4 Berechnung von Stromkreisen bei Gleichstrom€¦ · RRRR RR R RR RR q a ia a q ia a i a ia ia a i...

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54 I 1 I 2 I 3 I 4 I 5 I I I I I oder allgemein I v v n 1 2 3 4 5 1 0 0 + + = = = 4 Berechnung von Stromkreisen bei Gleichstrom In diesem Kapitel werden stationäre Vorgänge beschrieben, die sich in elektrischen Stromkreisen ergeben. Stationär soll heißen, dass ein Zustand betrachtet wird, der sich ergibt, wenn man nach dem Einschalten so lange abwartet, bis alle evtl. auftretenden Ausgleichsvorgänge abgeklungen sind. Dies betrifft besonders Schaltungen, in denen Energiespeicher enthalten sind, also Kondensatoren oder Spulen. Die verwendeten Quellen liefern konstante Spannungen und Ströme. Viele Ergebnisse, die hier gewonnen werden, sind jedoch übertragbar auf dynamische Vorgänge und auf Schaltungen, die mit Wechselstrom betrieben werden. 4.1 Kirchhoff´sche Gesetze Häufig sind elektrische Netze verzweigt und vermascht (daher auch der Name Netze). Zur mathematischen Beschreibung sind daher das 1. und 2. Kirchhoff´sche Gesetz von fundamentaler Bedeutung. Als erstes lernen wir den Knotenpunkt-Satz oder das 1. Kirchhoff´sche Gesetz kennen. Dazu betrachten wir das folgende Bild. Bild 4.1: Knotenpunkt Wie wir wissen, handelt es sich beim elektrischen Strom um den Transport von Ladungsträgern. Wenn in den obigen Knotenpunkt, der die Verbindungsstelle mehrerer elektrischer Leiter darstellt, von verschiedenen Stellen eine bestimmte Anzahl von Ladungsträgern pro Zeiteinheit hineinfließt und der Knotenpunkt selbst keine Speicherfähigkeit besitzt, muß die gleiche Anzahl von Ladungsträgern auf anderen Wegen wieder hinaus fließen. Für den Knotenpunkt muß gelten: In einem Knotenpunkt ist die Summe aller Ströme Null. Wie man oben sieht, werden die in den Knoten hineinfließenden Ströme positiv gezählt und die herausfließenden negativ. Diese Gleichung gilt übrigens auch dann, wenn man die tatsächliche Stromrichtung in den einzelnen Leitern noch gar nicht kennt. Sie gilt nach willkürlicher

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    I1I2

    I3I4I5

    I I I I Ioder allgemein

    Ivv

    n

    1 2 3 4 5

    1

    0

    0

    − + + − =

    ==

    4 Berechnung von Stromkreisen bei Gleichstrom

    In diesem Kapitel werden stationäre Vorgänge beschrieben, die sich in elektrischen Stromkreisenergeben. Stationär soll heißen, dass ein Zustand betrachtet wird, der sich ergibt, wenn man nachdem Einschalten so lange abwartet, bis alle evtl. auftretenden Ausgleichsvorgänge abgeklungensind. Dies betrifft besonders Schaltungen, in denen Energiespeicher enthalten sind, alsoKondensatoren oder Spulen. Die verwendeten Quellen liefern konstante Spannungen und Ströme.Viele Ergebnisse, die hier gewonnen werden, sind jedoch übertragbar auf dynamische Vorgängeund auf Schaltungen, die mit Wechselstrom betrieben werden.

    4.1 Kirchhoff´sche Gesetze

    Häufig sind elektrische Netze verzweigt und vermascht (daher auch der Name Netze). Zurmathematischen Beschreibung sind daher das 1. und 2. Kirchhoff´sche Gesetz von fundamentalerBedeutung. Als erstes lernen wir den Knotenpunkt-Satz oder das 1. Kirchhoff´sche Gesetzkennen. Dazu betrachten wir das folgende Bild.

    Bild 4.1: Knotenpunkt

    Wie wir wissen, handelt es sich beim elektrischen Strom um den Transport von Ladungsträgern.Wenn in den obigen Knotenpunkt, der die Verbindungsstelle mehrerer elektrischer Leiterdarstellt, von verschiedenen Stellen eine bestimmte Anzahl von Ladungsträgern pro Zeiteinheithineinfließt und der Knotenpunkt selbst keine Speicherfähigkeit besitzt, muß die gleiche Anzahlvon Ladungsträgern auf anderen Wegen wieder hinaus fließen. Für den Knotenpunkt muß gelten:

    In einem Knotenpunkt ist die Summe aller Ströme Null.

    Wie man oben sieht, werden die in den Knoten hineinfließenden Ströme positiv gezählt und dieherausfließenden negativ. Diese Gleichung gilt übrigens auch dann, wenn man die tatsächlicheStromrichtung in den einzelnen Leitern noch gar nicht kennt. Sie gilt nach willkürlicher

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    +-

    U3R3Uq1

    U1 R1

    U2

    R2 Uq2

    Umlauf

    +-

    I

    U U U U Uoder allgemein

    U

    q q

    vv

    n

    1 2 2 3 1

    1

    0

    0

    + − + − =

    ==

    Festlegung einer Stromrichtung für jeden Leiter (Zählpfeil). Wenn sich durch Rechnung oderMessung herausstellt, dass die angenommene Stromrichtung verkehrt ist, ist in der obigenGleichung einfach der betreffende Strom mit einem negativen Vorzeichen einzusetzen.

    Das 2. Kirchoff´sche Gesetz wird auch als Maschensatz bezeichnet. Eine Masche ist eingeschlossener Umlauf in einem elektrischen Netzwerk. Ein stark vermaschtes Netzwerk enthältmöglicherweise viele immer wieder unterschiedliche geschlossene Umläufe. Wir betrachten aberzunächst nur eine einzige Masche.

    Bild 4.2: Maschenumlauf

    In dem abgebildeten Umlauf sind zwei Spannungsquellen und drei ohmsche Widerständeenthalten. Es fließt überall der gleiche Strom I. Die ohmschen Widerstände stellen Verbraucherdar. Sie nehmen Leistung auf. Diese Leistung muß von den beiden Quellen bereitgestellt werden.In diesem Beispiel ist leicht und ohne Rechnung zu bestimmen, welche Richtung der Stromnehmen wird. Die Spannungsabfälle an den einzelnen Widerständen weisen in die gleicheRichtung.

    Wenn die Zählpfeile für Spannung und Strom wie hier an Verbrauchern in die gleiche Richtungund an Quellen in unterschiedliche Richtung zeigen, sprechen wir von einem Verbraucher-Zählpfeilsystem. In diesem Umdruck wird nur das Verbraucher-Zählpfeilsystem benutzt.

    Wir machen nun einen Maschenumlauf und addieren die vorhandenen Spannungen in der Weise,dass wir Spannungen, die in Richtung des Umlaufs weisen, positiv und entgegen gerichteteSpannungszählpfeile negativ zählen. Die Summe aller Spannungen in der Masche muß Null sein.

    In einer Masche eines elektrischen Netzwerks ist die Summe aller Spannungen gleich Null.

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    +-Uq

    Ui Ri

    I

    Ra U

    A

    B

    +-

    Ri

    A

    B

    Uq

    A

    B

    Ra

    a)

    aktiver passiver

    Zweipolb)

    Mit diesen beiden grundlegenden Gesetzen ist es möglich, auch komplizierte elektrischeNetzwerke formelmäßig zu beschreiben.

    4.2 Grundstromkreis, Kurzschluß, Leerlauf, Anpassung, Energie und Leistung,Wirkungsgrad

    Bisher sind wir davon ausgegangen, dass sich jede beliebige Spannung und jeder beliebige Stromdurch ideale Spannungs- bzw. Stromquellen erzeugen lassen. In der technischen Realität gibt esjedoch selten ideale Quellen. Häufig entstehen schon in der Spannungs- oder StromquelleVerluste, die sich in Form von Wärmentwicklung äußern. Daher wird bei der Beschreibung vonrealen Quellen in der Regel ein Innenwiderstand als diskretes Bauteil zusätzlich zu einer idealenQuelle verwendet. Durch diese Form der Beschreibung kann man das reale Verhalten technischerSpannungs- und Stromquellen sehr gut nachbilden. Den diskreten Innenwiderstand einer Quellesucht man allerdings am realen Objekt vergebens. Der gesamte Innenwiderstand verteilt sichmehr oder weniger gleichmäßig über die stromführenden Teile des gesamten Gebildes.

    Wir betrachten zunächst nur ohmsche Lasten und unverzweigte Stromkreise. Der Grundstrom-kreis besteht also aus einer Spannungsquelle, deren Innenwiderstand und einem ohmschenVerbraucher. Er bildet eine Masche, auf die das 2. Kirchhoff´sche Gesetz angewendet werdenkann.

    Bild 4.3: Grundstromkreis (a) und seine Bestandteile (b)

    Die beiden Zweipole haben ihren Namen daher, dass sie jeweils zwei elektrische Anschlüssebesitzen. Schaltet man einen aktiven und einen passiven Zweipol zusammen, so bildet sich einStromkreis. Das gleiche gilt übrigens auch für die Zusammen-Schaltung zweier aktiver Zweipole.

    Der Strom I ergibt sich aus der im Kreis wirkenden Quellenspannung Uq und dem gesamtenwirksamen Widerstand, in diesem Falle also aus der Summe von Ri und Ra.

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    U U U I R I R I R R

    IR

    R RR

    R RI

    P I U I U I UR

    R RU

    RR R

    I U

    U UR

    R R

    q i i a i a

    i

    i a

    a

    i a

    q i qi

    i aq

    a

    i aq

    qa

    i a

    = + = ⋅ + ⋅ = +

    ⋅+

    ++

    =

    = ⋅ + ⋅ = ⋅+

    ++

    = ⋅

    =+

    ( )

    P U I UR

    R RU

    R Rqa

    i a

    q

    i a= ⋅ =

    +⋅

    +

    IUR

    UR R

    q

    ges

    q

    i a= =

    +

    U I Ra= ⋅

    U U UU U Ui q

    q i

    + − == −

    0

    Der Strom I ist leicht zu berechnen:

    Die Spannung U an Ra wird in diesem Fall auch Klemmenspannung genannt, da sie zwischen denKlemmen A und B zu messen ist.

    Diese Klemmenspannung ist um den Spannungsabfall an Ri kleiner als Uq.

    Dieser Zusammenhang führt zur Spannungsteiler-Regel.

    Die Spannungsabfälle an zwei in Reihe geschalteten Widerständen verteilen sich auf dieWiderstände im Verhältnis der Widerstandswerte.

    Die von der Quelle abgegebene Leistung muß gleich der Summe der aufgenommenen Leistungenan den beiden Verbrauchern sein.

    Wir variieren nun einmal den Widerstand des Belastungs-Zweipols und ermitteln, wievielLeistung bei gegebenem aktivem Zweipol an Ra entsteht.

    1. Kurzschluß: Wenn man den Widerstand Ra zu Null macht, d.h. praktisch man ersetztihn durch ein gut leitendes kurzes und dickes Leiterstück(Kurzschlußbrücke), dann verschwindet der erste Bruch, also dieSpannung U. Gleichzeitig fließt der größtmögliche Strom IK = Uq/Ri(Kurzschlußstrom). Die übertragene Leistung P wird allerdings wegen derfehlenden Spannung zu Null.

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    PUR

    q

    i0

    2

    =

    P U I UR

    R R

    UR

    RRRR

    qa

    i a

    q

    i

    a

    i

    a

    i

    = ⋅ =+

    =+

    22

    2

    2

    1

    ( )

    P U I UR

    R R

    dPdR

    UR R R R R

    R RR R R R R

    R R R R R R RR R

    R R

    qa

    i a

    aq

    i a a i a

    i a

    i a a i a

    i i a a i a a

    i a

    i a

    = ⋅ =+

    =+ − ⋅ +

    +

    + − ⋅ + =

    + + − − =

    − ==

    22

    22

    4

    2

    2 2 2

    2 2

    2

    2 02 2 2 0

    0

    ( )( ) ( )

    ( )( ) ( )

    Achtung in diesem Falle: Der Kurzschlussstrom IK erzeugt am Innen-widerstand der Spannungsquelle eine hohe Leistung. Diese Leistungerhitzt die Spannungsquelle!

    2. Leerlauf: Wenn man den Widerstand Ra unendlich macht, d.h. praktisch, dass manden Stromkreis im Belastungszweipol unterbricht, dann wird der zweiteBruch zu Null, also der Strom I. Jetzt wird die Spannung an den Klemmenmaximal U = Uq. Die Leistung P wird wieder zu Null, weil der Stromfehlt. Diesmal bleibt die Spannungsquelle kalt.

    Wir betrachten nun, was zwischen den beiden Extrema passiert. Offenbar gibt es irgendwo einMaximum der Leistung. Wir leiten also die Leistung nach dem Widerstand Ra ab.

    Wenn der Außenwiderstand Ra gleich dem Innenwiderstand Ri ist, wird die übertragene Leistungmaximal! In diesem Fall sprechen wir von Anpassung des Verbrauchers an die reale Quelle. Inder Anpassung ist die Leistung, die der Verbraucher aufnimmt, genau so groß wie die Leistungam Innenwiderstand der Spannungsquelle.

    Ist Ra kleiner als Ri, sprechen wir von Unterpassung, ist er größer von Überpassung.

    Wir formen jetzt den Ausdruck für die Leistung etwas um und stellen ihn dann graphisch dar.

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    P0P

    P04

    1 3 RaRi

    Pq

    Pi

    AP ÜPUP

    P

    η = =+

    =+

    PP

    RR

    RR

    RRq

    a

    a

    a

    i

    i

    i1

    1

    1

    PU

    R RUR R

    RP R

    Rq

    q

    i a

    q

    i a

    i

    a

    i

    =+

    =+

    =+

    2 2

    0

    1

    1

    1

    1

    Die von der Quelle abgegebene Leistung ist

    Bild 4.4: Leistungsaufnahme eines Verbrauchers an einer realen Spannungsquelle abhängigvom Verhältnis Ra/Ri

    Nun ist noch interessant zu wissen, wieviel der von der Quelle abgegebenen Leistung eigentlichbeim Verbraucher ankommt. Dazu ermitteln wir den Wirkungsgrad

  • 60

    1 3 RaRi

    AP0,5

    1

    η

    Bild 4.5: Wirkungsgrad im Grundstromkreis

    In den verschiedenen Arbeitsgebieten der Elektrotechnik werden unterschiedliche Forderungenan die Leistungsübertragung gestellt und unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt:

    In der Nachrichtentechnik ist oft die Quellenleistung gegeben (z.B. Empfangsleistung einerAntenne) und die Forderung lautet, möglichst viel dieser Leistung an die weiterverarbeitendeElektronik zu übertragen. Dann arbeitet man in der Anpassung und nimmt in Kauf, dass dieHälfte der Leistung verloren geht.

    In der Energietechnik und Energieverteilung ist die Verbraucher-Leistung gegeben und dieÜbertragung bestimmt die notwendige Quellen-Leistung. Dort kann man es sich nicht leisten,einen Großteil der erzeugten elektrischen Leistung im Kraftwerk oder auf den Übertragungs-leitungen in Wärme zu verwandeln. Man achtet sehr auf den Wirkungsgrad und arbeitet deshalbin der Überpassung. Das setzt allerdings voraus, dass man in der Lage ist, den Stromabzuschalten, wenn einmal ein Kurzschluß entsteht. Für sehr hohe Ströme und Spannungen sinddazu die sogenannten Lasttrenner entwickelt worden.

    4.3 Nichtlineare Widerstände, graphische Arbeitspunktermittlung

    Die Bestimmung von Strom und Spannung in einem Grundstromkreis ist auch graphischmöglich. In der graphischen Darstellung ist es relativ einfach möglich, auch Schaltungs-komponenten mit nichtlinearen Kennlinien zu berücksichtigen. Daher schauen wir uns nun diegraphische Methode der Arbeitspunktermittlung an.

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    U

    I

    U

    I

    Uq

    Ik

    U

    I

    Uq

    Ik

    U

    I

    Uq steigend

    Ra steigend

    Ri steigend

    a) b)

    c)

    Für den aktiven und den passiven Zweipol, aus denen der Grundstromkreis besteht, kann jeweilseine Kennlinie gezeichnet werden, wobei jeweils die an den Klemmen meßbare Spannung überdem dazugehörigen Klemmenstrom aufgetragen wird. Im zweiten Schritt zeichnen wir die beidenKennlinien in ein gemeinsames Diagramm:

    Bild 4.6: Arbeitspunkt-Entstehung im Grundstromkreisa) aktiver Zweipol b) passiver Zweipol c) Grundstromkreis

    Die Klemmenspannung des aktiven Zweipols geht mit stärker werdendem Strom immer mehrzurück. Das ist durch den Innenwiderstand des Zweipols bedingt. Am Innenwiderstand desZweipols fällt bei stärker werdendem Strom immer mehr Spannung ab. Dieser Spannungsabfallfehlt an den Klemmen. Schließt man die Klemmen kurz, dann ist zwischen den Klemmen keineSpannung mehr zu messen. Es fließt der maximal mögliche Strom, der Kurzschlußstrom. DieserEffekt ist uns bekannt z.B. vom Auto. Wenn der Anlasser betätigt wird, fließt ein sehr großerStrom. Die Batterie ist ein aktiver Zweipol, der aus Spannungsquelle und Innenwiderstandbesteht. Die Klemmenspannung geht während des Anlaßvorganges sichtbar zurück. Die evtl.eingeschaltete Beleuchtung wird deutlich dunkler.

    Am passiven Zweipol wächst der Spannungsabfall nach dem ohmschen Gesetz linear mit derSpannung.

    In der gemeinsamen Darstellung entsteht ein Schnittpunkt. Dieser Schnittpunkt wird alsArbeitspunkt bezeichnet. Er kennzeichnet die Spannungs- und Stromwerte, die sich einstellen,

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    U

    I

    ∆ I

    I0

    U0 ∆ U

    U

    IIk

    Uq

    wenn man die beiden Zweipole zusammen schaltet. Die Koordinaten des Arbeitspunktes sind derStrom und die Spannung an den gemeinsamen Klemmen.

    Ist z.B. der passive Zweipol kein ohmscher Widerstand, sondern ist der Widerstand spannungs-bzw. stromabhängig und der Zusammenhang zwischen Spannung und Strom möglicherweiseschwer analytisch zu beschreiben, so ist die graphische Arbeitspunktermittlung häufig einfacherals eine rechnerische Vorgehensweise. Wir betrachten einen passiven Zweipol, der aus einemnichtlinearen Widerstand besteht:

    Bild 4.7: Nichtlinearer Widerstand

    Der nichtlineare Widerstand ist dadurch gekennzeichnet, dass nicht an allen Orten der Kennlinieder Quotient U/I (absoluter Widerstand) und die Ableitung dU/dI (differentieller Widerstand)identisch sind. Betreibt man diesen Widerstand zusammen mit dem aktiven Zweipol aus denobigen Beispielen, dann ist der Arbeitspunkt schnell gefunden. Rechnerisch wäre dasmöglichweise schwieriger.

    Bild 4.8: Arbeitspunktermittlung mit einem nichtlinearen Verbraucher

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    U1

    R1U2

    R2U

    I1

    I2 Iges

    U U U I R I R= = = ⋅ = ⋅1 2 1 1 2 2

    I I Iges = +1 2

    Besonders bei Halbleiter-Bauelementen treten häufig Nichtlinearitäten auf. Dort ist diegraphische Arbeitspunktermittlung sehr verbreitet.

    4.4 Widerstandsnetzwerke

    Wenn mehrere Widerstände in Reihe geschaltet sind, fließt durch alle Widerstände der selbeStrom. Er erzeugt an jedem Widerstand einen Spannungsabfall. Die Spannungsabfälle verhaltensich zueinander wie die Widerstandswerte. Daraus ergab sich die schon früher abgeleiteteSpannungsteiler-Regel. Wir betrachten nun genauer, was passiert, wenn man Widerstände parallel schaltet.

    Bild 4.9: Parallelschaltung von Widerständen

    An den Klemmen der Anordnung fließt der Strom Iges. An beiden Widerständen liegt dieKlemmenspannung U. Für beide Widerstände muß jeweils das ohmsche Gesetz gelten.

    Das erste Kirchhoff´sche Gesetz liefert:

    Übrigens liefern in dieser einfachen Anordnung beide Knoten das gleiche Ergebnis.

    Der Strom Iges teilt sich offenbar auf die beiden Parallelzweige auf. Er tut dies nach derStromteiler-Regel.

  • 64

    I I IUR

    UR

    U R RR R

    RR RR R

    U I R I RI R I I R I R I R

    I R R I R

    IR

    R RI I

    RR R

    I

    ges

    ges

    ges ges

    ges

    ges ges

    = + = + =+⋅

    =⋅+

    = ⋅ = ⋅⋅ = − ⋅ = ⋅ − ⋅

    ⋅ + = ⋅

    =+

    =+

    1 21 2

    1 2

    1 2

    1 2

    1 2

    1 1 2 2

    1 1 1 2 2 1 2

    1 1 2 2

    12

    1 22

    1

    1 2

    ( )

    ( )( )

    ;

    U0 lx UT Ra

    R

    Die Ströme in zwei parallel geschalteten Widerständen verteilen sich auf die Widerständeim Verhältnis der Leitwerte, also im umgekehrten Verhältnis der Widerstandswerte.

    Natürlich kommen auch Kombinationen von Reihen- und Parallelschaltung vor. Als Beispielwerden wir die Ausgangsspannung eines belasteten Potentiometers berechnen. Hier ist dieParallelschaltung zweier Widerstände mit einem weiteren Widerstand in Reihe geschaltet. DasPotentiometer ist übrigens ein Beispiel für einen Vierpol. Es gibt zwei Eingangs- und zweiAusgangsklemmen.

    Bild 4.10: Belastetes Potentiometer

    Das Potentiometer besteht aus einer Bahn aus leitfähigem Material, das einer Spannung U0 einenWiderstand R entgegensetzt. Auf der Bahn beweglich angebracht ist ein Schleifkontakt, der vonHand oder motorisch bewegt werden kann. Zwischen dem einen Ende des Widerstandes und demSchleifkontakt kann eine Spannung UT gemessen werden. Wir nehmen an, dass der Widerstandauf der Länge der Bahn gleichmäßig verteilt ist.

    Ist das Potentiometer nicht belastet, also Ra !", so haben wir es bei der Berechnung von UT nurmit der Reihenschaltung zweier Widerstände zu tun und es ist nur die Spannungsteiler-Regelanzuwenden.

  • 65

    UTU0

    1

    1xl

    Ra→∞

    R=Ra

    R>Ra

    U U U U Il x

    lR

    xl R R

    xl R R

    T T

    a

    a

    0 0= − + =−

    ⋅ +⋅ ⋅

    ⋅ +

    ( )

    UU

    xl

    T

    0=

    UU

    xl R R

    xl R R

    l xl

    Rxl R R

    xl R R

    T

    a

    a

    a

    a

    0=

    ⋅ ⋅

    ⋅ +

    −⋅ +

    ⋅ ⋅

    ⋅ +

    UU l

    xxl

    RRa

    T

    0

    1

    1 1 1=

    − ⋅ + +( )( )

    Wenn der Widerstand Ra endlich ist, fließt auch über ihn ein Strom. Der untere Teil desPotentiometers bildet dann mit Ra eine Parallelschaltung.

    Spannungsteiler-Regel:

    Nach einigen Umformungen erhält man:

    Diese Formel enthält als Spezialfall den Fall des unendlich großen Belastungswiderstandes:

    Bild 4.11: Ausgangsspannung des belasteten Potentiometers

    Bekannte Ausführungsformen des Potentiometers sind das Drehpotentiometer am HiFi-Gerätoder das Schiebepotentiometer auf dem Mischpult.

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    a

    b

    c

    d

    Rac Rcd

    Rab Rbd

    Rbc

    ab

    c

    dRac

    Rcd

    Rab Rbd

    Rbc

    Zur Analyse von komplizierteren Schaltungen ist es oft nützlich, (auf dem Papier) einesogenannten Dreieckschaltung in eine äquivalente sogenannte Sternschaltung umzuwandelnoder umgekehrt. Ein passives Netzwerk, bei dem diese Methode zur Vereinfachung führt, ist imfolgenden Bild dargestellt.

    Bild 4.12: Gebrückte Schaltung

    Durch die Existenz von Rbc (dem Brückenwiderstand) wird die Schaltung mit den bisherkennengelernten Methoden unberechenbar. Wäre Rbc nicht vorhanden, hätten wir es mit derParallelschaltung zweier Reihenschaltungen zu tun und die Berechnung der Ströme fiele nichtschwer.

    Zunächst einmal wird die Schaltung nur anders dargestellt. Dadurch wird deutlich, dass es eineDreieckschaltung als Teil des Gesamtnetzwerkes gibt. Die Anschlüsse dieses Dreiecks haben dieNummern a, b und c.

    Bild 4.13: Erster Schritt: Identifikation eines Dreiecks in der gebrückten Schaltung

    Wir suchen nun die Komponenten eines Ersatznetzwerkes für die Dreieckschaltung. DiesesErsatznetzwerk besteht auch aus drei Widerständen, die aber untereinander anders verschaltetsind, nämlich im Stern.

  • 67

    a

    b

    c

    dRa0Rc0

    Rb0

    Rcd

    Rbd

    0

    R RR R RR R Ra b

    ab bc ac

    ab bc ac0 0+ =

    ++ +( )

    R RR R RR R R

    R RR R RR R R

    a cac ab bc

    ab bc ac

    b cbc ab ac

    ab bc ac

    0 0

    0 0

    + =+

    + +

    + =+

    + +

    ( )

    ( )

    RR R

    R R R

    RR R

    R R R

    RR R

    R R R

    aab ac

    ab bc ac

    bab bc

    ab bc ac

    cac bc

    ab bc ac

    0

    0

    0

    =⋅

    + +

    =⋅

    + +

    =⋅

    + +

    Bild 4.14: Zweiter Schritt: Festlegung einer neuen Schaltungstopologie

    Die Sternschaltung darf die Dreieckschaltung nur ersetzen, wenn sie sich nach außen identischverhält.

    Der Widerstand zwischen den Punkten a und b ist für beide Schaltungen leicht bestimmbar. Ermuß für beide gleich sein.

    Ebenso gilt

    Damit liegen drei Gleichungen für drei Unbekannte vor. Die Auflösung nach diesen Unbekanntenliefert:

    Durch die Umwandlung ist die Schaltung zu einer Reihenschaltung eines einzelnen WiderstandesRa0 mit einer Parallelschaltung geworden. Nun ist mit den bekannten Regeln der Gesamtwider-stand und der Strom in Rcd und Rbd berechenbar.

  • 68

    R3Uq1

    R1

    R4

    R2

    Uq3Uq2

    I1

    I2

    I3

    +-

    - +

    ( )

    ( )

    ( )

    RR

    R R R R R R

    RR

    R R R R R R

    RR

    R R R R R R

    abc

    a b b c a c

    acb

    a b b c a c

    bca

    a b b c a c

    = ⋅ + ⋅ + ⋅

    = ⋅ + ⋅ + ⋅

    = ⋅ + ⋅ + ⋅

    1

    1

    1

    00 0 0 0 0 0

    00 0 0 0 0 0

    00 0 0 0 0 0

    Nach ähnlichen Regeln findet die Umwandlung von einer Stern- in eine Dreieckschaltung statt.Wenn die Schaltung nach Bild 4.14 gegeben ist und man will den Stern in ein Dreieckverwandeln, erhält man für die gesuchten Widerstände:

    4.5 Vermaschte Netzwerke

    Ist ein Netzwerk sehr vermascht und befinden sich mehr als eine Spannungsquelle anunterschiedlichen Orten im System, so ist eine ganzheitliche Berechnungsmethode notwendig,um Spannungen und Ströme an allen Netzwerkselementen zu bestimmen. Die Zusammenfassungvon parallel oder in Reihe geschalteten Widerständen und die Stern-/Dreieck-Transformationreichen dann oftmals nicht aus.

    Zur Bestimmung aller unbekannten Spannungen und Ströme kommen die Gesetze von Kirchhoffzur Anwendung. Die Vorgehensweise wird am besten anhand eines Beispiels deutlich.

    Bild 4.15: Vermaschtes Netzwerk In einem solchen Netzwerk besteht meistens das Problem, dass man auf Anhieb nichtvorhersagen kann, in welcher Richtung an den verschiedenen Stellen der Strom fließt. Daskommt erst am Ende der Rechnung heraus. Daher legt man willkürlich Stromrichtungen für dieverschiedenen Zweige fest (Als Zweig wird jede Verbindung benachbarter Knoten bezeichnet).Man trägt also sogenannte Zählpfeile ein. Wenn man für jeden Zweig die Stromrichtungdefiniert hat, liegen damit auch die Richtungen für die Spannungsabfälle an den passivenNetzwerkselementen fest. Wenn am Ende für einen Strom ein negativer Wert herauskommt,bedeutet das, dass die angenommene Stromrichtung verkehrt war. Das ist aber nicht weitertragisch.

  • 69

    R3Uq1

    R1

    R4

    R2

    Uq3Uq2

    I1

    I2

    I3I

    II

    +-

    - +

    I I IU U I R I R

    U U I R R I Rq q

    q q

    1 2 3

    1 3 1 1 3 3

    2 3 2 2 4 3 3

    00

    0

    + − =− − − − =

    − + + + + =( )

    In dem oben dargestellten Netzwerk sind zwei Maschen sofort sichtbar. Eine dritte Mascheerhält man, wenn man außen umläuft. Außerdem sind zwei Knoten zu erkennen. Es können nunMaschen- und Knotengleichungen nach Kirchhoff aufgestellt werden. Wenn man jedoch alleGleichungen für alle Knoten und alle Maschen aufstellt, bekommt man für die gesuchtenunbekannten Ströme zu viele Bestimmungsgleichungen. Es gelten folgende Regeln:

    ! Unabhängige KnotengleichungenFür ein Netzwerk mit k Knoten können k-1 unabhängige Knotengleichungen aufgestelltwerden. Die k-te Knotengleichung ist eine Linearkombination der unabhängigenKnotengleichungen.

    ! Unabhängige MaschengleichungenFür ein Netzwerk mit z Zweigen können z-k+1 unabhängige Maschengleichungenaufgestellt werden. Alle übrigen möglichen Maschengleichungen können als Linear-kombinationen aus den unabhängigen Maschengleichungen hergeleitet werden.

    Wenden wir uns nun wieder dem Beispiel zu. Es ist hier k = 2 und z = 3. Also brauchen wir eineKnotengleichung und 2 Maschengleichungen. Wir legen nun den Umlaufsinn für unsere Maschenfest.

    Bild 4.16: Definition des Umlaufsinns für die zwei benötigten Maschen

    Danach wenden wir Kirchhoff an:

  • 70

    D R RR R R

    R R R R R R R R= − −+

    = + + + +1 1 1

    00

    1 3

    2 4 3

    1 2 4 3 2 4 1 3( ) ( )

    IDD

    U U

    U U R R

    RR

    DR U U U U R R R U U

    R R R R R R R R

    IR U U U U R R

    R R R R R R

    I

    q q

    q q

    q q q q q q

    q q q q

    1

    1 3

    2 3 2 4

    3

    3

    3 2 3 1 3 2 4 3 1 3

    1 2 4 3 2 4 1 3

    13 1 2 1 3 2 4

    1 2 3 4 3 2

    1

    001 1

    = =

    +

    − +

    −−

    =− − − + + − +

    + + + +

    =− + − + +

    + + + +

    ( ) ( )( ) ( )( ) ( )

    ( ) ( )( )( ) ( R4 )

    IDD

    R U U RU U R

    DR U U R U U R U U

    R R R R R R R R

    IR U U R U UR R R R R R R

    I

    q q

    q q

    q q q q q q

    q q q q

    2

    1 1 3 3

    2 3 3

    3 1 3 1 2 3 3 2 3

    1 2 4 3 2 4 1 3

    23 1 2 1 2 3

    1 2 3 4 3 2 4

    2

    1 0 1

    0= =

    −− + −

    =+ + − + −

    + + + +

    =+ + −

    + + + +

    ( ) ( ) ( )( ) ( )

    ( ) ( )( ) ( )

    U R I

    U UU U

    R RR R R

    III

    q q

    q q

    = ⋅

    +−

    =−

    − −+

    0 1 1 10

    01 3

    2 3

    1 3

    2 4 3

    1

    2

    3

    I I I

    IU U R R R U U

    R R R R R R Rq q q q

    3 1 2

    31 3 2 4 1 2 3

    1 2 3 4 3 2 4

    = +

    =− + + + −

    + + + +( )( ) ( )

    ( ) ( )

    Das entspricht folgender Matrizen-Darstellung:

    Wir bilden nun die Determinante D der Koeffizientenmatrix

    Nach der Kramer´schen Regel ist

    Für den Strom I2 erhalten wir:

    Der dritte Strom kann nun mit Hilfe der Knotengleichung ermittelt werden.

  • 71

    ΣP P P P P Wv = + + + =1 2 3 4 24 29,

    ΣP U I U I U IW W W W W W W

    q q q q= ⋅ − ⋅ + ⋅

    = ⋅ − − ⋅ + ⋅ − = − − − = −1 1 2 2 3 3

    4 5 2 111 6 0 694 7 5 1 417 9 5 4 164 10 628 24 29, ( , ) , , ( , ) , , , ,

    IV V

    I A A

    IV V

    I A A

    IV V

    I A A

    1 2

    1

    2 2

    2

    3 2

    3

    10 5 4 12 654

    11454

    2 111

    10 5 4 15 354

    42 4 554

    0 694

    12 6 15 354

    72 4 554

    1 417

    =− ⋅ − ⋅

    = − = −

    =⋅ − ⋅

    =−

    =

    =− ⋅ − ⋅

    =− −

    = −

    ,

    ,

    , ,

    ,,

    ,

    ,,

    Ω ΩΩ

    Ω ΩΩ

    Ω ΩΩ

    P I R WP I R WP I R WP I R W

    1 12

    1

    2 22

    2

    3 32

    3

    4 22

    4

    13 372 418 030 48

    = ⋅ == ⋅ =

    = ⋅ =

    = ⋅ =

    ,,,,

    U V U V U V R R R Rq q q1 2 3 1 2 3 44 5 6 7 5 3 5 4 1= = = = = = =, ; ; , ; ; ; ;Ω Ω Ω Ω

    Wir setzen jetzt einmal konkrete Zahlen ein, um heraus zu finden, ob die angenommenenStromrichtungen richtig waren. Mit

    erhalten wir

    Es stellt sich heraus, dass wir zwei Stromrichtungen verkehrt herum angenommen haben. DieRichtung von I2 stimmt.

    Betrachten wir nun einmal die Leistungsbilanz dieses Netzwerks. An den ohmschen Wider-ständen wird elektrische Leistung in Wärme umgewandelt. Es ist

    Die Summe aller Verluste ist damit

    Die Summe aller aufgenommenen und abgegebenen Leistungen muß Null sein. Wir betrachtennun die Quellen.

    Die Leistung an allen Quellen ist in diesem Falle negativ. Das bedeutet in dem hier angewandtenVerbraucher-Zählpfeilsystem, dass alle Quellen Leistung abgeben. Das muß nicht immer so sein!Hätten wir andere Zahlenwerte gewählt, könnte die Leistung an einer oder zwei Quellen auchpositiv sein. Dann wären auch diese Quellen Verbraucher und nähmen Leistung auf, die von denQuellen mit negativer Leistung bereit gestellt werden müßte.

  • 72

    R RR R RR R Rges

    = ++ ⋅+ +1

    2 4 3

    2 3 4

    ( )

    I QUR

    RR R R

    U RR R R R R R R

    A A

    q

    ges

    q

    21 3

    2 3 4

    1 3

    1 2 3 4 3 2 4

    1

    4 5 430 24

    0 333

    ( )

    ( ) ( ),

    ,

    = ⋅+ +

    =⋅

    + + + +

    =⋅

    +=

    Eine andere Berechnungsmethode für vermaschte Netzwerke ist die Superposition der Ströme.Diese Methode kann nur angewandt werden, wenn sich alle beteiligen Netzwerkselemente linearverhalten, d.h. dass in dem obigen Beispiel weder die Quellenspannungen noch die Widerständeihren Wert abhängig von Strom ändern. Wenn diese Bedingung erfüllt ist, kann man folgender-maßen vorgehen:

    Man beläßt jeweils nur eine Spannungsquelle im System und ersetzt die anderen durch einenKurzschluß. Dann erhält man für jeden Zweig den Teilstrom, der von der verbliebenenSpannungsquelle hervorgerufen wird. Wenn dies mit allen Quellen durchgeführt wurde, addiertman für jeden Zweig die gewonnenen Teilströme und erhält damit den tatsächlichen Strom.

    Wir verwenden das Beispiel von oben und ermitteln den Strom I2 nun durch Superposition. Alserstes wird der von Uq1 herrührende Strom bestimmt.

    Bild 4.17: Ermittlung des Teilstromes I2(Q1)

    Von der Spannungsquelle Q1 aus gesehen kann das Belastungsnetzwerk folgendermaßenbeschrieben werden:

    Der Teilstrom I2(Q1) ergibt sich nach der Stromteiler-Regel:

  • 73

    R3

    R1

    R4

    R2

    Uq2 I2(Q2)

    R3

    R1

    R4

    R2

    Uq3 I2(Q3)+-

    R R RR RR R

    I QUR

    U R RR R R R R R

    U R RR R R R R R R

    A A

    ges

    q

    ges

    q q

    = + +⋅+

    = =⋅ +

    + + + ⋅=

    ⋅ ++ + + +

    =⋅

    =

    2 41 3

    1 3

    22 2 1 3

    1 3 2 4 1 3

    2 1 3

    1 2 3 4 3 2 42

    6 754

    0 778

    ( )( )

    ( )( )( )

    ( ) ( )

    ,

    Bild 4.18: Ermittlung des Teilstromes I2(Q2)

    Aus Sicht der Spannungsquelle Q2 ergibt sich folgende Gesamtlast:

    Bild 4.19: Ermittlung des Teilstromes I2(Q3)

  • 74

    I I Q I Q I Q A A A A2 2 2 21 2 3 0 333 0 778 0 417 0 694= + + = + − =( ) ( ) ( ) , , , ,

    R RR R RR R R

    I QUR

    RR R R

    U RR R R R R R R

    U RR R R R R R R

    I Q A

    ges

    q

    ges

    q

    q

    = ++ ⋅

    + +

    = − ⋅+ +

    = −⋅

    + + + + ⋅

    = −⋅

    + + + ⋅ +

    = −⋅

    = − = −

    32 4 1

    1 2 4

    23 1

    1 2 4

    3 1

    3 1 2 4 2 4 1

    3 1

    1 2 3 4 3 2 4

    2

    3

    37 5 3

    5422 554

    0 417

    ( )

    ( )

    ( ) ( )

    ( ) ( )

    ( ), ,

    ,

    Es kommt wieder die Stromteiler-Regel zum Einsatz:

    Dieser letzte Teilstrom ist negativ. Das bedeutet, dass er die ersten beiden teilweise kompensiert.Nun muß noch die Summe gebildet werden.

    Dieses Ergebnis hatten wir auch mit Hilfe der Matrizenrechnung erhalten.

    Wichtiger Hinweis: Die Superposition gilt nur für die Ströme! Bei den Leistungen versagt dasPrinzip, da die Leistung quadratisch vom Strom abhängt!

  • 755 Berechnung von Stromkreisen bei Wechselstrom

    Der Wechselstrom ist in der Elektrotechnik sehr weit verbreitet. Am bekanntesten ist der Netz-Wechselstrom zur Energieversorgung. Die Spannung wird in den Kraftwerken erzeugt und übermehrere Spannungsebenen (Hochspannungsebene, Mittelspannungsebene, Niederspannungs-ebene) bis zum Verbraucher in Haushalt, Industrie usw. gebracht. Die Spannung und der Stromsind hier relativ niederfrequent. Es wird mit 50 Schwingungen pro Sekunde, also 50 Hertzgearbeitet. In der Bahnstromversorgung sind es 16 2/3 Hz.

    Ein anderes Anwendungsgebiet ist die Audiotechnik. Das menschliche Ohr hört in einemmaximalen Frequenzbereich von 20 - 16000 Hz. Die Schwingungen der Lautsprechermembranentstehen aus elektrischen Schwingungen.

    Zur Übertragung von Radio- und Fernsehsignalen wird ein Frequenzbereich benutzt, der voneinigen hundert Kilohertz bis einige hundert Megahertz geht. Beim Satelliten-Funk befinden wiruns im Gigahertz-Bereich.

    Wechselspannungen können nicht mit Hilfe von Batterien oder Akkus erzeugt werden. DieseSpannungsquellen sind immer Gleichspannungsquellen. Wechselspannungen erzeugt man mitrotierenden elektrischen Maschinen oder indem man aus einer Gleichspannung elektronisch eineWechselspannung macht. Wir werden uns zunächst die Erzeugung von Wechselspannung mitHilfe einer elektrischen Maschine anschauen.

    5.1 Erzeugung von Wechselspannung mit einer elektrischen Maschine

    Das Bild 5.1 zeigt die prinzipielle Anordnung. Es wird eine Leiterschleife in ein homogenesmagnetisches Feld gebracht. Das Feld erzeugt man mit Hilfe von Magneten (Permanentmagnetenoder Elektromagneten). Es ist zeitlich konstant. Die Leiterschleife ist drehbar gelagert. DieDrehachse zeigt in Richtung des Betrachters. Die drehbare Spule kann aus einer oder mehrerenWindungen bestehen. Ihre Enden führt man auf sogenannte Schleifringe. Auf diese Ringe setztman ruhende Kohlebürsten auf und stellt damit den Kontakt zwischen ruhendem undbeweglichem Teil her.

  • 76

    N

    S

    N

    S

    c

    B

    ω

    a

    b

    α = 0; α = 0

    B

    ω

    a b cα = 90° =

    π

    2

    u Nddt

    Nddt

    B A Nddt

    B A

    Mitt

    u N t

    = = ⋅ = − ⋅ ⋅

    ==

    Φ

    Φ

    ( ) ( cos )

    sinmax

    ! !α

    α ωω ω

    u t u t( ) " sin( )= ⋅ +ω α0

    fT

    f T= = =1

    22

    ; ;ωπ

    πω

    ω π π= = −2 100 1n s

    Bild 5.1: Wechselstromgenerator

    Wird die Leiterschleife in Rotation versetzt, so ist der von der Schleife umfaßte Fluss Φ zeitlichnicht konstant. Wenn die Feldlinien senkrecht auf der aufgespannten Fläche stehen (a), dieFlächennormale also entgegen den Feldlinien zeigt, ist der Fluss maximal, jedoch negativ zuzählen. Liegt die Fläche parallel zu den Feldlinien (c) (die Flächennormale zeigt jetzt nach links),wird der umfaßte Fluss zu Null. Dreht man nun weiter, so kehrt sich aus Sicht der Spule dieRichtung der Feldlinien um. Nun ist der Fluss positiv zu zählen. Bei der weiteren Betrachtungwird angenommen, dass die Drehzahl n der Spule konstant ist.

    Für die Spule gilt das Induktionsgesetz

    Mit einem beliebigen Anfangswinkel α0 kann man schreiben

    Die Winkelgeschwindigkeit ω der Leiterschleife bestimmt die Periodendauer und Frequenz derelektrischen Schwingung

    Will man einen Wechselstrom der Frequenz f = 50 Hertz mit obiger Anordnung erzeugen, sobenötigt man folgende Winkelgeschwindigkeit:

  • 77

    ( )uT

    u tuT

    = ⋅ + = − + =∫1 2 2 00 0 00" sin( )

    "cos cos( )ω α

    πα π α

    i tu t

    RuR

    t i t( )( ) "

    sin " sin= = =ω ω

    Die dazu gehörige Drehzahl ist n = 3000 min-1. Mit dieser Drehzahl drehen die sog. Turboläuferder Generatoren in den Großkraftwerken.

    Wie wir später sehen werden, kann man mit anderen Anordnungen im Generator die gleicheelektrische Frequenz auch mit niedrigeren Drehzahlen erzeugen (z.B. bei Wasserkraftwerken).

    Da die Winkelgeschwindigkeit des Generators für die Nutzung der Wechselspannung nicht vonInteresse ist, bekommt das ω der Schwingung in der Elektrotechnik eine andere Bezeichnung,nämlich Kreisfrequenz.

    Die Frequenz und die Kreisfrequenz haben eigentlich die gleiche Einheit. Um beide immer gutauseinander halten zu können, vereinbaren wir, dass die Frequenz immer in Hertz (Hz)angegeben wird, die Kreisfrequenz jedoch in s-1.

    5.2 Zeitlicher Mittelwert, Effektivwert, Zählpfeile

    Der zeitliche Mittelwert einer Größe ist das Integral der Größe bezogen auf den Beobachtungs-zeitraum. Hier bietet es sich an, als Beobachtungszeitraum eine Periodendauer T der Schwingungzu wählen.

    Der zeitliche Mittelwert einer reinen Wechselspannung ist Null. In elektronischen Schaltungender Analogtechnik werden jedoch oft auch reine Wechselspannungen mit Gleichspannungenüberlagert (addiert). Der Mittelwert solcher Spannungsverläufe ist dann nicht mehr Null. Eskommt nun bei der Analyse der sog. Gleichanteil heraus. Zunächst nehmen wir an, dass unsereSpannungen und Ströme keinen Gleichanteil aufweisen.

    Wir ermitteln nun den zeitlichen Mittelwert der Leistung, die an einem ohmschen Verbraucherentsteht, wenn er an einer Wechselspannung liegt.

    Am ohmschen Widerstand ist der Strom zu jedem Zeitpunkt durch das ohmsche Gesetz gegeben.Bei einer sinusförmigen Spannung erhalten wir

  • 78

    R i(t)

    u(t)

    p, i, u = f (t)

    p

    ωti

    ui

    u

    p

    p

    p t u t i t u i t u i t( ) ( ) ( ) " " sin " "( cos )= ⋅ = ⋅ ⋅ = ⋅ −212

    1 2ω ω

    puiT

    tdtuiT

    t tui u

    R

    u

    R

    TT

    = − = − = = =

    ∫" "

    cos" "

    [ sin ]" " "

    "

    1 21

    22

    2 22

    0 0

    2

    2

    22

    ωω

    ω

    Bild 5.2: Belastung einer Wechselspannungsquelle mit einem ohmschen Widerstand

    Der Momentanwert der Leistung ist das Produkt der Momentanwerte von Spannung und Strom.

    Bild 5.3: Spannung, Strom und Leistung am ohmschen Widerstand

    Die Leistung pulsiert mit der doppelten Frequenz. Sie wird niemals negativ, denn ein ohmscherWiderstand kann zu keinem Zeitpunkt Leistung abgeben. Die Leistung besitzt einen zeitlichenMittelwert, der verschieden von Null ist.

    Diesen Zusammenhang kann man folgendermaßen interpretieren: Die mittlere an einemohmschen Widerstand in Wärme umgewandelte Leistung ist an Wechselspannung mit demScheitelwert û genau so groß wie an einer konstanten Gleichspannung mit dem Wert û/"2. Inbeiden Fällen wird der Widerstand gleich warm. Damit ist der Effektivwert der Wechsel-spannung definiert:

  • 79

    1 2 3 4 5

    u(t)

    u

    tTT6

    T3

    T2

    23 T

    56 T

    0

    -10

    10

    20

    30

    u(t)V

    pUR T

    u tR

    dt

    UT

    u t dt

    T

    T

    = =

    =

    2 2

    0

    2

    0

    1

    1

    ( )

    ( )

    Uu

    ="

    2

    pi

    R I R=

    ⋅ = ⋅

    "

    2

    22

    Den Mittelwert der Leistung kann man auch mit dem Strom ausdrücken:

    Den Effektivwert des Stromes erhält man wie bei der Spannung, indem man den Scheitelwertdurch "2 dividiert.

    Es hat sich eingebürgert, bei Wechselspannungen und -strömen nicht den Scheitelwert, sondernden Effektivwert anzugeben. So ist die Nennspannung im Wechselstromnetz 230 V. Dies ist einEffektivwert. Der Scheitelwert ist 325 V.

    Wenn wir einen Spannungsverlauf haben, der zwar periodisch, aber nicht rein sinusförmig,sondern beliebig ist, muß der Effektivwert mit einer allgemeinen Formel definiert werden. Wirsuchen wieder die Gleichspannung, die die gleiche mittlere Leistung hervorruft.

    Beispiel: Gegeben ist der folgende Spannungsverlauf. Gesucht ist der Effektivwert.

    Bild 5.4: Periodischer, nicht sinusförmiger, Spannungsverlauf

  • 80

    UT

    VT

    t dt V dt VV

    Tt dt V dt V

    vT

    t dt

    TT

    TT T T

    V

    V V V

    T TTTT

    = + + − + − + − +

    = + + + +

    = + + + + = =

    ∫ ∫∫∫∫1 60

    30 30120

    10 1060

    1 509

    150650

    9100

    350

    9

    5 56 150 72 22 33 33 5 56 266 67 16 33

    22

    0

    2 2 2

    0000

    6 6366

    ( ) ( ) ( ) ( )

    , , , , , ,

    i Cdudt

    =

    i t Cdu t

    dtC u

    ddt

    t C u tu

    Ct

    ui

    UI

    XCC

    ( )( )

    " sin " cos"

    sin( )

    "

    "

    = = ⋅ = ⋅ = +

    = = =

    ω ω ωω

    ωπ

    ω

    1 2

    1

    Die Effektivwertformel liefert:

    Jeder Abschnitt, auch wenn die Spannung negativ ist, geht additiv ein und vergrößert denEffektivwert. Wie man sieht, geht der zweite Abschnitt von T/6 bis T/3 besonders stark in dasErgebnis ein.

    In Bild 5.2 haben wir wie aus der Gleichstromtechnik gewohnt Pfeile für Spannung und Stromeingezeichnet. Da es sich um Wechselstrom handelt, kehrt sich pro Periode zweimal die Richtungvon u und i um. Während der Hälfte der betrachteten Zeit ist also die Strom- bzw. Spannungs-richtung wie eingezeichnet, während der anderen Hälfte genau umgekehrt.

    Es gilt wieder das, was auch schon in der Gleichstromtechnik galt: Die eingezeichneten Pfeilesind lediglich Zählpfeile. Sie legen fest, in welcher Richtung Spannung und Strom positivgezählt werden. Am ohmschen Widerstand und an allen anderen passiven Schaltkreiselementengeben wir den Zählpfeilen von Spannung und Strom die gleiche Richtung. Dadurch wirdaufgenommene Leistung positiv gezählt. Wir befinden uns im Verbraucher-Zählpfeilsystem.

    5.3 Spannung und Strom an Kapazität und Induktivität

    Für den Kondensator hatten wir in Kap. 2 den Zusammenhang zwischen Spannung und Stromgefunden.

    Dieser Zusammenhang gilt immer, also auch dann, wenn die Spannung sinusförmig ist.

    Es sind zunächst zwei Dinge bemerkenswert:

    - Der Strom i ist gegenüber der Spannung u um 90° phasenverschoben. Wenn dieSpannung am steilsten verläuft (t = 0, nπ) ist der Betrag des Stromes maximal.

  • 81

    ui

    u, i

    ωt∼u(t)

    C i(t)

    p t u t i tuX

    t tuX

    t

    pT

    p t

    C CT

    ( ) ( ) ( )"

    sin( ) sin( )"

    sin

    ( )

    = ⋅ = ⋅ + =

    = =∫

    2 2

    0

    2 22

    10

    ω ωπ

    ω

    u Ldidt

    oder

    iL

    udt i

    =

    = +∫1

    0

    i tuL

    tdtuL

    tuL

    t

    ui

    UI

    X LL

    ( )"

    cos"

    sin"

    cos( )

    ""

    = = = −

    = = =

    ∫ ω ω ω ω ωπ

    ω

    2

    - Es läßt sich ein Proportionalitätsfaktor zwischen U und I angeben. Er wird kapazitiverBlindwiderstand XC genannt. Dieser Blindwiderstand ist frequenzabhängig. Er wird mitsteigender Frequenz kleiner.

    Bild 5.5: Spannung und Strom am Kondensator

    Die Leistung am Kondensator verhält sich aufgrund der Phasenverschiebung anders als amohmschen Widerstand.

    Es gibt innerhalb einer Periode der Netzspannung Phasen, in denen der Kondensator Leistungaufnimmt, und andere, in denen er Leistung abgibt. In einer Periode nimmt er zweimal Leistungauf und gibt zweimal Leistung ab. Im Mittel über eine Periode gibt er genau so viel Leistung ab,wie er aufnimmt.

    Für die Induktivität haben wir in Kap. 3 folgenden Zusammenhang gefunden:

    Wir schalten nun eine Cosinus-förmige Spannung auf. Der Anfangsstrom sei i0 = 0.

  • 82

    ui

    ωt

    u, iL i(t)

    u(t)

    i i t u u t= ⋅ = ⋅ +" sin( ) ; " sin( )ω ω ϕ

    Wieder sind zwei Dinge bemerkenswert:

    - Der Strom i ist gegenüber der Spannung u um 90° phasenverschoben, allerdings eilt erjetzt der Spannung nach. Wenn der Strom am steilsten verläuft (t = 0 , nπ) ist der Betragder Spannung maximal.

    - Der Proportionalitätsfaktor zwischen U und I, der induktive Blindwiderstand XL, istebenfalls frequenzabhängig. Bei steigender Frequenz wird der Blindwiderstand XL immergrößer.

    Bild 5.6: Spannung und Strom an der Induktivität

    Die von der Spule aufgenommene Leistung ist wegen der Phasenverschiebung von 90° wie beimKondensator im Mittel über eine Periode gleich Null.

    Für das Vorzeichen der Phasenverschiebung soll folgende Definition gelten. Es wird vom Stromausgegangen und die Phasenlage der Spannung betrachtet.

    Dann gilt:

    An der Induktivität ist die Phasenverschiebung +90°, an der Kapazität beträgt sie -90°.

    Die Phasenverschiebung erhält das Formelzeichen !. Sie muß nicht immer +/- 90° oder Nullbetragen. Das zeigt sich bei gemischten Lasten.

    5.4 Reihenschaltungen bei Wechselstrom

    Wir betrachten zunächst die Reihenschaltung eines ohmschen Widerstandes und einerInduktivität.

  • 83

    ~i

    R X L

    uLuR

    uq

    Z

    R

    XLϕ

    u u u R i Ldidt

    Ri t Li t

    i R t X t

    i R X t i Z tu t

    mitXR

    q R L

    L

    L

    L

    = + = ⋅ + = ⋅ + ⋅

    = +

    = + ⋅ + = ⋅ ⋅ += +

    =

    " sin " cos

    "( sin cos )" sin( ) " sin( )

    " sin( )

    tan

    ω ω ω

    ω ω

    ω ϕ ω ϕω ϕ

    ϕ

    2 2

    Bild 5.7: Gemischt ohmsch/induktive Last an Wechselspannung

    In der Reihenschaltung fließt überall der gleiche Strom. Zu jedem Zeitpunkt muß derMaschensatz gelten.

    Nun müssen wir einige Begriffe einführen. Den Blindwiderstand X haben wir schonkennengelernt. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er das Verhältnis aus den Effektivwerten vonSpannung und Strom an einer Induktivität oder einem Kondensator angibt. Im Gegensatz zumohmschen Widerstand nimmt er aber keine Leistung auf. Daher erhält der ohmsche Widerstandnun auch den Namen Wirkwiderstand. In gemischten Schaltungen wie oben tritt eineKombination von beiden auf. Bildet man hier das Verhältnis aus Klemmenspannung und Strom,so erhält man den sog. Scheinwiderstand Z. Der Scheinwiderstand wird wie im rechtwinkligenDreieck nach Pythagoras bestimmt.

    Bild 5.8: Wirkwiderstand, induktiver Blindwiderstand und resultierender Scheinwiderstand

  • 84

    ~i

    R X L

    uLuR

    uq

    X C

    uC

    -ϕR

    XL XC

    Z Xges

    u u u u R i Ldidt C

    idt

    R i t L i tC

    i t

    i R t LC

    t

    u tu Z i

    mit

    Z R LC

    und

    LC

    R

    q R L C= + + = ⋅ + +

    = ⋅ + ⋅ ⋅ − ⋅

    = + −

    = +

    = ⋅

    = + −

    =−

    ∫1

    1

    1

    1

    1

    22

    " sin " cos " cos

    "( sin cos )

    " sin( )" "

    tan

    ω ω ωω

    ω

    ω ωω

    ω

    ω ϕ

    ωω

    ϕω

    ω

    Wir erweitern nun die obige Schaltung um einen in Reihe geschalteten Kondensator.

    Bild 5.9: Reihenschaltung von R, L und C

    Jetzt gilt:

    Auffällig ist, dass sich der induktive und der kapazitive Blindwiderstand zumindest zum Teilkompensieren. Wer überwiegt, ist von der Bauteildimensionierung und von der Frequenzabhängig.

    Bild 5.10: Scheinwiderstand bei Reihenschaltung von R, L und C

  • 85

    u, i

    ωt0 π 2πω

    t1

    ϕ1

    I mmath. pos.Richtung

    ω

    t1ϕ

    1( )

    z t z z t( ) " sin " sin1 1 1= ⋅ = ⋅ϕ ω

    Wir könnten nun so fortfahren und für jeden Wechselstromkreis die Differentialgleichungaufstellen und diese dann anschließend lösen. Es gibt jedoch einen einfacheren Weg.

    5.5 Zeigerdiagramme

    Ein sinusförmiger Zeitverlauf einer Größe kann erzeugt werden, indem man einen Zeiger, derdie Länge des Scheitelwertes der Schwingung hat, mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω umeine Achse (Koordinatenursprung) rotieren läßt und den Zeiger auf eine Achse projiziert.

    Bild 5.11: Zeiger- und Liniendiagramm

    Im obigen Bild wird auf die senkrechte Achse des Zeigerdiagramms projiziert. Zum Zeitpunktt = 0 ist die Projektion gleich Null, weil der Zeiger sich in diesem Beispiel bei t = 0 gerade in derwaagerechten Lage befindet. Zum Zeitpunkt t1 spannt der Zeiger mit der waagerechten Achsegerade den Winkel !1 auf. Die Projektion liefert

    Wenn nun zwei sinusförmige Schwingungen gegeneinander phasenverschoben sind, läßt sich dasim Zeigerdiagramm recht leicht darstellen. Es wird für jede Größe ein Zeiger dargestellt. Beideschließen einen Winkel ! ein. Beide drehen mit der gleichen Winkelgeschwindigkeit ω. Dadurchist der eingeschlossene Winkel immer der selbe. Der Zeiger, der weiter links liegt, erzeugt einLiniendiagramm, bei dem die Maxima und Minima früher erreicht werden, als es bei demzweiten Zeiger der Fall ist.

    Es wurde schon früher erwähnt, dass es üblich ist, statt der Scheitelwerte sinusförmigerSpannungen und Ströme deren Effektivwerte anzugeben. Dies hat sich auch in der Zeigerdar-stellung eingebürgert.

  • 86

    Phasenbezugsachse

    U

    Iϕ u

    ϕ

    ϕi

    Achtung: Verwendet man Effektivwertzeiger, so ist die Projektion der Zeiger auf eine Achse umden Faktor !2 zu kurz, wenn man den Zeitverlauf aus dem Zeigerdiagramm erzeugen will.

    Effektivwertzeiger werden mit unterstrichenen Großbuchstaben dargestellt: U , I

    U Uu

    I Ii

    = = = =" "

    2 2

    Im folgenden Bild sind ein Spannungszeiger und ein Stromzeiger dargestellt. Die Darstellungzeigt die Situation zu einem beliebigen Zeitpunkt t.

    Bild 5.12: Spannungs- und Stromzeiger in einem gemeinsamen Zeigerdiagramm

    Hier ist die Spannung voreilend. Das daraus folgende Liniendiagramm zeigt die Zeitverläufe vonSpannung und Strom, wie sie sich bei einer gemischt ohmsch/induktiven Last einstellen. DerPhasenwinkel ! ist in einem solchen Fall positiv (X > 0). Das Verhältnis û / î ist gleich demScheinwiderstand Z.

    Man sieht, dass sich sinusförmige Größen und deren Beziehung untereinander sowohl durch dieZeitverläufe ( die Liniendiagramme) als auch durch ein Zeigerdiagramm vollständig beschreibenlassen. Die Darstellung im Zeigerdiagramm ist jedoch viel einfacher.

    Weiterhin ist es bei sinusförmigen Verläufen eigentlich gleichgültig, zu welchem Zeitpunkt manmit der Betrachtung beginnt, da sich die Vorgänge jeweils nach einer Periodendauer Twiederholen. Damit hat man die Freiheit, zumindest einem der Zeiger im Zeigerdiagramm einebeliebige Winkellage zu geben. Der oder die anderen Zeiger allerdings müssen dann im richtigenWinkel zum Bezugszeiger eingetragen werden.

  • 87

    u

    i ωt

    u, i

    UIϕ = 0

    a) b)

    u

    i

    ωt

    u, i

    U

    I

    ϕ =π2

    a) b)

    UI

    Z X LL L= = = ω

    Bild 5.13: Zeigerdiagramm (a) und Liniendiagramm (b) für Spannung und Strom amohmschen Widerstand

    Im oben dargestellten Zeigerdiagramm wurden Spannung und Strom senkrecht und parallelzueinander dargestellt. Die gleiche Information würde eine waagerechte Lage liefern. Wichtigist die Parallelität und die Länge der Zeiger. Das Verhältnis aus U und I liefert den WiderstandR, die parallele Lage besagt, dass keine Phasenverschiebung auftritt.

    An der Induktivität entsteht eine Phasenverschiebung von 90°. Die Spannung eilt dem Stromvor.

    Bild 5.14: Zeigerdiagramm (a) und Liniendiagramm (b) für Spannung und Strom an deridealen Induktivität (Wicklungswiderstand R = 0)

    Der Quotient aus UL und I liefert hier

    Betrachten wir nun die Kapazität. Am Kondensator eilt die Spannung dem Strom nach. DerPhasenverschiebungswinkel ist ! = -90°.

  • 88

    u

    i

    u, i

    U

    I

    ωt

    ϕ = π2

    -

    a) b)

    ~i

    R X L

    uLuR

    uq

    X C

    uC

    UL

    UC

    URI

    Uq

    UI

    Z XC

    CC= = =

    Bild 5.15: Zeigerdiagramm (a) und Liniendiagramm (b) für Spannung und Strom amKondensator

    Nun ist

    Wir betrachten nun noch einmal die Reihenschaltung von R, L und C.

    Bild 5.16: Reihenschaltung von R, L und C

    Bei einer Reihenschaltung ist die Größe, die allen gemeinsam ist, der Strom. Daher bietet es sichan, den Strom als Bezugszeiger zu verwenden. Wir legen den Strom in die waagerechte Achse.

    Bild 5.17: Zeigerdiagramm des Stroms I, der Spannungen an R, L, und C und der SpannungUq

  • 89

    XL

    XCR

    Z

    iR XL~

    iR iL

    uq

    Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass bei dieser Anordnung der Phasenverschiebungs-winkel nicht negativ werden muß ! Ob er positiv, negativ oder vielleicht sogar zu Null wird istdavon abhängig, wie groß XL und XC sind!

    Dividiert man alle Spannungszeiger durch den Betrag des Stromzeigers, erhält man wieder einZeigerdiagramm. Es ist das des Scheinwiderstandes ( der Impedanz) und sieht aus wie Bild 5.10.

    Bild 5.18: Zeigerdiagramm der Wechselstromwiderstände

    Die Wechselstromwiderstände kann man also auch als Zeiger darstellen!

    Hinweis zur praktischen Vorgehensweise: Gegeben sind oben Uq, R, XL und XC. Der Stromist die Unbekannte. Trotzdem können wir ihn als Bezugszeiger verwenden, wenn wir ihmzunächst einmal eine beliebige Länge geben, ohne ihn zu bemaßen. Das Zeigerdiagramm derWirk- und Blindwiderstände liefert dann die Phasenverschiebung ! und den ScheinwiderstandZ. Jetzt kann aus Uq der Strom berechnet werden.

    5.6 Parallelschaltungen bei Wechselstrom

    Bisher haben wir immer Reihenschaltungen betrachtet. Nun werden wir uns mit der Parallel-schaltung von unterschiedlichen Wechselstromwiderständen befassen und ihr Verhalten mit Hilfevon Zeigern beschreiben.

    Zunächst betrachten wir eine Parallelschaltung von R und L.

    Bild 5.19: Parallelschaltung eines Widerstandes mit einer Induktivität

  • 90

    Uq

    ϕ

    IR

    IL

    I

    G

    ϕ

    BL

    Y

    Y G BR L

    BG

    RL

    L

    L

    = + = +

    = =

    2 22 21 1

    ω

    ϕω

    arctan arctan

    Beiden parallel geschalteten Elementen gemeinsam ist die Spannung uq. Der Spannungentsprechend bilden sich die Ströme iR und iL aus. Der Gesamtstrom i ist die Summe der beidenEinzelströme. Im Zeigerdiagramm wählen wir als Bezug den Effektivwertzeiger der SpannungUq. Dann kennen wir die Richtungen der Einzelströme. Deren Effektivwerte IR und IL ergebensich aus dem Wirkwiderstand R bzw. dem Blindwiderstand XL. Anschließend werden dieEinzelströme unter Berücksichtigung der Phasenwinkel addiert, um den Zeiger des GesamtstromsI zu ermitteln.

    Bild 5.20: Zeigerdiagramm der Ströme bei Parallelschaltung von R und

    Wenn wir die Stromzeiger durch den Effektivwert der Spannung Uq dividieren, erhalten wir dasZeigerbild der Leitwerte.

    Bild 5.21: Zeigerdiagramm der Wechselstromleitwerte von R und L

    Für den Scheinleitwert ( die Admittanz) der Parallelschaltung von R und L ergibt sich:

    mit dem ohmschen Leitwert G und dem induktiven Blindleitwert BL.

  • 91

    i

    R XL~

    iR iL

    uq

    iC

    XC

    ϕ

    IC

    IL

    IR I

    Uq

    ϕ

    BC

    BL

    G Y

    I I IW B= +2 2

    Nun schalten wir noch einen Kondensator parallel.

    Bild 5.22: Parallelschaltung von R, L und C

    Der Strom IL eilt der Spannung um 90° nach. Der Strom IC eilt der Spannung um 90° vor. Im Zei-gerdiagramm der Ströme ergibt sich folgendes Bild:

    Bild 5.23: Zeigerdiagramm der Ströme bei Parallelschaltung von R, L und C

    Der durch den Wirkwiderstand R fließende Strom IR wir auch als Wirkstrom IW bezeichnet. DieDifferenz der Ströme IL und IC wird als Blindstrom IB bezeichnet. Es gilt

    Bild 5.24: Zeigerdiagramm von Wirk-, Blind- und Scheinleitwert bei Parallelschaltung vonR, L und C

  • 92

    α

    im

    AA2

    A1 re

    ( )Y G B B R L C

    RL

    C

    L C= + − =

    + −

    = −

    2 22 21 1

    ω

    ϕω

    ωarctan

    A A A A jA= + = +1 2 1 2

    Für den Betrag der Admittanz und die Phasenlage zwischen Spannung Uq und Gesamtstrom Igilt:

    5.7 Komplexe Zeiger in der Wechselstromtechnik

    Die Zeigerdarstellung von Spannung, Strom, Widerstand und Leitwert hat sich als sehr nützlichund einfach herausgestellt. Man gewinnt sehr schnell einen Überblick über die Verhältnisse imbetrachteten Netzwerk. Ein wenig störend ist jedoch, dass man immer zwei Ergebnisse bekommt,nämlich eins zur Länge der Zeiger und eins zur Phasenlage.

    Eine mathematische Darstellung, in der beide Informationen parallel und gemeinsam verarbeitetwerden, erhält man, wenn man sich mit den Zeigern in die Gauß´sche Zahlenebene begibt. Dannsind die Zeiger die graphische Darstellung von komplexen Zahlen. Sie besitzen einen Real- undeinen Imaginärteil.

    Bild 5.25: Komplexer Zeiger

    In der Mathematik wird als komplexe Einheit in der Regel das i verwendet. Bei der Anwendungin der Elektrotechnik würde das jedoch zu ständigen Verwechslungen mit dem Formelzeichenfür den Strom führen. Daher wird hier das j verwendet.

    Es gibt drei äquivalente Darstellungsformen für den komplexen Zeiger:

    1. Die kartesische Form

  • 93

    A A jmit

    A A AAA

    = +

    = + =

    (cos sin )

    ; arctan

    α α

    α12

    22 2

    1

    cos sinα α αα

    + =

    = ⋅

    j eA A e

    j

    j

    B j A jA j A j A j= = + = − + = + + +(cos sin ) ( sin cos ) (cos( ) sin( ))α α α α απ

    απ

    2 2

    j j j j j⋅ ⋅ = − ⋅ = −( )1

    Der Zeiger A ist hier dargestellt als die Summe zweier Zeiger A1 und A2. Der Zeiger A1weist in Richtung der reellen Achse. Aufgrund der Tatsache, dass er per Definition immerreell ist, kann auf die Unterstreichung verzichtet werden. A1 wird als Realteil bezeichnet.Der Zeiger jA2 weist immer in Richtung der imaginären Achse. Die Größe A2 ist reell undwird als Imaginärteil bezeichnet.

    2. Die trigonometrische Form

    Diese Darstellung hat den Vorteil, dass Betrag und Phasenwinkel sofort abgelesenwerden können.

    3. Die Exponentialform

    Mit der Eulerschen Gleichung erhält man

    Auch hier wird der Zeiger mit Betrag und Phase ausgedrückt.

    Alle drei Darstellungsformen sind ineinander überführbar. Je nach Anwendung kann einmal dieeine und einmal die andere besser geeignet sein.

    Kurze Wiederholung der wichtigsten Rechenregeln für komplexe Zahlen

    ! Die imaginäre Einheit j mit sich selbst multipliziert ergibt j#j = -1.

    ! Eine Multiplikation eines Zeigers mit der imaginären Einheit j bewirkt eine Drehung desursprünglichen Zeigers um 90° im mathematisch positiven Sinne. Die Länge (der Betrag)des Zeigers bleibt unverändert.

    ! Die Multiplikation eines Zeigers mit -j ergibt eine Drehung des Zeigers um 90° entgegender mathematisch positiven Richtung bzw. um 270° im mathematisch positiven Sinne.

  • 94

    C A B A jA B jB A B j A B C jC= + = + + + = + + + = +( ) ( ) ( ) ( )1 2 1 2 1 1 2 2 1 2

    A A A jA A jA A A⋅ = + ⋅ − = +* ( ) ( )1 2 1 2 12

    22

    U R I

    RUI

    GI

    U

    = ⋅

    = =;

    ddt

    Addt

    AedAdt

    e A j ddt ej j j= = + ⋅α α αα

    ddt

    Addt

    Ae j Ae j Aj t j t= = =ω ωω ω

    Adt Ae dtj

    Ae j Aj t j t= = =∫∫ ( )ω ωω ω

    1 1

    11j

    jj j

    jj=

    ⋅=

    −= −

    ! Die Division eines Zeigers durch j ist äquivalent mit der Multiplikation mit -j.

    ! Zwei Zeiger werden addiert, indem Realteile und Imaginärteile getrennt addiert werden.

    ! Die Multiplikation eines Zeigers mit dem konjugiert komplexen Zeiger liefert ein reellesErgebnis

    ! Die zeitliche Ableitung eines Zeigers liefert nach der Produktregel

    Wenn die Rotationsgeschwindigkeit und der Betrag wie in unserer Anwendung konstantsind, heißt das

    Das ist eine Drehung um 90° und eine Streckung um ω.

    ! Die Integration eines Zeigers, der mit konstantem ω rotiert und dessen Betrag konstantist, über der Zeit liefert

    Das ist eine Drehung um -90° und eine Streckung mit 1/ω.

    5.8 Die komplexe Darstellung von Widerständen und Leitwerten bei Wechselstrom

    1. Der ohmsche Widerstand

    Der ohmsche Widerstand R ist eine reelle Größe. Zwischen U und I entsteht eine Streckung mitdem ohmschen Widerstand bzw. dem ohmschen Leitwert.

  • 95

    ~

    A

    R Cu

    ZR XR X

    R j C

    R j C

    Rj RC j s VA

    AsV j

    C

    C

    =⋅+

    =⋅

    +=

    +=

    + ⋅ ⋅=

    +− −

    1

    1 1500

    1 100 500 10

    500

    1 21 5

    ω

    ωω π π

    Ω Ω

    U Lddt

    I j L I

    XUI

    j L BI

    U j Lj

    LL L

    = = ⋅

    = = = = = −

    ω

    ωω ω

    ;1 1

    Zj

    j e j=−

    +

    = − ⋅ = ⋅ − °500 1 2

    1 2

    144 2 226 39 268 41257 5

    ΩΩ Ω Ω

    ( ), , , ( , )

    π

    π

    I Cddt

    U j C U

    XUI j C

    jC

    BI

    Uj CC C

    = = ⋅

    = = = − = =

    ω

    ω ωω

    1 1;

    2. Die Induktivität

    Der komplexe Blindwiderstand der Induktivität ist rein imaginär. Die Spannung U entsteht ausdem Strom I durch Drehung im mathematisch positiven Sinne und Streckung mit ωL.

    3. Die Kapazität

    Der komplexe Blindwiderstand des Kondensators ist ebenfalls rein imaginär. Die Spannung Uentsteht aus dem Strom I durch Drehung entgegen der mathematisch positiven Richtung undStreckung mit 1/ωC.

    Beispiel zur Berechnung eines komplexen Scheinwiderstandes (der Reaktanz)

    Bild 5.26: Parallelschaltung von R und C

    Zahlenwerte: U = 230 V ; f = 50 Hz ; R = 500 Ω ; C = 10 µF

    Wir machen nun den Nenner reell, indem wir mit dem konjugiert komplexen Nenner erweitern.

  • 96

    im

    re144,2 Ω

    - j 226,4 Ω

    - 57,5°

    Z

    im

    re

    I

    57,5°

    0,46 A

    j 0,72 A

    | I | = 0,857 A

    U V e

    IUZ

    Ve

    A e

    j

    jj

    = ⋅

    = =⋅

    = ⋅− °°

    230230

    268 410 857

    0

    57 557 5

    ,,( , )

    ,

    Bild 5.27: Zeigerbild des Scheinwiderstands

    Es ist wieder sinnvoll, die Größe, die beiden Schaltungselementen gemeinsam ist, alsBezugsgröße zu wählen, also die Spannung U. Man nimmt die Spannung als rein reelle Größean.

    Der Strom eilt der Spannung vor. Das muss bei einer gemischt ohmsch/kapazitiven Last auch sosein.

    Bild 5.28: Zeigerbild der Ströme

    Wenn wir uns das Ergebnis für Z einmal genauer anschauen, stellen wir fest, dass dieses Ergebnisauch mit einer ganz anderen Bauteil-Kombination erreicht werden kann. Wenn man einenWiderstand und einen Kondensator in Reihe schaltet, erhält man auch einen Realteil und einennegativen Imaginärteil.

  • 97

    10 µF500 Ω144,2 Ω

    14,06 µF

    Z R jC

    j

    R

    j jC

    C VAs

    F

    = − = −

    =

    − ⋅ = −

    =⋅

    =

    1144 2 226 39

    144 2

    226 391

    1

    100 226 3914 06

    ω

    ω

    πµ

    , ,

    ,

    ,

    ,,

    Ω Ω

    PUR

    VW= = =

    2 2 2230500

    105 9Ω

    ,

    P I R A W= ⋅ = ⋅ =2 2 20 857 144 2 105 9, , ,Ω

    Die Parallelschaltung von oben verhält sich nach außen genau wie die Reihenschaltung mit densoeben gefundenen neuen Bauteilwerten.

    Bild 5.29: Parallelschaltung und äquivalente Reihenschaltung

    Kontrolle mit Hilfe der Wirkleistung

    Wenn die beiden Schaltungen wirklich äquivalent sind, muss an den ohmschen Widerständen inbeiden Fällen die gleiche Leistung in Wärme umgesetzt werden.

    Bei der Parallelschaltung liegt die Klemmenspannung U an R. Also ist die Wirkleistung:

    Bei der Reihenschaltung ist UR zunächst nicht bekannt. Man kann die Leistung aber über denStrom errechnen.

  • 98

    Q U IUX

    CU F V VarC CC

    = ⋅ = = = ⋅ ⋅ =2

    2 2 2100 10 230 166 2ω π µ ,

    S U I V A VA= ⋅ = ⋅ =230 0 857 197 11, ,

    Q U I I XIC

    AF

    VarC C C= ⋅ = ⋅ = = ⋅=2

    2 2 20 857100 14 06

    166 2ω π µ

    ,,

    ,

    S U I= ⋅ *

    S V A eVA j W j Var P jQ

    j= ⋅ ⋅= − ° + − ° = − = +

    − °230 0 857197 11 57 5 57 5 105 9 166 2

    57 5,, (cos( , ) sin( , )) , ,

    ( , )

    5.9 Wirk-, Blind und Scheinleistung

    Wir haben gerade die sog. Wirkleistung P berechnet und festgestellt, dass sie in beidenSchaltungen gleich groß ist. Die Wirkleistung wird am ohmschen Widerstand in thermischeLeistung umgewandelt. Multipliziert man die Effektivwerte von Klemmenspannung undKlemmenstrom der beiden obigen passiven Zweipole miteinander, erhält man die sogenannteScheinleistung S. Bei gemischten Schaltungen ist sie immer größer als die Wirkleistung. Hierbeträgt sie

    An der Einheit VA ist zu sehen, dass es sich um eine Scheinleistung handelt. Man schreibtbewusst nicht Watt. Die Einheit Watt ist der Wirkleistung vorbehalten.

    Die Scheinleistung kann man auch als Zeiger darstellen. Die Definition für die komplexeLeistung lautet

    Der Zeiger der Spannung wird mit dem konjugiert komplexen Strom multipliziert.

    In unserem Beispiel von oben ergibt das folgende komplexe Scheinleistung:

    Der Realteil der komplexen Scheinleistung ist die Wirkleistung P. Der Imaginärteil derkomplexen Scheinleistung wird als Blindleistung bezeichnet und erhält das Formelzeichen Qund die Einheit Var (Das r kommt aus dem englischen und steht für reactive power). In unseremBeispiel ist die Blindleistung negativ. Immer wenn der kapazitive Anteil des Blindwiderstandesüberwiegt, ist das so. Überwiegt der induktive Anteil, ist die Blindleistung positiv.

    Den Betrag der Blindleistung erhält man auch, wenn man die Effektivwerte von Spannung undStrom am Blindwiderstand miteinander multipliziert. Für die erste Schaltung (Parallelschaltung)erhalten wir

    In der zweiten Schaltung (Reihenschaltung) ist die Blindleistung

    Auch die Blindleistungen in den beiden Schaltungen sind gleich. Sie sind also auch in dieserHinsicht äquivalent.

  • 99

    im

    reϕ

    SjQ

    P

    Z R j L R jLR

    R j= + = + = +ω ω ωτ( ) ( )1 1

    S P QP SQ S

    = += ⋅= ⋅

    2 2

    cossin

    ϕϕ

    Die drei Leistungsarten stehen auf folgende Art miteinander in Beziehung:

    Bild 5.30: Wirk-, Blind- und Scheinleistung

    5.10 Ortskurven der Impedanz und der Admittanz

    Der Blindwiderstand von Spulen und Kondensatoren ist frequenzabhängig. Der ohmscheWiderstand ist nicht frequenzabhängig. So ergibt sich bei gegebenen Bauteilwerten für R, L undC ein frequenzabhängiger komplexer Scheinwiderstand. Wir betrachten zunächst einmal dieReihenschaltung von R und L.

    Der Quotient L/R wird auch als Zeitkonstante der Schaltung bezeichnet. Die Zeitkonstanteerhält das Formelzeichen τ.

    Wenn man die Frequenz variiert und den komplexen Scheinwiderstand aufträgt, erhält man diesogenannte Ortskurve von Z.

  • 100

    im

    R

    L

    reR

    Z

    ϕ

    ω

    ω = 0

    R

    L

    0,5

    1R

    Y

    im

    re

    -0,5 1R ω=

    ω= 0

    1R

    ω

    ( )Y

    IU Z R j L R j LR

    R

    j LRLR

    Rj

    = = =+

    = ⋅+

    =−

    +=

    −+

    1 1 1 1

    1

    1 1

    1

    1 112 2ω ω

    ω

    ω

    ωτωτ( )

    Bild 5.31: Ortskurve der Impedanz bei Reihenschaltung von R und L

    ω = 0 bedeutet übrigens nichts anderes, als dass die Schaltung mit Gleichspannung undGleichstrom betrieben wird.

    Der komplexe Leitwert dieser Reihenschaltung ist:

    Bild 5.32: Ortskurve der Admittanz bei Reihenschaltung von R und L

  • 101

    ωω

    ω

    00

    0

    10

    1

    LC

    L C

    − =

    =⋅

    Z R jZR

    = + −

    1 0

    0

    0ωω

    ωω

    QZR

    LCR

    = =0

    Z R j LC

    = + −( )ωω1

    fL C0

    12

    =⋅π

    Z R jLC

    LC

    = + ⋅ − ⋅

    ωω

    ωω0

    0

    5.11 Reihen- und Parallelschwingkreise

    Eine Reihenschaltung, die aus R, L und C besteht, bezeichnet man als gedämpften Reihen-schwingkreis. Die Impedanz Z dieser Anordnung ist

    Man sieht, dass es eine Kreisfrequenz geben muß, bei der der Imaginärteil zu Null wird.

    Diese Kreisfrequenz hat den Namen Resonanz-Kreisfrequenz. Betreibt man die Schaltung mitdieser Frequenz, bleibt von der Impedanz nur noch der ohmsche Widerstand übrig. Nur beiResonanz wird die Impedanz reell. Weicht man von der Resonanz-Kreisfrequenz ab, bekommtZ einen Imaginärteil und der Betrag von Z vergrößert sich.

    Kennt man die Resonanz-Kreisfrequenz, kennt man auch die Resonanz-Frequenz:

    Um zu einer allgemeinen Darstellung zu kommen, normieren wir die Kreisfrequenz

    Den Ausdruck nennen wir Kenn-Kreiswiderstand. Damit erhalten wirZ LC0

    =

    Der Quotient Z0/R heißt Güte. Er ist dimensionslos.

  • 102

    im

    reR

    Z

    ω

    ω = ω0

    R

    L

    C

    U U j U U I Z I R jQq R L C= + − = ⋅ = ⋅ + −( ) ( ( ))1 1 1

    Bild 5.33: Impedanz des gedämpften Reihenschwingkreises

    Bei kleinen Frequenzen verhält sich die Schaltung kapazitiv. Bei der Frequenz Null ist dieImpedanz unendlich. Wir erinnern uns: Frequenz Null heißt Gleichspannung und Gleichstrom.Der Kondensator lädt sich auf die Quellenspannung auf und es fließt kein Strom. Geht dieFrequenz gegen Unendlich, wird der kapazitive Widerstand zu Null, der induktive aberunendlich. Es fließt ebenfalls kein Strom.

    Den Zustand der Resonanz schauen wir uns nun einmal genauer an. Resonanz bedeutet, dass dieBeträge der Blindwiderstände von L und C gleich groß sind. Daher heben sie sich von außenbetrachtet auf. Ohne die Allgemeinheit einzuschränken, nehmen wir den Strom als reell an. Fürdie Spannungen an R, L und C gilt

    UR ist gleich der Klemmenspannung Uq. UL und UC sind bei Resonanz gleich groß. Wie groß siesind, hängt von der Güte ab. Ist die Güte größer als 1, wird die Spannung an den Blindwider-ständen größer als die Klemmenspannung. Das muß man wissen, wenn man die Spannungsfestig-keit der Bauteile dimensioniert! Der Strom wird bei Resonanz nur durch den ohmschenWiderstand bestimmt.

  • 103

    Q

    Q

    Q

    Q Q

    go

    go

    go

    go

    gogo

    go

    ωω

    ωω

    ω ωω ω

    ωω ω

    ω

    ωω ω

    ω

    0

    0

    202

    0

    2 002

    0 02

    02

    1

    1

    0

    2 2

    =

    −=

    − − =

    = +

    +

    Q

    Q

    Q Q

    gu

    gu

    gugu

    gu

    ωω

    ωω

    ωω ω

    ω

    ωω ω

    ω

    0

    0

    2 002

    0 02

    02

    1

    0

    2 2

    = −

    + − =

    = − +

    +

    ∆ω ω ω= −go gu

    Wir verstimmen nun die Frequenz so weit, bis die Phasenverschiebung ± 45° beträgt. DieDifferenz zwischen den beiden Kreisfrequenzen, bei denen diese Phasenverschiebung auftritt,bezeichnen wir als Bandbreite.

    Die obere Grenzfrequenz ist

    Die untere Grenzfrequenz ist

  • 104

    im

    reR

    Z

    ω

    45°45°

    ∆ω

    ωgo

    ωgu

    ω = ω0

    i

    R XL~

    iR iL

    uq

    iC

    XC

    ∆ωω

    = 0Q

    Bild 5.34: Bandbreite des Reihenschwingkreises

    Das positive Vorzeichen vor der Wurzel ergibt sich in beiden Fällen dadurch, dass die Frequenznicht negativ werden kann.

    Die Bandbreite ist also

    Betrachten wir nun den gedämpften Parallelschwingkreis. Er besteht aus der Parallelschaltungvon R, L und C.

    Bild 5.35: Parallelschaltung von R, L und C

  • 105

    0,5 R R

    im

    reω=

    ω

    ω = 0ω→∞ ω0

    Z RLC

    ZY

    Rj C

    Rj Z

    R

    jQL

    = =+ −

    =+ −

    =+ −

    1 11 1

    11 1 1

    10 0

    0

    0

    0ωω

    ωω

    ωω

    ωω

    ωω

    YR j L

    j CR

    j CL

    = + + = + −

    1 1 1 1ω

    ω ωω

    Seine Admittanz ist

    Bei Resonanz verschwindet auch hier der Imaginärteil. Es bleibt nur der ohmsche Leitwert übrig.Die Parallelschaltung von L und C benimmt sich, als sei sie gar nicht vorhanden. Sie wirdunendlich hochohmig. Das ist folgendermaßen zu erklären: Sowohl in XL als auch in XC mußStrom fließen. Der Strom in XL eilt der Spannung um 90° nach, der in XC eilt der Spannung um90° vor. Beide sind also gegeneinander um 180° phasenverschoben und sind gleich groß. Ist derAugenblickswert des Stromes in XL positiv, ist der in XC negativ und umgekehrt. Beide versorgensich gegenseitig mit Strom und brauchen keinen Strom von außen.

    Wir ermitteln nun den komplexen Scheinwiderstand dieser Parallelschaltung.

    Bild 5.36: Ortskurve der Impedanz des gedämpften Parallelschwingkreises

    5.12 Der Frequenzgang passiver Netzwerke, Bode-Diagramm

    Will man das Verhalten einer Schaltung bei veränderlicher Frequenz darstellen, ist dieFrequenzgangdarstellung genau so gebräuchlich wie die Zeigerdarstellung. Hier werden Betrags-und Phasengang getrennt dargestellt. Die Frequenz wird logarithmisch aufgetragen, ebenso derBetrag. Der Phasenverlauf bekommt eine lineare Achseinteilung.

    Wenn man logarithmisch aufträgt, braucht man Bezugswerte. Bei der Kreisfrequenz kann dasz.B. die Zeitkonstante oder die Resonanzkreisfrequenz sein. Beim Betrag kann irgendein

  • 106

    R

    Cuein uaus

    tanϕ ωτ= −

    UU

    I XU

    XZ

    C RC

    RCaus

    ein

    C

    ein

    C=⋅

    = =+

    =+

    =+

    11

    11

    112 2 2 2ω

    ωω ωτ( ) ( ) ( )

    markanter Wert als Bezugswert gewählt werden.

    Als erstes Beispiel betrachten wir die Reihenschaltung von R und C. Es soll der Frequenzgangder Spannung an C bezogen auf die Spannung Uein dargestellt werden.

    Bild 5.37: Vierpol aus R und C , Tiefpaßvariante

    Für den Betrag der Spannung am Kondensator erhalten wir

    Für ist die Übertragungsfunktion gleich 1. Für ergibt sich . Den Bereichωτ > 1 1ωτ

    dazwischen muß man sich genauer ansehen.

    Der Phasengang ist

    Beim Betrag der bezogenen Spannung geben wir den Wert in Dezibel (dB) an. Dazu verwendetman den Logarithmus zur Basis 10 und multipliziert ihn mit 20. Die gemeinsame Darstellung vonAmplituden- und Phasengang wird als Bode-Diagramm bezeichnet.

  • 107

    0,01 0,1 1 10 100

    -40

    -20

    0

    -45

    -90

    -20dB / Dekade

    ωτ

    ωτϕ /°

    20 loguausuein⋅

    R

    C

    uein uaus

    UU

    I RU

    RZ

    R

    RC RC

    aus

    ein ein=

    ⋅= =

    +=

    +=

    +2 2 2 211

    11 1( ) ( ) ( )

    ω ω

    ωτωτ

    tan ; arctanϕωτ

    ϕπ

    ωτ= = −1

    2

    Bild 5.38: Bode-Diagramm des Tiefpasses

    Bei kleinen Frequenzen ist die Spannung an C gleich der Eingangsspannung. Beide liegen inPhase. Bei der Grenzfrequenz ist die Amplitude auf - 3 dB abgesunken. Die Spannung Uaus eilthier der Spannung Uein um 45° nach. Bei hohen Frequenzen wird die Amplitude immer kleiner.Sie fällt mit -20 dB/ Dekade. Die Phase geht gegen -90°.

    Vertauscht man nun R und C, erhält man einen Hochpass.

    Bild 5.39: Vierpol aus R und C, Hochpaßvariante

    Die Spannung am Widerstand R ist

    Für den Phasengang erhalten wir

  • 108

    0,01 0,1 1 10 100

    -40

    -20

    0

    45

    90

    ωτ

    ωτ

    ϕ /°

    20 loguausuein⋅

    0,01 0,1 1 10 100

    Bild 5.40: Bode-Diagramm des Hochpasses

    Bei kleinen Frequenzen ist die Ausgangsspannung voreilend, aber sehr klein. Bei derGrenzfrequenz ist die Phase gleich +45°, die Amplitude gleich -3 dB. Weit oberhalb derGrenzfrequenz ist die Ausgangsspannung nach Betrag und Phase gleich der Eingangsspannung.

    Anwendung:

    Der Tiefpass findet Verwendung, um Signale, die unterschiedliche Frequenzanteile besitzen, zuglätten. Man entfernt die hohen Frequenzanteile. Man spricht in diesem Zusammenhang auch oftdavon, dass man einen Glättungskondensator einbaut.

    Der Hochpass wird angewendet, um die tiefen Frequenzen in einem Signal zu unterdrücken,speziell den Gleichspannungsanteil.

  • 109

    PS

    = cosϕ

    L RCU

    IC IL IR

    I IV

    5.13 Blindleistungs-Kompensation

    Wir wenden uns jetzt wieder der Energietechnik und damit der festen Frequenz f = 50 Hz zu. ImWechselstromnetz besteht häufig das Problem, dass die Verbraucher nicht rein ohmsch sind,sondern meistens ohmsch/induktiv. Es entsteht also beim Betrieb dieser Verbraucher induktiveBlindleistung. Das Ziel der Energieversorgung ist jedoch, Wirkleistung zum Verbraucher zubringen. Die Blindleistung ist eigentlich unerwünscht und führt dazu, dass in den Zuleitungenzwischen Energie-Erzeuger und -Verbraucher mehr Strom fließt als eigentlich notwendig. Diesererhöhte Strom erzeugt im Generator und an den Leitungen Stromwärmeverluste. Da man dieVerbraucher oft nicht ändern kann, muss man sich etwas anderes einfallen lassen.

    Die Lösung ist, einen Kondensator in der Nähe des Verbrauchers zu installieren. DerKondensator erzeugt kapazitive Blindleistung. Diese kapazitive Blindleistung kompensiert dieinduktive ganz oder teilweise. Über die Kapazität des Kondensators kann man einstellen, wie vielBlindleistung das Netz nun noch zur Verfügung stellen muss.

    Theoretisch kann man den Kondensator sowohl in Reihe zum Verbraucher als auch parallelschalten. Wenn man ihn in Reihe schalten würde, wäre die Klemmenspannung der Last nichtmehr die Netzspannung sondern irgendeine andere. Das ist nicht gewollt. Also wählt man dieParallelkompensation.

    In der Regel ist es auch noch so, dass die Verbraucher sich zu unterschiedlichen Zeitenunterschiedlich verhalten. Sie werden z.B. gelegentlich abgeschaltet. Um in solchen Situationennicht das Gegenteil von dem, was man eigentlich wollte, zu erreichen, kompensiert man dieinduktive Blindleistung häufig nur zum Teil. Es könnte sonst im Netz die kapazitive Blindlei-stung überwiegen und die Probleme wären die gleichen wie zuvor.

    Wenn Verbraucher auch Blindleistung aufnehmen, ist es üblich, auf dem Typenschild denLeistungsfaktor anzugeben. Er ist folgendermaßen definiert:

    Bild 5.41: Ohmsch/induktiver Verbraucher mit Kompensations-Kondensator

  • 110

    CL

    Q Q QU

    LCUL C

    =

    = + = − =

    1

    0

    2

    22

    ω

    ωω

    S U I UUR

    jUL

    U I jU I P jQV V W B V= ⋅ = + = ⋅ − ⋅ = +* ( )

    ω

    I U j CC = ⋅ ω

    jQ U I j U C

    Q U CC C

    C

    = ⋅ = − ⋅

    = − ⋅

    * ω

    ω

    2

    2

    An den Klemmen des Verbrauchers ist ein ohmsch/induktiver Scheinstrom IV zu messen. Er eiltder Spannung U nach. Der Zeiger der Scheinleistung ist bei reeller Spannung

    Die Scheinleistung hat einen positiven Imaginärteil, weil der Blindstrom einen negativenImaginärteil hat!

    Ohne Kondensator ist diese Scheinleistung vom Netz aufzubringen. Mit Kondensator fließt indiesem ein kapazitiver Blindstrom

    Dieser Strom eilt der Spannung um +90° vor. Die kapazitive Blindleistung ist negativ.

    Will man eine sogenannte Totalkompensation vornehmen, ist das Problem einfach zu lösen.Man wählt den Wert der Kapazität so, dass Resonanz eintritt.

    Vom Netz ist dann nur noch der Wirkstrom IW = IR zu liefern. Die vom Netz aufgenommeneScheinleistung wird reell und ist gleich der Wirkleistung, die an R umgesetzt wird.

    Die vom Verbraucher aufgenommene Scheinleistung SV ändert sich durch diese Maßnahmeübrigens nicht! Die Quelle für die aufgenommene Blindleistung ist aber nicht mehr das Netz,sondern der Kondensator. Die benötigte Blindleistung wird sozusagen „vor Ort“ erzeugt.

    Ist es das Ziel, nur einen Teil der induktiven Blindleistung zu kompensieren, hilft dasZeigerdiagramm der Leistung.

  • 111

    ϕ1 ϕ2

    S1 jQC

    jQ2

    jQ1 = jQL

    P

    S2

    Q U C

    CQU

    C

    C

    = −

    = −

    ω

    ω

    2

    2

    Bild 5.42: Wirk-, Blind- und Scheinleistung vor (Index 1) und nach ( Index 2) derKompensation

    Den Wert des notwendigen Kondensators erhält man wieder über

    Wenn man kompensiert, versucht man einen resultierenden Leistungsfaktor von mindestens 0,9zu erreichen. Das entspricht einen Winkel ! von höchstens 26°.

    Für große Abnehmer elektrischer Leistung ist die Kompensation eine wichtige Maßnahme zurEinsparung finanzieller Mittel. Großbetriebe zahlen für die von Netz bezogene Blindarbeit genauwie für die bezogene Wirkarbeit. Für die Blindarbeit allerdings etwas weniger. In Pri-vathaushalten ist die Kompensation nicht üblich. Sie wird wenn nötig vom Energieversorger anzentralen Punkten vorgenommen.