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Sebastian Kurz Europa und Integration S. 12 Armin Laschet Gut für NRW, gut für Europa S. 14 Christine Clauß Gesundheitswirtschaft in Sachsen S. 18 MAGAZIN FÜR POLITIK UND GESUNDHEIT 02/2014 Jahrgang 11 5,00 Euro 20348 EUROPAWAHL AM 25. MAI Weichenstellung für die gemeinsame Zukunft EUROPAWAHL AM 25. MAI Weichenstellung für die gemeinsame Zukunft

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Schwerpunkte Europowahl, Kommunalwahl, Gesundheitswirtschaft

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Sebastian KurzEuropa und Integration S. 12

Armin LaschetGut für NRW,gut für Europa S. 14

Christine ClaußGesundheitswirtschaftin Sachsen S. 18

MAGAZIN FÜR POLITIK UND GESUNDHEIT

02/2014Jahrgang 11

5,00 Euro

2034

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EUROPAWAHL AM 25. MAI

Weichenstellung für die gemeinsame Zukunft

EUROPAWAHL AM 25. MAIEUROPAWAHL AM 25. MAI

Weichenstellung für die gemeinsame Zukunft

Weichenstellung für die gemeinsame Zukunft

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Caring and curing Leben retten und Gesundheit verbessern – das ist unser Ziel.

Die Entwicklung bahnbrechender neuer Medikamente steht für Novartis an erster Stelle. Sie schaffen neue Behandlungsmöglichkeiten für bislang unerfüllte medizinische Bedürfnisse der Patienten. Patienten und ihre Bedürfnisse können jedoch sehr unterschiedlich sein. Deshalb bietet Novartis neben innovativen Medikamenten auch Möglichkeiten zur Krankheitsvorbeugung sowie Generika an und verbessert den Zugang zu medizinischer Versorgung.

www.novartis.de

Caring and curing Leben retten und Gesundheit verbessern – das ist unser Ziel.

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Syndikus: Anwalt zweiter Klasse?Das Bundessozialgericht hat am 03. April über die Befreiung von Syndikusanwälten von der Rentenversicherungspfl icht entschieden. In drei Fällen stellten die Richter fest, dass eine Befreiung von abhängig beschäftigten Anwälten nach § 6 Abs. 1 SGB VI nicht zulässig ist. Das Gericht bestätigte damit eine seit Jahren willkürlich ausgeübte Praxis der Deutschen Rentenversicherung. Anwälte, die bei nicht-anwaltlichen Arbeitgebern beschäftigt sind, müssen damit sowohl in das anwaltliche Versorgungswerk, als auch in die Deutsche Rentenversicherung einzahlen. Das Urteil mehrt damit auch Zweifel an der zukünftigen Befreiung von Ärzten und Apothekern, die z. B. in der Forschung in Unternehmen beschäftigt sind. Fazit: Das Bundessozialgericht stärkt die höchst umstrittene Zwei-Berufe-Theorie. Der Gesetzgeber sollte hier zugunsten der freien Berufe eine Änderung des SGB VI herbeiführen. Hat die GroKo den Mut dazu? Vielleicht richtet es dann doch besser Karlsruhe.

EDITORIAL

INHALTNeue Führung – gleiche Probleme

Dr. Mathias Höschel und Frank Rudolph, Herausgeber

Am 28.02.2014 wählte die Ver-treterversammlung der Kassen-ärztlichen Bundesvereinigung (KBV) den Düsseldorfer Arzt Dr. Andreas Gassen zum Nach-folger von Andreas Köhler und damit zum neuen Vorstandsvor-sitzenden.

Dr. Gassen hat damit nicht nur ein schweres Amt angetreten. Er hat auch die nicht unerheblichen Probleme seines Vorgängers ge-erbt. Seit Jahren tobt innerhalb der KBV ein Kampf zwischen Haus- und Fachärzten. Andreas Köhler ist auch daran geschei-tert, dass er im eigenen Haus kaum Rückendeckung hatte und die unterschiedlichen Standpunk-te im Vorstand fast ausschließlich medial ausgetragen wurden. Sein Nachfolger hat nun die scheinbar unlösbare Aufgabe, die verschie-denen Interessengruppen hinter sich zu bringen und ein Bild der Geschlossenheit zu vermitteln. Dabei läu� aber bereits heute al-les darauf hinaus, dass gerade die Hausärzte ihre eigene KV anstre-ben, losgelöst von allen Zwängen und nur für sich alleine verant-wortlich. Ob Andreas Gassen in der Lage sein wird, dies aufzuhal-

ten, darf zumindest angezweifelt werden. Zu tief scheint der Riss und das Misstrauen zwischen Haus- und Fachärzten, man ist eigentlich nur noch mit sich selbst beschä� igt und verliert sich zu-sehends in einer unübersehbaren Flut von Anträgen und gegensei-tigen Vorwürfen.

Es bleibt abzuwarten, wohin das alles führen wird. Ho� entlich nicht in eine eigene Hausarzt-KV; damit verbunden wäre noch mehr Büro-kratie mit einer weiteren Standes-vertretung mit noch mehr Hono-rarverteilungskämpfen und einem immer größeren Misstrauen inner-halb der Ärztescha� .

Letztlich hil� das vor allem den Patientinnen und Patienten nicht weiter. Die haben von alle dem keine bessere Versorgung und oben drein auch noch einen unzu-friedenen Arzt. Das kann und darf aber nicht das Ziel für die Zukun� sein. Alternative kann aber auch nicht sein, der Politik den Ver-sorgungsau� rag vor die Füße zu schmeißen und sich damit letztlich selbst über� üssig zu machen. Das wäre nämlich das Ergebnis einer solchen Kurzschlusshandlung.

4 Wohnortnahe Behandlung Ländlich Räume nicht benachteiligen, fordert

Georg Kippels, MdB

5 Ambulante Versorgung Über neue Lösungen berichtet Thomas

Wingerath

6 Wahlrecht und Volljährigkeit Wahlrechtsfragen sind Machtfragen, meint

Stephan Eisel

8 Mythos Europa MdEP Herbert Reul zur Europawahl

am 25. Mai

12 Europa und Integration Der neue österreichische Außenminister

Sebastian Kurz schreibt exklusiv für am puls

14 Die Wahl: Europa und NRW Armin Laschet, MdL über die Bedeutung

des 25. Mai

16 Grenzen des Wachstums Für die Versöhnung von Markt und Mensch

plädiert Peter Weiß, MdB

18 Gesundes Sachsen Den „Gesundheitsstandort Sachsen“

beschreibt Ministerin Christine Clauß, MdL

20 Berlin auf Kurs Eine Bilanz der Regierungsbeteiligung

zieht Florian Graf, MdA

22 Kommentar Die Formel für ein gutes Gesundheitssystem

erläutert Jens Spahn, MdB

22 Impressum

Tim A. Küsters, 31, ist Justiziar der Industrie- und Handelskam-mer Mittlerer Niederrhein und Chefredakteur von am puls

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MEDIZINISCHE VERSORGUNG

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DR. GEORG KIPPELS

Dr. Georg Kippels, MdB, ist 54 Jahre alt, beheimatet im Rhein-Erft-Kreis, stellv. Mitglied im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages

Schon lange vor meinem Einzug in den Deutschen Bundestag befasste ich mich auf kommunalpolitischer Ebene mit der zuneh menden Problematik der medizini-schen Versorgung im ländlichen Raum. Die Sicherstellung einer guten, fl ächendecken-den und bedarfsgerechten medizinischen Versorgung der Bevölkerung ist auch vor dem Hintergrund der Leitvorstellung des Bundes und der Länder der „gleichwerti-gen Lebensverhältnisse“ (Art. 20 GG) ein zentrales gesundheitspolitisches Anliegen. Die Schwellenwerte für regionale Über- und Unterversorgung werden durch die „Be-darfsplanungsrichtlinien“ der Kassenärzt-lichen Bundesvereinigung defi niert.

Ländliche Räume haben ein zunehmen-des Problem, ihre medizinische Versor-gung auf dem notwendigen Niveau auf-recht zu erhalten, gleichzeitig erhöht sich, bedingt durch den demogra� schen Wan-del und einer alternden Bevölkerungs-struktur in ruralen Regionen, ihr Bedarf an medizinischen Leistungen. Sowohl die ambulante als auch die stationäre medi-zinische Versorgung außerhalb von Bal-lungsräumen kann schon heute nicht mehr als bedarfsdeckend bezeichnet werden. Diese Situation wird sich ohne innovative Versorgungskonzepte in Zu-kun� weiter zuspitzen. Die beschriebe-

nen Entwicklungen machen es erforder-lich, Maßnahmen zu ergreifen, die der Unterversorgung in den peripheren Räu-men entgegenwirken.

Es ist nicht davon auszugehen, dass in einem vertretbaren Zeitraum ausreichend Ärzte im ländlichen Raum zur Verfügung stehen werden. Die Ärztescha� wird äl-ter, und den frei werdenden Stellen steht nicht genügend Nachwuchs gegenüber. Schon während des Studiums gibt es einen Schwund von etwa 40 Prozent der Studierenden, die nicht ihren „Arzt im Praktikum“ antreten. Zur Sicherstellung einer � ächendeckenden Versorgung me-dizinischer Leistungen haben wir im Ko-alitionsvertrag eine weitere Förderung der Ansiedlung von Ärzten durch geeig-nete Anreizmechanismen verankert. Un-nötige Bürokratiebarrieren werden wir abbauen und die Möglichkeit zur Zulas-sung von Krankenhäusern in peripheren Gebieten erleichtern. Das Gesamtsystem der medizinischen Versorgung muss vor allem durchlässiger und � exibler werden. Zusammenarbeit und Vernetzung sind dabei die entscheidenden Stichworte.

Erfolgversprechende Konzepte gibt es schon heute. Ein Beispiel gelungener Kompetenzbündelung und Kooperation

in der stationären Versorgung im länd-lichen Raum ist der seit 2009 bestehen-de Klinikverbund Er� GmbH in meinem Wahlkreis. Eingegliedert wurden das St. Katharinen-Hospital in Frechen für die Grund- und Regelversorgung sowie die akademisch-medizinische Ausbildung, das St. Hubertus-Sti� in Bedburg mit den Fachdisziplinen Chirurgie und Innere Medizin, als auch das St. Katharinen-Sti� und das St. Katharinen-Hospiz. Durch dieses gemeinsame Versorgungskonzept ist eine wohnortnahe stationäre Behand-lung auch in der Fläche gewährleistet.

Dennoch braucht es für ein zukun� sfä-higes Versorgungsnetz weitere innovative Antworten, die trotz zunehmender Land-� ucht eine � ächendeckende medizinische Versorgung sicherstellen. Der demogra� -sche Wandel muss dabei als Chance ver-standen werden, neue medizinische Ver-sorgungskonzepte zu implementieren. Dazu gibt es zahlreiche Beispiele, die im Ausland schon Anwendung � nden. Am-bulante medizinische Leistungen müssen näher an den Menschen gebracht wer-den, so z.B. über Außensprechstunden. Modelle einer Unterstützung durch mo-bile Krankenschwestern und das Poten-zial der Telemedizin muss außerdem ef-fektiver genutzt werden. Ein Umdenken ist bereits erfolgt und wir werden die-sen Weg konsequent weiterverfolgen, um unserer staatlichen Aufgabe der Daseins-vorsorge gerecht zu werden.

Ländliche Räume haben ein zunehmendes Problem, ihre medizinische Versorgung auf dem notwendigen Niveau aufrecht zu erhalten

Wohnortnahe stationäre Behandlung gewährleistenWohnortnahe stationäre Behandlung gewährleisten

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ÄRZTEMANGEL

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DR. THOMAS WINGERATH

Dr. Thomas Wingerath, Jahrgang 1966, zwei Kinder. Studium der Chemie an den Universitäten Köln und Düsseldorf. Seit 2008 für die Novartis Pharma GmbH im Bereich Gesundheitspolitik und Kranken-kassenmanagement tätig

Das Ausmaß des Problems Ärztemangel ist hinlänglich bekannt, gestritten wird dennoch über die Details: GKV und KBV beziffern die Zahl der zum Ausgleich der Unterversorgung nötigen Ärzte unter-schiedlich hoch. Dabei ist längst klar, dass der vor allem in ländlichen Regionen drohende medizinische Versorgungsman-gel auf strukturelle Umwälzungen zurück-zuführen ist. Angesichts einer steigenden Nachfrage nach ärztlicher Versorgung und dem dieser Nachfrage nicht ent-sprechenden Angebot können sich Ärzte immer mehr den Standort, die Einrichtung sowie die Arbeitsbedingungen aussuchen. Dies gilt in zunehmendem Maße auch für Nordrhein-Westfalen und bedeutet, dass in bestimmten Regionen der Zugang zur me-dizinischen Versorgung in der gewohnten Qualität kaum mehr aufrechterhalten wer-den kann. Konkrete Lösungen sind daher gefragt, wie es u. a. das Dienstleistungs-unternehmen patiodoc aus Berlin anbietet.

„Es braucht tragfähige Lösungen und enge Kooperationen, die eine wohn-ortnahe und leistungsfähige ambulan-te Versorgung sichern. Das wird nur zu erreichen sein, wenn Mediziner die Voraussetzungen dafür � nden. Unser

Der Arbeitsausschuss Arbeit, Gesundheit und Soziales (AGS) der CDU-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen informiert sich zu neuen Konzepten gegen den sich abzeichnenden Ärztemangel in ländlichen Regionen

Neue Lösungen fürdie ambulante Versorgung

Produktportfolio bietet Lösungen und reagiert auf die wandelnden Erwartun-gen von vor allem jungen Medizinern“, sagt Ralf Sjuts, Vorstandsvorsitzender der patiodoc AG, in der Diskussion mit dem Arbeitsausschuss Arbeit, Ge-sundheit und Soziales der CDU-Land-tagsfraktion Nordrhein-Westfalen. So betreiben und unterstützen die Berli-ner kooperativ und integriert arbeiten-de medizinische Einrichtungen. Mit ihrem Dienstleistungsportfolio von kaufmännischer Leitung über Praxis-marketing bis hin zum Rechnungswe-sen und der Buchhaltung organisieren sie die Strukturen der ärztlichen Zu-sammenarbeit. patiodoc betreibt und initiiert erste Arztpraxen und MVZs, in denen Mediziner ohne � nanzielles Risiko ambulant tätig werden können. Zudem rekrutiert man Ärzte im ambu-lanten Sektor für Vorhaben der KVen, Gemeinden und anderen Versorgungs-unternehmen.

Konkret wurde Sjuts am Beispiel des niedersächsischen Sögel im Emsland. Knapp 7.500 Einwohner, viel Natur und Kulturlandscha� , eine beschauli-che kleine Gemeinde eben, aber nicht

die große Verlockung für Mediziner. Dennoch ist es dem Berliner Unter-nehmen gelungen, in diesem Jahr einen Hausarzt für den unterversorg-ten kleinen Ort zu � nden. Der Haus-arzt wird in der von der Gemeinde er-richteten Immobilie in der Stadtmitte, in der dann die Praxis unter der Re-gie der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) untergebracht wird, praktizieren. Interessant, patio-doc stellt nach Genehmigung durch die KVN den Arzt in dieser Eigenein-richtung mit einem Festgehalt an. Zu-dem sind das nicht ärztliche Personal und die Praxisausstattung Bestandteil des Konzeptes.

Nicht zuletzt mit der Initiative „Wir wollen den Arzt vor Ort“ der CDU-Landtagsfraktion konnten die teil-nehmenden Arbeitskreismitglieder die hohe Bedeutung des ª emas nur unterstreichen. Eigene Erfahrungen so-wie bereits initiierte Aktivitäten vor Ort ergänzten sich mit den Impulsen, die durch die patiodoc AG gegen Ärzte-mangel und abzeichnende Unterversor-gung gegeben wurden. Es wird abzu-warten sein, welche neuen innovativen Versorgungsansätze sich auch in Nord-rhein-Westfalen etablieren werden.

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WAHLALTER

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Wahlrechtsfragen sind Machtfragen. Das gilt z. B. für die Entscheidung über Mehr-heits- oder Verhältniswahlrecht, den Zu-schnitt und die Größe von Wahlkreisen, den Umgang mit Überhangmandaten, Modali-täten der Briefwahl oder die Zulässigkeit der Stimmabgabe per Internet. Über all dies wird in der Demokratie regelmäßig und heftig gestritten, denn es kann umso entscheidender für den Ausgang einer Wahl sein umso knapper die Ergebnisse sind.

Vor diesem Hintergrund hat in den letz-ten Jahren in Deutschland auch die De-batte um eine Absenkung des Wahlalters an Tempo aufgenommen. Sie zeichnet sich freilich mehr durch Glaubensbekenntnisse als durch sachorientierte Argumente aus. Dies hat damit zu tun, dass sich manche von einer Senkung des Wahlalters Vorteile bei Wahlen versprechen und andere Nach-teile befürchten.

Andere Altersgrenzen für das Wahlrecht als die Volljährigkeit sind willkürlich und damit leich-te Beute für parteipolitische Opportunitätsüberlegungen

Klarheit statt Willkür:Das Wahlrecht gehört zur Volljährigkeit

Tatsächlich geht es bei der Festlegung des Wahlalters aber um die Anwendung allge-mein akzeptierter Kriterien, die frei von politischem Manipulationsverdacht sind. Dabei ist die Verknüpfung von Wahlrecht und Volljährigkeit die plausibelste Rege-lung. Es ist deshalb kein Zufall, dass in fast allen demokratischen Ländern das aktive Wahlalter an die Volljährigkeit (in der Re-gel 18 Jahre) geknüp� ist. Von den welt-weit etwa 80 als Demokratien anerkannten Ländern haben nur vier haben das aktive Wahlalter unter 18 Jahre gesenkt: Argenti-nien, Brasilien und Österreich auf 16 Jahre, Indonesien auf 17 Jahre. Ansonsten wurde dieser Weg nur in autoritären Staaten und Diktaturen gewählt: Ecuador, Kuba, Nica-ragua und Nordkorea mit 16 Jahren und so-wie der Sudan und Osttimor mit 17 Jahren.

In einer Demokratie konkretisiert sich der innere Zusammenhang zwischen Wahlalter

und Volljährigkeit in der Fra ge, warum je-mand über die Geschicke der Gesellscha� mitentscheiden soll, den diese Gesell scha� noch nicht für reif genug hält, seine eigenen Lebensverhältnisse selbstständig zu regeln. Eine Ent koppelung von Wahl berechtigung und Volljährigkeit löst Bür gerrechte wie das Wahlrecht von den Bürgerp� ichten, die zur Volljährigkeit gehören. Vornehms-te Bürgerp� icht ist nämlich die Übernah-me der vollen Verantwortung für die Fol gen des eigenen Handelns wie sie mit der durch die Volljährigkeit gewährten vollständigen Entschei dungsfreiheit des Bürgers einsetzt.

Es ist vor diesem Hintergrund kein Zufall, dass alle (!) bisher vorliegenden Umfra-gen zeigen, dass 16/17-jährige Jugendliche mehrheitlich eine Absenkung des Wahl-alters ablehnen. Sie haben o� enbar ein feines Gespür dafür, das sich Rechte und P� ichten des Staatsbürgers in einer Balan-ce be� nden müssen. Erwachsene sollten das ernst nehmen anstatt Minderjährige in der Ho� nung auf den eigenen politischen Vorteil zwangszubeglücken.

Die Wahlberechtigung für Minderjährige ist ein Widerspruch in sich, weil sie das Wahl-recht von der Le bens- und Rechtswirklich-keit abkoppelt:

Wer 16 Jahre alt ist, darf zwar Mofa fah-ren, aber ohne Begleitung eines Erwach-senen kein Auto len ken, zwar Bier trinken, aber keine hochprozentigen Alkoholika und ohne Erlaubnis der Eltern eine Diskothek nur bis Mitternacht besuchen. Heiraten darf man zwar ab 16, aber nur wenn ein Fami-liengericht dazu die Genehmigung erteilt und der Ehepartner bereits volljährig ist. Kaufverträge, die von Jugendlichen unter 18 Jahren ge schlossen werden sind nach dem sog. „Taschengeldparagraph“ (§ 110 BGB) nur wirksam, wenn sie aus Mitteln bezahlt werden, die von den Erziehungs-berechtigten überlassen wurden.

Es ist au� ällig, dass auch die Befürworter einer Absenkung des Wahlalters an diesen Alterseinschränkungen nichts ändern wol-len. Sie plädieren nicht für eine Absenkung der Voll jährigkeit. Stattdessen vertreten sie o� ª esen, die in der Fachwelt längst wi-derlegt sind, aber vor allem im Blick auf das Wahlrecht keine Rolle spielen sollten.

Klarheit statt Willkür:Das Wahlrecht gehört zur VolljährigkeitKlarheit statt Willkür:Das Wahlrecht gehört zur Volljährigkeit

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WAHLALTER

STEPHAN EISEL

Dr. Stephan Eisel (1955) hat Politik- und Musikwissenschaft studiert und ist Pro-jektleiter in der Konrad-Adenauer-Stiftung. Er war Redenschreiber und stv. Leiter des Kanzlerbüros bei Helmut Kohl, bis 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages, ist verantwortlich für mehrere Internet-Blogs und Autor mehrerer Bücher. Die von ihm verfasste ausführliche Studie „Wählen mit 16?“ kann kostenlos angefordert wer-den unter [email protected]

Dazu gehört die Behauptung, Jugendliche seien im Blick auf ihre Urteilsfähigkeit auch vor der Volljährigkeit reif genug, an Wahlen teilzunehmen. Eine „Wahlreifebeurteilung“ wird aber auch bei Erwachsenen nicht vor-genommen. Ähnliches gilt für ein behaup-tetes hohes Politikinteresse minderjähriger Jugendlicher: Angenommenes Politikinte-resse ist in der Demokratie keine Vorausset-zung der Wahlberechtigung. Auch das Ar-gument, eine Senkung des Wahlalters würde die Wahlbeteiligung beein� ussen, ist sach-fremd: Das Wahlrecht in der freiheitlichen Demokratie besteht unabhängig davon, ob es tatsächlich ausgeübt wird und wie hoch die Wahlbeteiligung ist.

Wie willkürlich die Abkoppelung des Wahl-alters von der Volljährigkeit ist, zeigt sich auch daran, dass sich die Debatte einseitig auf das aktive Wahlrecht beschränkt und das passive Wahlrecht ausspart. Die Befür-worter einer Senkung des aktiven Wahlalters müssen sich aber fragen lassen, warum sie Jugendlichen das Recht verwehren wollen, Gleichaltrige zu wählen. Sie müssten dazu freilich die Absenkung der Volljährigkeits-grenze vorschlagen, denn für Minderjähri-ge lässt sich die Freiheit des Mandats wegen des Interventionsrecht von Erziehungsbe-rechtigten nicht garantieren.

Das Kriterium der Volljährigkeit schützt auch vor Willkür bei der Festlegung des Wahlalters je nach eigener politischer Inte-

ressenlage: Diese Gefahr spiegelt sich in der Vielzahl von Vorschlägen unterschiedlicher Altersgrenzen: SPD und Grüne wollen eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Bun-desjugendring und Kinderhilfswerk plädieren für eine Grenze bei 14 Jahren. Die Piraten-partei hat im Berliner Abgeordnetenhaus eine Absenkung auf 7 Jahre beantragt. Die Ju-gendorganisationen von Piraten und Grünen wollen sogar jede Altersgrenze abscha� enDieser parteipolitisch motivierten auf den eigenen Vorteil bedachten Festlegung des Wahlalters steht die Klarheit der Verknüp-fung von Wahlalter und Volljährigkeit gegen-über, die auch von einem breiten gesellscha� -lichen Konsens getragen ist:0 Es ist ein o� enkundiger Widerspruch je-

manden vor der Volljährigkeit die unein-geschränkte Entscheidungshoheit über das eigene Leben zu verweigern, ihm aber zugleich die volle Entscheidungsgewalt über Fragen der Gesellscha� insgesamt zu übertragen.

0 Erst mit der Volljährigkeit übernimmt der Staatsbürger die volle Verantwortung für das eigene Handeln und seine Folgen. Es ist schlüssig, dass die vollen staatsbürgerli-chen Rechte auch den tatsächlichen staats-bürgerscha� lichen P� ichten entsprechen.

0 Andere Altersgrenzen für das Wahlrecht als die Volljährigkeit sind willkürlich und damit leichte Beute für parteipolitische Opportunitätsüberlegungen.

0 Nur mit der Koppelung an die Volljährig-keit kann für aktives und passives Wahl-recht die gleiche Altersgrenze gelten und das Recht zu Wählen dem Recht Gewählt zu werden entsprechen.

Diesen Konsens zu unterlaufen, schwächt die Bindungskra� der Spielregeln, über die in einer Demokratie Konsens herrschen muss, um Kon� ikten und ihrer friedlichen Lösung den notwendigen Raum geben zu können.

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EUROPA zwischen Mythos und Wahrheit

Die Europapolitik hat sich in den letzten Jahren verändert. Die Auf-merksamkeit ist enorm gestiegen. Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise haben die politischen Tagesordnun-gen in allen Mitgliedstaaten geprägt. Europa war eins der maßgeblichen Themen im letzten Bundestagswahl-kampf. Angela Merkel ist gerade auch wegen Ihrer erfolgreichen Euro-

EUROPA zwischen Mythos Mythos und Wahrheit

EUROPA zwischen Mythos und Wahrheit

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EUROPAWAHL

papolitik wieder zur Bundeskanzlerin gewählt worden.

Gleichzeitig haben zuletzt aber auch diejenigen Krä� e Au� rieb bekom-men, die den Euro und Europa ab-lehnen, und meinen, ein Rückzug in den Nationalstaat sei ein Allheil-mittel. Futter bekommen sie von

manch einem kri-

tischen Bericht in den Medien, über die ein oder andere Entscheidung in Brüssel, die durchaus kritisierbar ist. Denn nicht alles in dem einmali-gen Konstrukt „Europäische Union“ ist gut, sondern es gibt auch Abläu-fe und Entscheidungen, die man durchaus kritisieren kann. Nicht jede EU-Verordnung oder Richtlinie ist unbedingt notwendig oder komplett

sinnvoll ausgestaltet. Und trotz-dem bleibt Europa

für Wohl-

stand und Frieden unverzichtbar, und ohne Europa würde es gerade uns Deutschen viel schlechter gehen.

Im Laufe der Jahre sind einige My-then über Europa entstanden, die sich leider in vielen Köpfen festge-setzt haben. Da sind zum Beispiel die Kosten: Es wird immer gerne be-hauptet, dass Europa die Steuerzah-ler vor allem Geld kostet. Vergleicht man aber die Haushalte, sind die Re-lationen klar: der Bundeshaushalt 2013 betrug 302 Milliarden Euro,

der für die EU beträgt pro Jahr etwa 137 Milliarden

Euro. Und da-von � ießt

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EUROPAWAHL

Großteil an die Mitgliedstaaten zu-rück. So erhielt Nordrhein-West-falen zwischen 2007 und 2013 1,3 Milliarden Euro aus der EU-Regio-nalförderung. Und auch die Verwal-tungskosten sind mit 6% des Bud-gets vergleichsweise gering. Es gibt 55.000 EU-Beamte. Zum Vergleich: Allein die Hansestadt Hamburg be-schä� igt 65.000 Beamte. Es ist auch nur bedingt richtig, dass Deutsch-land der größte Nettozahler ist. Zwar ist die absolute Summe, die Deutschland zum EU-Budget bei-trägt, als mit Abstand größter Mit-gliedstaat zwangsläu� g die höchste, aber pro Kopf sieht es anders aus. Dänemark, Luxemburg, Schweden, Niederlande und Belgien zahlten 2011 deutlich mehr pro Kopf.

Ein weiterer Mythos ist, dass Deutschland ohne Euro besser dastünde. Die deutsche Export-wirtscha� pro� tiert stark von der gemeinsamen Währung. Eine Wie-dereinführung der D-Mark käme

einer Selbstschwächung gleich. Denn die D-Mark wäre im Vergleich zu den anderen, kleine-ren europäischen Wäh-rungen verhältnismäßig sehr stark, und demnach teuer. Das hätte einen direkten E� ekt auf die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte, die für andere erheblich teu-rer und möglicherweise sogar zu teuer würden. Inzwischen gehen 60% aller deutschen Exporte ins EU-Ausland. Ohne Euro wäre dies kaum möglich. Ein Ende der Gemeinscha� swährung würde zwangsläu� g Stellenabbau, Stellen-verlagerung oder Lohnkürzungen bedeuten. Eine Studie hat zudem ergeben, dass die deutsche Wirt-scha� sleistung in den Jahren 2010 und 2011 50 bis 60 Milliarden ge-ringer gewesen wäre, hätte es den Euro nicht gegeben. Auch deshalb

muss sich Deutsch-land weiterhin für einen stabilen Euro einsetzen.

Gerne wird auch be-richtet, dass die EU hauptsächlich bü-rokratische Klein-Klein-Regeln wie zur Gurkenkrümmung, Normen von Trakto-rensitzen oder Oliven-ölkännchen erlässt. Die Medien stürzen sich gerne auf diese ª emen, die zeigen, dass „denen in Brüs-sel“ nicht ganz zu trau-en ist. Und manchmal lässt einen der gesun-de Menschenverstand auch an der ein oder anderen Entscheidung zweifeln, bei der et-was mehr Realismus in den Entscheidungs-prozessen gut gewesen wäre.

aller deutschen Exporte ins EU-Ausland. Ohne Euro wäre dies kaum möglich. Ein Ende der Gemeinscha� swährung würde

Denn für Experten sind die kleintei-ligsten EU-Regelungen o� sinnvoll. Aus technisch-fachlicher Sicht gibt es auch immer Gründe, die für solch eine EU-Regulierung sprechen. Die berühmte „Gurkenkrümmungsver-ordnung“ wurde auf Wunsch von Händlern und Bauern eingeführt. Damit hatten sie vergleichbare Pro-dukte für Transport und Verkauf. Doch dann bekam die Ö� entlich-keit davon Wind. Dass „die EU“ tat-sächlich die Gurkenkrümmung bü-rokratisch regulierte, ist seitdem das Beispiel schlechthin für über� üssi-ge EU-Regulierung. 2009 wurde sie wegen ihres Symbolwerts zusammen mit zahlreichen weiteren Obst- und Gemüsenormen abgeschaµ . Durch Selbstverp� ichtung wird die Norm weiter befolgt. Der Imageschaden für die EU bleibt trotzdem bestehen.

Beispiel Glühbirne. Durch die so-genannte „Ökodesign-Richtlinie“ wurde die Kommission 2005 er-mächtigt, „Regelungen für die um-weltgerechte Gestaltung energie-betriebener Produkte festzulegen, die ein erhebliches Vertriebs- und Handelsvolumen, erhebliche Um-weltauswirkung und ein erhebliches Potential für die Verbesserung ihrer Umweltauswirkung ohne übermäßig hohe Kosten aufweisen“ zu erlas-sen. Durch diese Hintertür hatte die

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EUROPAWAHL

HERBERT REUL MDEP

Herbert Reul, Jahrgang 1952, ist verhei-ratet und Vater von drei Töchtern. 1985 bis 2004 gehörte er dem Landtag von NRW an. Seit 2004 ist er Mitglied des Europäischen Parlamentes und seit 2012 Vorsitzender der CDU/CSU-Grup-pe im EP. Er kandidiert am 25.05.2014 als Spitzenkandidat der CDU NRW für das Europaparlament

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Kommission die Möglichkeit, die über ein Jahrhundert lang bewährte Glühbirne zu verbieten. Der dama-lige deutsche Umweltminister Sig-mar Gabriel hat damals den Anstoß gegeben. Er stieß auf viel Gegen-liebe. Nicht nur Umweltverbände jubelten über so viel Bewusstsein für Energieeinsparung und Klima-schutz, sondern die Glühbirnen-Industrie freute sich auch. Damit mussten ihre Neuentwicklungen, wie ausgerei� auch immer, irgend-wann gekau� werden. Was nicht bedacht wurde: im Gegensatz zu Glühbirnen enthalten sie hochgif-tiges Quecksilber, Umweltschäden inklusive.

Inzwischen dürfen keine neuen her-kömmlichen Glühbirnen in Euro-pa mehr produziert werden und statt harmlosen Glühbirnen hängen nun quecksilberhaltige Energiespar-lampen in den meisten Haushalten. Leuchtende Symbole der EU-Rege-lungswut.

Auch wenn es o� technische Argu-mente für solche kleinteiligen Rege-lungen gibt, sind sie dennoch Bei-spiel für Dinge, die in Brüssel falsch laufen. Denn die Ö� entlichkeitswir-kung von Gurken- oder Staubsau-gerregulierung oder Glühbirnenver-bot war immer verheerend. Nicht alles muss wirklich europäisch regu-liert werden, wenn dadurch in der

Summe eine Stimmung entsteht, die Europa kritisch gegenübersteht. Wir brauchen die Europäische Union, und es gibt genug gute Gründe, sich für ihre Weiterentwicklung einzu-setzen. Denn die großen weltwei-ten Herausforderungen kann man nur kollektiv angehen, und allein besitzt auch Deutschland nicht das Gewicht, globale Entscheidungen entscheidend zu beein� ussen.

Als Europäische Union, mit 500 Millionen Menschen, aber können wir das. Wir brauchen diese gebün-delten Krä� e um Zukun� sthemen wie Innovation, Forschung, inter-nationalen Handel, Wettbewerbs-fähigkeit, Umweltschutz und auch manch eine sinnvolle Regulierungen anzugehen. Denn natürlich gibt es genug wichtige Bereiche, wo mehr EU-Regulierung sinnvoll ist.

Die Finanz- und Staatsschuldenkri-sen haben deutlich gezeigt, dass die Kontrollstrukturen für Banken und Staats� nanzen verbessert werden müssen. Wie, wenn nicht europä-isch, soll man diese Herausforde-rungen angehen? Dabei sind schon viele Fortschritte gemacht worden, aber die notwendigen Reformen brauchen trotzdem Zeit und kosten einige Mühen. Diese Anstrengun-gen werden sich lohnen, genauso wie es sich lohnt, an einem Europa zu arbeiten, dass mit Realismus be-

stehende Probleme erkennt und da-für Lösungen anbietet, anstatt durch teils über� üssige Regulierung neue zu scha� en.

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EUROPA UND INTEGRATION

Sebastian Kurz hat ein Ministerium geschaffen, das für Europa, Integration und Äußeres zuständig ist

Das österreichische Pendant zum deut-schen Auswärtigen Amt heißt seit we-nigen Wochen Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres. Diese Ausweitung der Zuständigkeiten des österreichischen Außenministeriums hat eine Vorgeschichte:

2011 wurde in Österreich erstmals ein Staatssekretariat für Integration als Teil der Bundesregierung eingerichtet. Damit wurde dieses Thema auf Bundesebene aufgewertet und die Möglichkeit geschaf-fen, anstelle der bisher vorherrschenden Träumerei oder Hetze beim Integrations-thema einen neuen und nachhaltigen politischen Zugang zu etablieren. Als Staatssekretär für Integration konnte ich

Die Schwerpunkte der neuen österreichischen Außen- und Integrationspolitik

gemeinsam mit meinem Team den Ge-danken der „Integration durch Leistung“ in Österreich einführen, der Menschen nicht nach der Herkunft, Religion oder Hautfarbe, sondern nach ihrem Beitrag in der Gesellschaft beurteilt, weiters die Debatte versachlichen und eine Vielzahl von Projekten und konkreten Maßnahmen umsetzen.

Im Zuge der neuen Regierungsbildung im Dezember 2013 gab es für mein Team und mich die Möglichkeit, die Integra-tion aufzuwerten und ein Ministerium zu scha� en, das für Europa, Integration und Äußeres zuständig ist. Diese Mög-lichkeit ist eine große Herausforderung, aber gleichzeitig eine große Chance, die

mein Team und ich mit großem Respekt angenommen haben und mit Gestal-tungswillen und harter Arbeit wahrneh-men. Gerade durch die Flexibilität und die Expertise der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des bisherigen Außenminis-teriums haben wir es geschaµ , schnell die Arbeit aufzunehmen und konnten erste Schwerpunkte de� nieren.

Als unsere außenpolitischen Schwer-punkte sehen wir unsere Arbeit als Dienstleistungseinrichtung für alle Ös-terreicherinnen und Österreicher im Ausland, eine junge Perspektive auf Europa einzubringen und Österreichs als modernes und welto� enes Land zu präsentieren.

Ministerium als Dienstleitungs-Einrichtung

Der Dienstleistungscharakter unserer Arbeit ist uns nicht nur wichtig, sondern erleichtert den Alltag und Behördenwege für über 500.000 österreichische Staats-bürgerinnen und Staatsbürger im Aus-land – ungefähr so viele Menschen wie

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EUROPA UND INTEGRATION

SEBASTIAN KURZ

Sebastian Kurz, 27, ist seit Dezember 2013 österreichischer Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres. Vor seiner Berufung zum Minister war er seit April 2011 Integrations-Staats-sekretär der Großen Koalition. Kurz ist Bundesobmann der Jungen Volkspar-tei, der Jugendorganisation der ÖVP

in Hannover leben. Der größte Teil mit 200.000 Personen lebt in Deutschland. Aber nicht nur Einzelpersonen brau-chen unser Service im Ausland, für die wir den Ausbau der ehrenamtlichen Ho-norarkonsulate forcieren, sondern auch unsere Unternehmen: 45.000 Unter-nehmen exportieren ins Ausland, 5.5000 haben Standorte im Ausland. Für sie dienen schon jetzt unsere Vertretungs-behörden als Anlaufstellen.

Junger Blickwinkel auf Europa

Lange Zeit war die ö� entliche Meinung zu Europafragen von Träumerei auf der einen Seite, und von destruktiver Hetze auf der anderen Seite geprägt – und hat zur Verkrustung der ö� entlichen Debat-te und steigender Skepsis der Österrei-cherinnen und Österreicher hinsicht-lich der Europäischen Union geführt. Wir wollen die Stärken und Schwächen Europas und der Europäischen Union ehrlich ansprechen und stehen für eine sachliche Diskussion. Die europäischen Staaten haben gemeinsame Lösungen für die Wirtscha� s- und Staatsschuldenkri-se erarbeitet, aber wir dürfen nicht ver-gessen, dass Europa im internationa-len Wettbewerb weiter zurückzufallen droht. Intransparente Strukturen, Über-regulierung und die ungelöste Schulden-problematik tragen dazu bei, dass sich speziell junge Menschen von Europa ab-wenden könnten. In meiner Funktion als Bundesobmann der Jungen ÖVP arbei-ten wir hier auch mit unseren interna-tionalen Partnerorganisationen wie der Jungen Union Deutschlands zusammen, um gemeinsam die Stimme der Jungen in Europa zu stärken.

Modernes und selbstbewusstes Österreich

Das dritte Anliegen der Außenpoli-tik, die wir leben wollen, beginnt be-reits im Inland. Österreich ist durch den Fleiß und die Anstrengungen sei-ner Bevölkerung wirtscha� lich erfolg-reich geworden. In vielen Bereichen sind österreichische Unternehmen Welt-marktführer und Innovationsmotoren mit einem Bekanntheitsgrad weit über unsere Grenzen hinaus. Hier wollen wir

dafür sorgen, dass mit einer o� enen In-formationspolitik die Leistungen öster-reichischer Unternehmen, aber auch unserer Expertinnen und Experten in den Bereichen Wissenscha� und Tech-nik, oder unserer erfolgreichen Sportler und Künstler, im In- und Ausland in den Vordergrund zu rücken. Wesentlicher Grund für den wirtscha� lichen Erfolg ist dabei vor allem der hohe Beschä� i-gungsgrad unserer Bevölkerung und das System der dualen Berufsausbildung, das zu einer traditionell niedrigen Jugend-arbeitslosigkeit bei gleichzeitig optimal ausgebildeten Fachkrä� en führt. Die-ses Know-how ist besonders in Krisen-zeiten weltweit gefragt und soll daher auch entsprechend aus Österreich ex-portiert werden.

EU-Integration des Westbalkans

Neben dem Engagement für multi-laterale Zusammenarbeit, Abrüstung und Menschenrechte – die schon bis-her inhaltliche Schwerpunkte der ös-terreichischen Außenpolitik waren - ist speziell der Einsatz Österreichs für die Staaten des Westbalkans zentral. Ös-terreich ist mit den Ländern des West-balkans menschlich, historisch und wirtscha� lich eng verbunden. Da-her liegen Sicherheit, Stabilität und Prosperität in dieser Nachbarscha� s-region in unserem eigenen Interesse.

Mit dem EU-Beitritt Kroatiens wurde im letzten Jahr der Prozess der EU-Annä-herung eingeleitet, dessen Fortsetzung wir aus österreichischer Sicht besonders unterstützen. Die Aufnahme der Bei-trittsverhandlungen mit Serbien ist ge-rade im Gedenkjahr 2014 ein historisch wichtiger Schritt. Doch auch in den üb-rigen Ländern des Westbalkans, speziell in Bosnien-Herzegowina, dem Kosovo, Mazedonien und Albanien gilt es, be-stehende Beziehungen zu stärken und damit auch für Frieden und Stabilität in dieser Region zu sorgen.

Zum Abschluss möchte ich noch eine Vision skizzieren: Österreich soll in den kommenden Jahren noch welto� ener werden, denn Österreich ist Teil einer globalisierten Welt. Es liegt an uns selbst,

wie wir als Land damit umgehen und welche Vorteile wir aus der Globalisie-rung ziehen. Hier haben wir eine be-sondere Verantwortung, speziell als jun-ge Generation.

Österreich soll in Zukun� jedenfalls eine stärkere Rolle spielen, als es vielleicht der Größe des Landes entspricht. Dafür gilt es die Schwerpunkte und Nischen, in denen wir uns engagieren könnten, genau zu de� nieren. Österreich ist nicht nur reich an Vergangenheit, sondern auch ein modernes, innovatives Land, das noch eine große Zukun� vor sich hat. Es ist unsere Aufgabe, diese Zukun� aktiv mitzugestalten. Die ersten Schrit-te in diese Richtung sind bereits getan, nun geht es an die Umsetzung, um unse-re Vision auch zu verwirklichen. Dabei freuen sich mein Team und ich über die Unterstützung jeder Einzelner und je-des Einzelnen. Als Politik können wir die richtigen Rahmenbedingungen le-gen, brauchen aber vor Ort Menschen, die die Visionen mit uns mittragen. Die-se Art der gemeinsamen Politik liegt mir am Herzen und ich freue mich auf die Zusammenarbeit in den Bereichen Europa, Integration und Äußeres.

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EUROPA- UND KOMMUNALWAHL

Die britische Krankenschwester Flo-rence Nightingale und der russische Chirurg Nikolaus Pirogow kommen in diesen Tagen gewiss manchem in den Sinn, der im Gesundheitswesen oder in der Pfl ege tätig ist. Im Krim-Krieg, der von 1853 bis 1856 dauerte, leisteten die Frau, die die Krankenpfl ege als Lehrberuf etablierte, und der Erfi nder der Feldchirurgie Wegweisendes für ihre jeweilige Zunft.

Der in Deutschland ausgebildeten Kran-kenschwester Florence Nightingale ge-lang es, mithilfe einfacher Hygiene-

Armin Laschets Appell: Helfen Sie mit, dass der 25. Mai ein guter Tag für Europa wird, ein guter Tag für Ihre Heimat und ein guter Tag für die CDU Nordrhein-Westfalen!

25. Mai 2014Ein guter Tag für Europa,ein guter Tag für NRW

maßnahmen die Sterblichkeitsrate in den britischen Lazaretten auf der Krim deutlich zu senken. Ähnlich wie Night-ingale setzte auch der Militärarzt Piro-gow auf bessere Hygiene und den Einsatz ausgebildeten P� egepersonals. Darüber hinaus gehen der Einsatz von Gipsver-bänden zur Stabilisierung von Knochen-brüchen in der Chirurgie, eine speziel-le Technik der Fuß-Amputation und der standardmäßige Gebrauch der Narko-se bei Operationen im Feld auf Pirogow zurück, ebenso die heute als Triage be-zeichnete abgestu� e Behandlung einer großen Zahl an Verwundeten.

Europa als FriedensprojektDer aktuelle russisch-ukrainische Kon-� ikt um die Krim hat glücklicherweise noch nicht zu Kriegshandlungen geführt. Aber er zeigt, dass der bereits Jahrzehnte währende Frieden, in dem wir Europäer leben, auch heute keine Selbstverständ-lichkeit ist. Der Blick auf die an Russ-land angrenzenden EU-Mitgliedsstaa-ten wie Estland, Lettland, Litauen und Polen macht deutlich, wie sehr Europa als Friedensprojekt gebraucht wird. In der Zeit der Krise orientieren sich die Staaten Europas an unserer Bundeskanz-lerin Angela Merkel. Darauf dürfen wir stolz sein.

Bei der Europawahl am 25. Mai 2014 steht nicht weniger als die Fortschrei-bung der europäischen Erfolgsgeschich-te auf dem Spiel. Frieden, Freiheit und Wohlstand sind heute die zentralen Säu-len einer großartigen Idee, die zum Vor-bild und Orientierungspunkt für andere Regionen der Welt geworden ist.

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ARMIN LASCHET, MDL

Armin Laschet, 53, ist verheiratet und hat drei Kinder. Er gehörte dem Deut-schen Bundestag von 1994 bis 1998 an. 1999 wurde er in das Europäische Parlament gewählt. Jürgen Rüttgers be-rief ihn 2005 zum Landesminister für Generationen, Familie, Frauen und In-tegration des Landes NRW. Laschet ist Landesvorsitzender der CDU NRW (seit 2012) und Fraktionsvorsitzender der CDU im Landtag NRW (2014)

EUROPA- UND KOMMUNALWAHL

Die Alternativen sind klar: Ein christde-mokratisch geprägtes Europa der Stabili-tät und der Wettbewerbsfähigkeit. Oder ein sozialistisches Europa der Verge-meinscha� ung von Schulden, der Büro-kratie und immer neuer Vorschri� en, die Arbeitsplätze auch in Nordrhein-Westfa-len gefährden. Mit Jean-Claude Juncker hat die Europäische Volkspartei einen überzeugten und überzeugenden Euro-päer zu ihrem Spitzenkandidaten gekürt, der über große Erfahrung verfügt und insbesondere in der akuten Staatsschul-denkrise die Euro-Gruppe erfolgreich gemanagt hat.

Kommunalwahl genauso wichtigBei der Kommunalwahl am 25. Mai 2014 geht es um lokale ª emen und Probleme. Es geht um gute Schulen und bedarfsge-rechte Betreuungsangebote für unsere Kinder und Familien, um wirtscha� s-freundliche Rahmenbedingungen zur Si-cherung von Arbeitsplätzen, um Wohnen und Mobilität, um Schutz vor Kriminali-tät, um die Unterstützung bürgerscha� -lichen Engagements und um das gesell-scha� liche Miteinander. Und das alles muss vor dem Hintergrund weiterhin an-gespannter ö� entlicher Kassen gelingen, die nicht alles Wünschenswerte � nanzie-ren können.

Ein zentraler ª emenschwerpunkt für uns Christdemokraten ist der Demogra� -sche Wandel. Dieser erfordert von den Kommunen z. T. gravierende Anpassung und den Abschied von lieb gewonnenen Gewohnheiten. Die Anpassung der Infra-struktur, die erforderlichen Veränderun-gen des jeweiligen Wohnungsmarktes, die Ansprüche an eine geordnete Weiterent-wicklung von Gewerbe- und Industrie-� ächen stellen dabei zahlreiche Kommu-nen vor erhebliche Herausforderungen.

Der demogra� sche Rückgang der Bevöl-kerung wirkt sich nicht zuletzt auf die hausärztliche Versorgung aus. Die CDU-Fraktion im Landtag Nordrhein-West-falen hat das ª ema mit einem eigenen Antrag auf die landespolitische Agen-da gesetzt. Unser Ziel lautet: Wir wollen den Arzt vor Ort! Wenn es nicht mehr genug Hausärztinnen und Hausärzte gibt, dann liegt das auch daran, dass zu

wenige Allgemeinmediziner an unseren Hochschulen ausgebildet werden. Es muss ganzjährig möglich sein, ein Studium als Allgemeinmediziner aufzunehmen. In Ostwestfalen-Lippe muss eine zusätzli-che Fakultät eingerichtet werden. Und: Wir brauchen Anreize, damit Studieren-de nach dem Studium eine Hausarztpraxis im ländlichen Raum übernehmen.

Vor Ort in den Kommunen werden nunmehr auch die Folgen des Kranken-hausplans 2015 deutlich, den die Lan-desregierung aufgestellt hat. Er schreibt weder konkret und nachvollziehbar fest, was gute Qualität ist, noch sorgt er für die notwendige Planungs- und Rechtssi-cherheit. Vollkommen inakzeptabel ist, dass der im Sommer 2013 in Kra� ge-tretene Krankenhausplan das Schicksal der kleineren Krankenhäuser letztlich den Budgetverhandlungen von Kassen und Trägern überlässt. Insbesondere die Ver-sorgungssicherheit in den ländlichen Re-gionen unseres Landes gerät so in Gefahr.

In einer älter werdenden Gesellscha� , die große Mühe hat, ausreichend Fachkrä� e für die P� ege zu � nden und in der p� e-gende Angehörige o� mals voll berufs-tätig sind, gerät die Sicherstellung einer menschlichen Versorgung im Falle von Alter und P� egebedür� igkeit zu einer wahren Herkulesaufgabe. Wir können uns daher glücklich schätzen, dass wir uns auf den neuen Patientenbeau� rag-ten und P� egebevollmächtigten der Bun-desregierung, Karl-Josef Laumann, ver-lassen können.

Die rot-grüne Landesregierung in Nord-rhein-Westfalen fällt als Ideengeberin und Vorbild für zukun� sgerichtete Politikge-staltung vollkommen aus. Mit einem Fi-nanzierungssaldo von rund 2,5 Milliarden Euro und einer Nettoneuverschuldung von 3,2 Milliarden Euro weist Nordrhein-Westfalen von allen Bundesländern zum wiederholten Mal die höchste Neuver-

schuldung auf. Mit dem Landesent-wicklungsplan werden vor allem den ländlichen Gemeinden jedwede Ent-wicklungsmöglichkeiten genommen.

Im Bereich der Bildungspolitik versagt die Landesregierung entlang der ge-samten Bildungskette – von der unzu-reichenden Betreuung der Unter-3-Jäh-rigen über den Unterrichtsausfall bis hin zum eskalierten Streit mit den erfolgrei-chen Hochschulen in Nordrhein-Westfa-len. Auch beim sensiblen ª ema Inklu-sion fehlt es an Augenmaß und Vernun� . Gerade weil ich möchte, dass die Inklu-sion gelingt, muss es am Ende jedem Kind besser gehen als ohne Inklusion. Daran muss sich die Landesregierung messen lassen.

Am 25. Mai 2014 entscheiden die Bürgerinnen und Bürger über die Zu-kunft Europas und die Entwicklung der Gemeinden, Städte und Kreise in Nordrhein-Westfalen. Helfen Sie mit, dass der 25. Mai ein guter Tag für Europa wird, ein guter Tag für Ihre Heimat und ein guter Tag für die CDU Nordrhein-Westfalen!

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GRENZEN DES WACHSTUMS

Als sich die Union nach dem 2. Welt-krieges gründete, wurde – angesichts der negativen Erfahrungen sowohl mit dem Staatsinterventionismus als auch mit dem Laissez-Faire-Liberalismus aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – die Frage nach einer anderen Form der Wirtschaftsordnung kontrovers diskutiert. Die Orientierung an christ-lichen Werten bildete für die Union einen wesentlichen Bezugsrahmen für die Neuausrichtung der deutschen Wirt-schaftsordnung

„Die Wirtschaft soll dem Menschen dienen, nicht der Mensch der Wirt-schaft.“ (Konrad Adenauer)In einer Rede 1946 beschrieb Konrad Adenauer die „Denke“ der neu gegründe-ten CDU folgendermaßen: „Die mensch-liche Person hat eine einzigartige Würde, und der Wert jedes einzelnen Menschen

ist unersetzlich.“ Dieser „Kern der christ-lichen Ethik“, so Adenauer, erfordere ein neues Gesellscha� sbild: Staat und Wirt-scha� seien kein Selbstzweck, sondern sie hätten eine „dienende Funktion“ gegen-über den Menschen. „(…) Die Wirt-scha� soll dem Menschen dienen, nicht der Mensch der Wirtscha� .“ Adenauer postulierte mit diesen Sätzen eine moral-ethische Verantwortung der Wirtscha� und des Wachstums für die Gesellscha� , die Menschen und die Arbeitnehmer.

Soziale Marktwirtschaft als Leitbild einer neuen WirtschaftspolitikIn der Bundesrepublik Deutschland ent-wickelte sich unter Federführung der Union das auf die Ideen von Alfred Mül-ler-Armack zurückgehende Konzept der Soziale Marktwirtscha� zum neuen Leit-bild der Wirtscha� s- und Gesellscha� s-politik. In der Sozialen Marktwirtscha�

sah Müller-Armack die Verwirklichung einer dritte Form neben der rein libera-len Marktwirtscha� und der Lenkungs-wirtscha� . Er verband dabei die Ideen der christlichen Soziallehre mit den or-doliberalen Leitlinien der Freiburger Schule. Ein Schlüsselbegri� in diesem Konzept bildete die sog. irenische For-mel, welche das Prinzip der Freiheit auf dem Markte mit dem des sozialen Aus-gleichs verknüp� e. Nach Ansicht von Müller-Armack sollten in der Sozialen Marktwirtscha� die Ideale der Gerech-tigkeit, der Freiheit und des wirtscha� -lichen Wachstums in ein vernün� iges Gleichgewicht gebracht werden.

Teilhabe am wirtschaftlichen Wachstum und Wohlstand!Die erfolgreiche Wirtscha� spolitik der Union barg das Versprechen in sich, weite Teile der Gesellscha� am wirt-

Bedeutet Wachstum in der derzeitigen Form auch mehr Wohlstand bzw. mehr Beteiligung an der gesellschaftlichen Wertschöpfung?

ARBEITNEHMER UND WACHSTUMWie lassen sich Markt und Mensch vereinbaren?

ARBEITNEHMER UND WACHSTUMWie lassen sich Markt und Mensch vereinbaren?

ARBEITNEHMER UND WACHSTUMWie lassen sich Markt und Mensch vereinbaren?

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GRENZEN DES WACHSTUMS

PETER WEISS

Peter Weiß, Jahrgang 1956, ist römisch-katholisch und hat drei Kinder. Dem Deutschen Bundestag gehört er seit 1998 als direktgewählter Abgeordneter für den Wahlkreis Emmendingen-Lahr an. Er ist Vorsitzender der Arbeitnehmergrup-pe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

scha� lichen Wachstum und Wohlstand teilhaben zu lassen. Wirtscha� liches Wachstum hatte in dieser Konzeption keineswegs einen Selbstzweck, sondern war moralethischen Leitlinien unter-worfen. Die gesellscha� liche Umvertei-lung sorgte dafür, dass sich die Menschen in der Bundesrepublik durch das wirt-scha� liche Wachstum mit dem Markt versöhnten und eine Dekade des Wohl-standes sowie der sozialen Sicherheit an-brach. Auf Seiten der Arbeitnehmer wur-de Leistung durch eine hinreichend gute Bezahlung und durch die Chance zum gesellscha� lichen Aufstieg belohnt. Auf Unternehmerseite bedeutete die Orien-tierung an moralethischen Grundsätzen auch die Übernahme von Verantwortung für das Gemeinwohl - sei es in der Stadt oder Gemeinde vor Ort oder die Gesell-scha� insgesamt. Im Gegenzug erhiel-ten die Unternehmen ein hohes Maß an gesellscha� licher Stabilität. Durch ihre quali� zierten Arbeitnehmern konnten sie ihre Wettbewerbschancen auf dem internationalen Markt verbessern und ihre Produkte mit dem Siegel „Made in Germany“ gewinnbringend vermarkten.

Soziale Marktwirtschaft als interna-tionales Erfolgsmodell – aber ohne Zukunft?Trotz vieler Unkenrufe, Krisen und Pro-phezeiungen ihres Endes hat sich die Soziale Marktwirtscha� zu einem Er-folgsmodell entwickelt. Im Zuge der Wiedervereinigung zwischen der Bun-desrepublik und der DDR wurde sie als gemeinsame Wirtscha� sordnung be-stätigt und auch die Europäische Union strebt im Lissaboner Vertrag eine „wett-bewerbsfähige soziale Marktwirtscha� “ mit Vollbeschä� igung und sozialem Fortschritt an. Dennoch stellt sich in Zeiten, in denen kaum eine Partei nicht die Meinungsführerscha� über die Sozia-le Marktwirtscha� für sich beansprucht, die Frage, ob das Konzept der Sozialen Marktwirtscha� gegenwärtig noch hält, was es einmal versprochen hat. Verstärkt wird diese ª ese durch die Entkopplung des wirtscha� lichen Wachstums von der Teilhabe der Arbeitnehmer an der wirt-scha� lichen Wertschöpfung. Welche Zu-kun� hat die Soziale Marktwirtscha� vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen?

Das Vertrauen der Deutschen in die Soziale Marktwirtschaft hat stark gelitten!Das Vertrauen der Deutschen in die So-ziale Marktwirtscha� war auch stets mit der Aussicht auf gesellscha� liche Teilhabe am wirtscha� lichen Wachstum verbun-den. „Wenn es der Wirtscha� gut geht, geht es auch den Menschen und den Arbeitnehmern in Deutschland gut“, so eine Binsenweisheit in der alten Bundes-republik. Jedoch ist seit geraumer Zeit eine Abweichung von diesem Grundsatz zu beobachten. In einer Allensbach-Stu-die aus dem Jahr 2010 (Einstellungen zur sozialen Marktwirtscha� in Deutschland am Jahresanfang 2010) bezeichneten 49 Prozent der Befragten das Wirtscha� s-system in Deutschland als „nicht wirk-lich sozial“. Lediglich 38 Prozent gaben an, von der sozialen Marktwirtscha� in Deutschland eine gute Meinung zu ha-ben und für 71 Prozent der Befragten hat die soziale Gerechtigkeit in den letzten drei, vier Jahren abgenommen. Dass nur 15 Prozent glauben, es gäbe ein besseres Wirtscha� ssystem, ist in dieser Hinsicht wenig tröstlich. Auf Grundlage dieser Er-gebnisse stellt sich die Frage: Wie kann die Akzeptanz der Sozialen Marktwirt-scha� in der Bevölkerung wieder ver-bessert werden?

Fehlendes moralethisches Handeln zerstört das Vertrauen in die Wirt-schaft und den Markt!Eine erfolgreiche Wirtscha� gründet sich nicht allein auf Recht und Gesetz. Daher grei� die Reduzierung der Wirt-scha� auf die Erzielung von Gewinnen zu kurz. Die Soziale Marktwirtscha� war für ihre gesellscha� liche Akzeptanz auch immer auf das Grundvertrauen der Men-schen auf ihr eigenes Wohl angewiesen. Der Vertrauensverlust gegenüber Markt-wirtscha� , Unternehmen und ihren Füh-rungskrä� en ist deshalb ein ernstha� es Problem. Wenngleich sich die Arbeits-marktsituation in Deutschland unter der Kanzlerscha� von Angela Merkel erheb-lich verbessert hat, bestimmen immer noch negative Meldungen die Schlagzei-len unserer Zeitungen. Der Missbrauch bei Werkverträgen sowie in der Zeit-arbeit, kurzfristige Pro� tmaximierung unter Inkaufnahme von Beschä� igungs-

abbau, Optimierung von legalen aber im Sinne der Gesellscha� nicht immer legi-timen Steuertricks oder auch unterneh-merisches Wachstum zu Lasten der Löh-ne leistungswilliger und gut quali� zierter Arbeitnehmer sind nur eine kleine Aus-wahl der Beispiele, die diese Krisenphä-nomene beschreiben. Ihnen gemein ist, dass sie das Vertrauen der Arbeitneh-mer in den Markt und in die Wirtscha� erheblich gestört haben. Bedenklich an dieser Entwicklung ist auch, dass der Teil der Wirtscha� – insbesondere der Mittel-stand – in Mitleidenscha� gezogen wor-den ist, der weiterhin versucht, für gute und gerechte Arbeitsbedingungen ihrer Beschä� igten zu sorgen. Zum Teil gera-ten diese Unternehmer sogar selbst in die Falle eines unfreiwilligen Lohnwettbe-werbs zu Lasten ihrer Arbeitnehmer. Da-her stellt sich die Frage: Bedeutet Wachs-tum in der derzeitigen Form auch mehr Wohlstand bzw. mehr Beteiligung an der gesellscha� lichen Wertschöpfung?

Plädoyer für die Versöhnung von Mensch und MarktDie Union hat sich in ihrer Geschichte stets als Hüterin der Sozialen Marktwirt-scha� verstanden. Die Stärke bildete dabei die Verbindung des Prinzips der Freiheit

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GESUNDHEITS-WIRTSCHAFT

Die Gesundheitsbranche wird weltweit als einer der Wachstumsmärkte der Zu-kunft bezeichnet. Auch in Sachsen ist sie Leitbranche und Jobmotor. Sie hat sich in den letzten Jahren als ein stabiler und weitestgehend konjunkturunabhängiger Wachstumsbereich erwiesen und folgt dem bundesweiten Wachstumstrend. Die Ge-sundheitswirtschaft ist eine Querschnitts-branche, in der Sachsen bereits heute gut aufgestellt ist:

1. Die medizinische Versorgung be� n-det sich auf einem hohen und leis-tungsfähigen Niveau, insbesondere im Bereich der stationären Versor-gung. Mit 80 Krankenhäusern verfügt Sachsen über ein sehr leistungsfähi-ges Netz der Gesundheitsversorgung.

2. Wir haben exzellente universitä-re, aber auch außeruniversitäre For-schungseinrichtungen, Hochschulen und Institute, die Spitzenforschung betreiben.

Mit Healthy Saxony wurde eine Marke Gesundheitswirtschaft Sachsen etabliert

Sachsen auf dem Weg zu einemexzellenten Gesundheitsstandort

3. Wir haben eine Vielzahl sehr � exib-ler und innovativer Unternehmen in den Bereichen Medizintechnik, Phar-matechnologie und Biomedizin, die hoch spezialisierte Produkte anbieten.

15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Sachsen werden in der Gesundheitsbran-che erwirtscha� et, in der heute schon 13 Prozent unserer sozialversicherungs-p� ichtigen Beschä� igten arbeiten, Ten-denz steigend.

Diese Potenziale wollen wir in Sachsen noch stärker nutzen - für die Unterneh-men der Gesundheitswirtscha� , aber auch und vor allem für unsere Bürge-rinnen und Bürger, die auf eine gute Ge-sundheitsversorgung zählen.

Unser Ziel ist es, dass sich Sachsen in den nächsten Jahren national und inter-national zu einem exzellenten Standort der Gesundheitswirtscha� entwickelt. Vorbilder sind für uns hier die bereits erfolgreichen Cluster in der sächsischen

Sachsen auf dem Weg zu einemexzellenten GesundheitsstandortSachsen auf dem Weg zu einemexzellenten Gesundheitsstandort

auf dem Markt mit dem des sozialen Aus-gleichs. Im Sinne der christlichen Sozial-lehre wurden auf diese Weise die Prinzipi-en Personalität, Solidarität, Subsidiarität und Nachhaltigkeit in praktische Poli-tik umgesetzt. Wachstum war daher für die Union nie Selbstzweck ,sondern hat-te auch immer eine klar de� nierte Funk-tion, die sich auch mit Artikel 14 (2) des Grundgesetzes deckte. In den letzten Jahr-zehnten wurde von Teilen der deutschen Wirtscha� dieser ungeschriebene Solid-arvertrag einseitig aufgekündigt, während die Kritik derselben Krä� en an der Hand-lungsunfähigkeit des Staates zugenom-men hat. Dabei ist die Wirtscha� sogar im Interesse eigener langfristiger Gewinn-erzielung gut beraten, durch glaubwürdi-ge Selbstbindungen Vertrauensbildung zu betreiben und Arbeitnehmer an ihrer wirtscha� lichen Wertschöpfung teilha-ben zu lassen.

Wo der Markt aber selbst versagt, ist der Staat gefordert, regulierend einzugrei-fen. Die Union hat daher zur Aufrecht-erhaltung der Sozialen Marktwirtscha� in den vergangenen Jahren zahlreiche Schritte zur Verbesserung der Situation der Arbeitnehmer unternehmen müssen, nachdem der Markt selbst diese Probleme nicht in den Gri� bekommen hatte, ge-nannt seien die Einführung branchenbe-zogener Mindestlöhne nach dem Arbeit-nehmerentsendegesetz, Regelungen für die Leiharbeiter und auch die Reform-vorhaben der Großen Koalition zu einer Stärkung der Tarifautonomie. Als „Kinder der Sozialen Marktwirtscha� “ wollen wir aber nicht alles regeln, sondern wollen in der Wirtscha� und auf dem Arbeitsmarkt auch in Zukun� in erster Linie auf die Sozialpartnerscha� setzen. Dafür brau-chen wir aber auch wieder eine moral-ethische Rückbesinnung der Wirtscha� auf die Tugenden, die uns in der Vergan-genheit stark gemacht haben. Nur auf die-se Weise kann es uns gemeinsam gelin-gen, die Arbeitnehmer ebenso wie den Mittelstand wieder mit dem Wachstum, dem Markt und der Sozialen Marktwirt-scha� zu versöhnen.

Fortsetzung von Seite 17

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GESUNDHEITS-WIRTSCHAFT

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Automobil-, Computer- oder Biotechno-logiebranche.

Daher haben wir im Freistaat Sachsen im April 2012 das auf zwei Jahre ange-legte Projekt „Koordinierungsstelle Ge-sundheitswirtscha� “ ins Leben gerufen.

Die wichtigsten Ziele sind erreicht wor-den: Ein Kuratorium Gesundheitswirt-scha� hat sich konstituiert, ein Mas-terplan Gesundheitswirtscha� wurde erarbeitet und ein sich selbst tragendes Netzwerk gesundheitswirtscha� licher Akteure ist entstanden. Mit Healthy Sa-xony wurde eine Marke Gesundheitswirt-scha� Sachsen etabliert. Außerdem sind eine webbasierte Kommunikationsplatt-form und ein Digitaler Gesundheitsatlas erstellt worden.

Unser Masterplan Gesundheitswirt-scha� dient der strategischen und in-haltlichen Orientierung. Er zeigt Ziele und Maßnahmen auf, wie die Potenzia-le der Gesundheitswirtscha� in Sachsen am besten ausgeschöp� werden können. Vorgeschlagen wird, die bereits in der

Branche tätigen Akteure zu unterstützen, den innovativen und kreativen Austausch zu befördern, vorhandene Strukturen zu überprüfen, zu stärken und zu vernetzen.

Konkret werden drei Projekte vorgeschla-gen, durch die die Gesundheitswirtscha� in Sachsen gestärkt werden soll.

Mit dem Modellprojekt zur Vernetzung von ambulanter und stationärer Ver-sorgung soll die Gesundheitsversorgung stärker dort angesiedelt und gesteuert werden, wo medizinische Versorgung tat-sächlich statt� ndet: beim Patienten vor Ort. Es sollen neue, innovative Wege er-probt werden, auch, um z. B. dem schon spürbaren Fachkrä� emangel und den sich vor allem im ländlichen Raum stel-lenden Versorgungsproblemen aktiv ent-gegen zu treten.

Die vielen lokalen Aktivitäten und Res-sourcen zur Unterstützung und Verbes-serung des Technologietransfers sollen im Rahmen eines gesamtsächsischen Konzeptes für den Technologietrans-fer gebündelt werden. Hierzu wird ein verstärktes Technologie-Scouting im Be-reich der Gesundheitswirtscha� oder die Förderung von Validierungsstudien für Unternehmen vorgeschlagen. Innovative Produkte kleiner und mittelständischer Unternehmen sollen durch eine sächsi-sche Vermarktungsstrategie besser in den Markt gebracht werden.

Unsere klein- und mittelständischen Unternehmen stehen vor großen He-rausforderungen. Sie können aufgrund ihrer Größe sowie ihrer personellen und � nanziellen Voraussetzungen keine soge-nannten Allrounder sein. Von besonde-rer wirtscha� licher Bedeutung sind daher Spezialisierungen entlang der gesamten Dienstleistungskette und Optimierung von Prozessabläufen. Eine ständige Qua-litätssicherung und ein ausgerei� es Inno-vationsmanagement gehören ebenfalls zu den Anforderungen, denen sich die Be-triebe stellen müssen. Nicht zuletzt des-wegen kommen Kooperationen/Netzwer-ken/Clustern besondere Bedeutung zu.

Eine Aufgabe der „Koordinierungsstel-le Gesundheitswirtscha� “ bestand auch

darin, ein sich selbst tragendes o� enes Netzwerk der in der Gesundheitswirt-scha� agierenden Partner zu scha� en.

Mit der Gründung von Healthy Saxony e. V. im März dieses Jahres wurde hier ein Anfang gemacht. Wichtige Akteure der medizinischen Versorgungslandscha� in Sachsen haben sich in einem Netzwerk zusammengeschlossen. Hinzukommen sollten noch Forschungseinrichtungen und Unternehmen, damit dauerha� die Entwicklung und Markteinführung in-novativer Produkte und Dienstleistun-gen und eine starke Wettbewerbsposi-tion erreicht werden können.

Wir sind einen großen Schritt vorange-kommen, die vielen Beteiligten in der Ge-sundheitswirtscha� näher zusammenzu-bringen. Dies wird Vorteile sowohl für die medizinische Versorgung der Bürgerin-nen und Bürger in Sachsen, als auch für die Vermarktung sächsischer Produkte im Ausland bringen. Dadurch werden sächsische Arbeitsplätze in einem Wachs-tumsmarkt gesichert und gescha� en.

Damit dies erfolgreich fortgesetzt wird – dafür setzt sich die sächsische Staats-regierung ein.

CHRISTINE CLAUSS

Christine Clauß, 64, evangelisch-luthe-risch ist verheiratet und hat einen Sohn und zwei Enkel. Clauß errang 2009 das Direktmandat im Wahlkreis Leipzig 4 und gehört (mit Unterbrechung) dem sächsischen Landtag seit 1999 an. Sie ist seit 2008 Staatsministerin für Sozia-les und Verbraucherschutz

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HALBZEITBILANZ BERLIN

Zweieinhalb Jahre nach den Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin am 18. September 2011 zeigen die Zahlen und Fakten, dass die große Koalition erfolg-reich arbeitet. Es ist gut, dass wir als CDU wieder mit in Regierungsverantwor-tung stehen und die politischen Entschei-dungen für Berlin mitprägen. Und unsere Halbzeitbilanz kann sich sehen lassen: Wir haben in den ersten beiden Haus-haltsjahren knapp eine Milliarde Euro an Schulden getilgt und einen ausgegli-chenen Doppelhaushalt für 2014/2015 beschlossen. Die Arbeitslosigkeit ist so niedrig, wie seit 20 Jahren nicht mehr. Beim Wirtschaftswachstum trägt Berlin ebenfalls nicht mehr die rote Laterne, sondern hat sich zur Gründerhaupt-stadt entwickelt. Hier gehen mittlerweile durchschnittlich jeden Tag zwei neue Start-ups - so viel wie nirgendwo sonst in Deutschland - an den Start

Die Berliner CDU hat sich in der Regierung als kompetenter Ideengeber und zuverlässiger, verantwortungsbewusster Partner gezeigt

Wir haben die endlosen Bildungsrefor-men unter Rot-Rot gestoppt und ziehen jetzt mit Lehrern, Eltern und Schülern ideologiefrei an einem Strang. Wir haben bei der Wohnungsbaupolitik den Hebel umgelegt: Bezahlbare Mieten und Mie-terschutz stehen im Vordergrund. Und wir sorgen im Bereich der Inneren Si-cherheit dafür, dass die Personalausstat-tung bei Polizei, Feuerwehr und Staats-anwaltscha� durch hunderte neue Stellen und Ausbildungsplätze verbessert wird.

Unsere politische Arbeit war und ist da-bei stets von einem Dreiklang geprägt: Unsere Politik soll ideologiefrei, bürger-nah und zuverlässig sein.

Politik der Konsolidierung und Entlastung der Berlinerinnen und BerlinerNoch im Oktober 2011 sah der Finanz-sanierungsplan der rot-roten Landesre-

gierung vor, möglichst bis zum Jahr 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorzule-gen. Wir, die große Koalition aus CDU und SPD, haben es geschaµ , bereits den Doppelhaushalt 2014/15 ohne Neuver-schuldung zu beschließen. Seit diese Ko-alition regiert, haben wir keinen einzigen Euro an neuen Schulden aufgenommen!

Die Stärkung der Wirtscha� und die Be-kämpfung der Arbeitslosigkeit sind und bleiben unbestritten das wichtigste Ziel unserer Koalition. Die Wirtscha� sleis-tung in Berlin steigt. Derzeit rechnen die Institute mit 1,8 Prozent Wachstum. Da-mit würde Berlin für 2014 sogar über dem prognostizierten Wachstum des Bundes liegen.

Dagegen ist die Zahl bei der Arbeitslosig-keit kontinuierlich gesunken: Hatten wir im September 2011 noch 220.000 Arbeits-lose zu verzeichnen, konnten wir Ende

Berlin auf Kurs gebracht: Wirtschaftswachstum und SchuldenabbauBerlin auf Kurs gebracht: Wirtschaftswachstum und Schuldenabbau

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FLORIAN GRAF

Florian Graf, 40, ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Dem Abgeordneten-haus von Berlin gehört der Diplom-Verwal-tungswirt (FH) seit 2006 an. Er ist seit 2011 Vorsitzender der CDU-Fraktion

HALBZEITBILANZ BERLIN

letzten Jahres die Marke von 200.000 erst-mals seit 20 Jahren unterschreiten.

Stärken der Stadt stärkenBerlin ist attraktiv für Touristen und eines der gefragtesten Ziele für Messen und Kongresse in Europa. Im vergange-nen Jahr konnten wir mit über 26 Mil-lionen Übernachtungen so viele Gäste in der Hauptstadt begrüßen wie noch nie. Im internationalen Vergleich kann sich Berlin gut behaupten: Berlin belegt hin-ter London und Paris mittlerweile den dritten Platz und ist damit beliebter und gefragter als Städte wie Barcelona oder Rom. Diese Attraktivität wollen wir wei-ter steigern.

Wir sind forschungsstärkste Region Deutschlands und haben dadurch eine hohe Attraktivität für Studenten aus dem In- und Ausland. Gemeinsam mit dem Bund wollen wir deshalb auch nach 2017 die Fortschreibung der Exzellenzinitiati-ve. Und wir werden den weiteren Ausbau des Standortpro� ls Gesundheit/Gesund-heitswirtscha� vorantreiben.

Die große Koalition setzt außerdem auf den Ausbau der kulturellen und histori-schen Potenziale Berlins: Der Grundstein für den Wiederau» au des Stadtschlos-ses ist gelegt und mit der Rekonstruktion der historischen Mitte machen wir ge-schichtsträchtige Orte wieder erlebbar. Wir kümmern uns um die Neugestaltung der City-West sowie die städtebauliche Entwicklung des Kulturforums.

Ausbau der Infrastruktur voranbringenMit den Arbeiten zum Ausbau der Auto-bahn A100, dem Innenstadtring, zur Ent-lastung Hunderttausender Einwohner und Anbindung des kün� igen Groß� ug-hafens und der Industrieansiedlungen in den östlichen Bezirken haben wir einen entscheidenden Schritt getan.

Und die Große Koalition hat mit ihren Plänen zur Nachnutzung von Groß-� ächen in der Stadt erste wichtige Pla-nungsschritte unternommen: Sobald der kün� ige Groß� ughafen im Süden Berlins vollständig in Betrieb genommen wurde, werden wir auf dem freiwerdenden Areal des heutigen Flughafens Tegel einen Zu-

kun� sstandort für „Urban Technologies“ etablieren.

Das Gelände des geschlossenen Flugha-fens Tempelhof inmitten unserer Stadt ist mit seinen 320 Hektar Gesamt� äche so groß, dass wir neben einer per Ge-setz garantierten Frei� äche eine behut-same Randbebauung für mietgünstiges Wohnen, für Gewerbe und Naherholung planen. Denn wir brauchen den Wohn-raum in Berlin dringend. Prognosen sa-gen eine Zunahme der Einwohnerzahl bis zum Jahr 2030 um bis zu 250.000 Men-schen voraus.

Und genau hier haben wir einen Paradig-menwechsel gegenüber dem jahrelangen Stillstand unter Rot-Rot vorgenommen. Wir haben ein ehrgeiziges Wohnungsneu-bauprogramm sowie ein Mietenbündnis beschlossen. Der Dreiklang unserer Woh-nungsbaupolitik lautet: Wir setzen auf mehr Wohnungsneubau, schnellere Ge-nehmigungsverfahren und konsequen-ten Mieterschutz.

Wir haben mehr Investitionen direkt in den Bezirken vorgenommen, denn wir wollen eine Politik, die den Bürgerinnen und Bürgern direkt zu Gute kommt. Mit dem Doppelhaushalt 2014/2015 haben wir 64 Millionen Euro pro Jahr für die Sa-nierung von Schul- und Sportanlagen, 25 Millionen Euro pro Jahr zur Schlagloch-sanierung, 10 Millionen Euro pro Jahr für die Sanierung von Kitas und Spielplät-zen und weitere 2,5 Millionen Euro pro Jahr für die bezirklichen Musikschulen, die Stadtteilzentren und die Kulturarbeit zur Verfügung gestellt.

Schule ohne Ideologien – keine Experimente mehr auf dem Rücken der Schüler und LehrerIn der Schulpolitik haben wir mit ideo-logischen Fehlstellungen aus rot-roten Zeiten aufgeräumt: die P� icht zum jahr-gangsübergreifenden Lernen wurde abge-schaµ . Wir bekennen uns ohne Ausnah-me zum Gymnasium und zu den Schulen in freier Trägerscha� . Und wir haben eine Nachbesserung bei der Sprachförderung von Kindern im Vorschulalter verabschie-det. Nicht zuletzt für eine bessere Ver-einbarkeit von Familie und Beruf haben

wir eine Geschwisterkindregelung und die Berücksichtigung der Wohnortnähe beim Übergang an die Oberschule gesetz-lich verankert.

Innere Sicherheit – Grundlage für den Lebensort GroßstadtWir wollen sichtbare und gefühlte Sicher-heit auf jeder Straße, jedem Platz, jedem Bahnhof. Deshalb haben wir nach einem Jahrzehnt des Abbaus an Polizeivollzugs-stellen unter SPD und Linke eine Um-kehr eingeleitet: Wir haben mehr als 500 neuen Stellen im Polizeivollzugsdienst, in der Polizeiverwaltung und beim zentralen Objektschutz sowie knapp 100 neue Stel-len bei der Berliner Feuerwehr gescha� en.

Ebenso sagen wir durch die Scha� ung neuer Staatsanwaltscha� en der organi-sierten und der Internetkriminalität den Kampf an.Im Zuge einer notwendigen Verwaltungs-reform zur Vereinfachung und E¼ zienz-steigerung der behördlichen Abläufe, aber auch zugunsten der Bürgerfreundlich-keit der Behördenarbeit haben wir uns an die Erarbeitung einer Digitalen Agen-da gemacht.

Die Berliner CDU hat sich in der Regie-rung als kompetenter Ideengeber und zuverlässiger, verantwortungsbewuss-ter Partner gezeigt. Berlin ist wieder auf einem guten Kurs.

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KOMMENTAR

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KOMMENTAR

Herausgeber und VerlagGK Mittelstands Magazin Verlag GmbHGünter F. KohlGärtnerkoppel 324259 Westensee/ KielTel. 04305-992992 / Fax 04305-992993E-Mail: [email protected]

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Anzeigenschluss: 20. August 2014

RedaktionTim A. Küsters

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Internet: www.issuu.com/ampuls

Satz und Layout: Walter Katofsky, Kiel

Druck: Printmedienpartner GmbH, Hameln

Titelfoto: Fotolia

AbonnementEinzelheft: 24,- Euro pro Jahr bei 4 Ausgaben

Das Magazin am puls erscheint viermal im Jahr jeweils zur Mitte eines Quartals.

Impressum

TRANSPARENZ, QUALITÄT UND WETTBEWERB – die Formel für ein gutes GesundheitssystemLiebe Leserinnen und Leser,Transparenz, Qualität und Wettbewerb - das ist die For-mel für ein gutes Gesundheitssystem. Diesen Geist at-men auch die Vereinbarungen, die wir gemeinsam mit der SPD im Koalitionsvertrag getro� en haben.  Das Bundeskabinett hat jetzt die Reform der Kranken-versicherung verabschiedet. Kün� ig wird es einen ein-heitlichen Beitragssatz von 14,6 % geben, der gleicher-maßen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen wird. Braucht eine Kasse mehr Mittel, kann sie darü-ber hinaus einen prozentualen Zusatzbeitrag erheben, der direkt vom Lohn abgezogen wird. Insbesondere im kommenden Jahr wird das zu einer Entlastung vieler Versicherter führen, da einige Kassen im Vergleich zum heutigen Beitrag von 15,5% insgesamt weniger verlan-gen werden. Damit besiegeln wir das Ende der jahrelangen Auseinan-dersetzung über die Finanzierung der Krankenkassen.  Die Bürgerversicherung ist endgültig vom Tisch! Der Wettbewerb zwischen den Kassen bleibt erhalten, gleich-zeitig geben wir den Krankenkassen über den Zusatz-beitrag ein Stück Beitragsautonomie zurück.  Die Versi-cherten werden über die Transparenz des Zusatzbeitrages in die Lage versetzt, das Preis-Leistungs-Verhältnis ihrer Kasse zu bewerten. Erhöht eine Kasse ihren Beitrag, gilt ein Sonderkündigungsrecht.  Mit den geplanten Maßnahmen erreichen wir, dass stei-gende Gesundheitskosten nicht automatisch den Fak-tor Arbeit teurer machen. Wir bleiben dabei: Steigende Sozialkosten und Lohnnebenkosten müssen entkoppelt werden, damit wir nicht wieder in eine Situation kom-men, in der wir Ende der 90er Jahre waren. Das garan-tiert die Neuregelung.

JENS SPAHN

Jens Spahn, MdB, wurde 1980 in Ahaus geboren. Seine Ausbildung zum Bank-kaufmann bei der WestLB führte ihn auch nach Luxemburg. Der studierte Politikwis-senschaftler gehört seit 2002 dem Deut-schen Bundestag an. Seit 2009 ist er ge-sundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und stellvertre-tender Landesvorsitzender des Gesund-heitspolitischen Arbeitskreises der CDU Nordrhein-Westfalen.

Wir rücken die Qualität der Versorgung noch weiter in den Mittelpunkt. Deshalb scha� en wir mit diesem Ge-setz ein fachlich unabhängiges Institut für Qualitätssi-cherung und Transparenz im Gesundheitswesen. Wir wollen, dass sich Patienten kün� ig noch einfacher und besser über die Qualität einer Behandlung oder beispiels-weise eines Krankenhauses informieren können um dann zu entscheiden, wo sie einen Eingri� vornehmen lassen. Das Institut wird dem Gemeinsamen Bundesausschuss regelmäßig wissenscha� lich fundierte Vorschläge unter-breiten, wie dieses Ziel erreicht werden kann.  Dieses Ergebnis haben wir ohne ö� entliche Auseinander-setzung mit dem Ziel einer nachhaltigen Finanzierung der GKV erreicht: Das ist ein guter Start für die Gesundheits-politik der Großen Koalition.  Es grüßt Sie herzlichIhr

Jens Spahn, MdB

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Wir entlasten Ärzte von allen administrativen Arbeiten, die bei der Privatabrechnung entstehen. Dadurch versetzen wir sie in die Lage, sich ihren Patienten ungestört widmen zu können.

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