Agrarforschung Schweiz, Heft 10, Oktober 2014

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AGRAR FORSCHUNG SCHWEIZ Oktober 2014 | Heft 10 Agroscope | BLW | HAFL | AGRIDEA | ETH Zürich | FiBL Umwelt Tagfalter- und Widderchenvielfalt im Grünland der unteren Bergregion Seite 392 Pflanzenbau Züchtung feuerbrandrobuster Apfelsorten Seite 414 Kurzbericht Bakterien aus dem Wurzelbereich wirken gegen die Kraut- und Knollenfäule Seite 430

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Transcript of Agrarforschung Schweiz, Heft 10, Oktober 2014

AGRARFORSCHUNG SCHWEIZ

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Umwelt Tagfalter- und Widderchenvielfalt im Grünland der unteren Bergregion Seite 392

Pflanzenbau Züchtung feuerbrandrobuster Apfelsorten Seite 414

Kurzbericht Bakterien aus dem Wurzelbereich wirken gegen die Kraut- und Knollenfäule Seite 430

InhaltOktober 2014 | Heft 10

Die Kraut- und Knollenfäule ist eine der weltweit bedeu-tendsten Kartoffelkrankheiten. Forschende von Agroscope untersuchten Bakterien aus der Kartoffelpflanze auf ihr mögliches Hemmpotenzial gegen den Erreger der Kraut- und Knollenfäule für den schweizerischen Biokartoffelanbau. (Foto: Carole Parodi, Agroscope)

ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.

HerausgeberinAgroscope

Partnerb Agroscope (Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB;

Institut für Nutztierwissen schaften INT; Institut für Lebensmittelwissenschaften ILM; Institut für Nachhaltigkeits wissenschaften INH), www.agroscope.ch

b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern, www.blw.chb Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen, www.hafl.chb Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau und Lausanne, www.agridea.ch b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,

Departement für Umweltsystemwissenschaften, www.usys.ethz.chb Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, www.fibl.org

Redaktion Leitung und deutsche RedaktionAndrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse,Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 58 466 72 21, Fax +41 58 466 73 00

Französische RedaktionSibylle Willi, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse,Agroscope, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, Tel. +41 58 460 41 57

StellvertretungJudith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse,Agroscope, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, Tel. +41 58 460 41 82

E-Mail: [email protected]

Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Leiter Corporate Communication Agroscope), Evelyne Fasnacht, Erika Meili und Sibylle Willi (Agroscope), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (HAFL), Esther Weiss (AGRIDEA), Brigitte Dorn (ETH Zürich), Thomas Alföldi (FiBL).

AbonnementPreiseZeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten), inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–* * reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch

AdresseNicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux E-Mail: [email protected], Fax +41 58 466 73 00

AdressänderungenE-Mail: [email protected], Fax +41 31 325 50 58

Internet www.agrarforschungschweiz.chwww.rechercheagronomiquesuisse.ch

ISSN infosISSN 1663-7852 (Print)ISSN 1663-7909 (Internet)Schlüsseltitel: Agrarforschung SchweizAbgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz

© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.

Erfasst in: Web of Science, CAB Abstracts, AGRIS

391 Editorial

Umwelt

392 Tagfalter- und Widderchenvielfalt im Grünland der unteren Bergregion

Renate Heinzelmann, Gisela Lüscher und

Thomas Walter

Umwelt

398 Diversität arbuskulärer Mykorrhizapilze in Ackerkulturen bei Direktsaat und Pflug Claudia Maurer et al.

Umwelt

406 Bewässerungsanlagen als Ursache für die Nutzungsintensivierung von Grünland im Engadin

Roman Graf, Pius Korner und Simon Birrer

Pflanzenbau

414 Züchtung feuerbrandrobuster Apfelsorten

Markus Kellerhals et al.

Pflanzenbau

422 Behangsprognose bei Äpfeln

Simon Schweizer et al.

Kurzbericht

430 Bakterien aus dem Wurzelbereich hemmen den Erreger der Kraut- und Knollenfäule

Denise Bönisch, Lukas Hunziker und Laure

Weisskopf

434 Interview

436 Aktuell

439 Veranstaltungen

Sortenlisten

Beilage Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen 2015–2016

Daniel Suter et al.

Editorial

391Agrarforschung Schweiz 5 (10): 391, 2014

Liebe Leserin, lieber Leser

In den letzten Monaten standen Pflanzenschutzmittel im Fokus von Umwelt-

verbänden und Medien. Auch nach dem JA des Bundesrates zur Erarbeitung

eines Aktionsplans zur Risikominimierung und nachhaltigen Anwendung

von Pflanzenschutzmitteln geht die kritische Auseinandersetzung mit die-

sem Thema weiter. Rationale Argumente haben es jedoch schwer. Deshalb

exponieren sich selbst Experten nur mehr zögerlich. Es droht die Gefahr, dass

die Landwirtschaft ohne anerkannte wissenschaftliche Evidenz in der Wahl

ihrer Produktionsmethoden und -mittel eingeschränkt wird. Dies ist schade,

denn eine nachhaltige Landwirtschaft kann die Herausforderungen der

Zukunft nur mittels Innovationen, insbesondere effizienteren Produktions-

methoden und wirksameren, aber ressourcen-schonenderen Produktions-

mitteln meistern.

Öffentlicher Druck kann Innovation und Nachhaltigkeit beschleunigen

Öffentlicher Druck kann als Katalysator für Innovation und Nachhaltigkeit

wirken. Ein Beispiel ist das im Herbst 2013 verfügte temporäre Anwendungs-

verbot für drei Neonikotinoide. Dieses führte zu grosser Sorge für den Mais-

und Rapsanbau. Denn ohne gebeiztes Saatgut befürchtete man, Schädlinge

wie den Maiszünsler, den Rapserdfloh, die Kohlfliege oder den Drahtwurm

nicht mehr wirksam bekämpfen zu können. Noch sind die Konsequenzen des

Anwendungsverbots für die Produktion nicht absehbar. Es ist erstaunlich,

wie schnell im Zusammenhang mit den genannten Schädlingen Alternativen

zum chemischen Pflanzenschutz thematisiert wurden. Im Zentrum stehen

dabei die Prinzipien des integrierten Pflanzenschutzes, d.h. die gezielte

Kombination von Massnahmen biologischer, biotechnologischer, chemischer,

physikalischer, anbautechnischer oder pflanzenzüchterischer Art. Eine Pro-

duktionsmethode also, die erst als letzte Alternative auf chemische Pflanzen-

schutzmittel in der nötigen Menge und zum optimalen Zeitpunkt zugreift.

Diese Vorgehensweise muss weiterentwickelt werden und mit kultur- und

sektorspezifischen Leitlinien stärker in die geltenden Vorschriften einfliessen.

Agroscope: Wegbereiter des Integrierten Pflanzenschutzes

Agroscope kann beim Integrierten Pflanzenschutz auf langjährige Erfahrung

und Know-how zurückgreifen. Es ist ermutigend, dass sich gleich mehrere

Artikel in dieser Ausgabe direkt oder indirekt mit Aspekten und Möglichkei-

ten des integrierten Pflanzenschutzes auseinandersetzen. Dazu gehört die

Züchtung resistenter Kultursorten, die Weiterentwicklung von Produktions-

methoden, die zu suboptimalen Bedingungen für Schädlinge führen, sowie

die Erforschung und Entwicklung alternativer Pflanzenschutzmittelwirk-

stoffe.

Die Schweizer Agrarpolitik kann zusammen mit Agroscope eine Vorrei-

terrolle im integrierten Pflanzenschutz für die internationale Land- und

Ernährungswirtschaft übernehmen. Dazu bedarf es allerdings auf allen Ebe-

nen noch viel innovativer, vorausschauender Arbeit und des konstanten Dia-

logs mit der Öffentlichkeit.

Eva Reinhard, Stellvertretende Direktorin des Bundesamtes für Landwirtschaft BLW

Öffentlicher Druck – Katalysator für die Agrarforschung

392 Agrarforschung Schweiz 5 (10): 392–397, 2014

E i n l e i t u n g

Tagfalter und Widderchen sind auf eine reich struktu-

rierte Landschaft mit einer Vielzahl von unterschiedli-

chen Habitaten angewiesen. Die Intensivierung der

Landwirtschaft während der letzten 100 Jahre führte

dazu, dass viele für Falter geeignete Habitate wie Streu-

wiesen, magere Heuwiesen und extensive Weiden,

Hecken, Sträucher und Büsche stark reduziert wurden.

Dies und die stets intensiver werdende Nutzung der Pro-

duktionsflächen führten zu einem Rückgang der Falter-

vielfalt in der Kulturlandschaft (Walter et al. 2010).

Heute gilt rund ein Drittel der 226 in der Schweiz ein-

heimischen Arten der Tagfalter und Widderchen (Papi-

lionoidea, Hesperioidea und Zygaenidae) als gefährdet,

stark gefährdet oder gar vom Aussterben bedroht

(Wermeille et al. 2014). Besonders im intensiv genutz-

ten Mittelland und im Jura ging die Faltervielfalt wäh-

rend der letzten Jahrzehnte sehr stark zurück (Walter

et al. 2010).

Um dem Verlust der Artenvielfalt in der Schweizer Kul-

turlandschaft entgegenzuwirken, fördert der Bund

nicht nur die Anlage von Biodiversitätsförderflächen,

sondern auch den Biolandbau mit Ökobeiträgen, der

sich durch möglichst geschlossene Kreisläufe, umwelt-

verträgliche Methoden und den Verzicht auf che-

misch-synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel

auszeichnet. Tatsächlich wurde in biologisch bewirt-

schafteten Äckern eine höhere Faltervielfalt gefunden

als in nicht biologisch bewirtschaftetem Ackerland (z.B.

Rundlöf et al. 2008).

Die Auswirkungen des Biolandbaus auf die Arten-

vielfalt im Grünland hingegen, speziell in Berggebieten,

sind bisher kaum untersucht worden, obwohl über die

Hälfte der schweizerischen Bio-Landbaufläche (BLW

2013) in der Bergregion liegt.

Die vorliegende Arbeit untersuchte im Rahmen einer

Fallstudie, wie sich der Biolandbau im Grünland des

unteren Berggebiets auf die Artenvielfalt und Häufig-

keit von Faltern auswirkt. Sie war Teil des EU-Forschungs-

projekts «BioBio», in dem ein Indikatorset für Biodiversi-

tät in der Landwirtschaft erarbeitet wurde, das

Habitatvielfalt, Artenvielfalt und genetische Vielfalt mit-

einbezieht (Herzog et al. 2013).

M a t e r i a l u n d M e t h o d e

Studiengebiet und Versuchsflächen

Das Fallstudiengebiet befand sich in Stalden (OW). Die

Landschaft ist stark geprägt durch die intensiv betrie-

bene Milchwirtschaft. Gut ein Viertel der Betriebe wird

nach biologischen Richtlinien bewirtschaftet. Insgesamt

umfasst das Studiengebiet eine Fläche von 12 km² und

reicht von 600 bis 1200 m ü. M.

Aus den 66 Betrieben im Studiengebiet mit mindes-

tens 80 % landwirtschaftlicher Nutzfläche in Bergzone 2,

mit Rinder-, aber ohne Schweinebestand, wurden je

zehn biologisch bewirtschaftete (mindestens seit fünf

Jahren zertifizierte) und nicht biologisch bewirtschaf-

tete Betriebe zufällig ausgewählt.

Die gesamte Fläche dieser Betriebe wurde nach einer

modifizierten Variante der BioHab-Methode (Dennis et

Renate Heinzelmann, Gisela Lüscher und Thomas Walter

Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, 8046 Zürich, Schweiz

Auskünfte: Thomas Walter, E-Mail: [email protected]

U m w e l t

Tagfalter- und Widderchenvielfalt im Grünland der unteren Bergregion

Abb. 1 | Brauner Feuerfalter (Lycaena tityrus). (Foto: Yannick Chit-taro, SZKF)

Tagfalter- und Widderchenvielfalt im Grünland der unteren Bergregion | Umwelt

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Agrarforschung Schweiz 5 (10): 392–397, 2014

Gut ein Drittel der 226 Tagfalter- und

Widderchenarten in der Schweiz ist gefähr-

det. Viele für Falter geeignete Lebensräume

gingen durch die Intensivierung der Land-

wirtschaft verloren. Die biologische Land-

wirtschaft will dazu beitragen, die Artenviel-

falt im Kulturland zu erhalten. In dieser

Fallstudie wurde die Wirkung der biologi-

schen Landwirtschaft auf die Faltervielfalt

und -häufigkeit untersucht. Das Fallstudien-

gebiet umfasste Wiesen, Weiden und Hecken

der unteren Bergregion. Mit durchschnittlich

fünf Falterarten pro Fläche erwiesen sich die

untersuchten Flächen als sehr artenarm. Die

Anzahl Falterarten und -individuen unter-

schied sich nicht signifikant zwischen

biologischer und nicht biologischer Bewirt-

schaftung. Mit zunehmender Nutzungsinten-

sität nahm die Anzahl Falterarten ab. Zwi-

schen den untersuchten Habitattypen

variierte die Anzahl Falterarten stark. Auf

nährstoffärmeren, eher trockenen Wiesen

konnten deutlich mehr Tagfalter- und

Widderchenarten gezählt werden als auf

nährstoffreichen Wiesen oder bei Hecken.

Von den nachgewiesenen 40 Arten scheint

einzig der Braune Feuerfalter (Lycaena

tityrus) von der biologischen Bewirtschaf-

tung zu profitieren; er war auf deutlich mehr

biologischen als nicht biologischen Flächen

anzutreffen.

al. 2012) kartiert. Insgesamt wurden 25 Habitattypen

unterschieden.

Für die Falteraufnahmen wurden 13 Habitattypen

ausgewählt, die den folgenden fünf übergeordneten

Habitatgruppen zugeteilt wurden: nährstoffärmere

Wiesen, nährstoffreiche Wiesen, lineare Wiesenele-

mente, Feuchtwiesen und Hecken. Je nach Verfügbar-

keit und zu erwartender Faltervielfalt wurden für jeden

der 13 ausgewählten Habitattypen zwischen zwei und

acht Flächen zufällig als Probeflächen bestimmt. Die

Hälfte der ausgewählten Flächen pro Habitattyp wurde

biologisch bewirtschaftet, die andere nicht biologisch.

Insgesamt wurden 57 Flächen untersucht. Alle Flächen

waren südexponiert.

Die Nutzungsintensität der Probeflächen wurde

anhand von Interviews mit den einzelnen Bewirtschaf-

tern ermittelt. Aus den Angaben der Landwirte bezüg-

lich der Anzahl Schnitte pro Fläche und der Beweidungs-

intensität (GVE∙Weidetage/ha) wurde für jede

Probefläche, ausser den zwölf als Hecken klassifizierten

Flächen, die Nutzungsintensität geschätzt. Dabei wurde

ein Schnitt mit 70 GVE∙Weidetage/ha gleichgesetzt, was

einer extensiven Beweidung entspricht. Eine mit zwei bis

drei Schnitten wenig bis mittel intensiv genutzte Wiese

entspricht dann einer wenig bis mittel intensiv genutz-

ten Weide mit 140 respektive 210  GVE∙Weidetage/ha.

Damit ergibt sich eine gute Analogie der schnitt- und

weidebedingten Nutzungsintensitäten mit ihren Folgen

auf die Anzahl Tier- und Pflanzenarten (Walter et al.

2007). Für sieben Flächen wurde auf eine Schätzung der

Nutzungsintensität verzichtet, weil die Angaben aus den

Interviews bezüglich des Viehbesatzes zu ungenau

waren. Aber auch für die anderen Flächen war die Wei-

denutzung oft mit grosser Unsicherheit behaftet.

Falterkartierung

Die Tagfalter und Widderchen wurden auf jeder Probe-

fläche entlang eines 50-m-Transekts kartiert. Alle Falter-

arten und die Anzahl der Individuen pro Art, die sich

maximal in 2,5  m seitlicher Entfernung des Transekts

beziehungsweise 5  m vor oder über der Beobachterin

aufhielten, wurden registriert. Jeder Transekt wurde

zwischen dem 25. Mai und dem 26. August 2010 dreimal

begangen und jeweils zehn Minuten beobachtet. Die

Begehungen fanden zwischen 10  Uhr und 17  Uhr, bei

sonnigem Wetter, wenig Wind und nur bei Temperatu-

ren über 15 °C statt. Bei Transekten entlang einer Hecke

wurden sowohl die Falter in der Hecke, als auch jene auf

einem ca. 1  m breiten Vegetationsstreifen neben der

Hecke kartiert. Um das Artenspektrum im Fallstudienge-

biet möglichst gut zu erfassen, wurden zusätzlich Falter-

beobachtungen ausserhalb der Transekte notiert.

Umwelt | Tagfalter- und Widderchenvielfalt im Grünland der unteren Bergregion

394

Für die statistischen Analysen wurden die Daten der drei

Begehungen pro Transekt zusammengefasst.

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

Faltervielfalt im Studiengebiet

Auf allen 57 Transekten wurden insgesamt 595 Falterindi-

viduen und 35 Falterarten beobachtet. Ausserhalb der

Transekte wurden zusätzlich 77 Falterindividuen und fünf

Falterarten registriert. 36 der total 40 gefundenen Arten

sind gemäss Roter Liste (Wermeille et al. 2014) gesamt-

schweizerisch nicht gefährdet. Die häufigsten Arten

waren das Grosse Ochsenauge (Maniola jurtina), der Hau-

hechelbläuling (Polyommatus icarus), der Braune Waldvo-

gel (Aphantopus hyperantus), das Kleine Wiesenvögel-

chen (Coenonympha pamphilus) und der Braune

Feuerfalter (Lycaena tityrus). Zusammen machten diese

fünf Arten 65 % aller beobachteten Falter aus. Fünf Arten

sind gemäss Roter Liste (Wermeille et al. 2014) gefährdet,

und eine Art ist stark gefährdet. Diese Arten waren nur

mit wenigen Individuen vertreten. 14 Arten sind Leitarten

zur Erreichung der Umweltziele Landwirtschaft (BAFU

und BLW 2008). Die mit Abstand am häufigsten beobach-

tete Leitart war der Braune Feuerfalter (53 Individuen),

gefolgt vom Schachbrettfalter (Melanargia galathea,

20 Individuen) und dem Braunkolbigen Braundickkopffal-

ter (Thymelicus sylvestris, 14 Individuen).

Faltervielfalt und Bewirtschaftung

Die biologisch und nicht biologisch bewirtschafteten

Flächen im Fallstudiengebiet unterschieden sich kaum

bezüglich der Anzahl Falterarten und -individuen. Auf

biologisch bewirtschafteten Flächen wurden 4,9 ± 0,5

Falterarten (Mittelwert ± Standardfehler) und 11,4 ±

1,5 Falterindividuen gefunden, auf nicht biologisch

bewirtschafteten Flächen 4,8 ± 0,5 Arten und 9,6 ± 1,3

Individuen (Abb.  2). Mit durchschnittlich nur gerade

fünf Falterarten pro Fläche, unabhängig von der

Bewirtschaftungsart, sind die untersuchten Flächen als

falterarm zu bezeichnen. Qualitativ gute Flächen an fri-

schen Standorten beherbergen in der Regel 15 und

mehr Falterarten (Schneider und Walter 2001). Auf Flä-

chen an trockenen und feuchten Standorten ist die

Anzahl Falterarten in der Regel noch höher. Von den

untersuchten Flächen wiesen drei Flächen zehn und

mehr Arten auf, und nur eine dieser Flächen erreichte

mit 15 nachgewiesenen Arten die Qualitätskategorie

«gut».

Dieses Resultat überrascht nur bedingt, denn die

meisten der untersuchten Flächen wurden mittel-intensiv

genutzt. Gemittelt über die 38 Probeflächen mit bekann-

ter Nutzungsintensität (Mahd und Beweidung kombi-

niert) betrug die durchschnittliche Nutzungsintensität

192 ± 14 GVE x Weidetage/ha. Walter et al. (2007) konn-

ten für Weideland in der Schweiz (ohne Sömmerungsge-

biete) zeigen, dass die Falter- und Heuschreckenvielfalt

mit zunehmender Weideintensität deutlich abnimmt

und ab ca. 200 GVE x Weidetage/ha meist auf ein tiefes

Niveau sinkt. In der vorliegenden Studie nahm die Anzahl

Falterarten mit zunehmender Nutzungsintensität signifi-

kant ab (rSpearman = −0,42, p = 0,009, Abb. 3). Ähnlich wie

bei Walter et al. (2007) war aber die Varianz sehr gross,

und es gab einige Flächen, die trotz geringer Nutzung

nur wenige Falterarten aufwiesen.

Bewirtschaftung

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biologisch nicht biologisch

b)

Abb. 2 | Mittlere Anzahl Falterarten (a) und mittlere Anzahl Falterindividuen (b) pro Transekt auf biologisch (N = 29) bzw. nicht biologisch (N = 28) bewirtschafteten Flächen (± Standardfehler). Die Unterschiede sind statistisch nicht signifikant.

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 392–397, 2014

Tagfalter- und Widderchenvielfalt im Grünland der unteren Bergregion | Umwelt

395

Die Tierdichte auf Gesamtbetriebsebene war auf den

biologischen Betrieben mit durchschnittlich 1,7 GVE/ha

tendenziell geringer als auf den nicht biologischen

Betrieben mit durchschnittlich 2 GVE/ha. Ähnlich präsen-

tierte sich die Situation auf den 38 Flächen mit bekann-

ter Nutzungsintensität (Mahd und Beweidung kombi-

niert). Diese betrug auf den biologischen Flächen 171 ±

20 GVE x Weidetage/ha (Mittelwert ± Standardfehler)

und auf den nicht biologisch bewirtschafteten Flächen

216 ± 19 GVE x Weidetage/ha. Der Unterschied war sta-

tistisch nicht signifikant.

Deutliche Unterschiede zwischen den Habitaten

Im Gegensatz zur Bewirtschaftungsart gab es zwischen

den verschiedenen Habitaten deutliche Unterschiede

bezüglich der Anzahl Falterarten (F = 4,987, p = 0,002).

Mit 7,6 ± 0,9 Arten (Mittelwert ± Standardfehler) wur-

den auf den nährstoffärmeren Wiesen statistisch signifi-

kant mehr Arten gefunden als auf nährstoffreichen Wie-

sen (4,4 ± 0,4 Arten) und bei Hecken (3,5 ± 0,7 Arten,

Abb. 4). Auf den Feuchtwiesen (3,8 ± 1,1 Arten) und den

linearen Wiesenelementen (4,9 ± 1,1 Arten) wurden

zwar ähnlich viele Falterarten wie auf den nährstoffrei-

chen Wiesen gefunden, trotzdem unterschieden sich

diese Habitate bezüglich der Anzahl Falterarten nicht

statistisch signifikant von den nährstoffärmeren Wiesen.

Auf die Anzahl Individuen hingegen hatte das Habitat

keinen signifikanten Effekt. Die nährstoffärmeren Wie-

sen, die in den meisten Fällen auch als Trockenstandorte

klassiert waren, erwiesen sich mit durchschnittlich sie-

ben bis acht Arten pro Fläche als fast doppelt so arten-

reich wie die nährstoffreichen Wiesen an frischen Stand-

Für die Anzahl Falterindividuen pro Fläche konnte keine

signifikante Abnahme mit zunehmender Nutzung-

sintensität festgestellt werden (rSpearman = −0,28, p = 0,092).

Neben der Nutzungsintensität wird die Faltervielfalt auf

einer Fläche zusätzlich von vielen anderen Faktoren mit-

bestimmt, z.B. der Pflanzenvielfalt, der Exposition, der

Hangneigung oder der Nähe zum Wald (Aviron et al.

2007).

Die in dieser Studie gefundenen geringen Unter-

schiede zwischen biologisch und nicht biologisch bewirt-

schafteten Flächen einer Graslandregion stehen im

Gegensatz zu den Erkenntnissen aus dem Ackerland (z.B.

Rundlöf et al. 2008). Die Hauptursache dafür ist vermut-

lich auf die sehr ähnliche Nutzung des Graslands zurück-

zuführen. Der Bio-Landbau unterscheidet sich vom nicht

biologischen Landbau hauptsächlich durch den Verzicht

auf chemisch-synthetische Dünge- und Pflanzenschutz-

mittel. In der Fallstudienregion kamen Herbizide nur sehr

lokal zur Bekämpfung von Problemunkräutern zum Ein-

satz. Pflanzenschutzmittel wurden höchstens in Hausgär-

ten und vereinzelt zum Schutz von Obstbäumen einge-

setzt, und sowohl biologisch wie auch nicht biologisch

bewirtschaftete Flächen wurden mit Gülle und Mist

gedüngt. Für Tagfalter und Widderchen wichtige Bewirt-

schaftungsaspekte sind Schnittzeitpunkt und -häufigkeit,

sowie Weidezeitpunkt und -intensität (Oates 1995). Dafür

gibt es im Bio-Landbau keine strengeren Vorschriften als

im nicht biologischen Landbau. Biologisch bewirtschaf-

tete Flächen wurden oft genauso früh und ebenso häufig

geschnitten wie nicht biologisch bewirtschaftete. Einzig

aus ideellen Gründen könnten Biobauern ihre Flächen

etwas weniger intensiv nutzen (Kelemen et al. 2013).

0 100 200 300 400

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Nutzungsintensität [GVE*Weidetage/ha]

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Abb. 3 | Anzahl Falterarten (a) und Anzahl Falterindividuen (b) pro Transekt auf biologisch (Punkte, N = 20) bzw. nicht biologisch (Kreuze, N = 18) bewirtschafteten Flächen, aufgetragen gegenüber der Nutzungsintensität (Kombination aus Schnitt und Beweidung).

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396

Umwelt | Tagfalter- und Widderchenvielfalt im Grünland der unteren Bergregion

orten (durchschnittlich vier bis fünf Arten pro Fläche).

Dies widerspiegelt die Tatsache, dass sich potenziell

mehr Tagfalter- und Widderchenarten auf trockenen als

auf frischen Standorten entwickeln können (Schneider

und Walter 2001).

Vorlieben des Braunen Feuerfalters

Der Braune Feuerfalter (Lycaena tityrus) schien von der

biologischen Bewirtschaftung zu profitieren. Er war mit

einer absoluten Stetigkeit (Anteil der Flächen, auf denen

die Art vertreten ist) von 44,8 % bei biologischer Bewirt-

schaftung gegenüber 14,3 % bei nicht biologischer

Bewirtschaftung signifikant stetiger auf biologisch

bewirtschafteten Flächen vertreten als auf nicht biolo-

gisch bewirtschafteten Flächen (χ2 = 4,974, p < 0,05). Von

den anderen häufigen Arten waren das Kleine Wiesenvö-

gelchen und die Falter des Colias-hyale-alfacariensis-Kom-

plexes ebenfalls stetiger auf biologischen Flächen anzu-

treffen, aber die Unterschiede waren nicht statistisch

signifikant. Umgekehrt war der Braune Waldvogel steti-

ger auf nicht biologisch bewirtschafteten Flächen vertre-

ten, aber auch dieser Unterschied war nicht signifikant.

Die höhere Stetigkeit des Braunen Feuerfalters auf

biologisch bewirtschafteten Flächen lässt sich nicht damit

erklären, dass eine der Wirtspflanzen der Raupen oder

des Falters speziell durch die biologische Landwirtschaft

gefördert wurde. Von den Raupenfutterpflanzen des

Braunen Feuerfalters war einzig der Wiesensauerampfer

(Rumex acetosa) zahlreich im Studiengebiet vertreten. Er

kam auf fast drei Vierteln der biologisch, wie auch der

nicht biologisch bewirtschafteten Flächen vor. Der

Braune Feuerfalter ist eine typische Art von hochgrasi-

gen, blütenreichen Wiesen mit Sauerampfer (Rumex sp.)

und meidet stark gedüngte Wiesen (Schweizerischer

Bund für Naturschutz 1987). Als Schutz- und Fördermass-

nahmen für den Braunen Feuerfalter wird empfohlen,

besiedelte Wiesen höchstens zweimal zu mähen und nur

wenig zu düngen (Bolzern-Tönz und Graf 2007). Mögli-

cherweise profitiert der Braune Feuerfalter schon von

einer geringfügig weniger intensiven Nutzung des Gras-

lands, wie sie allenfalls auf biologischen Betrieben

erfolgt. Ob der Braune Feuerfalter tatsächlich durch die

biologische Bewirtschaftung von Grasland gefördert

wird, müsste in weiteren Fallstudien geprüft werden.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Die untersuchten Flächen im Fallstudiengebiet erwiesen

sich mehrheitlich als falterartenarm. Die Unterschiede

zwischen biologisch und nicht biologisch bewirtschafte-

ten Flächen bezüglich der Anzahl Arten und Individuen

von Tagfaltern und Widderchen waren gering. Einzig

der Braune Feuerfalter profitierte von der biologischen

Bewirtschaftung. Nährstoffärmere, eher trockene Flä-

chen beherbergten eine grössere Faltervielfalt als nähr-

stoffreichere Flächen an frischen Standorten. Die Anzahl

Falterarten nahm mit einer erhöhten Nutzungsintensität

ab. Unsere Resultate ergänzen die Ergebnisse von

Schneider et al. (2014), die im selben Fallstudiengebiet

(sowie in anderen Fallstudiengebieten des BioBio-Pro-

jektes) zeigen konnten, dass die Artenvielfalt entschei-

dend von der Habitatvielfalt, vor allem von halbnatürli-

chen Strukturen, abhängt – sowohl auf biologisch als

auch auf nicht biologisch bewirtschafteten Betrieben. n

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9

nährstoffärmereWiesen nährstoffreiche Wiesen Feuchtwiesen

lineareWiesenelemente Hecken

a

b ab

ab

b

Abb. 4 | Die mittlere Anzahl Falterarten pro Transekt (± Standardfehler) auf nährstoffärmeren Wiesen (N = 11), nähr-stoffreichen Wiesen (N = 22), Feuchtwiesen (N = 4), linearen Wiesenelementen (N = 8) und in Hecken (N = 12). Gruppen mit unterschiedlichen Buchstaben unterscheiden sich signifikant (p < 0,05, paarweise t-Tests mit Tukey’s HSD).

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 392–397, 2014

397

Tagfalter- und Widderchenvielfalt im Grünland der unteren Bergregion | Umwelt

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

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Agrarforschung Schweiz 5 (10): 392–397, 2014

Diversità di farfalle diurne e zigene nei prati

della regione montana meridionale

Circa un terzo delle 226 specie di farfalle diurne

e di zigene della Svizzera è minacciato. Molti

habitat favorevoli alle farfalle sono andati

perduti a causa dell'intensivazione dell'agricol-

tura. L'agricoltura biologica vuole contribuire

alla preservazione della diversità delle specie in

terreni coltivi. Nel presente caso di studio è

stato esaminato l'effetto dell'agricoltura

biologica sulla diversità e sulla frequenza delle

farfalle nei prati e pascoli. La regione studiata si

trova nella zona di bassa montagna. Con una

media di cinque specie di farfalle ciascuna, le

superfici esaminate si sono rivelate molto

povere di specie. Non si è osservata una

differenza significativa nel numero delle specie

di farfalle e degli individui tra la gestione

biologica e non biologica. All'aumentare

dell'intensità di utilizzazione diminuiva il

numero di specie. Tra i vari tipi di habitat

studiati variava notevolmente il numero di

specie di farfalle. Sui prati più poveri di sostanze

nutritive e alquanto secchi il numero di specie

era decisamente superiore rispetto ai prati ricchi

di sostanze nutritive o alle siepi. Delle 40 specie

documentate sembra che solo la farfalla Titiro

(Lycaena tityrus) tragga vantaggio dalla

gestione biologica. La sua presenza è stata

infatti registrata molto più spesso sulle superfici

biologiche rispetto a quelle non biologiche.

Butterfly and moth diversity in lower-mountain

region grassland habitats

Around one third of the 226 butterfly and moth

species in Switzerland are threatened owing to the

loss of suitable habitats caused by agricultural

intensification. Organic farming aims to contribute

to the conservation of species diversity in farm-

land. This case study investigates the impact of

organic farming on butterfly species richness and

abundance. The study site was located in the

lower-mountain zone of Switzerland and consisted

mainly of grassland habitats. With an average of

five species per habitat, butterfly species richness

was very low on the investigated land, and there

were no significant differences in species richness

or abundance between organic and non-organic

habitats. The number of butterfly species fell with

increasing management intensity, and varied

significantly between the different habitat types

investigated. Considerably more butterfly and

moth species were found on relatively dry, nutri-

ent-poor (i.e. extensively managed) meadows than

on nutrient-rich (i.e. intensively managed) mead-

ows or alongside hedgerows. Of the 40 species

identified, only the Sooty Copper (Lycaena tityrus)

seems to benefit from organic agriculture, occur-

ring significantly and consistently more often in

organic than in non-organic habitats.

Key words: grassland, organic farming, diurnal

butterflies, sooty copper (Lycaena tityrus).

398 Agrarforschung Schweiz 5 (10): 398–405, 2014

E i n l e i t u n g

Seit 1994 wird auf der Dauerbeobachtungsfläche «Ober-

acker» am Inforama Rütti in Zollikofen (BE) das Ziel ver-

folgt, einen ökonomisch, ökologisch und sozial verträgli-

chen Ackerbau unter Praxisbedingungen zu entwickeln

(Sturny et al. 2007). Dabei sollen ein Direktsaat- und ein

Pflugsystem im Hinblick auf Kulturwahl und -abfolge,

Düngerart und -menge, Pflanzenschutzmittelwahl und

-einsatz sowie Stroh- und Gründüngungsmanagement

optimiert werden.

Die Bodenorganismen spielen insbesondere für den

Erfolg des Anbausystems Direktsaat eine zentrale Rolle:

Neben den Regenwürmern, welche die Bodenstruktur-

bildung und den Abbau organischer Substanzen wesent-

lich mitbestimmen (Maurer-Troxler et al. 2005), sind Bak-

terien und Pilze die «Drehscheibe» für Pflanzenernährung

und -gesundheit. Rund 80 % aller Pflanzen nutzen die

Vorteile einer Partnerschaft mit Wurzelpilzen (Smith und

Read 2008): Diese so genannten Mykorrhizapilze bieten

den Pflanzen leichteren Zugang zu Nährstoffen, insbe-

sondere Phosphor, aber auch Stickstoff und Wasser,

Claudia Maurer1, Murielle Rüdy1, Andreas Chervet1, Wolfgang G. Sturny1, René Flisch2 und Fritz Oehl2

1Fachstelle Bodenschutz des Kantons Bern, Rütti, 3052 Zollikofen, Schweiz2Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, 8046 Zürich, Schweiz

Auskünfte: Claudia Maurer, E-Mail: [email protected]

Diversität arbuskulärer Mykorrhizapilze in Ackerkulturen bei Direktsaat und Pflug

U m w e l t

Abb. 1 | Luftaufnahme der Dauerbeobachtungsfläche «Oberacker» am Inforama Rütti in Zollikofen (BE) im Juni 2004. (Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)

Diversität arbuskulärer Mykorrhizapilze in Ackerkulturen bei Direktsaat und Pflug | Umwelt

399

Zusa

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Agrarforschung Schweiz 5 (10): 398–405, 2014

Auf der Dauerbeobachtungsfläche «Ober-

acker» am Inforama Rütti in Zollikofen (BE)

werden seit 1994 ein Direktsaat- und ein

Pflugsystem miteinander verglichen. In der

vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss

beider Anbausysteme und verschiedener

Ackerkulturen inklusive Gründüngungs-

gemengen auf die Vielfalt arbuskulärer

Mykorrhizapilze (AM-Pilze) untersucht.

Hierzu wurden Pilzsporen isoliert und

morphologisch bestimmt. Rund zwei Drittel

der insgesamt 39 identifizierten Arten waren

in beiden Anbausystemen vorhanden. In

allen Kulturen wurde bei Direktsaat ein

höherer Artenreichtum (15–21 Arten) und

eine höhere Diversität nach Shannon-Weaver

(H = 2,12–2,86) festgestellt als im Pflugsys-

tem (10–17 Arten bzw. H = 1,77–2,56). Beim

Wintergetreide zeigten sich tendenziell

niedrigere Artenzahlen als beim Anbau einer

Gründüngungsmischung. Die Charakterart

für das langjährige Direktsaatsystem ist

Septoglomus constrictum, diejenige für

die gepflügten Parzellen Funneliformis

caledonius. Die Förderung spezifischer

Mykorrhiza pilzgemeinschaften könnte einen

wesentlichen Beitrag für ein funktionieren-

des Direktsaatsystem leisten.

indem sie den Boden mit ihren Hyphen bis in kleinste,

von den Pflanzenwurzeln nicht mehr erreichbare Poren

erschliessen. Im Gegenzug geben die Pflanzen den Pil-

zen einen Teil ihrer assimilierten Kohlenhydrate ab.

Die meisten Acker- und Wiesenpflanzen leben in

einer relativ unspezifischen Symbiose mit arbuskulären

Mykorrhizapilzen (AM-Pilze). Weltweit sind ca. 270 AM-

Pilzarten beschrieben. Ihr Vorkommen wird hauptsäch-

lich von der Bodenbeschaffenheit und der Bewirtschaf-

tungsform bestimmt. Deshalb eignen sie sich als

Bioindikatoren in landwirtschaftlich genutzten Böden

(Oehl et al. 2011a). Die Förderung spezifischer

Mykorrhiza pilzgemeinschaften könnte einen wesentli-

chen Beitrag leisten für wasser- und nährstoffeffiziente

Anbausysteme (Köhl et al. 2014).

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Diversität der

Mykorrhizapilze in langjährigen Direktsaat- mit derjeni-

gen von Pflugparzellen zu vergleichen, Kultureffekte zu

bestimmen, Indikatorarten zu bezeichnen und die

Ergebnisse mit bereits vorhandenem Wissen zu diskutie-

ren.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Versuchsanlage und Probenahme

Die Dauerbeobachtungsfläche «Oberacker» befindet

sich auf einem tiefgründigen Braunerdeboden. Die sechs

nebeneinander liegenden Parzellen (Abb. 1) werden je

zur Hälfte direkt besät (Direktsaatsystem) beziehungs-

weise gepflügt (Pflugsystem). Die sechsjährige Frucht-

folge besteht aus Wintereiweisserbsen, Winterweizen,

Ackerbohnen, Wintergerste, Zuckerrüben und Silomais.

Im Februar 2011 wurden in allen zwölf Teilparzellen

Bodenproben aus 0–10 cm Tiefe entnommen. Je Teilpar-

zelle wurde eine Mischprobe aus 20 über die Parzelle

verteilten Einstichen gebildet (ca. 1 kg). Beprobt wurden

die Hauptkulturen Wintereiweisserbsen, Winterweizen

und Wintergerste, zwei Parzellen mit einem abfrieren-

den, aus mehreren Pflanzenarten zusammengesetzten

Gründüngungsgemenge nach den Vorkulturen Winter-

weizen und Wintergerste (Chervet und Sturny 2013),

sowie eine Parzelle mit einer nicht abfrierenden, kaum

etablierten Vorerntesaat aus Eiweisserbsen und Acker-

bohnen nach Zuckerrüben.

Bestimmung der AM-Pilze

Die Sporen der AM-Pilze wurden mit Hilfe einer kombi-

nierten Nasssiebung und Dichte-Gradient-Technik iso-

liert (Oehl et al. 2005) und unter dem Lichtmikroskop bei

400-facher Vergrösserung bestimmt (Błaszkowski 2012).

Für die AM-Pilze wurde die Systematik nach Oehl et al.

(2011b) verwendet. Glomus intraradices und Gl. irregu-

Umwelt | Diversität arbuskulärer Mykorrhizapilze in Ackerkulturen bei Direktsaat und Pflug

400

lare wurden dabei in eine Artengruppe zusammenge-

fasst, weil deren Unterscheidung an älteren Sporen nicht

immer zweifelsfrei möglich war. Die Sporendichte wurde

für jede Art als Anzahl Sporen pro 100 g lufttrockener

Boden bestimmt.

Statistik

Zur Charakterisierung der Diversität wurde für jede Kul-

tur beziehungsweise jede Teilparzelle (Kultur x Anbau-

system) der Diversitätsindex nach Shannon-Weaver mit

der Formel H = –Σ (ni / N) ln (ni / N) errechnet, wobei ni

die  Sporendichte der Art i darstellt und N die Gesamt-

sporendichte aller Arten einer Probe. Mit Hilfe des Mit-

telwertvergleichs (t-Test) wurden eventuell signifikante

Unterschiede zwischen den beiden Anbausystemen

geprüft. Mit der Redundanzanalyse konnten die Ein-

flüsse ausgewählter chemischer, physikalischer und bio-

logischer Begleitparameter (Tab. 1) auf die AM-Pilzge-

meinschaften und die daraus resultierende Parzellen- und

Systemgruppierung beziehungsweise -separierung ab-

geklärt werden.

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

Direktsaat: Stabile Artenzahl und hohe Diversität

Insgesamt wurden 39 AM-Pilzarten identifiziert, davon

38 Arten beim Direktsaat- und 25 Arten beim Pflugsys-

tem (Tab.  2 und 3). Die Anzahl identifizierter Arten in

den verschiedenen Kulturen (= Teilparzellen) schwankte

bei Direktsaat zwischen 15 und 21, bei Pflug zwischen

10 und 17. Auch der Mittelwertvergleich zeigte, dass bei

Direktsaat (Mittelwert 18,5) signifikant höhere AM-

Artenzahlen zu finden waren als im Pflugsystem (Mittel-

wert: 13,2; t-Test: p  <  0,01). In beiden Anbausystemen

konnten bei Wintereiweisserbsen mehr Arten (21/17)

nachgewiesen werden als bei Winterweizen (17/15),

Gründüngungsgemenge nach Winterweizen (17/14) und

bei Wintergerste (15/11). Beim Gründüngungsgemenge

nach Wintergerste und bei der Vorerntesaat nach Zucker-

rüben konnten im Direktsaatsystem so hohe Artenzahlen

identifiziert werden wie bei Wintereiweisserbsen, näm-

lich 21 respektive 20 Arten, im Pflugsystem dagegen nur

12 beziehungsweise 10. Bei der Vorerntesaat nach Zucker-

Anbausystem Direktsaat Pflug

Kultur (Teilparzelle) WEE WW WG GD nach WW GD nach WG VS nach ZR WEE WW WG GD nach WW GD nach WG VS nach ZR

Chemische Bodenparameter

organischer Kohlenstoff Corg (%) 1,46 1,40 1,56 1,48 1,61 1,73 1,37 1,33 1,48 1,38 1,58 1,30

pH-Wert pH (H2O) 6,0 6,4 6,3 5,9 6,1 6,6 6,4 6,2 6,4 6,4 6,5 6,1

Phosphor P1 164 165 177 153 195 195 177 177 225 182 212 78

Phosphor P2 31 30 25 26 30 25 30 29 23 28 19 11

Kalium K1 129 163 137 137 177 141 109 121 79 124 162 103

Magnesium Mg1 86 84 105 87 91 83 65 68 77 80 78 54

Calcium Ca1 1715 1959 2246 1782 1994 2492 1906 1802 2997 2279 2409 1113

Physikalische Bodenparameter   

Ton (%) 19 18 19 18 19 16 17 18 18 18 17 16

Biologische Bodenparameter   

Biomasse Regenwurmpopulation (g m-2)   

Epigäische Arten 8 8 20 11 23 7 8 8 16 6 15 5

Endogäische Arten 66 86 84 80 111 109 71 89 110 72 29 131

Anözische Lumbricus terrestris 29 57 60 127 56 53 0 0 10 9 7 0

Anözische Nicodrilus spp 33 86 43 7 64 72 25 10 9 2 20 25

Mikrobielle Biomasse (mg C kg-1), Basalatmung (mg CO2-C kg-1 d-1)   

Biomasse SIR 633 665 521 454 622 1007 388 290 346 400 494 320

Biomasse FEM 537 502 505 510 463 795 335 260 380 432 402 346

Basalatmung 80 83 81 85 84 126 39 26 40 61 49 24

Tab. 1 | Ausgewählte Bodenparameter, Dauerbeobachtungsfläche «Oberacker», Rütti-Zollikofen

1Ammonium-Azetat-Extraktion (mg kg-1)2CO2-Extraktion P-TestDie Werte wurden – je nach Parameter – zwischen 2006 und 2010 erhoben (Oberboden 0–20 cm, ausgenommen Regenwurmpopulation).WEE: Wintereiweisserbsen, WW: Winterweizen, WG: Wintergerste, ZR: Zuckerrüben, GD: Gründüngungsgemenge, VS: VorerntesaatSIR: Mikrobielle Biomasse mit substratinduzierter Respiration, FEM: Mikrobielle Biomasse mit Fumigations-Extraktionsmethode

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 398–405, 2014

Diversität arbuskulärer Mykorrhizapilze in Ackerkulturen bei Direktsaat und Pflug | Umwelt

401

hoher Sporendichte (Gruppe B, blauer Hintergrund) und

13 Arten mit relativ geringer Sporendichte (Gruppe C,

gelber Hintergrund). In letztgenannter Gruppe finden

sich mehrheitlich Arten, die für eine extensive Bewirt-

schaftung und konservierende Bodenbearbeitung oder

vor allem für Graslandstandorte typisch sind (Jansa et al.

2002, 2003; Oehl et al. 2005, 2010a, 2010b, 2011a; Wetzel

et al. 2014). Von allen 39 identifizierten Arten respektive

Artengruppen wurden nur zwei hauptsächlich oder aus-

schliesslich in den gepflügten Parzellen gefunden

(Gruppe D, roter Hintergrund).

Die multivariaten Analysen trennten die Sporenge-

meinschaften der beiden Anbausysteme Direktsaat und

Pflug deutlich voneinander (Abb. 2). Als Einzel-Variablen

betrachtet zeigten der organische Kohlenstoff im Boden

(Corg), das Anbausystem (Variable «Bodenbearbeitung»,

Abb. 2A) und die mikrobielle Biomasse (erhoben mittels

substratinduzierter Respiration [SIR] und Fumigation-

Extraktions-Methode [FEM], Abb. 2B) den grössten Ein-

fluss auf die Zusammensetzung der AM-Pilzgemein-

schaften. Signifikant waren Corg (P  =  0,016) und pH

(P = 0,034) bei den chemischen sowie die mit SIR erho-

bene Biomasse (P = 0,026) bei den biologischen Parame-

tern. Der Einfluss des Anbausystems auf die AM-Pilzge-

meinschaft zeigt sich somit indirekt über diese Parameter,

insbesondere über den höheren Gehalt an organischem

Kohlenstoff in der obersten Bodenschicht (0–10 cm) bei

Direktsaat (Müller et al. 2007). Eine höhere AM-Pilz-

rüben könnte die Erklärung darin liegen, dass die Zucker-

rübe eine nicht mykorrhizierfähige Kulturpflanze ist,

und dass bei der Zuckerrübenernte der Boden in den

obersten 10 cm stark bewegt wird. Dieser Eingriff scheint

sich aber nur in den regelmässig für die Saat der Haupt-

kultur gepflügten Parzellen negativ auszuwirken. Bei

Direktsaat blieb die Artenzahl hoch, die Interaktion Pilz-

Pflanze scheint stabiler zu sein.

Neben der Anzahl Arten ist auch deren Häufigkeit

beziehungsweise die Sporendichte zur Beschreibung der

Diversität wichtig (Tab. 3). Der Vergleich der Mittelwerte

über alle Kulturen (sechs Teilparzellen) zeigt einen höhe-

ren Diversitätsindex bei Direktsaat (H = 2,49) als bei Pflug

(H = 2,17, Tab. 2), allerdings mit einer geringen Signifikanz

(p  <  0,10). Beim Direktsaatsystem lagen die kulturspezifi-

schen Werte zwischen 2,12 und 2,86, beim Pflugsystem

zwischen 1,77 und 2,56. Die H-Werte für die Direktsaat sind

vergleichbar mit Werten, wie sie aus früheren Studien in

Mitteleuropa für biologische Anbauverfahren oder Gras-

landstandorte vorliegen (Oehl et al. 2004, 2005, 2010b).

Charakterarten bei Direktsaat und Pflug

Die Artenliste zeigt, dass etwa ein Drittel der Arten regel-

mässig in beiden Anbausystemen nachgewiesen werden

konnte (Tab. 3, Gruppe A mit 13 Arten beziehungsweise

12 Artengruppen, grauer Hintergrund). Die Mehrheit der

Arten, nämlich 24, wurde vornehmlich oder ausschliess-

lich bei Direktsaat gefunden, davon 11 Arten mit relativ

Anzahl Shannon-Weaver

AM-Pilzarten Diversitäts-Index (H)

Anbausystem Direktsaat Pflug Direktsaat Pflug

Kultur (Teilparzelle)

Wintereiweisserbsen 21 17 2,86 2,56

Winterweizen (WW) 17 15 2,46 2,51

Wintergerste (WG) 15 11 2,12 2,05

Gründüngungsgemenge nach WW 17 14 2,56 2,24

Gründüngungsgemenge nach WG 21 12 2,45 1,91

Vorerntesaat nach Zuckerrüben 20 10 2,49 1,77

Total aus allen Kulturen 37 25

Mittelwert über alle Kulturen 18,5 a 13,2 b 2,49 a 2,17 b

P (T-Test) 0,0051 0,0802

1Signifikanzniveau p < 0,01; 2Signifikanzniveau p < 0,1.

Tab. 2 | Anzahl identifizierter AM-Pilzarten und Diversitätsindex (H) nach Shannon-Weaver, Dauerbeobachtungsfläche «Oberacker», Rütti-Zollikofen.

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 398–405, 2014

Umwelt | Diversität arbuskulärer Mykorrhizapilze in Ackerkulturen bei Direktsaat und Pflug

402

Anbausystem Direktsaat Pflug

Kultur (Teilparzelle) WEE WW WG GD nach WW GD nach WG VS nach ZR WEE WW WGGD nach

WWGD nach

WGVS nach

ZR

Gruppe A: in beiden Anbausystemen häufig identifizierte AM-Pilzarten

Archaeospora myriocarpa 14 14 4 2 4 6 6 18

Archaeospora trappei 6 10 2 20 14 10 6 14 2 2

Claroideoglomus claroideum 12 8 16 10 18 14 6 10 14 32 34 18

Claroideoglomus luteum 2 4 8 6 2 4 2 2

Funneliformis geosporus 22 34 38 16 74 36 22 16 12 30 40 16

Funneliformis mosseae 22 6 28 4 4 40 14 14 24 14 4 54

Glomus aureum 4 6 4 8 26 2 4 2

Glomus diaphanum 10 6 64 6 16 28 2 12 30 10 16 6

Glomus intraradices & Gl. irregulare 4 4 10 4 2 10 6 6 4 6 4

Paraglomus lacteum 6 2 8 2 4 4

Paraglomus occultum 8 10 6 18 32 4 6 10 10 6 6

Paraglomus sp BE10 14 30 4 26 12 4 4 16 4 54 2

Gruppe B: vornehmlich oder ausschliesslich in Direktsaat identifizierte AM-Pilzarten mit relativ hoher Sporendichte

Acaulospora longula 4 2 2 8

Acaulospora paulinae 14

Acaulospora sieverdingii 12

Ambispora gerdemannii 10 6 8

Ambispora reticulata 22

Ambispora sp BE14 6 20 24 4 2 2

Claroideoglomus etunicatum 16 4 2 8 2 2

Glomus invermaium 22 10

Glomus microcarpum 2 12

Scutellospora calospora 6 24 30 8 4 4

Septoglomus constrictum 4 2 22 4 2 80 2

Gruppe C: vornehmlich oder ausschliesslich in Direktsaat identifizierte AM-Pilzarten mit geringer Sporendichte

Cetraspora armeniaca 8 2 2

Cetraspora helvetica 2

Cetraspora pellucida 2

Diversispora celata 4 2 2

Entrophospora infrequens 4 2 4

Funneliformis verruculosus 4

Gigaspora margarita 2

Glomus badium 4

Glomus fasciculatum 2 4 2

Glomus heterosporum 4

Glomus macrocarpum 6

Glomus sp BR11 2

Glomus sp BE13 8 4

Gruppe D: vornehmlich oder ausschliesslich im Pflugsystem identifizierte AM-Pilzarten

Funneliformis caledonius 2 2 2 8 16 18

Paraglomus sp BE12 2 6

Tab. 3 | Artenliste und Sporendichte der identifizierten AM-Pilzarten (Anzahl Sporen pro 100 g lufttrockener Boden), Dauerbeobachtungs-fläche «Oberacker», Rütti-Zollikofen.

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 398–405, 2014

WEE: Wintereiweisserbsen, WW: Winterweizen, WG: Wintergerste, ZR: Zuckerrüben, GD: Gründüngungsgemenge, VS: Vorerntesaat

Diversität arbuskulärer Mykorrhizapilze in Ackerkulturen bei Direktsaat und Pflug | Umwelt

403

diversität bei Direktsaat kann sich positiv auf die Nähr-

stoffaufnahme der Pflanzen, insbesondere von Phos-

phor, auswirken (Köhl et al. 2014).

Einige der aus Tabelle 3 formulierten Beobachtun-

gen wurden mit der Redundanzanalyse bestätigt: Fun-

neliformis caledonius und Paraglomus sp. BE12 grup-

pierten sich nahe den Pflug-Parzellen, während die

Mehrheit der AM-Pilze den Direktsaat-Parzellen deutlich

näher stand. Andere Arten, die gemäss Tabelle 3 überall

auftraten, zeigten eine mehr oder weniger deutliche

Zuordnung zur Direktsaat (z.B. Fu. geosporus oder Glo-

mus aureum) beziehungsweise zum Pflug (z.B. Fu. mos-

seae und Claroideoglomus claroideum). Diese Beobach-

tungen decken sich weitgehend mit anderen Studien

aus Mitteleuropa (Jansa et al. 2003; Oehl et al. 2005;

Wetzel et al. 2014).

Als Charakterarten in der Dauerbeobachtungsfläche

«Oberacker» können für die langjährig direkt besäten Par-

zellen Septoglomus constrictum, für die gepflügten Felder

Funneliformis caledonius ausgewiesen werden (Abb. 3).

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Nutzungsart und Bewirtschaftungsintensität haben

einen grossen Einfluss auf die AM-Pilzgemeinschaften in

Landwirtschaftsböden: Wiesen haben generell eine

höhere Vielfalt an AM-Pilzen als Äcker, extensive Bewirt-

schaftung erhöht die Artenzahl, intensive reduziert sie,

und in nicht oder wenig bearbeiteten Ackerböden fin-

den sich mehr AM-Pilzarten als in häufig bearbeiteten

(Oehl et al. 2011a). Letzteres bestätigen die vorliegen-

den Untersuchungen auf der Dauerbeobachtungsfläche

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 398–405, 2014

Abb. 2 | Redundanzanalyse der Sporendichte der 39 identifizierten AM-Pilzarten unter Einbezug der chemischen und physikalischen Bo-denparameter (A) bzw. der biologischen Bodenparameter (B) in der Dauerbeobachtungsfläche «Oberacker», Rütti-Zollikofen (Bodenparameter siehe Tab. 1).

Abkürzungen der AM-Pilzarten: Ac.lon = Acaulospora longula, Ac.pau = Ac. paulinae, Ac.sie = Ac. sieverdingii, Am.ger = Ambispora gerdemannii, Am.ret = Am. reticula-ta, Am.BE14 = Am. sp BE14, Ar.myr = Archaeospora myriocarpa, Ar.tra = Ar. trappei, Ce.arm = Cetraspora armeniaca, Ce.hel = Ce. helvetica, Ce.pel = Ce. pellucida, Cl.cla = Claroideoglomus claroideum, Cl.etu = Cl. etunicatum, Cl.lut = Cl. luteum, Di.cel = Diversispora celata, En.inf = Entrophospora infrequens, Fu.cal = Funneliformis caledonius, Fu.geo = Fu. geosporus, Fu.mos = Fu. mosseae, Fu.ver = Fu. verruculosus, Gi.mar = Gigaspora margarita, Gl.aur = Glomus aureum, Gl.bad = Gl. badium, Gl.dia = Gl. diapha-num, Gl.fas = Gl. fasciculatum, Gl.het = Gl. heterosporum, Gl.int = Gl. intraradices & Gl. irregulare, Gl.inv = Gl. invermaium, Gl.mac = Gl. macrocarpum, Gl.mic = Gl. micro-carpum, Gl.BR11 = Glomus sp BR11, Gl.BE13 = Glomus sp. BE13, Pa.lac = Paraglomus lacteum, Pa.occ = Pa. occultum, Pa.BE12 = Paraglomus sp BE12, Pa.BE10 = Paraglomus sp BE10, Sc.cal = Scutellospora calospora, Se.con = Septoglomus constrictum. Abkürzungen der Begleitparameter: A Bearbeitung = Pflug, Corg = organischer Kohlenstoff, K = Kalium, pH = pH H2O, Ca = Calcium, P1 = Phosphor Ammonium-Azetat- Extraktion, P2 = Phosphor CO2-Extraktion, Ton = Tongehalt. Das Diagramm erklärt 82,2 % der Varianz der Daten (x-Achse: 21,2 %; y-Achse: 17,8 %). B Epi = Bio masse epigäi-sche Regenwurmarten, Endo = Biomasse endogäische Regenwurmarten, LUM = Biomasse Lumbricus terrestris, NIC = Biomasse Anözische Nicodrilus spp, SIR = Mikrobielle Biomasse mit substratinduzierter Respiration, FEM = Mikrobielle Biomasse mit Fumigations-Extraktionsmethode. Das Diagramm erklärt 70,9 % der Varianz der Daten (x-Ach-se: 19,2 %; y-Achse: 16,4 %).

DS=Direktsaat

PF=Pflug

404

Umwelt | Diversität arbuskulärer Mykorrhizapilze in Ackerkulturen bei Direktsaat und Pflug

«Oberacker»: Hier hat sich seit dem Pflugverzicht 1994 in

den Direktsaatparzellen ein höherer Artenreichtum und

eine höhere Diversität von AM-Pilzen gebildet. Mehrere

Arten sind charakteristisch für den pfluglosen Anbau

und manche sind sogar auch typisch für Wiesenstand-

orte. Septoglomus constrictum kann auf dem «Ober-

acker» als Indikatorart für die langjährige Direktsaat

bezeichnet werden. Die Charakterart für die gepflügten

Parzellen ist Funneliformis caledonius. Bei den Kulturen

zeigten sich tendenziell niedrigere Artenzahlen von AM-

Pilzen in den Wintergetreidefeldern (Wintergerste, Win-

terweizen) als in den zwischenbegrünten Parzellen

(Gründüngungsgemenge, Vorerntesaat). Ein funktionie-

rendes Direktsaatsystem ist auf einen fruchtbaren,

belebten Boden angewiesen. Die Förderung von AM-

Pilzen respektive spezifischer AM-Pilzarten(-gruppen)

könnte einen wesentlichen Beitrag dazu leisten. n

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 398–405, 2014

Abb. 3 | AM-Pilzsporen ausgewählter Arten. (Fotos: Fritz Oehl, Agroscope)

A: Archaeospora trappei findet sich in allen Landwirtschaftsböden der Schweiz. Seine Sporen sind klein, weiss und doppelwandig (Aussen-wand AW, Innenwand IW). B: Entrophospora infrequens kommt in fast allen eher extensiv bearbeiteten Böden vor. Die Sporen sind doppel-wandig mit unzähligen kleinen Ringen auf der braunen Oberfläche. C: Scutellospora calospora reagiert wie Entrophospora infrequens emp-findlich auf intensive Bodenbearbeitung. Sie bildet dreiwandige Sporen (mit Mittelwand MW) an Vorzellen und besitzt helle, ovale Keimschei-ben. D: Septoglomus constrictum ist im «Oberacker» die Charakterart in den Direktsaatparzellen. Die dunklen Sporen sind erkennbar am ver-engten Hyphenansatz (Kondensator). E: Funneliformis mosseae (mit Trichter-Hyphenansatz) ist häufiger in den bearbeiteten Parzellen (SW=Sporenwand). F: Funneliformis caledonius besitzt grosse Sporen mit mehreren markanten Wandschichten (SWS1-4) und ist die Charak-terart der gepflügten Parzellen.

405

Diversität arbuskulärer Mykorrhizapilze in Ackerkulturen bei Direktsaat und Pflug | Umwelt

Ria

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nto

Sum

mar

y

Diversity of arbuscular mycorrhizal fungi in field

crops using no-till and conventional tillage practices

Since 1994, a comparison of no-till and conventional

tillage systems has been underway on the Oberacker

long-term field trial site at the Inforama Rütti educa-

tion and extension centre in Zollikofen, Berne canton.

The present paper investigates the influence of the

two cropping systems and various field crops, includ-

ing catch crop mixtures, on the diversity of arbuscular

mycorrhizal fungi (AM fungi). For this, fungal spores

were isolated and morphologically classified. Around

two-thirds of the 39 species identified were present in

both cropping systems. All crops were found to have

greater biodiversity and greater diversity according to

the Shannon-Weaver index in the no-till system (15–21

species and H = 2.12–2.86, respectively) than in the

conventional tillage system (10–17 species and H =

1.77–2.56, respectively). Winter cereals tended to

harbour a lower number of species than did a catch

crop mixture which was grown. The characteristic

species for the long-term no-till system is Septoglomus

constrictum, whilst Funneliformis caledonius is the

characteristic species for the plots under conventional

tillage. Encouraging specific mycorrhizal fungal

communities could make a substantial contribution

towards an efficient and effective no-till system.

Key words: arbuscular mycorrhiza diversity, no-till-

age, plough, cropping system, long-term field trial.

Diversità delle micorrize arbuscolari nelle colture

campicole: semina diretta e aratro a confronto

Dal 1994 sulla superficie di osservazione sul lungo

periodo «Oberacker», presso il centro Inforama Rütti

a Zollikofen (BE), vengono confrontate una tecnica di

semina diretta e una tecnica di lavorazione conven-

zionale con aratro. Nel presente lavoro è stata

studiata l'influenza di entrambi i sistemi di coltiva-

zione e di diverse colture campicole, incluse le

miscele da sovescio, sulla diversità delle micorrize

arbuscolari (funghi AM). A questo scopo sono state

isolate e determinate morfologicamente le spore dei

funghi. Approssimativamente due terzi delle 39

specie identificate in totale erano presenti in

entrambi i sistemi di coltivazione. In tutte le colture,

nel caso della semina diretta sono state rilevate una

maggiore ricchezza di specie (15–21 specie) e una

maggiore diversità secondo Shannon-Weaver

(H = 2,12–2,86) rispetto al sistema convenzionale

(10–17 specie e H = 1,77–2,56). Per i cereali invernali

sono state individuate tendenzialmente quantità

inferiori di specie rispetto alla coltivazione di una

miscela da sovescio. La specie caratteristica del

sistema di semina diretta pluriennale è il Septoglo-

mus constrictum, mentre quella dei lotti lavorati con

aratro è il Funneliformis caledonius. La promozione

di specifiche comunità di micorrize potrebbe

apportare un contributo fondamentale a un sistema

di semina diretta efficiente.

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Agrarforschung Schweiz 5 (10): 398–405, 2014

406 Agrarforschung Schweiz 5 (10): 406–413, 2014

E i n l e i t u n g

Das Engadin ist ein Hotspot der Biodiversität (Schmid et

al. 2000). Rund die Hälfte der landwirtschaftlich genutz-

ten Fläche unterhalb der Waldgrenze wird auch heute

noch extensiv bis wenig intensiv als Grünland genutzt

(Graf et al. 2014). Bei vielen Landwirtschaftsbetrieben

der Region machen Biodiversitätsförderflächen 40 bis

70 % der Betriebsfläche aus. Extensiv und wenig intensiv

genutzte Bergwiesen sind bekannt für hohe Artenviel-

falt und das Vorkommen gefährdeter Arten. Artenärmer

und naturschutzfachlich meist wenig bedeutend sind die

«intensiven Matten» (Baur et al. 1996, Studer 1971).

Zahlreiche Tierarten, welche im Mittelland und in ande-

ren Bergregionen selten geworden sind, kommen im

Engadin noch in beachtlichen Beständen vor. Bekanntes-

tes Beispiel dafür ist das Braunkehlchen Saxicola rubetra,

eine bodenbrütende Vogelart, die nirgends in der

Schweiz so grosse Bestandsdichten erreicht wie im

Unterengadin (Müller 1996).

Der Intensivierungsschub im Futterbau, welcher

weite Teile des Alpenraums erfasst hat, wirkte aber auch

im Engadin. Seit 1987/88 gingen in dieser Talschaft

unterhalb der Waldgrenze 22 % der Fläche mit für nähr-

stoffarme Standorte typischer Vegetation verloren.

Überdurchschnittlich grosse Verluste wurden in Gebie-

ten festgestellt, in denen neue Meliorationsprojekte

durchgeführt wurden (Graf et al. 2014). In inneralpinen

Lagen mit wenig Niederschlag ist die Errichtung moder-

ner Bewässerungsanlagen ein zentrales Element von

Meliorationsprojekten. Gleichzeitig ist gemäss «Operati-

onalisierung der Umweltziele Landwirtschaft – Arten

und Lebensräume» die Erhaltung und Förderung der

traditionellen Kulturlandschaft mit den vielfältigen

Klein strukturen und Trockenwiesen im Unterengadin

ein Schwerpunkt (Walter et al. 2013).

Wegen seiner grossen Bedeutung für die Biodiversi-

tät ist das Engadin eine bevor zugte Region für die Erfor-

schung landschaftsökologischer Themen. Die Schweizeri-

sche Vogelwarte führt dort ein langfristig und

grossflächig angelegtes Landschafts- und Brutvogelmo-

nitoring durch. Resultate aus diesem Projekt erlauben

es,  die Aus wirkungen von Bewässerungsanlagen auf

Vegetation und Nutzungsintensität abzu schätzen. Die

Beschreibung dieses Zusammenhanges ist Inhalt der vor-

liegenden Arbeit.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e

Untersuchungsgebiet und Bewässerung

Das Untersuchungsgebiet umfasst 24 Untersuchungs-

flächen mit total 1253 ha (Abb. 1). Sie liegen zwischen

Martina und Silvaplana im Engadin und sind über alle

Höhenlagen mit Mähwiesennutzung gleichmässig ver-

teilt. Es handelt sich also um eine repräsentative Aus-

wahl von Engadiner Wiesengebieten. Die Verteilung der

Un tersuchungsflächen bezüglich Höhe, Steigung und

Distanz zum nächsten Dorf oder Landwirtschaftsbetrieb

sind in Abbildung 2 dargestellt. Ortskundige Personen

zeich neten auf Karten ein, welche Flächen mit Sprinkler-

Anlagen bewässert werden. Bei Unsicherheiten wurde

die Grösse der bewässerten Fläche direkt mit den Bewirt-

schaftern geklärt. Erfragt wurde zudem, seit wann die

Anlage in Betrieb ist.

Vom Untersuchungsgebiet (1253 ha) wurden für die

vorliegende Analyse alle Flächen ausgeschlossen, welche

höher (> 1680 m ü. M.), steiler (> 32 %) oder weiter von

Siedlungen entfernt (> 1200 m) sind als die diesbezüg-

Wiesenbewässerung in Scuol, Unterengadin. (Foto: Roman Graf)

Roman Graf, Pius Korner und Simon Birrer

Schweizerische Vogelwarte Sempach, 6204 Sempach

Auskünfte: Roman Graf, E-Mail: [email protected]

Bewässerungsanlagen als Ursache für die Nutzungs-intensivierung von Grünland im Engadin

U m w e l t

Bewässerungsanlagen als Ursache für die Nutzungs-intensivierung von Grünland im Engadin | Umwelt

407

Zusa

mm

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ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 406–413, 2014

Im Rahmen eines Langzeitprojektes wurde im

Engadin auf 20 Untersuchungsflächen von

insgesamt 870 ha die Entwicklung der

Vegetation und der Nutzungsintensität in

bewässerten und nicht bewässerten Gebie-

ten verglichen. Der Fokus lag dabei auf der

Veränderung des Anteils extensiv bis wenig

intensiv genutzter Mähwiesen (darin

enthalten sind auch einige Übergangsbe-

stände zur mittelintensiven Nutzung). Dafür

standen entsprechende Kartierungen aus den

Jahren 1987/88 und 2009/10 zur Verfügung.

Wir stellten fest, dass nicht nur ältere,

sondern auch die neusten Sprinkleranlagen

in Gebieten errichtet wurden, die einen

grossen Anteil an extensiv und wenig

intensiv genutzten, naturschützerisch

wertvollen Wiesen enthalten. Bei Anlagen

aus den 1980er-Jahren lag der Anteil der

extensiv und wenig intensiv genutzten

Matten vor Beginn der Beregnung bei 40 %,

bei solchen aus den Jahren 2009/10 bei 56 %.

Unter den Anlagen aus den 1980er-Jahren

nahm der Anteil der extensiv und wenig

intensiv genutzten Matten seither drastisch

auf 13,5 % ab. Bei den neueren Anlagen ist

ein solcher Effekt noch nicht zu beobachten.

In Untersuchungsflächen mit Bewässerungs-

anlagen war auch ausserhalb des bewässer-

ten Gebietes eine Intensivierung feststellbar.

Umgekehrt hat der Anteil der extensiv und

wenig intensiv genutzten Matten in allen

Untersuchungsflächen ohne Bewässerungs-

anlagen zugenommen. Die von Projektanten

oft geäusserte Behauptung, dass neue

Bewässerungsanlagen einzig der Ertrags-

sicherung in Trockenjahren dienen und keine

Nutzungsintensivierung zur Folge haben,

trifft für unser Untersuchungsgebiet nicht zu.

lich extremsten bewässerten Gebiete (Abb. 2). Durch

diese Einschränkung wurden vier Untersuchungsflächen

ganz ausgeschlossen, und die verbleibende Fläche

beträgt 870 ha (Abb. 1).

Vegetations-, Intensitäts- und Nutzungsaufnahmen

In allen Untersuchungsflächen wurden Vegetation und

Nutzungsintensität 1987/88 und 2009/10 kartiert. Die

Flächen wurden vollständig abgeschritten und festge-

stellte Vegetations- und Nutzungsgrenzen wurden auf

Karten eingezeichnet. Flächen mit homogener Vege-

tation und einheitlicher Nutzungsintensität nennen wir

«Parzellen». Pro Untersuchungsfläche wurden 60 bis

277 Parzellen unterschieden. Nach einer für unsere Zwe-

cke angepassten Version des Schlüssels von Dietl et al.

1981 unterschieden wir 14 Vegetationstypen (Schweize-

rische Vogelwarte 2008). Für die Beurteilung der Nut-

zungsintensität bei der Kartierung 2009/10 wurde eine

verfeinerte Version des Schlüssels von 1987/88 mit den

fünf Intensitätsstufen «übernutzt», «intensiv bis mittelin-

tensiv», «wenig intensiv», «extensiv» und «brach, ver-

gandend» verwendet. Damit die Kartierungen von

2009/10 mit jenen von 1987/88 vergleichbar bleiben, wur-

den diese fünf Stufen für die vorliegende Arbeit gemäss

Tabelle 1 zu den drei Klassen «intensiv», «wenig intensiv

bis extensiv» und «vergandend» zusammengefasst. In

beiden Kartierungen wurden Übergangsbestände, deren

Nutzungsweise zwischen wenig und mittel intensiv war,

der Intensitätsstufe «wenig intensiv» zugeordnet. Solche

Übergangsbestände waren bei der Erstkartierung zum

Beispiel unterhalb von Sent recht häufig, und ihre Nut-

zungsintensität wurde von Botanikern, die dort in den

1980er-Jahren kartierten, zum Teil unterschiedlich beur-

teilt (M. Schneider, ART Reckenholz briefl.).

Die Bezeichnungen für die verschiedenen Intensitäts-

stufen werden ähnlich, aber nicht genau gleich, verwen-

det wie bei Dietl et al. (1992) oder in Artikel 44 der

Direktzahlungsverordnung (DZV) (Caillet-Bois et al.

2014). Die Abweichungen sind wie folgt zu erklären. Bei

Dietl et al. stehen der futterbauliche Wert und die Nut-

zungsperspektiven im Vordergrund. In der DZV wird die

Nutzungsintensität direkt, d.h. aufgrund der vom Land-

wirt vorgenommenen Bewirtschaftungsmassnahmen

definiert. Bei unseren Kartierungen hingegen stand der

naturschützerische Wert im Vordergrund, und wir

schliessen von einer beobachteten Vegetation auf eine

vermutete Bewirtschaftungsintensität.

Darstellung der Bewässerungssituation

Wir legten ein Punkteraster mit 25 m Punktabstand über

die Untersuchungsflächen. Aus unseren Untersuchun-

gen kennen wir für jeden Punkt den Vegetationstyp, die

Umwelt | Bewässerungsanlagen als Ursache für die Nutzungs-intensivierung von Grünland im Engadin

408

Intensität der Nutzung und ob, beziehungsweise seit

wann dort bewässert wird. Die Standortparameter

(Höhe über Meer, Geländeneigung und Distanz zur Sied-

lung) wurden in einem GIS ermittelt. Bewässerte und

nicht bewässerte Standorte wurden bezüglich der zwei

aggregierten Vegetationseinheiten «extensiv bis wenig

intensiv genutzte Matten» und «intensiv genutzte Mat-

ten» verglichen. Die übrigen kartierten Vegetationsein-

heiten (z. B. Weiden, Trockenrasen, Gehölze, Äcker) sind

im Kontext der vorliegenden Arbeit irrelevant, da sie im

Engadin nur selten bewässert werden.

Für die Darstellung der Daten wurde die Anzahl Stand-

orte mit gleicher Nutzung (d.h. extensiv bis wenig inten-

siv bzw. intensiv genutzt) und Bewässerungssituation

summiert und für die Umrechnung in Flächen mit 625 m²

(25 m × 25 m) multipliziert.

R e s u l t a t e

Bewässerung

Zum Zeitpunkt der zweiten Kartierung waren 160 ha mit

Sprinklern ausgerüstet. Das sind 18,3 % des Untersu-

chungsgebietes von 870 ha. In 9 der 20 Untersuchungs-

flächen befand sich gar keine Bewässerungsanlage, in

den übrigen elf Untersuchungsflächen wurden zwischen

7 und 59 % der Fläche bewässert. Wir unterschieden vier

Perioden, in welchen die Bewässerungsanlagen in

Betrieb genommen wurden (Abb. 3).

a) 1950 – 1976, also mindestens zehn Jahren vor der

ersten Kartierung 1987/88: 53,3 ha

b) zwischen 1980 und 1989 also weniger als zehn

Jahren vor der ersten Kartie rung: 91,9 ha

c) zwischen 2002 und 2007, also zwischen den beiden

Kartierungen 1987/88 und 2009/10: 14,8 ha

d) seit 2010, also erst nach der zweiten Kartierung

2009/10: 34 ha

Einfluss der Bewässerung auf die extensiv und wenig

intensiv genutzten Matten

Die Entwicklung des Anteils extensiv und wenig inten-

siv genutzter Matten war stark abhängig davon, ob

und seit wann bewässert wurde. In Gebieten, welche

schon lange mit Sprinklern bewässert werden (d.h. seit

mehr als zehn Jahren vor der ersten Vegetationskartie-

rung 1987/88), waren bereits 1987/88 nur kleinflächig

extensiv bis wenig intensiv genutzte Matten vorhan-

SentScuol

ArdezLa vin

Zernez

Bewässerungsanlagen seit 2010

Bewässerungsanlagen vor 2010

Untersuchungsflächen

Grenzen: Bundesamt für Landestopografie

Abb. 1 | Lage der Untersuchungsflächen (total 870 ha) im Unteren-gadin und Lage der bewässerten Flächen.

In der vorliegenden Arbeit bezeichnet als

2009/10 kartiert als 1987/88 kartiert als Nutzung

intensiv

übernutzt

oder

intensiv-mittelintensiv

intensiv

2–3 Nutzungen jährlich (Mahd oder Weide)

Düngung: Keine gesetzliche Mengenbeschränkung; Düngung erfolgt meist mit Gülle

wenig intensiv / extensiv1

wenig intensiv

oder

extensiv

wenig intensiv

oder

extensiv

1–2 mal gemäht und eventuell Im Herbst beweidet

Düngung, bei wenig intensiv (von Dietl für das Engadin empfohlen): alle 3–4 Jahre 10 t gut verrotteter Mist oder gar keine Düngung an stei-len Hängen. Durch die DZV wird etwa das dreifache der von Dietl emp-

fohlenen Menge erlaubt.

Düngung bei extensiv: keine

vergandend brach, vergandend vergandend keine Nutzung

1Bestände im Übergangsberiech wenig-intensiv/mittelintensiv werden hier eingeordnet.

Tab. 1 | Intensitätsstufen und Nutzungsart der Bergwiesen im Engadin

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 406–413, 2014

Bewässerungsanlagen als Ursache für die Nutzungs-intensivierung von Grünland im Engadin | Umwelt

409

In den Untersuchungsflächen mit Bewässerungsanla-

gen wurde auch das Gebiet ne ben den bewässerten

Bereichen intensiviert, allerdings weniger stark als

unter den Anlagen selbst (Abb. 5 a – h). Hingegen

haben extensiv und wenig intensiv genutzt Matten in

den neun Untersuchungsflächen, in denen gar keine

Bewässerungsanlagen stehen, überall zugenommen

(Abb. 5 i).

D i s k u s s i o n

Bewässerung durch Berieselung wurde im Engadin seit

Jahrhunderten betrieben (Bundi 2000). Bis Mitte des 20.

Jahrhunderts wurde diese arbeitsintensive Technik aber

praktisch aufgegeben. Riedener et al. (2013) konnten im

Wallis zeigen, dass traditionelle Berieselung und

moderne Sprinkleranlagen auf die Vegetation nicht

grundsätzlich anders wirken. Bezogen auf unser Unter-

suchungsgebiet bedeutet dies, dass trockenheitsresis-

tente Wiesentypen, v.a. Halbtrockenrasen, mit Aufgabe

der traditionellen Bewässerung wohl häufiger gewor-

den sind. Bereits ab ca. 1950 wurden dann erste Sprink-

ler-Anlagen eingerichtet. In grösserem Stil wurden sol-

che Anlagen aber erst seit ca. 1980 installiert. Man

könnte nun schliessen, dass mit der Wieder aufnahme

der Bewässerung der Zustand der Wiesen einfach wieder

auf jenen zur Zeit der traditionellen Berieselung vor

100 Jahren zurückgeführt wurde. Dem ist entgegen zu

halten, dass damals auch Wiesen mit guter Wasserver-

sorgung ganz anders genutzt wurden als heute. Die

Mechanisierung der Landwirtschaft war sehr gering, der

Erntevorgang deshalb über einen grossen Zeitraum ver-

teilt. Die Wiesen wurden fast ausschliesslich mit Mist

gedüngt. Dies ergab weniger üppige, artenreichere

Bestände. Silierungsverfahren und künstliche Heutrock-

nung kannte man nicht. Der Beginn der Heuernte

erfolgte deshalb allgemein später. So begann in einem

den (Tab. 2 und hellblaue Linie in Abb. 4). In Flächen,

in  denen die künstliche Beregnung erst kurz vor der

ersten Kartierung (1987/88) eingerichtet wurde – dies

betrifft eine Fläche von 91,7 ha – lag der Anteil der

extensiv bis wenig intensiv genutzten Matten damals

bei rund 40 %, ging aber bis zur Zweitkartierung

2009/10 auf 14 % (noch 12,9 ha) zurück (dunkelblaue

Linie in Abb. 4). Das entspricht einem Verlust von

24,6 ha. Intensiv genutzte Matten nahmen im Bereich

solcher Bewässerungsanlagen dementsprechend zu. Im

Bereich von neueren Anlagen beobachteten wir hinge-

gen keine Abnahme der extensiv und wenig intensiv

genutzten Matten (rote Linie in Abb. 4). In den nicht

bewässerten Bereichen gingen sowohl extensiv bis

wenig intensiv genutzte Matten als auch intensiv

genutzte Matten zwischen 1987/88 und 2009/10 leicht

zurück (Tab. 2, orange Linien in Abb. 4). Sie wurden teil-

weise in Weiden umgewandelt.

1200 1600 2000

2

4

6

8

10

Höhe [m ü.M.]

[% ]

0

0

2

4

6

8

10

Steigung [°]

[% ]

0 500 1000 2000

0

2

4

6

8

10

12

Distanz Siedlung [m]

[% ]

10 20 30 40

nicht bewässertbewässert

Abb. 2 | Verteilung der Untersuchungsflächen bezüglich der drei Landschaftsparameter Höhe, Steigung und Distanz zur Siedlung. Blau: bewässerte Flächen, grau: nicht bewässerte Flächen. Total 1235 ha.

1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010

0

10

20

30

40

50

Jahr

Fläc

he n

eu b

ereg

net [

ha]

Abb. 3 | Inbetriebnahme der modernen Bewässerungsanlagen im Untersuchungsgebiet. Die Jahreszahlen der älteren Anlagen sind ungefähre Angaben. Die zwei gepunkteten orangen Linien markie-ren den Zeitpunkt der beiden Kartierungen. Hellblau: «alte» Anla-gen; dunkelblau: kurz vor oder nach der ersten Kartierung erstellt; grau: kurz vor der zweiten Kartierung erstellt; rot: nach der zwei-ten Kartierung erstellt.

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 406–413, 2014

Umwelt | Bewässerungsanlagen als Ursache für die Nutzungs-intensivierung von Grünland im Engadin

410

dem Engadin benachbarten Hochtal (Sursés, Talboden

von Marmorera, ca. 1600 m ü. M.) anfangs der Fünfzi-

gerjahre die Heuernte jeweils anfangs Juli und erstreckte

sich, da damals noch von Hand gemäht wurde, sicher

über mehrere Wochen hin (Eidgenössische Technische

Hochschule Zürich, 1951).

Unsere Untersuchungen zeigen, dass der Anteil

extensiv und wenig intensiv genutzter Matten im Enga-

din stark mit der Bewässerungsdauer (in Jahren seit der

Installation) zusammenhängt. Im Bereich von Anlagen,

die schon lange betrieben werden, war der Anteil sol-

cher Wiesen bereits 1987/88 gering und veränderte sich

bis 2009/10 kaum. In Gebieten, die erst seit den 1980er

Jahren bewässert werden, ist hingegen eine deutliche

Abnahme der extensiv bis wenig intensiv genutzten

Matten zwischen 1987/88 und 2009/10 festzustellen. Ihr

Anteil ging dort in nur 22 Jahren auf 40 % des ursprüng-

lichen Bestands zurück. Interessant ist dabei die Beob-

achtung, dass der Rückgang nicht nur im effektiv bereg-

neten Areal nachzuweisen war, sondern auch im

näheren Umfeld.

Heute ist in unserem Untersuchungsgebiet eine

Segregationstendenz zu beobach ten: Bewässerung (mit

daraus folgender Intensivierung) findet auf produktive-

ren, das heisst tief gelegenen, nicht allzu steilen und

relativ siedlungsnahen Flächen statt (Abb. 1). Auf den

übrigen Flächen, wo keine Bewässerungsanlagen einge-

richtet wurden, nahm hingegen der Anteil der extensiv

bis wenig intensiv genutzten Matten leicht zu (Abb. 5 i).

Vergandungserscheinungen, die aufgrund dieser Ent-

wicklung befürchtet werden könnten, wurden bisher in

unserem Untersuchungsgebiet aber nur in relativ gerin-

gem Ausmass nachgewiesen (Graf et al. 2014).

In Planungsberichten und Informationsmaterial zu

Bewässerungsprojekten (z.B. Göpfert 2007, Amt für

Landwirtschaft und Geoinformation des Kantons Grau-

bünden, 2013) wird oft betont, dass Bewässerungsanla-

gen lediglich erstellt werden, um den Ertrag der Mäh-

wiesen in besonders trockenen Jahren zu sichern. Eine

Intensivierung der Nutzung sei keineswegs das Ziel.

Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass im Engadin durch

die Bewässerung eine deutlich intensivere Grünlandnut-

zung ermöglicht wurde und praktiziert wird (frühere

Mahd, mehr Schnitte). Neue Anlagen werden nicht nur

in Fluren erstellt, wo bereits produktive Fettmatten vor-

handen sind und tatsächlich Ertragssicherung im Vorder-

grund steht. Dies lässt sich in Sent beobachten (Abb. 6

und 7). Nicht bloss die älteren Anlagen bewässern ehe-

malige extensiv bis wenig intensiv genutzte Matten –

selbst wo erst seit 2010 mit modernen Anlagen beregnet

total [ha] davon extensive und wenig intensive Matten [ha] Ab- oder Zunahme [%]

1987/88 2009/10

nicht bewässert 709,9 249,3 216,8 -13,0

bewässert seit 1950-76 53,2 4,9 3,6 -27,8

bewässert seit 1980-89 91,7 37,4 12,9 -65,6

bewässert seit 2002-07 14,9 3,8 4,4 +16,4

total [ha] davon intensive Matten [ha] Ab- oder Zunahme [%]

1987/88 2009/10

nicht bewässert 709,9 226,4 220,8 -2,5

bewässert seit 1950-76 53,2 29,9 32,9 +10,0

bewässert seit 1980-89 91,7 40,9 67,8 +65,6

bewässert seit 2002-07 14,9 10,5 9,9 -5,4

Tab. 2 | Veränderung der Flächen extensiv bis wenig intensiv genutzter Matten (oberer Tabellenbereich), sowie der Fläche intensiv genutz-ter Matten (unterer Tabellenbereich) zwischen 1987/88 und 2009/10 und in Abhängigkeit der Bewässerung (Periode der Inbetriebnahme). Die Ab- oder Zunahme ist die Veränderung relativ zur Fläche bei der Kartierung 1987/88.

0

10

20

30

40

Ante

il [%

] ext

ensi

ver u

nd w

enig

inte

nsiv

erM

atte

n in

Flä

chen

, wel

che

...

1987/88 2009/10

... seit 1950−76 bewässert werden

... seit 1980−89 bewässert werden

... seit 2002−07 bewässert werden

... nicht bewässert werden

Abb. 4 | Entwicklung des Anteils extensiv bis wenig intensiv ge-nutzter Matten (zwischen 1987/88 und 2009/10) in Abhängigkeit des Zeitpunkts der Inbetriebnahme der Bewässerungsanlagen (die absoluten Flächenwerte sind im oberen Bereich der Tabelle 2 ange-geben).

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 406–413, 2014

Bewässerungsanlagen als Ursache für die Nutzungs-intensivierung von Grünland im Engadin | Umwelt

411

Bei neuen Meliorationsprojekten muss den bereits in

Lüscher et al. (1998) formulierten Grundsätzen konse-

quent Beachtung geschenkt werden. Gebiete mit beson-

ders hohen Naturwerten (Grundlagen für das Engadin

u.a. in: Waldis und Graf 1996, Pfister et al. 1997, Müller

et al. 2008) sollen in einer frühen Projektphase als

wird, war dieser Wiesentyp bis vor kurzem grossflächig

vorhanden. 2009/10, also kurz vor Inbetriebnahme der

Anlagen, kartierten wir auf der neu beregneten Fläche

in Sent 56 % extensiv bis wenig intensiv genutztes und

44 % mittelintensiv bis intensiv genutztes Grünland.

Im Bereich von Bewässerungsanlagen, die 2002 – 2007

erstellt wurden, haben wir zwischen den beiden Kartie-

rungen (1987/88 bzw. 2009/10) keine Zunahme der

intensiv genutzten Wiesen festgestellt. Wir vermuten,

dass für eine markante Veränderung der Matten noch

zu wenig Zeit verstrichen ist. Allerdings zeigen Peter et

al. (2008) für eines dieser Gebiete (Sent) mit Kartierun-

gen aus den Jahren 1975 – 1986 und 2002 – 2004, dass

bereits vor Inbetriebnahme der modernen Bewässerung

jene Arten zugenommen haben, die bei Intensivnutzung

konkurrenzfähig sind. Gleichzeitig nahmen die natur-

schützerisch wertvollen Arten ab. Zukünftige Kartierun-

gen werden zeigen, wie sich das Verhältnis von extensiv

bis wenig intensiv zu intensiv genutzten Matten unter

diesen Anlagen entwickeln wird.

Sent

0

20

40

60

80

100

40,7 ha19,1 ha

26,2 ha

4,2 ha

(a)

exte

nsiv

e un

d w

enig

inte

nsiv

e M

atte

n [%

]

Ils Clues

0

20

40

60

80

10062,7 ha

5,4 ha

44,6 ha

2,5 ha

(b)Duasassa

0

20

40

60

80

100

14,1 ha

5,9 ha

3,5 ha

8,2 ha

2,4 ha1,5 ha

(c)

Planbe

0

20

40

60

80

10024,1 ha

2,4 ha

12,2 ha

0,2 ha

(d)Sanclinous

0

20

40

60

80

100

5,3 ha

3,4 ha0,8 ha

3,9 ha0,9 ha0,1 ha

(e)Bos Cha

0

20

40

60

80

100

10,1 ha3,1 ha0,6 ha

13,6 ha4,2 ha

0 ha

(f)

Crusch Nusch

0

20

40

60

80

100

1,5 ha1 ha

2,1 ha1,7 ha

(g)

1987/88 2009/10

Fops

0

20

40

60

80

100

2,1 ha

0,2 ha0,7 ha1,9 ha

(h)

1987/88 2009/10

Flächen ohne Bewässerung

0

20

40

60

80

100 (i)

1987/88 2009/10

exte

nsiv

e un

d w

enig

inte

nsiv

e M

atte

n [%

]ex

tens

ive

und

wen

igin

tens

ive

Mat

ten

[%]

Abb. 5 | Wie Abbildung 4, aber separat für einzelne Untersuchungsflächen: Entwicklung des Anteils extensiver Matten zwischen 1987/88 und 2009/10 in Abhängigkeit des Bewässerungsregimes. Dargestellt sind acht Untersuchungsflächen, in denen mindestens 2 ha extensive und wenig intensive Matten mit Sprinklern beregnet wurden (a bis h), sowie zusammengefasst alle neun vollständig nicht bewässerten Untersuchungsflächen (i).

Abb. 6 | Bau neuer Bewässerungsanlagen im Bereich schützens-werter Salbei-Glatthaferwiesen (Sent 2010). (Foto: Roman Graf)

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 406–413, 2014

412

Umwelt | Bewässerungsanlagen als Ursache für die Nutzungs-intensivierung von Grünland im Engadin

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Schwerpunktgebiete für Biodiversitätsschutz und -för-

derung bezeichnet werden. Vor Ort tätige Schutzorgani-

sationen und sonstige Akteure des Lebensraumschutzes

sind beratend beizuziehen und die Beurteilung des

Schutzwertes bestimmter Landschaftselemente darf

nicht allein auf Bundesinventare abgestellt werden.

Zumindest aber sollen diese Inventare vor Projektbeginn

im Feld auf ihre Vollständigkeit überprüft werden.

Artenreiche, wenig intensiv genutzte Goldhaferwiesen

sind für bodenbrütende Vogelarten, aber auch für Tag-

falter besonders wichtig und essentiell für den land-

schaftlichen Reiz des Unterengadins und vieler anderer

Bergtäler. Im Bundesinventar der Trockenwiesen und

-weiden von nationaler Bedeutung sind sie nicht enthal-

ten (Eggenberg et al. 2001). Deshalb muss dieser Wiesen-

typ bei der Planung von Bewässerungsprojekten speziell

erfasst und vorab als «nicht bewässerbar» definiert wer-

den. Nebst dieser Forderung weisen wir auf die grosse

Bedeutung der gesamtbetrieblichen Biodiversitätsbera-

tung und der Naturschutz-Vertragsflächen im Engadin

hin. Diese Instrumente haben nach unserer Einschätzung

bereits erfolgreich zum Erhalt der artenreichen Wiesen

beigetragen und sollen daher nach Möglichkeit weiter

ausgebaut werden. n

Bewäs-serungs-start

2010

2010

1980er

1980er

Intensität bei Bewäs-serungsstart

intensiv

extensiv /wenig intensiv

intensiv

extensiv /wenig intensiv

0 500 m

Abb. 7 | Untersuchungsfläche Sent. Ein Teil der schraffierten Flächen wurde vor Inbetriebnahme extensiv genutzt. Bei einem weiteren Teil war die Nutzung zwischen wenig und mittelintensiv.

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 406–413, 2014

413

Bewässerungsanlagen als Ursache für die Nutzungs-intensivierung von Grünland im Engadin | Umwelt

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

Sprinkler systems as a cause of intensifica-

tion of grassland use in the Swiss Engadin

During a long-term monitoring from 1987

to 2010, changes in vegetation and

land-use intensity at irrigated versus

non-irrigated study sites were investi-

gated in the Swiss Engadin. Specifically,

vegetation surveys were compared

between the years 1987/88 and 2009/10 to

identify whether and how proportions of

extensively used (no-input) hay meadows

to low-intensity meadows changed

(including a range of meadows used at

intermediate intensity).

We discovered that not only older but also

the latest sprinkler systems were set up in

areas covering a high proportion of

extensively used meadows of conserva-

tion concern. Before the survey, 40 % of

the vegetation around sprinklers installed

in the 1980s was extensively or less

intensively used. The same was true for

56 % of the vegetation around sprinklers

installed by 2009/10.

The proportion of low-intensity meadows

under irrigation systems from the 1980s

decreased drastically to 13.5 %. For newer

sprinkler systems, such an effect was not

observed. Study areas holding irrigation

systems experienced general land-use

intensification, also outside the irrigated

area. Conversely, the proportion of

extensively and less intensively used

meadows has increased in all study areas

without irrigation systems.

Managers involved in irrigation projects

have repeatedly affirmed that additional

irrigation systems were installed solely to

achieve stable yields in dry years, and that

these additions would not lead to further

land-use intensification. This assertion,

however, does not apply to the study sites

presented here.

Key words: irrigation, Engadin, intensifica-

tion, unimproved grassland, semi-dry

meadows.

Gli impianti di irrigazione come causa

dell'intensificazione dello sfruttamento

dei prati in Engandina

Nell'ambito di un progetto a lungo

termine, in Engadina si è confrontato lo

sviluppo della vegetazione e dell'intensità

di sfruttamento in regioni irrigate e non

irrigate. La superficie totale esaminata

comprendeva 870 ha, suddivisi in 20 super-

fici campione. Ci si è concentrati sui

cambiamenti della percentuale di prati da

sfalcio estensivi e poco intensivi (tra questi

sono comprese anche alcune associazioni

vegetali intermedie verso uno sfrutta-

mento mediamente intensivo). A questo

scopo avevamo a disposizione cartografie

corrispondenti stese negli anni 1987/88 e

2009/2010. Abbiamo constatato che non

soltanto quelli vecchi ma anche gli

impianti d'irrigazione a pioggia più recenti

sono stati installati in regioni che com-

prendono un'elevata percentuale di prati

estensivi e poco intensivi di alto valore dal

punto di vista della protezione della

natura. Nel caso degli impianti risalenti

agli anni 1980, la percentuale di prati

estensivi e poco intensivi prima dell'irriga-

zione a pioggia era del 40 %, nel caso di

quelli risalenti agli anni 2009/2010 era del

56 %. A seguito dell'uso degli impianti

risalenti agli anni 1980, la percentuale dei

prati estensivi e poco intensivi è drastica-

mente calata al 13,5 %. Nel caso degli

impianti più recenti questo effetto non è

ancora riscontrabile. Sulle superfici con

impianti d'irrigazione esaminate si è

riscontrata un'intensificazione dello

sfruttamento anche al di fuori delle

parcelle irrigate. Inversamente, su tutte le

superfici senza impianti d'irrigazione

esaminate la percentuale di prati sfruttati

in modo estensivo o poco intensivo è

aumentata.

L'affermazione dei fautori dei progetti,

secondo la quale nuovi impianti d'irriga-

zione servirebbero solo ad assicurare il

raccolto in caso di anni di siccità senza

avere quale conseguenza un'intensifica-

zione dello sfruttamento, nella regione da

noi esaminata non risulta valida.

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 406–413, 2014

414 Agrarforschung Schweiz 5 (10): 414–421, 2014

lung. Der Schwerpunkt der Arbeiten lag bisher beim

Apfel.

Die Projekte umfassten folgende Arbeiten:

•• Prüfung der Triebanfälligkeit von möglichen Elternsor-

ten und fortgeschrittenen Zuchtnummern mit künstli-

cher Triebinfektion im Gewächshaus

•• Künstliche Blüteninfektion im Gewächshaus und unter

Freilandbedingungen

•• Molekulare Kartierung von Resistenz-Loci im Erbgut

•• Einführung der starken Feuerbrandresistenz aus

Wildäpfeln in fortgeschrittene Selektionen mittels

Generationsbeschleunigung

•• Prüfung der Funktionalität eines Feuerbrandresistenz-

Kandidatengens

•• Pflanzung von Pilotanlagen mit vielversprechenden

feuerbrandrobusten Apfel- und Birnensorten bezie-

hungsweise -züchtungen

•• Identifikation von Neuzüchtungen mit Potenzial für

den Hochstammanbau

Eine Herausforderung der Apfelzüchtung sind Generati-

onszyklen von vier bis fünf Jahren von der Kreuzung bis

zur Blüte der Nachkommen. Hinsichtlich der Einkreuzung

von Feuerbrandresistenzen ist die Juvenilität besonders

bedeutsam, da in heutigen Kulturapfelsorten wohl mehr

oder weniger robuste, aber keine feuerbrandresistenten

Sorten bekannt sind. Starke Resistenzen sind in Wildäp-

feln enthalten, welche aber viele unerwünschte Eigen-

schaften wie geringe Grösse und ungünstige Fruchtquali-

tät mitbringen. Um den genetischen Ballast der

Wildeigenschaften loszuwerden und eine bekömmliche

Kultursorte zu erhalten, sind vier bis fünf Pseudo-Rück-

kreuzungen mit Kultursorten nötig. Bei einer Generati-

onszeit von vier bis fünf Jahren ergibt dies für eine Kul-

tursorte mit Wildapfelresistenz eine Züchtungsdauer von

20 bis 25 Jahren. Deshalb wendeten wir neben einem

gentechnischen Ansatz zur Blühinduktion Early Flowe-

ring (Patocchi 2014), welcher an dieser Stelle nicht

beschrieben wird, eine Methode Fast Track mit konventi-

oneller Züchtung an. Fast Track bezeichnet verschiedene

E i n l e i t u n g

Agroscope treibt in Kooperation mit wissenschaftlichen

und produktionsorientierten Partnern die Züchtung

von feuerbrandrobusten Kernobstsorten voran. Haupt-

ziel von Projekten der letzten sechs Jahre, welche vor

allem durch das Bundesamt für Landwirtschaft finan-

ziert wurden, war die effiziente Züchtung feuerbrand-

robuster Apfel- und Birnensorten mit hohem Markt-

wert. Eine Besonderheit der Projekte bestand im Bogen

von der Grundlagenforschung zur Praxisanwendung.

Neben Agroscope waren folgende Partner beteiligt:

ETH Zürich (Gruppe von Prof. Cesare Gessler), Lubera AG

und Fruture GmbH (private Apfelzüchtung) und die

VariCom GmbH, welche Agroscope-Obstsorten in den

Markt einführt.

Vor sechs Jahren standen nur wenige feuerbrandro-

buste Sorten, meist mit keinem oder geringem Markt-

wert, zur Verfügung. Heute gibt es aussichtsreiche

robuste Sorten und resistente Sorten sind in Entwick-

Züchtung feuerbrandrobuster Apfelsorten

Markus Kellerhals1, Simone Schütz1, Isabelle O. Baumgartner1, Julia Schaad1, Thomas Kost2, Giovanni Broggini1

und Andrea Patocchi1

1Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 8820 Wädenswil, Schweiz2ETH Zürich, USYS, Plant Pathology Group (IBZ), 8092 Zürich, Schweiz

Auskünfte: Markus Kellerhals, E-Mail: [email protected]

Apfelsämlinge mit eingekreuzter Feuerbrandresistenz von Wildäpfeln. Die Anzucht erfolgt im Gewächshaus mit der Fast Track-Methode.

P f l a n z e n b a u

Züchtung feuerbrandrobuster Apfelsorten | Pflanzenbau

415

Zusa

mm

enfa

ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 414–421, 2014

Im Rahmen von Projekten, welche das

Bundesamt für Landwirtschaft finanzierte,

prüfte Agroscope 215 Apfelzüchtungen und

–sorten mit einem Triebtest im Gewächshaus

auf ihre Feuerbrandanfälligkeit. Ausgewählte

Sorten wurden zudem in speziell gesicherten

Anlagen im Freiland auf Blütenanfälligkeit

untersucht. Die Projekte ermöglichten zudem

die genaue Lokalisierung eines Feuerbrandre-

sistenzgens aus dem Wildapfel «Malus

robusta 5» und eine anschliessende Prüfung

seiner Wirksamkeit durch den Einbau des

Resistenzgens in die anfällige Sorte «Gala».

Die Methode Fast Track dient der beschleu-

nigten Entwicklung feuerbrandresistenter

Marktsorten.

Ansätze zur Verkürzung des Generationszyklus (van

Nocker und Gardiner 2014). Beim Fast Track von Agro-

scope werden die Sämlinge aus Kreuzungen mit Wildäp-

feln mittels kontrollierter und optimierter Wuchsbedin-

gungen im Gewächshaus möglichst schnell zur Blüte

gebracht. In den Projekten wurde insbesondere mit den

feuerbrandresistenten Wildapfelherkünften «Malus x

robusta 5» (Resistenzlocus FB_MR5) und «Evereste»

(Resistenzlocus Fb_E) gearbeitet. «Malus x robusta 5»

(MR5) ist ein bekannter feuerbrandresistenter Wildapfel

mit Ursprung im östlichen Asien. Die Resistenz wurde als

sehr wirksam eingestuft, aber seit längerem ist bekannt,

dass Stämme vom Feuerbrandbakterium (Erwinia amylo-

vora) existieren, welche diese Resistenz durchbrechen

können (Norelli et al. 1986). Eine einzelne Mutation im

AvrRpt2EA-Gen des Pathogens ist ausreichend, um die

FB_MR5 Feuerbrandresistenz zu durchbrechen (Vogt et

al. 2013). Solche Mutationen erfolgen spontan und es ist

möglich, dass mutierte virulente Stämme bereits in der

Schweiz vorhanden sind oder leicht entstehen könnten.

Um die Feuerbrandresistenz von MR5 für züchterische

Zwecke effektiv und nachhaltig zu nutzen, muss sie

unbedingt mit anderen Feuerbrandresistenzen kombi-

niert (pyramidisiert) werden. Peil et al. (2007) veröffent-

lichten die Identifizierung und Kartierung eines Quanti-

tative Trait Locus (QTL) für die Feuerbrandresistenz von

MR5 in einer Kreuzung MR5 x «Idared». Diese Feuer-

brandresistenz wurde auf der Spitze der Kopplungs-

gruppe 3 (linkage group) des Apfels identifiziert. Mit

weiteren Arbeiten konnte die Region der Feuerbrandre-

sistenz eingegrenzt, isoliert und mittels Next-Genera-

tion-Sequencing sequenziert werden. Die in silico Ana-

lyse der gewonnenen Sequenzen erlaubte die

Identifikation eines Kandidatengens für die MR5-Feuer-

brandresistenz, das zur Resistenzgenfamilie NBS-LRR

gehört und FB_MR5 genannt wurde. FB_MR5 enthält

eine Coiled-coil Domäne, ein Nucleotide-Binding-Site

sowie mindestens 23 Leucin-Rich-Repeats-ähnliche Ele-

mente (LRR) (Fahrentrapp et al. 2013). Diese Motive sind

charakteristisch für pflanzliche Resistenzgene gegen

Bakterienkrankheiten.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Triebtestungen im Gewächshaus

Zwischen 2009 und 2014 wurden 215 interessante Zucht-

nummern und Sorten von Agroscope auf ihre Triebanfäl-

ligkeit getestet. Dafür wurden über 2500 Triebspitzen mit

E. amylovora inokuliert und bonitiert. Für die Triebtestung

wurden Reiser der zu testenden Zuchtnummern auf Wur-

zelunterlagen M9vf T337 veredelt. Jeweils zwölf Bäume

pro Zuchtnummer wurden in Rosentöpfen (35,5 cm hoch,

7 cm Durchmesser) im Gewächshaus angezogen. Die Infek-

tion erfolgte im Sicherheitsgewächshaus bei einer Trieb-

länge von ca. 15 – 40 cm, indem E. amylovora direkt in die

Triebspitze gespritzt wurde (CH-Stamm FAW610 Rif, Konz.

= 109 cfu/ml) (Rezzonico und Duffy, 2007). Während drei

Wochen wurden alle sieben Tage die Länge des gesunden

Triebabschnitts bis zur sichtbaren Läsion (Abb. 1) sowie die

Gesamttrieblänge gemessen. Als Referenzen dienten

«Gala» (anfällig) und «Enterprise» (robust).

Die Triebanfälligkeit wurde bewertet, indem die Läsi-

onslänge in Prozent der Gesamttrieblänge ermittelt

wurde. Für den Vergleich über mehrere Jahre wurde die

Läsionslänge in Prozent der Gesamttrieblänge relativ zu

«Gala» berechnet. Die meisten in der Triebtestung unter-

suchten Genotypen wurden molekular auf die Anwesen-

heit des Feuerbrandrobustheits-QTLs von «Fiesta» Chro-

mosom 7 (FBF7) anhand der beiden flankierenden

SCAR-Marker AE10 – 375 und GE-8019 geprüft (Khan et al.

2007). Das Inokulum und die Methodik wurden über die

Jahre analog gehandhabt, damit die Resultate möglichst

vergleichbar sind.

Direkte Blüteninokulation unter Freilandbedingungen

In den Frühjahren 2013 und 2014 konnten Blüteninfekti-

onsversuche mit interessanten Agroscope-Zuchtnum-

mern unter Freilandbedingungen in der Sicherheitspar-

zelle am Steinobstzentrum Breitenhof (BL) durchgeführt

werden. Die Versuchsparzelle ist zur Verhinderung des

Insektenflugs sowie des Eindringens und Austretens wei-

terer Vektoren gänzlich von einem Netz umgeben. For-

schende betreten und verlassen die Parzelle über eine

Schleuse und das herausbeförderte Material wird voll-

ständig dekontaminiert, um eine Verschleppung von

Feuerbrand zu verhindern. Für die Testung werden zwei-

bis dreijährige Topfbäume zu testender Züchtungen und

Pflanzenbau | Züchtung feuerbrandrobuster Apfelsorten

416

Sorten auf der Unterlage «M9» mit «Golden»-Zwischen-

veredelung verwendet. Als Kontrollen dienten «Gala

Galaxy» (anfällig) und «Enterprise» (robust). Die jeweils

16 Wiederholungen pro Genotyp wurden in Vierergrup-

pen randomisiert aufgestellt und über ein Einzel-Tropf-

bewässerungssystem mit Wasser versorgt.

Ein Bienenvolk sorgte für die Bestäubung der Blüten

und wurde kurz vor der Inokulation aus der Parzelle ent-

nommen. Für die Inokulationen am 7. Mai 2013 und

14.  April 2014 wurden pro Genotyp insgesamt etwa

125  Blütenbüschel in Vollblüte (BBCH65) ausgewählt,

markiert und mit einer E. amylovora-Lösung (CH-Stamm

FAW610, Konz. 3,0 – 3,5 × 108 cfu/ml) mit einem Hand-

sprüher inokuliert. Anschliessend wurden die Büschel für

vier Tage als Witterungsschutz und für gute Infektions-

bedingungen mit Plastikbeuteln bedeckt. Die inokulier-

ten Büschel wurden nach 7 (nur 2013), 14, 21 und

28 Tagen auf Symptome bewertet.

Generationsbeschleunigung Fast Track

Im Frühjahr 2008 wurden die ersten Kreuzungen zwi-

schen «Evereste» sowie F1-Nachkommen von MR5 («Ida-

red» x MR5) und der Agroscope-Zuchtnummer «ACW

11303» vorgenommen. Die Kreuzungsfrüchte wurden

entkernt, die Samen stratifiziert und ausgesät. Die Säm-

linge wurden im Gewächshaus bei kontrollierter Tempe-

ratur (15 – 25 °C) auf eigenen Wurzeln angezogen. Um

die Längenstreckung der Internodien zu vermindern,

wurden die Pflanzen monatlich mit dem Wachstums-

regulator Prohexadione-Ca behandelt. Zum Zeitpunkt

des nachlassenden Längenwachstums der Pflanzen

beziehungsweise im Herbst wurde die Winterruhe durch

dreimalige Behandlung mit dem Reife- und Wachstums-

regulator Ethephon eingeleitet. Die künstliche

Wintersimulation erfolgte während sieben bis neun

Wochen im Kühlraum bei 3 – 5 °C.

Prüfung der Funktionalität von FB_MR5

FB_MR5 wurde an der ETH Zürich in die sehr feuerbrand-

anfällige Apfelsorte «Gala» transformiert (Broggini et al.

2014). Dabei wurden zwei unterschiedliche Konstrukte

verwendet, um FB_MR5 zu steuern: 1) durch den konsti-

tutiven Promotor CaMV35S und den OCS Terminator

und 2) durch eigene Promotor- und Terminator-Sequen-

zen des FB_MR5 Gens. Die Apfeltransformationen

erfolgten mittels Agrobacterium tumefaciens nach Szan-

kowski et al. (2009) und Vanblaere et al. (2011). Nach der

in vitro Regeneration von gentechnisch veränderten

Trieben wurden diese auf «Golden Delicious»-Sämlinge

veredelt und angezogen. Danach wurden die unter-

schiedlichen Linien auf M9vf T337 Unterlagen veredelt

und im Sicherheitsgewächshaus von Agroscope mit zwei

E. amylovora Stämmen (Ea222, Ea1189) gemäss Proto-

koll von Peil et al. (2007) inokuliert.

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

Triebtestungen im Gewächshaus

Abbildung 2 zeigt eine Gesamtübersicht der 215 Zucht-

nummern und Sorten von Agroscope sowie von drei

Wildäpfeln (Malus fusca, Malus baccata, MR5) und drei

bekannten robusten Sorten («Florina», «Rewena» und

«Free Redstar»). Die Abstufungen zur Einschätzung der

Triebanfälligkeit (Skala Triebanfälligkeit vs. «Gala») sind

ersichtlich. Unabhängig von der genetischen Herkunft

überspannen die Ergebnisse die gesamte Bandbreite von

«sehr schwach anfällig» mit unter 3,5 % («0802_168»

Kreuzung aus: «ACW 11303» («ACW 6104» x «Rewena»)

x «DA02.2.7» («Idared» x MR5) bis zu «sehr hoch anfäl-

lig» mit über 170 % («ACW 14886» Kreuzung aus:

«Topaz» x «Fuji») drei Wochen nach der Inokulation rela-

tiv zu «Gala». Die Wahl von bekannten robusten oder

resistenten Eltern in Kreuzungen ist keine Erfolgsgaran-

tie für die Robustheit der Nachkommen. Bei Kreuzungen

mit Partnern ohne bekannte Resistenz oder Robustheit

Abb. 1 | Triebspitze von «ACW 21143» mit Läsion nach künstlicher Inokulation mit E. amylovora.

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 414–421, 2014

Züchtung feuerbrandrobuster Apfelsorten | Pflanzenbau

417

können sowohl robuste als auch hoch anfällige Genoty-

pen entspringen. Jedoch ist eine eindeutige Tendenz zu

weniger anfälligen Sorten durch gezielte Elternwahl

ersichtlich. Von den 215 getesteten Genotypen wiesen

50 inklusive der Sorte «Ladina» eine sehr schwache Trie-

banfälligkeit auf (<25 % versus «Gala») (Abb. 3). Darun-

ter sind sieben Nachkommen aus der ersten oder zwei-

ten Generation von MR5, elf Nachkommen von

«Evereste» und 28 Nachkommen aus Kreuzungen mit

bekannten robusten Elternsorten («Florina», «Enter-

prise», «Resi», «Reka», «Regia» und «Goldrush»).

Läsi

onsl

änge

nac

h 3

Woc

hen

in %

rel.

zu «

Gal

Wildäpfel mit starken Resistenz-QTLs Bekannte robuste Sorten Agroscope-Sorten Anfällige Kontrolle Robuste Kontrolle

Triebanfälligkeit Skala vs.«Gala»

sehr schwach

schwach

mittel

hoch

sehr hoch CH10

1-G

aliw

a

Mar

iella

Gal

a

160

140

120

100

80

60

40

20

0

Ladi

na

Ente

rpris

e

Abb. 2 | Mittlere Läsionslänge der von 2009 bis 2014 getesteten Zuchtnummern und Sorten drei Wochen nach Triebinokulation im Gewächshaus relativ zur Läsionslänge von «Gala».

0

20

40

60

80

100

120

0802

_168

(n=

11)

ACW

2072

0(n

=11

)AC

W20

717

(n=

11)

ACW

2071

9(n

=11

)08

01_1

2(n

=5)

ACW

2072

1(n

=9)

ACW

1643

6(n

=9)

0804

_5(n

=11

)AC

W20

722

(n=

12)

ACW

2074

1(n

=12

)08

01_6

(n=

11)

0801

_2(n

=2)

0803

_111

(n=

12)

1003

_123

(n=

11)

0801

_33

(n=

4)En

terp

rise

(n=

107)

ACW

2198

3(n

=7)

1003

_52

(n=

10)

1118

_8(n

=12

)AC

W17

044

(n=

17)

0803

_125

(n=

12)

ACW

2041

6(n

=12

)AC

W20

668

(n=

12)

ACW

1953

2(n

=20

)AC

W22

018

(n=

9)La

dina

(n=

21)

ACW

1952

8(n

=22

)AC

W15

421

(n=

12)

ACW

2208

2(n

=11

)AC

W22

743

(n=

12)

0801

_35

(n=

11)

ACW

2041

2(n

=20

)AC

W22

916

(n=

11)

ACW

1255

6(n

=12

)AC

W20

718

(n=

11)

ACW

1704

1(n

=20

)AC

W20

975

(n=

12)

0801

_5(n

=10

)AC

W21

194

(n=

12)

ACW

1952

6(n

=20

)AC

W79

22(n

=9)

0801

_13

(n=

5)AC

W19

531

(n=

20)

0723

_1(n

=7)

ACW

1610

2(n

=10

)AC

W19

529

(n=

18)

ACW

1349

0(n

=18

)AC

W21

954

(n=

11)

ACW

2280

0(n

=12

)AC

W82

59(n

=7)

0601

_9(n

=10

)G

ala

Gal

axy

(n=

140)

Läsi

onsl

änge

nac

h 3

Woc

hen

in %

rel.

zu «

Gal

Ente

rpris

e

Ladi

na (T

opaz

x F

uji)

Gal

a

Nachkommen von Malus x robusta 5

Nachkommen von «Evereste»

Nachkommen aus Kreuzung mit robusten Eltern

Agroscope-Sorte «Ladina»

Sorte ohne spezifisch vererbte Resistenz/Robustheit

Robuste Kontrolle

Anfällige Kontrolle

120

100

80

60

40

20

0

Abb. 3 | Mittlere Läsionslänge der 50 von 2009 bis 2014 getesteten «sehr schwach anfälligen» Zuchtnummern und Sorten von Abb. 2 (<25 % Triebanfälligkeit versus «Gala»; n = Anzahl inokulierte und bonitierte Triebspitzen) drei Wochen nach Triebinokulation im Gewächshaus in Prozent relativ zu «Gala» .

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 414–421, 2014

Direkte Blüteninokulation unter Freilandbedingungen

Das Boniturschema umfasst neun Klassen und reicht von

keinen respektive unklaren Symptomen, über Infektio-

nen der Blütenbüschel und Jungtriebe bis zu Nekrosen

im Holz mit unterschiedlicher Ausprägung (Abb. 4).

2013 und 2014 wurden acht Genotypen in der einge-

netzten Parzelle unter Freilandbedingungen getestet.

Dargestellt sind die Ergebnisse der robustesten Kandida-

ten aus den Testungen 2013 und 2014 (Abb. 4). Anhand

der beiden Kontrollen ist zu erkennen, dass die Resul-

tate über die beiden Jahre vergleichbar sind.

Pflanzenbau | Züchtung feuerbrandrobuster Apfelsorten

418

Die 2012 benannte Agroscope-Züchtung «Ladina» sowie

die Zuchtnummer «ACW 14995» (Abb. 5, links) aus der

gleichen Kreuzung («Topaz» x «Fuji») waren deutlich

weniger anfällig als «Gala Galaxy». Bei «Gala Galaxy»

waren im Frühjahr 2013 bei 69 % der inokulierten

Büschel 28 Tage nach der Inokulation Nekrosen im Holz

festgestellt worden (Abb. 5, rechts). Bei «Ladina» waren

es nur 5 % und bei «ACW 14995» bloss 2 %. Die im Früh-

jahr 2014 getestete Zuchtnummer «ACW 13490» («Resi»

x «Ariwa») zeigte nur bei 2,5 % der bonitierten Blüten-

büschel 28 Tage nach der Inokulation Nekrosen im Holz.

Im Vergleich war der Befall bei «Gala Galaxy» zehnfach

höher.

Generationsbeschleunigung Fast Track

Agroscope hat Fast Track nach eigenen Bedürfnissen ent-

wickelt und angepasst. Die verschiedenen Parameter der

Wachstumsbedingungen, wie die Dauer der Winterruhe

sowie die Behandlung mit Wachstumsregulatoren wur-

den in Versuchen evaluiert und optimiert (Baumgartner

et al. 2011).

Seit 2008 wurden für Fast Track 59 Kreuzungskombi-

nationen zwischen jeweils einem feuerbrandresistenten

Elternteil mit Wildapfelabstammung und einer Sorte mit

Tafelqualität durchgeführt (Abb. 7). Dabei wurden ins-

gesamt mehr als 6600 Blüten bestäubt und 4100 Samen

gewonnen. Aus den Sämlingen wurden durch eine

Abb. 4 | Ausgewählte Ergebnisse der künstlichen Blüteninokulation in den Jahren 2013 und 2014 in der Sicherheitsparzelle am Breitenhof. Dargestellt ist der prozentuale Anteil an Blütenbüscheln in den Bonitur-klassen, 7 (nur 2013), 14, 21 und 28 Tage nach Inokulation.

Abb. 5 | Symptome 28 Tage nach künstlicher Blüteninfektion bei Züchtung «ACW 14995» (links) und «Gala Galaxy» (rechts).

2013 2014

0% 20% 40% 60% 80% 100%T7

T14T21T28

Gala Galaxy (n = 103 Büschel) 0% 20% 40% 60% 80% 100%

T14T21T28

Gala Galaxy (n = 125 Büschel)

0% 20% 40% 60% 80% 100%T7

T14T21T28

Enterprise (n = 136 Büschel) 0% 20% 40% 60% 80% 100%

T14T21T28

Enterprise (n = 118 Büschel)

0% 20% 40% 60% 80% 100%T7

T14T21T28

Ladina (n = 126 Büschel) 0% 20% 40% 60% 80% 100%

T14T21T28

ACW 13490 (n = 126 Büschel)

0% 20% 40% 60% 80% 100%T7

T14T21T28

ACW 14995 (n = 128 Büschel) Klasse Kurzbeschreibung

Kl. 1 keine InfektionKl. 2 unklare SymptomeKl. 3 Blüteninfektion (< 1/3 Stiellänge)Kl. 4 Blüteninfektion(Kl. 5 Blütenbüschel und BlütenstandstielKl. 6 Blütenbüschel, Blütenstandstiel und JungtriebKl. 7 Nekrose im Holz ( 5 cm)Kl. 8 Nekrose im Holz (5 10cm)Kl. 9 Nekrose im Holz ( 10cm)

1/3 Stiellänge)

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 414–421, 2014

Züchtung feuerbrandrobuster Apfelsorten | Pflanzenbau

419

Abbildung 6 bildet den Prozess der Selektion im Fast

Track beispielhaft an einer Kreuzung ab. Die Anzahl der

Pflanzen wird durch verschiedene Selektionsparameter

im Verlaufe des Prozesses reduziert. Gezeigt ist eine

Kreuzung zwischen «Topaz» und der F1-Generation von

«Evereste» (‚0801/12‘ = «ACW 11303» x «Evereste») aus

dem Jahr 2010. Wie in der konventionellen Züchtung

strenge Selektion (Abb. 6) 268 Nachkommen mit

Abstammung von «Evereste», 289 Nachkommen von

MR5 sowie ein Nachkomme von Malus fusca (MAL0045)

für die Fast Track Generationsbeschleunigung ausge-

wählt und weiter selektiert. Heute stehen im Gewächs-

haus über 100 Pflanzen mit den gewünschten Resisten-

zen in der dritten Generation.

F3 Evereste

Früchte mitSamen dernächstenGeneration

2010

F1 Evereste

Kreuzung:Topaz

x0801/12

2011 2013

F2 Evereste

Anzucht derSämlinge

MolekulareAnalyse fürFeuerbrand-resistenz Fb_E

Blütenbildung2 Jahre nach Aussaat

Selektionfeuerbrand-resistenterSämlinge mitgutem Wuchs

16 Früchte150 Samen

146 Pflanzen97%

144 Pflanzen96%

7 Pflanzen5%

48 Pflanzen32%

Abb. 6 | Selektionsprozess im System Fast Track am Beispiel der Kreuzung «Topaz» x «0801/12» (F1 «Evereste»).

1126 Samen 146 Pflanzen 858 Samen 143 Pflanzen

980 Samen 73 Pflanzen 787 Samen 163 Pflanzen 357 Samen 32 Pflanzen

EVERESTE

MR5 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

1126 Samen 146 Pflanzen 858 Samen 143 Pflanzen

MR5 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

ACW 11303Elter unbekannt

x

F1 MR5 (n=4)

F2 MR5 (n=10)

xHanners JumboNicogreenElter unbekannt

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

xACW 11303ACW 6707

P Evereste F1 Evereste (n=14) F2 Evereste (n=11)

xTopaz Hanners Jumbo Maribelle

xHanners JumboNicogreenACW 15714ACW 14992

F3 Evereste

F3 MR5 (n=5)

xHanners JumboACW 14992

N=14 N=16

N=10N=4 N=5

N=2

F3 MR5 (n=5)

Hanners JumboN=5

F4 MR5

1126 Samen 146 Pflanzen 858 Samen 143 Pflanzen

980 Samen 73 Pflanzen 787 Samen 163 Pflanzen 357 Samen 32 Pflanzen

EVERESTE

MR5 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

ACW 11303Elter unbekannt

x

F1 MR5 (n=4)

F2 MR5 (n=10)

xHanners JumboNicogreenElter unbekannt

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

xACW 11303ACW 6707

P Evereste F1 Evereste (n=14) F2 Evereste (n=11)

xTopaz Hanners Jumbo Maribelle

xHanners JumboNicogreenACW 15714ACW 14992

F3 Evereste

F3 MR5 (n=5)

xHanners JumboACW 14992

N=14 N=16

N=10N=4 N=5

ACW 6707

980 Samen 73

xACW 11303ACW 6707

Evereste

980 Samen

ACW 6707

N=2

Maribelle

73 Pflanzen

N=2

F4 MR5

Abb. 7 | Übersicht der Kreuzungen, gewonnenen Samen und selektierten Pflanzen im Fast Track über mehrere Generationen ausgehend von «Evereste» (oben) und einer F1 von MR5 (unten); (n = Anzahl F1, F2, F3 Pflanzen; N = Anzahl Elternkombinationen).

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 414–421, 2014

420

Pflanzenbau | Züchtung feuerbrandrobuster Apfelsorten

werden im Fast Track molekulare Marker zur frühen

Selektion der feuerbrandresistenten Nachkommen einge-

setzt. Bei einer Kreuzung zwischen einer Qualitätssorte/-

züchtung und einer feuerbrandresistenten Elternsorte

mit Wildapfelabstammung wird die Feuerbrandresistenz

(Fb_E bzw. FB_MR5) an die Hälfte der Nachkommen wei-

tervererbt. In der besagten Kreuzung konnte aus rund

jedem dritten Samen eine resistente Pflanze mit guter

Vitalität und gutem Wuchs ins Fast Track System aufge-

nommen werden. Nach der dritten künstlichen Winter-

ruhe und damit zwei Jahre nach Aussaat haben im Januar

2013 rund 15 % der Pflanzen Blüten gebildet.

Bis heute wurde mittels Fast Track die dritte Nach-

kommenschaftsgeneration (F3) von «Evereste» und MR5

erreicht (Abb. 7). Mit der dritten Generation ist in 6,5 Jah-

ren mehr als die Hälfte der fünf notwendigen Rückkreu-

zungen zur Reduktion des unerwünschten Wildapfelerb-

gutes geschafft. Im Juli 2014 konnten bereits Früchte

geerntet werden, welche die Samen der F4 von MR5 tra-

gen. Bis 2020 wird für beide Wildapfelherkünfte die F5

angestrebt, die mit weniger als 5 % Wildapfelgenom die

gewünschte Grösse und Qualität in Kombination mit

Feuerbrandresistenz (Fb_E bzw. FB_MR5) aufweisen

sollte. Für eine nachhaltige Nutzung müssen Feuerbrand-

resistenzen miteinander und/oder anderen Feuerbrand-

robustheits-QTLs kombiniert werden.

Entscheidende Vorteile der Generationsbeschleuni-

gung mittels Fast Track sind die grosse Durchlässigkeit

und Flexibilität: Pflanzen können vom System im Frei-

land eingekreuzt oder Pollen aus dem Freiland ins

System integriert werden. Im Verhältnis zu intensiveren

Systemen mit regulierter CO2 Konzentration und gesteu-

erten Lichtverhältnissen wie in Neuseeland praktiziert

(Austin et al. 2006), wird im Fast Track in Wädenswil auf

ressourcenschonenden Mitteleinsatz Wert gelegt. Im

Vergleich zur klassischen Züchtung konnte der Generati-

onszyklus auf zwei bis drei Jahre reduziert werden.

Prüfung der Funktionalität von FB_MR5

Der Nachweis der Funktionalität von FB_MR5 als Feuer-

brandresistenzgen wurde mittels A. tumefaciens-Trans-

formation des Gens in die feuerbrandanfällige Apfel-

sorte «Gala» und anschliessender Prüfung der

Feuerbrandresistenz durch Inokulation der regenerier-

ten Linien mit E. amylovora erbracht. Fünf unterschied-

liche Linien wurden erzeugt, zwei mit FB_MR5 unter

Kontrolle des starken 35S Promotor und drei Linien mit

FB_MR5 unter Kontrolle von eigenen regulatorischen

Sequenzen. Pflanzen mit FB_MR5 wiesen zu jedem

erhobenen Zeitpunkt eindeutig weniger Feuerbrand-

symptome auf als «Gala»-Kontrollpflanzen. Bei den

nicht transformierten «Gala»-Kontrollpflanzen breitete

sich die Krankheit kontinuierlich aus, bis zum Tod der

Pflanzen nach drei bis vier Wochen (Abb. 8; Broggini

et  al. 2014). Am JKI Dresden wurden zusätzlich zwei

Linien mit dem MR5-virulenten E. amylovora Stamm

ZYRKD3 – 1 inokuliert und für anfällig befunden. Somit

ist der Nachweis für die weltweit erste Identifikation

eines Feuerbrand-Resistenzgens erbracht. Die Klonie-

rung von FB_MR5 erlaubte einen ersten Eindruck zum

Mechanismus einer Feuerbrandresistenz und lieferte

wertvolle molekulare Marker, die für die klassische Züch-

tung von neuen feuerbrandrobusten Sorten eingesetzt

werden können.

Feuerbrandrobuste und -resistente Kernobstsorten

ermöglichen den Produzenten in der Praxis einen nach-

haltigen Anbau. Aufgrund des Lebenszyklus von Obst-

anlagen und der Marktmechanismen dürfte sich die

Umstellung auf feuerbrandrobuste Sorten über längere

Zeiträume erstrecken. n

Dank

Die Autoren danken Cesare Gessler, ETH Zürich, sowie Henryk Flachowsky, And-reas Peil, Thomas Wöhner und Magda Viola Hanke von Julius Kuhn Institut in Dresden (D) für die Zusammenarbeit bei der Identifikation von FB_MR5 und der Fast-Track-Züchtung, sowie Rolf Blapp, Thomas Schwizer und Jürgen Krauss, alle Agroscope, für die technische Unterstützung. Dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) danken wir für die finanzielle Unterstützung der Projekte ZUEFOS und ZUEFOS II.

Abb. 8 | Apfeltriebe der Sorte «Gala» (links), Malus x robusta 5 und 2 GV-«Gala» Linien (T36C1 und T40C1) mit dem Gen FB_MR5, 39 Tage nach Inokulation mit E. amylovora Stamm Ea222_JKI. In Linie T40C1 ist FB_MR5 unter Kontrolle des CaMV35S Promotors, in Linie T36C1 ist FB_MR5 unter Kontrolle des eigenen Promotors. Nur «Gala» zeigt die typischen Feuerbrandsymptome.

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 414–421, 2014

421

Züchtung feuerbrandrobuster Apfelsorten | Pflanzenbau

Ria

ssu

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Sum

mar

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▪ Broggini G.A.L., Wöhner T., Fahrentrapp J., Kost T.D., Flachowsky H., Peil A., Hanke M.-V., Richter K., Patocchi A. & Gessler C., 2014. Engineering fire blight resistance into the apple cultivar «Gala» using the FB_MR5 CC-NBS-LRR resistance gene of Malus x robusta 5. Plant Biotechnol. J., 12, 728–733.

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Agrarforschung Schweiz 5 (10): 414–421, 2014

Selezione di varietà di melo resistenti

al fuoco batterico

Nell’ambito di differenti progetti

finanziati dall’ufficio federale dell’agri-

coltura, la suscettibilità al fuoco

batterico di 215 varietà o selezioni di

melo è stata quantificata in serra di

quarantena tramite inoculazioni

artificiali dei tralci. Per alcune varietà è

stato pure possibile quantificare la

suscettibilità al fuoco batterico in

seguito ad infezioni artificiali dei fiori

di melo all’aperto in una parcella

specificatamente adibita a questo

scopo. Inoltre è stato possibile identifi-

care il gene di resistenza al fuoco

batterico del melo selvatico Malus x

robusta 5» e la sua funzione è stata

confermata introducendo questo gene

nella varietà suscettibile «Gala». Infine

l’approccio del Fast Track è stato

utilizzato al fine di accelerare lo

sviluppo di varietà di melo resistenti al

fuoco batterico con potenziale com-

merciale.

Breeding fire blight resistant apple

varieties

215 apple selections and cultivars were

screened in a glasshouse shoot

infection test for their susceptibility to

fire blight in the frame of projects that

were financed by the Swiss Federal

Office for Agriculture. Selected

varieties were also examined for their

flower susceptibility towards fire

blight in an open air protected orchard.

Moreover, a fire blight resistance gene

originating from the wild apple «Malus

x robusta 5» was precisely localized in

the genome and the efficiency was

tested by introduction of the gene into

the susceptible cultivar «Gala». A Fast

Track approach was used to speed up

breeding of fire blight resistant apple

cultivars with market potential.

Key words: Fire blight (Erwinia

amylovora), apple breeding, shoot test,

Fast Track, FB_MR5.

422 Agrarforschung Schweiz 5 (10): 422–429, 2014

halb individuell auf Parzelle und Jahr angepasst werden.

Da zum Zeitpunkt der Ausdünnung die Behangsentwick-

lung nicht ausreichend eingeschätzt werden kann, ist

dies jedoch nur zum Teil möglich. Die Planung der Aus-

dünnung basiert bis heute auf Erfahrungen mit der

Sorte, dem Anbausystem, der Parzelle und den verschie-

denen Ausdünnstrategien.

Es ist ein dringendes Bedürfnis der Produzentinnen

und Produzenten, die Behangsentwicklung besser ein-

schätzen zu können, um die Ausdünnung optimal zu

planen. Agroscope verfolgte in Zusammenarbeit mit

Mitgliedern des internationalen Arbeitskreises für Kul-

E i n l e i t u n g

Bei Äpfeln ist die Anzahl Früchte pro Baum entschei-

dend für die Fruchtqualität und den Ertrag im aktuellen

und im folgenden Jahr (vgl. Kasten). Kulturmassnahmen

zur Regulierung des Behangs werden im Zeitraum zwi-

schen dem Ballonstadium (einige Tage vor dem Aufblü-

hen) bis spätestens 12 mm Fruchtdurchmesser durchge-

führt. Die Schwierigkeit besteht darin, dass vielfältige

Faktoren das Fruchtfallverhalten eines Baumes sowie die

Wirksamkeit einer Ausdünnbehandlung beeinflussen.

Strategie und Intensität der Ausdünnung müssen des-

Behangsprognose bei Äpfeln

Simon Schweizer1, Lena Neumann3, Peter Braun3, Sonja Kuttnig2, Daniel Baumgartner2 und Albert Widmer1

1Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB 2Agroscope, Institut für Lebensmittelwissenschaften ILM, 8820 Wädenswil, Schweiz3Hochschule Geisenheim, Institut für Obstbau, 65366 Geisenheim, Deutschland

Auskünfte: Simon Schweizer, E-Mail: [email protected]

P f l a n z e n b a u

Abb. 1 | Markieren der Blüten für die Messung des Fruchtzuwachses an Nicoter, am 2. 5. 2013.

Behangsprognose bei Äpfeln | Pflanzenbau

423

Zusa

mm

enfa

ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 422–429, 2014

Die Behangsregulierung ist eine entschei-

dende Kulturmassnahme im Apfelanbau.

Nur wenn die Anzahl Früchte pro Baum dem

Zielbehang entspricht, stimmen Ertrag und

Qualität über die Jahre. Der Behang wird von

verschiedenen Faktoren beeinflusst und

durch Ausdünnmassnahmen gezielt verrin-

gert. Die nötige Intensität der Ausdünnung

ist jedoch schwierig einzuschätzen, denn sie

muss vor Abschluss des physiologischen

Fruchtfalls im Frühsommer erfolgen. Drei

Ansätze zur frühzeitigen Behangsprognose

wurden in Obstparzellen in der Schweiz,

Deutschland, Österreich und Italien weiter-

entwickelt, angepasst und evaluiert: Frucht-

zuwachsmessung nach D.W. Greene, Stoff-

zusammensetzung der Früchte mittels

Nahinfrarotspektroskopie und Modellierung

der Kohlenstoffbilanz (MaluSim). Den

Untersuchungen zufolge wird Fruchtfall

jedoch nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt

determiniert, sondern kann wiederholt

induziert werden. Qualität und Zuverlässig-

keit der Prognosen waren deshalb beim

aktuellen Stand der Entwicklungen für die

Anwendung in der Praxis nicht ausreichend.

Aussichtsreich ist indessen die Einschätzung

der erwarteten Wirksamkeit einer Ausdünn-

behandlung, welche anhand der Kohlenstoff-

bilanz aus MaluSim abgeleitet werden kann.

Die Dosierung für die Behandlung könnte

damit gezielt an die Verhältnisse angepasst

werden.

turführung im Kernobstanbau (Lena Neumann, Hoch-

schule Geisenheim; Michael Clever, OVA Jork; Gottfried

Lafer, Versuchsstation Haidegg; Philipp Brunner, Ver-

suchszentrum Laimburg) drei Ansätze für die Behangs-

prognose: Fruchtzuwachsmessung nach Duane W.

Greene, Modellierung der Kohlenstoffbilanz (MaluSim)

nach Alan N. Lakso und zerstörungsfreie Messung der

Stoffzusammensetzung der Früchte mittels Nahinfra-

rotspektroskopie (NIRS).

Prognosemodelle

Die drei untersuchten Prognoseansätze verfolgen zwei

verschiedene Strategien:

•• Behangsprognose anhand messbarer Merkmale der

Früchte. Implizit ist die Annahme, dass für jede Frucht

schon früh bestimmt ist, ob sie ausreifen oder abfallen

wird. Was von Auge nicht gesehen werden kann, soll

über die Messung des Zuwachses (Methode Greene)

oder der Stoffzusammensetzung (NIRS) erkannt

werden.

•• Prognose des Endbehangs bzw. der zu erwartenden

Wirkung einer erfolgten Ausdünnung mittels Berech-

nung der Kohlenstoffbilanz (MaluSim).

Methode nach Greene

Die von Duane W. Greene entwickelte Methode beruht

auf seiner Beobachtung, dass jene Früchte, welche bis

zum Junifruchtfall abfallen werden, ihr Wachstum

bereits kurz nach erfolgter Ausdünnbehandlung ver-

langsamen (Greene et al. 2005). Mittels Messung des

Fruchtwachstums einer repräsentativen Stichprobe soll

der erwartete Erntebehang schon wenige Tage nach der

Ausdünnbehandlung vorausgesagt werden können.

Falls ein Überbehang prognostiziert wird, kann zu die-

sem Zeitpunkt noch wirksam nachgedünnt werden. In

Absprache mit dem Arbeitskreis für Kulturführung

wurde Greenes Methode in diversen europäischen Obst-

parzellen über mehrere Jahre evaluiert. Diese Messun-

gen zeigten jedoch ein anderes Bild, als nach dem Stu-

dium der amerikanischen Publikationen (Greene et al.

2005; McArtney und Obermiller 2010) erwartet wurde:

Die Prognosen verfehlten die tatsächlichen Fruchtzahlen

z.T. um ein Vielfaches. Anpassungen des mathemati-

schen Modells waren anfänglich vielversprechend (Göl-

les et al. 2012), befriedigten in der weiteren Evaluation

aber ebenfalls nicht.

Um die Ursache für die auftretenden Unregelmässig-

keiten einzugrenzen, wurde das frühe Fruchtwachstum

vertieft untersucht. Dies sollte klären, ob und mit wel-

chen Anpassungen Greenes Methode in europäischen

Obstanlagen eine zuverlässige Behangsprognose liefern

kann.

Pflanzenbau | Behangsprognose bei Äpfeln

424

Nahinfrarotspektroskopie (NIRS)

In Früchten, welche abfallen werden, verändern sich die

physiologischen Prozesse. Greene misst diese Verände-

rung anhand des verlangsamten Wachstums. In der

Annahme, dass sich gleichzeitig auch die Stoffzusam-

mensetzung verändert, wurde untersucht, ob mit NIRS

Unterschiede messbar sind zwischen Früchten, die abfal-

len werden, und solchen, die am Baum bleiben. Die

Nahinfrarotspektroskopie beruht darauf, dass die Inhalt-

stoffe von Früchten mit Licht bestimmter Wellenlängen-

bereiche interagieren (Baumgartner et al. 2007; Nicolai

et al. 2007).

Um mittels NIRS-Messungen eine Ansatzprognose zu

treffen, muss eine Kalibration erstellt werden. Dazu wer-

den die gemessenen Spektren (Abb. 2) mit Hilfe statisti-

scher Rechenverfahren mit der Beobachtung korreliert,

ob eine Frucht bis Ende Juni gefallen oder am Baum ver-

blieben ist. NIRS hätte gegenüber Greene vor allem den

Vorteil, dass schnell und mit weniger Aufwand gemes-

sen werden könnte. Es müssen keine Büschel markiert

werden (Abb. 1) und pro Frucht ist nur eine Messung

nötig.

MaluSim

Das Kohlenstoffbilanzmodell MaluSim für Apfelbäume

wurde in den USA von Lakso et al. entwickelt (Lakso und

Johnson 1990; Lakso et al. 2001). Es berechnet mithilfe

von aktuellen Wetterdaten unter anderem Photosyn-

these und Respiration eines Standardbaumes und daraus

die Kohlenstoffbilanz sowie die Verteilung der Assimi-

late (Produkte der Photosynthese) an die einzelnen

Zielbehang

Ertrag, Qualität und Wirtschaftlichkeit werden im

Apfelanbau massgeblich durch die Höhe des Behangs

(Früchte pro Baum) mitbestimmt. Zu hoher Behang ver-

ursacht Qualitätseinbussen, die Früchte bleiben klein

und reifen nicht vollständig aus. Zudem entstehen hohe

Arbeitskosten bei der Handausdünnung und es folgt

eine schwache Blüte im kommenden Jahr (Alternanz).

Zu geringer Behang bedeutet an sich einen Ertragsver-

lust, verunmöglicht damit die selektive Handausdün-

nung (Entfernen schlecht entwickelter Früchte) und ver-

mindert ebenfalls die Qualität (Stippe, Fleischbräune,

Lagerfähigkeit). Der Zielbehang bezeichnet im Apfelan-

bau die Anzahl Früchte pro Baum, welche den höchsten

Ertrag bei der geforderten Qualität liefert. Oft liegt der

Zielbehang bei nur 5 bis 10 % aller Blüten, je nach Baum

und Blühstärke.

Fruchtfall und Ausdünnung

Apfelbäume stossen einen Teil der jungen Früchte im

Frühsommer ab, um sich den verfügbaren Ressourcen

anzupassen. Das Ausmass dieses Fruchtfalls wird we-

sentlich durch die Verfügbarkeit von Assimilaten (Sink-

Konkurrenz) und durch hormonelle Prozesse bestimmt.

Diese werden ihrerseits von vielfältigen Bedingungen

beeinflusst, insbesondere von der Witterung, der Sorte

und der Unterlage, sowie vom Anbausystem, von der

Nährstoffversorgung, der Befruchtung und den Ver-

hältnissen im Vorjahr. Der Fruchtfall des Frühsommers

wird mit dem Junifruchtfall abgeschlossen. Normaler-

weise ist danach der Behang immer noch wesentlich

über dem Zielbehang, Ausdünnmassnahmen sollen dies

korrigieren. Die Ausdünnung muss möglichst früh erfol-

gen, d.h. deutlich vor Abschluss der Fruchtfallphasen,

um die Fruchtqualität der Ernte und die Blüte im Folge-

jahr effektiv zu verbessern.

Ausdünnmassnahmen greifen auf verschiedene Weise

in die physiologischen Prozesse ein und verstärken

damit den Fruchtfall. Die Effektivität dieser Massnah-

men wird allerdings stark von diversen Einflussfaktoren

mitbestimmt, weshalb die Wirkung einer durchgeführ-

ten Ausdünnung schwierig einzuschätzen ist. Nach dem

Junifruchtfall, zum Zeitpunkt also, wenn der Endbe-

hang gut eingeschätzt werden kann, wird der Behang

von Hand auf das gewünschte Mass korrigiert (Hand-

ausdünnung). Literatur: Schumacher et al. (1989); Win-

ter et al. (2002).

Abb. 2 | NIRS-Gerät im Einsatz. In dieser Studie wurden die Früchte mit dem Reflexions-Spektrometer Phazir (PZ1018, Polychromix) gemessen. Dieses zeichnet NIRS-Spektren im Wellenlängenbereich von 930 bis 1800 nm auf.

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 422–429, 2014

Behangsprognose bei Äpfeln | Pflanzenbau

425

Fruchtzuwachsmessungen an Nicoter und Golden Deli-

cious in Wädenswil durchgeführt. Innerhalb von

24  Tagen wurde zehn Mal gemessen, bei Fruchtdurch-

messern von ca. 4 bis 15 mm (Bachelorarbeit V. Leschenne

2013). Bereits 11 Tage nach Vollblüte zeigte sich deutlich

eine Gruppenbildung innerhalb der Stichprobe. Es gab

eindeutig Früchte mit kontinuierlicher Entwicklung und

solche, die im Wachstum stagnierten (Abb. 3, Messung

vom 22. Mai).

Diese Gruppen entsprachen weitgehend der Frucht-

fallprognose, wie sie mit der Zuwachsmessung nach

Greene erstellt wurde: Früchte mit guter Entwicklung

werden ausreifen, schlecht wachsende werden fallen.

Der tatsächliche Behang nach dem Junifruchtfall war

aber deutlich kleiner als erwartet. Es reiften nicht alle

Früchte aus, die sich bis zum zweiten Messzeitpunkt der

Zuwachsmessung gut entwickelten (Abb. 4, 17 Tage

nach Ausdünnung). Früchte, welche trotz positiver Prog-

nose abfielen (Abb. 4, violett), sind über die ganze Band-

breite der stark wachsenden Gruppe (violett und blau)

verteilt. Sie konzentrieren sich nicht etwa im unteren

Zuwachsbereich, wie man in Anlehnung an Greenes

Hypothese erwartet hätte: Diese anfänglich stark wach-

senden Früchte, die trotzdem abgefallen sind (violett),

zeigten zum Zeitpunkt der Prognosestellung keinen

Zusammenhang zwischen Wachstum und Fallwahr-

scheinlichkeit.

Der Vergleich mit weiteren Messungen an verschie-

denen Sorten und Standorten in der Schweiz sowie an

den Versuchsstationen Laimburg, Haidegg und Jork zwi-

schen 2007 und 2013 (86 Prognosen) bestätigte dieses

Resultat: Die Zahl der Früchte, die trotz starker Anfangs-

entwicklung abfielen, variierte stark und ohne erkenn-

bare Systematik. Diverse Einflussfaktoren sowie deren

Pflanzenorgane. Um das MaluSim-Modell in Europa ein-

setzen zu können, wurden in den letzten Jahren am Ins-

titut für Obstbau der Hochschule Geisenheim einige

Grundannahmen des Modells überprüft und angepasst.

Derzeit wird getestet, ob das Modell bei Entscheidungen

bezüglich Behangsregulierung hilfreich sein kann.

Es existieren zwei Ansätze, um MaluSim als Hilfestel-

lung in der Ausdünnungsberatung zu verwenden:•• Behangsberechnung mit dem Fruchtfallmodell: Mittels

Simulation der Assimilation und des aktuellen Assimila-

tebedarfs der Früchte wird der erwartete Fruchtfall

berechnet. Anhand der aktuellen Wetterdaten werden

die Fruchtzahlen täglich angepasst. Dieses Modell

wurde mit Versuchsdaten vergangener Jahre aus

verschiedenen Regionen verglichen (unten beschrie-

bene Untersuchung).

•• Wirksamkeitsprognose für die Ausdünnbehandlung

(Verwendung in den USA): Die aktuelle Kohlenstoffbi-

lanz wird für einen festgelegten Fruchtbehang

berechnet. Zusammen mit der Wetterprognose kann

damit eine Tendenz bezüglich der Wirksamkeit von

Ausdünnmitteln für die folgenden Tage prognostiziert

werden. Dabei gilt: Bei Kohlenstoffüberschuss ist es

schwieriger auszudünnen, bei Kohlenstoffmangel

wird eine Be-handlung stark wirken und es muss

vorsichtig dosiert werden. Für eine genaue Beschrei-

bung siehe Robinson und Lakso (2011), sowie die

Internetseite der Cornell University (2014).

M e t h o d e n u n d R e s u l t a t e

Greene: Frühes Fruchtwachstum und Fruchtfall

Um das Fruchtfallverhalten im Zusammenhang mit dem

Wachstum der Früchte genauer zu untersuchen, wurden

0

20

40

60

80

100

120

140

23

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89

1011

1213

1415

Anz

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rüch

te

Fruchtdurchmesser [mm]

Abb. 3 | Messungen des Fruchtdurchmessers an Nicoter (Kanzi®), nach Amidbehandlung (NAAm), 2013. Stichprobe n=529 Früchte (1. Messung). 10 Messungen in 24 Tagen, immer an den gleichen Früchten. Vollblüte 11. 5., Behandlung mit NAAm am 13. 5.

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 422–429, 2014

Pflanzenbau | Behangsprognose bei Äpfeln

426

Kombinationen wurden als mögliche erklärende Grös-

sen geprüft: Position im Baum (stammnah, peripher),

Situation im Blütenbüschel (Zentral- oder Lateralfrucht,

Anzahl Früchte pro Büschel), phänologischer Entwick-

lungsfortschritt zwischen Vollblüte, Behandlung(en) und

Fruchtmessungen (Wärmegradtage), Ausdünnmethode,

Standort und Sorte. Auch unter Einbeziehung dieser

Faktoren konnte keine Verbesserung der Prognose

erreicht werden.

Nahinfrarotspektroskopie

In den Jahren 2011 bis 2013 wurden auf verschiedenen

Parzellen an markierten Fruchtbüscheln NIRS-Messun-

gen durchgeführt, an Gala, Golden Delicious, Braeburn

und Nicoter. Mit der linearen Diskriminanzanalyse,

einem multivariaten Kalibrierverfahren, wurde versucht,

die Äpfel anhand der gemessenen Spektren in Fallende

und Reifende zu klassieren.

NIRS-Modelle sind nur für Früchte gültig, die dem Kalib-

rierset entsprechen. Deshalb müssen möglichst verschie-

dene Früchte von verschiedenen Jahren, Parzellen und

Sorten gemessen werden. Je mehr Fruchtvariabilität ein

Kalibrierset enthält, desto robuster ist die Kalibrierung.

Um die Robustheit eines Modells zu verifizieren, wird

die Prognosegenauigkeit mit Früchten, die nicht im Kali-

brierset enthalten sind, geprüft. Diese externe Validie-

rung ist ein wichtiges Instrument, um die Praxistauglich-

keit der Modelle zu prüfen.

Es konnten NIRS-Modelle entwickelt werden, die von

den 1040 im Modell verwendeten Früchten bei 67 % ±

1 % (Abb. 5A) richtig vorhersagten, ob sie abfallen oder

nicht. Die externe Validierung mit weiteren 260 Früch-

ten ergab jedoch nur noch eine Trefferquote von 58 % ±

2 %. Das ist nur um 8 % besser als eine zufällige Prog-

0

2

4

6

8

10

12

14

-0,8 -0,6 -0,4 -0,2 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 2,6 2,8 3,0 3,2 3,4 3,6 3,8 4,0 4,2 4,4 4,6 4,8 5,0 5,2 5,4 5,6 5,8

Anza

hl F

rüch

te

Zuwachs [mm]

gefallen gegen prog. gefallen gem. prog.ausgereift gegen prog. ausgereift gem. prog.

Abb. 4 | Vergleich der Fruchtfallprognose nach Greene mit dem tatsächlichen Behang nach dem Junifruchtfall (4. 7. 2013). Nicoter nach Amidbehandlung (NAAm), Zuwachs zwischen 16. und 30. 5., Vollblüte 11. 5., Behandlung mit NAAm am 13. 5.

A B

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llen

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2011 2012 2013 2011 2012 2013Messungen

Prog

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Fru

chtfa

ll

Bonitur am 4. Juli:ausgereiftgefallen

Abb. 5 | Vergleich der Prognose der NIRS-Modelle mit dem tatsächlichen Fruchtfall. (A) Modell aus abfallenden und hän-genbleibenden Früchten und (B) Modell aus Früchten, die entweder in den folgenden Tagen oder gar nicht abfallen.

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 422–429, 2014

Behangsprognose bei Äpfeln | Pflanzenbau

427

Standard-Gala-Baum mit 727 Blüten einen Endbehang

von 237 Früchten berechnet, und tatsächlich hingen in

der Apfelanlage nach dem Junifruchtfall im Mittel noch

236 Äpfel pro Baum.

Der erste Fruchtfall im Simulationslauf (Abb. 6)

beruht auf der Annahme (vorgewählte Einstellung im

Modell), dass ein Drittel der Blüten nicht befruchtet wird

und abfällt. Alle folgenden Fruchtfälle basieren auf den

Berechnungen der Kohlenstoffbilanz und des Frucht-

wachstums. Ein letzter leichter Fruchtfall wurde trotz

positiver Kohlenstoffbilanz für den 6. 6. 2012 berechnet.

Durch den immer höheren Bedarf an Assimilaten in den

wachsenden Früchten entstand dennoch ein Defizit für

die einzelne Frucht.

Weitere Vergleiche von Simulationsläufen mit den

tatsächlichen Fruchtzahlen wurden an verschiedenen

Sorten in nicht ausgedünnten Parzellen in Jork durchge-

führt. Die Resultate sind in Tab. 1 dargestellt, genauso

die berechnete Simulation von MaluSim für Jork. Gute

Übereinstimmungen zwischen berechneten und gemes-

senen Fruchtzahlen wurden 2012 beobachtet, während

nose. Eine wesentliche Schwierigkeit für die Interpreta-

tion der Spektren liegt darin, dass externe Faktoren wie

das Erntejahr, die Wetterverhältnisse, der Standort oder

die Fruchtposition am Baum das NIRS-Spektrum einer

Frucht viel stärker beeinflussen als die physiologischen

Veränderungen, welche den Fruchtfall einleiten.

Bei genauerer Betrachtung der Resultate wurde fest-

gestellt, dass der Fruchtfall bei den Früchten, die in den

nächsten ein bis zwei Wochen nach der NIRS-Messung

abgefallen sind, deutlich besser vorhergesagt wurde

(75 % ± 5%) als bei denen, die später abgefallen sind

(55 % ± 6%).

Aus diesem Grund wurden neue Modelle entwickelt,

die nur mit Früchten gemacht wurden, die entweder in

den folgenden zwei Wochen abgefallen oder vollstän-

dig ausgereift sind. Tatsächlich wurden so bessere Resul-

tate erreicht: 76 % ± 0,3 % der im Kalibrierset enthalte-

nen Früchte wurden richtig vorhergesagt (Abb. 5B) und

71 % ± 2 % der Früchte aus der externen Validierung.

Es gibt also eine messbare Veränderung der Stoffzu-

sammensetzung in den betroffenen Früchten, bevor

diese fallen. Mit NIRS kann diese allerdings erst einige

Tage vor dem eigentlichen Fall festgestellt werden,

wobei selbst dann die Aussagekraft der Messung gering

bleibt.

MaluSim

Zur Anpassung und Validierung von MaluSim wurden

Messungen und Zählungen in einem Praxisbetrieb in

Zornheim an nicht ausgedünnten Bäumen der Sorte

Gala durchgeführt (Masterarbeit T. Pfeifer 2012). Hierbei

konnte eines der angepassten MaluSim-Modelle beson-

ders überzeugen. Die Simulation (Abb. 6) hat für einen

-800

-600

-400

-200

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200

400

600

800

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60

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24. M

rz

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29. M

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01. J

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]

Berechnete Fruchtanzahl Tageskohlenstoffbilanz 3-Tagesmittel Kohlenstoffbilanz

Abb. 6 | Simulation der Kohlenstoffbilanz und des Fruchtfalls mittels MaluSim für Gala-Standardbaum in Zornheim, 2012 (727 Blüten/Baum, Knospenaufbruch am 24. 3., Blühzeitraum 17. 4. – 3. 5., Vollblüte 25. 4.)

2010 2011 (Spätfrost) 2012

Braeburn 157/141 130 144

Elstar 306 136 134

Kanzi 160 141 134/140

MaluSim 181 180 137

Tab. 1 | Mittelwerte der Anzahl Früchte/Baum aus nicht ausge-dünnten Parzellen in Jork, sowie berechnete Fruchtzahlen aus den Simulationsläufen (Standardbaum Gala, Annahme: 727 Blüten).

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 422–429, 2014

428

Pflanzenbau | Behangsprognose bei Äpfeln

in den Jahren 2010 und 2011 (Jahr mit Spätfrost) die

berechneten Fruchtzahlen stärker von den gemessenen

abwichen. Der unterschiedliche Behang der Sorten legt

nahe, dass die Simulation des Fruchtansatzes an Sorten

oder Sortengruppen angepasst werden sollte.

Ein Vergleich mit Versuchsdaten aus der Schweiz von

2012 (verschiedene Sorten, ohne Ausdünnbehandlung)

zeigte ausserdem, dass für eine gute Simulation des

Fruchtfalls eine Einschätzung der Blühstärke eingebun-

den werden muss. Die berechneten Fruchtzahlen aus

Simulationsläufen mit Einstellungen aus Zornheim

(727 Blüten) lagen weit vom tatsächlichen Behang ent-

fernt (mittlere Abweichung 46 % ± 20 %). Mit der Ein-

gabe der am Baum gezählten Blütenanzahl verbesserte

sich die Simulation deutlich (20 % ± 7 %).

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Alle drei Ansätze verwendeten einfach messbare Grös-

sen am Baum oder, im Fall von MaluSim, in dessen

Umwelt. Auf labortechnische Analysen physiologischer

Vorgänge wurde zugunsten der angestrebten Praxis-

tauglichkeit verzichtet. Keiner der drei Prognoseansätze

konnte überzeugen, indem er eine zuverlässige Prog-

nose für den Behang nach dem Junifruchtfall erzeugen

konnte. Die Untersuchungen ermöglichten jedoch ver-

tiefte Einblicke in das Verhalten von Apfelbäumen in

der frühen Phase der Fruchtentwicklung: Offensichtlich

sind verschiedene Einflussfaktoren während der ganzen

Zeit bis zum Junifruchtfall in der Lage, Fruchtfall zu

induzieren.

Fruchtfallverhalten

Die detaillierte Fruchtzuwachsmessung nach der Blüte

zeigte, dass auf diesem Weg zwar bestimmt werden

kann, welche Früchte sicher abfallen, nicht aber, welche

sicher ausreifen werden. Die Menge Früchte, die trotz

guter Anfangsentwicklung bis zum Junifruchtfall abge-

fallen sind, war sehr variabel. Das Resultat der Zuwachs-

messung kann deshalb genauso trügen wie der Eindruck,

den man bei der visuellen Kontrolle am Baum gewinnt.

Es besteht ein Widerspruch zwischen dieser Folgerung

und früheren Publikationen (Handschak 1997; Greene et

al. 2005; McArtney und Obermiller 2010), welche den

Erfolg von Fruchtfallprognosen auf der Basis von Frucht-

zuwachs oder Fruchtgrösse bestätigten. Abweichende

Bedingungen wie etwa Standort, Kultursystem, Sorte

oder Jahreseinflüsse können Gründe dafür sein.

Die NIRS-Messungen bestätigten die vermutete Ver-

änderung der Stoffzusammensetzung bei den Früchten,

die abfallen werden. Deutlich war die Verbesserung die-

ser Messbarkeit, je näher der Messzeitpunkt am effekti-

ven Fall einer Frucht lag. NIRS kann die physiologische

Veränderung in einer Frucht also erst wenige Tage vor

deren Fall erkennen. Eine frühzeitige Behangsprognose

ist damit nicht möglich.

Der Vergleich zwischen Simulationsergebnissen aus

MaluSim und der Situation am Baum zeigte oft gute

Übereinstimmung. D.h., die aktuelle Versorgungssitua-

tion mit Assimilaten wurde richtig eingeschätzt. Malu-

Sim lieferte aber ebenfalls keine frühzeitige Behangs-

prognose. Die Kohlenstoffbilanz ist zwar ein wesentlicher

Kennwert für die Ausprägung des Fruchtfalls, als witte-

rungsabhängige Grösse kann sie aber nicht für die

Zukunft berechnet werden.

Alle drei Untersuchungen legen den Schluss nahe,

dass der Fruchtfall in den untersuchten Parzellen konti-

nuierlich oder in mehreren Phasen verlief (vgl. Schuma-

cher et al. 1989). D.h., sein Ausmass wurde nicht zu

einem bestimmten Zeitpunkt determiniert, weshalb

eine frühe Prognose des Erntebehangs anhand der

Baum- oder Fruchtentwicklung nicht möglich war.

Ergebnisse von Kockerols et al. (2008) zur Ausdünnungs-

wirkung durch kurzfristige Beschattung der Bäume

bestätigen diese Ansicht; die Beschattung verstärkte den

Fruchtfall auch noch 33 Tage nach Vollblüte, bei Frucht-

durchmessern von rund 22 – 24 mm. Demzufolge indu-

ziert ein Engpass in der Versorgung mit Assimilaten auch

noch 33 Tage nach Vollblüte erneut Fruchtfall.

Wirkungsprognose für die Ausdünnung

Die aktuelle Versorgungssituation (Kohlenstoffbilanz)

eines Baumes beeinflusst direkt und massgeblich die

Wirksamkeit einer Ausdünnbehandlung. Das MaluSim-

Modell kann mithilfe von Wetterprognosen (Temperatur

und Globalstrahlung) die kurzfristige Versorgungssitua-

tion für einen Standardbaum errechnen und damit eine

wertvolle Information für die Auswahl und die Intensität

einer Ausdünnbehandlung bereitstellen (Robinson und

Lakso 2011). Diese Art der Prognose wird in den USA

bereits von einigen Anbietern als Beratungsinstrument

zur Verfügung gestellt. Den Untersuchungen dieser Stu-

die zufolge kann MaluSim auch unter europäischen

Bedingungen angewendet werden. Weitere Forschung

ist jedoch nötig, um MaluSim als Beratungsinstrument

einsetzen n

Dank

Charles Amstein, Antoine & Christophe Betrisey, Luc Magnollay, Adrien Mettaz, Reynald Pasche, Peter Widmer und Thomas Zimmermann für die Messungen in ihren Parzellen, der Union Fruitière Lémanique, dem Strickhof und dem Kanton Wallis für ihre Unterstützung und Zusammenarbeit.

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 422–429, 2014

429

Behangsprognose bei Äpfeln | Pflanzenbau

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

▪ Lakso A. N., White M. D. & Tustin D. S., 2001. Simulation modelling of the effects of short and long-term climatic variations on carbon balance of apple trees. Acta Horticulturae 557, 473-480.

▪ McArtney S. J. & Obermiller J. D., 2010. Evaluation of a Model to Predict the Response of ‘Gala’ Apples to Chemical Thinners. XIth IS on Plant Bio-regulators in Fruit Production, Acta Horticulturae 884, 581-586.

▪ Nicolai B., Beullens K., Bobelyn E., Peirs A., Saeys W., Theron K.& Lam-mertyn J., 2007. Nondestructive measurement of fruit and vegetable quality by means of NIR spectroscopy: A review. Postharvest Biology and Technology 46, 99–118.

▪ Robinson T. L. & Lakso A. N., 2011. Predicting Chemical Thinner Respon-se with a Carbohydrate Model. Acta Horticulturae 903, 743–750.

▪ Schumacher R., Kellerhals M. & Fankhauser F., 1989. Die Fruchtbarkeit der Obstgehölze: Ertragsregulierung und Qualitätsverbesserung. Ulmer, Stuttgart. 242 S.

▪ Winter F., Link H. & Autorenkollektiv, 2002. Lucas' Anleitung zum Obst-bau. Ulmer, Stuttgart. 488 S.

Literatur ▪ Baumgartner D., Gabioud S., Gasser F. & Höhn E., 2007. Zerstörungsfreie Messung innerer Qualitätsmerkmale beim Apfel. Schweizerische Zeit-schrift für Obst- und Weinbau 143 (12), 10–13.

▪ Cornell University, 2014. Cornell Apple Carbohydrate Thinning Model. Zugang: http://newa.cornell.edu/index.php?page=apple-thin [26.05.2014].

▪ Gölles M., Widmer A. & Baumgartner D., 2012. Fruchtansatzprognose beim Apfel unterstützt die chemische Fruchtbehangsregulierung. Agrarforschung Schweiz 3 (10), 478–485.

▪ Greene D. W., Krupa J., Vezina M. & Lakso A. N., 2005. A Method to Pre-dict Chemical Thinner Response on Apples. FruitNotes 70 (2), 12–17.

▪ Handschak M., 1997. Fruchtfall beim Apfel. Obstbau 6, 286–290. ▪ Kockerols K., Widmer A., Gölles M., Bertschinger L. & Schwan S., 2008. Aus-

dünnung von Äpfeln durch Beschattung. Agrarforschung 15 (6), 258–263. ▪ Lakso A. N. & Johnson R. S., 1990. A simplified dry matter production model for apple using automatic programming simulation software. Acta Horticulturae 276, 141–148.

Forecasting crop load in apple trees

Crop-load management is a vital cultural

measure in apple-growing. Only when the

number of fruits per tree corresponds to target

crop-load levels do yield and quality match

over the years. Crop load is influenced by

various factors, and is deliberately reduced

through thinning measures. The necessary

intensity of thinning, however, is difficult to

gauge, since the process must take place

before the physiological fruit drop is over in

early summer. Three approaches to early

forecasting of crop load were refined, adapted

and evaluated on fruit plots in Switzerland,

Germany, Austria and Italy: fruit-growth

measurement according to D.W. Greene;

determination of the material composition of

the fruit by means of near-infrared spectros-

copy; and carbon-balance modelling

(MaluSim). According to the investigations,

fruit drop is not induced at a specific time,

but can be induced repeatedly. Because of this,

with the current state of developments, the

quality and reliability of the forecasts were

insufficient for application in practice. Never-

theless, the estimation of the expected

effectiveness of a thinning treatment which

can be derived using the carbon balance from

MaluSim is promising, and would allow the

dosage for the treatment to be specially

adapted to the conditions in question.

Key words: fruitdrop, predicting fruitset, fruit

thinning, carbon balance, MaluSim, near-infra-

red spectroscopy, NIRS, Malus domestica.

Previsione del carico in melicoltura

La regolazione del carico produttivo rappre-

senta una misura colturale decisiva nella

melicoltura. Solo se il numero di frutti per

albero corrisponde all'obiettivo prefissato di

quantità da produrre saranno garantiti negli

anni buoni livelli di resa e qualità. Il carico

produttivo è influenzato da diversi fattori e

viene ridotto in modo mirato tramite interventi

di diradamento dei frutti. È tuttavia difficile

valutare quale sia la necessaria intensità del

diradamento, in quanto questa operazione

deve avvenire prima del termine della caduta

fisiologica dei frutti all'inizio dell'estate. In

appezzamenti destinati alla frutticoltura in

Svizzera, Germania, Austria e Italia sono stati

sviluppati, adeguati e valutati tre metodi per la

previsione precoce del carico produttivo: il

monitoraggio della crescita dei frutti secondo

D.W. Greene, la misurazione della composizione

dei frutti tramite la spettroscopia nel vicino

infrarosso e la modellizzazione del bilancio del

carbonio (MaluSim). In base ai risultati delle

ricerche, tuttavia, la caduta dei frutti non viene

determinata in un preciso momento, ma può

essere indotta più volte. Allo stato attuale degli

sviluppi, la qualità e l'attendibilità delle

previsioni non si sono dunque rivelate suffi-

cienti per l'applicazione nella pratica. Promet-

tente è invece la valutazione dell'efficacia

attesa di un trattamento di diradamento, che

può essere ricavata sulla base del bilancio del

carbonio, come previsto nel modello MaluSim. Il

dosaggio del trattamento potrebbe così essere

adeguato in modo mirato alle esigenze.

Literatur ▪ Baumgartner D., Gabioud S., Gasser F. & Höhn E., 2007. Zerstörungsfreie Messung innerer Qualitätsmerkmale beim Apfel. Schweizerische Zeit-schrift für Obst- und Weinbau 143 (12), 10–13.

▪ Cornell University, 2014. Cornell Apple Carbohydrate Thinning Model. Zugang: http://newa.cornell.edu/index.php?page=apple-thin [26.05.2014].

▪ Gölles M., Widmer A. & Baumgartner D., 2012. Fruchtansatzprognose beim Apfel unterstützt die chemische Fruchtbehangsregulierung. Agrarforschung Schweiz 3 (10), 478–485.

▪ Greene D. W., Krupa J., Vezina M. & Lakso A. N., 2005. A Method to Pre-dict Chemical Thinner Response on Apples. FruitNotes 70 (2), 12–17.

▪ Handschak M., 1997. Fruchtfall beim Apfel. Obstbau 6, 286–290. ▪ Kockerols K., Widmer A., Gölles M., Bertschinger L. & Schwan S., 2008. Aus-

dünnung von Äpfeln durch Beschattung. Agrarforschung 15 (6), 258–263. ▪ Lakso A. N. & Johnson R. S., 1990. A simplified dry matter production model for apple using automatic programming simulation software. Acta Horticulturae 276, 141–148.

▪ Lakso A. N., White M. D. & Tustin D. S., 2001. Simulation modelling of the effects of short and long-term climatic variations on carbon balance of apple trees. Acta Horticulturae 557, 473-480.

▪ McArtney S. J. & Obermiller J. D., 2010. Evaluation of a Model to Predict the Response of ‘Gala’ Apples to Chemical Thinners. XIth IS on Plant Bio-regulators in Fruit Production, Acta Horticulturae 884, 581-586.

▪ Nicolai B., Beullens K., Bobelyn E., Peirs A., Saeys W., Theron K.& Lam-mertyn J., 2007. Nondestructive measurement of fruit and vegetable quality by means of NIR spectroscopy: A review. Postharvest Biology and Technology 46, 99–118.

▪ Robinson T. L. & Lakso A. N., 2011. Predicting Chemical Thinner Respon-se with a Carbohydrate Model. Acta Horticulturae 903, 743–750.

▪ Schumacher R., Kellerhals M. & Fankhauser F., 1989. Die Fruchtbarkeit der Obstgehölze: Ertragsregulierung und Qualitätsverbesserung. Ulmer, Stuttgart. 242 S.

▪ Winter F., Link H. & Autorenkollektiv, 2002. Lucas' Anleitung zum Obst-bau. Ulmer, Stuttgart. 488 S.

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 422–429, 2014

430 Agrarforschung Schweiz 5 (10): 430–433, 2014

bei Kartoffeln eingesetzt. Bis jetzt sind keine Antagonis-

ten bekannt, die den Erreger der Kraut- und Knollen-

fäule effizient regulieren können. In diesem Bericht wird

die Isolierung und Charakterisierung von Kartoffel-asso-

ziierten Bakterien beschrieben, sowie die Fähigkeit die-

ser Stämme, das Wachstum von P. infestans entweder

direkt oder indirekt, durch Freisetzung von flüchtigen

Verbindungen, in vitro zu hemmen.

Isolierung des Oomyzets und der Bakterienstämme

Das zu testende Polysporenisolat des Oomyzeten P. infes-

tans wurde 2001 isoliert. Im Oktober 2012 wurden Bak-

terienstämme aus der Rhizosphäre und der Phyllosphäre

von drei mit P. infestans befallenen Kartoffelpflanzen

des Standorts Reckenholz gewonnen. Um die kultivier-

bare Diversität zu erhöhen, wurde die Isolierung auf ver-

schiedenen Medien durchgeführt (Luria-Bertani, Actino-

mycete Agar, Malzagar). Bakterien, die sich innerhalb

einer Probe morphologisch voneinander unterschieden,

wurden auf separaten Platten vermehrt. Insgesamt

konnten 137 verschiedene Bakterienstämme isoliert

werden. Die Mehrzahl dieser Stämme wurde durch

Sequenzierung der 16S rRNA oder des RpoD-Gens phylo-

genetisch identifiziert (Hunziker 2013).

In der biologischen Landwirtschaft ist es besonders

schwierig, Kartoffelpflanzen vor Krankheiten zu schüt-

zen, da keine synthetischen Fungizide eingesetzt wer-

den dürfen. In dieser Studie wurde das Hemmpotenzial

von Bakterien aus der Kartoffelpflanze und ihrer Rhizo-

sphäre gegen den Erreger der Kraut- und Knollenfäule

in vitro getestet. Die Hälfte von ihnen zeigte eine viel-

versprechende Wirkung.

Der Oomyzet Phytophthora infestans ist eines der welt-

weit bedeutendsten Kartoffelpathogene. Im schweizeri-

schen Biokartoffelanbau wird der Erreger der Kraut- und

Knollenfäule häufig mit Kupfer bekämpft. Kupfer wirkt

effizient gegen P. infestans, aber die Anreicherung von

Kupfer im Boden hat negative Auswirkungen auf Boden-

organismen (Kula und Guske 2003). Aus diesem Grund

soll der Einsatz von Kupfer bis 2016 in der EU möglichst

reduziert werden (EU 2009).

Natürlich vorkommende Bakterien können sich sehr

gut zur Regulierung von Krankheitserregern eignen: Das

bereits auf dem Markt vorhandene Produkt Cerall®

(Lantmännen, BioAgri, Schweden) zum Beispiel basiert

auf einem Pseudomonas-Stamm und wirkt gegen Tilletia

caries, den Erreger des Stinkbrands im Getreide. Ein

anderer Pseudomonas-Stamm wird als Proradix® (Sour-

con Padena, Tübingen, Deutschland) gegen Silberschorf

Bakterien aus dem Wurzelbereich hemmen den Erreger der Kraut- und KnollenfäuleDenise Bönisch, Lukas Hunziker und Laure Weisskopf

Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, 8046 Zürich, Schweiz

Auskünfte: Laure Weisskopf, E-Mail: [email protected]

K u r z b e r i c h t

Hemmung des Myzelwachstums von Phytophthora infestans durch Kartoffel-assoziierte Bakterienstämme. Links die Kontrolle, rechts der durch den Bakterienstamm R47 gehemmte Oomyzet. (Fotos: Denise Bönisch)

Abb. 1 | Schematische Darstellung der beiden Ansätze, um das wachstumshemmende Potenzial der Bakterienstämme zu testen. Schwarz: Myzelstück von Phytophthora infestans, orange: Bakteri-entropfen der zu testenden Isolate. A: direkter Ansatz, B: VOC-An-satz (volatile Stoffe).

A B

Bakterien aus dem Wurzelbereich hemmen den Erreger der Kraut- und Knollenfäule | Kurzbericht

431Agrarforschung Schweiz 5 (10): 430–433, 2014

120 100 80 60 40 20 0 20 40 60 80 100 120

KontrolleR47S50R32R82R84R76S35R01S49R02R95R75S22R74S24S34S04S19S06

VOC-Behandlung direkte Behandlung

+

+

+

+

+

+

+

***

*****

*** ***** **

*** ****** ***** ***

**** **

*** **

*

*** ****

*****

*

******

A

120 100 80 60 40 20 0 0 20 40 60 80 100 120

KontrolleR73R61S01R54R42R60S46R31R85S27R29S25R96

*

**

**

**

**

**

***

VOC-Behandlung direkte Behandlung

**

****

*****

***

*****

******

B

Antagonistisches Potenzial der Bakterienstämme

Das antagonistische Potenzial der Stämme wurde in

einer ersten Vorstudie gegen drei Krankheitserreger

(P. infestans, Rhizoctonia solani, Botrytis cinerea) in vitro

evaluiert. Dieses Screening führte zu einer Auswahl von

32 Stämmen, deren Aktivität gegen Phytophthora in

zwei unterschiedlichen Ansätzen bestimmt wurde: Im

direkten Ansatz wurde ein Myzelstück von 5 mm Durch-

messer in die Mitte einer Petrischale und in gleichmässi-

gen Abständen drei Tropfen mit je 10 μl der bakteriellen

Flüssigkultur (optische Dichte = 1) platziert (Abb. 1A). In

einem zweiten Ansatz wurde nur der Effekt der flüchti-

Abb. 2 | Myzelwachstum von Phytophthora infestans 14 Tage nach der Inokulation mit den isolierten Bakterienstämmen. R steht für die isolierten Bakterienstämme aus der Rhizosphäre und S für Stämme vom Spross der Kartoffelpflanzen (mit Standardfehlerbalken). +: Blau-säureproduzenten, Sterne: signifikante Unterschiede zur Kontrolle (T-Test, n = 3–4 ; * P < 0,05; ** P < 0,01; *** P < 0,001). A: Wirkung von Pseudomonaden auf das Myzelwachstum (in Prozent der Kontrolle), B: Wirkung von Nicht-Pseudomonaden auf das Myzelwachstum (in Prozent der Kontrolle). VOC: volatile Stoffe.

gen Stoffe der Bakterien (VOC = volatile organic com-

pound) getestet. Dazu wurde das Myzelstück in einer

zweigeteilten Petrischale auf der einen Seite platziert,

und auf der anderen Seite wurden drei Bakterientrop-

fen zu je 10 μl pipettiert (Abb. 1B). Phytophthora infest-

ans wurde immer auf Roggenagar und die Bakteri-

enstämme wurden entweder auf Roggenagar (direkter

Ansatz, Abb.  1A) oder auf Luria-Bertani-Medium (LB)

(VOC-Ansatz, Abb. 1B) kultiviert. Nach 14 Tagen wurde

die Wachstumsfläche von P. infestans mittels digitaler

Bildanalyse (ImageJ) gemessen und mit der Kontrolle

(ohne Bakterien) verglichen. Die Ergebnisse werden als

Kurzbericht | Bakterien aus dem Wurzelbereich hemmen den Erreger der Kraut- und Knollenfäule

432

Prozent der Kontrolle dargestellt, und die Signifikanz

wurde mittels Student's T-Test bestimmt (n = 3–4, P <

0,05). Die gleichen Platten wurden unter dem Mikros-

kop visuell ausgewertet um festzustellen, ob die bakteri-

ellen Einflüsse eine Änderung in der Struktur des Myzels

hervorrufen können.

Hemmpotenzial der antagonistischen Bakterienstämme

Die getesteten Bakterien wurden in Pseudomonaden

und Nicht-Pseudomonaden aufgeteilt (Abb. 2A und B).

In der ersten Gruppe hemmten insgesamt neun Stämme

das Myzelwachstum von P. infestans, so dass der Oomy-

zet in der direkten Behandlung nur zwischen 8 % und

50 % des Wachstums der Kontrolle erreichte, und alle

diese Stämme zeigten auch durch die volatilen Stoffe

einen sehr guten Hemmeffekt (0 – 30 % des Wachstums

der Kontrolle). Zehn weitere Pseudomonas-Stämme

zeigten nur eine geringe oder gar keine Wachstums-

hemmung (56 – 101 % des Wachstums der Kontrolle) im

direkten Ansatz. Von diesen Bakterien hemmten jedoch

vier Stämme durch die volatilen Stoffe bis zu 50 % des

Wachstums. Bei den Nicht-Pseudomonaden inhibierten

zehn Stämme den Oomyzeten (7 – 50 % des Wachstums

der Kontrolle) in der direkten Behandlung. Drei Stämme

hemmten nur wenig oder gar nicht. Bezüglich der vola-

tilen Stoffe hatten die Nicht-Pseudomonaden nur einen

geringen oder keinen Einfluss, und nur zwei Stämme

inhibierten das Wachstum bis zu 50 %.

Dass die Pseudomonaden im VOC-Ansatz aktiver als

die Nicht-Pseudomonaden waren, ist wahrscheinlich auf

die Produktion von Blausäure zurückzuführen. In der Tat

waren alle Stämme, die das Myzelwachstum komplett

unterbanden, cyanogen (Blausäure-bildend). Allerdings

zeigten auch nicht cyanogene Bakterien sehr gute

Hemmeffekte, z.B. die Stämme S35, R76, R73 oder R54.

Welche andere Stoffe die Inhibition auslösen können,

wird in weiteren Versuchen erforscht.

Es war bemerkenswert, dass die bakteriellen Stämme

je nach Behandlungsansatz das Myzel von P. infestans

unterschiedlich hemmten. Der Pseudomonas-Stamm R47

z.B. hemmte den Pilz sowohl in der direkten als auch in

der VOC-Behandlung hervorragend (Abb.  3), während

der Stamm S49 nur im VOC-Ansatz und R60 nur in der

direkten Behandlung eine sehr gute Inhibition zeigte.

Hingegen wirkte der Stamm S22 in beiden Behandlun-

gen schwach. Dies zeigt, wie sensibel der Oomyzet auf

unterschiedliche Wirkstoffe reagiert, ob sie nun vom sel-

ben Bakterium stammen oder nicht, und ob sie gasför-

mig sind oder durch das Medium diffundieren können.

Stämme wie die Pseudomonaden R47, S50, R32, R82

und R84, die in beiden Ansätzen gute Effekte zeigen,

sind für eine potenzielle Anwendung als Antagonisten

gegen die Kraut- und Kartoffelfäule von Interesse.

Bakterien verändern die MyzelstrukturDurch die Einwirkung der abgegebenen Stoffe der Bakte-

rien in das Medium oder in die Gasphase konnten Verän-

derungen in der Struktur des Myzels sowie der Sporangien

beobachtet werden. Abbildung 4A zeigt das Myzel von P.

infestans in der direkten Behandlung. Im Gegensatz zur

Kontrolle sind in den Hyphen des durch den Stamm R47

gehemmten Oomyzets vakuolenartige Strukturen zu

erkennen. Durch diese Strukturen könnte der Stofftrans-

port in den Hyphen und dadurch das Wachstum des Myzels

Abb. 3 | Hemmung des Myzelwachstums von Phytophthora infestans durch verschiedene Bakterienstämme. Die Bilder wurden 14 Tage nach der Inokulation aufgenommen. Oben die Wirkung nach der direkten und unten nach der VOC-Behandlung.

Kontrolle R47 S49 R60 S22

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 430–433, 2014

Bakterien aus dem Wurzelbereich hemmen den Erreger der Kraut- und Knollenfäule | Kurzbericht

433

sporen eine wesentliche Rolle bei der Ausbreitung der

Epidemie spielen.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

•• Von den 32 getesteten Bakterienstämmen hemmte

etwa die Hälfte der Stämme das Myzelwachstum von P.

infestans bis zu 50 % (direkte und VOC-Behandlung).

•• Die Behandlung mit den aktiven Bakterienstämmen

hemmte nicht nur das Myzelwachstum, es hatte auch

einen Einfluss auf die Bildung der Sporangien.

•• Das Hemmpotenzial dieser Stämme wird zurzeit in

Gewächshausversuchen getestet. n

gehemmt werden. Die Sporangien waren im Vergleich zur

Kontrolle teilweise mit vakuolenartigen Bläschen gefüllt,

und das Zoosporenmaterial in den Sporangien sah zer-

setzt aus. Die Keimung von P. infestans könnte durch diese

Veränderungen durchaus beeinträchtigt sein.

In Abbildung 4B wird der volatile Einfluss von unter-

schiedlichen Bakterienstämmen auf das Myzel von

P. infestans dargestellt. Der Stamm S22 zeigte nur eine

geringe Hemmung auf das Wachstum: Bis auf ein paar

wenige Hyphenkreise sah hier das Myzel demjenigen

der Kontrolle sehr ähnlich. Der mittelgut hemmende

Stamm S35 (Myzelwachstum um 35 % reduziert) hatte

einen grösseren Einfluss auf die Struktur des Myzels. Es

wurden deutlich mehr kreisförmige Hyphen und weni-

ger Sporangien beobachtet. Beim stark inhibierenden

Stamm R76 waren die Kreisstrukturen noch ausgepräg-

ter, und es wurden keine Sporangien mehr gefunden.

Die Stärke der Wachstumshemmung scheint mit sichtba-

ren Veränderungen der Hyphenstruktur sowie mit der

Reduzierung der Sporangienanzahl einherzugehen.

Diese Wirkungen auf die Sporangienbildung sind in

Hinsicht auf eine Regulierung des Erregers beachtens-

wert, da die Sporangien und die darin enthaltenen Zoo-

Literatur ▪ EU, 2009. Amtsblatt der Europäischen Union. Richtlinien der Kommission 2009/37/EG, vom 23. April 2009, Anhang I, 91/414 EWG, Nr. 282.

▪ Hunziker L., 2013. Bacteria as biocontrol agents of Phytophthora infest-ans: Evaluating the putative role of volatile organic compounds in late blight control. Masterarbeit. Universität Zürich.

▪ Kula C. & Guske S., 2003. Auswirkungen von Kupfer auf Bodenorganis-men bei langjähriger Anwendung. In: Alternativen zur Anwendung von Kupfer als Pflanzenschutzmittel. 7. Fachgespräch am 6. Juni 2002 in Ber-lin-Dahlem. Berichte aus der biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft. Heft 118, 11–16.

Abb. 4 | Strukturveränderung von Phytophthora infestans bei A direkter Behandlung und B VOC-Behandlung. Die Fotos der direkten Behandlung wurden nach drei Wochen, jene der VOC-Behandlung nach sechs Wochen aufgenommen. A Oben die Kontrolle, unten der Stamm R47. B Von links nach rechts: Kontrolle, Stämme S22, S35 und R76, aufsteigend nach ih-rem Hemmpotential.

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 430–433, 2014

R47 10× R47 10× Zoom R47 40×

Kontrolle 10× S22 10× S35 10× R76 10×

A

B

Kontrolle 10× Kontrolle 10× Zoom Kontrolle 40×

434 Agrarforschung Schweiz 5 (10): 434–435, 2014

Wie muss ich mir diese Biokommunikation der Pflanzen

und Insekten im Ökosystem genauer vorstellen?

Unsere Forschung beschäftigt sich mit Duftstoffen, wel-

che als chemische Signale in Ökosystemen fungieren.

Diese chemischen Signale werden von einzelnen Orga-

nismen ausgesendet oder empfangen und lösen bei

ihnen physiologische und molekulare Prozesse aus. Wir

wollen verstehen, wie diese Signale Interaktionen zwi-

schen Pflanzen, Schadinsekten und den natürlichen

Gegenspielern der Schadinsekten vermitteln. Wenn bei-

spielsweise Schadinsekten Pflanzen befallen und von ihr

fressen, verändert sich die chemische Duftwolke der

Pflanze. Diese Duftstoffe können von den natürlichen

Gegenspielern der Insekten über grosse Distanzen wahr-

genommen werden. Die Gegenspieler fliegen dann zur

befallenen Pflanze und fressen die Schadinsekten. Die

Pflanze «ruft» also richtiggehend um Hilfe. In natürlichen und in Agrar-Ökosystemen spielen

diese chemischen Signale eine Schlüsselrolle. Die Bedeu-

tung dieser Signale wurde aber lange nicht erkannt. So

werden beispielsweise in Agrar-Ökosystemen diese kom-

plexen Interaktionen meist nicht berücksichtigt. Dies im

Gegensatz zu den natürlichen Systemen, bei denen das

Im März 2013 wurde Frau Consuelo De Moraes zur Pro-

fessorin für Biokommunikation und Entomologie an der

ETH Zürich ernannt. Vorher forschte und lehrte Sie an

der Pennsylvania State University, USA. Ihre Forschung

beschäftigt sich mit der chemischen Ökologie, insbeson-

dere mit der Rolle von Duftstoffen, welche Interaktio-

nen zwischen Pflanzen, Insekten und den natürlichen

Gegenspielern der Insekten vermitteln.

Frau De Moraes, Sie arbeiten an der Schnittstelle von

Chemie, Biologie und Ökologie. Was fasziniert Sie an

dieser interdisziplinären Forschung?

Mich interessierte schon immer wie Organismen sich ver-

ständigen und miteinander interagieren. Insbesondere

die Welt der Insekten fand ich faszinierend. Als Studen-

tin erkannte ich, dass Chemie für das Verständnis vieler

Prozesse in der Biologie und der Ökologie grundlegend

ist. Deshalb habe ich mich auf diese Gebiete und ihre

Schnittstellen fokussiert. Zum Beispiel verbindet unsere

Forschung nicht nur die Chemie mit der Biologie, son-

dern sie untersucht auch die Rolle von chemischen Sig-

nalen im Ökosystem und trägt so zur Erforschung der

sogenannten Biokommunikation bei.

Consuelo De Moraes, Professorin für Biokommuni-kation und Entomologie an der ETH Zürich

I n t e r v i e w

Consuelo De Moraes, Professorin für Biokommunikation und Entomologie an der ETH Zürich | Interview

435Agrarforschung Schweiz 5 (10): 434–435, 2014

Gleichgewicht zwischen Pflanzen und Insekten unter

anderen auf diesen Mechanismen beruht. Unsere For-

schung untersucht die ökologischen Grundlagen dieser

Interaktionen, um sie für die nachhaltige Regulierung

von landwirtschaftlichen Schadinsekten zu nutzen.

Zudem beschäftigen wir uns auch mit Schadinsekten,

welche Krankheiten bei Pflanzen, Tieren und Menschen

übertragen. Zum Beispiel konnten wir zeigen, dass Mäuse,

die mit dem Malariaerreger infiziert sind, einen höheren

Duftstoffpegel haben. Dies macht sie für Mücken, welche

den Erreger der Malaria übertragen, attraktiver, und sie

saugen bevorzugt von ihrem infizierten Blut. Wir untersu-

chen im Moment, ob diese Prozesse auch bei Menschen

eine Rolle spielen. Wir wollen ein Diagnoseverfahren ent-

wickeln, um infizierte Menschen, die keine Malariasymp-

tome aufweisen, aber als Reservoir für den Malariaerreger

dienen, erkennen und rechtzeitig behandeln zu können.

Wie wird Ihre Forschung die Schweizer Landwirtschaft

erreichen?

Wir betreiben Grundlagenforschung. Unsere Forschung

soll einen Beitrag zur nachhaltigen Produktion von Nah-

rungsmitteln liefern. Dies geschah auch in den USA

bereits durch die Untersuchung von lokalen landwirt-

schaftlichen Systemen. In den USA waren wir darüber

hinaus in eine Reihe von Aktivitäten im Bereich Bildung

und Öffentlichkeitsarbeit mit Landwirten involviert.

Sobald ich mit der Landwirtschaft der Schweiz besser

vertraut bin, möchte ich mit meiner Gruppe Forschungs-

projekte angehen, welche für die Schweizer Landwirt-

schaft von Bedeutung sind.

Wo sehen Sie die zukünftigen landwirtschaftlichen

Schädlingsprobleme der Schweiz?

Ein Hauptaugenmerk der Gesellschaft liegt in der Reduk-

tion von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln.

Eine weitere grosse Herausforderung für die Landwirt-

schaft in der Schweiz, aber auch weltweit, ist die nach-

haltige Produktion von Lebensmitteln in Anbetracht des

Klimawandels. Dieser hat direkte Auswirkungen auf die

Kulturpflanzen. Er bringt aber auch die Ökosysteme aus

dem Gleichgewicht. Somit ergeben sich neue Herausfor-

derungen für die Bekämpfung von Schadinsekten. Dies

erfordert ein differenziertes ökologisches Verständnis

für die Biokommunikation in Agrar-Ökosystemen, um

Schädlingspopulationen nachhaltig zu regulieren.

Wird Ihr Umzug in die Schweiz an die ETH Ihre For-

schung und die Lehre beeinflussen?

Die ETH ist eine der weltweit führenden Hochschulen.

Ihr Umfeld wirkt stimulierend auf die Lehre und die For-

schung. Zudem bietet sie die Gelegenheit, mit Forschen-

den verschiedener Disziplinen zusammenzuarbeiten und

innovative Forschung zu betreiben. Dies ermöglicht uns,

die Forschung in den Bereichen nachhaltige Agrar-Öko-

systeme sowie Schutz von Menschen durch Krankheitser-

reger, wie beispielsweise Malaria, weiterzuführen. Die

ETH bietet somit einen hervorragenden Forschungs- und

Lehrplatz.

Die Vorlesungen werden sich hauptsächlich mit Ento-

mologie und den Wechselwirkungen zwischen Pflanzen

und Insekten in Agrar-Ökosystemen beschäftigen. Zu-

dem werden wir, übereinstimmend mit unseren For-

schungsschwerpunkten, Kurse zum Thema chemische

Ökologie und Biokommunikation anbieten. n

Brigitte Dorn, ETH Zürich (Interview adaptiert und erweitert aus AGE-

CON Newsletter Okt. 2013 )

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Aktuell

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 436–439, 2014

N e u e P u b l i k a t i o n e n

Agroscope Transfer | Nr. 36

Neue Erkenntnisse aus der Forschung, die Revision der

Schweizer Tierschutzgesetzgebung und eine wachsende

Sensibilität der Pferdehaltenden führen seit zwanzig

Jahren zu grossen Veränderungen in der Pferdehaltung.

Der Anteil Pferde, die in traditionellen Haltungssyste-

men wie Ständen oder Innenboxen gehalten werden,

nimmt stetig ab. Vermehrt nachgefragt werden moderne

Aufstallungssysteme wie Auslaufboxen oder Gruppen-

haltungsanlagen. Mit dem Wandel in der Pferdehaltung

treten aber auch Probleme und offene Fragen auf, die

früher nicht von Bedeutung waren. Das vorliegende

Agroscope Transfer, Merkblatt für die Praxis, zeigt die

drei wichtigsten Herausforderungen einer zeitgemässen

Pferdehaltung auf; es sind dies:

1. Fütterungsmanagement

2. Gruppenhaltung

3. Erleichterter Sozialkontakt in der Boxenhaltung

Von der angewandten Forschung wird erwartet, prakti-

kable und finanziell tragbare Lösungen zur Umsetzung

der Theorie in die Praxis zu entwickeln. Die Forschungs-

aktivitäten im Bereich Pferdehaltung sind in der Schweiz

im Vergleich zu anderen Nutztierarten jedoch beschei-

den. Das Schweizerische Nationalgestüt SNG von Agro-

scope in Avenches gehört zu den wenigen Institutionen,

die Forschung in diesem Bereich betreiben. Seit dem

vollständigen Zusammenschluss mit der landwirtschaftli-

chen Ressortforschung Agroscope des Bundes wird die-

ser anwendungsorientierten Forschung in Avenches

noch mehr Rechnung getragen. Zudem wird dem Wis-

senstransfer in die Praxis grosse Bedeutung zugeschrie-

ben. Durch zahlreiche praxisorientierte Kurse, mittels

Veranstaltungen wie der alljährlichen Netzwerktagung

Pferdeforschung Schweiz in Avenches und dem Aus-

kunftsdienst der Beratungsstelle Pferd werden die

Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Forschung weiter-

vermittelt.

Iris Bachmann, Agroscope

Fütterung, Gruppenhaltung und Sozialkontakte – die zentralen Herausforderungen der Pferdehal-tung

Fütterung, Gruppenhaltung und Sozialkontakte – die zentralen Herausforderungen der Pferdehaltung

AutorinIris Bachmann

TiereAgroscope Transfer | Nr. 36 / September 2014

agroscope transfer_36_de.indd 1 11.09.14 11:11

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Aktuell

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 436–439, 2014

Agroscope Transfer | Nr. 37

Die vorliegende Datensammlung enthält Grundlagen

und Richtwerte für die Entschädigung überbetrieblich

eingesetzter Landmaschinen. Die Entschädigungsan-

sätze sind ausdrücklich als Richtwerte zu verstehen.

Sie sind kalkulatorische Grössen, die unter den getrof-

fenen Annahmen eine kostendeckende Benutzung

der Maschine zwischen landwirtschaftlichen Betrieben

erlauben. In der Praxis sind die verhandelten Entschä-

digungsansätze auch durch Angebot und Nachfrage

bestimmt, sodass sich mehr oder weniger grosse Abwei-

chungen zu den Agroscope-Ansätzen ergeben können.

Die aufgeführten Arbeitsleistungen beziehen sich nur

auf die effektive Feldarbeitszeit; entsprechend sind

Stör-, Rüst- und Wegzeiten (ausser bei Transportgerä-

ten) nicht berücksichtigt. Deshalb können die angege-

benen Ansätze beispielsweise nicht direkt mit jenen

der Lohnunternehmungen (www.agrartechnik.ch) ver-

glichen werden. Die Entschädigungsansätze gelten pro

Arbeitsdurchgang. Die Treibstoffkosten sind bei den

motorisierten Geräten inbegriffen. Für Kostenberech-

nungen im Einzelfall sind die Annahmen entsprechend

der konkreten Betriebssituation anzupassen.

Christian Gazzarin, Agroscope

TechnikAgroscope Transfer | Nr. 37 / 2014

Maschinenkosten 2014 Gültig bis September 2015

September 2014

Autor

Christian Gazzarin

Die vorliegende Datensammlung enthält Grundlagen und Richtwerte für die Ent-schädigung überbetrieblich eingesetzter Landmaschinen. Die Entschädigungsan-sätze sind ausdrücklich als Richtwerte zu verstehen. Sie sind kalkulatorische Grös-sen, die unter den getroffenen Annahmen eine kostendeckende Benutzung der Ma-schine zwischen landwirtschaftlichen Be-trieben erlauben. In der Praxis sind die ver-handelten Entschädigungsansätze auch durch Angebot und Nachfrage bestimmt, sodass sich mehr oder weniger grosse Abweichungen zu den Agroscope-Ansät-zen ergeben können. Die aufgeführten

Arbeitsleistungen beziehen sich nur auf die effektive Feldarbeitszeit; entsprechend sind Stör-, Rüst- und Wegzeiten (ausser bei Transportgeräten) nicht berücksichtigt. Deshalb können die angegebenen Ansätze beispielsweise nicht direkt mit jenen der Lohnunternehmungen (www.agrar-technik.ch) verglichen werden.Die Entschädigungsansätze gelten pro Arbeitsdurchgang. Die Treibstoffkosten sind bei den motorisierten Geräten inbe-griffen.Für Kostenberechnungen im Einzelfall sind die Annahmen entsprechend der konkre-ten Betriebssituation anzupassen.

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Die Neupreise wurden für diesen Maschinenkostenbericht umfassend überarbeitet.

Inhaltsverzeichnis

1. Motorfahrzeuge 8

2. Zusatzgeräte für Motorfahrzeuge 12

3. Transport 16

4. Bodenbearbeitung 16

5. Saat, Pflege und Pflanzenschutz 20

6. Düngung und Kompostierung 24

7. Getreide-, Raps- und Körnermaisernte 28

8. Kartoffel-, Tabak- und Rübenernte 30

9. Raufutterernte 32

10. Futtereinlagerung, Futterentnahme

und Fütterung 36

11. Übrige Geräte in der Innenwirtschaft 38

12. Forstwirtschaft und Bauarbeiten 40

13. Obstbau 42

14. Rebbau und Weinbereitung 44

15. Gemüsebau 48

Maschinenkosten 2014

438

www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen

Aktuell

M e d i e n m i t t e i l u n g e n

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Agrarforschung Schweiz 5 (10): 436–439, 2014

29.09.2014 Umweltbewertung von Lebensmitteln: Metho-den unter der Lupe Wie gross sind die Auswirkungen eines Produktes auf die

Umwelt? Produktumweltinformationen sollen einerseits

die Konsumentenschaft bei Kaufentscheiden unterstüt-

zen, anderseits eine umweltfreundlichere Produktion

fördern. Agroscope hat zwei der aktuell wichtigsten

Methoden untersucht. Fazit: Es sind wertvolle Instru-

mente, allerdings mit Anpassungs- und Ergänzungs-

bedarf.

15.09.2014 Nützliche Bakterien und Pilze für die Land- und Ernährungswirtschaft entdecken In einem Gramm Boden können so viele Bakterien und

Pilze leben wie es Menschen auf der Welt gibt. Diese

Mikroorganismen können nützlich wie schädlich sein. In

unserem Darm etwa können einige von ihnen unsere

Gesundheit positiv beeinflussen. Welche Biodiversität an

Mikroorganismen gibt es überhaupt und welche erzielen

im Boden oder in Pflanzen und Lebensmitteln positive

Effekte? Um diese Fragen zu erforschen, hat Agroscope

das Forschungsprogramm «Mikrobielle Biodiversität»

initiiert. Das Ziel: Den Nutzen von Mikroorganismen in

der Land- und Ernährungswirtschaft erkennen und för-

dern.

11.09.2014 Höhere landwirtschaftliche Einkommen 2013 Im Jahr 2013 fiel das landwirtschaftliche Einkommen

höher aus als im Durchschnitt der letzten zehn Jahre.

Im Vergleich zu 2012 stieg es um 9,7 Prozent, vor allem

wegen höherer Preise auf dem Schweine- und Milch-

markt. Es betrug im Mittel aller Referenzbetriebe

61 400 Franken je Betrieb. Der durchschnittliche Arbeits-

verdienst pro Vollzeit-Familienarbeitskraft nahm um

7,6 Prozent auf 47 000 Franken zu.

09.09.2014 Der Bio-Konsum steigt mit dem Einkommen Der Konsum von Bio-Lebensmitteln nimmt stetig zu.

Tendenziell werden mit steigendem Einkommen mehr

Bio-Lebensmittel gekauft, allerdings weniger ausge-

prägt in der Romandie als in den übrigen Sprachregio-

nen. Auch Kriterien wie Alter, Familienzusammenset-

zung und Geschlecht beeinflussen die Wahl von

Bio-Produkten. Dies geht aus einer Auswertung der

Haushaltsbudgeterhebung (HABE) durch Agroscope her-

vor.

04.09.2014 «Konservierende Anbausysteme»: Pflanzen im Dienste des Bodens Gründünger helfen mit, den Boden zu schützen. Neu

entwickelte Gründüngungsarten leisten einen Mehr-

wert, indem sie zusätzlich eine Vielzahl anderer Funktio-

nen erfüllen. Sie tragen dazu bei, den weltweit beob-

achteten Verlust der Bodenfruchtbarkeit zu bekämpfen.

Agroscope untersucht, wie Gründüngungskulturen in

innovative Anbausysteme integriert werden können

und fördert dadurch die Entwicklung einer konservie-

renden Landwirtschaft (Conservation Agriculture). Aktu-

elle Forschungsarbeiten wurden am 17. September in

Changins vorgestellt.

439

Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

Aktuell

V e r a n s t a l t u n g e n

Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

I n t e r n e t l i n k s

Organic Eprints

http://orgprints.org

Organic Eprints ist ein internationales, öffentlich zugäng-

liches Archiv für wissenschaftliche Veröffentlichungen

zum ökologischen Landbau. Archiviert werden überwie-

gend elektronische Volltext-Dokumente. Zu jedem Ein-

trag werden die vollständigen bibliographischen Anga-

ben und weitere Metadaten zur Verfügung gestellt.

November 2014

4.11.2014Weiterbildungskurs für Baufachleute 2014INH, ALB-CH, Agridea, suissemelio

6.11.2014ASPSA 2014Annual Symposium of the PhD-program in Sustainable AgricultureAgroscope INH8046 Zürich

13.11.2014BioForschungstagung Agroscope–FiBL: Grandes culturesAgroscope, FiBL Changins

18.11.2014Profi-Lait-Forschungstag 2014Profi-Lait, Agroscope, Agridea, HAFLHochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissen-schaften HAFL, Zollikofen BE

März 2015

14.3.2015Infotag HAFLHochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissen-schaftenZollikofenInformationen: www.hafl.bfh.ch

18. – 19.3.20155. Tänikoner MelktechniktagungTänikon, 8356 Ettenhausen

V o r s c h a u

November–Dezember 2014 / Heft 11–12

In der Mutterkuhhaltung ist eine optimale Fütterung wichtig. Ver-suche von Agroscope zeigten, dass je nach Art der Fütterung – Trocken- oder Feuchtration – und je nach Rasse der Mutterkühe, das Futter unterschiedlich verwertet wurde. (Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)

V o r s c h a u

•• Verzehr einer Feucht- oder Trockenration durch

Mutterkühe, Isabelle Morel und Adrien Butty,

Agroscope und ETH Zürich

•• Wirkung von Konservierungsmitteln bei Feuchtheu,

Ueli Wyss, Agroscope

•• Support Obst Arbo: Ein Netzwerk für den Betriebs-

vergleich im Obstbau, Esther Bravin et al., Agroscope

und Agridea

•• Erdmandelgras: Mais als mögliche Sanierungskultur,

Martina Keller et al., Agroscope

•• Mit Medizinalpflanzen gegen Fusarien und Myko-

toxine in Weizen, Hans-Rudolf Forrer et al., Agroscope;

Duke University, USA und Agricultural University of

Hebei, China

•• Treibhausgasemissionen aus der schweizerischen

Land- und Ernährungswirtschaft , Daniel Bretscher

et al., Agroscope und BLW

•• Schweizerische Sortenliste für Kartoffeln 2015,

Thomas Hebeisen et al. Agroscope

Agrarforschung Schweiz 5 (10): 436–439, 2014

Dienstag/Mittwoch, 4./5. November 2014

Weiterbildungskurs für Baufachleute 2014Gemeinsamer Kurs von ALB-CH, AGRIDEA, Agroscope und suissemelio

Themen• Raumplanungsgesetzgebung – aktueller Stand• Bauen ausserhalb der Bauzone• Beton in landwirtschaftlichen Bauten• Tragwerk & Materialwahl bei landwirtschaftl. Gebäuden• Siloanlagen richtig planen• Stallklima bei frei gelüfteten Rindviehställen• Vermeidung von Fehlerströmen• Revision Brandschutzvorschriften• Finanzierung von Stallbauten

Detailprogramm und Anmeldungwww.agridea.ch > Kurse

KursortLandwirtschaftliches Institut des Kantons Freiburg(LIG), 1725 Posieux

Anmeldeschluss:21. Oktober 2014

Tagungsrahmen

- Einführungsreferat von BernardLehmann, Direktor des Bundes-amtes für Landwirtschaft

- 8 Kurzvorträge, 40 Poster im In-fomarkt

- alle Themen rund um die Milch-produktion: vom Futterbau überdie Fütterung, Zucht und Hal-tung von Milchkühen bis zurMelktechnik und Ökonomie

Programm

www.profi-lait.chwww.hafl.bfh.ch

Ort

Hochschule für Agrar-, Forst- undLebensmittelwissenschaften HAFL3052 Zollikofen

Anmeldung | Information

bis 3. November 2014

online:www.hafl.bfh.ch (Veranstaltungen)

per mail an:[email protected]

Ergebnisse und Erkenntnisse aus abge-schlossenen oder weit fortgeschrittenenForschungs- und Beratungsprojekten al-ler Partnerinstitutionen von Profi-Laitwerden vorgestellt. Daraus hervorge-henden Umsetzungsmöglichkeiten oderHandlungsempfehlungen für die Milch-produzenten werden diskutiert.

Dienstag, 18. November 2014

Profi-Lait-ForschungstagForschung für die Milchproduktion