wähnt, werden 𝑃1 und 𝑃2 in nach links bzw. rechts zei-genden Koordinatensystemen gemessen, und die Krüm-mungsradien 𝑅1 und 𝑅2 sind für konvexe Oberflächenpositiv und für konkave Oberflächen negativ. Für die inAbb. 1.20 gezeigt bikonvexe Linse ist 𝑅1 positiv und 𝑅2negativ, sodass die beiden Terme in Gl. (1.15) sich ad-dieren und zu einem positiven 𝑓 führen.

Übung 1-5: Die Gleichungen für dünne LinsenGehen Sie von Gl. (1.11) aus und verwenden Siedie Definition der Brennweite aus Gl. (1.15), um dieGln. (1.14) und (1.16) zu beweisen.

f

Abb. 1.22 Nicht paraxiale Strahlen treffen sich nicht imparaxialen Brennpunkt. Die gepunktete Einhüllende der ge-brochenen Strahlen wird als kaustische Linie bezeichnet.

Es muss noch einmal betont werden, dass die hier disku-tierten Beziehungen nur für paraxiale Strahlen gelten.Nicht paraxiale Strahlen führen zu Aberrationen wie inAbb. 1.22 gezeigt.

Konvexe und konkave LinsenLinsen sind transparente optische Elemente, die Licht-strahlen je nach der Form ihrer Oberflächen auf defi-nierte Weise brechen. Die gebräuchlichsten Linsen sindwie die zuvor betrachtete bikonvexe Linse sphärischeLinsen. Linsen aus einem einzigen Material (im Sichtba-ren meist Glas oder Kunststoff) werden als einfache Lin-sen bezeichnet; Linsen, die aus mehreren solchen einfa-chen Linsen bestehen, die dabei üblicherweise entlangeiner gemeinsamen Achse angeordnet sind, nennt manzusammengesetzte Linsen.

Die Oberfläche einer Linse kann konvex oder konkavsein, je nachdem, ob sie aus der Linse heraus- oder indiese zurückragt, oder sie kann plan sein, also eine fla-che Oberfläche besitzen. Eine Zylinderlinse ist nur ineiner Richtung gekrümmt, besitzt also eine Brennwei-te 𝑓 für Strahlen in der 𝑦𝑧-Ebene, aber keine fokussie-rende Wirkung auf Strahlen in der 𝑥𝑧-Ebene. Eine Lin-se, bei der eine Oberfläche konvex und die andere kon-kav ist, wird als Meniskuslinse bezeichnet (solche Lin-sen werden häufig für Brillen verwendet). Eine Linse,bei der eine oder beide Oberflächen eine Form haben,die weder sphärisch noch zylindrisch ist, wird als asphä-rische Linse bezeichnet.

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131.2 Einfache optische Komponenten

(c)(b)(a) (e)(d)

Abb. 1.23 Linsen: (a) Bikonvex, (b) plankonvex, (c) bikonkav,(d) plankonkav. (e) Eine Fresnellinse, die der in (b) darge-stellten plankonvexen Linse entspricht; die Krümmungensind auf beiden Oberflächen überall gleich.

Abbildung 1.23 zeigt verschiedene Arten von Linsen.Bikonvexe und plankonvexe Linsen bewirken eine Kon-vergenz der Strahlen und sind daher für die Bilder-zeugung nützlich, wie Abb. 1.21 zeigt. Bikonkave undplankonkave Linsen bewirken eine Divergenz der Strah-len; sie werden bei der Projektion und in Elementenzur Brennweitenverlängerung (Telekonverter) verwen-det. Eine Fresnellinse wird konstruiert, indem alle nicht-brechenden Teile einer herkömmlichen Linse entferntwerden. Daher ist das in Abb. 1.23(e) gezeigte Fresnel-Äquivalent der plankonvexen Linse aus Abb. 1.23(b) einabgeflachter Satz von konzentrischen Flächen mit iden-tischer Krümmung an allen Stellen der Fläche (außer anden Stufen-Diskontinuitäten). Die Fresnelkonstruktionermöglicht die Konstruktion dünner, leichter und kos-tengünstiger Kunststofflinsen mit Größen von Meternbis hinunter zu Mikrometern und kurzen Brennweiten.Fresnellinsen können konvergierend, divergierend oderzylindrisch sein.

1.2.4 Lichtleiter

Durch Linsen oder Spiegel kann Licht von einem Ortzu einem anderen geführt werden, wie Abb. 1.24 illus-triert. Da brechende Elemente (wie Linsen) aber immerauch einen Teil des Lichts reflektieren und Spiegel einenTeil des Lichts absorbieren, ist der kumulierte Verlust

an optischer Leistung signifikant, wenn viele optischeElemente eingesetzt werden. Zwar können diese Effek-te minimiert werden (z. B. durch antireflexbeschichteteLinsen), aber ein derartiges System ist umständlich undteuer.

Im Vergleich dazu ist die Totalreflexion an einerGrenzfläche zwischen zwei Medien mit unterschiedli-chen Brechungsindizes ein idealer Mechanismus, umLicht zu führen. Hierbei werden die Strahlen immerwieder verlustfrei reflektiert, ohne Brechung zu erfah-ren. Mithilfe hochreiner Glasfasern kann Licht mit ver-gleichsweise geringen Verlusten über Strecken von vie-len Kilometern geleitet werden.

Ein Lichtleiter besteht aus zwei konzentrischen Glas-oder Kunststoffzylindern (Abb. 1.25). Der innere, auchals Kern bezeichnet, besitzt den Brechungsindex 𝑛1 undder äußere, der Mantel, einen etwas kleineren Bre-chungsindex 𝑛2 < 𝑛1; man bezeichnet eine solche An-ordnung als Stufenindexfaser. Lichtstrahlen, die sichim Kern ausbreiten, werden an der Grenzfläche zumMantel totalreflektiert, wenn ihr Einfallswinkel größerals der Grenzwinkel ist, 𝜃 > 𝜃k = sin−1(𝑛2∕𝑛1). AlleStrahlen mit einem Winkel 𝜃 = 90◦ − 𝜃 zur optischenAchse sind daher im Kern des Lichtleiters eingesperrt,sofern die Bedingung 𝜃 < 𝜃k erfüllt ist, wobei 𝜃k =90◦ − 𝜃k = cos−1(𝑛2∕𝑛1) ist. Lichtleiter werden in deroptischen Nachrichtentechnik eingesetzt (siehe Kapi-tel 10 und 25). Einige wichtige Eigenschaften werden inÜbung 1-6 hergeleitet.

Übung 1-6: Numerische Apertur und Akzeptanzwinkeleines LichtleitersEin Lichtleiter wird von einer Lichtquelle (z. B. einerLeuchtdiode, LED) bestrahlt. Die Brechungsindizesvon Kern und Mantel des Leiters sind 𝑛1 und 𝑛2; derBrechungsindex der Luft ist 1 (Abb. 1.26). Zeigen Sie,dass der halbe Öffnungswinkel 𝜃A des Strahlkegels,den der Lichtleiter aufnehmen (d. h. ohne Brechung

(b)

(c)

(a)

Abb. 1.24 Lichtführung: (a) Linsen;(b) Spiegel; (c) Totalreflexion.

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14 1 Strahlenoptik

n1

n2Mantel

Kernθ

θ

Abb. 1.25 Ein Lichtleiter. Er leitet dasLicht durch wiederholte Totalreflexion.𝜃 ist der Winkel des Strahls zur Achsedes Lichtleiters, sein Komplement 𝜃 =90◦ − 𝜃 ist der Einfallswinkel auf diedielektrische Grenzfläche.

n1

n2

n2

LuftMantel

Kern

θA

θkθk θk

Abb. 1.26 Akzeptanzwinkel eines Lichtleiters.

am Mantel weiterleiten) kann, die Beziehung

NA = sin 𝜃A = √𝑛21 − 𝑛2

2 (1.18)

erfüllt. Der Winkel 𝜃A wird als Akzeptanzwinkelbezeichnet, und der Parameter NA ≡ sin 𝜃A ist dienumerische Apertur des Leiters. Berechnen Sie dienumerische Apertur und den Akzeptanzwinkel einerQuarzglasfaser mit 𝑛1 = 1.475 und 𝑛2 = 1.460. Quarz-glas besteht aus amorphem Siliciumdioxid (SiO2). Esist wegen seiner ausgezeichneten optischen und me-chanischen Eigenschaften weit verbreitet; unter ande-rem hat es den Vorteil, dass sein Brechungsindex durchDotierung (z. B. mit GeO2) sehr bequem verändert wer-den kann.

Eingrenzung von Licht in Medien mit großemBrechungsindexEs ist oft schwierig, Licht aus einem Medium mit gro-ßem Brechungsindex in ein Medium mit kleinem Bre-chungsindex wie z. B. Luft auszukoppeln, vor allem,wenn das Medium mit großem Brechungsindex durchparallele Oberflächen begrenzt ist. In solchen Fällen er-fahren manche Strahlen andauernde Totalreflexion, oh-ne jemals ins Freie gebrochen zu werden; das Prinzipwird in Übung 1-7 untersucht.

Übung 1-7: In einer Leuchtdiode eingegrenztes Licht(a) Nehmen Sie an, dass in einem Parallelepiped mit

dem Brechungsindex 𝑛 (Abb. 1.27) Licht erzeugtwird und sich isotrop ausbreitet. Das System sollvon Luft (Brechungsindex 1) umgeben sein, ähn-lich wie es z. B. in Leuchtdioden der Fall ist (sie-he Kapitel 18). Welchen Öffnungswinkel hat derStrahlkegel (in dem Parallelepiped), der aus denSeitenflächen austritt? Was passiert mit den restli-chen Strahlen? Wie groß ist der Winkel für GaAs(𝑛 = 3.6)?

(b) Nehmen Sie an, dass bei isotroper Lichterzeugungdie optische Leistung der Strahlung in einem ge-gebenen Kegel proportional zum Öffnungswinkeldes Kegels ist. Zeigen Sie dann, dass das Ver-hältnis der aus dem Parallelepiped entnommenenzur insgesamt erzeugten optischen Leistung gleich3(1 − √

1 − 1∕𝑛2) ist, sofern 𝑛 > √2 gilt. Welchen

Zahlenwert hat dieses Verhältnis für GaAs?

1 n

Abb. 1.27 Eingrenzung von Licht in einem Parallelepipedmit großem Brechungsindex.

1.3 Gradientenindexoptik

In vielen Medien ist der Brechungsindex eine stetigeFunktion 𝑛(r) des Ortes. Dies kann z. B. durch kontrol-liertes Hinzufügen von Verunreinigungen (Dotierung)während der Herstellung erreicht werden. In einem sol-chen Medium verlaufen Lichtstrahlen nicht geradlinig,sondern entlang gekrümmter Wege. Wenn 𝑛(r) geeignetgewählt wird, kann eine einfache Platte aus einem sol-chen Medium dieselbe Wirkung auf einen Lichtstrahlzeigen wie ein konventionelles optisches Element, bei-spielsweise ein Prisma oder eine Linse.

1.3.1 Die Strahlengleichung

Um die Wege von Lichtstrahlen in einem inhomogenenMedium mit dem Brechungsindex 𝑛(r) zu bestimmen,verwenden wir Fermats Prinzip,

δ 𝐵∫𝐴 𝑛(r) d𝑠 = 0 , (1.19)

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151.3 Gradientenindexoptik

y

A

Bds

x

s

z

Abb. 1.28 Die Bahn des Lichtstrahls wird parametrischdurch drei Funktionen x(s), y(s) und z(s) oder durch zweiFunktionen x(z) und y(z) beschrieben.wobei d𝑠 eine differentielle Wegstrecke entlang der Tra-jektorie des Strahls zwischen 𝐴 und 𝐵 ist. Wenn derLichtweg durch die Funktionen 𝑥(𝑠), 𝑦(𝑠) und 𝑧(𝑠) be-schrieben wird, wobei 𝑠 die Position entlang der Trajek-torie ist (Abb. 1.28), dann kann man mithilfe der Varia-tionsrechnung zeigen1), dass 𝑥(𝑠), 𝑦(𝑠) und 𝑧(𝑠) drei par-tielle Differentialgleichungen erfüllen müssen:

dd𝑠 (𝑛d𝑥

d𝑠 )= 𝜕𝑛𝜕𝑥 , dd𝑠 (𝑛d𝑦

d𝑠 )= 𝜕𝑛𝜕𝑦 , dd𝑠 (𝑛d𝑧

d𝑠 )= 𝜕𝑛𝜕𝑧 .(1.20)

Wenn wir nun den Vektor r(𝑠) mit den Komponenten𝑥(𝑠), 𝑦(𝑠) und 𝑧(𝑠) definieren, können wir Gl. (1.20) alsVektorgleichung und somit kompakter formulieren:

dd𝑠 (𝑛dr

d𝑠 ) = ∇𝑛 , (1.21)

wobei ∇𝑛, der Gradient von 𝑛, ein Vektor mit den kar-tesischen Komponenten 𝜕𝑛∕𝜕𝑥, 𝜕𝑛∕𝜕𝑦 und 𝜕𝑛∕𝜕𝑧 ist.Gleichung (1.21) wird als Strahlengleichung bezeich-net.

Zur Lösung der Strahlengleichung kann man die Tra-jektorie durch zwei Funktionen 𝑥(𝑧) und 𝑦(𝑧) aus-drücken, d𝑠 = d𝑧√1 + (d𝑥∕d𝑧)2 + (d𝑦∕d𝑧)2 schreibenund diesen Ansatz in Gl. (1.21) einsetzen, um zwei par-tielle Differentialgleichungen für 𝑥(𝑧) und 𝑦(𝑧) zu erhal-ten. Dieser Weg ist im Allgemeinen rechnerisch aufwen-dig; bei Verwendung der paraxialen Näherung wird eraber deutlich einfacher.

Die paraxiale StrahlengleichungIn der paraxialen Näherung verläuft der Strahl nahezuparallel zur 𝑧-Achse, sodass d𝑠 ≈ d𝑧 gilt (Abb. 1.29). Die

1) Der Beweis sprengt den Rahmen dieses Buches; siehe z. B. R. Wein-stock, Calculus of Variations: With Applications to Physics and Engine-ering, Dover 1974.

z

yx

Abb. 1.29 Der Weg eines paraxialen Strahlsin einem Medium mit variablem Brechungsindex.

Strahlengleichung (1.20) vereinfacht sich dann zu

dd𝑧 (𝑛d𝑥

d𝑧 ) ≈ 𝜕𝑛𝜕𝑥 , dd𝑧 (𝑛d𝑦

d𝑧 ) ≈ 𝜕𝑛𝜕𝑦 . (1.22)

Wenn die Funktion 𝑛 = 𝑛(𝑥, 𝑦, 𝑧) bekannt ist, könnendiese beiden partiellen Differentialgleichungen gelöstwerden, um den Lichtweg 𝑥(𝑧) und 𝑦(𝑧) zu berechnen.

Im Grenzfall eines homogenen Mediums, in dem 𝑛nicht von 𝑥, 𝑦 und 𝑧 abhängt, liefert Gl. (1.22) d2𝑥∕d𝑧2 =0 und d2𝑦∕d𝑧2 = 0, woraus folgt, dass 𝑥 und 𝑦 lineareFunktionen von 𝑧 sind, die Strahlen sich also geradlinigausbreiten. Interessante Fälle werden wir in Kürze un-tersuchen.

1.3.2 Optische Komponenten mit variablemBrechungsindex

Platte mit variablem BrechungsindexWir betrachten eine Platte, deren Brechungsindex 𝑛 =𝑛(𝑦) in 𝑥- und 𝑧-Richtung konstant ist, aber in 𝑦-Rich-tung stetig variiert (Gradientenindexplatte, Abb. 1.30).Die Trajektorien von paraxialen Strahlen in der 𝑦𝑧-Ebene werden dann durch die paraxiale Strahlenglei-chung beschrieben,

dd𝑧 (𝑛d𝑦

d𝑧 ) = d𝑛d𝑦 , (1.23)

woraus

d2𝑦d𝑧2

= 1𝑛(𝑦) d𝑛(𝑦)d𝑦 (1.24)

folgt. Wenn 𝑛(𝑦) bekannt und die Randbedingungen (𝑦und d𝑦∕d𝑧 für 𝑧 = 0) festgelegt sind, kann Gl. (1.24) ge-löst und die Funktion 𝑦(𝑧) bestimmt werden, die die Tra-jektorien der Strahlen beschreibt.

Herleitung: Die paraxiale Strahlengleichung ineiner Platte mit variablem Brechungsindex

Gleichung (1.24) kann auch direkt aus dem snellius-schen Gesetz hergeleitet werden (Abb. 1.30). 𝜃(𝑦) ≈d𝑦∕d𝑧 sei der Winkel des Strahls zur 𝑧-Achse am Ort(𝑦, 𝑧). Nach Durchtritt durch eine Schicht der DickeΔ𝑦

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16 1 Strahlenoptik

y

y

θ(y+Δy) dy

Brechungsindexz

n(y)y+Δy

θ(y)

n(y)+ Δydn

Abb. 1.30 Brechung in einer Platte mitvariablem Brechungsindex.

ändert sich der Winkel des Strahls zu 𝜃(𝑦 + Δ𝑦). Die-se beiden Winkel hängen über das snelliussche Gesetzzusammen, wobei 𝜃 nach der Definition aus Abb. 1.30das Komplement des Einfallswinkels (Brechungswin-kels) ist:

𝑛(𝑦) cos 𝜃(𝑦) = 𝑛(𝑦 + Δ𝑦) cos 𝜃(𝑦 + Δ𝑦)= [𝑛(𝑦) + d𝑛d𝑦Δ𝑦] [cos 𝜃(𝑦) − d𝜃

d𝑦Δ𝑦 sin 𝜃(𝑦)] .(1.25)

Dabei haben wir die Entwicklung 𝑓(𝑦 + Δ𝑦) = 𝑓(𝑦) +(d𝑓∕d𝑦)Δ𝑦 auf die Funktionen𝑓(𝑦)=𝑛(𝑦)und𝑓(𝑦)=cos 𝜃(𝑦) angewendet. Im Grenzfall Δ𝑦→ 0 erhalten wirdurch Vernachlässigen des Terms in (Δ𝑦)2 die Differen-tialgleichung

d𝑛d𝑦 = 𝑛d𝜃

d𝑦 tan 𝜃 . (1.26)

Für paraxiale Strahlen ist 𝜃 sehr klein, sodass tan 𝜃 ≈ 𝜃gilt. Wenn wir 𝜃 = d𝑦∕d𝑧 in Gl. (1.26) einsetzen, erhal-ten wir Gl. (1.24).

Beispiel 1-2: Platte mit parabolischem IndexprofilEine wichtige spezielle Verteilung des Brechungsindexist

𝑛2(𝑦) = 𝑛20(1 − 𝛼2𝑦2) . (1.27)

Diese Funktion ist symmetrisch in 𝑦 und besitzt einMaximum bei 𝑦 = 0 (Abb. 1.31). Glasplatten mit ei-nem derartigen Indexprofil werden unter dem Han-delsnamen Selfoc vertrieben. Meist wird 𝛼 so kleingewählt, dass für alle interessierenden 𝑦 die Beziehung𝛼2𝑦2 ≪ 1 erfüllt ist. Dann ist 𝑛(𝑦) = 𝑛0

√1 − 𝛼2𝑦2 ≈𝑛0(1 − 1

2𝛼2𝑦2); d. h. 𝑛(𝑦) ist eine parabolische Vertei-

lung. Wegen 𝑛(𝑦) − 𝑛0 ≪ 𝑛0 ist auch die relative Än-derung des Brechungsindex sehr klein. Wenn wir dieAbleitung von Gl. (1.27) bilden, liefert die rechte Sei-te von Gl. (1.24) (1∕𝑛) d𝑛∕d𝑦 = −(𝑛0∕𝑛)2𝛼2𝑦 ≈ −𝛼2𝑦,sodass Gl. (1.24) die Form

d2𝑦d𝑧2

≈ −𝛼2𝑦 (1.28)

annimmt. Die Lösungen dieser Gleichung sind harmo-nische Funktionen mit der Periode 2π∕𝛼. Wenn wir𝑦(0) = 𝑦0 und d𝑦∕d𝑧 = 𝜃0 bei 𝑧 = 0 im Inneren desMediums ansetzen, erhalten wir

𝑦(𝑧) = 𝑦0 cos𝛼𝑧 + 𝜃0𝛼 sin𝛼𝑧 , (1.29)

woraus sich für die Steigung des Lichtwegs

𝜃(𝑧) = d𝑦d𝑧 = −𝑦0𝛼 sin𝛼𝑧 + 𝜃0 cos𝛼𝑧 (1.30)

ergibt. Der Strahl oszilliert mit einer (räumlichen) Pe-riode 2π∕𝛼 um das Zentrum der Platte, wie in Abb. 1.31gezeigt. Die maximale Auslenkung des Strahls ist𝑦max = [𝑦2

0 + (𝜃0∕𝛼)2]1∕2 und der maximale Winkel desLichtwegs ist 𝜃max = 𝛼𝑦max. Diese genäherte Analysegilt, solange 𝜃max ≪ 1 ist. Wenn 2𝑦max kleiner wird alsdie Dicke der Platte, ist der Strahl in der Platte gefan-gen; sie wirkt dann als Lichtleiter. Abbildung 1.32 zeigtdie Lichtwege einiger Strahlen in einer Selfoc-Platte –alle Strahlen haben dieselbe Periode. Eine solche Plat-te mit variablem Brechungsindex kann als Linse einge-setzt werden, wie Übung 1-8 zeigt.

y0

y

z n(y)

y

n0

2πα

θ0

Abb. 1.31 Lichtweg in einer Platte mit parabolischem Index-profil (Selfoc-Platte).

Übung 1-8: Platten mit variablem Brechungsindexals LinsenZeigen Sie, dass eine Selfoc-Platte mit der Länged < π∕2𝛼 und einem Brechungsindex gemäß Gl. (1.27)als Zylinderlinse (sammelnd in der 𝑦𝑧-Ebene) mit derBrennweite

𝑓 ≈ 1𝑛0d𝛼 sin𝛼 (1.31)

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171.3 Gradientenindexoptik

z

𝘥

απ

Abb. 1.32 Lichtwege von Strah-len aus einer externen Punkt-lichtquelle in einer Selfoc-Plat-te.

yf

y0

zA

𝘥FH

Abb. 1.33 Eine Selfoc-Platte als Linse; F ist der Brenn-punkt, H der Hauptpunkt.

wirkt. Zeigen Sie, dass der Hauptpunkt (wie in Abb.1.33 definiert) in einer Entfernung 𝐴𝐻 ≈ (1∕𝑛0𝛼) ⋅tan(𝛼d∕2) vom Rand der Platte liegt. Skizzieren Sie dieLichtwege von Strahlen für die Spezialfälle d = π∕𝛼und π∕2𝛼.

Fasern mit variablem BrechungsindexEine Faser mit variablem Brechungsindex (Gradienten-indexfaser) ist ein Glaszylinder mit einem Brechungs-index 𝑛, der mit dem radialen Abstand von der Ach-se variiert. In der paraxialen Näherung sind die Licht-wege durch die paraxiale Strahlengleichung gegeben,Gl. (1.22). Wir betrachten nun das Indexprofil

𝑛2 = 𝑛20[1 − 𝛼2 (𝑥2 + 𝑦2)] . (1.32)

Wenn wir Gl. (1.32) in Gl. (1.22) einsetzen und anneh-men, dass für alle interessierenden 𝑥 und 𝑦 die Bezie-hung 𝛼2(𝑥2 + 𝑦2) ≪ 1 erfüllt ist, so erhalten wir

d2𝑥d𝑧2

≈ −𝛼2𝑥 ,d2𝑦d𝑧2

≈ −𝛼2𝑦 . (1.33)

Sowohl 𝑥 als auch 𝑦 sind folglich harmonische Funk-tionen von 𝑧 mit der Periode 2π∕𝛼. Die Anfangswerte(𝑥0, 𝑦0), 𝜃𝑥0 = d𝑥∕d𝑧 und 𝜃𝑦0 = d𝑦∕d𝑧 für 𝑧 = 0 bestim-men die Amplituden und Phasen dieser harmonischenFunktionen. Wegen der Zylindersymmetrie können wirohne Einschränkung der Allgemeinheit 𝑥0 = 0 setzen.

Die Lösung von Gl. (1.33) ist dann

𝑥(𝑧) = 𝜃𝑥0𝛼 sin𝛼𝑧𝑦(𝑧) = 𝜃𝑦0𝛼 sin𝛼𝑧 + 𝑦0 cos𝛼𝑧 . (1.34)

Wenn 𝜃𝑥0 = 0 ist, d. h. der einfallende Strahl in einermeridionalen Ebene liegt (einer Ebene, die die Zylinder-achse enthält, in diesem Fall die 𝑦𝑧-Ebene), dann bleibtder Strahl in dieser Ebene und folgt dort einem sinusför-migen Weg ähnlich dem in einer Gradientenindexplatte[Abb. 1.34(a)].

Wenn anderseits 𝜃𝑦0 = 0 und 𝜃𝑥0 = 𝛼𝑦0 ist, dann folgt𝑥(𝑧) = 𝑦0 sin𝛼𝑧𝑦(𝑧) = 𝑦0 cos𝛼𝑧 , (1.35)

und der Strahl folgt einem helikalen (schraubenförmi-gen) Weg auf der Oberfläche eines Zylinders mit demRadius 𝑦0 [Abb. 1.34(b)]. In beiden Fällen ist der Strahlin der Faser gefangen, die somit als Lichtleiter wirkt. Fürandere einfallende Strahlen entstehen unterschiedlichehelikale Lichtwege.

(b)

(a)

y0

z

z

y0

2πα

θ0

Abb. 1.34 (a) Meridionale und (b) helikale Strahlenin einer Faser mit parabolischem Indexprofil.

Gradientenindexfasern und ihre Anwendungen in deroptischen Kommunikationstechnik werden in den Ka-piteln 10 und 25 ausführlicher diskutiert.

Übung 1-9: Numerische Apertur eines Lichtleitersmit variablem BrechungsindexWir betrachten eine Gradientenindexfaser mit einemRadius 𝑎 und einem Indexprofil gemäß Gl. (1.32). Ein

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18 1 Strahlenoptik

z

y

aθ0

θ0θA

θA

Abb. 1.35 Akzeptanzwinkel eines Lichtleiters mit variablemBrechungsindex.

Strahl fällt aus der umgebenden Luft zentral in dieFaser ein, sodass er im Fasermedium einen Winkel 𝜃0zur Faserachse einschließt (siehe Abb. 1.35). ZeigenSie, dass die numerische Apertur der Faser in derparaxialen Näherung durch

NA ≡ sin 𝜃A ≈ 𝑛0𝑎𝛼 (1.36)

gegeben ist, wobei 𝜃A der maximale Akzeptanzwin-kel ist, für den der Strahl in der Faser eingeschlossenbleibt. Vergleichen Sie dieses Ergebnis mit dem für ei-ne Stufenindexfaser wie der in Übung 1-6 untersuch-ten. Verwenden Sie für die Brechungsindizes von Kernund Mantel der Stufenindexfaser 𝑛1 = 𝑛0 bzw. 𝑛2 =𝑛0

√1 − 𝛼2𝑎2 ≈ 𝑛0(1 − 1

2𝛼2𝑎2), um den Vergleich fair

zu gestalten.

1.3.3 Die Eikonalgleichung

Die Wege der Strahlen werden oft durch Oberflächenbeschrieben, zu denen sie normal verlaufen. S(r) sei ei-ne skalare Funktion, deren Flächen gleicher Funktions-werte (S(r) = const.) überall normal auf den Lichtstrah-len stehen (Abb. 1.36). Wenn S(r) bekannt ist, könnendaraus die Lichtwege konstruiert werden, da die Norma-le der Fläche gleicher Funktionswerte am Ort r geradein die Richtung des Gradienten ∇S(r) zeigt. Die Funk-tion S(r) wird als Eikonal bezeichnet; sie entspricht derPotentialfunktion 𝑉(r) in der Elektrostatik, wobei dieLichtstrahlen die Rolle der elektrischen Feldlinien über-nehmen, E = −∇𝑉.

Um Fermats Prinzip (das Hauptpostulat der Strahlen-optik) zu erfüllen, muss das Eikonal S(r) eine Differen-

Strahlen

S(r) = konstant

Abb. 1.36 Die Lichtwege ste-hen normal auf den Flächenmit konstantem S(r).

tialgleichung erfüllen, die Eikonalgleichung

( 𝜕S𝜕𝑥 )2 + (𝜕S𝜕𝑦 )2 + (𝜕S𝜕𝑧 )2 = 𝑛2 , (1.37)

die meist in Vektorschreibweise angegeben wird,|∇S|2 = 𝑛2 , (1.38)

wobei |∇S2| = ∇S ⋅ ∇S ist. Der Beweis der Eikonalglei-chung aus Fermats Prinzip sprengt den Rahmen diesesBuches2). Umgekehrt kann auch Fermats Prinzip (sowiedie Strahlengleichung) aus der Eikonalgleichung herge-leitet werden. Die Eikonalgleichung kann daher ebensowie Fermats Prinzip als das Hauptpostulat der Strahlen-optik angesehen werden.

Die Integration der Eikonalgleichung (1.38) entlangeines Lichtwegs zwischen den Punkten 𝐴 und 𝐵 ergibt

S(r𝐵) − S(r𝐴) = 𝐵∫𝐴 |∇S| d𝑠= 𝐵∫𝐴 𝑛 d𝑠 = opt. Weglänge zw. 𝐴 und 𝐵 . (1.39)

Mit anderen Worten, die Differenz S(r𝐵) − S(r𝐴) ist dieoptische Weglänge zwischen 𝐴 und 𝐵. In der Analogiezur Elektrostatik übernimmt die optische Weglänge dieRolle der Potentialdifferenz.

Um die Lichtwege in einem inhomogenen Mediummit dem Brechungsindex 𝑛(r) zu bestimmen, könnenwir entweder die Strahlengleichung (1.21) – was wir be-reits durchgeführt haben – oder die Eikonalgleichung lö-sen und dann aus S(r) den Gradienten ∇S berechnen.

Wenn das Medium homogen, d. h.𝑛(r)konstant ist, istauch der Betrag von ∇S konstant, sodass die Normalenzur Wellenfront (die Strahlen) gerade Linien sein müs-sen. Die Flächen S(r) = const. können entweder paral-lele Ebenen oder konzentrische Kugeloberflächen sein(Abb. 1.37).

Strahlen

Strahlen

S(r) = konstant

Abb. 1.37 Strahlen und Flächen für konstantes S(r) in einemhomogenen Medium.

2) Siehe z. B. M. Born, E. Wolf, Principles of Optics, Cambridge Univer-sity Press, 7. Aufl. 2002.

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191.4 Matrizenoptik

In Abschnitt 2.3 werden wir die Eikonalgleichungnochmals untersuchen; dann im Hinblick auf die Bezie-hung zwischen der Strahlenoptik und der Wellenoptik.

1.4 Matrizenoptik

Die Matrizenoptik ist eine Methode zur Verfolgung par-axialer Strahlen. Dabei wird angenommen, dass dieStrahlen sich nur in einer Ebene bewegen; die Methodeist daher auf planare Systeme oder meridionale Strahlenin zylindersymmetrischen Systemen anwendbar.

Ein Strahl wird durch seine Position und seinen Win-kel zur optischen Achse charakterisiert; diese Parame-ter ändern sich während seiner Reise durch das System.In der paraxialen Näherung sind die Einfalls- und Aus-fallsebene eines optischen Systems durch zwei lineare al-gebraische Gleichungen verknüpft. Das optische Systemwird daher durch eine 2 × 2-Matrix beschrieben, die so-genannte Strahltransfermatrix (oder kürzer Transfer-matrix).

Der Vorteil bei der Verwendung von Matrizen liegtdarin, dass die Strahltransfermatrix von mehreren hin-tereinander geschalteten optischen Elementen (oderSystemen) das Produkt der Strahltransfermatrizen dereinzelnen Elemente (Systeme) ist. Daher bietet die Ma-trixoptik eine formale Methode zur Beschreibung kom-plexer optischer Systeme in der paraxialen Näherung.

1.4.1 Die Strahltransfermatrix

Wir betrachten ein zylindersymmetrisches System ausmehreren brechenden und reflektierenden Grenzflä-chen, die entlang derselben Achse (optische Achse)angeordnet sind. Die optische Achse soll entlang der𝑧-Achse liegen, die auch der ungefähren Ausbreitungs-richtung der Strahlen entspricht. Wir betrachten nurStrahlen in einer Ebene, die die optische Achse enthält,beispielsweise der 𝑦𝑧-Ebene. Dann verfolgen wir denStrahl während seiner Ausbreitung durch das Systemund beobachten, wie er verschiedene Grenzflächen ent-lang der optischen Achse durchschreitet. Ein Strahl, deran der Position 𝑧 eine transversale Fläche schneidet, istdurch die Angabe der 𝑦-Koordinate (Höhe) seines Auf-treffpunkts auf die Fläche und seinen Winkel 𝜃 vollstän-dig charakterisiert (Abb. 1.38).

Ein optisches System besteht aus einer Zahl von opti-schen Elementen zwischen zwei transversalen Ebenenbei 𝑧1 und 𝑧2, die wir als Eingangs- und Ausgangsebe-ne bezeichnen. Das System ist durch seine Wirkung aufeinen in beliebiger Höhe 𝑦1 und in beliebigen Winkeln𝜃1 einfallenden Strahl gekennzeichnet. Es verändert den

Strahl

optischeAchse z

Abb. 1.38 Ein Strahl ist durch seine Höhe (y-Koordinate)und seinen Winkel 𝜃 charakterisiert.

optisches System

Eingang

Eingangs-ebene

Ausgangs-ebene

Ausgang(y1, θ1) y2, θ2)

θ2

θ1

z1 z2 z

y

y2y1optischeAchse

(

Abb. 1.39 Ein Strahl tritt an der Stelle z1 am Ort y1 im Win-kel 𝜃1 in das System ein und verlässt es an der Stelle z2 amOrt y2 im Winkel 𝜃2.Strahl, sodass er auf der Ausgangsebene in der Höhe 𝑦2im Winkel 𝜃2 aus dem System austritt (Abb. 1.39).

In der paraxialen Näherung, wenn alle Winkel so kleinsind, dass sin 𝜃 ≈ 𝜃 gesetzt werden kann, ist die Bezie-hung zwischen (𝑦2, 𝜃2) und (𝑦1, 𝜃1) linear und kann all-gemein in der Form𝑦2 = A𝑦1 + B𝜃1 (1.40)𝜃2 = C𝑦1 + D𝜃1 (1.41)

geschrieben werden, wobei A, B, C und D reelle Zahlensind. Die Gln. (1.40) und (1.41) lauten in Matrixschreib-weise⎡⎢⎣𝑦2𝜃2

⎤⎥⎦ = ⎡⎢⎣A B

C D

⎤⎥⎦⎡⎢⎣𝑦1𝜃1

⎤⎥⎦ . (1.42)

Die MatrixMmit den Elementen A, B, C und D charak-terisiert das optische System vollständig, da sie die Be-rechnung von (𝑦2, 𝜃2) für jedes beliebige (𝑦1, 𝜃1) ermög-licht. Diese Matrix wird als Strahltransfermatrix be-zeichnet. Negative Winkel zeigen in Ausbreitungsrich-tung des Strahls von der 𝑧-Achse nach unten; negati-ve Radien bezeichnen konkave Flächen, positive Radienbeschreiben konvexe Flächen.

Übung 1-10: Spezielle Fälle von StrahltransfermatrizenBetrachten Sie die folgenden Situationen, in denen je-weils eines der vier Elemente der Strahltransfermatrixnull ist:

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20 1 Strahlenoptik

(a) Zeigen Sie, dass der Fall A = 0 ein fokussierendesSystem beschreibt, in welchem alle Strahlen, diean einer beliebigen Position, aber unter demselbenWinkel in das System eintreten, in derselben Höheaustreten.

(b) Zeigen Sie, dass der Fall B = 0 ein abbildendes Sys-tem beschreibt, in welchem alle Strahlen, die unterbeliebigen Winkeln in derselben Höhe in das Sys-tem eintreten, in derselben Höhe austreten.

(c) Welche besonderen Eigenschaften haben Systeme,für die C = 0 oder D = 0 ist?

1.4.2 Matrizen einfacher optischer Komponenten

Ausbreitung im VakuumDa sich die Strahlen in einem Medium mit konstantemBrechungsindex wie z. B. dem Vakuum geradlinig aus-breiten, ist die Veränderung eines Strahls nach Durch-laufen einer Wegstrecke d durch 𝑦2 = 𝑦1 + 𝜃1d und 𝜃2 =𝜃1 gegeben. Die Strahltransfermatrix ist folglich

M = ⎡⎢⎣1 d

0 1

⎤⎥⎦ . (1.43)

d𝘥Brechung an einer ebenen GrenzflächeAn einer ebenen Grenzfläche zwischen zwei Medien mitden Brechungsindizes 𝑛1 und 𝑛2 ist die Veränderungdes Strahlwinkels durch das snelliussche Gesetz gege-ben, 𝑛1 sin 𝜃1 = 𝑛2 sin 𝜃2. In der paraxialen Näherung ist𝑛1𝜃1 ≈ 𝑛2𝜃2. Die Höhe des Strahls verändert sich nicht,𝑦2 = 𝑦1. Folglich ist die Strahltransfermatrix

M = ⎡⎢⎢⎣1 0

0𝑛1𝑛2

⎤⎥⎥⎦ . (1.44)

n n1 2

Brechung an einer sphärischen GrenzflächeDie Beziehung zwischen 𝜃1 und 𝜃2 für paraxiale Strah-len, die an einer sphärischen Grenzfläche gebrochenwerden, ist in Gl. (1.11) angegeben. Die Höhe des Strahls

wird nicht verändert, 𝑦2 ≈ 𝑦1. Die Strahltransfermatrixist daher

M = ⎡⎢⎢⎣1 0−(𝑛2 − 𝑛1)𝑛2𝑅 𝑛1𝑛2

⎤⎥⎥⎦ . (1.45)

R

n n1 2

RRkonvex: > 0; konkav: < 0

Durchgang durch eine dünne LinseDie Beziehung zwischen 𝜃1 und 𝜃2 für paraxiale Strahlenbeim Durchgang durch eine dünne Linse der Brennwei-te 𝑓 ist in Gl. (1.14) angegeben. Da die Höhe des Strahlsunverändert bleibt (𝑦2 = 𝑦1), gilt für die Strahltransfer-matrix

M = ⎡⎢⎣ 1 0− 1𝑓 1⎤⎥⎦ . (1.46)

fkonvex: f > 0; konkav: f < 0

Reflexion an einem ebenen SpiegelDie Position des Strahls wird bei Reflexion an einem ebe-nen Spiegel nicht verändert, 𝑦2 = 𝑦1. Wenn wir die üb-liche Konvention verwenden, die 𝑧-Achse in Ausbrei-tungsrichtung positiv zu zählen (also für den einfallen-den Strahl in Richtung des Spiegels und für den reflek-tierten Strahl vom Spiegel weg), dann ist offensichtlich𝜃2 = 𝜃1. Die Strahltransfermatrix ist daher die Einheits-matrix

M = ⎡⎢⎣1 00 1

⎤⎥⎦ . (1.47)

••θ θz

z 12

Reflexion an einem KugelspiegelMithilfe von Gl. (1.4) und der Konvention, dass die𝑧-Achse in Ausbreitungsrichtung der Strahlen zeigt, er-

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211.4 Matrizenoptik

halten wir analog

M = ⎡⎢⎣ 1 02𝑅 1

⎤⎥⎦ . (1.48)

R)(–

R Rkonkav: konvex:< 0; > 0

Die Strahltransfermatrizen eines sphärischen Spiegels,Gl. (1.48), und einer dünnen Linse, Gl. (1.46), ähnelnsich. Ein Spiegel mit dem Krümmungsradius 𝑅 brichtStrahlen genau wie eine dünne Linse mit der Brennwei-te 𝑓 = −𝑅∕2.

1.4.3 Matrizen von hintereinander geschaltetenoptischen Komponenten

Eine Folge von 𝑁 optischen Komponenten oder Syste-men mit den Strahltransfermatrizen M1,M2, … ,M𝑁 istäquivalent zu einem einzigen optischen System mit derStrahltransfermatrix

D→ M1 D→ M2 D→⋯D→ M𝑁 D→ M = M𝑁 ⋯M2M1 .(1.49)

Die Reihenfolge der Multiplikation ist dabei entschei-dend: Die Matrix des Systems, das der Strahl zuerst pas-siert, muss ganz rechts stehen, sodass sie als erste auf dieSpaltenmatrix des einfallenden Strahls wirkt. Die Matri-zenmultiplikation ist im Allgemeinen nicht kommutativ(wohl aber assoziativ).

Übung 1-11: Parallele transparente PlattenBetrachten Sie einen Satz von 𝑁 parallelen ebenentransparenten Platten mit den Brechungsindizes𝑛1,𝑛2,. . .𝑛𝑁 und den Dicken d1, d2, . . .d𝑁 , die in Luft (𝑛 = 1)senkrecht zur 𝑧-Achse liegen. Zeigen Sie durch voll-ständige Induktion, dass die Strahltransfermatrix desGesamtsystems durch

M = ⎡⎢⎣1∑𝑁𝑖 = 1

d 𝑖𝑛𝑖0 1

⎤⎥⎦ (1.50)

gegeben ist.

In diesem Fall hat die Reihenfolge der Platten kei-nen Einfluss auf die Strahltransfermatrix des Gesamt-systems. Wie lautet die Strahltransfermatrix einer in-homogenen transparenten Platte mit der Dicke d0 unddem Brechungsindex 𝑛(𝑧)?

. . .

z

n n n1 11 2

1 2 N𝘥𝘥𝘥

N

Übung 1-12: Luftspalt und dünne LinseZeigen Sie, dass für die Strahltransfermatrix eines Luft-spalts der Breite d gefolgt von einer dünnen Linse derBrennweite 𝑓 gilt

M = ⎡⎢⎣ 1 d− 1𝑓 1 − d𝑓⎤⎥⎦ . (1.51)

f

𝘥Übung 1-13: Abbildung mit einer dünnen LinseLeiten Sie einen Ausdruck für die Strahltransfermatrixeines Systems Luft/dünne Linse/Luft her (siehe Skiz-ze). Zeigen Sie, dass alle von einem einzelnen Punktin der Eingangsebene ausgehenden Strahlen unabhän-gig von ihren Winkeln auch in der Ausgangsebene aufeinem einzigen Punkt 𝑦2 eintreffen, sofern die Abbil-dungsbedingung (1∕d 1 + 1∕d2 = 1∕𝑓) erfüllt ist. Zei-gen Sie weiter, dass für d2 =𝑓 alle parallel einfallendenStrahlen von der Linse auf einen einzigen Punkt in derAusgangsebene gebündelt werden.

𝘥2𝘥1

f

Abb. 1.40 Einlinsen-Bildgebungssystem

Bildgebung mit einem beliebigen paraxialen optischenSystemEin paraxiales System aus einem beliebigen Satz vonhintereinander geschalteten optischen Elementen istdurch die vier Elemente A, B, C und D seiner Strahl-

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22 1 Strahlenoptik

transfermatrix M vollständig charakterisiert. Alternativkann das System auch durch die Positionen seiner vierKardinalpunkte beschrieben werden, zweier Brenn-und zweier Hauptpunkte, die den Durchtritt der Strah-len zwischen seiner Eingangs- und Ausgangsebene be-stimmen. Gemäß Gl. (1.42) verlässt ein parallel zur opti-schen Achse (𝜃1 = 0) in der Höhe 𝑦1 einfallender Strahldas System in der Höhe 𝑦2 = A𝑦1 unter dem Winkel𝜃2 = C𝑦1. Dieser Strahl kreuzt die optische Achse an ei-nem Punkt 𝐹, der als hinterer Brennpunkt bezeich-net wird und sich in einem Abstand 𝑦2∕𝜃2 = A∕C vomhinteren Scheitelpunkt 𝑉 des Systems befindet, wie inAbb. 1.41(a) gezeigt. Der Schnittpunkt der Verlänge-rungen der einfallenden und ausgehenden Strahlen de-finiert den hinteren Hauptpunkt 𝐻, der in einemAbstand 𝑓 = 𝑦1∕𝜃2 = −1∕C links von 𝐹 liegt, welcherals hintere Brennweite bezeichnet wird. Der hinte-re Hauptpunkt 𝐻 befindet sich also in einem Abstandℎ =−1∕C+A∕C links vom hinteren Scheitelpunkt𝑉. So-lange die paraxiale Näherung gilt, hängen die Positionender Brenn- und Hauptpunkte nicht von 𝑦1 ab.

In ähnlicher Weise werden Strahlen parallel zur op-tischen Achse, die in entgegengesetzter Richtung (vonrechts nach links) in das System eintreten, auf den vor-derenBrennpunkt 𝐹′ fokussiert und definieren so denvorderen Hauptpunkt 𝐻′, der in einem Abstand ℎ′vom vorderen Scheitelpunkt𝑉′ liegt. Der vordere Brenn-punkt befindet sich in einem Abstand 𝑓′ links von 𝐻′,wobei 𝑓′ die vordere Brennweite ist. Diese Abständekönnen über die Beziehungen −𝑓′ = −1∕C′ und −ℎ′ =−1∕C′ + A′∕C′ als Elemente der inversen Strahltransfer-matrix ausgedrückt werden:

M−1 = ⎡⎢⎣A′ B′C′ D′⎤⎥⎦ = 1

det[M] ⎡⎢⎣ D −B−C DA

⎤⎥⎦ . (1.52)

Die Determinante det[M] vonM ist durch AD − BD gege-ben.

Zusammengefasst können die Brennweiten und Posi-tionen der Hauptpunkte mithilfe der folgenden Bezie-

hungen aus den Parametern ABCD bestimmt werden:

𝑓 = −1∕C, ℎ = (1 − A)𝑓 (1.53)𝑓′ = det[M]𝑓 , ℎ′ = −𝑓′ + D𝑓 . (1.54)

Negative Vorzeichen bezeichnen Richtungen entgegenden durch die Pfeile in Abb. 1.41(a) angegebenen Rich-tungen. Alternativ können die vier Abstände auch fest-gelegt werden, indem man zwei zur optischen Achseparallele Strahlen, die jedoch in entgegengesetzte Rich-tungen verlaufen, durch das System verfolgt. Die Para-meter ABCD können durch Invertieren der Gln. (1.53)und (1.54) aus 𝑓, 𝑓′, ℎ und ℎ′ bestimmt werden.

Die Abbildungsbedingung wird unter Berücksichti-gung der in Abb. 1.41(b) dargestellten Geometrie be-stimmt. Da 𝑠2∕𝑓 = 𝑓′∕𝑠1 ist, ist die Abbildungsbedin-gung einfach 𝑠1𝑠2 = 𝑓𝑓′ oder äquivalent (𝑧1 − 𝐹′)(𝑧2 −𝑓) = 𝑓𝑓′ oder

𝑓′𝑧1+ 𝑓𝑧2

= 1 . (1.55)

Wenn die Brechungsindizes der Medien, in die das Sys-tem eingebettet ist, identisch sind, ist det[M] = 1 und imEinklang mit Gl. (1.54) folgt 𝑓′ = 𝑓. Die Abbildungsbe-dingung aus Gl. (1.55) reduziert sich dann auf die be-kannte Abbildungsgleichung 1∕𝑧1 + 1∕𝑧2 = 1∕𝑓 [sieheGl. (1.7)]; es sei jedoch bemerkt, dass hier die Abstän-de 𝑧1 und 𝑧2 von den Hauptpunkten 𝐻′ bzw. 𝐻 aus ge-messen werden.

Übung 1-14: Abbildung mit einer dicken LinseBetrachten Sie eine Glaslinse mit dem Brechungsin-dex 𝑛, der Dicke d und zwei sphärischen Oberflächenmit dem Radius 𝑅. Bestimmen Sie die Strahltransfer-matrix der Linse unter der Annahme, dass sie sich inLuft befindet (Brechungsindex= 1). Zeigen Sie, dassdie vordere und hintere Brennweite gleich ist (𝑓 = 𝑓′)und dass sich die Hauptpunkte in identischen Entfer-nungen von den Scheitelpunkten befinden (ℎ = ℎ′),

s1 s2

n2n1

z1 z2

f ʹ

Fʹ FʹVʹ VʹH

h

HV

(a) (b)

VF FHʹ

f ʹf f

Abb. 1.41 (a) Paraxiales System als Darstellung eines be-liebigen Satzes von kaskadierten optischen Elementen. F, Vund H bezeichnen den Brennpunkt, den Scheitelpunkt unddie Hauptpunkte; f und h sind die Brennweite und der Ab-stand zwischen Haupt- und Scheitelpunkt. Gestrichene Grö-

ßen beziehen sich auf die Eingangsebene, nicht gestricheneauf die Ausgangsebene. (b) Bildgebung mit einem solchenSystem. Die Brechungsindizes der Medien, in die das opti-sche System eingebettet ist, sind n1 und n2.

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231.4 Matrizenoptik

wobei

1𝑓 = (𝑛 − 1)𝑅 [2 − 𝑛 − 1𝑛 d𝑅 ] (1.56)

ℎ = (𝑛 − 1)𝑓d𝑛𝑅 . (1.57)

Zeigen Sie, dass für die Transfermatrix des Systemszwischen zwei konjugierten Ebenen in den Abstän-den 𝑧1 und 𝑧2 von den Hauptpunkten der Linse (d. h.in den Abständen d1 = 𝑧1 − ℎ′ und d2 = 𝑧2 − ℎ vonden Scheitelpunkten), die die Abbildungsgleichung er-füllt, B = 0 gilt, was zeigt, dass sie tatsächlich die Ab-bildungsbedingung erfüllt [siehe Übung 1-10(b)].

1.4.4 Periodische optische Systeme

Unter einem periodischen optischen System verstehtman eine Folge von identischen Einheiten. Ein Beispielist etwa die in Abb. 1.24(a) gezeigte Folge von Linsen ingleichen Abständen zur Lichtführung. Ein weiteres Bei-spiel ist die Reflexion von Licht zwischen zwei Spiegelnin einem optischen Resonator (siehe Abschnitt 11.2.1);in diesem Fall durchläuft ein Strahl immer wieder das-selbe System. Selbst ein homogenes Medium wie z. B.eine Glasfaser kann als periodisches System angesehenwerden, wenn man es formal in gleichlange identischeSegmente unterteilt. Wir wollen im Folgenden mithil-fe von Matrizenmethoden eine allgemeine Theorie derStrahlausbreitung in periodischen optischen Systemenentwickeln.

Die Differenzgleichung für die StrahlpositionEin periodisches System besteht aus einer Folge vonidentischen Einheiten (Abschnitten) mit der Strahl-transfermatrix (A, B, C,D), wie in Abb. 1.42 gezeigt. EinStrahl tritt in einer Höhe 𝑦0 in einem Winkel 𝜃0 in dasSystem ein. Um die Höhe und den Winkel (𝑦𝑚, 𝜃𝑚) desStrahls am Ausgang des 𝑚ten Abschnitts zu bestimmen,wenden wir die Matrix ABCD𝑚 mal an,

⎡⎢⎣𝑦𝑚𝜃𝑚⎤⎥⎦ = ⎡⎢⎣A B

C D

⎤⎥⎦𝑚 ⎡⎢⎣𝑦0𝜃0

⎤⎥⎦ . (1.58)

Genauso können wir die Beziehungen

𝑦𝑚+1 = A𝑦𝑚 + B𝜃𝑚 (1.59)𝜃𝑚+1 = C𝑦𝑚 + D𝜃𝑚 (1.60)

iterativ anwenden, um (𝑦1, 𝜃1) aus (𝑦0, 𝜃0), (𝑦2, 𝜃2) aus(𝑦1, 𝜃1) usw. zu bestimmen, am einfachsten mithilfe ei-ner geeigneten Software.

Es wird sich als nützlich erweisen, Gleichungen her-zuleiten, die die Dynamik der Höhe 𝑦𝑚, 𝑚 = 0, 1, …, un-abhängig von den Winkeln 𝜃𝑚 beschreiben. Das könnenwir erreichen, indem wir 𝜃𝑚 aus den Gln. (1.59) und(1.60) eliminieren. Aus Gl. (1.59) erhalten wir

𝜃𝑚 = 𝑦𝑚+1 − A𝑦𝑚B

. (1.61)

Nun ersetzen wir in Gl. (1.61) 𝑚 durch 𝑚+ 1 und finden

𝜃𝑚+1 = 𝑦𝑚+2 − A𝑦𝑚+1

B. (1.62)

Durch Einsetzen der Gln. (1.61) und (1.62) in Gl. (1.60)bekommen wir𝑦𝑚+2 = 2𝑏𝑦𝑚+1 − 𝐹2𝑦𝑚 , (1.63)

wobei𝑏 = A + D2 , (1.64)𝐹2 = AD − BC = det[M] (1.65)

ist und det[M] die Determinante von M bedeutet.Gleichung (1.63) ist eine lineare Differenzgleichung

für die Strahlhöhe 𝑦𝑚. Sie kann iterativ gelöst werden,indem man 𝑦2 aus 𝑦0 und 𝑦1 berechnet, danach 𝑦3 aus𝑦1 und 𝑦2 und so weiter. Die Größe 𝑦1 kann mithilfe vonGl. (1.59) mit 𝑚 = 0 aus 𝑦0 und 𝜃0 berechnet werden.

Es ist jedoch hilfreich, durch Lösung der Differenz-gleichung (1.63) einen expliziten Ausdruck für 𝑦𝑚 anzu-geben. Genau wie bei Differentialgleichungen ist auchbei Differenzgleichungen eine Lösung eindeutig, wennsie die Differenzgleichung löst und die Anfangsbedin-gungen erfüllt. Wir können daher einen sinnvollen An-satz für die Lösung von Gl. (1.63) wählen. Wir verwen-den eine Probefunktion der geometrischen Form𝑦𝑚 = 𝑦0 ℎ𝑚 (1.66)

mit einer Konstante ℎ. Einsetzen von Gl. (1.66) inGl. (1.63) zeigt sofort, dass die Probefunktion geeignetist, sofern ℎ die quadratische algebraische Gleichungℎ2 − 2𝑏ℎ + 𝐹2 = 0 (1.67)

erfüllt, worausℎ = 𝑏 ± i√𝐹2 − 𝑏2 (1.68)

folgt.

y0

θ0 θ1 θm θm+1

m – 121 m + 1m

y1 ym ym+1...𝘈𝘊 𝘋𝘉𝘈𝘊 𝘋𝘉 𝘈𝘊 𝘋𝘉 𝘈𝘊 𝘋𝘉 𝘈𝘊 𝘋𝘉 Abb. 1.42 Eine Folge von identischenoptischen Systemen.

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24 1 Strahlenoptik

Wir können das Ergebnis in einer kompakteren Formangeben, indem wir die Variable𝜑 = cos−1(𝑏∕𝐹) (1.69)

definieren, sodass 𝑏 = 𝐹 cos𝜑,√𝐹2 − 𝑏2 = 𝐹 sin𝜑 und

daherℎ =𝐹(cos𝜑± i sin𝜑) = 𝐹 exp(±i𝜑) ist. Damit wirdGl. (1.66) zu 𝑦𝑚 = 𝑦0𝐹𝑚 exp(±i𝑚𝜑).

Eine allgemeine Lösung erhalten wir aus den beidenLösungen mit positivem und negativem Vorzeichen, in-dem wir eine passende Linearkombination bilden. DieSumme der beiden Exponentialfunktionen kann als har-monische (Kreis-) Funktion geschrieben werden, sodass𝑦𝑚 = 𝑦max𝐹𝑚 sin(𝑚𝜑 + 𝜑0) , (1.70)

wobei 𝑦max und 𝜑0 Konstanten sind, die aus den An-fangsbedingungen 𝑦0 und 𝑦1 bestimmt werden müssen.Für 𝑚 = 0 erhalten wir insbesondere 𝑦max = 𝑦0∕ sin 𝜑0.

Der Parameter 𝐹 hängt mit der Determinante derStrahltransfermatrix der einzelnen Einheiten durch 𝐹 =√

det[M] zusammen. Man kann zeigen, das unabhängigvon der Art der einzelnen Einheiten det[M] = 𝑛1∕𝑛2 gilt,wobei 𝑛1 und 𝑛2 die Brechungsindizes am Beginn undam Ende der Einheit sind. Dieses allgemeine Ergebniskann für die Strahltransfermatrizen aller in diesem Ab-schnitt diskutierten optischen Komponenten verifiziertwerden. Da die Determinante des Produkts zweier Ma-trizen gleich dem Produkt ihrer Determinanten ist, mussdie Beziehung det[M] = 𝑛1∕𝑛2 für jede beliebige Folgedieser optischen Komponenten gelten. Wenn zum Bei-spiel det[M1] = 𝑛1∕𝑛2 und det[M2] = 𝑛2∕𝑛3 ist, dann folgtsofort det[M2M1] = (𝑛2∕𝑛3)(𝑛1∕𝑛2) = 𝑛1∕𝑛3. In den meis-ten Anwendungen bestehen Anfang und Ende der Ein-heiten einfach aus Luft (𝑛 = 1) und es gilt 𝑛1 = 𝑛2, sodassdet[M] = 1 und 𝐹 = 1 ist. In diesem Fall ist die Lösungfür die Strahlhöhe𝑦𝑚 = 𝑦max sin(𝑚𝜑 + 𝜑0) . (1.71)

Wir werden im Folgenden𝐹= 1 annehmen. Die entspre-chende Lösung für den Strahlwinkel erhalten wir mithil-fe der Beziehung 𝜃𝑚 = (𝑦𝑚+1 −A 𝑦𝑚)∕B, die aus Gl. (1.59)folgt.

Bedingungen für einen harmonischen StrahlverlaufDamit 𝑦𝑚 eine harmonische (anstatt hyperbolische)Funktion ist, muss 𝜑 = cos−1 𝑏 reell sein. Dazu muss

|𝑏| ≤ 1 oder 12 |A + D| ≤ 1 (1.72)

gelten. Wenn stattdessen |𝑏| > 1 ist, ist 𝜑 imaginärund wir erhalten eine hyperbolische Funktion (coshoder sinh) als Lösung, die unbegrenzt ansteigt wie inAbb. 1.43(a). Eine harmonische Lösung stellt sicher,dass 𝑦𝑚 für alle Werte von 𝑚 beschränkt ist und einenMaximalwert 𝑦max besitzt. Die Schranke |𝑏| ≤ 1 liefertdaher eine Stabilitätsbedingung für den Strahlweg.

Da sowohl 𝑦𝑚 als auch 𝑦𝑚+1 harmonische Funktio-nen sind, gilt dies auch für den Strahlwinkel gemäßGl. (1.71), wie aus Gl. (1.61) und trigonometrischenIdentitäten folgt. Folglich ist 𝜃𝑚 = 𝜃max sin(𝑚𝜑 + 𝜑1),wobei die Konstanten 𝜃max und 𝜑1 aus den Anfangsbe-dingungen zu bestimmen sind. Der maximale Winkel𝜃max muss hinreichend klein sein, damit die paraxialeNäherung, die unserer Analyse zugrunde liegt, anwend-bar ist.

Bedingungen für einen periodischen StrahlverlaufDie harmonische Funktion (1.71) ist periodisch in𝑚, so-fern eine ganze Zahl 𝑠 existiert, sodass 𝑦𝑚+𝑠 = 𝑦𝑚 für al-le 𝑚. Die kleinste solche ganze Zahl ist die Periode. Indiesem Fall kehrt der Strahl nach 𝑠 Abschnitten auf sei-ne eigene Bahn zurück. Die Bedingung ist erfüllt, wenn𝑠𝜑 = 2π 𝑞 ist, wobei 𝑞 eine ganze Zahl ist. Eine notwen-dige und hinreichende Bedingung für eine periodischeBahn ist somit, dass 𝜑∕2π eine rationale Zahl 𝑞∕𝑠 sein

m(a)

(b)

(c)

ym

ym

ym

m

m

200 10

200 10

200 10

Abb. 1.43 Beispiele für Strahlverläufein optischen Systemen: (a) instabile Bahn(b > 1); (b) stabile periodische Bahn (𝜑 =6π∕11; Periode 11 Abschnitte); (c) stabilenichtperiodische Bahn (𝜑 = 1.5).

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251.4 Matrizenoptik

muss. Wenn z. B. 𝜑 = 6π∕11 ist, ist 𝜑∕2π = 3

11und die

Bahn ist periodisch mit einer Periode von 𝑠 = 11 Ab-schnitten. Dieser Fall ist in Abb. 1.43(b) dargestellt. InKapitel 7 beschäftigen wir uns ausführlicher mit peri-odischen optischen Systemen.

Beispiel 1-3: Eine Folge von äquidistanten identischenLinsenEine Folge von identischen Linsen der Brennweite 𝑓im Abstand d (Abb. 1.44) kann zur Führung von Lichtzwischen zwei Orten dienen. Die Grundeinheit, einfreier Raum der Länge d gefolgt von einer Linse, be-sitzt eine Strahltransfermatrix gemäß Gl. (1.51); A = 1,B = d , C = −1∕𝑓, D = 1 − d∕𝑓. Für den Parameter 𝑏gilt 𝑏 = 1

2(A + D) = 1 − d∕2𝑓, und die Determinante

ist 1. Die Stabilitätsbedingung für den Strahlverlauf,|𝑏| ≤ 1 oder −1 ≤ 𝑏 ≤ 1, lautet daher

0 ≤ d ≤ 4𝑓 ; (1.73)

der Abstand zwischen den Linsen muss also kleinersein als die vierfache Brennweite. Unter dieser Be-dingung folgen paraxiale Strahlen der harmonischenFunktion

𝑦𝑚 = 𝑦max sin(𝑚𝜑+𝜑0) , 𝜑 = cos−1 (1 − d2𝑓 ) . (1.74)

Für d = 2𝑓 ist 𝜑 = π∕2 und 𝜑∕2π = 1

4, und der Verlauf

eines beliebigen Strahls ist periodisch mit einer Peri-ode von vier Abschnitten. Für d = 𝑓 ist 𝜑 = π∕3 und𝜑∕2π = 1

6, und der Verlauf des Strahls ist periodisch

mit einer Periode von sechs Abschnitten. Diese Fällesind in Abb. 1.45 dargestellt.

f f

𝘥 𝘥f

𝘥Abb. 1.44 Eine periodische Folge von Linsen.

ZusammenfassungEin paraxialer Strahl (𝜃max ≪ 1), der eine Folge vonidentischen Systemen mit einer Strahltransfermatrix(A, B, C,D) mit AD− BC = 1 passiert, folgt einer harmoni-schen (und folglich beschränkten) Bahn, wenn die Sta-bilitätsbedingung | 1

2(A+D)| ≤ 1 erfüllt ist. Seine Position

nach dem 𝑚ten Abschnitt ist dann 𝑦𝑚 = 𝑦max sin(𝑚𝜑 +𝜑0), 𝑚 = 0, 1, 2, …, wobei 𝜑 = cos−1[ 1

2(A + D)] ist. Die

Konstanten 𝑦max und 𝜑0 sind durch die Anfangsbedin-gungen 𝑦0 und 𝑦1 = A𝑦0 + B𝜃0 bestimmt, wenn 𝜃0 derAnfangswinkel des Strahls ist. Die Winkel des Strahlshängen gemäß 𝜃𝑚 = (𝑦𝑚+1 − A𝑦𝑚)∕Bmit der Strahlhöhezusammen und werden durch eine harmonische Funk-tion 𝜃𝑚 = 𝜃max sin(𝑚𝜑+𝜑1) beschrieben. Der Strahlver-lauf ist periodisch mit einer Periode 𝑠, wenn 𝜑∕2π einerationale Zahl 𝑞∕𝑠 ist.

Übung 1-15: Eine periodische Folge von Paaren unter-schiedlicher LinsenBetrachten Sie den Verlauf von paraxialen Strahlendurch ein periodisches System, das aus einer Folgevon Linsenpaaren mit den alternierend angeordnetenBrennweiten𝑓1 und 𝑓2 besteht (Abb. 1.46). Zeigen Sie,dass der Strahlverlauf beschränkt (stabil) ist, wenn

0 ≤ (1 − d2𝑓1

) (1 − d2𝑓2

) ≤ 1 (1.75)

gilt.

f1 f2 f2 f2f1 f1

𝘥 𝘥 𝘥𝘥 𝘥 𝘥Abb. 1.46 Eine periodische Folge von Linsenpaaren.

(a)

(b)

𝘥

𝘥

Abb. 1.45 Beispiele für stabile Strahlverläu-fe in einem periodischen System aus Linsen:(a) d = 2f ; (b) d = f .

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26 1 Strahlenoptik

Übung 1-16: Ein optischer ResonatorParaxiale Strahlen werden wiederholt zwischen zweisphärischen Spiegeln mit den Radien 𝑅1 und 𝑅2 re-flektiert, die in einem Abstand d voneinander stehen(Abb. 1.47). Betrachten Sie diese Anordnung als pe-riodisches System, dessen Grundeinheit eine einzelneRunde des Strahls zwischen den Spiegeln ist. Bestim-men Sie die Stabilitätsbedingung für den Strahlverlauf.Mit optischen Resonatoren werden wir uns in Kapi-tel 11 genauer befassen.

R1

y1

y0

y2

z

R2

– θ0

θ1

θ2

𝘥Abb. 1.47 Ein optischer Resonator als periodisches opti-sches System.

Aufgaben

Aufgabe 1-1: Fermats Prinzip für maximale LaufzeitBetrachten Sie den elliptischem Spiegel aus Abb. 1.48(a),dessen Brennpunkte mit 𝐴 und 𝐵 bezeichnet sind. Ausgeometrischen Gründen ist die Länge der Strecke 𝐴𝑃𝐵identisch zu 𝐴𝑃′𝐵 und 𝐴𝑃′′𝐵 für benachbarte Punkte𝑃′ und 𝑃′′ auf der Ellipse. (a) Betrachten Sie nun einenanderen Spiegel mit einem kleineren Krümmungsradi-us als der elliptische Spiegel, der wie in Abb. 1.48(b) ge-

zeigt an einem Punkt𝑃 tangential an diesem anliegt. Zei-gen Sie, dass die Strecke 𝐴𝑃𝐵, die der Lichtstrahl auf sei-nem Weg von 𝐴 nach 𝐵 zurücklegt, jetzt ein Weg maxi-maler Zeit ist, d. h., die benötigte Zeit ist größer als fürdie benachbarten Wege𝐴𝑄′𝐵 und 𝐴𝑄′′𝐵. (b) BetrachtenSie schließlich einen Spiegel, der die Ellipse schneidet,aber in 𝑃 tangential an ihr liegt wie in Abb. 1.48(c) ge-zeigt. Zeigen Sie, dass die möglichen Strahlwege 𝐴𝑄′𝐵,𝐴𝑃𝐵 und 𝐴𝑄′′𝐵 einem Wendepunkt der Zeit bei Varia-tion von 𝑃 entsprechen.

Aufgabe 1-2: Durchgang durch ebene Platten(a) Verwenden Sie das snelliussche Gesetz, um zu zei-gen, dass ein Strahl, der durch eine ebene Platte mit derDicke d und dem Brechungsindex𝑛1 (in Luft, 𝑛 ≈ 1) hin-durchtritt, parallel zur Einfallsrichtung wieder austritt.Der Strahl muss dabei nicht paraxial sein. Leiten Sie ei-nen Ausdruck für die seitliche Versetzung des Strahls alsFunktion des Einfallswinkels 𝜃 her. Erklären Sie ihr Er-gebnis mithilfe von Fermats Prinzip. (b) Zeigen Sie, dassauch wenn die Platte durch einen Stapel von 𝑁 paralle-len Schichten mit den Dicken d1, d2, … , d𝑁 und den Bre-chungsindizes𝑛1, 𝑛2, … , 𝑛𝑁 ersetzt wird, der austretendeStrahl wieder parallel zum einfallenden Strahl ist. Zei-gen Sie weiter, dass wenn 𝜃𝑚 der Winkel des Strahls inder 𝑚ten Schicht ist, 𝑛𝑚 sin 𝜃𝑚 = sin 𝜃 gilt (𝑚 = 1, 2, …).

Aufgabe 1-3: Linse in WasserBestimmen Sie die Brennweite𝑓 einer bikonvexen Linsemit den Radien 20 cm und 30 cm und dem Brechungs-index 𝑛 = 1.5. Wie groß ist die Brennweite der Linse inWasser (𝑛 = 4

3)?

Aufgabe 1-4: Numerische Apertur einer nicht ummantel-ten FaserBestimmen Sie die numerische Apertur und den Akzep-tanzwinkel eines Lichtleiters mit einem Brechungsindexdes Kerns von 𝑛1 = 1.46, dessen Mantel entfernt (bzw.durch Luft ersetzt, 𝑛2 ≈ 1) wurde.

A B

PP′ P″

A B

P Q″ Q″

A B

PQ′Q′

(a) (b) (c)

Abb. 1.48 (a) Reflexion an einem elliptischen Spiegel. (b) Reflexion an einem einbeschriebenen tangentialen Spiegel mitgrößerer Krümmung. (c) Reflexion an einem tangentialen Spiegel, dessen Krümmung von konkav zu konvex wechselt.

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27Aufgaben

y

f

Faser

2a

Linse

Abb. 1.49 Bündelung von Licht in einenLichtleiter mithilfe einer Glaskugel.

Aufgabe 1-5: Kopplung von LichtleiternUm Licht in Lichtleiter ein- oder aus ihnen auszukop-peln, werden oft winzige Glaskugeln als Linsen verwen-det. Das Ende der Faser liegt dabei in einem Abstand 𝑓von der Kugel. Bestimmen Sie 𝑓 für eine Kugel mit demRadius 𝑎 = 1 mm und dem Brechungsindex 𝑛 = 1.8, so-dass ein zur optischen Achse paralleler Strahl in einemradialen Abstand von 𝑦 = 0.7 mm auf die Faser gebün-delt wird, wie in Abb. 1.49 dargestellt.

Aufgabe 1-6: Auskoppeln von Licht aus einem Mediummit großem BrechungsindexNehmen Sie an, dass Licht in einem Parallelepiped mitdem Brechungsindex 𝑛 = 3.7 erzeugt wird und sichisotrop ausbreitet (siehe Übung 1-7). Das Material sollvon Luft (𝑛 = 1) umgeben sein. (a) Welcher Anteil deserzeugten Lichts kann aus der Stirnseite des Parallelepi-peds ausgekoppelt werden, wenn alle Seiten bis auf dieStirnseite mit einem reflektierenden Material beschich-tet werden, das als idealer Spiegel wirkt? (b) Vergrößertsich der Anteil des ausgekoppelten Lichts, wenn dieFrontseite mit einem transparenten Material mit demBrechungsindex 𝑛 = 1.4 beschichtet wird?

Aufgabe 1-7: Platte mit axial variablem BrechungsindexEine Platte der Dicke d liegt senkrecht zur 𝑧-Achse. IhrBrechungsindex 𝑛(𝑧) ist in 𝑧-Richtung variabel. ZeigenSie, dass ein unter einem Winkel 𝜃0 in der 𝑦𝑧-Ebene ausLuft in die Platte einfallender Strahl an der Position 𝑧 inder Platte einen Winkel 𝜃(𝑧) besitzt, der die Beziehung𝑛(𝑧) sin 𝜃(𝑧) = sin 𝜃0 erfüllt. Zeigen Sie weiter, dass derStrahl parallel zum einfallenden Strahl austritt. Hinweis:Verwenden Sie die Ergebnisse aus Aufgabe 1-2. ZeigenSie, dass die Strahlhöhe 𝑦(𝑧) in der Platte die Differen-tialgleichung (d𝑦∕d𝑧)2 = (𝑛2∕ sin2 𝜃 − 1)−1 erfüllt.

Aufgabe 1-8: Strahlverläufe in Fasern mit variablemBrechungsindexBetrachten Sie eine Faser mit radial variablem Bre-chungsindex 𝑛(𝜌), 𝜌 = √𝑥2 + 𝑦2 um die 𝑧-Achse.(𝜌, 𝜙, 𝑧) sei der Ortsvektor in Zylinderkoordinaten. For-mulieren Sie die paraxiale Strahlengleichung (1.22) in

Zylinderkoordinaten und geben Sie Differentialglei-chungen für 𝜌 und 𝜙 als Funktionen von 𝑧 an.

Aufgabe 1-9: Die Strahltransfermatrix eines Linsen-systemsBestimmen Sie die Strahltransfermatrix eines optischenSystems aus einer dünnen Konvexlinse der Brennwei-te 𝑓 und einer dünnen Konkavlinse der Brennweite −𝑓in einem Abstand 𝑓. Diskutieren Sie die Abbildungsei-genschaften dieser zusammengesetzten Linse.

Aufgabe 1-10: Die Strahltransfermatrix einer Selfoc-PlatteBestimmen Sie die Strahltransfermatrix einer Selfoc-Platte [d. h. eines Materials mit parabolischem Index-profil, 𝑛(𝑦) ≈ 𝑛0(1 − 1

2𝛼2𝑦2)] der Dicke d .

Aufgabe 1-11: Eine Selfoc-Platte als periodisches SystemBetrachten Sie den Verlauf paraxialer Strahlen in einerSelfoc-Platte senkrecht zur 𝑧-Achse. Sie können die-ses System als periodisches System aus identischen mit-einander verbundenen Platten der Dicke d betrachten.Verwenden Sie das Ergebnis von Aufgabe 1-10 und ge-ben Sie die Stabilitätsbedingung für den Strahlverlaufan. Hängt die Bedingung von d ab?

Aufgabe 1-12: Rekursionsbeziehung für einen Resonatoraus ebenen SpiegelnBetrachten Sie einen optischen Resonator aus ebenenSpiegeln im Abstand d als periodisches optisches Sys-tem. Geben Sie die Strahltransfermatrix für die Grund-einheit dieses Systems an und zeigen Sie, dass 𝑏 = 1und 𝐹 = 1 ist. Zeigen Sie, dass die quadratische Glei-chung (1.67) in diesem Fall nur eine einzige Wurzelbesitzt, sodass die Höhe des Strahls dann der Beziehung𝛼 +𝑚𝛽 mit Konstanten 𝛼 und 𝛽 folgt.

Aufgabe 1-13: 4×4-Strahltransfermatrix für schiefverlaufende StrahlenMatrixmethoden lassen sich verallgemeinern, um auchschief zur optischen Achse verlaufende paraxiale Strah-len in zylindersymmetrischen oder astigmatischen(nicht zylindersymmetrischen) Systemen beschreiben

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28 1 Strahlenoptik

zu können. Ein Strahl, der die Ebene 𝑧 = 0 schneidet,wird allgemein durch vier Variablen beschrieben: dieKoordinaten (𝑥, 𝑦) seiner Lage in der Ebene und dieWinkel (𝜃𝑥, 𝜃𝑦) seiner Projektionen in die 𝑥𝑧- und 𝑦𝑧-Ebenen zur 𝑧-Achse. Auch der austretende Strahl istdurch vier Variablen charakterisiert, die linear mit denursprünglichen Variablen verknüpft sind. In der par-axialen Näherung kann das System daher vollständig

durch eine 4 × 4-Matrix be-schrieben werden. (a) GebenSie die 4 × 4-Strahltransferma-trix einer Strecke d im Vaku-um an. (b) Bestimmen Sie die4 × 4-Strahltransfermatrix ei-ner dünnen Zylinderlinse mitder Brennweite 𝑓, die entlangder 𝑦-Achse liegt. Die Zylinder-linse hat eine Brennweite 𝑓 fürStrahlen in der 𝑦𝑧-Ebene, be-sitzt aber keine Brechkraft fürStrahlen in der 𝑥𝑧-Ebene.

z

x

y

Weiterführende Literatur

Allgemeines

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