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Zukunftsmotor Innovation: Gemeinsam gestalten Landesfachkommission Wachstum und Innovation des Landesverbandes Hamburg Positionspapier zur Innovationspolitik www.wirtschaftsrat.de

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Zukunftsmotor Innovation: Gemeinsam gestalten - Positionspapier der Landesfachkommission Wachstum und Innovation des Wirtschaftsrates in Hamburg zur Innovationspolitik

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Zukunftsmotor Innovation:

Gemeinsam gestalten

Landesfachkommission Wachstum und Innovation des Landesverbandes Hamburg Positionspapier zur Innovationspolitik

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VORWORT

Deutschlands Chance heißt Innovation! Innovative Medikamente, mo-dernste Fahrzeug-, Medizin- und Umwelttechnik, Solar- und Windkraftan-lagen - Hightech made in Germany erobert die Welt. Wir sind Meister der Systeme und Vizeexportweltmeister im Technologiebereich. Wir haben eine exzellente Forschungslandschaft und einen starken industriellen Mittel-stand, der zu den innovativsten der Welt zählt. Das sichert unseren guten Ruf als Innovationsstandort der Spitzenklasse. Das sichert Wachstum, Arbeitsplätze und Wohlstand in unserem Land – ge-rade in Zeiten der Krise. Damit schaffen wir als erstes Industrieland der Welt die Energiewende. Das hilft uns gleichzeitig dabei, Antworten zu finden auf

die globalen und zunehmend komplexen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts: Klimawandel, Digitalisierung, alternde Gesellschaft, Sicherung von Energieversorgung, Ernährung und Weltfrie-den. Um all das zu schaffen, müssen wir unseren Konkurrenten im globalen Innovationswettlauf auch künftig immer eine Nasenlänge voraus sein und immer schneller, immer besser werden. Wir müs-sen mit immer neuen Hightech-Produkten, Verfahren und Dienstleistungen punkten - und mit hervorragenden Fachkräften, die sie entwickeln. Um innovationsfähig zu bleiben, hat die unionsgeführte Bundesregierung in den letzten zehn Jah-ren ihre Forschungsinvestitionen so stark gesteigert wie nie zuvor und eine umfassende Hightech-strategie aufgestellt. Gleichzeitig haben wir die Rahmenbedingungen innovationsfreundlicher ge-macht, vom Bürokratieabbau über die Förderung von Start-ups, privatem Wagniskapital und Technologietransfer bis hin zu Qualifizierungsoffensive, Exzellenzinitiative und Hochschulpakt. Um Forschungsergebnisse noch effizienter und schneller in die Märkte zu bringen, fördern wir ganz besonders die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft. Strategische Innovations-allianzen, regionale Cluster rund um Spitzenuniversitäten und Forschungsinstitutionen - das sind geradezu Brutstätten für Innovation. Was für ganz Deutschland gilt, gilt auch für Hamburg: Bei dem Erreichten dürfen wir nicht ste-henbleiben. Chancen hat heute nur der, der sich immer wieder neu erfindet, der konsequent auf Innovationen setzt und davon auch die Menschen überzeugt. Der Wirtschaftsrat ist mit seinen Vorschlägen für einen neuen Innovationsmasterplan für Hamburg am Puls der Zeit. Ich wünsche besten Erfolg für die Umsetzung. Dr. Heinz Riesenhuber MdB Bundesforschungsminister a.D.

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Eine leistungsfähige Innovationslandschaft ist der Motor jeder wirtschaftli-chen Entwicklung. Im Kontext der Globalisierung von Märkten, Technolo-gien und Geschäftsmodellen bedeuten Innovationen Alleinstellungsmerk-male, die den entscheidenden Vorsprung zur erfolgreichen Vermarktung von Waren und Dienstleistungen gegenüber wachsender Konkurrenz und Wettbewerb sicherstellen. Gleichzeitig tragen Innovationen dazu bei, den demographischen Wandel zu meistern.

Die Verantwortlichen in der Hamburger Politik, den Behörden und der Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, diesen Wandel

aktiv und positiv mitzugestalten! Der fortschreitende Übergang von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft macht es er-forderlich, sich stärker denn je um die Mobilisierung und Integration aller gesellschaftlichen Kräfte zu bemühen. Es gilt, junge und begabte Hamburger in diesen Prozess einzubinden und gleichzeitig talentierte Menschen aus der ganzen Welt anzuziehen. Hamburgs Verantwortliche stehen hier vor gewaltigen Herausforderungen. Ein enormes Zukunftspotential bergen die Hamburger Hochschulen: Sie sind Exzellenzschmieden und Zentren von Ausgründungen, aber auch Standortfaktoren, die ein innovatives, kreatives und weltoffenes Leben fördern. Im Wintersemester 2012/2013 waren fast 91.000 Studenten an den 19 staatlichen und staatlich anerkannten Hamburger Hochschulen eingeschrieben. Mit Hilfe ange-wandter Forschung müssen nachweislich innovative Ideen weiterentwickelt und in die Wirtschaft getragen werden. Bedauerlicherweise hat Hamburg in den letzten zehn Jahren im bundesdeutschen Vergleich mas-siv an Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit verloren. Der relative Bedeutungsverlust erstreckt sich über eine ganze Reihe von Indikatoren, die belegen, dass sich Hamburgs Zukunftschancen anhaltend verschlechtert haben. In Sorge um die Zukunftsfähigkeit der Hansestadt hat die Landesfachkommission Wachstum und Innovation des Wirtschaftsrates Hamburg dieses Positionspapier verfasst. Es richtet sich an Ent-scheidungsträger in Politik, Behörden und Wirtschaft. Ziel ist es, auf aktuelle Probleme der Inno-vationslandschaft Hamburgs hinzuweisen sowie realistische und politisch umsetzbare Lösungs-vorschläge zu unterbreiten.

Dr. Hubert Baltes Vorsitzender der Landesfachkommission

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ÜBERSICHT

1. WO STEHEN WIR HEUTE? ................................................................................................................................... 5

2. WAS MÜSSEN WIR TUN? .................................................................................................................................... 7

2.1 Konzentration und Fokussierung ................................................................................................................. 7

2.1.1 Ausbau der Cluster .................................................................................................................................... 7

2.1.2 Ergänzung der Clusterpolitik durch Instrumente der Industriepolitik ...................................... 8

2.1.3 Einbindung der Nachbarländer ............................................................................................................. 8

2.1.4 Forderungen des Wirtschaftsrats .......................................................................................................... 8

2.2 Exzellenz und Profil an Hochschulen ........................................................................................................... 9

2.2.1 Exzellenz in Schwerpunktthemen ......................................................................................................... 9

2.2.2 Profilbildende Maßnahmen .................................................................................................................... 9

2.2.3 Internationalisierung .............................................................................................................................. 10

2.2.4 Anreizsysteme und Sicherstellung der Finanzierung .................................................................... 10

2.2.5 Forderungen des Wirtschaftsrats ........................................................................................................ 10

2.3 Gelebter Technologietransfer ...................................................................................................................... 10

2.3.1 Zügiger Ausbau von Technologieparks .............................................................................................. 11

2.3.2 Ansiedlung anwendungsnaher Forschungsinstitute .................................................................... 11

2.3.3 Unterstützung bei der Positionierung ............................................................................................... 11

2.3.4 Forderungen des Wirtschaftsrats ........................................................................................................ 11

2.4 Strategie gegen den Fachkräftemangel .................................................................................................... 12

2.4.1 Gesellschaftliches Umfeld und Immigration ................................................................................... 12

2.4.2 Qualifikation und Steigerung des Fachkräftepotenzials .............................................................. 12

2.4.3 Qualifizierte Immigration ..................................................................................................................... 12

2.4.4 Forderungen des Wirtschaftsrats ........................................................................................................ 13

3. FAZIT ...................................................................................................................................................................... 13

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1. WO STEHEN WIR HEUTE? Im Vergleich zu anderen Regionen hat Hamburg in der letzten Dekade massiv an Innovations- und damit Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Nahm Hamburg in der Kategorie „Innovation“ im Jahre 2004 noch Rang drei im „Prognos Zukunftsatlas“ ein, steht es heute nur noch auf Position acht. Bei der Bewertung „Zu-kunftschancen insgesamt“ ist die Hansestadt auf Platz 32 abgerutscht. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung sind die auf breiter Front durchschnittlichen Hochschul-leistungen. So liegt etwa die Drittmitteleinwerbung im unteren bundesdeutschen Mittelfeld und kann von Leuchtturmprojekten nicht kompensiert werden. Erhielt Hamburg in den ersten beiden Stufen der Ex-zellenzinitiative 34 Millionen € an Bundesförderung, waren es allein in Kiel 80 Millionen und in Baden-Württemberg 545 Millionen €, das heißt pro Profes-sur vier- bis sechsmal so viel wie in Hamburg. Es ist absehbar, dass diese Verteilung von Mitteln der Ex-zellenzinitiative bis ins Jahr 2017 und darüber hinaus zementiert werden wird. Hinzu kommt, dass die finanziellen Mittel des Hamburger Hochschulsystems nicht der Inflation angepasst werden. Eine in vielen Fällen unzureichende Ausstattung lässt keinen Raum für Inves-titionen in visionäre Forschung. Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt sind die Bildungsausga-ben in Hamburg mit Abstand die niedrigsten in ganz Deutschland. Trotzdem leistet sich die Han-sestadt eine überdimensionierte und wenig effiziente Wissenschaftsverwaltung. Innovation geht nicht nur von den Hochschulen aus. Sie entsteht vor allem an der Schnittstelle zwischen Forschung und Anwendung, das heißt im Kontext von Technologietransfer, der beson-ders von anwendungsnahen Forschungsinstituten geleistet wird. Aber auch hier ergibt sich ein negatives Bild: Während in Hamburg lediglich 150 bis 200 Wissenschaftler und Ingenieure in der anwendungsnahen Forschung tätig sind, arbeiten in Freiburg an fünf Fraunhofer-Instituten rund 2.500 Beschäftigte. Ein weiterer Indikator für den massiven Nachholbedarf Hamburgs ist das Zentrale Innovations-programm Mittelstand (ZIM), ein Förderprogramm für mittelständische Unternehmen und mit diesen kooperierenden wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen. Bei den bewilligten ZIM-Mit-teln belegt Hamburg den drittletzten Platz unter allen Bundesländern. Bezogen auf die Einwoh-nerzahl rangiert die Hansestadt auf dem viertletzten Platz (Stand: 31. Dezember 2013).

Hamburg im Prognos Zukunftsatlas (Städteranking)

Kategorie 2004 2013

Trend

Innovation

3 8

Dynamik

38 59

Stärke

16 32

Demographie

52 71

Soziales u. Wohlstand

424 373

Arbeitsmarkt

30 32

Zukunftschancen insgesamt

20 32

Städte insgesamt 439 402

Quelle: Prognos Zukunftsatlas 2004, 2013

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Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

Die Stadt Berlin finanziert eine blühende Gründerlandschaft zu großen Teilen aus Bundesmitteln. Weder existiert in Hamburg eine solche Start-up-Szene, noch wird sie ausreichend gefördert. Uni-versitätsnahe Räumlichkeiten stehen Unternehmen kaum zur Verfügung. Hat Berlin zwischen 2007 und 2012 mehr als 150 Gründungsvorhaben aus dem EXIST-Seed und dem EXIST-Gründungs-stipendium des Bundes finanziert, sind es in Hamburg lediglich 16. Abseits der klassischen Hamburger Schwerpunktthemen Hafen, Luftfahrt und Logistik sind wei-tere Cluster, insbesondere Life Sciences und Informationstechnologie, stärker zu profilieren. Eine enge Kooperation mit Akteuren und deren Know-how aus dem direkten Umland findet nur in An-sätzen statt. Bei ihren Bemühungen darf sich die Hansestadt nicht allein auf rein technologische Innovationen beschränken. Internationale Studien belegen, dass es vor allem nicht-technologische Innovationen sind, die in Hochwachstumsbereichen überproportional vertreten sind. Natürlich stellen auch die demographische Entwicklung und Fragen der Immigration und Integra-tion Hamburg vor große Herausforderungen. Bereits 2020 wird jeder zweite Hamburger unter 18 Jahren einen Migrationshintergrund haben. Insbesondere eine berufsbildende Qualifikation so-wie deutsche und englische Sprachkenntnisse sind unabdingbare Faktoren für die Integration in die Gesellschaft und in die Arbeitswelt.

20,6

41,4

43,3

48,3

84,0

97,0

152,6

154,9

186,9

203,7

255,0

302,5

392,9

529,1

579,0

691,8

0 100 200 300 400 500 600 700 800

Saarland

Bremen

Hamburg

Schleswig-Holstein

Mecklenburg-Vorpom.

Rheinland-Pfalz

Hessen

Sachsen-Anhalt

Brandenburg

Niedersachsen

Thüringen

Berlin

Bayern

Nordrhein-Westfalen

Sachsen

Baden-Württemberg

Bewilligte ZIM-Fördermittel nach Bundesländern in Millionen €(Stand: 12. Januar 2015)

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2. WAS MÜSSEN WIR TUN? Hamburg benötigt einen ausformulierten Masterplan für eine Industrialisierung, in den die Hoch-schulen und Unternehmen eingebunden sind. Diese sollen gemeinsam eine wahrnehmbare Größe in zukunftsträchtigen Bereichen schaffen, auf die eine weitere Entwicklung aufbauen kann. Beim Übergang von einer Hafenstadt zu einer Wissensmetropole spielen die angewandten Wissen-schaften sowie die Rechts- und Sozialwissenschaften eine essenzielle Rolle. Städte wie Rotterdam oder Boston haben diesen schon lange vollzogen. Hochschulen und Forschungsinstitute müssen als wesentliche Instrumente der Stadtentwicklung begriffen werden. Zukunftsthemen wie der ra-sant wachsende Online-Markt, Industrie 4.0, Life Sciences, Nanotechnologie und deren Umsetzung in verkaufsfähige Produkte und Dienstleistungen sollten viel stärker in den Fokus rücken. Nur so können Chancen, die sich in diesen Bereichen bieten, tatsächlich genutzt werden. Dies erfordert die Suche nach den besten Köpfen. Notwendig ist weiterhin eine ausreichende Zahl von qualifizierten Facharbeitern und Dienstleistern. Ein dafür prädestiniertes Immigrationspro-gramm könnte helfen. Die Lösung dieser Zukunftsfragen wird nicht ohne einen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Diskurs möglich sein. Das Ziel muss sein, Hamburg bis zum Jahre 2030 internationale Geltung als Wissenschaftsstandort zu verschaffen.

2.1 Konzentration und Fokussierung Hamburg sollte seine Stärken weiter ausbauen und gleichzeitig neue, attraktive Märkte erschlie-ßen. Innerhalb der bereits identifizierten, zukunftsweisenden Cluster müssen entlang der Wert-schöpfungsketten Defizite ausgemacht und konkrete Ausgleichsmaßnahmen erarbeitet und um-gesetzt werden. Die künftige Position Hamburgs muss das Resultat eines Ausbaus von Exzellenz sein. Es darf nicht das Prinzip „Masse statt Klasse“ gelten. Die fachliche Exzellenz hat höchste Priorität! Insbesondere im Hochschulbereich darf nicht die Verwaltung eines finanziellen Notstandes im Vordergrund stehen, sondern die Gestaltung von Zukunftsthemen muss in den Fokus rücken.

2.1.1 Ausbau der Cluster Das Know-how von Firmen, Universitäten, Forschungseinrichtungen und externen Experten zum Thema Innovation muss gebündelt und der Diskurs der Akteure belebt werden. Zum Beispiel im Rahmen der Innovationsallianz, deren Aktivitäten in den vergangenen zwei Jahren nicht mehr wahrnehmbar waren. Dies ist notwendig, um die Qualität und Geschwindigkeit von Innovations-prozessen zu erhöhen. Hierbei müssen spezifische Trends berücksichtigt werden.

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Erst die Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette erlaubt es, Lücken in der Forschung und deren Umsetzung zu erkennen sowie Mängel auszuräumen. Zukunftsmärkte müssen dabei im Mittelpunkt stehen.

2.1.2 Ergänzung der Clusterpolitik durch Instrumente der Industriepolitik Eine innovationsorientierte Industrie,- Mittelstands- und Dienstleistungspolitik sollte die Cluster-politik unterstützen, indem zum Beispiel für die Ansiedlung von Unternehmen in dem jeweiligen Schwerpunktbereich Anreize geschaffen werden. Erst durch Erreichen einer ausreichenden Anzahl von Akteuren ist zu erwarten, dass ein Cluster aus sich selbst heraus wachsen kann. Hierzu ist grundsätzlich eine detaillierte Analyse der Stärken und Schwächen von Exzellenzen erforderlich. Die gesamte Wertschöpfungskette ist zu betrachten, um etwa Erfordernisse bei der Ansiedlung, in der Lieferkette oder der Logistik zu identifizieren und Defizite effektiv zu beseitigen.

2.1.3 Einbindung der Nachbarländer Die Einbindung unserer Nachbarländer in ein gemeinsames Innovationskonzept würde nicht nur die Anzahl der Akteure, Einrichtungen und Unternehmen in den einzelnen Branchen deutlich er-höhen, sondern ebenso die Sichtbarkeit der Anstrengungen. Eine Reihe vielversprechender An-sätze, wie die Etablierung landesübergreifender Einrichtungen, bergen großes Potenzial und wer-ben für die engere Zusammenarbeit. Eine gezielte Abstimmung und länderübergreifende Förder-programme unterstützen diese Entwicklung.

2.1.4 Forderungen des Wirtschaftsrats Wiederbelebung der Innovationsallianz Schaffung von Anreizen für die Ansiedlung von Unternehmen in den noch

auszubauenden Clustern Länderübergreifende Förderprogramme aus Landesmitteln unter Einbindung von

Investorenkapital Umsetzung der Clusterpolitik entlang der gesamten Wertschöpfungskette Intensivierung überregionaler und parteiübergreifender Fachgespräche zur

Zukunftsentwicklung Hamburgs, der Metropolregion und Schleswig-Holsteins Schaffung von Instrumenten zur Bewertung und Förderung von

Dienstleistungsinnovationen

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2.2 Exzellenz und Profil an Hochschulen Exzellenz ist eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung von Innovationen. Erst mit herausra-genden Forschungsergebnissen und originären Ideen werden die Grundlagen für neue Produkte, erfolgreiche Geschäftsmodelle und Firmen gelegt. Die Forschungseinrichtungen der großen Unternehmen in der Metropolregion sollten in eine ver-antwortliche Wissenschaftspolitik eingebunden werden. Öffentliche und private Hochschulen könnten in der Landeshochschulkonferenz und im Wissenschaftsrat gleichberechtigt sein. Der Grundkonsens für eine erfolgreiche Wissenschaftspolitik basiert auf dem gegenseitigen Ver-trauen der Akteure. Statt eine Diskussion über die Eingrenzung der Hochschulautonomie zu füh-ren, kann an einer sinnvollen Einbindung der Hochschulen in die Clusterpolitik gearbeitet werden. Die Aufgaben der zuständigen Behörden müssen sich auf die Rechtsaufsicht beschränken.

2.2.1 Exzellenz in Schwerpunktthemen Die Fakultäten Chemie und Physik der Universität Hamburg haben international einen guten Ruf. Eine Exzellenzinitiative sollte auf diesen Instituten aufbauen und von der Technischen Universität Hamburg-Harburg, der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg sowie der Hafen-City Universität Hamburg um Produkt- und Ingenieurskompetenz ergänzt werden. Außerdem wäre zu überprüfen, wie das Deutsche Elektronen-Synchrotron einer Exzellenzinitiative ange-schlossen werden könnte. Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, könnte zum Exzellenz-kern für die Life Sciences werden. Das Management einer Exzellenzinitiative benötigt neben eigener fachlicher und ökonomischer Kompetenz auch ein Mitspracherecht bei Personalfragen, das heißt bei der Auswahl von geeigne-ten Wissenschaftlern. Die Auswahlkriterien sollen sich ausschließlich an der internationalen Re-putation der Wissenschaftler orientieren. Quotierungen haben zu unterbleiben.

2.2.2 Profilbildende Maßnahmen Hochschulen sollen grundsätzlich in kleinen Einheiten (Instituten) mit einem eigenen Profil orga-nisiert sein. Die Wissenschaftler beziehungsweise deren Institute sollten sich als eigenständige „Business Units“ selbst verwalten. Sie nehmen Forschungsaufgaben also autonom wahr und arbeiten in der Lehre mit Studiendekanaten zusammen. Diese wiederum organisieren selbstständig die Lehre und greifen auf die Ressourcen der Institute zurück. Es gehört zu den Dienstaufgaben der Profes-soren, in den Dekanaten mitzuwirken. Lehre und Forschung finden also in Form einer Matrixorga-nisation statt. Fachlich verwandte Institute und Studiengänge bilden Fakultäten, deren Dekane und Prodekane aus dem Kreis der Institutsleiter und Studiendekane von den Mitgliedern der Hoch-schule gewählt werden.

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2.2.3 Internationalisierung Ein Schlüssel zum Erfolg der Hamburger Hochschulen liegt in der Internationalisierung. Eine trans-parente Anerkennung von Studienleistungen aus dem Ausland ist eine notwendige Vorausset-zung für die internationale Attraktivität Hamburgs und seiner Hochschulen. Gleiches gilt für das Angebot englischsprachiger Studiengänge und Vorlesungen, internationale Doktoranden-Pro-gramme und Graduiertenkollegs auf internationalem Niveau. Auslandserfahrung ist ein wesent-liches Berufungskriterium. Nicht zuletzt müssen die anerkannten Forschungserfolge von Hambur-ger Wissenschaftlern auf internationalen Hochschulbörsen und in Fachblättern herausgestellt werden.

2.2.4 Anreizsysteme und Sicherstellung der Finanzierung Für die Sanierung und den Erhalt der Hochschulinfrastruktur müssen umgehend die entsprechen-den Mittel zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus ist es jedoch ein erfolgloser Weg, die Unterfinanzierung des Hochschulsystems zu beklagen und mehr Mittel zu fordern. Vielmehr müssen die vorhandenen Ressourcen konzentriert und möglichst effizient eingesetzt werden (s. Kapitel 2.2.1). An Forschungseinrichtungen mit Weltruf, wie dem Bernhardt-Nocht-Institut für Tropenmedizin, erfolgt die Mittelvergabe leistungsorientiert. Dieses Erfolgsprinzip sollte auch an den Hamburger Hochschulen eingeführt werden. Zudem müssen Anreize für den Technologietransfer geschaffen werden (s. Kapitel 2.3).

2.2.5 Forderungen des Wirtschaftsrats Verlässliche Finanzierung und volle Budgetverantwortung der Hochschulen Reduktion des Behörden- und Verwaltungseinflusses Hochschulorganisation in kleinen, selbstständigen Einheiten Internationalisierung Leistungsorientierte Mittelvergabe

2.3 Gelebter Technologietransfer Die Zielsetzung von Clusterpolitik ist, Themen zu identifizieren und sinnvoll miteinander zu ver-knüpfen. Die Prüfung der Umsetzbarkeit einer Idee, die Einschätzung des Marktpotenzials oder die Beurteilung der Patentsituation sind Aufgaben, die von Hochschulen nicht allein erfüllt wer-den können. Hier sind Kooperationen mit Unternehmen dringend gefordert. Um Marktnähe zu gewährleisten, kann die Clusterorganisation bei einem Branchendienstleister (etwa einem Fachverband) angesiedelt sein. In den marktfernen Gliedern der Wertschöpfungs-kette werden Anreize für den Technologietransfer geschaffen.

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2.3.1 Zügiger Ausbau von Technologieparks Lübeck etwa errichtet im Technologiepark „Innovation Campus" und an anderen Standorten seit 25 Jahren alle 24 Monate ein vierstöckiges Gebäude für Start-up-Unternehmen. In Hamburg wird dagegen kaum Raum für die konzentrierte Ansiedlung neuer und innovativer Firmen zur Verfü-gung gestellt. Dabei binden Start-ups Wissen und tragen zur Bildung von Gewerbe und Industrie-unternehmen bei. Sie tragen die Ideen und Forschungsergebnisse der Hochschulen und For-schungsinstitute in den Markt.

2.3.2 Ansiedlung anwendungsnaher Forschungsinstitute Mit einer laufenden Finanzierung, die zu 70 Prozent über Industrieprojekte und zu 27 Prozent vom Bund getragen wird, sind Fraunhofer-Institute die finanziellen Hebel im Forschungshaushalt eines Landes. In den nächsten Jahren wird Hamburg insignifikante 6,5 Millionen € in drei Fraunhofer-Arbeitsgruppen externer Institute investieren. Die Gründung und Ausstattung dreier vollwertiger Institute in Hamburg würde mit 150 bis 240 Millionen € zu Buche schlagen, also dem 30-fachen des oben genannten Betrages – dies entspricht maximal den Mitteln des Hamburger Busbeschleunigungsprogramms. Mit Nachdruck ist daher die Ansiedlung und Finanzierung vollwertiger Fraunhofer-Institute zu fordern.

2.3.3 Unterstützung bei der Positionierung Generell fehlt den Clustern und der Politik in Hamburg ein Instrument zur Bewertung von Märkten und zur Positionierung von Technologien und Dienstleistungen. Tragfähige Zukunftsstrategien sind nicht zu erkennen. In großen, international agierenden Unternehmen beschäftigen sich ganze Abteilungen mit die-sen Themen. Im süddeutschen Raum beauftragen Universitäten externe Dienstleister mit diesen Fragen. Davon sind die Hochschulen der Hansestadt weit entfernt. Das Unternehmen „Hamburg“, also die Cluster Hamburgs, müssen diese Themen ernst nehmen und ihnen gerecht werden. Die Cluster sollten Think-Tanks zur Strategieentwicklung organisieren oder ausschreiben.

2.3.4 Forderungen des Wirtschaftsrats Ansiedlung anwendungsnaher Forschungsinstitute mit solider Grundfinanzierung Zügiger Aufbau von Technologieparks Stärkung der Cluster durch Organisation von Think-Tanks und Anbindung

an Branchendienstleister

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2.4 Strategie gegen den Fachkräftemangel Die Deckung des Fachkräftebedarfs muss in einem langen Prozess vom Kindesalter an erfolgen. Es bedarf schon heute der Investition in Bildung, um in Zukunft ein großes Potenzial an Fachkräften zu haben. Dabei muss fließend den gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung getragen werden.

2.4.1 Gesellschaftliches Umfeld und Immigration Hamburgs gesellschaftliche Struktur hat sich unter anderem durch demographische Veränderun-gen und Immigration gewandelt. Besorgniserregend ist der Trend, dass immer mehr Menschen über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen. Mit anerkannten Qualifikationen und aus-reichenden Sprachkenntnissen sinkt die Gefahr von Arbeitslosigkeit und dauerhafter Abhängig-keit von staatlichen Sozialleistungen.

2.4.2 Qualifikation und Steigerung des Fachkräftepotenzials Bildungsausgaben sind Investitionen, die sich in der Zukunft auszahlen. Ausgaben für Sozialtrans-fers lassen hingegen keinen Rückfluss erwarten. Möglichst wenige Menschen dürfen also in die dauerhafte Abhängigkeit von Sozialleistungen geraten. Die beste Prävention ist eine gute früh-kindliche Erziehung und eine erfolgreich abgeschlossene Schulbildung. Bildungswege müssen einerseits flexibel sein, um den Ansprüchen der jungen Generation entge-genzukommen. Andererseits müssen die Anforderungen der Wirtschaft Berücksichtigung finden. Deshalb gilt es, neue Anforderungen und Berufsbilder zu erkennen und in das Ausbildungsange-bot aufzunehmen sowie Talente zu fördern.

2.4.3 Qualifizierte Immigration Wir müssen uns öffnen für qualifizierte Immigration. In Deutschland mangelt es in vielen Sparten an Expertise, die für wirtschaftlichen Erfolg aber dringend notwendig ist. Dies gilt insbesondere im IT- und Internetbereich. Dieser wird bisher stark von Experten aus dem asiatischen Raum ge-prägt. Immigrationspolitik muss als Instrument begriffen werden, um qualifizierte, begabte und krea-tive junge Menschen nach Hamburg zu holen. Deshalb ist es notwendig, die Zuwanderung von Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten attraktiver und einfacher zu gestalten. Es sollte gelingen, mehr ausländische Studenten nach ihrem Studium in Hamburg zu halten und ihre Fachkenntnisse einzubringen. Auch ausländische Auszubildende sollten verstärkt angewor-ben und qualifizierte ausländische Berufsabschlüsse einfacher anerkannt werden. Nicht zuletzt sollten hochqualifizierte Deutsche, die im Ausland arbeiten, systematisch zurückgewonnen wer-den.

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2.4.4 Forderungen des Wirtschaftsrats Stärkung der frühkindlichen Betreuungssysteme und Bildungsangebote Einfachere Anerkennung qualifizierter ausländischer Berufsabschlüsse, insbesondere

von modularen Teilqualifikationen und Weiterbildungsabschlüssen Verpflichtende Sprachförderung von Menschen mit Migrationshintergrund in

frühester Kindheit beziehungsweise unmittelbar nach der Zuwanderung Förderung einer qualifizierten Immigration

3. FAZIT Um die skizzierten Herausforderungen zu meistern, fordert der Wirtschaftsrat Hamburg den kon-sequenten Ausbau und die Belebung der Cluster durch die Innovationsallianz. In den Clustern müssen Anreize zur Ansiedlung von Unternehmen geschaffen werden. Länderübergreifende För-derprogramme aus Landesmitteln sowie überregionale und parteiübergreifende Gespräche zur Zukunftsentwicklung der Region sind unbedingt erforderlich. Nicht zuletzt braucht es Instru-mente, um auch Innovationen im wichtigen und bisher vernachlässigten Dienstleistungssektor angemessen bewerten und fördern zu können. Exzellenz und Profil der Hochschulen sind Schlüsselfaktoren, um die Attraktivität des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandorts Hamburg zu erhöhen. Neben der Exzellenz in den Schwerpunktthemen Hafen, Luftfahrt und Logistik tragen dazu profil-bildende Maßnahmen, Internationalisierung und Anreizsysteme bei: Die Hochschulen müssen bei voller Budgetverantwortung auf eine verlässliche und ausreichende Finanzierung bauen können. Der überbordende Behördeneinfluss muss minimiert werden. Die Organisation in kleinere, selb-ständige Einheiten („Business Units“) sollte die Hochschulen bei der Profilbildung und der Inter-nationalisierung unterstützen. Zum Erfolg des Unternehmens „Hamburg“ tragen eine leistungs-orientierte Mittelvergabe und Anreize zum Technologietransfer bei. Der Technologie- und Ideentransfer muss durch den zügigen Ausbau von Technologieparks und die Ansiedlung anwendungsnaher Forschungsinstitute intensiviert werden. Die Cluster könnten durch die Organisation von Think-Tanks und die Anbindung an Branchendienstleister gestärkt werden. Um das Fachkräftepotenzial zu steigern, wird die Förderung einer fachgerechten und qualifizier-ten Immigration gefordert. Frühkindliche Betreuungssysteme und Bildungsangebote müssen ge-stärkt werden. Insbesondere die Sprachförderung von Menschen mit Migrationshintergrund in frühester Kindheit ist essenziell für ihre spätere Integration in die Arbeitswelt.

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Landesfachkommission Wachstum & Innovation

Innovation ist der Motor unserer Volkswirtschaft, Wachstum ist ihr Benchmark. Allein der Erfolg in beiden Disziplinen rechtfertigt Forschung, Entwicklung, Produktion und Dienstleistung in einer Hochpreis-Ökono-mie wie der Hamburgs und stärkt den Standort gegen wachsende Konkurrenz - eine Herausforderung, die wir als Chance begreifen müssen! Die Gestaltung dieser Chancen ist das Kernanliegen der Landesfachkom-mission Wachstum & Innovation des Wirtschaftsrats Hamburg. Sie möchte Lösungen anregen, die von den Mitgliedern des Wirtschaftsrats selbst initiiert werden, um zu Gemeinschaftsinitiativen der Wirtschaft zu führen.

Die Landesfachkommission „Wachstum & Innovation“ des Wirtschaftsrats Hamburg präsentiert das Posi-tionspapier Zukunftsmotor Innovation: Gemeinsam gestalten.

Mitglieder der Landesfachkommission:

Dr. Hubert Baltes, Ulrich Bendfeldt, Prof. Dr. Reiner Brehler, Uwe Hahlbrock, Leander L. Hollweg, Inez Jürgens M.A., Thomas Kopsch, Matthias C. Lischke, Wilfried H.H. Remmers, Marco Schmidt, Dr. Frank Schröder-Oyen-hausen, Niklas Wilke, Prof. Dr. Wolfgang Winkler

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Verantwortlich: Hauke Harders, Landesgeschäftsführer Gestaltung und Abwicklung: Christian Ströder, Referent für Wirtschaftspolitik Herstellung: COPY-DRUCK Gesellschaft für Digital- und Offsetdruck mbH

© Wirtschaftsrat, Januar 2015 Wirtschaftsrat der CDU e.V. Landesverband Hamburg Colonnaden 25, 20354 Hamburg Telefon: 040 / 30 38 10 49 Telefax: 040 / 30 38 10 59 Internet: http://hamburg.wirtschaftsrat.de E-Mail: [email protected]

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