allgäuALTERNATIV Frühjahres-Ausgabe 2014

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allgäu ALTERNATIV Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz Ausgabe 1/2014 Anders wohnen: Earthship landet im Allgäu Strom: Tauziehen ums Älpele-Kraftwerk Solar: Biotope unter den Flächenanlagen

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Weitere Informationen zur Energiezeitschrift für das Allgäu finden Sie unter www.allgaeu-alternativ.de

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allgäuALTERNATIVRegionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz

Ausgabe 1/2014

Anders wohnen: Earthship landet im AllgäuStrom: Tauziehen ums Älpele-KraftwerkSolar: Biotope unter den Flächenanlagen

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Bemerkenswert

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der Hausbesitzer mit Solardach und derLandwirt mit einer Biogasanlage, sondernauch die Mitglieder einer Energiegenossen-schaft, die gemeinschaftlich Anteile an ei-nem Windrad halten. Auch die Solaranlage,die Bürger mit Unterstützung der örtlichenBank auf einer Schule installieren, zählt alsBürgerenergie.

Die Untersuchung zeigt auf, wie sichdie Akteure bezüglich Beteiligungsgrad undRegionalität unterscheiden. Die Untersu-chung ist gemeinsam von der Initiative »DieWende – Energie in Bürgerhand« und derAgentur für Erneuerbare Energien in Auf-trag gegeben worden.

Mehr lesen: www.energie-studien.de

Bürger treiben an...

Eine neue Studie zeigt: Der Anteil der Bürgeran der Energiewende ist fast viermal so großwie der der klassischen Energieversorger wie

die »Großen Vier«, internationale und regionale oderContractingdienstleister. Bürgerenergie leistet dem-nach einen wichtigen Beitrag zur Marktvielfalt und betreibt fast die Hälfte der installierten Bio- und Solarenergie und sogar mehr als die Hälfte der instal-lierten Windenergie in Deutschland. Das BremerMarkt forschungsinstitut trend:research hat zusammenmit der Leuphana Universität Lüneburg die Studie»Definition und Marktanalyse von Bürgerenergie inDeutschland« vorgelegt.

Danach kommt fast jede zweite KilowattstundeÖkostrom aus Anlagen, die Bürgern gehören. Insge-samt sind 47 Prozent der bis Ende 2012 installiertenLeistung aus erneuerbaren Energien in der Hand derBürger. Die Energieversorger besitzen hingegen nurzwölf Prozent der Anlagen zur Erzeugung erneuer -barer Energie.

Bürgerenergie ist außerdem Marktführer bei der Erzeugung von Ökostrom: Über 56.000 Gigawatt-stunden wurden in Erneuerbare-Energien-Anlagenerzeugt, die Bürgern gehören. Das sind 43 Prozent desin Deutschland produzierten Ökostroms und immer-hin über zehn Prozent des gesamten Stromverbrauchsin Deutschland. Zur Bürgerenergie zählen nicht nur

...und sind derMotor derEnergiewende

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Impressum

Verlag und Herstellung: Verlag HEPHAISTOS,

EDITION ALLGÄU

Lachener Weg 2

87509 Immenstadt-

Werdenstein

Tel. 08379/728616

Fax 08379/728018

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Herausgeber:

Peter Elgaß

Redaktionelle Mitarbeit:

Viola Elgaß (v.i.S.d.P.),

Thomas Niehörster,

Annette Müller,

Bettina Krägenow

Gekennzeichnete Beiträge

stellen die Meinung

des Ver fassers, nicht aber

des Verlages dar.

Layout:

Bianca Elgaß,

Ramona Klein,

Dominik Ultes

Anzeigen:

Sven Abend (Ltg.),

Kathrin Geis

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gültige Anzeigenpreisliste:

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Süd eG, IBAN:

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Druck und Bindung:

Kastner & Callwey

Medien GmbH

Jahnstraße 5

85661 Forstinning

66 18

Vorwort Seite 3

Natur-ArchitekturEarthship landet im Allgäu Seite 6

Natürlich bauenMultitalent Rohrkolben Seite 11

GeothermieWärmekarte aus dem Internet Seite 14

GebäudesanierungGroßer Bahnhof für Dämmung Seite 18

GemeindeaufgabeFit für die Energiewende Seite 20

NetzwerkKeiner weiß so viel wie alle Seite 22

Nachwuchs-BildungEnergie-Schule fürs Leben Seite 24

Energie-KommuneKempten als gutes Beispiel Seite 26

E-MobilitätAllgäu-Kutsche für New York Seite 28

E-Mobil»Twist« der Tanz zu zweit Seite 30

Meldungen

Markenkriterien für Outdoor-Anbieter Seite 32Dritter Platz für Solarzentrum Allgäu Seite 32

»Wir gehen aufwärts« Seite 33Vernetzt im Ostallgäu Seite 33Wie gut läuft meine Solaranlage? Seite 34Zwei Millionen für Fachkräfte von morgen Seite 34Energiewende zum Anfassen Seite 34Auszeichnung für Solar-Pioniere Seite 35Basisinformation für Fachleute & Bürger Seite 35Mit Allgäuer Streue nach Wien Seite 36Von Müllmythen und Plastikmeeren Seite 36Mage Solar weiter auf der Sonnenseite Seite 36Bundesländerportal in neuer Optik Seite 37Klima schützen kann jeder Seite 37

WasserkraftStrom kennt keine Grenzen Seite 38Älpele oder Bergsteigerdorf? Seite 40

EnergiekonzeptDie Suche nach dem Weg Seite 43

NaturschutzSchweres Geschütz dagegen Seite 44

WindenergieWindkraft für Bergregionen Seite 46Frischer Wind im Osten... Seite 47

StromtarifeDie Qual der Wahl Seite 48

WissensexportVom Allgäu nach Afrika Seite 50

EnergieeffizienzSparbüchse für Betriebe Seite 52

Inhalt

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SiegerehrungDie Energiezukunft-Preise Seite 54

PhotovoltaikDie »interne« Energiewende Seite 58

OstallgäuFokus auf der Wärme Seite 59

EnergiepolitikKeine Kehrtwenden Seite 60

AbfallwirtschaftRecycling contra Verbrennung Seite 62»Wir sind grundlastfähig!« Seite 63

Licht-UmbauLED erobert das Allgäu Seite 64

Redaktions- und Anzeigenschluss für die nächsteAusgabe ist der 19. Mai 2014

SolarenergieSelbstversorgung im Fokus Seite 65

ArtenvielfaltKunterbunte Blumenwiesen Seite 66

SolarparksWas krabbelt unterm Panel? Seite 70

SchutzprojektMoorrettung für fünf Euro Seite 72

Letzte MeldungEnergiewende für Schüler Seite 74Vorschau Seite 74

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Der Mann heißt Michael Reynolds, ist Archi-tekt und hat vor über 30 Jahren eine neueBau-Philosophie entwickelt und verwirk-

licht. »Earthships« sind energieautarke Häuser, dieüberwiegend aus natürlichen Baustoffen errichtet wer-den und von »Selbstversorgern« bewohnt werden.

Reynolds Earthship dümpelte einige Jahre vor sichhin. Eine Zeit, in der er seine Ideen und Entwürfe inTaos/New Mexico in der Praxis erprobte und sich mitBaubehörden stritt, die auch in den USA recht strengeRegeln anlegen. Das hat sich grundlegend geändert.Inzwischen leitet er eine Firma, die solche Häuser plant,

Ein beeindruckendes Filmchen: Da steht ein Mann mit seinemEnkel im Wintergarten und hält eine Angel in ein Wasserbeckenzwischen die Pflanzen. Schwupps hat er einen Fisch an der Angel,richtet ihn zum Essen her und garniert ihn mit allerlei Gewürzenund Salaten, die er ebenfalls aus seinem Wintergarten erntet.

Natur-Architektur

Besucher sind in Brighton im Stanmer Park zur Besichtigung dieses Earthships willkommen. Auf dem Foto ganz oben ist dasHaus von der anderen Seite aus fotografiert

Für einen Teil der Energiesorgt der Wind

Earthship landet im AllgäuUnabhängigkeit muss kein Traum sein

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baut und vermarktet. Der Durchbruch gelang ihm vorallem mit günstigen Gebäuden in Katastrophengebie-ten. Dort waren Earthships schnell und einfach zu er-richten. Bei Earthship Biotecture in Taos kann manvon der Bauanleitung bis zum fertigen Haus alles be-kommen. Überwiegend findet man diese Earthshipsin den Vereinigten Staaten. Aber auch in Europa gibtes bereits eine Reihe von Häusern, die nach dem Rey-noldschen Prinzip errichtet wurden. In den Nieder-landen, Belgien, Spanien, Frankreich, Portugal,Schweden, Estland, Island, Großbritannien und derTschechischen Republik stehen bereits Earthships. Ei-nige werden ausschließlich von ihren Besitzern be-wohnt, andere sind auch zu Lernzwecken zubesichtigen.

Diese Gruppe von Pionieren trifft sich, um über das »Earthship Allgäu« nachzudenken

Der »Urvater« der Earthship-Bewegung ist Michael Reynoldsaus den USA. Er ist auch Inhaber der Marke »Earthship«

Die Sonnenseite desHauses wird als Pflanz -garten genutzt. Dortwachsen auch Früchte und Gemüse zurSelbstversorgung

Mit Fantasie und Kreati -vität lassen sich auch Nutz -räume wie dieses Badoriginell gestalten

Kaum ein Unterschied zu »normalen« Küchen:Jeder kann seine Räume so herrichten, wie er es gerne hat

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Auch im Allgäu gibt es eine kleine Gruppe inter-essierter »Bodeschifflar« um Stefan Miksa und JudithSeeger, die einen Internet-Blog unter allgaeuearth-ship.wordpress.com betreiben. Das Ziel dieser Gruppeist ehrgeizig: ein Haus im Stile von Michael Reynoldsim Oberallgäu zu bauen. Es wäre übrigens das erste inDeutschland. Warum? Perfekte Baugesetze stehen da-gegen. Sie verhindern derzeit bei uns noch, was in an-deren Länden schon möglich war. Die Allgäuer Grup-pe schielt deshalb zugleich mit einem Auge nach Groß-britannien. In Brighton in Südengland wurde nichtnur einfach ein Earthship errichtet, es wurde auchvom Zentrum für nachhaltiges Bauen an der dortigenUniversität wissenschaftlich begleitet und dokumen-tiert. »So könnte auch bei uns in Bayern ein solchesProjekt mit einer Ausnahmegenehmigung und zu For-schungs- und Informationszwecken gebaut werden,ohne dass alle Bauvorschriften dem entgegenstehen«,hoffen die Mitglieder der Gruppe.

Kontakte zu einer Uni werden derzeit gesucht.Dass die etwas exponierte Lage in unserer Region aneinen Earthship-Bau besondere Herausforderungenstellt, ist allen Beteiligten klar. Zu forschen gäbe es alsoeiniges. Mögliche Standorte haben die Aktivisten be-reits im Auge. Doch derzeit möchte man noch nichtso richtig mit der Sprache heraus – man fürchtet früh-zeitige Ablehnung. Dabei soll das Projekt durchauskeine abgeschlossene Welt für vergeistigte Esoterikerwerden. Die Gruppe möchte mit ein oder zwei Wohn-gebäuden beginnen, dann aber bereits einen Info-Raum installieren, wo sich Gäste und Einheimischeein Bild machen, wie »Earthship« funktioniert. Lebenweitgehend im Einklang mit der Natur soll – wenn esnach den Vorstellungen der Initiative geht – ein wei-teres touristisch nutzbares Lernobjekt im Oberallgäuwerden. Aus dem Landratsamt Oberallgäu wurde be-reits signalisiert: »Nichts ist völlig unmöglich!«

Windgenerator

Solar-Klärgrube Schmutzwasser

Torf-Filter

Grau-WassertankKohlefilter

Toilette

Waschbecken

Grauwasser

Pflanzengarten

Nicht essbare Nutz -pflanzen (Schilf etc.)

Sonnenenergie

Fettab -scheider

Früchte und Gemüse

Wintergarten

Große Glasscheibe

BatterieSolarpanel

Brauchwassertank

WärmespeicherIsolierwand

Wasserfilter

Zisterne fürRegenwasser

Gleichstrom/Wechselstrom-Konverter

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Natur-Architektur

Oben: Das Prinzip des»Selbstversorger-Hauses«im Schnitt. Energie kommt

von der Sonne und durchden Wind. Wasser wird

mehrfach genutzt. Pflanzenwerden drinnen und

draußen angebaut

Im Batteriespeichergesammelter Solarstrom

wird nachts zurHausbeleuchtung genutzt

Ein uraltes Prinzip: Wasch-und Brauchwasser wird per

Solarpanel erhitzt und imBehälter gespeichert

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Die österreichische Autorin Michaela Kohlba-cher-Schneider beschäftigt sich seit Jahrenmit Bauten nach dem Vorbild von Michael

Reynolds. Sie beschreibt: »Völlig autark bedeutet, dieStrom-/Wasser-/Abwasser-/Gas-Versorgung und auchdie Versorgung mit Gemüse und Obst kann von denBewohnern unabhängig von irgendwelchen Versor-gungssystemen bewerkstelligt werden, es können aberauch nur Teile dieses Konzeptes umgesetzt werden (z.B.nur Strom- oder Lebensmittelerzeugung, Wasserge-winnung). Außerdem wurde vom NIBE, dem Nieder-ländischen Institut für Baubiologie und Ökologie,errechnet, dass ein Earthship 9-mal weniger Umwelt-belastungen verursacht als ein konventionelles Haus.Der viel zitierte ökologische Fußabdruck ist damit un-gleich günstiger als bei teureren mitteleuropäischenHäusern, ohne dabei auf Wohnkomfort zu verzichten.«

Die Bauweise in den Grundzügen: Idealerweisebettet sich ein Earthship in einen Südhang ein, sodasses auf drei Seiten von Erde oder Stein umschlossen ist.Die Wohnräume liegen an der Hangseite. Zur Sonnen-seite hin erstreckt sich ein Wintergarten mit geneigtenScheiben. Je nach Standort werden die Scheiben so aus-gerichtet, dass optimale Sonneneinstrahlung erreichtwird. Das Haus tankt tagsüber Wärme durch den Win-tergarten. Über Rollos und Fenster wird der Luftaus-tausch geregelt. Die Erdmasse wirkt als Wärmespeicher.Sie reagiert träger und speichert Wärme länger als dieLuft. In sehr warmen Gegenden wirkt das Prinzip genauumgekehrt. Die dahinterliegenden Wohnräume habenso angenehme Temperaturen. Der Erfinder MichaelReynolds installierte in den Hang hinein eine Wand mitalten Autoreifen, die er mit gestampfter Erde befüllte.Eine Art von Recycling, das bei uns in Mitteleuropawahrscheinlich nicht so gut ankommt. Den gleichenSpeichereffekt kann man aber auch mit Lehm oder See-ton erreichen. Beides findet sich im Überfluss im All-gäu. Stroh als Dämm-Material ist ebenfalls verfügbar.

Aber nicht nur das Gebäude selbst funktioniertals Speicher. Auch das Brauchwasser, das in einemgroßen Behälter im Boden gesammelt wird, kann alsWärmespeicher verwendet werden. Über Solarpanelsund kleine Windräder lässt sich darüber hinaus zu-

sätzlich Strom gewinnen. Bisher hat vermutlich nochniemand versucht, autarke Stromsysteme die in letzterZeit für die Selbstversorgung von Einfamilienhäusernauf den Markt kamen, mit entsprechender Batterie-speicherung in ein Earthship einzubauen. Denkbarwäre das – und es ergäbe sich wieder ein Feld für uni-versitäre Forschung. Sicherlich wird man im rauenAllgäuer Klima auch einen Ofen für die langen Win-ternächte einbauen – und wenn der nur zum Zuheizenin den kältesten Winternächten gebraucht wird. Wäh-rend in anderen Ländern aus Quellen oder Tiefbrun-

Es gibt etwa 2000 Earthships auf fast allen Kontinenten. Ein wenig erinnern dieHäuser an die Wohnungen der Hobbits. Und doch sind es völlig oder überwiegendautarke Häuser, die mit vor Ort vorhandenen oder recycelten Materialien gebautwerden. Die Gebäude nutzen die Kraft der Sonne durch eine südseitig angelegteGlaswand. Sogar tropische Pflanzen und Früchte können dahinter wachsen.

Mit der Sonne rechnenSo autark wie möglich wohnen

Natur-Architektur

Je nach Sonnenein -strahlung lassen sich einige Fenster öffnen, dieLuft kann zirkulieren

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nen Trinkwasser für Earthships gewonnen wird, dürfteman in Deutschland zumindest dabei nicht um einenAnschluss an die Wasserversorgung herumkommen.Das Regenwasser aus dem Tank wird über einen Filterin den Brauchwasser-Kreislauf eingespeist. Vorausge-setzt, man verwendet zum Waschen und Spülen bio-logisch abbaubare Reinigungsmittel, kann dieses Ab-wasser zum Bewässern des Wintergartens und alsSpülwasser für die Toilette verwendet werden. Erst da-nach wird es aus dem Haus ausgeleitet in eine biolo-gische Klärgrube. Natürliche Kreisläufe können belie-big ergänzt werden mit modernsten Technologien.Alle haben zum Ziel, möglichst umweltfreundlich undnaturnah zu wohnen und zu leben.

Wer glaubt, dass man in einem Earthship vonHaus aus »rustikal« lebt, der irrt. Inzwischen hat sicheine ganze Reihe von Eartship-Bewohnern recht feu-dal eingerichtet. Sogar künstlerische Gestaltung habenviele sich zu eigen gemacht. Mosaike aus Naturstein,Licht- und Farbwände durch den Einbau von Flaschenunterschiedlicher Färbung und Bäder in bester Gaudi-Tradition gibt es bereits. Ergänzend zum »natürlichenHaus« gehört ein Garten für die »Nahversorgung«zum Earthship.

Während man für ein Niedrig-Energie-Hausheute ab 1500 Euro pro Quadratmeter anlegen muss,hängt der Preis eines Earthships weit niedriger. DieKosten sind stark abhängig von den Eigenleistungenund den Materialien, die verwendet werden. Wegender Unabhängigkeit von externer Versorgung mitWasser und Strom fallen auch kaum Nebenkosten an.Die Earthships, aus denen in den USA ganze Siedlun-gen gebildet werden, sind autonome Einheiten, diesich selbst versorgen, oder nach dem Prinzip MichaelReynolds, weitgehend autark sind.

Reynolds hat in den Vereinigten Staaten einenjahrelangen Kampf mit der Bürokratie gefochten. Dersteht sicherlich auch den ersten deutschen »Erdschif-fern« bevor. Bebauungspläne, Erschließung, Wasser-versorgung, Abwasser, Statik und Hygieneverordnun-gen sind nur ein paar Stichworte, die noch für vielKopfzerbrechen sorgen werden. Doch was Reynoldsgeschafft hat, sollte für die Allgäuer Mächler und Tüft-ler doch auch zu bewältigen sein.

Natur-Architektur

KurzinfoKontakt zur Earthship-Bewegung im Allgäu:

allgaeuearthship.wordpress.com

Stefan Miksa, Telefon 0176/66611726

E-Mail: [email protected]

und Judith Seeger,

Telefon: 0151/53752465

E-Mail: [email protected]

Homepage des Earthship-Erfinders Michael

Reynolds: earthship.com

Dort gibt es Infos über Literatur und

Seminare.

Informationen über europäische Projekte und

Gruppen finden Sie auf der Non-profit-

Homepage: www.earthshipeurope.org

Regenwasser-Sammler auf dem Dach füllen dieBrauchwasser-Zisternen unter der Erde

Hinter der Glasfront ist für die Pflanzen auch im Winter schon Frühling

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Natürlich bauen

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Bei amerikanischen Earthships werden Altreifen mit gestampfterErde als Isolierschicht in der Rückwand eingebaut. In unserer Region könnte auch ein Natur-Mischprodukt dafür verwendetwerden: Seeton oder Lehm mit Rohrkolben. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hat in einer Untersuchung denVielfach-Nutzen der Rohrkolben-Pflanze bewiesen.

Multitalent RohrkolbenBio-Kläranlage und Baumaterial

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Die Erfolgsgeschichte der Sumpfpflanze Rohr-kolben begann vor 18 Jahren mit ihremAnbau in Niedermooren. Gefördert von der

Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), offenbarteein Modellprojekt die Ökovorteile der Pflanze: Da für

ihren Anbau hohe Wasserstände nötig sind, könnensich die seit Jahrhunderten für die Landwirtschafttrockengelegten Niedermoore wieder erholen. Außer-dem reinigt sie das Wasser und speichert große Men-gen Kohlendioxid. Die Rohrkolben funktionierten wie

Die Rohrkolben (Typha) werdenregional auch als Lampenputzer,Schlotfeger, Schmac kadutsche,Bumskeule, Pompesel oderKanonenputzer bezeichnet

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eine natürliche Kläranlage, erläutert DBU-Referent Dr. Reinhard Stock. Sie kämen sehr gut mit teils ausder Landwirtschaft stammendem nährstoffbelastetemWasser zurecht und reinigten es. Diese Eigenschaftennutzt bereits eine ganze Reihe von Earthships aufmehreren Kontinenten. Da diese Ansiedlungen nor-malerweise ohne Kanalanschluss auskommen, benö-tigen sie nach der biologischen Klärung eine Grubeoder einen Teich, wo »nicht essbare« Pflanzen dieletzte Reinigung des Abwassers unterstützen. Hierhaben sich Schilf und Rohrkolben längst bewährt.»Zudem binden die Pflanzen Kohlendioxid, die ver-nässten Anbauflächen verhindern die Freisetzung vonTreibhausgasen und sind gleichzeitig Lebensraum fürdaran angepasste Tier- und Pflanzenarten«, so Stock.Rohrkolben bringen also in Earthships einen natürli-chen Doppelnutzen. Sie klären Wasser und können alsBaumaterial geerntet werden.

Beim Projekt der DBU wurde die Pflanze eigent-lich für das Herstellen von Baumaterial aus nachwach-senden Rohstoffen angebaut. Auch dies ist nun in ei-nem an den Rohrkolbenanbau anknüpfenden DBU-Projekt gelungen. Das Büro für Denkmalpflege undBaustoffentwicklung in Postmünster entwickelte ausder Wasserpflanze ein zugleich dämmendes und tra-gendes Baumaterial. In Postmünster wurde dabei be-

sonders auf den Einsatz bei der Sanierung historischerFachwerkhäuser geachtet. »Wenn sich aus einem Na-turschutzprojekt Perspektiven für weitere Entwicklun-gen etwa im ökologischen Bauen ergeben, ist das derIdealfall einer erfolgreichen Förderung«, sagt DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann und zieltdabei noch gar nicht auf mögliche Earthship-Anwen-dungen mit kurzen Nutzer-Wegen.

Aufbauend auf dem 1996 begonnenen DBU-Pro-jekt von Werner Theuerkorn vom Büro für Denkmal-pflege und Baustoffentwicklung sowie der Techni-schen Universität München zur schonenden Wieder-vernässung von Mooren im Donaumoos liegt nun dasEndergebnis vor: Baustoffplatten aus Rohrkolben fürdas Ausfüllen von Fachwerkgefügen. Besonders dieenergiearme Produktion des Baustoffs und die Tatsa-che, dass das Produkt wieder in den Stoffkreislauf zu-rückgeführt werden kann, sprechen für die neuartigenPlatten. Vermengt man die Pflanzen ganz oder in be-stimmten Schnittlängen mit Lehm oder Seeton inHauswänden, die dann austrocknen, ahmt man diejahrhundertealte Bauweise verschiedener afrikani-scher Stämme nach.

Projektleiter Werner Theuerkorn hat seinen For-schungsschwerpunkt auf die Anwendung im Denk-malschutz und Fachwerk gelegt: »Wir haben zusam-

DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann

DBU-Referent Dr. Reinhard Stock

Natürlich bauen

Der Schnitt durch den Rohrkolben zeigt, dass in den Stängeln viel »Dämm-Material« von der Natur eingebaut wurde

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Zurzeit stelle sich noch das »Henne-Ei-Pro -blem«, so WernerTheuerkorn: Eine er -folgreiche Ver mark -tung funktioniere nur,wenn die Land wirt -schaft die Rohr kolbenanbaue. Doch dafürbrauche sie eine Kauf-Garantie von Pro -

duzenten und Handel. Gefragt sei der schlan -ke, ökologische und denkmalgerechte Bau -stoff allemal: »Die Firma Typha Technik undNaturbaustoffe konnte einen Natur baustoffentwickeln, der eine denkmal gerechte undnachhaltige Gebäude sanierung ermöglicht.Damit wurde die Ver ein barkeit von Denkmal -schutz und ener ge tischer Nachrüstungnachgewiesen«, betonte Dr. Paul Bellendorf,DBU-Referent für Umwelt und Kulturgüter.

men mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik ausden Blättern von Rohrkolben ein massives Dämmma-terial hergestellt, das auch bei schlanker Bauweise dieVorgaben der Energieeinsparverordnung von 2009 erfüllen und den Anforderungen beim energetischenSanieren von Altbauten gerecht werden kann«, sagt er.Bei der Dämmung im Gefach mit zusätzlicher Innen-dämmung konnte trotz einer relativ geringen Wand-stärke von 20 Zentimetern mit einem Wärmedurch-gangskoeffizienten (U-Wert) von 0,35 (Watt pro Qua-dratmeter und Kelvin) ein Dämmstandard wie bei einem durchschnittlichen Wandaufbau mit konven-tionellen Dämmstoffen erreicht werden. Theuerkorn:»Wenn man die Fachwerk-Fassade erhalten oder frei-legen möchte, kann man nur nach innen dämmen undverliert so wertvollen Platz. Durch den schlanken Bau-stoff aus Rohrkolben hat man dieses Problem in deut-lich geringerem Umfang.«

In der Ausgabe allgäuALTERNATIV 2/2013 ha-ben wir uns mit den regionalen Möglichkeiten desRohrkolben-Anbaues im Allgäu beschäftigt und dazuauch die Fachleute Dr. Martin Krus (Prüfstellenleiterbeim Fraunhofer-Institut für Bauphysik) und den Projektleiter der Allgäuer Moorallianz, Dr. UlrichWeiland, befragt.

Die Ergebnisse der DBU und die Aussagen derFachleute in unserem damaligen Bericht stimmen über-ein: Es gibt eine große Verträglichkeit mit den histori-schen Materialien Holz, Flechtwerk und Lehm. Da-durch kann möglichst viel der originalen Bausubstanzerhalten werden. Die biologisch abbaubaren Rohrkol-ben-Platten leiten auch sehr gut die Feuchtigkeit ab undsind durch die enthaltenen Gerbstoffe schimmel -resistent, was chemische Zusätze überflüssig macht.

Die Kolben beinhalten die Samen der Pflanze Rohrkolben sind nicht winterhart. Durch ein großes Wurzelnetz kommen im Frühjahr neue Triebe

Im Federsee-Museum bei Bad Urach wurden Rohrkolben alsBaumaterial verwendet und bestehen auch den Praxistest

Henne oder Ei?

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Geothermie

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Im Gegensatz zu den tiefgründigen Bohrungengroßer geothermischer Anlagen werden die Flä-chenkollektoren privater Bauvorhaben in etwa

anderthalb Metern Tiefe verlegt. »Damit wird ihrWirkungsgrad stark von der Bodenbeschaffenheitund von Klimafaktoren beeinflusst«, erklärt DavidBertermann vom Lehrstuhl für Geologie der Fried-rich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg(FAU).

Er koordiniert das 2010 gestartete EU-Projekt»ThermoMap«, an dem zwölf Forschungseinrichtun-gen und Unternehmen aus Belgien, Deutschland,Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Island,Österreich, Rumänien und Ungarn beteiligt sind. Gemeinsam mit seinen Partnern ist es Bertermann gelungen, eine flächendeckende Europakarte mit allenfür die Planung von Kollektorsystemen benötigten Informationen zu erstellen.

Regenerative Formen der Wärmeversorgung sind auf dem Vormarsch. Neben Solarthermie-Anlagen und Holzpellet-Heizungen kommen beiNeubauten vor allem mit Erdkollektoren kombinierte Wärmepumpenzum Einsatz. Allerdings ist es schwierig, solche Anlagen genau zu dimen-sionieren. Das EU-geförderte Projekt »ThermoMap« schafft hier Abhilfe:Bauherren und Planungsbüros steht jetzt erstmals ein Instrument zurVerfügung, mit dem sich das Energiepotenzial von Standorten in ganzEuropa ermitteln lässt.

Wärmekarte aus dem InternetWo die Erde angezapft werden kann

Info:MapViewer und MapCalculator stehenInteressierten zurkostenlosen Nutzung imInternet zur Verfügungunterhttp://thermomap.edu-zgis.net/

Die Übersichtskartezeigt, wo in Europagroßflächig Kollektor-Systeme möglich sind

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Im Allgäu vielfach möglich

In dieser Karte lässt sich auch zielgenau für je-den Punkt im Allgäu abfragen, ob es dort günstigeVoraussetzungen für eine Kombi-Wärmepumpe gibt.Im Überblick lässt sich sagen, dass im gesamten All-gäu gute Leitfähigkeit des Bodens gegeben ist. DieseLeitfähigkeit wird in Watt je Kelvin und Meter(W/mK) gemessen. Die besten Werte in dieser Euro-pakarte liegen bei über 1,2 W/mK. Fast im gesamtenAllgäu finden wir Leitwerte zwischen 1,0 und 1,2M/mK, die vom Nürnberger Lehrstuhl noch als »un-eingeschränkt nutzbar« bezeichnet werden. Ausnah-men gibt es nur wenige im Bereich Waltenhofen,

Nesselwang/Halblech und Marktoberdorf. Eine wei-tere Einschränkung gibt es jedoch entlang der Alpen-kante. Dort befinden sich großflächige Natura-2000-Schutzgebiete, Wasserschutzgebiete und Naturschutz-gebiete, in denen Veränderung der Bodenbeschaffen-heit verboten ist.

Potenzialermittlung: MapViewerIn einem ersten Schritt haben die Geologen die

klimatischen Parameter zusammengetragen, die einendirekten oder indirekten Einfluss auf die bodenphysi-kalischen Eigenschaften besitzen – das sind vor allemdie Jahresniederschlagsmenge und die mittlere Jahres-temperatur. Diese Klimawerte wurden dann mit den

Im Allgäu scheinen fast überall gute Voraussetzungen für Kollektoren zu bestehen (gelb und rot). Schutzgebiete (schraffiert)schränken allerdings die Nutzung ein. Im Einzelfall können Ausnahmen aber genehmigt werden

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Grunddaten zur Bodenbeschaffenheit kombiniert. »Inder Klassifizierung einzelner Bodenarten gibt es er-hebliche Unterschiede zwischen den Ländern«, sagtDavid Bertermann. »Deshalb hat die Harmonisierungder Daten einen großen Teil unserer Arbeit ausge-

macht.« Das Ergebnis: der MapViewer. Mit diesemProgramm können Bauherren und Planungsbüros dieWärmeleitfähigkeit des Bodens an ihrem Standort er-mitteln und dadurch die Dimension des Kollektors zu-verlässiger berechnen.

Noch genauer: MapCalculatorZusätzlich zur Potenzialkarte des MapViewer

haben die Geologen die Möglichkeit geschaffen, eige-ne Berechnungen für eine individuelle Standortaus-kunft durchzuführen. So können beispielsweise Bo-den- und Grundwasserdaten aus einem speziell fürdas Grundstück erstellten Bodengutachten in denThermoMap-Calculator eingegeben werden. DavidBertermann: »Liegen solche spezifischen Daten desBaugrundes vor, lassen sich die Berechnungen weiterdifferenzieren und noch genauer durchführen.« Trotz-dem wird eine weitergehende genaue Untersuchungdes Untergrundes am ausgewählten Standort durch einentsprechend qualifiziertes geotechnisches Fachbüroempfohlen, da die gezeigten geothermischen Potenzi-alwerte aufgrund der häufig starken Heterogenität derUntergrundeigenschaften nicht zwangsläufig die rea-len Verhältnisse vor Ort wiedergeben.

Geothermie

Vertikale Erdwärmekollektoren Vertikale Erdwärmekollektoren werden verwendet, um

die geothermische Energie in größeren Tiefen zu nutzen.

Vor allem bei günstigen Untergrundbedingungen in

Tiefen zwischen 3 und 10 Metern nutzen vertikale

Erdwärmekollektoren das zusätzliche Geothermiepotenzi-

al aus, weisen jedoch keinen erhöhten Flächenanspruch

auf. Bei der Verlegung dieses Erdwärmekollektortyps ist

meistens ein Bagger mit Spiralbohrer erforderlich. Das

System sollte aus stabilen Rohren bestehen, z.B. aus

Kunststoffrohren, damit ein ausreichender Schutz vor

Beschädigung während des Verlegens sichergestellt ist.

Vertikale Erdwärmekollektoren sind immer dann

besonders gut geeignet, wenn die verfügbare Fläche

beschränkt ist oder der Untergrund ein ausreichend

hohes Geothermiepotenzial aufweist.

Horizontale ErdwärmekollektorenKönnen horizontale Erdwärmekollektoren eingesetzt wer -

den, werden Kunststoffrohre meistens auf einer ebenen

horizontalen Fläche verlegt. Im Allgemeinen werden hori -

zontale Erdwärmekollektoren in Tiefen zwischen 1,5 und

2 Metern verlegt. Oft wird das Bodenmaterial im Instal -

lationsbereich vor Verlegung der Rohre abgetragen, um

die Fläche zu ebnen. Soll der Boden mit Erde aufgeschüt -

tet werden, können die Rohre ebenso direkt auf dem

bestehenden Boden verlegt werden. Das ausgehobene

Erdmaterial kann, falls geeignet, zum Auffüllen wieder -

verwendet werden. Horizontale Erdwärmekollektoren

eignen sich besonders gut für ländliche Gebiete mit aus -

reichend großen Verlegeflächen sowie für Gebiete, in

denen der oberflächennahe Untergrund ein aus -

reichendes Geothermiepotenzial aufweist.

Zwischen null und dreiMetern Tiefe sind die

horizontalen Kollektorensinnvoll. Ab drei Metern

sind vertikale Kollektorenüblich. Sonderformen

gehen bis zehn Meter tief

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18

Gebäudesanierung

Die hochwertigen Holzfaserdämmstoffe vonPavatex bieten eine optimale Lösung zurDämmung der sensiblen Gebäudehülle. Na-

türlich und effizient schützen sie nicht nur gegen dieKälte des Winters, sondern gleichzeitig vor der Hitze des Sommers. Ein besonderes Schmuckstück ge-

lang mit der nachhaltigen Restauration des Bürger-bahnhofes in Leutkirch. Mit der Übergabe des denk-malgeschützten Empfangsgebäudes am LeutkircherBahnhof, erbaut 1889, an die neu gegründete Bürger-genossenschaft (Leutkircher Bürgerbahnhof eG) imJahre 2010 wurde die Sanierung des historischen

Historische Gebäude energetisch zu sanieren, stellt die Architekten, Planer undHandwerker meistens vor große Herausforderungen. Die oft unter Denkmal-schutz stehenden Gebäude sollen nach der Sanierung modern und möglichstenergiesparend genutzt werden können, ohne das äußere Erscheinungsbild zuverändern. Die Anforderungen sind komplex und erfordern viel Gespür undgroße Erfahrung aller Beteiligten.

Großer Bahnhof für DämmungGefragt sind Erfahrung und Gespür

Die Sanierung des Dachstuhls Bürgerbahnhof Leutkirch

mit dem flexiblen Holzfaser -dämm stoff Pavatex

Der Bürgerbahnhof nach der Sanierung 2012

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19allgäuALTERNATIV

Bahnhofs mit viel Engagement in Angriff genommen.Ziel war es, das Bahnhofsgebäude auf Dauer in seinerhistorischen Substanz für die folgenden Generationenzu erhalten.

In rund 16-monatiger Bauzeit wurde das Bauwerkaus seinem desolaten Zustand erlöst und zum aktivenTreffpunkt umgestaltet. Das Dachgeschoss musste, umes komplett neu nutzen zu können, umfangreich saniert werden. Zuerst wurden alle Zwischenwändeund -decken entfernt und eine große Schleppgaubeeingezogen. Danach wurden die nun hohen und hel-len Räume energetisch gedämmt.

Insgesamt wurden hier ca. 1700 Quadratmeterdes flexiblen Holzfaserdämmstoffes Pavaflex in Stär-ken von 40, 100 und 180 mm sowie ca. 800 Quadrat-meter Pavatherm-Profil mit 40 mm zur Dämmung desDachstuhls und seiner Seitenwände eingebaut. Diegute Wärmespeicherfähigkeit und die sehr leichte Ver-arbeitung des flexiblen Holzfaserdämmstoffes inKombination mit der verputzbaren Untersparrendäm-mung waren die idealen Baustoffe für die Sanierungdes Altbaus. Dämmstoffe aus Holzfasern erfüllen alleAnforderungen an einen guten Feuchte-, Wärme-,Schall-, Brand- und Hitzeschutz. Das Dachgeschossbeherbergt heute das Informationszentrum »Nachhal-tige Stadt Leutkirch«. Hier soll Nachhaltigkeit erlebbargemacht und über nachhaltige Projekte der Bürger, In-stitutionen und Unternehmen informiert werden.

Denkmalgerecht bis ins kleinste Detail wurdeauch das Stadthaus in Überlingen saniert. Die gelun-gene Restauration erhielt 2011 beim »Bundespreis fürHandwerk in der Denkmalpflege« in Baden-Württem-

berg den 1. Preis. Mithilfe qualifizierter und engagier-ter Handwerksbetriebe und der für ein Denkmal, das im Kern bis ins 14. Jahrhundert zurückgeht, not-wendigen Behutsamkeit wurde die Statik geschickt ertüchtigt und eine Vielzahl historischer Details her-ausgearbeitet und wieder sichtbar gemacht. Die Innen-dämmung erfolgte mit der innovativen Holzweichfaser -dämmplatte Pavadentro und einem diffusionsoffenenPutzsystem. Pavadentro ist die ideale Innendämmplattefür historische Gebäude, deren Fassade sichtbar bleiben soll. Sie wurde speziell für die raumseitige Altbausanierung entwickelt, reduziert die Kondensat-bildung auf ein Minimum und sorgt für ein behaglichesRaum klima. Im Gefache wurde der flexible Holzfaser-dämmstoff Pavaflex eingebracht. Auch im Bereich desDaches wurden die natürlichen Holzfaserdämmplattenals Unterdeckung (Isolair) eingesetzt.

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Pavatex-InfoPavatex (pavatex.com) ist die führende

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dämm sys temen für moderne Gebäude hül -

len. Der deut sche Firmensitz ist in Leutkirch.

Die diffusions offenen, aber luftdichten Pava -

tex-Holzfaser dämmsysteme schützen so -

wohl gegen die Kälte des Winters als auchgegen die Hitze des Sommers. Indem sie denKlima schutz mit Wohn komfort verbinden,stel len sie die per fekte Gebäudehülle fürnachhaltige Baupro jekte dar. Seit 2013 er -gänzen Pro dukte aus dem neuen Werk inGolbey (Frank reich) die Sortimente aus denStammwerken Cham und Fribourg (Schweiz).

Das Dachgeschoss nach der Sanierung

Bürgerhaus Überlingen: Preis -träger 2011 »Bundespreis fürHandwerk in der Denkmal -pflege« in Baden-Württemberg

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Gemeindeaufgabe

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Das Energie- und Umweltzentrum Allgäu(eza!) war dafür als Berater für das gesamteAllgäu beauftragt worden. Angesichts der

guten Erfahrungen bietet eza! auch nach Ende des Pilotprojektes Energiecoaching für Kommunen an:»Energiecoach – eine gute Hilfe zur Selbsthilfe«. Roß-hauptens Bürgermeister Thomas Pihusch kann dasAngebot, die Gemeinde mit Unterstützung von Exper-ten zu mehr Energie- und Kosteneffizienz zu führen,nur weiterempfehlen. Als Bayerns Wirtschaftsstaats-sekretärin Katja Hessel im Januar 2013 das Pilotpro-jekt »Energiecoaching von Gemeinden in Schwaben«vorstellte, war Roßhaupten unter den 29 auserwähltenGemeinden, die in den Genuss eines Energietrainingskommen und hinterher über die Erfahrungen berich-ten sollten. In Roßhaupten wie auch andernorts fälltdas Fazit überaus positiv aus.

Bei dem Projekt, so die Wirtschaftsstaatssekretä-rin, gehe es vor allem darum, Bürgermeister, Gemein-deräte und Verwaltungsleiter, die noch zögern, abwar-ten und vor einer Beschäftigung mit der Energie -thematik zurückschrecken, »gezielt zu informieren, zumotivieren und letzen Endes zu aktivieren« – eine Initialberatung von Kommunen also, bei denen den

Verantwortlichen in den Rathäusern die Möglich -keiten einer aktiven Beteilung der Gemeinden an derUmsetzung der Energiewende vor Ort aufgezeigt wur-de. 150.000 Euro standen dafür zur Verfügung –macht rund 5000 Euro pro Gemeinde.

Neben Roßhaupten waren noch weitere elf All-gäuer Kommunen an dem Projekt beteiligt. Betreutwurden sie alle von Experten vom Energie- und Um-weltzentrum Allgäu (eza!). »Die Initialberatung imRahmen des Energiecoaching weist den Weg zu mehrEnergieeffizienz in der Kommune und zeigt die erstenenergiepolitischen Schritte in die richtige Richtungauf«, erklärt Dr. Hans-Jörg Barth, Leiter der eza!-Klimaschutzabteilung. Neben Gesprächen mit denVerantwortlichen umfasst das Energiecoaching unteranderem einen Kurz-Check zur Datenerhebung in derGemeinde, eine Gebäudebegehung einzelner kommu-naler Liegenschaften, Erstellung eines Maßnahmen-plans und einen Abschlussbericht.

Die Energiecoach-Beratungen im Rahmen desPilotprojektes der Bayerischen Staatsregierung sind in-zwischen abgeschlossen, über eine Neuauflage wirddiskutiert. eza!-Geschäftsführer Martin Sambale weistgleichzeitig darauf hin, dass Gemeinden, die nicht

Die Gemeinden sind ein Dreh- und Angelpunkt der Energiewende, weil sie Träger der Planungshoheit im lokalen Bereich sowie Anlauf- und Bera-tungsstellen für die Bürger sind.Weil Kommunen aber auch übergemeindeeigene Gebäude und Betriebe verfügen und eine Vorbildfunktion haben. Mit dem Pilotprojekt »Energiecoach fürGemeinden« hat die bayerischeStaatsregierung Handlungs -möglichkeiten in mittleren undkleineren Kommunen aufgezeigt.

Fit für die EnergiewendeEnergiecoach – die Hilfe zur Selbsthilfe

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Mitarbeiter zeigen Hausmeis -tern, wie Einstellungen – zum

Beispiel von Heizungsanlagen –optimiert werden können. Hier

gibt Rainer Moll (Bildmitte) Tipps

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zum Zug gekommen sind, keineswegs auf das Energie -coaching-Angebot verzichten müssen, sondern sichdirekt bei eza! melden können. Die Kosten liegen bei5000 Euro. »Das ist sehr gut angelegtes Geld«, betontSambale. »Angesichts der Energieeinsparungen amor -tisiert sich diese Ausgabe in kurzer Zeit.«

Tatsächlich war die Zahl der Aha-Erlebnisse, diedie eza!-Mitarbeiter in den am Pilotprojekt teilneh-menden Gemeinden ausgelöst haben, hoch. »Ich hättenicht gedacht«, gesteht beispielsweise Salgens Bürger-meister Hans Egger, »dass selbst in neuen kommuna-len Liegenschaften im Bereich der Anlagensteuerungso große Einsparpotenziale schlummern.« Gemeint istdas erst vor wenigen Jahren neu bezogene Rathaus inder Unterallgäuer Gemeinde, in dem ein eza!-Fach-mann bei einem Ortstermin im Bereich der Heizungs-und Lüftungstechnik erhebliche Optimierungsmöglich -keiten aufspürte.

Auch in Roßhaupten ging es den Verantwortli-chen insbesondere darum, Schwachstellen in denkommunalen Liegenschaften aufzudecken, mithilfe eines kommunalen Energiemanagements die Energie-ausgaben zu senken und damit den Gemeindehaushaltzu entlasten. Görisried will nach dem eza!-Energie-coaching gar einen Energiebeauftragten für die Ge-meinde einstellen. Und in Unteregg ist geplant, sichfür das Qualitätsmanagementprogramm EuropeanEnergy Award anzumelden – um die schon unternom-menen Klimaschutzaktivitäten bewerten und doku-mentieren zu lassen, aber auch, um weitere sinnvolle

Maßnahmen einzuleiten. »Für unsere Gemeinde«,sagt Bürgermeisterin Marlene Preißinger, »war derEnergie coach genau das, was ich mir vorgestellt undwas wir auch gebraucht haben.«

eza!-Geschäftsführer Martin Sambale spricht vonsehr positiven Erfahrungen, »die zeigen, dass dasEnergiecoaching-Projekt Früchte trägt und ein sinn-volles Instrument ist«. Weil diese Impulsberatung denKommunen aufzeige, wo Handlungsbedarf bestehtund welche Einspareffekte ohne große Vorinvestitio-nen erzielt werden können. »Bürgermeister, aber auchdie Mitarbeiter in der Verwaltung sind immer wiederüberrascht, was ein Experte, der von außen kommt, inkürzester Zeit an Effizienzpotenzialen entdeckt.« Da-neben, fügt Sambale hinzu, sensibilisiere das Energie-coaching ganz allgemein die Beteiligten für das ThemaKlimaschutz und eine nachhaltige Energiepolitik imunmittelbaren Umfeld.

InfoWeitere Informationen zum

Energiecoach im Allgäu sind

im Internet unter www.eza-

klimaschutz.de zu finden.

Für die Gemeinden wurden im Rahmen der Energiecoach-Be ratung die wichtigstenEnergie daten zusammen -getragen, wie hier bei derGemeinde Görisried der Anteilerneuer barer Energien an derStrom- und Wärme versorgungder gesamten Gemein de

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Netzwerk

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Beim Energiesparen voneinander lernen – das ist der Gedanke, der hinter demeza!-Energieeffizienz-Netzwerk für Unternehmen steckt. Eine Idee, die Früchteträgt, sagen die Verantwortlichen der beteiligten Betriebe. Regelmäßig treffen sie sich zum Erfahrungsaustausch über realisierte Einsparmaßnahmen in ihrenUnternehmen und werden zudem von den eza!-Experten über Einsparpotenzialeund Umsetzungsmöglichkeiten informiert. Das Ergebnis: Die Betriebskosten sinken und die Rentabilität steigt.

Keiner weiß so viel wie alle... ...auch beim Thema Energieeffizienz

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Wenn Wilfried Mendler über die Vorzügedes eza!-Energieeffizienz-Netzwerkesnachdenkt, fällt ihm der schöne Satz ein:

Keiner weiß so viel wie alle. »Das sagt eigentlich allesüber die Stärken des Netzwerkes aus«, meint derEnergie manager im Werk Blaichach der Robert BoschGmbH. Die Verschwendungsprinzipien seien eigent-lich überall gleich, egal, ob im kleinen Betrieb oder imGroßunternehmen. »Der Erfahrungsaustausch imeza!-Unternehmensnetzwerk«, so Mendler, »hilfteinem, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauenund Lösungen zu finden, auf die man selbst vielleichtnicht gekommen wäre.«

Bosch ist eines von elf namhaften Allgäuer Un-ternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen, dieseit 2010 beim Thema Energiesparen intensiv zusam-menarbeiten. Unter der Regie von eza! ist vor vier Jah-ren mit dem Energieeffizienz-Netzwerk eine regionalePlattform entstanden, die für einen regelmäßigen Wis-

senstransfer zwischen den beteiligten Firmen sorgt.Alle drei Monate trifft man sich. Aufgrund der positi-ven Erfahrungen wird aktuell in Kempten ein weiteresNetzwerk – speziell für örtliche Firmen – gestartet.Und seit Oktober 2011 besteht das HotelnetzwerkEnergieeffizienz. eza! berät dabei zwölf Beherber-gungsbetriebe aus dem Allgäu und dem Kleinwalsertalbei der Energieerzeugung und -verwendung sowie beider Umsetzung energiesparender Maßnahmen.

Wie Mendler hat auch Karl Wegmann von derFirma Swoboda festgestellt, dass viele Probleme ähn-lich gelagert sind. »Lösungen lassen sich deshalb häufig übertragen – auch branchenübergreifend«, sagtder Energiemanager des Wiggensbacher Unterneh-mens, das hochpräzise Kunststoffteile für die Auto -industrie produziert. Helmut Schadt von der FirmaEdelweiß in Kempten kann das nur bestätigen. »Mansieht seine Anlage plötzlich aus einem anderen Blick-winkel und erkennt Einsparpotenziale«, erklärt derLeiter des Bereiches Instandhaltung und Energie beimKäsehersteller.

Baldur Kohler von der Schoeller Technocell De-kor GmbH & Co. KG in Günzach, ein Unternehmen,das ebenfalls von Anfang an dabei ist, fällt spontan einBeispiel für einen erfolgreichen Wissenstransfer ein:»Wir sind durch die Gespräche im eza!-Energieeffi-zienz-Netzwerk auf ein Druckluftleckage-Suchgerätaufmerksam geworden. Das setzen wir inzwischenebenfalls ein und sparen dadurch Energie.« Und Letz-teres sei für ein Unternehmen wie Schoeller Techno-cell Dekor aus der Papierindustrie mit erfahrungsge-mäß sehr hohen Energieverbräuchen von »existenziel-ler Bedeutung«, betont Kohler.

Fast noch wertvoller als der Gedankenaustauschzwischen den Unternehmen, findet Wegmann, sei allerdings die Beratung durch die externen Fachleutevon eza!, wie sie im Rahmen der Netzwerkes angebotenwird. So seien beispielsweise bei Swoboda auf Anratender eza! die alten Motoren in den Lüftungsanlagen derProduktionshalle durch deutlich effizientere Aggrega-

Die Anlagentechnik zuoptimieren – das ist dasZiel des Energieeffizienz-

Netzwerkes für Unter neh -men, das unter der Regie

von eza! seit 2010 im Allgäu existiert

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23allgäuALTERNATIV

KurzinfoWeitere Informationen zumEnergieeffizienz-Netzwerksind im Internet unter www.eza-allgaeu.de/fuer-unternehmen zu finden.

te ersetzt worden. Allein dadurch sanken die Energie-kosten pro Jahr um knapp 6000 Euro. Und die Be-leuchtungsanlage in der Halle wurde mit sparsamenT5-Leuchtstofflampen ausgestattet – was die jährlicheStromrechnung um weitere 6400 Euro senkte. BaldurKohler berichtet ebenfalls von sinnvollen Vorschlägender eza!-Experten. »Es kam die Anregung, die Abwär-me aus der Produktion doch fürs Heizen unseres Ver-waltungsgebäudes zu nutzen. Und das werden wir jetztauch so machen.«

Generell sei der Beratungsbedarf beim ThemaEnergiesparen in den Unternehmen groß, so die Er-fahrung von Felix Geyer, der bei eza! die AbteilungEnergiemanagement leitet. »Häufig sind die Mitarbei-ter in den Firmen so mit dem Tagesgeschäft beschäf-tigt, dass kaum Zeit für eigene Überlegungen bleibt,wie denn der Energieverbrauch gesenkt werden könnte.« Ganz abgesehen davon, fügt Bosch-Energie-manager Wilfried Mendler hinzu, sehe ein externerFachmann auch ganz andere Dinge als jemand, dermitten in den Prozessen stecke.

»Total begeistert« vom eza!-Angebot ist Chris -toph Mayer. Man habe nach so etwas wie dem eza!-Energieeffizienz-Netzwerk dringend gesucht, erzähltder technische Leiter des Facility Management derEADS Deutschland GmbH – Cassidian Electronics inImmenstaad bei Friedrichshafen. »Wir betreiben ei-nen Firmenstandort und Industriepark mit immerhin4000 Mitarbeitern. Man kann das mit den Aufgabeneines kleinen Stadtwerks vergleichen, und ein entspre-chend wichtiges Thema ist daher die Energieeffi-zienz«, beschreibt Mayer das Geschäftsfeld seines Arbeitgebers. Durch den Austausch mit anderen Un-ternehmen, die eza!-Beratung und das Engagementder eigenen technischen Abteilungen werde jährlichso viel Energie eingespart, dass er mit dem Auto 193-mal um die Erde fahren könnte, hat ChristophMayer hochgerechnet. Über 30 Einzelmaßnahmenseien identifiziert und umgesetzt worden. »Das fingmit dem Austausch der alten Gasbrenner in unserenHeizhäusern an und ging über die Änderungen derBetriebszeiten in unserem Blockheizkraftwerk weiter«,erklärt er.

Auch Andreas Eggensberger erhoffte sich durchdie Zusammenarbeit unter Kollegen Einspareffekte fürsein Bio- und Wellnesshotel in Hopfen am See – undwurde nicht enttäuscht. Auf seine Initiative hin war im

Oktober 2011 das Hotelnetzwerk Energieeffizienz voneza! ins Leben gerufen worden.

Hallenbad, Saunabereich und täglich duschendeGäste – die Hotellerie, weiß Felix Geyer von eza!, isterfahrungsgemäß eine Branche mit einem relativ hohen Energieverbrauch. Laut Andreas Eggensbergerliegt der Anteil der Energieausgaben an den Gesamt-betriebskosten eines Hotels im Schnitt bei immerhinfünf Prozent. »Daher ist es wichtig, in diesem Bereichsämtliche Einsparpotenziale auszuschöpfen«, betontder Hotelier aus dem Ostallgäu. Und der Austauschunter den Kollegen leiste einen wichtigen Beitrag dabei. »Wir vergleichen untereinander immer wiederdie Wasser- und Energieverbräuche pro Gast, proZimmer«, erklärt Eggensberger. »Stellt beispielsweiseein Kollege fest, dass bei ihm der Wasserverbrauchdeutlich höher als bei den anderen ist, dann weiß er,dass er nach den Gründen suchen und in diesemPunkt etwas unternehmen muss.«

Aber man profitiere auch noch auf andere Weisevom Netzwerk, fügt Eggensberger hinzu. »Jeder pro-biert etwas aus und gibt seine Erfahrungen weiter –manchmal sind es gute, manchmal schlechte. In letz-terem Fall lassen die anderen im Netzwerk dann dieFinger davon. Es muss ja nicht jeder dieselben Fehlermachen«, meint Eggensberger. Er erinnert sich an denFall eines beteiligten Hotelbesitzers, der die Umwälz-pumpe in seinem Schwimmbad drosselte, um Stromzu sparen. »Aber das ging nach hinten los. Das Wasserim Becken drohte umzukippen – also war allen klar:Diese Maßnahme macht keinen Sinn.«

Als Besitzer eines Biohotels nimmt Andreas Eggensberger das Thema Ökologie und sparsamenUmgang mit Energie besonders ernst, auch, weil daszum Marketingkonzept gehört – ganz nach dem Mot-to: »Tue Gutes und sprich darüber.« ÖkologischesHandeln komme bei seinen Gästen einfach gut an, hatEggensberger festgestellt. Die Urlauber würden in die-sem Zusammenhang auch Verständnis für Maßnah-men zeigen, die für ein Hotel ungewöhnlich sind. Sosei früher in seinem Betrieb der Montag immer derWarmbadetag (Wassertemperatur 32 Grad) gewesen,erzählt Eggensberger. Aber der Energieaufwand dafürwar erheblich. »Jetzt«, so Eggensberger, »ist Warm -badetag, wenn die Sonne kräftig scheint und die So-laranlage auf dem Dach heißes Wasser erzeugt – egal,welchen Wochentag wir gerade haben.«

Links oben: Wie kann beimHallenbadbetrieb Energieeingespart werden? Dieseund andere Fragen beschäf-tigten die Mitglieder des Hotelnetzwerkes Energie -effizienz bei ihren Treffen. Oben: Bei den regelmäßigenNetzwerktreffen – wie hierin der Firma Edelweiß –tauschen die Vertreter der beteiligten Firmen ihreErfahrungen zum ThemaEnergiesparen aus

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Nachwuchs-Bildung

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Kinder altersgerecht an das Thema Energieheranführen«, das ist laut Julia Wehnert vomNaturerlebniszentrum in Immenstadt Ziel

des Energiewerkstatt-Konzeptes. Angefangen damitwird bereits im Vorschulalter. »Je früher die Weichenfür den Weg zum ressourcenschonenden Umgang mitEnergie gestellt werden«, meint Angelika Baumer, diebei eza! für das Projekt zuständig ist, »desto größersind die lebenslangen Einspareffekte.«

eza!-Energieberater gehen deshalb schon in dieKindergärten und vermittelten Fünf- und Sechsjähri-gen, was Energie überhaupt ist, woher sie kommt und

wie man sparsam damit umgehen kann. »Wir versu-chen, den Kindern die Themen Energie und Umwelt-schutz mit Versuchen zum Mitmachen, mit Erzählun-gen und Gesprächen zu veranschaulichen«, erläutertAngelika Baumer.

In den Kindergärten, berichtet sie, stehe die Kraftder Sonne als saubere und unerschöpfliche Energie-quelle im Mittelpunkt der Aufklärungsarbeit. Die Kin-der bringen beispielsweise Eiswürfel mit, die in eineWanne gekippt und in die Sonne gestellt werden. »DieEisklötze schmelzen, und die kleinen Forscher begrei-fen, warum die Mama nicht warmes Wasser in dasPlanschbecken zu gießen braucht, sondern den Pooleinfach mit Wasser aus dem Gartenschlauch in derFrüh in die Sonne stellen muss, damit es am Nachmit-tag eine angenehme Temperatur hat.«

In der Regel sind die fünf Tage der Energiewerk-statt Kindergarten so aufgebaut, dass die eza!-Energie-berater in jeder teilnehmenden Gruppe etwa 45 bis 60Minuten am Stück sind und in dieser Zeit einen The-menblock behandeln. Anschließend wechseln sie indie nächste Gruppe und stellen hier den gleichen The-menblock vor. »Die Kinder waren total begeistert undkonnten es gar nicht abwarten, bis es am nächsten Tagweiterging«, hat Daniela Rogg von der Kindertages-stätte Abenteuerland in Kempten festgestellt. »Da isteiniges hängen geblieben. Bei den Kindern ist seitdemklar: Der Letzte im Bad macht das Licht aus.«

Etwas komplexer, aber sicher nicht trockener sinddie Inhalte, die in den Schulklassen vermittelt werden.Bei der Energiewerkstatt Schule, so Julia Wehnert, han-dele es sich um ein speziell auf die 3. Grundschulklassenzugeschnittenes, praxisorientiertes Lernprogramm. Es

Kinder sind die Energiesparer von mor-gen, aber auch wichtige Multiplikatoren,um Eltern, Geschwister und Freunde für den Umweltschutz zu sensibilisieren. Das Energie- und Umweltzentrum Allgäu(eza!) und das Naturerlebniszentrum des Bundes Naturschutz (NEZ) bieten gemeinsam das pädagogische ProgrammEnergiewerkstatt Kindergarten und Energiewerkstatt Schule an – ein Projekt,das bei allen Beteiligten bestens ankommt.

Energie-Schule fürs LebenAusprobieren, anfassen, begreifen

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Eine Baseballmütze mit integrierter Solarzelle, die

Strom für den integriertenVentilator liefert – nur

eines von vielen Beispielen, wie Kin dern das Thema

er neuer bare Energiequellenveranschaulicht werden

kann

LED-, Energiesparlampe und Glühbirne im Vergleich– in der Energiewerkstatt

Schule lernen Kinder, wie und wo Energie

eingespart werden kann

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Mit spannenden Versuchenwerden den Kindernphysikalische Zusammen -hänge zum Thema Energieerklärt

greife die Bedeutung von Energie im Alltagsleben aufund schärfe das Bewusstsein für die Themen Klima-schutz und Energiesparen. Die Kinder erfahren dabei,wie sie selbst und ihre Familien das Alltagsverhaltenverändern können, um den schädlichen CO2-Ausstoßzu senken. Julia Wehnert spricht von einem Angebot,»das nicht mit dem pädagogischen Holzhammer daher-kommt, sondern den Kindern Spaß macht und gleich-zeitig wichtige Themen vermittelt«.

Das Lernprogramm für die Schule besteht ausdrei Bausteinen mit jeweils zwei Unterrichtsstunden,die im wöchentlichen Abstand stattfinden. Zunächstlernen die Kinder anhand spannender Experimente,wie Energie entsteht und wie man sie – zum Beispielmit Muskelkraft – erzeugen kann. In der zweiten Unterrichtseinheit erklären die speziell ausgebildetenBetreuer von eza! und Bund Naturschutz den Kindernden Zusammenhang zwischen Energieverbrauch undTreibhauseffekt. Als »Forscheraufgabe« müssen dieSchüler zum Beispiel herausfinden, wo zu HauseStrom verbraucht und wie dort geheizt wird. Und natürlich geht es um die Frage, wie sich der Energie-verbrauch senken lässt beziehungsweise fossile Energie -träger durch erneuerbare Energien ersetzt werdenkönnen. Unter anderem bekommen die SchülerEnergie messgeräte ausgeliehen. Damit führen sie zuHause einen »Energie-Check« durch. Anhand der Er-gebnisse erfahren die Kinder, wie sie ganz konkret imAlltag Strom einsparen können.

»Die Kinder schon von klein auf für den sparsa-men Umgang mit Ressourcen zu sensibilisieren, ist

nicht nur für die Zukunft, sondern auch für die Ge-genwart sehr wichtig«, betont eza!-GeschäftsführerMartin Sambale. »Denn häufig gelingt es, über dieKinder auch die Eltern für die Themen Klimaschutzund Energiesparen zu gewinnen – das ist ein schönerNebeneffekt.«

Zahlreiche Schulen im gesamten Allgäu habenbislang das Angebot Energiewerkstatt Schule genutzt.Allein im vergangenen Jahr legten über 700 Drittkläss-ler ihre »Gesellenprüfung« in der Energiewerkstatt ab.Auch für 2014 rechnen Julia Wehnert und AngelikaBaumer mit zahlreichen Anfragen und empfehlen des-halb, sich bei Interesse möglichst bald anzumelden.

Auch außerhalb von Kindergärten oder Schulenbieten eza! und NEZ dem Nachwuchs die Möglichkeit,die spannende Welt der Energie zu entdecken.»Energie werkstatt Forscher« nennt sich das umwelt-pädagogische Programm für die jungen und jüngstenBesucher von Veranstaltungen und Aktionen, das vonden Organisatoren gebucht werden kann. An sechsStationen darf dabei experimentiert, gewerkelt undausprobiert werden. »Wir erforschen, wie Energie ent-steht, erleben, welche Energieträger es gibt, begreifen,wie Energie und Mobilität zusammenhängen«, erläu-tert Julia Wehnert. »Und wir messen den Energie -verbrauch verschiedener Geräte und erspüren an unsselbst, wie Isolierung und Wärmedämmung funktio-nieren.« Auch hier, fügt Angelika Baumer hinzu, sorgen spannende Experimente, Rätselfragen und vie-len andere Mitmachmöglichkeiten dafür, »dass dieKinder mit Feuereifer dabei sind«.

InfoWeitere Informationen

zur Energiewerkstatt

Kindergarten und Schule

sind im Internet unter

www.energiewerkstatt-

schule.de zu finden.

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Energie-Kommune

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Kempten im Allgäu setzt beim Ausbau Erneu-erbarer Energien auf die Zusammenarbeitmit seinen regionalen Nachbarn. Eine

Schlüsselrolle dabei spielt der kommunale Energiever-sorger, das Allgäuer Überlandwerk AÜW. Die StadtKempten ist mit ihren rund 65.000 Einwohnern daswirtschaftliche Zentrum des Allgäus. Gerade deshalbsetzt die Stadt bei der planerischen Entwicklung aufErneuerbare Energien. »Seit 15 Jahren herrscht imStadtrat über alle Parteien hinweg ein politischer Kon-sens«, beschreibt Oberbürgermeister Dr. Ulrich Netzerdie Situation in der Stadt.

Gemeinsam mit den NachbarnDas 2011 vorgelegte Klimaschutzkonzept machte

deutlich, dass Kempten bereits einen Teil der städti-schen Potenziale mobilisieren konnte, der eigeneEnergieverbrauch der Stadt die Potenziale jedoch beiWeitem übertrifft. Denn die kreisfreie Stadt verfügtselbst nur begrenzt über geeignete Flächen für Erneu-

erbare Energien. So zeigt das Klimaschutzkonzept,dass es aufgrund der Topografie des Illertals und ausUmweltschutzgründen keine potenziellen Standortefür Windkraftanlagen im Stadtgebiet gibt. »Um dieEnergiewende in Kempten zu schaffen, müssen wir diePotenziale der umliegenden Landkreise berücksichti-gen«, bestätigt Bürgermeister Dr. Netzer. »Wir setzendabei auf die Zusammenarbeit mit dem RegionalenPlanungsverband Allgäu, dem wir angehören. So wirddie Regionalplanung im Kapitel Windenergie fortge-schrieben. Dabei ist unser Ziel, Vorranggebiete fürWindkraftanlagen auszuweisen.«

Ein Werk für die RegionAuf interkommunale Zusammenarbeit setzt man

in Kempten nicht nur auf der Planungsebene, sondernauch im kommunalen Unternehmensbetrieb. Amkommunalen Energieversorger, dem Allgäuer Über-landwerk (AÜW), sind neben der Stadt Kempten mitgut 80 Prozent Anteil vier weitere Nachbarkommunen

Die Agentur für Erneuerbare Energien gibt ein bundesweit ver-breitetes Magazin mit dem Titel KOMM:MAG heraus. In dieserZeitschrift werden beispielhafte regenerative Energieprojekte inden Kommunen vorgestellt. In der aktuellen Ausgabe erschienauch ein Bericht über die Stadt Kempten. Wir drucken diesenBeitrag hier mit Genehmigung der Agentur nach, weil er eineAußenansicht auf die Allgäu-Metropole widerspiegelt.

Kempten als gutes BeispielReportage erschien bundesweit

In Sachen »ErneuerbareEnergie« ist die Stadt

Kempten mustergültig

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Page 27: allgäuALTERNATIV Frühjahres-Ausgabe 2014

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beteiligt. Das AÜW selbst ist wiederum gemeinsammit anderen kommunalen Unternehmen aus der Re-gion Gesellschafter von mehreren Kraftwerksbetrei-bern und Energiedienstleistern. So wurden etwa dieKompetenzen zur Energiebereitstellung aus Biomassein der Bioenergie Allgäu GmbH gebündelt, die die Er-richtung mehrerer Holzheizwerke mit einem Nahwär-menetz übernahm. In einer Partnerschaft von insge-samt neun Energieversorgern aus dem Allgäu – alle-samt örtlich verwurzelte Traditionsunternehmen ingenossenschaftlicher oder kommunaler Hand – wirdzudem die Strommarke Allgäu-Strom an über 135.000Haushalte vertrieben. Da alle Partner unabhängig vonüberregional agierenden Konzernen sind, wird die generierte Wertschöpfung in der Region gehalten. Davon profitieren Unternehmen genauso wie die Gemeindehaushalte.

Zwischen Tradition und InnovationAuch im Sinne der Technologieentwicklung zahlt

sich die Kooperation zwischen den Kommunen aus.So wird die Entwicklung von Pumpspeichern in denhöheren Lagen des Allgäus ein entscheidender Bau-stein für den weiteren Ausbau der fluktuativen Erneuer-baren Energien in der gesamten Region sein. Gemein-sam mit der Fachhochschule Kempten und Siemenserprobt das AÜW in der Energie-Kommune Wild-poldsried ein intelligentes Stromnetz und hat unterdem Titel PEESA eine energiewirtschaftliche Studiefür die Region vorgelegt. Darin wird auch die Bedeu-tung der Windenergie hervorgehoben, deren Ausbaufür einen ausgewogenen Energiemix in der Regionsinnvoll ist. Im Allgäu liegen die größten Potenzialeder Erneuerbaren Energien nämlich eindeutig im Be-reich Windenergie. Die im Regionalplan vorgesehenenFlächen werden derzeit mit den Menschen vor Ort,aber auch den Naturschutzorganisationen im offenenDialog diskutiert. »In Kempten gehen wir die Energie-wende mit Überzeugung und Augenmaß an«, meintOberbürgermeister Dr. Netzer. »Und ich denke, das istein großer Teil unseres Erfolgs.«

Wer steht hinter der AEE?Die Agentur für Erneuerbare Energien e.V.(AEE) leistet Überzeugungsarbeit für dieEnergiewende. Ihre Aufgabe ist es, über dieChan cen und Vorteile einer Energiever -sorgung auf Basis Erneuerbarer Energienaufzuklären – vom Klimaschutz über einesichere Energie versorgung bis hin zurregionalen Wertschöpfung. Die AEE wirdgetragen von Unterneh men und Verbänden

der Erneuerbaren Ener gien. Sie arbeitet

partei- und gesell schafts übergreifend.

Mehrere ihrer Kom muni ka tions projekte wer-

den von den Bundes ministerien für Umwelt

und für Landwirt schaft gefördert. In der

Mediathek der AEE findet sich auch eine

Animation über die Erneuerung des Laufwas-

serkraftwerks des Allgäuer Überlandwerks.

Mehr Infos finden Sie im Internet unter

http://www.unendlich-viel-energie.de

Die Allgäu-Metropole ist laut KOMM:MAG energetisch top

Alte und neue Architektur in Kempten: die historische St. Lorenz-Basilika

Futuristische Architektur zur Stromerzeugung aus Wasser: das neue Kraftwerk an der Keselstraße in Kempten

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E-Mobilität

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Eine Kutschenfahrt durch den Central Park ge-hört zu den Highlights eines New-York-Ur-laubs. Wenn es nach dem Willen des neuen

Bürgermeisters Bill de Blasio geht, könnten Pferdekut-schen aus dem New Yorker Stadtbild bald verschwin-den. Für de Blasio ist das Tierquälerei. Als eine seinerersten Amtshandlungen will er die Kutschen abschaf-fen. Damit hat er einen heftigen Streit in der Millio-nenmetropole ausgelöst. Für Richard Schalber ausVorderhindelang im Oberallgäu ist das kein Problem:»Wir haben die Alternative bereits fix und fertig in un-serer Werkhalle stehen!« Damit macht er wieder ein-mal alle Fachleute stutzig.

Ein Franke investiert in die ZukunftSchalber, bekannt durch seine Erfolge im Endu-

ro-Sport, ist eher einen »heißen Reifen« gewohnt alsdie Langsamkeit. Nachdem seither einige Jahre insLand gingen, widmet sich Schalber in seiner Ideen-schmiede in Vorderhindelang der Entwicklung vonElektromotoren für Autos im Auftrag der SchweizerInmares AG (Allgäu alternativ 1/2012). Aktuell bautSchalber mit Peter Schmeller, seinem Systementwick-ler, einen E-Motor für Kutschen. Der Auftrag dafürkam von der fränkischen Firma Aaglander.

Mit ihren dieselbetriebenen Motor-Kutschen istdie fränkische Firma seit 2003 über die GrenzenDeutschlands hinaus bekannt geworden. Nach demüberraschenden Tod von Gründer Roland Belz standdas Unternehmen vor dem Aus. Mit Richard Gebertfand sich jedoch ein neuer Eigentümer, der die Ideeeiner pferdelosen Kutsche weiterentwickelte. Unterseiner Führung soll im Jahr 2014 eine serienmäßigeProduktion von Kutschen mit Elektroantrieb starten.

»Eine Kutschfahrt, die ist lustig...« sobeginnt die Parodie auf ein altes Volks-

lied. Lustig ist sie aber nicht für dieZugtiere. Insbesondere, wenn sie sich

durch den Stadtverkehr quälen müssen.Könnte man nicht die Pferde weglas-

sen? Kutsche fahren wie einst GottliebDaimler? Aber ohne stinkenden Ben-

zinmotor? Tausendsassa Richard Schalber aus Vorderhindelang hat die

Lösung: Er baute in eine Kutschemoderne E-Motoren ein.

Allgäu-Kutsche für New YorkEin Hindelanger ersetzt die Pferde

Richard Schalber versteckt in einem historischen Gefährt modernste Technik. Die Kutschefährt ohne Pferde 20 Stundenkilometer schnell

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rVon außen unterscheidet sich der Prototyp des

Öko-Modells von seiner dieselbetriebenen Schwesterüberhaupt nicht: Beide sind aus Holz gefertigt, habendick gepolsterte Lederbänke mit Platz für sechs Perso-nen, sogenannte Leinenstangen zur Lenkung, die wiestarre Zügel zu bedienen sind und dem Kutscher dasGefühl geben sollen, tatsächlich Pferde zu führen. Hin-gucker sind jede Menge vergoldeter Karosserieteile undVerzierungen wie die für die Aaglander-Kutschen cha-rakteristischen Miniatur-Pferde, die einem Mercedes-Stern gleich auf der »Kühlerhaube« thronen.

Im Inneren der E-Kutsche nagelt jedoch kein 20PS starker Dieselmotor mehr. Ein von der Firma Schal-ber Events entwickeltes Niedertemperatur-Akkusys-tem hat eine Kapazität von 6,4 kWh. Diese Leistung istauch noch bei Temperaturen bis -55°C verfügbar.

Zwei Batterieblocks mit je 100 Zellen, die über einneu entwickeltes BMS- und Sicherheits-System betrie-ben werden, kommen hier erstmals zum Serieneinsatz.

Der Antrieb selbst besteht aus zwei Elektromo-toren mit je 500 Nm Drehmoment. Diese spezielleMotor-Doppel-Planeten-Radsatz-Baugruppe ist eineErfindung des Teams.

Ein redundantes Sicherheitssystem und einHigh-End-Motion-Controller dienen der sicherenund komfortablen Bewegung in allen Situationen. ESP,Differenzial bis hin zu Steer-by-wire-Applikationensind mit diesem Antriebssystem möglich.

Die eine Tonne schwere Kutsche kann mindestensacht Stunden bei einer Höchstgeschwindigkeit von biszu 20 Stundenkilometern geräuschlos und umwelt-schonend auf Wegen und Straßen bewegt werden. Be-schleunigt und gebremst wird mittels Fußpedal.

Kutschen sollen verleast werdenDie Kutschen sollen verleast werden. Wie in ei-

nem Franchisesystem sollen die Nutzer eine monatli-che Gebühr für die Kutschen entrichten. Diese könnensie dann für unterschiedliche Events anbieten – vonder Hochzeit über die Stadtrundfahrt oder den Einsatzals Taxi bis hin zum Ausflug ins Grüne. Gerne auchfür Kunden in New York, Salzburg, Wien oder Neu-schwanstein. Pferdefreunde werden begeistert sein.

Thomas Niehörster

Begriffserklärungen

Der Blick unter die Kutsche

Jedes Rad wird einzeln von einem Elektromotorangetrieben

BMS-System: Ein Batteriemanagement -

system ist eine elektronische Schaltung,

die zur Überwachung und Regelung einer

nachladbaren Batterie, also eines Akku -

mulator systems, dient. Die Notwendigkeit

eines BMS ergibt sich bei der Zusammen -

schaltung mehrerer Akkuzellen zu einer

Batterie. Das BMS soll dabei die unver -

meidbaren fertigungsbedingten Streuungen

verschiedener Parameter der Akkuzellen,

etwa Kapazität und Leckströme, erkennen,

überwachen und ausregeln.

Motion Controller: zu deutsch »Bewegungs -

regelung«. Damit bezeichnet man die Rege-

lung von Geschwindigkeit, Beschleunigung

oder einer Kombination daraus. Für die

Regelung kommen Aktoren wie z.B. Hydraulik-

zylinder oder Elektromotoren zum Einsatz.

ESP: Der Begriff Fahrdynamikregelung bzw.

Electronic Stability Control (ESC), im deutsch -

sprachigen Raum häufig auch mit »ESP« für

Elektronisches Stabilitätsprogramm abge -

kürzt, bezeichnet ein elektronisch gesteuer -

tes Fahrassistenzsystem für Kraftfahrzeuge,

das durch gezieltes Abbremsen einzelner

Räder dem Ausbrechen des Wagens ent -

gegen wirkt. ESC ist eine Erweiterung und

Verknüpfung des Antiblockiersystems (ABS)

mit einer Antriebsschlupfregelung (ASR).

Steer-by-Wire: Unter Steer-by-wire versteht

man ein System, bei dem ein Lenkbefehl von

einem Sensor (dem Lenkrad) über ein Steuer -

gerät ausschließlich elektrisch zum Motor ge -

leitet wird, der den Lenkbefehl ausführt. Es

be steht keine mecha n ische Verbindung

zwischen Lenkrad und gelenkten Rädern.

Die stolzen Pferde werdennur noch als Kühlergrill-Figuren verwendet – halt –einen Kühlergrill gibt es ja auch nicht mehr

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48 Studenten des Bachelor-Studienganges »Material- und Produktentwicklung« (MAP) der Fach-hochschule Frankfurt am Main haben Kleinstfahrzeuge für den Stadtverkehr der Zukunft entworfen.

Die Vorgaben: Ein schadstoffemissionsfreier Antrieb und eine maximale Geschwindigkeit von 25Stundenkilometern bei einer Reichweite der Batterie von 80 Kilometern. Mit ihrem Entwurf »Twist«

erreichten die vier besten Frankfurter Studenten das Finale des in Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgeschriebenen

Studierenden-Wettbewerbs »Zukunftspreis Kommunikation«.

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E-Mobil

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vationen in Bezug auf Formgebung und Bewegungmachen. Es ist an der Zeit, die Ideen und Visionen vonemissionsfreien Fahrzeugen für das urbane Umfeldumzusetzen«, fasst Patrice Gilles die Intention der Stu-dierenden zusammen. Über ein CAD-Programm kon-struierten und modellierten sie das Kleinstfahrzeugam Computer und testeten mittels einer Simulationdessen Funktionalität. Zudem bauten sie ein Modellim Maßstab 1:5.

»Der Bereich Mobilität in der urbanen Umge-bung ist geprägt von Enge und Hektik. SchwindendeRessourcen und das Streben nach erhöhter Lebens-qualität machen deutlich, dass innovative Fahrkonzep-te fehlen. Ein Alleinstellungsmerkmal am EntwurfTwist ist das kompakte Aufbaukonzept des Fahrzeugsdurch die Zusammenführung der Fahrgastzelle, in derdie Insassen sitzen, mit dem Fahrwerk, den Rädern«,hebt der betreuende Professor Hector Solis-Muñizvom Fachbereich 2 Informatik und Ingenieurwissen-schaften hervor. »Diese Idee unterscheidet sich vonder bereits existierenden Vielzahl an Kleinstfahrzeu-gen mit emissionsfreien Antrieben.«

Obwohl die Studenten mit dem Twist vor allemdie Großstädte als Wirkungsraum im Auge hatten,lässt sich das Konzept auch auf kleinere Städte undOrte etwa im Allgäu übertragen. Sicher nicht morgenoder übermorgen, aber durchaus in Verbindung mitanderen Nahverkehrskonzepten. Ein Twist am Bahn-hof als Mietfahrzeug, als sympathisches Fortbewe-gungsmittel auf Radwegen oder als Vehikel für dieFahrt zum Arbeitsplatz – das ist denkbar. Allerdingsmüssen bis zum Durchbruch ganz erhebliche Verän-derungen im derzeitigen Straßenverkehr stattfinden.Einen Zusammenstoß mit einem schweren BMWoder einem Geländewagen auf einer Bundesstraßewürden die Fahrer des Twist wohl kaum überleben.Erst, wenn die Fahrzeuge und Verkehrswege insge-samt einen Wandel erfahren, würde sich das Frank-furter Zweirad wirklich durchsetzen.

»Twist« Tanz zu zweit Kleinstfahrzeug auf zwei großen Rädern

Patrice Gilles (links) und SimonGrübel, Studierende im Bache-lor-Studiengang Material- undProduktentwicklung der FHFrankfurt, präsentieren denEntwurf ihres Twist

Im Rahmen des Industriedesign-Projekts konzi-pierten die angehenden Produktentwickler PatriceGilles, Simon Grübel, Nicklas Scherer und Mi-

chael Schäfer das Kleinstfahrzeug »Twist«. BesonderesMerkmal: Die zwei auffallend großen Räder befindensich nicht unter der Fahrgastzelle für zwei Personen,sondern sind darin integriert. Das unterscheidet denEntwurfswagen optisch von herkömmlichen Pkw.Ähnlich einem Rollstuhl kann der Twist auf der Stellewenden; jedes der beiden Räder ist dazu mit einemElektromotor ausgestattet. Ein Gyroskop-System ba-lanciert das Fahrzeug aus und verhindert das Um-kippen. Die Mittelkonsole in der Fahrgastzelle bein-haltet die komplette Bedieneinheit, die von beiden Sit-zen aus bedient werden kann. Steuerung,Beschleunigung und Rückwärtsfahren erfolgen übereinen Joystick. Stauraum wird neben dem Fußraum inder Kabine auch im Laderaum oberhalb der Motorengeboten. Eine Induktionsschnittstelle ermöglicht dasAufladen der Batterie.

»Der Twist bietet eine vollkommen neue Art undForm der Fortbewegung und unterscheidet sich sovon den Konkurrenzprodukten auf dem Markt«, ord-net Simon Grübel das Konzept ein. »Wir würden unsfreuen, wenn Konzepte wie Twist die Zukunft der Mo-bilität in den Stadtbildern prägen und Mut für Inno-

Zwei Räder, zwei Sitzlätze und zwei Joysticks zur

Steuerung hat der »Twist«

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Markenkriterien für Allgäuer Outdoor-Anbieter Schneeschuhtouren unterliegengleichermaßen den hohen Anforde-rungen an den Natur- und Umwelt-schutz: Bauplätze für Iglus werdenmit der Unteren Naturschutzbehör-de und dem Grundstücksbesitzerabgesprochen. Die Kriterien sollen zukünftigenPartnern eine Orientierungshilfesein und die Qualität im Bereichsportlicher Freizeitangebote in un-serer Region sichern. Zudem solldieser Schritt eine Sensibilisierungfür nachhaltigeres Wirtschaftenund einen schonenden Umgang mitder Natur sein.

Die Allgäu GmbH hat gemeinsammit Allgäuer Naturschutzverbän-den wie dem Deutschen Alpen -verein, dem Bund Naturschutz Bay-ern sowie dem Landesbund für Vogelschutz in Schwaben und demVerband Allgäuer Outdoorunter-nehmen fest definierte Qualitäts-kriterien im Outdoor-Bereich fürMarkenpartner der Marke Allgäuerarbeitet. Diese müssen zusätzlichzu den geltenden Nachhaltigkeits-kriterien der Marke Allgäu ein -gehalten werden. So müssen sich beispielsweise An-bieter von Bootstouren an be-

stimmte Jahres- und Tageszeitenhalten, um die Tierwelt nicht zustören. Auch werden die Ein- undAusstiegsstellen mit dem Landes-bund für Vogelschutz (LBV) ab -gestimmt. Canyoning unterliegtstrengen Vorgaben an die Guides,eingeschränkte Saisonzeiten sorgenhier für den Vogelschutz. Geo- Caching findet ausschließlich auf öffentlichen Wegen statt, ebensowie Mountain-Biker und andereRadtouren. Zudem sind hier Däm-merungs- und Nachtfahrten inner-halb von Naturschutzgebieten aus-geschlossen. Der Iglu-Bau und

Dritter Platz für Solarzentrum Allgäu

sätzen nachhaltig zu Klimaschutzund Energieeffizienz beitragen.Ebenfalls ausgezeichnet wurden dieMolkerei Gropper in Bissingen, derGetreideveredler Interquell ausGroßaitingen und das Baustoffun-ternehmen Unger in Donauwörth.Die Preisträger erhielten ihre Aus-zeichnung im Rahmen des Energie-dialogs Schwaben in Augsburg.

Das Solarzentrum Allgäu in Bies-senhofen hat den mit 5000 Euro dotierten 3. Platz beim LEW-Inno-vationspreis Klima und Energie ge-wonnen. Ausgezeichnet wurde dasProjekt »Energetische Unabhängig-

keit von fossilen Brennstoffen«, mitdem das Ostallgäuer Unternehmeneine jährliche CO2-Einsparung von758 Tonnen erreicht. Der LEW-In-novationspreis prämiert Projekte ausder Region, die mit innovativen An-

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Immer in der Spur bleiben, umden Flächenverbrauch mög -

lichst gering zu halten und dieem pfind liche Tierwelt nicht zu

stö ren: für Veranstalter vonSchnee schuhwanderungen zu -

künftig Pflicht, wenn sie Partnerder Allgäu GmbH werden wollen

InfoInformationen zum neu ge -

gründeten Verband Allgäuer

Outdooranbieter finden sich

unter www.va-outdoor.de,

weitere Informationen zur

Markenpartnerschaft, den

Qualitätskriterien auf der

Homepage der Allgäu GmbH

www.extranet.allgaeu.info

Jürgen Schmid (3.v.l.), Präsident derHwK Schwaben, übergibt gemeinsammit Franz Josef Pschierer (1.v.l.), Staats-sekretär im Bayerischen Staatsminis -terium für Wirtschaft und Medien, Ener-gie und Technologie, und Herbert Dachs(4.v.l.), Ver lags leiter Pressedruck GmbH,den 3. Preis an Willi Bihler (2.v.l.),Inhaber des Solar zentrums Allgäu

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»Wir gehen aufwärts«

soll vom Landkreis Ostallgäu über-nommen werden.Auch nach der erfolgten Gründungsind die noch fehlenden Kommu-nen des Landkreises sowie weitereinteressierte nichtkommunale In-stitutionen, Vereine, Verbände undPrivatpersonen dazu eingeladen,Mitglied im Verein zu werden. DieMitgliedschaft ist Voraussetzung,um bei der regionalen Entwicklungdes Landkreises mitentscheiden so-wie Mitglied im künftigen Ent-scheidungsgremium werden zukönnen.

Die Lokale Aktionsgruppe (LAG)Ostallgäu hat den Verein »bergauf-land Ostallgäu« aus der Taufe geho-ben. Der neue Verein ist Träger derregionalen Entwicklungsstrategieund verantwortlich für deren Um-setzung. Ziel ist die Unterstützungder nachhaltigen Entwicklung imLandkreis Ostallgäu. Neben demLandkreis selbst und 40 OstallgäuerKommunen sind auch zwölf nicht-kommunale Institutionen sowiezwei Privatpersonen unter denGründungsmitgliedern. Erster Vor-sitzender des Vereins ist JohannFleschhut als amtierender Landrat.Zum zweiten Vorsitzenden wurdeJürgen Schwarz, Geschäftsführerdes Bayerischen Musikrats, gewählt.Die Geschäftsführung des Vereins

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Die Mitglieder des neuen Vereins »bergaufland Ostallgäu« nehmen

die nachhaltige Entwicklung des Ostallgäus in die Hand

Vernetzt im Ostallgäu

Die 45 Gemeinden im LandkreisOstallgäu nutzen ab sofort das Geo-Informationssystem der FirmaRiwa aus Kempten zentral übereine Landkreislizenz. Das Systemvernetzt die kommunale Verwal-tung: Flächennutzungspläne, Ka-nal- und Wasserleitungsdaten, Bau-anträge oder Daten aus den Berei-chen Naturschutz und Denkmal-pflege werden so zeitgleich für alleaktualisiert. »Diese Neuerung wird

große Arbeitserleichterungen undschnellere Abläufe bringen und da-durch mehr Service für unsere Bür-ger«, sagte Fleschhut bei der Ver-tragsunterzeichnung. Der Landkreis Ostallgäu ist unterden ersten Landkreisen in Bayern,die die komplette Nutzung einessolchen Systems ermöglichen, umdie Zusammenarbeit zwischen Ge-meinden und Landratsamt schnel-ler und effektiver zu machen.

Johann Fleschhut und Geschäftsführer Günter Kraus unterzeichnen den Vertrag

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Energiewende zum Anfassen

meinsam mit dem StadtjugendringKempten geführte Ausstellungsbe-suche an. Zusätzlich gibt es dieMöglichkeit, die Führung mit ei-nem Workshop zu verbinden. Füh-rungen sowie Workshop sind eben-falls kostenlos. red

Noch bis 11. April ist die Leihaus-stellung »Energiewende« des Lan-desamtes für Umwelt im AÜW-In-focenter »Stadtsäge« in Kempten zusehen. Die Schau ist in die drei Be-reiche »Energie sparen«, »Energie-effizienz erhöhen« und »Erneuerba-

re Energien nutzen« gegliedert. AnMitmachstationen und Computer-terminals können Besucher selbstetwas ausprobieren, an Modellenwerden komplexe Zusammenhängeeinfach erklärt. Der Eintritt ist frei.Für Schulen bietet das AÜW ge-

Zwei Millionen für die Fachkräfte von morgen

Die Idee, eine Technikerschule zuerrichten, war bereits im September2012 geboren worden. Das Vorha-ben nahm Fahrt auf, als Grob-Seniorchef Burkhart Grob beim Besuch des bayerischen Minister-präsidenten Horst Seehofer imFrühjahr vergangenen Jahres über-raschend ankündigte, dem Land-kreis Unterallgäu zwei MillionenEuro für die Realisierung zur Ver-fügung zu stellen. Damit machteder Werkzeugmaschinenproduzentdeutlich, wie wichtig ihm der Aus-bau des Firmenstandortes in Min-delheim ist: Er brauche gut aus -gebildete Fachkräfte.

Im Februar wurde in Mindelheimder Spatenstich für die neue Techni-kerschule gesetzt. Noch in diesemJahr sollen die Schüler in das neueGebäude einziehen können. DerLandkreis Unterallgäu baut dieSchule auf dem Gelände der Berufs-schule. Gestartet ist die Technikerschulebereits im September 2013 – zu-nächst jedoch in Räumen der Be-rufsschule und der Firma Grob. Die Berufsschule Mindelheim be-treibt die Schule der Fachrichtung Maschinenbautechnik mit denSchwerpunkten Mechatronik undAutomatisierungstechnik.

Einen Scheck in Höhe von 2,25 Mil lionen Euro übergaben Christian Grob (zweiter von rechts) und German Wankmiller (links)

an Landrat Hans-Joachim Weirather (zweiter von links). Darüber freutesich auch Mindelheims Bürger meister Dr. Stephan Winter (rechts)

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Vorarlberg: Wie gut läuft meine Solaranlage?

ausgeschöpft ist. Gefördert wird derCheck für Anlagen Baujahr 2011und älter in allen Gemeinden derEnergieregion Vorderwald.So funktioniert’s: Interessierte mel-den sich unter www.energieregion-vorderwald.at oder bei ihrer Ge-meinde an. Der Check wird zu ei-nem vereinbarten Termin durchge-führt. Die Anlagenbesitzer erhaltenein ausführliches Protokoll und be-gleichen den Selbstbehalt von 20Euro vor Ort im Anschluss an denCheck. Wurden Mängel festgestellt,hat der Installateur anhand des Pro-tokolls einen schnellen Überblicküber das Ausmaß der anstehendenReparaturen.

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Energieregion VorderwaldDie acht Vorderwälder Gemeinden Doren, Hittisau,

Krumbach, Langenegg, Lingenau, Riefensberg,

Sibratsgfäll und Sulzberg haben sich im Frühjahr

2010 zur Energieregion Vorderwald zusammen -

geschlossen mit dem Ziel, gemeinsam die energie -

politische Zukunft des Vorderwaldes zu gestalten.

Die Region ist damit eine von knapp 100 Klima- und

Energiemodellregionen Österreichs. Unterstützt wird

die Energieregion Vorderwald zudem vom Energie -

institut Vorarlberg und vom Landesprogramm e5 für

energieeffiziente Gemeinden.

In der Regel werden kleine, aberfolgenschwere Fehler wie Frost -

schutzmängel von Anlagenbe -sitzern nicht entdeckt – acht

österreichische Gemeinden för -dern einen Check durch Profis

Anlagen verursachen. Bei rechtzei-tiger Behebung fallen dagegen nurwenige Euro an. Der Check imWert von 180 Euro wird von Ger-hard Ritter, Technisches Büro TBRitter in Andelsbuch, durchgeführt.Solaranlageneigentümer bezahlenlediglich 20 Euro Selbstbehalt, denRest übernimmt die Gemeinde –allerdings nur, bis das Förderbudget

Die Gemeinden der EnergieregionVorderwald fördern im Jahr 2014einen Solaranlagen-Check für Pri-vatbesitzer. Aus mehreren Untersu-chungen ging hervor, dass jede drit-te Solaranlage deutliche Mängel bezüglich Ertrag, Sicherheit undZuverlässigkeit aufweist. MancheMängel wie zu wenig Frostschutzkönnen erhebliche Schäden an den

InfoAusstellung EnergiewendeAÜW-Infocenter »Stadt -säge«, Illerstr. 12, KemptenÖffnungszeiten:Mo bis Do 8 bis 15.30 Uhr Fr von 8 bis 11.30 Uhr Infos unter Tel. 0831/2521-450 oder E-Mail:[email protected]

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Schnell bewerben: Auszeichnung für Solar-Pioniere

besonders vorbildlicher Weise dieEnergiewende vorantreiben. DerInnovationspreis wird in diesemJahr in den Kategorien »Photovol-taik« und »Solare Projekte« verge-ben. Erstmals wird zudem der elec-trical energy storage (ees) Awardunter dem Dach der Intersolar aus-gelobt, der herausragende Produkteund Lösungen im Bereich Materia-lien, Fertigung, Systemtechnik, Anwendungen, Zweitverwertungsowie im Recycling prämiert. Die Preisträger in den Kategorien»Photovoltaik« und »Solare Projek-te in Europa« sowie die Preisträgerdes electrical energy storage (ees)Award werden am 4. Juni auf derFachmesse Intersolar Europe inMünchen gekürt.

Mit dem Intersolar Award prämiertdie Intersolar Europe zum siebtenMal in Folge besonders innovative

Lösungen der Solarwirtschaft.Auch 2014 werden Unternehmenund Projekte ausgezeichnet, die in

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Die Intersolar Europe findet jährlich auf der Messe München statt. Sie ist die weltweit größte Fachmesse für die Solarwirtschaft

InfoUnternehmen, die sich für die Awards bewerben wollen, erhalten auf der Homepagewww.intersolarglobal.com/award weitere Informationen. Die Bewerbungsfrist läuft noch bis zum 28. März

Basisinformation für Fachleute und BürgerEnergieberater, Ingenieure, Archi-tekten und Handwerker, die sichprofessionell mit der Materie befas-sen – aber auch an betroffene Bür-ger, die an vertieften Informationeninteressiert sind. Die Internetadres-se: www.bbsr-energieeinsparung.de

Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt-und Raumforschung (BBSR) berätdas Bundesministerium für Ver-kehr, Bau und Stadtentwicklung(BMVBS) in technisch-wissen-schaftlichen Fragen der Energieein-sparung und wirkt kontinuierlich

an der Fortschreibung der energie-sparrechtlichen Vorschriften mit.Dieses Info-Portal stellt Informatio-nen und Materialien rund um dasEnergieeinsparungsgesetz und dieEnergieeinsparverordnung zur Ver-fügung. Es richtet sich vor allem an

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Mit Allgäuer Streue nach Wien

Akteure im Tourismus für dieRolle der Streuwiesenmahd zumErhalt des Landschaftsbildes

• Schaffung einer Marke Allgäu-streue/Heu

Die Allgäuer Landschaftspflege -verbände Ostallgäu, Oberallgäu,Unterallgäu und Lindau dürfen ihrProjekt auf dem europäischen Kon-gress »leader and biodiversity« am3. April in Wien vor einem interna-tionalen Publikum als best practiceproject vorstellen. Die Federfüh-rung lag bei der LEADER-RegionOstallgäu und beim Landschafts-pflegeverband Ostallgäu. Das Pro-jekt zeichnet sich dadurch aus, dasssich vier Landkreise dem Schutzeeines Lebensraumes »Streuwiesen«angenommen haben. Die Streuwiesen im Allgäu sind au-ßerordentlich artenreich – sowohlim Tier- als auch im Pflanzenbe-reich. Allerdings ist in den letztenJahren die Verwendung von Ein-streu im Stall zurückgegangen, so-dass die klassischen Streuwiesen

kaum mehr als solche extensiv ge-nutzt werden.Das Projekt zielt darauf ab, die Nut-zung der Streuwiesen im Allgäudurch die zeitgemäße Sicherungder Streuverwertung zu erhaltenund zu fördern. Im Rahmen desProjekts soll ein Handlungskonzeptfür die folgenden Maßnahmen-schwerpunkte erarbeitet und mitden Akteuren vor Ort abgestimmtund umgesetzt werden:• Etablierung der Streue als markt-

fähiges Produkt• Einrichtung einer Anlaufstelle für

die Vermarktung von Streue alsStrohersatz

• Information der Landwirte überEigenschaften und Einsatzmög-lichkeiten der Streue

• Sensibilisierung der Bevölkerung,der Entscheidungsträger und der

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InfoWeiterführende und

detaillierte Informationen

finden Sie unter folgenden

Links:

www.allgaeuer-

moorallianz.de

www.idee.natur.de

www.streue.de

Streuwiesen sind besonders artenreich.Hier eine Ansammlung »Blutströpfchen«

Von Müllmythen und PlastikmeerenSeit Februar gibt es die neue Unter-allgäuer Umweltzeitung 2014. Aufzwölf Seiten bietet sie allerhandServicethemen wie die Sammel -termine für Gartenabfälle undSchadstoffe, Öffnungszeiten derWertstoffhöfe sowie die Terminezur Leerung der kommunalen Altpapiertonne. Darüber hinausenthält die Umweltzeitung Infor-mationen zur Entwicklung derRestmüllmenge nach Einführungdes Gelben Sackes sowie zur Ver-schmutzung der Meere durch Plas -

tikabfälle und die diesbezüglichenFolgen. Die Broschüre informiertüber die Behandlung kommunalerAbfälle in Deutschland und Eu -ropa, und es wird mit klassischenMüllirrtümern aufgeräumt. WelcheWertstoffe an welchem Wertstoff-hof entsorgt werden können, er-fährt man in der aktuellen Ausgabeebenso wie Wissenswertes zurRestmüll-, Biomüll- und Altpapier-tonne.Die Umweltzeitung liegt bei allenWertstoffhöfen und Gemeinden im

InfoInformationen rund um die richtigeAbfallentsorgung findet man auchim Internet unterwww.unterallgaeu.de/abfall

Unterallgäu und im Landratsamtzur kostenlosen Mitnahme aus. Unter www.landratsamt-unterall-gaeu.de/buergerservice/abfallent-sorgung/umweltzeitung.html kannman sämtliche erschienenen Aus-gaben herunterladen.

Mage Solar weiter auf der Sonnenseite

generative Energien seine Markt-stellung behalten und weiter aus-bauen. Mage Solar ist einer der führendenAnbieter von Photo voltaik-Systemkomponenten für Wohn-,Gewerbe- und Nutzgebäude.

Der Photovoltaik-Spezialist MageSolar AG mit Sitz in Ravensburghat seine vor mehreren Monatenbegonnene Sanierung erfolgreichabgeschlossen und das operativeGeschäft Ende des vergangenenJahres auf die Mage Solar GmbH

übertragen. Die Mage Solar GmbHist ein Tochterunternehmen derSchulz Group GmbH mit Stamm-sitz in Tettnang.Durch die strategische Neuaus-richtung soll das Unternehmen imGeschäftsbereich Cleantech & Re-

InfoMage Solar GmbH An der Bleicherei 1588214 RavensburgTel. +49 (0)751/56017-0Fax +49 (0)751/56017-10 E-Mail: [email protected]

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Bundesländerportal in neuer Optik

Schwächen voneinander lernen«,kommentiert Philipp Vohrer, Ge-schäftsführer der Agentur für Er-neuerbare Energien, die Erweite-rung des Portals.

Klima schützen kann jeder

Wissen eben nicht mit erhobenemZeigefinger, sondern spielerisch zuvermitteln. Wichtig war es den Organisatorenauch, den Schülern zu zeigen, in-wiefern sie persönlich von den Wir-kungen eines Klimawandels betrof-fen sein können. Insgesamt besich-tigten weit mehr als 600 Besucherdie Ausstellung, was Klimaschutz-beauftragter Johannes Fischer alsvollen Erfolg wertet.

Die beendete Ausstellung »Klimaschützen kann jeder!« im Landrats-amt Ostallgäu werten die Organisa-toren als vollen Erfolg. Unter ande-rem 20 Schulklassen besuchten dieAusstellung und informierten sichüber Beiträge zum Klimaschutz, diejeder Einzelne im Alltag leistenkann. Hoch erfreut zeigte sich auchLandrat Johann Fleschhut über diepositive Resonanz an den Schulen:

»Klimaschutz beginnt mit kleinenSchritten im Alltag. Vieles davonkann jeder von uns ganz leichtumsetzen.« Zum Beispiel mit demFahrrad statt mit dem Auto zuSchule und Sport fahren oder aufden Standby-Modus bei Elektro -geräten verzichten. Gerade dieseoft kleinen Tipps für den Alltagnahmen die Schüler begeistert ausder Ausstellung mit. Ziel der Wan-derausstellung ist es dabei, das

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InfoDas Projekt Föderal-Erneuerbar

bietet mittels einer Online-Daten -

bank so wie verschiedener Publika -

tionen und Veranstaltungen einen

Überblick über die Energiewende

in den Bundesländern. Die kon ti -

nuier lich aktu ali sier ten Daten werden in Zusammenarbeit mitdem Zentrum für Sonn ener gieund Wasserstoff forschung (ZSW)Baden-Württem berg recher -chiert und aufbereitet. DasProjekt ist gefördert von derBundes regierung.

gangs der Energiewende auf Län-derebene ist auf dem überarbeite-ten Portal auch ein neuer Bereichzu finden, in dem beispielhafteProjekte aus Erneuerbare-Ener-gien-Forschung und -Anwendungdargestellt werden. »Die Energie-wende ist ein Projekt der Vielfalt:Unterschiedliche Regionen, Ener-gieträger und Sektoren müssenverbunden und in Einklang ge-bracht werden. Da ist es sinnvoll,wenn die Länder mit ihren ganzunterschiedlichen Stärken und

Das Bundesländerportal der Agen-tur für Erneuerbare Energien (AEE),www.foederal-erneuer bar.de, bietetnun neben den gewohnten Datenund Fakten zum Fortgang derEnergiewende in den Ländern auchBest-Practice-Beispiele aus den ver-schiedenen Regionen. Das gesamtePortal wurde dabei auch optischüberarbeitet, die aufgeführten Sta-tistiken wurden auf den neuestenStand gebracht.Neben den bisherigen Daten undFakten zum Monitoring des Fort-

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Wasserkraft

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Die Elektrizitätswerke Reutte GmbH & Co.KG (EWR) beliefern im Allgäu den Altland-kreis Füssen (Füssen, Pfronten, Schwangau,

Rieden, Seeg, Hopferau, Eisenberg und Teile vonRückholz und Lengenwang), ca. 22.000 Kunden, direktmit elektrischer Energie. Mit einem Anteil von 73 Pro-zent an Erneuerbaren Energien im Unternehmensmixliegt EWR bayernweit (ausgenommen reine Ökopro-duktkennzeichnung) im Spitzenfeld.

EWR erzeugt mit dreizehn Wasserkraftwerkenund drei Photovoltaikanlagen jährlich ca. 165.000.000kWh Strom aus reiner Wasserkraft, dies entspricht ca.30 Prozent der gesamten Stromaufbringung. Die rest-lichen Energiemengen werden hauptsächlich mit Zu-käufen aus Wasserkraft gedeckt.

Der größte Vorteil der Energiegewinnung ausWasserkraft liegt darin, dass das Wasser zu 100 Pro-zent als Rohstoff erhalten bleibt. Es entstehen keineAbfall- oder Nebenprodukte, die der besonderenReini gung oder Endlagerung bedürfen. Wasser ist wieSonne und Wind dauerhaft verfügbar und somit un-abhängig von unvorhersehbaren Preissteigerungen,wie das bei den fossilen und atomaren Energieträgernoft der Fall ist. Außerdem fällt bei der Stromerzeugungkein zusätzliches CO2 an, daher ist diese Energie klimaneutral.

Auch die Regionalität hat große Vorteile: Erneu-erbare Energien bringen Wertschöpfung vor Ort. Ge-winne werden direkt wieder in der Region investiert.So entstehen langfristig neue Arbeitsplätze.

Verbesserungen für die FischeEWR will neue Fischaufstiegshilfen und Restwas-

serkraftwerke an der Wehranlage Höfen und amKraftwerk Kniepass errichten. Die EWR-AbteilungBau und Infrastruktur und die Abteilung Erzeugungsind bereits seit einiger Zeit dabei, die Eingabeplänefür die erforderlichen Genehmigungen auszuarbeiten.Im Falle der Wehranlage Höfen/Ehenbichl wurde das Projekt für die wasserrechtliche Bewilligung schon eingereicht. Das naturschutzrechtliche Projektbefindet sich derzeit noch in Ausarbeitung. Es gestaltetsich schwierig, da sich sämtliche Bauarbeiten und die zu errichtenden Bauteile im Natura-2000- Gebietbefinden.

Neben der Fischaufstiegsanlage wird zusätzlichein Restwasserkraftwerk errichtet, um die Erzeu-gungsverluste, die durch die notwendige Abgabe vonRestwasser in die Ausleitungsstrecke entstehen, zu-mindest in einem geringen Umfang zu kompensieren.Gleichzeitig mit diesen Bauarbeiten werden die Wehr-felder auf der Höfener Seite aufgeweitet, da es in derVergangenheit bei Hochwassern immer wieder zuVerklausungen gekommen ist. Neben den ökologi-schen Verbesserungen sorgt EWR damit zusätzlich füreine Erhöhung der Hochwassersicherheit in diesemFlussabschnitt.

Energie aus Wasser gewinnen – das konnten schon die alten Römer. Noch heute ist die Wasserkraft von Bedeutung. Die absehbare Endlichkeit der fossilen Brennstoffe sowie das Restrisiko bei der Atomkraftnutzung habendiese natürliche Energiequelle wieder ins Zentrum des Interesses gestellt.Auch oder gerade im Grenzbereich zwischen Tirol und dem Allgäu.

Strom kennt keine GrenzenNeue Planungen der E-Werke Reutte

Oben: das Kraftwerk Kniepass der Elektrizitätswerke Reutte.Unten: die Wehranlage in Höfen. Elf weitere Kraft werke nennt EWR sein Eigen

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39allgäuALTERNATIV

Die Bohrarbeiten werden mit diesem riesigen Bohrwerk im Stollen bewerkstelligt. Bis zu 60 Meter pro Tag kommt die Bohrung am Projekt Stanzertal voran

Foto

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Die Fische nehmen den Lift

Die Planungsarbeiten für die Fischaufstiegsanla-ge und die Restwasserabgabe am Kraftwerk Kniepasssind derzeit noch im Gange. Aufgrund der sehr beengten Platzverhältnisse und der Höhe der Wehr-anlage kann an dieser Stelle kein standardisierterFischaufstieg errichtet werden. EWR befindet sich mitdiesem Projekt seit langem in einem genauen Abstim-mungsprozess mit der zuständigen Behörde. Es ist dieErrichtung einer sogenannten »Fischschleuse« bzw. eines »Fischliftes« geplant. Diese technische Lösungbefindet sich derzeit in Ausarbeitung und wird bei der Behörde zur Genehmigung eingereicht. Das Konzept selber wurde in Zusammenarbeit mit derEWR-Planungsfirma erarbeitet. Dazu kann dem-nächst mehr berichtet werden. Gleichzeitig mit derUmsetzung dieser Maßnahmen ist auch vorgesehen,die Wehranlage am Kniepass um ein drittes Wehrfeldzu erweitern.

Wasserkraftwerk StanzertalEs ist ein Meilenstein in der Energiewende, den

die Elektrizitätswerke Reutte mit ihrer Beteiligung amWasserkraftwerk Stanzertal gesetzt haben. Dieses Pro-jekt stellt auch eine besondere technische Herausfor-derung dar. Das Stanzertal führt in Ost-West-Rich-tung vom namensgebenden Stanz bei Landeck, wo esin den Talkessel von Landeck mündet, bis St. Antonam Arlberg. Dabei stellt es die geradlinige Fortsetzungdes Inntals Richtung Westen dar. Durchflossen wirdes von der mittleren und unteren Rosanna, die sichzwischen Strengen und Tobadill/Pians mit der Trisan-

na aus dem Paznauntal zur Sanna vereinigt und inLandeck in den Inn mündet.

Es ist vorgesehen, im Durchlauf betrieb ohne Un-terbrechung in verschiedenen Teil abschnitten auf ei-ner Länge von 3800 Metern einen Stollen von rundvier Metern Durchmesser zu bauen. Der Druckstollenwird mit einer Tunnelvortriebsmaschine unter Tagevorgetrieben. Der Start der Fräse erfolgte im August2013. Bis Anfang November waren bereits über 2000Meter Druckstollen ausgebrochen. Spitzenleistungenmit über 60 Metern pro Arbeitstag sind dabei keineSeltenheit. Im Einlaufbereich und Krafthausbereichwerden insgesamt rund 1500 Meter im konventionel-len Sprengvortrieb aufgefahren.

Durch die Nutzung der Rosanna werden mit 52Millionen Kilowattstunden 15.000 Haushalte mitStrom aus Wasserkraft versorgt. Die Inbetriebnahmedes Wasserkraftwerkes Stanzertal ist im Oktober 2014vorgesehen. Auch dieses Projekt zeigt, dass die EWReine weitere wertvolle Maßnahme im Sinne derEnergie wende getätigt haben, die all ihren Stromkun-den zugute kommt.

EWR – das UnternehmenDie gesamte Firmengruppe Reutte Holding

AG beschäftigt rund 450 Mitarbeiter in

diversen Unternehmensbereichen, davon ca.

300 bei EWR mit 70 Angestellten in Bayern.

Von großer Bedeutung ist die Stromversor-

gung. Mit Ausnahme des Tannheimer Tals

werden das gesamte Außer fern und der

Altlandkreis Füssen (insgesamt ca. 37.500

Kunden) mit EWR-Strom ver sorgt. Weitere

Firmenbereiche sind neben der Strom -

versorgung und Elektro installation auch

die Erdgas- und Wasser versorgung.

Nähere Informationen erhalten Sie unter

www.ewr.at

Oben links das Foto des Tales mit Wasserfassung und derSituierung des Krafthauses, oben rechts eine Visualisierungdes zukünftigen Wasserkraft-werkes

Krafthaus

Wasser -fassung

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Wasserkraft

allgäuALTERNATIV

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Die Planung eines weiteren Wasserkraftwerkes an der Ostrachlässt die Gemüter im Tal hochschwappen. Denn das angedachte»Bürgerkraftwerk Älpele« liegt im Naturschutzgebiet und berührt die idyllische Klamm »Eisenbreche«. Dieser Bereich ander Ostrach war schon einmal Ziel der Stromerzeuger. 2001hieß das Projekt Eisenbreche, heute Älpele. Während der BundNaturschutz auf die damals ins Feld geführten Argumente ver-weist, die zur Ablehnung führten, geben die Befürworter neueBegründungen fürs »Älpele« an.

Älpele oder Bergsteigerdorf?Im Hintersteiner Tal scheiden sich die Geister

Eine aus der Gemeinde, den Grundstückseigen-tümern und dem E-Werk Hindelang beste-hende Planungsgesellschaft Kraftwerk Älpele

mbH hat die erforderlichen Genehmigungen für einneues Wasserkraftwerk im Dezember 2013 beim Land-ratsamt Oberallgäu, der Unteren Naturschutzbehörde,

beantragt. In einer Bürgerinformation im Februar hoff-ten die Vertreter der Planungsgesellschaft auf eine Genehmigung Mitte 2014. Würde es keine Klagengegen das Vorhaben geben, könnte schon 2017 mit derFertigstellung gerechnet werden. Im Falle der Verwirk-lichung könnte die Anlage 8,5 bis 9 Millionen Kilo -wattstunden Strom erzeugen und damit etwa ein Dritteldes örtlichen Jahresbedarfes abdecken. Das Einlaufbau-werk würde in einen vorhandenen Felsriegel derOstrach integriert, sodass ein nur wenig sichtbarer klei-ner künstlicher Querbau errichtet werden müsste. Ineiner durchgehend unterirdisch und teilweise in einemStollen verlegten Leitung kann das Wasser zum kom-pakten Turbinenhaus weit unterhalb des Naturdenk-mals »Eisenbreche« geleitet werden. Der Stollen würdeauf 488 Metern Länge durch eine Viehweide unterhalbdes Älpele in einem Graben unterirdisch verlegt und

Alpweiden entlang der Ostrach prägen die Natur zwischen dem geplanten Einlassbauwerk und dem Krafthaus

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41allgäuALTERNATIV

anschließend ein einem verpressten Stollen (724 Meterlang) unterirdisch vorangetrieben. Die letzten 83 Metervor dem Krafthaus würden wieder unterirdisch vergra-ben. Das neue Krafthaus käme auf einer vorhandenenFreifläche zu stehen, wo keinerlei zusätzliche Eingriffein die Natur erforderlich sind.

Die bisherigen Planungen sehen vor, dass in derOstrach im Winter mehr als 750 Liter pro Sekundeverbleiben. Im Sommer sollen es maximal 1500 Litersein. Erst ab diesen Restwassermengen kann dann das Ostrachwasser für die Energieerzeugung genutztwerden.

»Trotz dieser Zugeständnisse an die Ökologie,die mehr Wasser in der Ostrach fließen lassen, ist das Projekt immer noch wirtschaftlich«, versichert Dr. Jochen Damm von der Planungsgesellschaft,gleichzeitig Chef der Elektrizitätswerke Hindelang.

Technische Daten des Kraftwerks Älpele nach derzeitigem PlanungsstandAusbauwassermenge: 5,3 Kubikmeter pro Sekunde/4,3 MW.

Einbau von drei Francis-Turbinen: zwei mit einer Leistung von 2,25 Kubikmetern/Sekunde

(je 1,83 Megawatt/Stunde) und eine Turbine mit 0,8 Kubikmetern/Sekunde (0,64

Megawatt/Stunde).

Restwasserabfluss im Sommer 1500 Liter/Sekunde, im Winter 750 Liter/Sekunde.

Fallhöhe ca. 100 Meter.

Jahresleistung ca. 8,5 bis 9 Millionen KWh – das bedeutet, dass Bad Hindelang mit der

Leistung des Bürger kraftwerkes theoretisch zu 100 Prozent aus regenerativen Energien

versorgt wäre.

Volllast-Nutzungsdauer: 2090 Stunden.

Der erzeugte Strom reicht aus zur Versorgung von 2700 Durchschnitts-Haushalten

und spart zwischen 4 und 4,5 Millionen Kilogramm CO2 ein.

Fassungsbauwerk

Druckleitung

erdverlegt –488 m

erdverlegt –

83 m

Stollen /Vorpressung – 724 m

Krafthaus

Auf dieser Fläche soll das Krafthaus entstehen. Das bestehende Wasserkraftwerk (Holzhütte) Taufersbach wird in das neue Krafthaus integriert

Die schematische Darstellung des Leitungsverlaufes, zum Teil erdverlegt, zum Teil als Stollenvortrieb

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42 allgäuALTERNATIV

2090 Stunden (entspricht 87 Tagen im Jahr) könnenach den Untersuchungen der Planer das Kraftwerkunter Volllast laufen. Dies ist natürlich ein theoreti-scher »Messwert« und bedeutet nicht, dass die Turbineden Rest des Jahres stillsteht. Sie erreicht nur meistnicht die maximale Leistung.

Der Verein Sonnenwende hakt hier ein: »Für dasOKG-Kraftwerk in Vorderhindelang wurde eine Rest-wassermenge von 640 Litern pro Sekunde festgesetzt,obwohl das Einzugsgebiet der Ostrach an dieser Stelle126 Quadratkilometer umfasst, am Älpele dagegen nur40 Quadratkilometer. Ein Blick von der Vorderhinde-langer Brücke kann also eine deutliche Vorstellung da-von geben, wie viel Wasser auch bei niedrigstem Standdie Eisenbreche oberirdisch passieren wird. Wir hoffensehr, dass im Rahmen des anstehenden Genehmi-gungsverfahrens nicht – wie so häufig – der Umwelt-schutz gegen den Naturschutz ausgespielt wird.«

Ein wichtiger Gesichtpunkt aus Sicht der Ge-meinde Bad Hindelang und der Beteiligten ist die breit

angelegte Bürgerbeteiligung. Neben ihrer eigenen Be-teiligung wird die Gemeinde sicherstellen, dass Ein-heimische nicht nur als Darlehensgeber partizipierenkönnen, sondern auch am erwirtschafteten Ertrag beteiligt werden. Die Finanzierung durch örtlichePartner ist sichergestellt. Das Projekt bietet neben derweiteren Schaffung regionaler Wertschöpfung eineChance, das Ziel der Versorgung von Bad Hindelangmit ausschließlich regenerativ erzeugtem Strom zu er-reichen. Das hat auch den Gemeinderat bewogen, im Februar einstimmig, mit 17:0 Stimmen, für das Vor-haben zu votieren.

Soweit die rein technischen Aspekte des geplan-ten Älpele-Kraftwerkes. Damit die Planungsgesell-schaft nicht mit dem Projekt scheitert wie seinerzeitdas Kraftwerk Eisenbreche, wurden diesmal intensiveUntersuchungen in Sachen Fauna und Flora ange-stellt. Dr. Jochen Damm und sein Team haben aus-führliche naturschutzfachliche Gutachten erstellenlassen und nach eigenen Angaben das Soll an Natur-schutz-Ausgleichsmaßnahmen weit übertroffen.

Zwei Maßnahmen stehen dabei im Vorder-grund: Eine große betroffene Alpfläche wird zukünf-tig von jeder Düngung ausgenommen, und im fla-chen Fließ bereich unterhalb der Ausleitung wird einFlachwasserbereich angelegt, der sich nach einigerZeit mit Kleinlebewesen und Jungfischen besiedelnsoll. Die Umweltverträglichkeitsprüfung wurde zu-sammen mit der Planung bei der Unteren Natur-schutzbehörde eingereicht.

Der Gesetzgeber schreibt bei Eingriffen in sensi-ble Naturbereiche vor, dass Ausgleichsmaßnahmen zuerfolgen haben. Die Planungsgesellschaft Älpele bean-sprucht beim Bau der Anlagen eine Fläche von 1,72ha. Dauerhaft werden nach dem Bau 0,37 ha weiter ge-nutzt. Nach dem Gesetz müssen dafür 0,92 ha ausge-glichen werden. Die tatsächliche Ausgleichsfläche be-trägt aber 7,34 ha. Davon sind direkt anrechenbar 3,12 ha Fläche. Damit übertreffen die Planer die Vor-gaben des Gesetzes um ein Vielfaches.

Letztlich bleibt auch der Erlebnischarakter desNaturdenkmals Eisenbreche als Klamm erhalten, denndie Restwassermenge reicht immer noch aus, den Be-suchern diesen Eindruck zu vermitteln.

Die Planer sind sich sicher, diesmal wirklich alleGesichtspunkte beachtet und den Eingriff in Land-schaft, Tier- und Pflanzenwelt so gering wie möglichgehalten zu haben. Dies ist Voraussetzung für eine positive Entscheidung der Unteren Naturschutzbehör-de, die eine Ausnahme nach dem Naturschutzgesetzzulassen muss. Dr. Damm: »Der Alpenverein, SektionImmenstadt, der für das Gebiet zuständig ist, hat an-gekündigt, keine Rechtsmittel einzulegen.« Allerdingswurden bereits Stimmen laut, Hinterstein das ange-strebte Prädikat »Bergsteigerdorf« zu versagen, wenndas Bürgerkraftwerk kommt.

Beteiligungen am ÄlpeleGemeinde Bad Hindelang: 22 Prozent (vertritt 4900 Bürger)WWG Bad Oberdorf: 29 Prozent (90 Mitglieder)Galtalpe Erzberg: 10 Prozent (269 Mitglieder)Elektrizitätswerke Hindelang: 39 Prozent (342 Mitglieder)Kein Investor von außerhalb des Tales

Wasserkraft

Ganz oben eine Animationdes Einlassbauwerkes. Da -

runter die schematischeDarstellung des Krafthau -ses mit integriertem Tau -

fersbach-Wasserkraftwerk

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Energiekonzept

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KurzinfoDie Standpunkte und das

Konzept des Vereines

Sonnenwende Hindelang e.V.

finden Sie im Internet unter

www.sonnenwende-

hindelang.de

Der Verein Sonnenwende stellt im letzten Mit-teilungsblatt an die Gemeindebürger die Situation so dar: »In Deutschland wurde die

Energiewende eingeleitet, deren Umsetzung mittler-weile in vielen Bereichen ins Stocken geraten ist. Gestritten wird insbesondere über die Notwendigkeitund die Dimensionen neuer Stromleitungen, die Finanzierung der Anbindungskosten riesiger Off-shore-Windkraftwerke und die künftige Gestaltungder Einspeisevergütung. Auf der Ebene des Regiona-len Planungsverbandes zeichnet sich jetzt ab, dasswegen exzessiver Anwendung des St.-Florian-Prinzipsbei Weitem nicht die zur autarken regenerativenStromversorgung notwendige Zahl von Windräderngebaut werden kann.«

Die Folgen für das Hindelanger Tal sieht Sonnen-wende so: »Zur Verwirklichung des HindelangerEnergiekonzeptes muss nicht nur die Stromerzeugung,sondern auch der für Heizung und Verkehr erforder-liche Energiebedarf grundlegend verändert werden.Die Analyse geht von einem Gesamt-Energiever-brauch in Bad Hindelang in Höhe von 153.000 MWhpro Jahr aus, der realistischerweise durch Sparmaß-nahmen auf 101.000 MWh reduziert werden kann.Unsere Einflussmöglichkeiten auf den Energiever-brauch im Sektor Verkehr sind hierbei beschränkt.Beim Sektor Heizung gewinnen wir derzeit 36 Prozentaus erneuerbaren Energien, hauptsächlich aus Holzund Solarthermie. Wenn wir es schaffen, möglichstviele Häuser mit Wärmedämmung auszustatten undgleichzeitig die noch vorhandenen Potenziale aus Holzund oberflächennaher Geothermie zu nutzen, kön-nen wir im Heiz-Bereich mehr als die für uns erfor-derliche Energie-Menge ohne Verbrennung von Öl,Erdgas oder Kohle erzeugen. Die Errichtung von Nah-wärme-Inseln in den Ortskernen ist eine wesentlicheVoraussetzung dafür, dass dieses Ziel erreicht werdenkann.«

Am besten sieht die Lage im Sektor elektrischeEnergie aus, stellt der Verein Sonnenwende fest. »Hierkonnte sich Bad Hindelang im Jahr 2012 bereits zu 73Prozent aus regenerativen Quellen selbst versorgen.

Der Anteil der Photovoltaik ist auf über sechs Prozentgestiegen – wer von den selbsternannten Energie-Spezialisten hätte das vor zehn Jahren für möglich ge-halten? Die Verwirklichung des Wasserkraftwerks imHintersteiner Tal würde bereits unsere rechnerischeEigenversorgung gewährleisten. Eine Untersuchunghat ergeben, dass weitere sieben Millionen Kilowatt-stunden jährlich erzeugt werden könnten. Hierbei istdas geplante Bürgerkraftwerk Älpele noch gar nichtberücksichtigt.«

Weiter heißt es im Info-Blatt der Sonnenwende:»Wenn der Anteil an regenerativen Energieträgerngrößer wird, steigt auch der Anteil der regionalenWertschöpfung, und das Geld bleibt im Tal. Die Son-nenwende Hindelang wird die Gemeinde auf ihremanspruchsvollen Weg konstruktiv begleiten und erfor-derlichenfalls auch die notwendigen Schritte rechtzei-tig einfordern!« Diese Veröffentlichungen des VereinesSonnenwende, zumindest die 73 Prozent aus regene-rativen Energien und die sieben Millionen Kilowatt-stunden zusätzliche Energie, werden von Dr. JochenDamm von den Hindelanger Elektrizitätswerken an-gezweifelt, denn nicht alle angeschlossenen Anlagensind auf akzeptablem Niveau oder einfach zubaubar.

Der Marktgemeinderat Bad Hindelang hat sich in dem jetzt verabschiedeten Energiekonzeptdas Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 die vollständige CO2-Neutralität zu erreichen. Der Verein»Sonnenwende Hindelang e.V.« hält das Ziel trotz der schlechten nationalen Situation für er-reichbar, wenn bei Dämmung, Solarenergie, Heizung, Verkehr, Geothermie und Wasserkraftim Tal Fortschritte erzielt werden. Aber gerade bei der Wasserkraft scheint es zu hapern.

Die Suche nach dem WegBad Hindelang will CO2-neutral werden

Streitpunkt: Bekommt das Na -tur denkmal Eisenbreche nochgenügend Wasserdurchfluss?

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Bund Naturschutz

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Schweres Geschütz dagegenKeine Ausnahme im Naturschutzgebiet

KurzinfoDie Stellungnahme des

Bundes Naturschutz gegen

das Wasserkraftwerk Älpele

ist im Internet komplett

nachzulesen unter:

www.eisenbreche.de

Das beantragte Projekt ist nicht genehmi-gungsfähig, weil es gegen die Verbote derNaturschutzgebietsverordnung und der Ver-

ordnung zum Schutz des Naturdenkmals Eisenbrecheverstößt und so eine Befreiung aus rechtlichen Grün-den nicht in Betracht kommt. Das Projekt verstößt inmehrfacher Hinsicht gegen die Erhaltungsziele desFauna-Flora Habitat-Gebietes (FFH).« Der Bund Naturschutz sieht keine Chance, dass die Untere Naturschutzbehörde die Ausnahme vom Bundes -naturschutzgesetz erteilen kann. Grundsätze des Na-turschutzgesetzes und des Wasserhaushaltsgesetzesstehen seiner Meinung nach dagegen.

Die Naturschützer verweisen auf die Ablehnungdes Projektes Eisenbreche aus den Jahren 1999 und2001. Zudem führt der Bund Naturschutz ein ver-gleichbares Vorhaben einer geplanten Wasserkraft -anlage »Wasserkraftwerk Buchrain« an der Stillach(Oberstdorf) im gleichen NSG und FFH-Gebiet, nurauf der anderen Seite der Berge, als Beispiel an. Hierlehnte die Regierung von Schwaben 2009 eine natur-schutzrechtliche Befreiung ab. »Diese Fließgewässermit einem hohen Maß an Natürlichkeit stellen dasökologische Rückgrat des Naturschutzgebietes dar;von ihnen und ihrem Zustand wird das ökologischeRegime eines weiten Umfeldes bestimmt«, zitieren dieNaturschützer und erkennen für das Projekt Älpele diegleichen KO-Argumente.

Eine andere Betrachtungsweise, verursacht durchneue energetische Überlegungen, lassen die Vertreter

des Bundes Naturschutz nicht zu: »Durch die Energie-wende und ministerielle Energiekonzepte ändert sichan der Beurteilung des öffentlichen Interesses unddem Vorrang des Erhaltes der letzten Reste natürlicherFließgewässer nichts. Ein Wasserkraftwerk in der Ei-senbreche ist naturschutzrechtlich nicht genehmi-gungsfähig, der Antrag ist abzulehnen.«

Auch vorsorglich wollen die Naturschützer diePläne für das Bürgerkraftwerk Älpele mit allen Mit-teln, also auch mit Klagen, bekämpfen. Es sollen nichtin anderen FFH- und Naturschutzgebieten im Alpen-raum ähnliche Vorhaben geboren werden: »Wie sollendie natürlichen Fließgewässer – 'das ökologischeRückgrat' des Naturschutzgebietes, und Natura 2000vor der Zerstörung durch weitere Anträge gesichertwerden, wenn einem Investor die Zerstörung der Ei-senbreche erlaubt würde?«

Es prallen also sehr unterschiedliche Sichtweisenaufeinander. Die Entscheidung über eine Ausnahme-genehmigung durch die Untere Naturschutzbehördedarf mit Spannung erwartet werden.

Der Bund Naturschutz hältdas Naturdenkmal Eisen -

breche (Bild oben) und denLauf der Ostrach (Bild

unten) für stark bedroht

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Der Bund Naturschutz (BN) lehnt das geplante Bürgerkraftwerk Älpele nachdrücklich ab und erhebt massiveEinwendungen gegen die Erteilung derwasserrechtlichen Bewilligung sowie diePlanfeststellung. Die Einwendungen vonDr. Christine Margraf und Björn Reicheltvom BN füllen einen ganzen Ordner. Indieser Stellungnahme wird im Detail aufdie befürchtete Störung von Landschaft,Tier- und Pflanzenwelt eingegangen.

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allgäuALTERNATIVRegionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz

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Windenergie

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Für das Erreichen der Ausbauziele der Wind -energie im Binnenland wird es in Zukunft entscheidend sein, dass Windkraftanlagen auch

an »schwierigen« Standorten in Wald-, Hoch- undKammlagen betrieben werden können. Solche Standortestellen die Hersteller von Windenergieanlagen aufgrundder meteorologischen Besonderheiten und komplexenBetriebsbelastungen jedoch vor große Herausforderun-gen. Vor diesem Hintergrund hat sich der Verbund»WindForS« zum Ziel gesetzt, die Wirtschaftlichkeit derWindenergienutzung in komplexem, bergigem Geländekontinuierlich zu verbessern und gleichzeitig den öko-logischen und landschaftlichen Aspekten gerecht zuwerden. Dazu sollen technische und nicht-technischeLösungen für die Windkraftnutzung an topologisch an-spruchsvollen Standorten entwickelt werden, zu denenauch die bergigen Regionen Süddeutschlands zählen.

Gebündelte Kompetenzen

An dem Forschungscluster beteiligt sind die Uni-versität Stuttgart, das Karlsruher Institut für Techno-logie, die Universität Tübingen, die TU München, dasZentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-For-schung sowie die Hochschulen Aalen und Esslingen.Hauptaufgabe der Geschäftsstelle ist es, weitere For-schungsvorhaben des Windenergienetzwerkes auf na-tionaler und internationaler Ebene anzustoßen. Geleitetwird sie von Andreas Rettenmeier, der seit 2004 amStiftungslehrstuhl Windenergie der Universität Stuttgarttätig ist und »WindForS« maßgeblich mit initiierte.

Konzept für ein TestfeldAktuell startete das zweite vom Bundesumwelt-

ministerium geförderte »WindForS«-Forschungsvor-haben mit dem Kurztitel KonTest. Das Ziel des Ver-bundvorhabens mit einer Laufzeit von zwei Jahren istdie Konzeption eines süddeutschen Windenergietest-feldes in bergig-komplexem Gelände. Dies umfasst ne-ben der grundlegenden Konzipierung auch die Suchenach einem Standort in Baden-Württemberg oderBayern. Auf Basis der Ergebnisse und Erkenntnissesoll im Anschluss ein Testfeld in bergig-komplexemGelände entstehen. Neben meteorologischen Messmas -ten sollen auf dem Testfeld ein bis zwei Forschungs-windenergieanlagen der 600- bis 900-Kilowatt-Klassemit Rotordurchmessern von etwa 40 bis 80 Metern er-richtet werden. Diese dienen der Vorbereitung, Erpro-bung und Validierung neuer Technologien hinsicht-lich Materialien, Konstruktionsweisen, Aerodynamik,Lastenkontrolle, Lärmreduktion, Fertigungstechnik,Betriebsführung, Messtechnik und Monitoring. Wei-tere Untersuchungen gelten der Speicherung und derNetzintegration. Themen der landschaftsästhetischenund ökologischen Begleitforschung werden, nicht zu-letzt aus den Erfahrungen im Offshore-Testfeld »alphaventus«, als sehr wichtig angesehen und ebenfalls inder Konzeption sowie im späteren Betrieb des Test -feldes von Bedeutung sein.

Die Nutzung der Windkraft in bergigen Regionen steht im Mittelpunkt des süddeutschenWindenergie-Forschungsclusters »WindForS«. Jetzt stellt das Wissenschaftsministerium desLandes Baden-Württemberg über eine Laufzeit von drei Jahren Mittel zur Einrichtung einerGeschäftsstelle an der Universität Stuttgart bereit. Mithilfe der Anschubfinanzierung sollendie Aktivitäten des Netzwerkes weiter professionalisiert und die geplanten Ziele angegangenwerden. Die Geschäftsstelle soll unter anderem als zentrale Anlaufstelle für ein geplantesTestfeld im süddeutschen Raum fungieren und dessen Realisierung vorantreiben.

Windkraft für Bergregionen»WindForS« startet ein Forschungsvorhaben

Wer ist »WindForS«?Die Universitäten Stuttgart und Tübingen, die

Technische Universität München, das Karlsru-

her Institut für Technologie, die Hochschulen

Aalen und Esslingen sowie das Zentrum für

Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung

Baden-Württemberg bündeln im Netzwerk

»WindForS« ihre Kompetenzen auf dem Ge -

biet der Windenergieforschung. Die Mitglie -

der des Netzwerkes werden sowohl in der

Forschung als auch in der Aus-, Fort- und Wei-

terbildung kooperieren.

Durch die einander ergänzende Expertise von

17 Instituten und Lehrstühlen der genannten

Einrichtungen aus Baden-Württemberg undBayern, darunter drei der sogenannten T9-Universitäten, werden die Gebiete Meteoro -logie, Landschaftsarchitektur, Bodenmechanikund Grundbau, Rotoraerodynamik und Lärm -reduktion, Auslegung und Berechnung derStrukturen und Tragwerke, Werkstoffe, Bau -weisen und Fertigungstechnik, Prüf- und Mess -technik, Qualitätssicherung und War tungsowie Betriebsführung, Speicher techno logien,Netzanbindung und -integration abgedeckt.

Geschäftsstelle WindForS, Allmandring 5B,70569 Stuttgart, [email protected], www.windfors.de

Windkraft im flachen Landgeht immer – aber wie

sieht es im kupiertenbergigen Allgäu aus?Stuttgarter Forscher

wollen es herausbringen

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Windkraft

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Nach einjähriger Messung der Wirtschaft-lichkeit wurden am Nordrand der Deponiezwei Kleinwindkraftanlagen aufgestellt.

Besonderheit dieser Anlagen sind die aufrecht stehen-den Rotorblätter. So sind die 15 Meter hohen Rädernicht nur unabhängig von der Windrichtung, son-dern auch leise. Der erzeugte Strom wird für den Eigenverbrauch der Deponie genutzt und ins Netzeingespeist. Es wird mit einer erzeugten Strommengevon 30.000 bis 33.000 Kilowattstunden pro Jahr undRad gerechnet.

Bereits im Sommer 2013 wurde auf dem Nord-dach des Landratsamtes in Marktoberdorf eine weiterePhotovoltaikanlage installiert. Damit sind nun alle Dächer des Landratsamtes mit PV-Anlagen belegt.Etwa 80 bis 90 Prozent des dort erzeugten Stroms wer-den direkt im Landratsamt verbraucht, da der wesent-liche Strombedarf untertags besteht. Landrat JohannFleschhut: »Zusammen mit den neuen Windrädern inOberostendorf hat die Kommunale Abfallwirtschaft

des Landkreises in den vergangenen Jahren rund zweiMillionen Euro in Anlagen zur Erzeugung alternativerEnergien investiert. Der Ertrag aus den Anlagen dientauch dazu, die Abfallentsorgungsgebühren auf nied-rigem Niveau zu halten.«

Zusätzlich zu den Dachanlagen und der großenFreiflächenphotovoltaikanlage auf der Hausmülldepo-nie Oberostendorf werden Photovoltaikanlagen aufdem Dach des Landratsamtes Ostallgäu, auf dem Ab-fallentsorgungszentrum Marktoberdorf, dem Wert-stoffhof Pfronten und dem Seniorenheim Obergünz-burg betrieben. Das im Deponiekörper der Hausmüll-deponie Oberostendorf durch Abbauprozesse entste-hende Deponiegas wird seit vielen Jahren abgesaugtund zur Stromgewinnung verwendet. Mit diesen An-lagen werden zusammen jährlich rund 1,2 MillionenKilowattstunden Strom erzeugt. Das entspricht einerVersorgung von rund 350 Haushalten mit Strom. Au-ßerdem wird damit der Ausstoß von rund 900.000Tonnen Kohlendioxid pro Jahr vermieden.

Zwei neue Kleinwindkraftanlagen sorgen an der Hausmülldeponie Oberostendorf seitKurzem für die umweltfreundliche Erzeugung von Strom. Damit hat die KommunaleAbfallwirtschaft des Landkreises Ostallgäu ihr Engagement in der klimaschonendenEnergiegewinnung um einen weiteren Energieträger ergänzt: Erstmals wird nebenSonne und Gas auch Wind zur Stromerzeugung genutzt.

Frischer Wind im Osten...…auch, wenn es nur ein kleiner Ertrag ist

Mit alternativen Energie trägerngewinnt der Land kreis Ostallgäujährlich rund 1,2 Millionen Kilo -wattstun den Strom. Seit Kurzemleisten zwei Kleinwindkraft -anlagen ihren Beitrag zu dieserRechnungFo

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Stromtarife

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Rund 1000 Stromanbieter buhlen derzeit inDeutschland um die Gunst von Verbrau-chern und Unternehmen mit über 10.000

Stromtarifen. Den Zugang zum Markt für Stroman-bieter regelt das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG).Überwacht werden die Stromanbieter von der Bun-desnetzagentur. Eine besonders wichtige Rolle spielenals Steuerungsinstrument die Netznutzungsentgelte,die Grundversorger (bei uns im Allgäu beispielsweisedas Allgäuer Überlandwerk, die Lechwerke, die Ver-einigten Wertach-Elektrizitätswerke, die Elektrizitäts-werke Reutte und EnBW oder die örtlichen E-Werke)von Konkurrenten verlangen dürfen, die im Netz desGrundversorgers Endkunden beliefern wollen. DieNetznutzungsentgelte basieren auf Kostenkalkulatio-nen der Stromanbieter, Höchstgrenzen werden vonder Bundesnetzagentur für jeden Stromanbieter indi-viduell festgelegt, in der Regel auf einen Zeitraum vonfünf Jahren. Die Netznutzungsentgelte machen etwa25 Prozent der Strompreise aus.

Wer sich nun im Internet auf die Sparfuchs-Spurbegibt, sollte entweder seine eigenen Daten, sprich Fa-miliengröße, Ort und durchschnittlichen Jahresver-brauch, eingeben oder einen neutralen Vergleich ma-chen. Üblicherweise gibt man den Jahresverbrauch von3500 Kilowattstunden (Durchschnittshaushalt mit zweiPersonen) ein. Die meisten Vergleichsportale spuckendann massenhaft Stromanbieter aus, die reihenweise bil-liger sind als der örtliche Grundversorger. Gleichzeitigwird auf Heller und Pfennig auch ausgerechnet, wie vielman mit welchem Anbieter spart. Nun kann man auchbestimmte Stromsorten voreinstellen: nur Ökostrom-Anbieter oder beispielweise nur Wasserkraft-Strom.

So weit, so gut. Aber schon bei den ersten Quer-vergleichen gibt es zwischen den verschiedenen Inter-net-Suchmaschinen bei identischer Einstellung Diffe-renzen von bis zu 50 Euro pro Jahr bei gleichen An-

Die Qual der WahlTarif- und Stromanbieter wechseln?

bietern. Inzwischen haben zwar alle Suchmaschinenaus der Pleite der Stromanbieter Teldafax (2011) undFlexstrom (2013) gelernt und führen keine Anbietermehr, die auf Vorauskasse bestehen. Die beiden An-bieter hatten mit Vorauskasse über eine Million Kun-den zu Gläubigern gemacht. Trotzdem ist das Tarif -system nach wie vor unübersichtlich. Differierende zeitliche Preisbindungen, Sondertarife, Langzeit-Tarifeund unterschiedliche Bezeichnungen schaffen eherVerwirrung als Klarheit.

Haben Sie trotz des schier unüberblickbaren An-gebotes im Internet beschlossen, den Stromanbieterzu wechseln, brauchen Sie keine großen bürokrati-schen Hürden befürchten. Die Verbraucherzentraleninformieren: »Wechseln ist einfach und ohne Risikomöglich. Damit haben Sie es selber in der Hand, Ener-giekosten zu sparen, die Umwelt zu schonen und IhrenBeitrag für mehr Wettbewerb im Strommarkt zu lei-sten. Sie brauchen sich nur einen neuen Stromanbieterzu suchen und mit diesem einen Vertrag abzuschlie-ßen. Alles Weitere erledigt der neue Versorger. Wech-selkosten gibt es ebenso wenig wie ein Risiko, nachdem Wechsel ohne Strom dazustehen.«

Übersicht ist auch in der Region gefragt. Selbstdas Allgäuer Überlandwerk bietet unter »Produkte«auf seiner Homepage 16 unterschiedliche Tarife fürunterschiedliche Verbraucher (Privat-, Geschäfts-,Landwirtschafts- und Gewerbekunden) vom Allgäuregio bis zum AllgäuStrom Klima fix an.

Sie heißen Verivox.de, Check24.de, toptarif.de oderstrompreis.org. Und sie bieten alle das Gleiche: In weni-gen Sekunden finden Sie für Ihr Gebiet, für Ihr Haus den günstigsten Stromanbieter im Internet. Ja, sogar sortiert nach Herkunft: Grundversorger-, Grün-, Klima- oder Ökostrom. Die Ergebnisse erinnern stark an die Mobiltelefon-Tarife. Je mehr man Klarheit sucht, desto weiter verrennt man sichim Tarifwirrwarr.

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Neben den seriösen Vor-Ort-Anbietern gibt esimmer wieder auch weniger seriöse Stromverkäufer,die teilweise sogar unter Vorspiegelung falscher Tatsa-chen an der Haustüre Stromverträge anbieten. Oft sinddiese Haustür-Verkäufer Mitarbeiter von Drücker -kolonnen. Und fast nie entpuppen sich die Haustür-Verträge als vorteilhaft. Manchmal wird dreist behauptet, man sei im Auftrag des örtlichen Grund-versorgers unterwegs und habe etwas ganz Besonderesanzubieten. Wird solches behauptet, lohnt sich immerein kurzer Rückruf beim Grundversorger.

Während die Verbraucherzentralen dazu raten,den Anbieter hin und wieder zu wechseln , damit dieGrundversorger sich nicht die Taschen füllen, habendiese ganz andere Argumente, ihre Kunden zu hal-ten. Und das sind gewichtige Argumente: Ein bun-desweit oder europaweit agierender Stromanbieterkann vom Kunden nur selten auf Seriosität geprüftwerden. Die lokalen Versorger hingegen müssen allestun, um ihren guten Ruf zu erhalten. Sie könnennicht einfach zusperren und von der Bildfläche ver-schwinden. Sie sind als Grundversorger auch für daslokale/regionale Netz verantwortlich. Man könnte sieals »bodenständig« bezeichnen.

Darüber hinaus unterwerfen sich die Grundver-sorger auch dem internen Wettbewerb. Das AllgäuerÜberlandwerk fand sich 2013 und 2014 unter denSiegern beim Wettbewerb »Top-Lokalversorger«. Dasunabhängige »Energieverbraucherportal« bewertet

Unternehmen, die abgesehen vom Preis-/Leistungs-verhältnis besonders in den Bereichen regionales Engagement, Umwelt- und Verbraucherschutz sowieServicequalität überzeugen.

Noch ein weiteres Argument spricht für die lo-kalen Grundversorger: Sie engagieren sich in ihremVerbreitungsgebiet. Sie spenden für soziale Einrich-tungen, sponsern Sportler und Mannschaftenund finanzieren Umweltprojekte. Viele bietenInformationen in Schulen an, organisierenFührungen durch ihre Werke, beratenKommunen, informieren Privat-kunden und Firmen. In vielenBereichen werden inzwischenlokale und regionale Netzwer-ke gesponnen, um das Geld inder Region zu halten. Was fürden Nahrungskreislauf (Stich wort:von hier) bereits vielfach anerkannt ist,kann auch für den Strommarkt gelten.Viele Grundversorger und Strom -anbieter sind in Genossenschaften or-ganisiert oder in kommunaler Hand.Werfen sie Gewinne aus, so profitieren regel-mäßig die Menschen vor Ort davon.

Diese Argumente hielten viele Stromkunden bis-her davon ab, sich im Internet in »Geiz-ist-Geil-Manier« auf die Suche nach dem billigsten Anbieterzu begeben.

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Nicht immer passen Angebotund Nachfrage zueinander –so, wie nicht jeder Stecker injede Steckdose passt

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Wissensexport

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Ein ruhiger Sommertag im Allgäu. Die sieb-zehnköpfige Belegschaft von Energy Consul-ting Allgäu ist in Urlaub, Geschäftsführer

Matthias Voigtmann als »Stallwache« im Büro. Das Te-lefon klingelt und eine freundliche Dame fragt an, obman nicht in etwa vier Wochen zu einer Veranstaltungfür die Lebensmittelbranche einen Auditor nach Keniaschicken könne. Kenia? Voigtmann ist verblüfft. Dennobwohl sein Unternehmen bereits im AuslandEnergie effizienzberatungen durchgeführt hat – dassder Ruf von Energy Consulting Allgäu schon bis nachAfrika gedrungen ist, das überrascht ihn. Hinzukommt, dass er absagen muss: Sein Team ist bis zumEnde des Jahres ausgelastet, der Sommerurlaub hartverdient. Doch Dr. Georgia Badelt von der Auslands-handelskammer in Kenia erklärt ihm, dass nicht nureine intensive Internetrecherche, sondern auch Emp-fehlungen der KfW-Bank zu ihrem Anruf geführthaben. Und als sie hört, dass zwar kein Auditor, aberein Doktor der Chemie zur Verfügung stünde, da lässtsie nicht locker.

Dr. Jürgen Kaeser ist ausgebildeter Energiebera-ter, bei Energy Consulting Allgäu für Forschung undEntwicklung zuständig – und hätte Zeit für eine Reisenach Nairobi.

Es gibt aber noch ein weiteres Handicap: »Wirtreten grundsätzlich nur im Team auf«, so MatthiasVoigtmann. Das gehört zur Methode der Unterneh-mensberatung in Energiefragen. Denn statt Koffernvoller Messinstrumente setzen die Spezialisten ausKempten im Allgäu hauptsächlich ihren Kopf ein: Sieanalysieren den Produktionsprozess und stellen an-hand weniger Daten wie Temperaturen oder Produk-tionsmenge fest, wo die »Verschwender« in diesemProzess zu finden sind. »Eine Messung vor Ort wird

dadurch unnötig«, weiß Dr. Kaeser, der bei einer Nudelfabrik in Süddeutschland allein durch dieseAnalyse herausgefunden hat, dass ausgerechnet diestandardmäßig eingesetzte Nudelmaschine des Werksvöllig ineffizient arbeitet. »Das ist natürlich bitter fürden Unternehmer«, erinnert sich der Berater. Für dieVertreter der kenianischen Lebensmittelindustrie allerdings war die Schilderung dieses Falles ein Aha-Erlebnis. »Da kamen wirklich clevere und profundeFragen aus dem Kreis der Zuhörer«, so Dr. Kaeser.

Letztlich waren dann doch vier Vertreter vonEnergy Consulting Allgäu nach Nairobi gereist – ne-ben dem Geschäftsführer und Dr. Kaeser auch nochEnergieberater und Auditor Michelangelo Paradisound Afrika-Experte Torsten Wulf, der das Büro desUnternehmens in Flensburg leitet. Denn nicht nur derTermin des Afrika-Aufenthalts hatte sich in den Spät-herbst verschoben, sondern es war auch noch einezweite Veranstaltung hinzugekommen: Die keniani-sche Regierung wollte in einem Workshop ein Curri-culum für das Training von einheimischen Energie-auditoren erarbeiten. »Dass wir hier quasi mit demMinister Seite an Seite sitzen, das habe ich allerdingserst vor Ort richtig realisiert«, schmunzelt MatthiasVoigtmann.

Die »vier Musketiere«, wie Dr. Badelt das Teamscherzhaft nennt, passten ihre Vorträge an die wech-selnde Zuhörerschaft und die unterschiedlichen Inter-essen ihres Publikums an. »Die Leute, mit denen wirzusammentrafen, sind allesamt technisch hervorra-gend ausgebildet«, stellt Voigtmann fest, »und unsersystematischer Ansatz der Analyse rief dieselbe Re -aktion hervor wie bei den Beratungen in Deutschland:Ablehnung, Verblüffung, Begeisterung – in dieser Rei-henfolge.«

Insgesamt verbrachte das Team fünf Tage in Kenia – zwei davon beim Workshop für das Curricu-lum zum Training von Energieauditoren, zwei mit den Vertretern der Lebensmittelbranche, und einenmit der Analyse einer Molkerei – dem Praxistest. Natürlich freute sich Dr. Kaeser, der 69-jährige Senior

Vier Experten von Energy Consulting Allgäu reisten von Kempten nach Nairobi,um dort auf zwei Veranstaltungen ihre Fachwissen in Sachen Energieeffizienzeinzubringen. Zum einen wurden kenianische Unternehmer aus der Lebens - mittelbranche über die Möglichkeiten der Energieeffizienzanalyse informiert, zum anderen referierten die Fachleute in einem Workshop über ihr einzigartigesSystem der Herangehensweise an eine Energieeffizienzberatung.

Vom Allgäu nach Afrika Energy Consulting berät in Kenia

Wissenstransfer zwischenKempten im Allgäu und Nairobiin Kenia. Zentrales Thema:Beratung zur Energieeffizienz Fo

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51allgäuALTERNATIV

Energy Consulting AllgäuSeit 2008 gibt es die Firma Energy Consulting Allgäu mit

Sitz in Kempten. Was als Kernteam mit drei Personen

begann, hat sich zu einer Unternehmensberatung mit

17 Mitarbeite rinnen und Mitarbeitern ge mau sert.

Mittler weile hat die Energy Consulting Allgäu GmbH

über 500 Firmen in Sachen Energieeffizienz beraten.

Für die Unter nehmen hat sich daraus ein wirtschaftlich

sinnvolles und machbares Einsparpotenzial von

mehreren Millionen Euro an Energie kosten ergeben.

Energy Consulting Allgäu GmbH

Heisinger Straße 12, 87437 Kempten

Telefon: 0831/5758120

E-Mail: [email protected]

Internet: www.energy-consulting-allgaeu.de

der Truppe, wie ein Kind, als sich herausstellte, dassman 38 Messinstrumente benötigen würde, um nahe-zu das gleiche Ergebnis zu erzielen, das er an einemTag mit dem Team von Energy Consulting Allgäu errechnet hatte. »Seine Freude wurde nur ein weniggedämpft durch die Beschwerde einer Kursteilnehme-rin über zu viel Belehrung in seinem Vortrag«, grinstTorsten Wulf.

Nein, belehrt werden wollen afrikanische Unter-nehmer genauso wenig wie deutsche – haben sie dochgelernt, mit teilweise uralten Maschinen aus aller Herren Länder eine funktionierende Produktion auf-zubauen. Technisches Know-how ist da, und was mannun über die mathematische Analyse von Energiever-bräuchen erfahren hat, das ist angekommen: Ein eherstiller Zuhörer aus dem Bereich Lebensmittel kam amEnde zu Dr. Kaeser, um ihm zu versichern, dass er»wirklich etwas gelernt« habe. Und eine Teilnehmerinist fest entschlossen, die »Methode Energy ConsultingAllgäu« in ihre Masterarbeit an der Universität auf -zunehmen.

Apropos Lernen: Auch die Allgäuer konntenneues Wissen mit nach Hause nehmen. »Der Druck,Energiekosten zu sparen, ist in Kenia sehr viel höherund unmittelbarer als in Deutschland«, hat MatthiasVoigtmann erfahren, denn Energie wird zum größtenTeil aus Schweröl gewonnen und ist entsprechend teu-er. Auch ein Gesetz zur Energieeffizienz wurde in Kenia längst verabschiedet – doch mit der Umsetzungtut man sich noch schwer. »Die deutsche Methode derSteuerersparnis für Unternehmen mit Energiemana-gementsystemen hat die Kenianer sehr interessiert«,sagt Voigtmann.

Und deshalb soll der Austausch zwischen den kenianischen Unternehmern und der Energy Consul-ting Allgäu weitergehen: Im Frühjahr wird eine Dele-gation aus Afrika im Allgäu Station machen, und einPraktikant aus Nairobi soll für einige Monate inKempten das Handwerk der Energie effizienzberatungohne Messgeräte lernen.

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Energieeffizienz

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Energiemanagementsysteme und die Auditie-rung nach DIN EN ISO 50001 sind für Unter-nehmen aus zwei Gründen wichtig und

richtig: Sie ermöglichen nachhaltiges Wirtschaften mitden in der Produktion eingesetzten Energien wie z.B.Kälte, Wasser, Strom, Druckluft und Dampf, sie die-nen aber auch als Voraussetzung für diverse Möglich-keiten der Kosten- und Steuerersparnis.

Die über 100 Teilnehmer des Fachforums »Ener-giemanagementsysteme DIN EN ISO 50001 für Fort-geschrittene« erhielten zunächst eine Einführung indas Thema Energieeffizienz durch Matthias Voigt-mann, Gründer und Geschäftsführer der Energy Con-sulting Allgäu GmbH. Sein Unternehmen hat sichvom reinen Energieberater zum Spezialisten für Ener-gieeffizienz von Produktionsprozessen entwickelt.Voigtmann schilderte die Vorgehensweise seinesTeams, das auf der Grundlage von Daten zum Ener-gieverbrauch eine Baseline errechnet, die dem Unter-nehmen als Referenz für die Energieeffizienz dient.Entscheidend dabei ist das Verhältnis von Energie -verbrauch zur Produktionsmenge. Daher spielen füreffizientes Arbeiten im Unternehmen weitere Variableeine Rolle, die letztlich zu Material- und Ressourcen-effizienz quer durch die Prozesse führen. »Wichtig istes, eine saubere Datengrundlage für das Energiema-nagement zu schaffen«, so Voigtmann.

In der Firma Stoll hat man einen Partner gefun-den, der genau diese Grundlagen in Form von Datenzum Monitoring, Controlling und Management vonEnergieflüssen liefert. Guido Eberle und MarkusKienzle gaben in ihren Vorträgen einen Abriss derMöglichkeiten, die durch intelligente Messsysteme fürein Unternehmen geboten sind. Im Praxisvortrag vonTorsten Volk von der Berkenhoff GmbH zeigte sich,dass diese Informationen auf fruchtbaren Boden ge-fallen waren. Volk, der als Leiter Einkauf gleichzeitigfür die Einführung des Energiemanagementsystemsund die Zertifizierung verantwortlich war, steht geradevor der Einrichtung einer Energiedatenerfassung fürdie Produktion und Verarbeitung der Drähte aus demHause Berkenhoff, »und ich habe aus dem Forum be-reits eine Idee mitgenommen«. Zwei Botschaften gabVolk den Zuhörern mit auf den Weg: Die Steuerer-sparnis ist für die Entscheider im Unternehmen dasHauptargument bei der Einführung eines Energiema-nagementsystems, und: Der Zeitaufwand für die ander Zertifizierung beteiligten Mitarbeiter ist hoch –dies sollte man vorher einkalkulieren.

Die Firmen Energy Consulting Allgäu GmbH aus Kempten und Stoll Energiesysteme GmbH aus Martinszell hatten zu einem Fachforum für Unternehmer geladen, das sich mit dem Thema Energieeffizienz und Energiemanagementsysteme beschäftigte. Fachvorträge und Erfahrungsberichte ließen sowohl Berater als auch Anwender zu Wort kommen. Energy Consulting und Stoll sorgten dafür, dass über 100 Teilnehmer aus ganz Deutschland als Reiseziel »Allgäu« ins Navi speicherten.

Sparbüchse für BetriebeDIN EN ISO 50001 für Fortgeschrittene

Über Energy Consulting Energy Consulting Allgäu ist eine auf Energie -

managementsysteme und Ressourcen effi -

zienz spezialisierte Unternehmens beratung

mit Sitz in Kempten/Allgäu. Seit 2006 berät

das Team Firmen in Fragen der bestmögli chen

Nutzung von Energie für Hei zung, Wasser und

Strom. Zu den Kunden von Energy Consulting

Allgäu gehören namhafte Unternehmen im

Allgäu wie etwa die Brauerei Zötler in Retten -

berg, in Bayerisch-Schwaben, beispielsweise

die Salamander-Werke in Türkheim, sowieGroßunternehmen im gesamten Bundes -gebiet wie zum Beispiel Bertelsmann, Miele,Gildemeister und Alpla.

Kontakt:Energy Consulting Allgäu GmbHHeisinger Straße 1287437 Kempten/AllgäuTel. +49 (0)831/5758-121Fax +49 (0)831/5758-124www.energy-consulting-allgaeu.de

Über 100 Zuhörer waren ins Kornhaus Kemptengekommen, um sich beim Fachforum »Energiemanagement -systeme DIN EN ISO 50001 für Fortgeschrittene« der Firmen Stoll Energiesysteme und Energy ConsultingAllgäu zu informieren

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Matthias Voigtmann bei der Einführung in dasThema Energieeffizienz

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»Transparenz schafft Effizienz« lautete das Mottodes Vortrages von Martina Prox vom ifu Institut Ham-burg. Mit Hilfe spezieller Software und intensiver Arbeit in den Unternehmen werden Energieverbräu-che transparent und Produktionsabläufe deutlich.Auch Martina Prox betonte, wie wichtig die Kenntnisder Stoffströme ist, um überall dort ansetzen zu können, wo Energie gespart werden kann. In ihremFallbeispiel aus der Textilindustrie war es die Verle-gung des Arbeitsbeginns in der Produk tion, der dafürsorgte, dass das komplette Werk inklusive Verwal-tungsgebäude durch eigene Abwärme geheizt werdenkonnte.

Richard Prem von der Energy Consulting AllgäuGmbH betonte in seinem Referat, wie nützlich diegute Zusammenarbeit mit dem Auditor bei der Zerti-fizierung nach DIN EN ISO 50001 sein kann. »Die Er-fahrung zeigt, dass nur durch die regelmäßige Kon-trolle der Effizienzmaßnahmen der Anreiz im Unter-nehmen hoch bleibt, diese auch durchzuführen«, soder Fachmann, der derzeit die österreichische Depen-dance von Energy Consulting Allgäu in Wien aufbaut.

Fazit in allen Vorträgen des Fachforums war, dassaus der ursprünglichen Idee, durch die Zertifizierungdes Energieverbrauches im Unternehmen Geld und

Steuern zu sparen, schnell ein ganzheitlicher Ansatzzur Effizienzsteigerung des Produktionsprozesseswird. Moderator Torsten Wulf gab den Gästen dieAussicht mit auf den Weg: »Sie werden durch die sy-stematische Betrachtung und Verbesserung auf langeSicht in ihrer Branche die Nase vorn haben.«

Die Resonanz auf das erste Fachforum in Kemp-ten war so positiv, dass für Ende März bereits eine wei-tere Veranstaltung in Hamburg und für den Mai einFachforum in Wien geplant ist.

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Siegerehrung

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eine neue Stufe im nachhaltigen Tourismus in den Alpen. Bei der Umsetzung der ersten zertifiziertenPassivhaus-Hotels in Europa wird die Aufmerksam-keit von Besuchern und Mitarbeitern auf schonendenUmgang mit natürlichen Ressourcen, Energieeinspa-

Gesucht wurden Initiativen, die tolle Projekte im Bereich der Energieeinsparung, Energieeffizienz oder der Nutzung erneuerbarer Energien angeregt und umgesetzt haben.Dabei soll nicht die eingesetzte Technik ausgezeichnet werden, sondern die Menschenund deren Initiative und Kreativität, mit der sie schon heute die Energiezukunft Allgäu gestalten, soll honoriert werden. 27 Beiträge wurden beim eza!-Wettbewerb eingereicht. Drei Sieger wurden gekürt, zwei Teilnehmer erhielten Anerkennungen.

Die Energiezukunft-PreiseDrei Gewinner beim eza!-Wettbewerb

Das Explorer-Hotel-Konzeptüberzeugte die Jury. Bisher

gibt es drei dieser Häuser in Oberstdorf, Nesselwang

und im Montafon in Vorarlberg/Österreich

Die Sieger sind: Explorer-Hotels, das »Öko-stern-Siegel« in Wasserburg bei Lindau undder Ausbau des Nahwärmenetzes in Ram-

mingen bei Mindelheim. Diese drei Projekte wurden von der Jury, die sich

aus Vertretern der Sponsoren AÜW, EnBW, ErdgasSchwaben, Elektrizitätswerke Reutte, Lechwerke undVorarlberger Kraftwerke AG zusammensetzte, aus den

Explorer – das Konzept

Über die Explorer-Hotels und deren Konzept gab esbereits eine Reihe von Berichten. Grün ist die Signalfarbe der drei Häuser in Oberstdorf, in Nessel-wang und im Montafon. Das hat seinen Grund. DieHotels haben grüne Vorbildfunktion. Sie erreichen

27 Einreichungen ausgewählt. Sie teilen sich die insgesamt ausgelobten10.000 Euro Preisgeld. Die Son-derpreise gingen an den Mächler Manfred (Elektro)Guggenmos und an Martin Osterried (Baybox e.K.).

Über diese Preisträger und über weitere interes-sante Einreichungen berichten wir in den kommendenAusgaben von allgäuALTERNATIV noch ausführli-cher.

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rung, Energieeffizienz und erneuerbare Energie ge-lenkt. Aller Planung liegt zugrunde, dass die Gäste diemeiste Zeit ihres Aufenthaltes außer Haus verbringen,also skifahren, wandern oder biken. Deshalb wurdeauf die sonst üblichen »Energiefresser« wie einen über1000 Quadratmeter großen Pool- und Wellness-Be-

Sternenkunde am Bodensee

Ein goldener Stern wurde vom Energieteam Wasser-burg aus der Taufe gehoben. Diese Initiative, die seit2007 besteht, forschte im Gemeindegebiet nach Mög-lichkeiten, im Tourismus noch energieeffizienter zuwerden. Im Gegensatz zu den Explorer-Hotels, die ein

Breit lächelt der Ö-Stern in Wasserburgam Bodensee an den Eingängen umweltfreundlicher Hotels

Das Explorer-Konzept richtet sich vor allem ansportliche Outdoor-Urlauber

reich und auch auf ein Restaurant verzichtet. Bau,Energie versorgung und Materialien wurden dem Hotel -zweck angepasst. Auf diese Weise entstand ein durch-gängiges Konzept, das einer genau definierten Ziel-gruppe angepasst ist: dem eher sportlichen Gast mitdurchschnittlichem Geldbeutel.

durchgängiges Neubaukonzept umsetzten, kümmertesich das Energieteam Wasserburg um bestehende tou-ristische Einrichtungen, da der Tourismus ein zentra-les Standbein der Bodenseeregion und der GemeindeWasserburg ist. Das Team erfasste mit umfangreichen

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beschleunigte das Energieteam Wasserburg die Ent-wicklung besserer Ökostandards. Das Sterne-Systemkönnte von anderen Regionen spielend übernommenwerden. Die Standards sind wie folgt kategorisiert undwerden auch kontrolliert:

Ein Stern: Der Betrieb hat einzelne ökologischeMaßnahmen ergriffen, spart Ressourcen und berück-sichtigt den Umweltschutz.

Zwei Sterne: Der Betrieb wirbt mit ökologischenMaßnahmen, nutzt erneuerbare Energien, setzt ener-gieeffiziente Geräte ein. Umweltschutz ist fester Be-standteil. Gäste werden animiert, umweltfreundlichUrlaub zu machen. Es werden beispielsweise Fahrrä-der für die Gäste bereitgestellt.

Drei Sterne: Der Betrieb setzt umfassende öko-logische Maßnahmen um. Er nutzt überwiegend er-neuerbare Energien, setzt vor allem energieeffizienteGeräte ein und geht schonend mit Ressourcen wieWasser und Verpackungen um. UmweltfreundlicheAngebote für Gäste sind ausreichend vorhanden.

Bisher erhielten in der Gemeinde elf Häuser ei-nen Stern, sechs Häuser haben zwei Sterne, und dreiHäuser konnten drei Sterne erreichen. Die Umsetzungder gesamten Aktion dauerte vier Jahre.

Fragebögen den energetischenIst-Stand der Hotels und Gäste-häuser und vergab nach einem

selbst entwickelten System goldene Öko-Sterne, mitdenen die Häuser jetzt werben können. Es gibt einen,zwei oder drei Ökosterne zu erreichen. Damit

Siegerehrung

Vernetzt gedacht – Geld gespart

Die Hauptstraße in Rammingen bei Mindelheim warzu sanieren. Die Verschleißdecke und der Unterbaumussten dafür aufgerissen werden. Diese Gelegenheitnutzte die Nahwärme Rammingen GmbH & Co KG.

Projektleiter Ludwig Reiber hatte zuvor festgestellt,dass die Abwärme eines Satelliten-Biomasse-Heiz-kraftwerkes zu hoch ist. Es wurde eine Umfrage ent-lang der Hauptstraße gestartet, ob Anlieger Interesse

Die Ökostern-Vorlage der Wasserburger könnte jederzeit auch auf andere

Regionen übertragen werden

Noch warten die Rohre auf die Verlegung im

Ramminger Nahwärme-Netz

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an einem Anschluss an das bereits bestehende Fern-wärmenetz haben. 19 Hausbesitzer gaben eine positiveRückmeldung. Die Gemeinde zog unbürokratisch mit.Nach Gründung der Nahwärme GmbH und Nahwär-me Rammingen Beteiligungs gesellschaft mbH 2012und der Genehmigung des Zuschussantrages bei derKfW-Bank begann die Planung, die ebenfalls mit derGemeinde abgestimmt werden konnte. Durch klugeKoordination gelang es, kostengünstig mehrere Bau-

vorhaben zusammenzubringen und überschüssigeWärme von der Biogasanlage in über 1,5 Kilometerlangen Leitungen zu 19 neuen Abnehmern zu trans-portieren. Seit Beginn der Heizperiode im September2013 läuft die Versorgung problemlos. Den Jurorenwar diese koodinierte Leistung einen Preis wert – undRammingen kam mehr als einen Schritt weiter aufdem Weg zum Energiedorf, wie die Augsburger All-gemeine lobend schrieb.

Unter Leitung von LudwigReiber (Foto rechts) machte

sich eine Initiative (Bild unten)selbstständig auf, mehrere

Chancen gleichzeitig zunutzen und energetisch

»Nägel mit Köpfen« in Sachen »Nahwärmenetz

Rammingen« zu machen

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Photovoltaik

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Wer auf das sägezahnförmige Sheddachsteigt, steht erst einmal sprachlos voreinem Meer aus Solarmodulen. Insge-

samt 4521 Quadratmeter groß ist die verbaute Fläche,

auf der jährlich 700.000 Kilowattstunden »GrünerStrom« erzeugt werden. »Das entspricht dem Ver-brauch von 190 Haushalten«, erklärt Projektleiter JörgSchweiger von Elektro Uhlemayr. »Mit bis zu 80 Pro-zent in Spitzenzeiten versorgen wir uns künftig selbst«,freut sich Betriebsleiter Richard Hertl, »der Rest wirdins Stromnetz eingespeist. Dank der Anlage sparen wirjährlich umgerechnet 385 Tonnen CO2 ein, das heißt,das Werk Füssen wird zu 39 Prozent CO2-neutral be-trieben. Dadurch leisten wir einen aktiven Beitragzum Umweltschutz und zur Energiewende.« Für dieErrichtung der Anlage sprachen zudem zwei wichtigePunkte: die Ausrichtung des Betriebsgebäudes nachSüden sowie die Hauptbetriebszeit, die perfekt zumLastprofil der Anlage passt.

Heimische Wirtschaft stärken

Bihler setzte bei der Wahl seines Partners wieimmer auf heimische Unternehmen, um die Wirt-schaftskraft in der Region zu stärken. Mit der FirmaElektro Uhlemayr hat man hier seit Jahren einensehr erfahrenen Betrieb an seiner Seite. »Die neueAnlage sehen wir als wichtige Investition in die Zu-kunft«, betont Betriebsleiter Hertl. »Anstatt auf diePolitik und steigende Stromkosten zu schimpfen,wollen wir vielmehr unsere eigenen Chancen nutzen,um Energie selbst vor Ort zu erzeugen.« Und daszahlt sich aus: In zehn bis zwölf Jahren wird sich diePhotovoltaikanlage amortisiert haben. Auch die Leu-te von Elektro Uhlemayr schimpften nicht, als sichdie Monate Mai und Juni 2013 von ihrer kühlen undgrauen Seite zeigten. »Das Wetter während der Mon-tagearbeiten war eigentlich ideal, denn wenn dieSonne herunterbrennt, wird die Arbeit auf demDach doch sehr schweißtreibend.« Mit der Installa-tion der neuen Anlage schließt sich zudem ein Kreis:Bihler ist selbst sehr eng in die Solartechnik invol-viert. Ein Kunde fertigt auf seiner Bihler-MaschineMC 120 Hunderttausende Befestigungshaken fürPhotovoltaikanlagen im Jahr.

Kilometerweit sind sie täglich gelaufen, die Facharbeiter von ElektroUhlemayr aus Seeg. 2751 Solarmodule mit einem Gewicht von insgesamt 58 Tonnen haben sie dabei in drei Monaten auf dem Dachdes Bihler-Werkes in Füssen montiert. Anfang August 2013 ging das größte Eigenverbrauchs-Sonnenkraftwerk im Allgäu in Betrieb.

Die »interne« EnergiewendeBihler in Füssen setzt auf Sonne

Die Otto Bihler Maschinen -fabrik GmbH & Co. KGAls weltweit führender Systemlieferant in derStanzbiege-, Schweiß- und Montagetechniksteht Bihler für zertifizierte Spitzentech no -logie »Made in Germany«. Bihler bietet seinenKunden innovative Maschinensysteme, flexibeleinsetzbare Prozessmodule und Peripherie -geräte, komplette Automationslösungen,moderne Steuerungstechnik, 3D-CAD/CAM-Konstruktionssoftware sowie maßgeschne i -derte Serviceleistungen. Seit seiner Gründung1953 hat Bihler mehr als 12.000 kunden -spezifische Fertigungslösungen erfolgreichrealisiert. Die Bihler-Technologie findet ihrenEinsatz in Industriezweigen wie z.B. derAutomobilindustrie, Elektro-/Elektronik -industrie, Medizintechnik, Registratur- undVerbindungstechnik, Schmuckindustrie,Federn- und Drahtindustrie, Kommunikations -technik, Eisen-, Blech- und Metallwaren indus -trie sowie der Umwelttechnik.

Bei Bihler wird Nachhaltigkeit gelebt – intern

(maximale Energieeffizienz/Photovoltaik an -

lage) und extern. Seinen Kunden verhilft Bihler

mit Hightech-Anlagen und innovativen Fer -

tigungslösungen zu maximaler Ressourcen -

effizienz. So fertigt beispielsweise ein deut -

sches Unternehmen auf zwei Bihler-Systemen

Dichtungsringe für den Automobilsektor mit

bis zu 85 Prozent Materialersparnis und

2700 Tonnen CO2 Einsparung pro Jahr.

Für dieses sogenannte SUL-Verfahren erhielt

Bihler 2011 den Deutschen Innovationspreis

sowie den Innovationspreis Klima und Um welt.

Otto Bihler hat seinen Stammsitz in Halblech/

Deutschland.

Weitere Standorte:

- Werk Füssen, Deutschland

- Bihler of America, Inc., Phillipsburg, New

Jersey, USA

- Bihler of China, Dongguan City, China

www.bihler.de

Werksleiter Richard Hertl (r.)und Geschäftsführer Georg

Uhlemayr (M.) besichtigen dieAnlage. Links ein Mitarbeiter

des Photovoltaik-Teams

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Ostallgäu

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Die Energiebilanz 2014 wurde im Rahmeneines Pressegesprächs bei der Firma OttoBihler Maschinenfabrik im Werk Füssen

präsentiert. Dieser Rahmen war nicht zufällig gewählt,war es doch die Firma Bihler, die im vergangenenSommer die Dächer ihrer Werkshallen mit einer Pho-tovoltaikanlage ausgestattet hat.

Die neue Energiebilanz des Landkreises zeigt:Gerade beim erneuerbaren Strom ist das Ostallgäusehr stark. Die zahlreichen Photovoltaik-, Biomasse-und auch Wasserkraftwerke sorgen dafür, dass sich derLandkreis bilanziell bereits zu 75 Prozent selbst mitStrom versorgen kann. Auch bei der erneuerbarenWärme liegt man mit 25 Prozent im Ostallgäu beimZweieinhalbfachen des bayerischen Durchschnitts.Handlungsbedarf sieht Landrat Fleschhut allerdingsdurch die erkennbare Tendenz, dass trotz der bisheri-gen Anstrengungen der Gesamtenergieverbrauch wei-ter steigt. Dies liege vor allem an einer starken Aus-weitung der Pro-Kopf-Wohnfläche und natürlich ander starken Wirtschaftsleistung des Landkreises.

Trotz der hervorragenden Gesamtbilanz siehtLandrat Fleschhut jedoch keinerlei Anlass dazu, sichauf den bisher erreichten Erfolgen des Landkreises

auszuruhen. »Künftig werden wir verstärkt die The-men Energieeffizienz und Wärmenutzung angehen,wohl wissend, dass hier harte Nüsse auf uns warten«,so Fleschhut.

Landrat Johann Fleschhut hat die neue Energiebilanz des Landkreises Ostall-gäu vorgestellt. Die vom Energie- und Umweltzentrum Allgäu (eza!) erstellteBilanz zeigt, dass der Anteil der erneuerbaren Energien am landkreisweitenEnergieverbrauch deutlich gestiegen ist. »Künftig steht vor allem das ThemaWärme im Fokus der Klimaschutzaktivitäten«, kündigte Fleschhut an.

Fokus auf der WärmeDie Energiebilanz des Ostallgäus

Das attraktive und nachhaltige Werksgelände der Firma Bihler

Foto fürs Album: Nach derPressekonferenz besichtigteLandrat Johann Fleschhut mitGeschäfts füher ManfredGrundner (Mitte) und Marke -tingchef Pedro Gato López(rechts) die neue Solaranlage

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Energiepolitik

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In Berlin und München folgt derzeit in SachenEnergiewende eine Kehrtwende auf die andere.Welche Auswirkungen dies auf den Landkreis

Ostallgäu hat, diskutierte Fleschhut gemeinsam mitden Chefs der Energieversorger im Landkreis, denLechwerken, den Vereinigten Wertach-Elektrizitäts-werken, dem Allgäuer Überlandwerk, den Elektrizi-tätswerken Reutte, der Energieversorgung Buching-Trauchgau und Erdgas Schwaben. Alle waren sicheinig, dass bei den energiepolitischen Rahmenbedin-gungen die Kontinuität fehle, was sowohl die Bevöl-kerung als auch investitionsbereite Unternehmenverunsichere. »Wir haben bislang große Erfolge beiden erneuerbaren Energien gefeiert und dürfen unsdurch die Bremsaktionen seitens des Bundes nichtvom Weg abbringen lassen«, sagte Landrat Fleschhut.

Trotz fallender Zubauraten bei den erneuerbarenEnergien, insbesondere bei Photovoltaikanlagen, er-warte man auch in Zukunft moderate Zuwächse indiesem Bereich. Der Landkreis hat sich bereits enormverbessert, nachdem der Anteil des regenerativ er-zeugten Stroms 2004 bei 35 Prozent, 2011 bereits bei75 Prozent lag. »Hier sind wir bayern- und bundesweitSpitze«, freute sich Landrat Fleschhut über »den of-fensichtlich richtigen Weg im Ostallgäu«. Der Land-kreis wird zukünftig verstärkt eine beratende und ko-ordinierende Rolle bei der Bauleitplanung einnehmen.

Hierzu ist ein Leitfaden für Kommunen und Planerneu erstellt worden. Vor allem bei infrastrukturellenMaßnahmen werde man noch mehr informieren undunterstützen, so Fleschhut. Als Beispiel nannte er dieMitverlegung von Leerrohren im Zuge des Kreisstra-ßenbaues, wo dies sinnvoll sei.

Wenige Tage vor dem Treffen mit den Energie-versorgern hatte sich im Landratsamt bereits das neuformierte Energieteam Ostallgäu getroffen. In derjüngsten Sitzung hat das Team nun weitere Ideen fürzukünftige Projekte zusammengetragen.

Im Bereich Mobilität ist beispielsweise angedacht,Busse im Ostallgäuer Personennahverkehr von Die-selkraftstoff auf Bioerdgas umzustellen. Fleschhut lob-te die Idee: »Das würde unseren Personennahverkehrschadstoffärmer machen und vor allem den CO2-Aus-stoß senken.« Außerdem wurde in der Sitzung ange-regt, die Kommunen beim Klimaschutz zukünftignoch stärker einzubinden und neue Anreize für mehrerneuerbare Wärmenutzung zu schaffen. Hauptaufga-be des aus Fachleuten aus Wirtschaft, Politik undKommunen bestehenden Energieteams ist die Über-wachung der Umsetzung des »Masterplans Energie-zukunft 2020«. Zahlreiche Projekte sind inzwischenverwirklicht: Jüngstes Beispiel ist die Beschaffung von100 Prozent Ökostrom für sämtliche Liegenschaftendes Landkreises.

Vor dem Hintergrund der energiepolitischen Kursänderungen der Bundes- und Landesregierung haben sich die Ostallgäuer Energieversorger mit Landrat Johann Fleschhut zu einer Abstimmung der gemeinsamen Ziele getroffen. Ein Energieteam definiert darüber hinaus neue Ziele für den Landkreis.

Keine KehrtwendenOstallgäu stimmt seine Ziele ab

Geballte KompetenzFolgende Personen und Institutionen sind im Energieteam:

Leiter: Johann Fleschhut, Landrat

Von der Verwaltung sind dabei:

Peter Däubler, Leitung Kreisentwicklung und Wirtschafts -

förderung; Johannes Fischer, Klimaschutz beauftragter des

Landkreises Ostallgäu; Manfred Huber, Leitung Verwal tungs -

management; Gudrun Hummel, Leitung Abteilung Bauen

und Umwelt; Susanne Kettemer, Leitung Büro des Landrats;

Christian Lenz, Fachmann Mobilität und ÖPNV; Robert

Pöschl, Leitung Finanzmanagement, Haushalt, Kran ken -

häuser; Thomas Reger, Leitung Staatliches Bau amt; Klaus

Rosenthal, Leitung Kommunale Abfallwirtschaft; Thomas

Stöckle, Leitung Kommunales Bauamt; Ulrich Weiland,

Naturschutzgroßprojekt Allgäuer Moorallianz; Ulrike Wörz,

Leitung Natur- und Umweltschutz, Landes pflege.

Vertreter der Fraktionen im Kreistag:

Benno Bönisch, B‘90/Die Grünen; Waltraud Joa, SPD; Tom

Nieberle, Junges Ostallgäu/ödp; Manfred Seeboldt, CSU;

Bernd Singer, Freie Wähler.

Vertreter der Energieversorger:

Carmen Albrecht, Allgäuer Überlandwerke; Engelbert

Dengler, Energieversorgung Buching-Trauchgau; Helmut

Kaumeier, Erdgas Schwaben; Florian Klotz, Elektrizitäts -

werke Reutte; Ingo Vorndran, Vereinigte Wertach-Elek -

trizitätswerke; Josef Wagner, Lechwerke AG.

Vertreter der Wirtschaft:

Robert Klauer, Kreishandwerkerschaft Kaufbeuren-

Buchloe; NN, Kreishandwerkerschaft Füssen-

Marktoberdorf; Manfred Schilder, IHK Schwaben.

Landrat Johann Fleschhut lässt sich nicht beirren

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Solarenergie

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Selbst über die Investitionskosten gibt es Aus-sagen im neuen Solarkataster, und man erfährt, ab wann man mit dem produzierten

Strom schwarze Zahlen schreibt. Über einen Wirt-schaftlichkeitsrechner können Sie weitere Informatio-nen zur Vergütung und dem Verbrauch erhalten oderdirekt mit dem Ansprechpartner der Sparkasse Kon-takt aufnehmen.

Das Kataster ist ein gemeinsames Projekt derSparkasse Lindenberg und der Stadt. Es soll den Haus-besitzern erleichtern, einen neutralen ersten Überblickzu erlangen. Beratung durch einen Fachplaner oderInstallateur im zweiten Schritt kann es natürlich nichtersetzen.

Kleine Anlagen sind die ZukunftViele Hausbesitzer scheuen sich vor dem Auf-

wand bei der Installation und glauben oftmals, dassdie Investition sich nicht lohnt – ein Trugschluss. DieZeiten der großen Anlagen, die das gesamte Hausdachbedecken, sind vorbei. Das Solarpotenzialkataster be-rücksichtigt insbesondere eine auf den potenziellen Ei-genverbrauch optimierte Anlagengröße. Bei normalenEinfamilienhäusern sind das oft nur 8 bis 10 Module.

Die Optimierung der Anlagengröße ist deshalbwichtig, weil die Wirtschaftlichkeit einer PV-Anlagemittlerweile stark davon abhängt, dass diese in einerangemessenen Größe zum Strombedarf ausgelegt ist.Dieses optimale Verhältnis zwischen der Größe derPV-Anlage und dem Strombedarf bzw. dem daraus abgeleiteten Eigenverbrauchspotenzial errechnet dasKataster und zeigt den Ausblick auf eine ökologischund ökonomisch gute Rendite.

EntstehungIm Solarkataster sind alle Gebäude innerhalb des

Stadtgebietes von Lindenberg abrufbar. Neben denDaten für die Sonneneinstrahlung liegt dem Solarka-taster ein aktuelles digitales Geländemodell zugrunde.Grundlage für die Solarpotenzialanalyse sind Laser-

scannerdaten, die wie im Bereich des AÜW aus einerÜberfliegung des Stadtgebietes stammen. Aus diesenInformationen wurde ein vereinfachtes Modell derHäuser und der umgebenden Objekte (z.B. Bäume) erstellt, das unter anderem die Dachflächen und -nei-gungen berücksichtigt. Einstrahlung und Verschattungwurden berechnet und stark verschattete Bereiche alsnicht geeignet identifiziert. Für die übrigen Dach -flächen wurde die Einstrahlung für den Verlauf einesganzen Jahres bestimmt.

Voraussetzungen sind hervorragendDie am besten geeigneten Dächer erscheinen in

grüner Farbe. Dort ist die Sonneneinstrahlung sehrhoch. In Lindenberg zeigt sich die Dachlandschaft auf-grund der vergleichsweise sehr guten Sonneneinstrah-lung fast einheitlich in grün. Doch obwohl die Voraus-setzungen deutschlandweit vor allem im Bereich dersolaren Energiegewinne nicht besser sein könnten,nutzen die Bewohner Lindenbergs erneuerbare Ener-gien noch sehr wenig. Fast zwei Drittel des gesamtenStrombedarfes in Lindenberg könnten durch Photo-voltaik gedeckt werden, wie die Entwickler des Solar-katasters errechnet haben. Bisher deckt Lindenbergaber nur drei Prozent seines Strombedarfes mit Son-nenenergie ab. Diesen Anteil möchte die Stadt gerneerhöhen, doch der erste Schritt dahin führt über dieInformation für jeden Einzelnen.

Vor gut einem Jahr startete das Allgäuer Überlandwerk (AÜW) mit seinem Solar-kataster. Allerdings nur für seinen Bereich und den seiner Partnerwerke. Seit Anfang des Jahres hat auch die Stadt Lindenberg gemeinsam mit der Sparkasse einSolarkataster vorgestellt. Mit wenigen Klicks erfahren die Lindenberger nicht nur,ob ihr Dach grundsätzlich für eine Photovoltaikanlage geeignet ist, sondern auch,auf welchen Teilflächen wie viele Module am effizientesten arbeiten.

Selbstversorgung im FokusSolarkataster in Lindenberg eingerichtet

Grüne Dächer: für Solarelemente geeignet,rote Dächer: nicht geeignet

KurzinfoSie finden das SPK über

die Klimaschutzseiten der

städtischen Homepage

www.lindenberg.de oder

unter www.solare-

stadt.de/lindenberg sowie

über die Homepage der

Sparkasse Lindenberg

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Abfallwirtschaft

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Im Auftrag des Bundesverbandes der DeutschenEntsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V.(BDE) wurde die Studie erstellt, in der fest gehalten

ist, dass schon heute das Recycling einen erheblichenBeitrag zum Klimaschutz leistet und Ressourcen ein-spart. Etwa 15 Millionen Tonnen Sekundärrohstoffekönnen so zweitverwertet werden. Zusätzlich werdenknapp fünf Millionen Tonnen Kompost produziert,die wertvolle Ressourcen wie Torf und Mineraldüngerschonen, die Bodenfruchtbarkeit steigern und eben-falls zum Klimaschutz beitragen.

Diese Anteile können und müssen weiter gestei-gert werden, so die Experten vom Öko-Institut. Dennvor allem die aus Erdöl hergestellten Kunststoffe, dienicht verwertet, sondern in ineffizienten Grundlast-anlagen verbrannt werden, belasten mit hohen CO2-Emissionen das Klima.

»Erhöhen wir den Anteil der rückgewonnenenKunststoffe durch das getrennte Sammeln, Sortierenund Aufbereiten, entlastet dies die Müllverbrennungund spart Primärrohstoffe ein. Das vermindert denCO2-Ausstoß um rund sechs Millionen Tonnen«, er-läutert Günter Dehoust, Wissenschaftler am Öko-In-stitut mit Schwerpunkt Kreislaufwirtschaft. »Damitwerden gleichzeitig weitere hochwertige Materialieneffizienter zurückgewonnen, die ebenfalls wertvolleBeiträge zum Klima- und Ressourcenschutz liefern.«

Mit den Abfallstoffen, die nicht recycelt werdenkönnen, soll schließlich nicht mehr Strom in Grund-lastkraftwerken gewonnen werden. Vielmehr solltendiese Stoffe möglichst flexibel für die Stromerzeugungeingesetzt werden. Gleichzeitig müssen die Emissio-nen aus Müllverbrennungsanlagen massiv reduziertwerden, um eine deutschlandweite CO2-Einsparungvon 80 bis 90 Prozent bis 2050 zu erreichen.

»Mit dem weiteren Ausbau der erneuerbarenEnergien ändert sich das Strommarktsystem funda-mental: Wir benötigen deutlich weniger Grundlast-kraftwerke, jedoch mehr flexible Reserven, die dannStrom erzeugen, wenn der Wind nicht weht oder dieSonne nicht scheint«, so Ralph Harthan, Klimaschutz-Experte im Bereich Energie & Klimaschutz am Öko-Institut. »Damit Strom aus Abfall möglichst wenigCO2 verursacht, müssen die fossilen Anteile durch Re-cycling möglichst reduziert werden.«

Damit die verbleibenden Reststoffe flexibel fürdie Stromerzeugung genutzt werden können, müssensie qualitativ hochwertig aufbereitet werden und la-gerfähig sein. Die Müllverbrennung, so folgert dasÖko-Institut, solle im Zuge der Energiewende künftignur noch die schadstoffhaltigen Abfälle beseitigen, dienicht anderweitig verwertet werden können.

Außerdem zeigt das Öko-Institut in seiner Ana-lyse, dass auch die Sammlung und Nutzung von Bio-abfällen weiter verbessert werden muss. Werden heuteetwa 50 bis 60 Prozent des anfallenden Bioabfalls ge-trennt erfasst und verwertet, sollte dies künftig nahezuvollständig erfolgen. Aus ökobilanzieller Sicht kanndieser organische Abfall dann idealerweise zunächstin Vergärungsanlagen zu hochwertigem regenerativemBiogas umgesetzt werden, das als Reservekapazität zurStrom- und Wärmeerzeugung genutzt werden kann.Neben der energetischen Nutzung des Biogases solleder Rest des organischen Abfalls aus den Vergärungs-anlagen zudem stofflich als Kompost Einsatz findenund als Ersatz für Mineraldünger und Torf zur Dün-gung und Bodenverbesserung verwendet werden.

Um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, muss die Abfallwirtschaft auf Recycling statt auf Müllverbrennung setzen.Zur Energiewende kann sie nur dann beitragen, wenn sie Abfall möglichst umfassend stofflich verwertet und verbleibende Abfallstoffe flexibel und effizient zur Energieerzeugung einsetzt.Dies sind zentrale Ergebnisse der Studie »Beitrag der Kreislaufwirtschaft zur Energiewende« des Öko-Institutes. Dazu hat der Zweckverband Abfallwirtschaft (ZAK) naturgemäß eine eigene Meinung.

Recycling kontra VerbrennungEnergiewende ohne Müllverbrennung?

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Hier finden Sie die Studie »Beitrag derKreislaufwirtschaft zur Energiewende.Klimaschutzpotenziale auch untergeänderten Rahmenbedingungen optimalnutzen« des Öko-Institutes: www.oeko.de/oekodoc/1857/2014-004-de.pdf

Das gemeinsame Hintergrundpapier»Wesentliche Erkenntnisse aus der Studiedes Öko-Instituts im Auftrag des BDE« finden Sie unter: www.oeko.de/oekodoc/1858/2014-005-de.pdf

Zum Nachlesen

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beim ZAK wie auch in Bayern nicht der Realität. Zu dieser Feststellung kommen im Übrigen die meis -ten Fachleute in der Abfallwirtschaftsbranche. DieAussage des Gutachtens, dass zukünftig EBS-Kraft-werke (Erstzbrennstoffkraftwerke) statt MHKW (Müll -heizkraftwerke) die bessere Alternative wären, kannfachlich nicht nachvollzogen werden, da EBS-Anlagenebenso wie die MHKW keine schnell regelbaren Anlagen sind.

Zusammengefasst kann man den wissenschaft-lichen Charakter der Studie in Frage stellen. Aus un-serer Sicht sind die Schlussfolgerungen der Studie imSinne des BDE stark interessengelenkt. Dazu mussman wissen, das der Großteil der Müllheizkraftwerkenach wie vor im Besitz der öffentlich-rechtlichen Ent-sorger ist, während die EBS-Anlagen sich hauptsächlichim Eigentum der Privatwirtschaft (BDE-Mitglieder)befinden. Wenn der BDE mehr stoffliches Recyclingfordert, dann sollte er mit gutem Beispiel vorangehen:Im Vergleich zu der hohen Recyclingquote in Bayernim öffentlich-rechtlichen Sektor wird im Bereich dergemischten Gewerbeabfälle (Zuständigkeit liegt beider Privatwirtschaft) nur eine stoffliche Quote vonmaximal zehn Prozent erreicht.«

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Der Zweckverband Abfallwirtschaft GmbH (ZAK) und die ZAK-Energie GmbHsind zertifizierte Entsorgungsbetriebe und werden nach höchsten Anforderungenan ein umweltgerechtes Qualitätsmanagement geführt. Geschäftsführer Karl HeinzLumer betrachtet aus gutem Grund das Gutachten des BDE mit kritischen Augen.Wir haben ihn um einen Kommentar aus regionaler Sicht gebeten.

»Wir sind grundlastfähig!«Lumer widerspricht dem BDE-Gutachten

Karl Heinz Lumer schreibt: »Die klassischenMüllverbrennungsanlagen sind verlässlicheGrundlastkraftwerke, die auch in Zukunft

als Teil des Kraftwerksparks für eine sichere Strom-und Wärmeversorgung sorgen. So hat allein dasMHKW Kempten im Jahr 2013 Strom für 20.000 undWärme für umgerechnet 18.000 Haushalte erzeugt.Insgesamt konnte damit für die Stadt Kempten eineCO2-Ersparnis von ca. zehn Prozent erreicht werden.

Sowohl in Bayern wie auch beim ZAK ist auch inZukunft nicht mit Überkapazitäten zu rechnen. Soweitan einzelnen Standorten in Bayern Kapazitätsreservenvorhanden sind, ist das durchaus sinnvoll und not-wendig. Dies haben gerade die Ereignisse beim Hoch-wasser 2013 (Sperrmüllanfall dramatisch angestiegen)wieder deutlich gezeigt. Auch bei Anlagenausfällenmüssen entsprechende Reservekapazitäten vorhandensein, um die Entsorgungssicherheit in Bayern zu gewährleisten. Ein weiterer wichtiger Aspekt wird im BDE-Gutachten völlig vernachlässigt: Auch nochso hohe Recyclingquoten schaffen keine Schadstoff-senkung und Hygienisierung der Abfälle unserer Gesellschaft. Soweit es sich um schadstoffbelastetenMüll handelt, ist die thermische Behandlung die um-weltverträglichere Variante im Vergleich zum stoff -lichen Recycling.

Nachdem in Bayern und beim ZAK die Recy-clingquote im Gegensatz zu anderen Bundesländernund insbesondere im Vergleich zu Großstädten sehrhoch (um die 75 Prozent) liegt, sind die Potenziale zurweiteren Steigerung des stofflichen Recyclings begrenzt. Die zukünftige im BDE-Gutachten prognos -tizierte Behandlungskapaziät entspricht insbesondere

Deshalb schlägt das Öko-Institut vor, die ge-trennte Erfassung von Wertstoffen zu steigern. Dazusollten deutschlandweit verursachergerechte Abfall-gebühren vorgeschrieben sowie die einheitlicheWertstofftonne eingeführt und mit ambitioniertenQuoten geregelt werden. Die Vorgabe zur getrenntenErfassung von Bioabfällen aus dem Kreislaufwirt-

schaftsgesetz muss konsequent umgesetzt und umtechnische Anforderungen an eine effiziente undemissi onsarme Behandlung erweitert werden. Schließ -lich sollten die Überkapazitäten der Müllverbren-nungsanlagen mit einem gezielten Programm zurück-gefahren werden, um das Preisdumping in diesemBereich zu unterbinden.

Karl Heinz Lumer

Das Müllheizkraftwerkim Kemptener Norden

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Licht-Umbau

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Eigentlich müssten die »Stromverkäufer« derLechwerke (LEW) ja sauer sein, dass in vielenOrten im Allgäu derzeit eine massive Umrüs -

tung von Quecksilberdampflampen, Natriumdampf-lampen und Halogen-Straßenbeleuchtungen stattfindet.Denn die neuen LED (light emitting diode) benötigenbis zu 70 Prozent weniger Strom. Das Gegenteil ist je-doch der Fall. Im Zuge der Energiewende treibt LEW die Umrüstung voran und berichtet über großeErfolge: In den von LEW-versorgten Gebieten in den Landkreisen Ober-, Ost- und Unterallgäu rüstenrund 90 Kommunen auf LED-Technik in der Straßen-beleuchtung um.

Insgesamt sind schon rund 2300 Leuchten mitLED-Technik montiert und umgerüstet. Davon etwa30 Prozent Neubau von Leuchten, ca. 70 Prozent Um-rüstung bestehender Leuchten.

»Aufgrund des Arbeitsaufwandes und der Kostenwird die Umrüstung bei uns noch Jahre dauern«, be-richtet Hans Peter Linder von der Stadt Immenstadt.Ähnlich geht es auch den anderen kommunalen Betrie-ben im Allgäu. Viele bauen erst um, wenn das Ende derNutzungsdauer vorhandener Leuchten erreicht ist oderdas Verbot der Quecksilberdampflampen ab 2015 greift.Bei LEW bekommen die kommunalen Anwender In-formationen über 40 verschiedene Modelle.

Einen konkreten Auftrag hat die Yes-CompanyGmbH in Mauerstetten vor der eigenen Hautüre aus-geführt. In einem Neubaugebiet hat der LED-Spezialistdie Straßenbeleuchtung neu erstellt. Dabei wird einVorteil der LED-Technik zum Stromsparen genutzt: DieLeuchten dimmen um 23 Uhr von 100 Prozent Leistungauf 70 Prozent herunter und ab 1 Uhr sogar auf 50 Pro-zent. Morgens um 5 Uhr fahren die Leuchten dann wie-der auf volle Leistung hoch. Die Einschaltzeiten imSommer und Winter ermittelt ein Sensor. Die Dimmer-Steuerung der Straßenlaternen wird in einem Schaltka-sten dezentral vor Ort installiert.

Dass die LED-Technik nicht nur draußen funk-tioniert, konnten die Fachleute von Yes im Büroraumvon Baufritz beweisen. Der Raum wird gleichmäßigmit den von den Arbeitsschutzbestimmungen vorge-schriebenen 500 Lux ausgeleuchtet. Die flimmerfreienHängeleuchten beinhalten auf 4,5 Meter Länge dreiLED-Elemente von 1,2 Metern Länge und 30 Zenti-metern Breite. Vorgeschaltete individuelle Berechnun-gen sorgen für gleichmäßige Ausleuchtung – selbst dieTageslicht-Oberlichter wurden in die Berechnungeneinbezogen. Eine angenehme Raum-Wahrnehmungwird durch nach oben gerichtete LED in den Hänge-leuchtern erzeugt. Armin Demmeler von Yes freutsich: »Ermüdungserscheinungen wie bei herkömmli-chen Leuchten kommen bei dieser LED-Lösung nichtmehr vor, und trotzdem sparen wir damit rund 40Prozent Energie ein!«

LED erobert das AllgäuRichtige Leuchten für innen und außen

Die Leuchtdiode (LED) ersetzt in der Region Zug um Zug herkömmlicheLichtquellen. Die Lechwerke berichten von vielen Umrüst-Aktionen bei gesamten Straßenbeleuchtungs-Komplexen in ihrem Liefergebiet, und die Yes-Company aus Mauerstetten kann auf Spezialanwendungen verweisen, die beachtenswert sind. LED steckt nicht mehr in den Kinderschuhen.

Neue LED-Straßenleuchten imNeubaugebiet der Gemeinde Woringen

Ausleuchtung eines Büroraumes bei Baufritz mit 500 Lux durch LED-Pendelleuchten

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Artenvielfalt

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Nun sind die Wintermonate vorbei, und mit dem beginnenden Frühling grünenund blühen unsere Landschaften wieder. Gartenbesitzer und Grünpfleger in denKommunen sorgen dafür, dass die privaten und öffentlichen Flächen bunt werden.Dabei wird oft auf Blüten- und Pflanzenmischungen zurückgegriffen, die für dieAugen schön anzusehen sind, aber keine natürliche Basis haben. Marcus Haseitlaus Bad Grönenbach zeigt wirkungsvolle regionale Alternativen.

Kunterbunte BlumenwiesenSchön fürs Auge, aber selten sinnvoll

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Insekten und Schmetterlinge lieben die »echten«Blumenwiesen (Bilder ober v. l): Hummel, Blutströpfchen, Heuschrecke, Kaisermantel

Wenn es auf Verkehrsinseln, Bankettenund städtischem Rasen immer öfterbunt zugeht, ist das zwar schön fürs

Auge, aber selten sinnvoll für Schmetterling & Co. Somuss der überwiegend importierte »Tütensamen«jedes Jahr aufs Neue gesät werden, da die Mischungenmeist einjährig sind. Schmetterlinge und Insekten fin-den im Blütenzauber jedoch kaum die richtigen Nahrungspflanzen für ihren Nachwuchs. Durch dieBearbeitung des Bodens für die Blumensaat werdenzudem Unkrautsamen geweckt, die als Samendepotbereits jahrelang im Boden schlummern.

»Es gibt Sonnenblumenfelder, auf denen Bienenschon verhungert sind. Um einer Mode willen hatman den Sonnenblumen die Pollen abgezüchtet«,merkt Marcus Haseitl (47), Naturpädagoge in BadGrönenbach, als Beispiel dafür an, wie durch Unbe-dacht in den Ablauf der Natur eingegriffen wird. Haseitl ist Imker und Naturpädagoge. Gerne lädt manihn als Referenten zu Themen rund um die Kultur-landschaft oder »Biene, Hummel, Mensch & Co.« ein.In Bad Grönenbach informiert er interessierte Grup-pen auf der Wiese, im Park oder an den eigenen Bie-nenstöcken über die Zusammenhänge von Natur undMensch. Auch die Tagfalter machen ihm Sorge, vondenen rund 60 Prozent auf der »Roten Liste« der aus-sterbenden Arten stehen.

Gegen Geranien-Monokultur»Es benötigt nur ein wenig Nachdenken, will

man für Insekten die Nahrungspflanzen erhalten, diezugleich für den Menschen eine Augenweide sind!«Straßenränder werden zugepflastert, die Felder bishart an den Ackerrand gepflügt, in den Blumenkästen

Naturerlebnis mit Marcus HaseitlIm Zwei-Wochentakt – von April bis September – lädt dieKurverwaltung Bad Grönenbach zu Themenführungen ein.Marcus Haseitl (Foto), der örtliche Projektleiter, geht dabeiauf die verschie densten Facetten ein: Naturerlebnis,praktische Gartentipps, Bienenprodukte und Gesundheitetc. Dabei gibt es immer wieder Faszinierendes aus derWelt der fliegenden Blütenbesucher zu sehen und zu hören.Treffpunkt: Kurpark Bad Grönenbach (vor Kurcafe Neumair,In der Vogelweide, 87730 Bad Grönenbach). Die Führungensind kostenfrei. Sie dauern jeweils ca. 90 Minuten und sindgrundsätzlich für Kinder geeignet. Weitere Infos über Kurverwaltung Bad Grönenbach: Tel. 08334/605-31, www.bad-groenenbach.de

Die Blumenwiese im eigenen GartenSo, wie es verschiedene Motivationen gibt, lebendiges Bunt in den eigenen Garten zu holen, sogibt es auch verschiedene Varianten, den Traum von einer Blumenwiese umzusetzen. Sei es einBlumenrasen oder eine Blumenwiese, eine blühende Saummischung zum Gliedern für sonnigeoder schattige Gartenbereiche – Sie erfahren Details zu Saatgutauswahl, Bodenverhältnissenoder auch zur Pflege. Termine: Fr, 25.04. – Fr, 04.07. – Fr, 12.09. (jeweils 14 Uhr)

Blühende Landschaft – Lebensgrundlage für Pflanze, Tier und MenschDas Zusammenspiel zwischen Blüten und Bestäubern bildet die Grundlage zur Vielfalt. Ohne dieBestäubungsleistung ist die natürliche Nahrungskette nicht denkbar – vom Singvogel über denPflanzenfresser bis hin zum Raubtier. Selbst unsere Nahrung hängt zu ca. 30% von Fremd -bestäubung ab, indirekte Zusammenhänge noch gar nicht berücksichtigt. Am Live-Bienenvolkerlebt man, wie Milliarden von Blütenbesuchen den Schlüssel zur Biodiversität bilden.Termine: Fr, 09.05. – Fr, 18.07. (jeweils 14 Uhr)

Bienen, Blüten und Piraten (besonders für Kinder)Kinder (und Erwachsene) sind immer wieder von der Lebendigkeit eines Bienenvolkes fasziniert,wie es die Landschaft durchströmt und bestäubt. Die fleißigen Bienen lassen uns staunen: Biszu 50.000 Einzelbienen sammeln und verarbeiten Pollen und Nektar. Allein für ein Pfund Blü -tenhonig besuchen sie ca. fünf Millionen Blüten. Der perfekte Bau des Wabenwerks, duf tendesWachs oder auch die spürbare Wärme des Brutnestes – der »Bienen-Kinderstube« – lässt nichtnur Kinder staunen. Und was es mit den Piraten auf sich hat, das zeigt der Imker und PädagogeMarcus Haseitl am offenen Bienenvolk. Termine: Fr, 20.06. – Do, 14.08 (jeweils 14 Uhr)

Gesundes aus dem BienenvolkHonig, Pollen, Propolis oder Gelèe royale: Von der Apitherapie, einer Heilweise mit Bienen -produkten, bis zur Volksheilkunde finden Bienenprodukte ihre willkommene Verwendung. Der Umgang mit Bienen ermöglicht aber noch viel mehr Harmonisierendes, wie es auch schonder schwäbische Bienenvater und Wasserdoktor Sebastian Kneipp kundtat. Das Erlebnis, wieZehntausende von Bienen ihr Lebenssystem organisieren, gewährt hierzu die besten Einblicke.Termine: Fr, 23.05 – Fr, 29.08. (jeweils 14 Uhr)

Die Welt der fliegenden Tänzer – SchmetterlingsführungWer an Schmetterlinge denkt, insbesondere an die farbenprächtigen Tagfalter, der verbindetdamit immer wieder Schönheit, Freiheit, Leichtigkeit oder auch Verwandlung. Doch Schmetter -linge brauchen auch unsere Unterstützung. Etwa 60% der Tagfalter stehen schon auf derRoten Liste. Erfahren Sie mehr von ihren Lebensräumen, bemerkenswerten Glanzleistungenund praktische Hinweise, wie wir in unseren Gärten und der Landschaft verbesserte Lebens -bedingungen schaffen können. Mit etwas Glück werden wir mit Bestimmungshilfen auchAusschau nach dem einen oder anderen Gaukler der Lüfte halten.Termine: Fr, 06.06. – Fr, 01.08. (jeweils 14 Uhr)

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herrscht die Geranien-Monokultur. In seinem Vortrag»Blühende Landschaft« zeigt Haseitl, wie es bessergeht. »Wenn wir in unseren Gärten und Balkonkästen,auf Verkehrsinseln und Blühstreifen an Feldern undHecken die entsprechenden Blumen säen, würde un-sere Umgebung nicht nur bunter, sondern auch wiederbienen- und insektenfreundlicher.«

Das Netzwerk »Blühende Landschaft« entwickeltIdeen für Städte und Gemeinden, die ihren Beitrag zurbiologischen Vielfalt (Biodiversität) leisten wollen. Einsinnvolles Mittel zur Aufwertung öffentlicher Grün-flächen ist es beispielsweise, kostenintensiven Wechsel -flor – Blumen und Pflanzen, die nach dem Blühen er-

setzt werden – durch Konzepte für nachhaltige Stau-den oder Rasen durch kräuterreiche Wiesen zu erset-zen. Um das zu erreichen, bedarf es klarer fachlicherKonzepte. Und auch die Bürger sollten dabei einbezo-gen werden, denn sie sollen ja Freude an einer öffent-lichen Fläche finden.

Auf die Mischung kommt es anPflanzen haben sich im Laufe der Jahrtausende

durch natürliche Auslese an ihre speziellen Umwelt-bedingungen angepasst: Alpenrosen gedeihen nicht inder Lüneburger Heide und die Besenheide nicht aufeiner Alpe. Temperatur, Höhenlage, Nährstoff- undWasserversorgung des Bodens müssen für die Aussaatidentisch mit den Bedingungen sein, unter denen derSamen gewonnen wurde. Licht-, dunkel- oder frost-keimende Pflanzen benötigen andere Voraussetzun-gen, um zu gedeihen. Zudem bringt jeder Boden eineandere Artenvielfalt zustande. Ob bei Blumenwiese,Feuchtwiese, Böschung, Magerstandort oder Dachbe-grünung: Es bedarf einer Mischung der entsprechen-den Saaten. Deshalb sollte man auf heimisches Saatgutzurückgreifen, da die Eigenschaften der Pflanzen inihren Genen festgelegt sind. Auf Initiative des Verban-des deutscher Wildsamen- und Wildpflanzenprodu-zenten (VWW) wurde im Rahmen eines von derDeutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördertenProjektes eine Karte mit 22 Herkunftsregionen für ge-bietsheimisches Saatgut aus Deutschland entwickelt.

Thomas Niehörster

Hilfreiche InfosHeimische Wildpflanzen sind ein unverfälsch -

tes Naturprodukt für den behutsamen Einsatz

in der freien Landschaft. Der Markt für Wild -

pflanzen hat sich in den letzten Jahren stark

entwickelt. Die Naturschutz gesetze fordern

bei Begrünungen den Einsatz von gebiets -

eigenem Pflanzenmaterial in der freien Land -

schaft. Eine stabile und zuver lässige Begrü -

nung kann nur mit qualitativ hoch wertigen

Produkten erreicht werden. Dies hat sich der

Verband deutscher Wild samen- und Wild -

pflanzenproduzenten (VWW) zur Aufgabe

gemacht. Der Verband hat in einem mehr -

jährigen Prozess eine Zertifizierung entwi -

ckelt, die dem Kunden ein hohes Maß an

Sicher heit über Herkunft und Qualität der

Produkte bietet.

Seine Tätigkeit erstreckt sich auch auf die

Mitwirkung bei der Gestaltung von Rege -

lungen und Gesetzesvorhaben auf Landes-,

Bundes- und EU-Ebene.

Verband deutscher Wildsamen- und Wild -

pflanzen produzenten: www.natur-im-vww.de

Netzwerk blühende Landschaften:

www.bluehende-landschaft.de

Wildblumen und Wildgräser aus gesicherten

Herkünften (z.B.): www.rieger-hofmann.de

Artenvielfalt

Zwei Schachbrettfalter, die Raupe des Kohlweißlings

und eine Scheinbienen-Keilfleck schwebefliege (v.l.)

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70 allgäuALTERNATIV

Die Frage kann generell mit »ja« beantwortetwerden. Allerdings hängt der Beitrag starkvon einigen wichtigen Faktoren ab. Während

im Norden unseres Landes die Freilandphotovoltaik-Anlagen auf Acker und Restflächen angelegt werden,stehen sie zumindest im südlichen Allgäu meist aufGrünland. Das fördert oft schon die Ansiedelung vonInsekten und Kleinlebewesen. Ein Blick ins Umlanderschließt dem Fachmann schnell weitere Umstände,die eine Solar-Fläche geeignet machen, Artenvielfaltzu fördern. Auch hier punktet das Allgäu öfter alsnördlichere Regionen mit ihren großen monotonenflachen Äckern. Warum? Die Allgäuer Landschaft istsehr abwechslungsreich. Fast immer befinden sichneben den Flächenanlagen Baumgruppen oder Wald-flächen, Wiesen, Bachläufe und kleine Biotope.

Vögel, Säugetiere, Amphibien und Insekten wan-dern aus den umliegenden Flächen verhältnismäßigschnell in die »technisch genutzten Flächen« ein. Daswird zusätzlich unterstützt durch die Abgeschlossen-heit der eingezäunten Solarparks. Einige natürlicheFeinde dieser Lebewesen scheuen die Anlagen. Dazukommt, dass die Flächen nicht mehr landwirtschaft-

lich genutzt werden. Sie dienen allenfalls als Schafwei-den. Das bedeutet in den meisten Fällen, dass unterden Panels auch nicht mehr gedüngt wird. Spinnenund Schmetterlinge, die sehr empfindlich auf Dün-gung reagieren, finden hier eine neue Heimat.

Parallel zur Tierwelt entwickelt sich auch eineneue Flora. Samen von Pflanzen der Umgebung flie-gen ein und können ihren ganzen Lebenszyklusdurchwachsen. Sie werden nicht bereits Mitte Mai»Opfer« der Intensiv-Landwirtschaft. Die extensiveNutzung der Flächen unter den Panels, die lediglichdie Verkrautung verhindert, oder die Beweidungdurch Schafe eröffnet verschiedenen Tier- und Pflan-zenarten eine neue Lebensgrundlage. Werden zwi-schen den Solarflächen an geneigten Hängen odersonnenärmeren Parzellen Feucht-Zonen künstlichhergestellt oder an den Rändern der Anlage Busch-werke angepflanzt, verdeckt das nicht nur die Sicht aufdie technischen Bauwerke, sondern erschließt neuenLebensraum für Amphibien und Vögel.

Der Landesbund für Vogelschutz hat in derOberpfalz an sechs unterschiedlichen Solarparks Feld-studien angestellt. Die Studie wurde von der Glücks-

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Nicht mehr intensivgenutzte Flächen unter denSolaranlagen sind nicht nurFutterplatz für Schafe, auchKleinlebewesen finden dort

eine neuen Heimat

Die großen Solar-Flächenanlagen sehen im ersten Moment eintönig und langweilig aus. Doch unter und zwischen den Panels istdas nicht immer so. Flora und Fauna sind erfinderisch, auch solche Flächen zu besiedeln. Allerdings geschieht das oft recht unterschiedlich.Können Solarparks einen Beitrag zur Artenvielfalt beitragen?

Was krabbelt unterm Panel?Flächenanlagen fördern die Biodiversität

Solarparks

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spirale unterstützt und galt besonders der Beobach-tung von Schmetterlingen, Heuschrecken, Spinnenund Vögeln. Aber auch andere Arten wurden über ei-nen gewissen Zeitraum erfasst. Dabei kam Erstaunli-ches zutage: Bei vier der sechs untersuchten Solarparkswurden »Aufwertungen« hinsichtlich der Artenvielfaltim Vergleich zu den umliegenden Ackerflächen fest-gestellt. Insgesamt erfassten die Beobachter 231 Pflan-zenarten und 157 Tierarten auf den Flächen der Solarparks. Darunter befanden sich auch 13 Arten, diein Bayern auf der Roten Liste stehen, und 19 Arten,die auf der Vorwarnliste zu finden sind.

Die Studie ist sicher nur teilweise auf das Allgäuzu übertragen, und auch hier wird es zwischen Unter-allgäu und Oberallgäu noch Unterschiede geben. Eines aber kann aus den Berichten der Vogelschützerdeutlich herausgelesen werden: Unter den Solarpanelsgibt es keine toten Flächen – ganz im Gegenteil.

Wenn bei der Anlage neuer Solarparks auf Randhecken, extensive Beweidung und eingelagerteFeuchtflächen geachtet oder Magerrasenflächen mitStein- und Felsbereichen künstlich angelegt werden,beschleunigt das mit Sicherheit die Ansiedelung vonFauna und Flora. red

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Er liebt die Magerrasen der Solarparks: der stark gefährdete Zahnflügel-Bläuling

Ein Hermelin freut sich über ausreichend Nahrung unter denSonnensegeln: Mäuse und Insekten wie z.B. Grashüpfer

Zwei Zauneidechsen beim Sonnenbad

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Schutzprojekt

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Die Naturschutzorganisation will jetzt dasknapp 9 000 Quadratmeter große Moor zwi-schen Maria Thann und Eglofs mittels Spen-

dengeldern aufkaufen und dauerhaft unter Schutzstellen. Für fünf Euro kann jeder Spender vier Quadrat-meter des artenreichen Lebensraumes symbolisch er-werben und für nachfolgende Generationen erhalten.

»Lebensräume wie diese sind ein absolutes Juwel«,erklärt Katja Wiese von Naturefund ihre Entscheidungfür das Hangquellmoor. »Es gibt kaum noch wirklichwild fließende Bäche in Mitteleuropa, somit gilt es,diesen abwechslungsreichen Lebensraum, der durchEiszeiten geformt wurde, zu schützen.« Das Gebiet be-steht aus kleinen Mooren, verkarsteten tiefen Tälern

Durch die Luft schwirren Kaisermantel, Schlüsselblumen-Würfelfalterund die seltene Gestreifte Quelljungfer, die größte heimische Libelle. Das Hangquellmoor »An der Kohlengrube« befindet sich an der Oberen Argen, einem der letzten unbegradigten Gebirgsflüsse Mitteleuropas. Aus diesem Grund hat Naturefund das Moor zu seinem neuen Schutzprojekt auserkoren. Die wilden Argen wurden sogar zur Flusslandschaft der Jahre 2014/15 ernannt.

Moorrettung für fünf EuroWestallgäuer Schutzprojekt gestartet

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Das Hangquellenmoor »An der Kohlengrube« nahe der

Oberen Argen ist einartenreicher Lebensraum

Wangen im Allgäu

Maria-Thann

Eglofs

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und Schluchten, Wasserfällen und vielen Quellen. DasHangquellmoor ist nicht nur Heimat zahlreicherSchmetterlinge wie Waldbrettspiel, Distelfalter undLandkärtchen, auch seltene Libellen oder Wildkräuterkommen hier vor. Zudem ist es ein wichtiges Trittbrettzu benachbarten artenreichen Lebensräumen, die sovernetzt bleiben und den genetischen Austausch sel-tener Arten ermöglichen.

Katja Wiese hofft, bald die erforderliche Gesamt-summe von rund 9 000 Euro zusammenzuhaben. An-derenfalls droht dieses Moor trockengelegt zu werdenund einer Fichten-Monokultur zu weichen. Das neueProjekt von Naturefund ist also die einmalige Chance,diese ursprüngliche Naturlandschaft in Deutschlandzu bewahren und damit auch den einzigartigen Le-bensraum seltener Tier- und Pflanzenarten. Nachdemdie Fläche dauerhaft gesichert ist, soll sie durch örtli-che Naturschutzpartner weiter optimiert werden. Sosollen beispielsweise eingetiefte Gräben verschlossenwerden, damit die vorhandenen Quellrinnsale natur-nah über die Moorflächen verrieseln können. Von die-sen Pflegemaßnahmen wird die Gestreifte Quelljung-fer profitieren, eine seltene Libellenart, die in diesemHangquellmoor nachgewiesen wurde.

Spenden für die QuelljungferDie Gestreifte Quelljungfer ist mit zehn

Zentimetern Flügelspannweite eine der

größten Libellen Mitteleuropas. Ihr

bevorzugter Lebensraum sind Quellen, kühle

Bäche und kleine Moore. In Mitteleuropa

kommt diese Art nur inselartig vor und gilt als

stark bedroht. Der Kauf und damit Erhalt

dieses Hangquellmoores bewahrt einen

wichtigen Lebensraum für diese seltene Art.

Spendenkonto: Nassauische Sparkasse,

IBAN-Nr: DE34 5105 0015 0101 2613 52,

BIC/Swift: NASSDE55XXX, Betreff: Libelle.

Infos zum Projekt: www.naturefund.de/land

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Die Gestreifte Quelljungfer ist die wohlprominenteste Bewohnerin des Hangquellmoores

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Vorschau auf die Themen der Sommerausgabe

Gebäudetechnik Die besten Ratschläge, Energie einzusparenWasserkraft Es gibt weitere Reserven im Allgäu – wir sagen Ihnen, woAllgäuer Mächler Tolle Ideen aus dem eza!-Wettbewerb – exklusiv vorgestelltGutes aus der Region Im Allgäu erzeugt – im Allgäu angebotenNaturschutz Die Vielfalt in Wald und Flur – so bleibt sie erhalten

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Energiewende für Schüler

Letzte Meldung

menbedingen ebenso ein wichtiger Baustein wie dasEnergiebewusstsein der Bevölkerung«, so JürgenHerrmann vom AÜW.

Die Exponate werden vom Landesamt für Um-welt (LfU) kostenfrei zur Verfügung gestellt und zei-gen den Besuchern auf anschauliche Art und Weise,wie die Energiewende im Haushalt gelingt und somitjeder ein Stück dazu beitragen kann. Bevor Oberbür-germeister Dr. Ulrich Netzer die Ausstellung offizielleröffnete, sagte Stefan Keppeler vom StadtjugendringKempten: „Wir freuen uns, dass die Ausstellung in denkommenden Wochen von 38 Schulklassen mit rund680 gemeldeten Teilnehmern bereits vor der Eröff-nung ausgebucht war.« Rund um die Ausstellung bietetdas AÜW eine interessante Vortragsreihe an. Die Aus-stellung »Energiewende« ist im Zeitraum bis 11. Aprilan Werktagen von 9 bis 16 Uhr geöffnet. Der Eintrittist frei. Ausstellungsort: AÜW-Infocenter »Stadtsäge,Illerstraße 12 in 87435 Kempten.

Ab 14. April wird diese Ausstellung dann in Sont-hofen im Rathaus vom Bund Naturschutz und Part-nern angeboten.

Der Stadtjugendring Kempten und das All-gäuer Überlandwerk bieten derzeit gemein-sam die Ausstellung »Energiewende« in

Kempten an. Noch bis 11. April haben Schulklassendie Möglichkeit, dieAusstellung un terfachkundiger Füh-rung zu erlebenund sogar in Work-shops selbst dieEnergiewende ein-zuleiten.

»Der Erfolgder Energiezukunfthängt von mehre-ren Faktoren ab.Neben der zuneh-menden Energie -erzeugung aus er-neuerbaren Ener-giequellen sind diepolitischen Rah-

Stadtjugendring-Chef Stefan Keppler testet, wie viel Energie er in derMinute »erradeln« kann

Anzeigenschluss für die nächste Ausgabe ist am 19. Mai

Die Ausgabe 2/2014 erscheint am 15. Juni

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