Auf den Spuren von Guillaume Apollinaire in Bad Honnef · 2019. 11. 15. · reisten (und...
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Auf den Spuren vonGuillaume Apollinairein Bad Honnef
1 Rhöndorf
Apollinaire ist schon in den ersten Tagen seines Aufenthaltes auf denDrachenfels gestiegen. Vom Endedes September 1901 stammt das hei-tere Gedicht Crépuscule / Abenddäm-merung, Hier ist auch seine Bezie-hung zu Annie noch heiter.
Abenddämmerung
Ruinen am Ufer des alten RheinsMan küsst sich gut in eurem SchattenDie Schiffer senden schon von ferneDampfwölkchen als Grüße uns zu
Die Nacht bricht ganz plötzlich hereinWie die Liebe in diesen RuinenAus dem Rhein da unten steigt die ScharDer Nibelungen und der Undinen
Keine Angst vor den bärtigen ZwergenDie im Weinberg unter uns lärmenSie haben noch nicht genug getrunkenLauschen wir lieber dem Singen der Nixen
Ende Mai 1902 belegt Nuit Rhénane /Rheinische Nacht, das berühmtestealler Rheingedichte Apollinaires, dasEnde der Liebe. In einer RhöndorferKneipe am Rhein steigt in ihm einGemisch von Romantik und Todes-sehnsucht auf, von dem er sich durchdas Zerschmettern seines Weinglasestrennt. Hier dient wie bei Heine dieironische Brechung, der überraschen-de Schock, als Heilmittel.
Rheinische Nacht
Mein Glas ist voller Wein der zittert wie eine Flamme
Hört dort eines Schiffers schleppendesLied
Das von sieben Frauen im Mondlichterzählt
Die ihre Haare auswringen grün und bis zum Boden lang
Steht auf singt lauter und tanzt umherDass ich das Lied des Schiffers nicht
mehr höreUnd setzt alle blonden Mädchen zu
mir herMit ihrem scheuen Blick und den
geflochtenen Zöpfen
Der Rhein der Rhein ist trunken wo sich die Reben spiegeln
Alles Gold der Nächte sinkt imWiderschein zitternd herab
Die Stimme singt noch immer traurigzum Sterben
Von den grünhaarigen Feen die denSommer verzaubern
Mein Glas zerspringt wie mit einem irren Lachen
2 Löwenburg
Apollinaire war ein leidenschaftlicher Wanderer, vor allem im Siebenge-birge. Seine Freundin Annie Playdenberichtet:
„Wir machten einige wunderbare Aus-flüge von Honnef am Rhein aus auf dieBergeshöhen, die mit Schnee bedecktwaren. Eine davon wird mir nie aus demGedächtnis gehe; ich hatte den Eindruck,auf der Spitze der Jungfrau zu stehen.“
Das Gedicht Les Sapins / Die Tannenvom Dezember 1901 spielt auf dieBlicke zum Rhein und auf das kom-mende Weihnachtsfest an:
Die Tannen
In den sieben freien Künsten gelehrtDurch die alten Tannen ihre VorfahrenDie große Poeten sindWissen sie sich vorherbestimmtZu leuchten mehr als die Planeten
Zu leuchten sanft verändertIn Sterne und beschneitZum seligen WeihnachtsfestFest der träumenden TannenMit langen schmachtenden Zweigen
Die Tannen sind gute MusikerSie singen alte WeihnachtsliederIm Wind der Abende im HerbstOder würdevolle MagierSie zaubern Donner in den Himmel
Reihen von weißen SeraphinenErsetzen im Winter die TannenUnd sie breiten ihre Flügel ausIm Sommer sind sie große RabbinerOder auch alte Demoisellen
Tannen sind schweifende DoktorenSie bieten ihre guten Salben anWenn das Gebirge sich beugt Von Zeit zu Zeit im SturmStöhnt eine alte Tanne und fällt nieder
3 Rommersdorf
Zentraler Wohnort für Apollinaire wardie Villa Hölterhoff am Frankenwegin Honnef, die um 1960 abgerissenund durch Apartementhäuserersetzt wurde. An der alten Umfas-sungsmauer erinnert eine Plakettean Apollinaire.
An dieser Umfassungsmauer spieltdie Erzählung La Comtesse / Die Gräfinvon Eisenstein in der fiktiv die Arbeit-geberin Apollinaires, Élinor Vicomtes-se de Milhau, auftritt:
Die Gräfin stand, die Ellenbogen auf dieMauer der Villa gestützt, und betrachteteden Rhein, auf dem die Dampfbootedahin zogen, mit Studenten und jungenMädchen besetzt, die Lieder sangen, aufdie das Echo antwortete. Auf der Straßezog eine Karawane. Das waren Zigeuner,schön und zerlumpt. Sie gingen zu Fußneben den Wohnwagen, in denen sich dieFrauen und Kinder befanden. Die einenführten Pferde am Zügel, die anderenhielten Bären, Affen und Hunde an der
Leine. Sie bettelten im Vorbeiziehen umGaben und schienen dennoch stolz wiedie Freiheit. Es gab alte und junge, undeiner von den letzteren, dessen Ohren mitgoldenen Ringen geschmückt waren,richtete seinen Blick starr auf die Gräfin,deren Herz heftig zu schlagen begann. Sieseufzte tief. Diese Vagabunden, ihre Tiere,die Klänge der Zither und des Zimbals, dieaus den Wagen schallten, wurden ihr zumSchicksal. Sie machte ein Zeichen anzu-halten, stieg auf die Mauer und fiel in dieArme des Zigeuners mit den Ohrringen.„Ich besitze nichts.“, sagte sie ihm.„Willstdu mich mit dir nehmen, so wie ich bin,und mich ein ganzes Leben lang lieben?“Er antwortete bedächtig: „Ich will es, abererinnere dich daran, dass in unsererSprache Leben und Tod dasselbe Wortsind, so wie gestern und morgen und wieLiebe und Hass.“
Seiner Schülerin, der neunjährigenGabrielle de Milhau, legt Apollinairedieses Gedicht über ihre Gouvernan-te (und Kammerfrau) in den Mund:
Wenn Sie in meinem Zimmer sind meine Kammerfrau
Dann bin ich sicher dass für mich zumindest
Einen Schutzengel gibt, denn das sind Sie, Anna. […]
Sie sind jeden Morgen da wenn ich erwache
Sie führen meinen Geliebten zu mir den Sonnengott […]
Und Sie sind es die am Abend wenn er stirbt
Künstliche Sonnen anzünden um meinen Schmerz zu täuschen
Im Park der benachbarten VillaSchaaffhausen hat Apollinaire öfters
gesessen. Die Frau Anna Schaaff-hausen zur Ehre errichtete Glorietteim Park hat wohl das Gedicht Dans leJardin d’Anna / In Annas Garten initi-iert, in dem der Dichter zu seinerGeliebten im Stil des Rokoko spricht:
In Annas Garten
Ganz sicher, wenn wir im Jahre 1760gelebt hätten
Das ist doch das Datum das Sie auf dieser Steinbank entziffern Anna […]
Ich hätte öfters meinen Stock zerschlagenAuf dem Rücken eines Bauern Ich hätte sehr gerne Musik gehört
beim EssenVon Schinken
Ich hätte in Deutsch geflucht das schwöre ich Ihnen
Weil Sie mich überrascht hätten beieinem saftigen Kuss
Auf die Lippen des rothaarigenDienstmädchens
Sie hätten mir im Myrtillenhain vergeben
Ich hätte einen Moment gepfiffenDann hätten wir lange den Geräuschen
der Abenddämmerung gelauscht
4 Hölterhoff-StiftDas Hölterhoff-Stift wurde 1899von Otto Hölterhoff, dem Onkel derVicomtesse de Milhau als Evangeli-
sches Damenstift mit angeschlosse-ner Haushaltsschule gegründet.
Die Stiftung war der Grund dassdie Vicomtesse und ihre MutterMaria 1901 nach Deutschland reisten (und Apollinaire mitbrach-ten). In der Stiftung befindet sichheute das Physikzentrum. Öfters finden hier aber auch literarischeKolloquien zu Apollinaire statt.
Dort ist auch eine permanente Aus-stellung geplant.
5 Innenstadt
Möglicherweise angeregt von demTitel der Pfarrkirche Johannes derTäufer hat Apollinaire Ende Mai 1902das Gedicht Salomé geschrieben, daseinen Sprung von symbolistischen zusurrealistischen Momenten macht.Hier die letzte Strophe mit demAusbruch des Wahnsinn bei Salome,als sie Johannes Kopf trägt…
Sire gehen sie voran die Trabanten hinterher
Wir graben ein Loch und beerdigen ihn da
Wir pflanzen Blumen und tanzen im KreisSolange bis ich mein Strumpfband
verliere
Der König seine TabakdoseDie Infantin ihren RosenkranzDer Pfarrer sein Brevier
In der Orstmitte Honnefs nahe derKirche steht die Villa Adams in
der sich im Dezember 1901 ein Näh-kränzchen befindet. In Les Femmes /Die Frauen fügt Apollinaire Land-schaftsbeschreibung und Gesprächs-fetzen zu einer phantastischenMischung zusammen, das erste sei-ner großen Konversationsgedichte.
Die Frauen
„Im Haus des Winzers nähen die Frauen Lenchen füll den Ofen und setz das KaffeewasserAuf — Die Katze schleicht sich fort nachdem sie sich aufgewärmt hat — Gertrud und ihr Nachbar Martin
heiraten endlich […]
— Leni ein bisschen Kandiszucker gegenmeinen Husten— Peter geht mit seinem Frettchen aufKaninchenjagdDer Wind ließ alle Tannen tanzen
ringsumLotte die Liebe macht traurig? — Ilse
das Leben ist schön
Die Nacht fiel ein Die Weinberge mitden gewundenen Stöcken
Sahen in der Dunkelheit wieKnochenhaufen aus
Der Schnee wie ein Leichentuch darüber gefaltet
Und Hunde kläfften die halberfrorenenPassanten an
Er ist gestorben hört dochDie KirchenglockeLäutete ganz sanft zum Tod des KüstersLise du musst den Ofen schüren er geht sonst ausDie Frauen bekreuzigten sich in derundeutlichen Nacht”
Bosnische Roma zogen von Zeit zuZeit mit ihrem Kleinzirkus durchHonnef. Apollinaire war von der stoi-schen Lebenshaltung der Zigeunersehr beeindruckt. Er schrieb mehrereZigeuner-Gedichte und Prosastücke.Zurück in Paris lernte er 1905 Picassokennen. Apollinaire befruchtete mitseinen Gedichten die Rosa-PeriodePicassos. Hier das GedichtSaltimbanques / Fahrende Gaukler.
In der Ebene entfernen sichDie Gaukler entlang der GärtenVor den Türen grauer GasthäuserDurch Dörfer ohne Kirchen
Die Kinder laufen ganz vornewegDie anderen folgen träumend nachJederObstbaum fügt sich in sein SchicksalWenn sie von fern ihm Zeichen geben
Sie haben runde und eckige GewichteTamboure und goldene ReifenDer Bär und der Affe als kluge TiereSammeln Geld auf ihrem Wege
6 Badeanstalt im Rhein
In Plongeon / Kopfsprung beschreibtApollinaire ein Badevergnügen imRheinarm im September 1901. DieMischung von realistischer Beschrei-bung des Schwimmprozesses, die Ne-benerlebnisse, die Erinnerungen unddie Töne unter Wasser verbindet er zueiner kubistischen, fast schon surrea-listischen Mischung.
Kopfsprung
Springe kopfüber hinein um die Perlendes Flusses zu fischen
Der grün heißt aber blau ist oder gelbwenn es schneit oder regnet
Im eiskalten Wasser schwimmt dir deinSchatten voran
Die Winde singen Juhei und die Hörnerblasen Trara
Den Kopf nach unten mit offenen Augensuche die Perle
Ganz nackt schwimmst du Brust Krauloder Lage
Und Dampfer mit winkendenTaschentüchern fahren den Rheinhinab
Am anderen Ufer kriecht ein Zug und verschwindet
7 Alter Friedhof Pompbeuel
Am Allerseelentag 1901 besuchteApollinaire mit seiner Arbeitgeberfa-
1 Rhöndorf 2 Löwenburg
3 Rommersdorf
4 Hölterhoff-Stift
5 Innenstadt
6 Badeanstaltim Rhein 7
8
10 MenzenbergRheinbreitbach
9 Fähre Rolandseck
SelhofHardter Häuschen
Alter FriedhofPompbeuel
milie das Grab von Otto Hölterhoff.Das Gedicht Rhénane d’automne/Rheinisches Herbstliedvom November1901 vermischt die Bilder der Toten-tanztafel von Bruchhausen mit derrealen Anordnung der Gräber inHonnef.Hier Auszüge.
Rheinisches Herbstlied
Der Friedhof ist ein schöner GartenVoll grauer Weiden und RosmarinWie oft man Freunde zu Grabe trägtAch wie gut habt ihr es auf dem
schönen FriedhofIhr toten Bettler trunken von BierIhr Blinden blind wie das GeschickUnd ihr kleinen Kinder beim Beten
gestorben
Ach wie gut habt ihrs auf dem schönen Friedhof
Ihr Bürgermeister ihr SchifferUnd ihr RegierungsräteAuch ihr Zigeuner ohne PapiereDas Leben fault euch im WanstDas Kreuz wächst euch zwischen
den Füßen
Eine Strophe nimmt den Grabsteinder Elisa Körferauf,die in der In-schrift des Grabsteins mit ihren Elternspricht,ein Beispiel für den ergrei-fenden metaphysischen Charakterdieses Gedichtes:
Tote Kinder sprechen manchmal mit ihrer Mutter
Das Gedicht schließt romantisch:
Dann sind wir im Winde heimgegangen
Vor unseren Füßen rollten KastanienIhre stachligen Schalen warenWie das verwundete Herz der MadonnaVon der man nicht weiß ob ihre HautDie Farbe der Herbstkastanien hatte
8Selhof,Hardter Häuschen
Eines der Gedichte vom Oktober1901 beschreibt die Umgebung desHardter Häuschens,das damalsWeingut und Ausflugswirtschaft war.Hier die beiden letzten Strophen.
Im Untergang färbte die Sonne die Bergepurpurrot
Und unsere Liebe blutete wie dieJohannisbeersträucher
Die Nacht setzte Sterne in diesen fahlenHerbst in Deutschland
Und starb Lichter weinend zu unserenFüßen
Und unsere Liebe mischte sich so mit dem Tod
Fern an einem Feuer sangenZigeunerinnen
Ein Zug fuhr langsam mit offenen Augenauf der anderen Seite
Wir betrachteten lange Zeit die Städteam Ufer
9Fähre Rolandseck
Das Gedicht Les Bacs / Die Fährenzeigt im August 1902 kurz vor derAbreise Apollinaires nach Paris einenin Bezug auf seine Liebe zu Annievöllig verzweifelten Apollinaire.
Die Fähren am Rhein gehen und kommen
Die ganze schöne Jahreszeit langUnd die Fährleute die sie loswerfenSchlafen in einem Häuschen darauf
[…] Fährmann fahre bis zum TodDie Fähren gehen immer und kommenUnd die Ketten die sie festhaltenIm klaren Wasser sieht man nicht
Schon immer werfen die Fährleute sie losMan muss hinüberfahren hinüberHinüberfahren und neu beginnenDie Fähren am Rhein hier gehen und
kommen
Eigentlich lautete die letzte Stropheim Manuskript noch viel bitterer.
Schon immer werfen die Fährleute sie losUnd fahren hinüber Ist alles vorbeiJa alles ist vorbei zerronnen zerbrochenUnd das bleibt in den Fährgästen haften
Der hier zitierte Entwurf Souvenir/Erinnerungund die endgültige Fas-sung des Gedichtes RolandsecksindMeisterwerke des lyrischen RealismusApollinaires im Sommer 1902.
Rolandseck
Rolandseck in der Ferne träumte ich aufdem grünen Ufer.
Die Nonne der Rolandssage auf der InselNonnenwerth
Schien mir alt auszusehen unter den spielenden Mädchen von heute
Die sieben Berge da drüben schliefen wie Tiere
ich träumte und Dampfschiffe zogen vorbei voll singender Studenten
Ich träumte von dir die du jetzt in Londonbist:Annie !
Rhein du blaue Ader eines Frauenkörpers:Europa
Annies Körper mit blauen Adern warnoch vornehmer
Und ich wartete auf die Fähre wo ineinem kleinen Verschlag
Der Fährmann ein Kruzifix mit einemmürrischen Christus aufgehangenhatte
Damen mit hannoverschem Akzent trugen Rosensträuße
Die sie unsinnig in den Rhein blätterten.Ein Radfahrer auf der Fähre winkte mit
seinem TaschentuchNach einem Kammermädchen das unter
seiner weißen Schürze schwarze Kleidertrug
Wie die Nonne der Rolandssage die aufNonnenwerth umherirrte
Und der Fährmann der auch eine Kneipebetrieb sagte mir:
„In meiner Wirthschaft giebt es ein KlavierUnd meine Töchter sind schön alle vier.— Jawohl,vier Töchter sind acht
Arschbacken…“ Und der Rhein floss dahin
10Menzenberg/ Rheinbreitbach
Unter den Dichtern der deutschenRomantik hat nach Heinrich HeineKarl SimrockApollinaire am stärk-sten beeinflusst.Es ist zunächst derBereich der mittelalterlichen Poesie,der auch von Apollinaire studiertwurde und Eingang in sein erstesgroßes Prosawerk L’Enchanteurpourrissant/Der verwesende Zaubererfand,an dem Apollinaire auch 1901und 1902 arbeitete.Dann ist das The-ma des „Ewigen Juden“,das er ausSimrocks Volksbüchernübernahmund fünfmal variierte.Ferner hat eraus den Rheinsagenvon Simrockzahlreiche Motive seiner rheinischenGedichte übernommen,so z.B.dieLegende der Sieben Schwestern vonOberwesel.Am wichtigsten jedochwar die Übernahme der Urform von
Brentanos Lore Lay,die seiner eige-nen Neudichtung La Loreleyzugrun-de liegt.Apollinaire ist auf seinenWanderungen oft an Simrocks Hausin Menzenbergvorbeigekommen.
Am Rande von RheinbreitbachnachHonnef hin liegt an der Simrockstra-ße 7 die ehemalige Pension Elisenhof,die heutige Burg Steineckeinesinterkonfessionellen Missionsordens.Die große Statue der HeiligenElisabeth am Turm schaut in dieEbene mit ihren Streuobstwiesen undbei gutem Wetter bis zum KölnerDom.Apollinaire kommentiert das imGedicht Cet oiseau langoureux et tou-jours irrité / Dieser sehnsuchtsvolle undscheue Vogelfolgendermaßen:
Die Heilige Elisabeth hält die letzte Rosehin
Für den Soldaten der strickt und barfußgeht
Die ferne Stadt Köln wird vom RotenFunken repräsentiert.Das nennt maneine lyrische Landschaft.
Der deutsche Biergarten am Rhein-ufer,früher die Gastwirtschaft Voll-mer,entlässt Apollinaire im August1902 völlig verzweifelt nachdem eran einer Hochzeitsgesellschaft teilge-nommen hat und bitter an seinAlleinsein denkt.Der Weg nachHonnef am Rheinuferentlang imGedicht Mille regrets/HerzlichesBeileidnimmt ihn tröstlich auf.
Die Hochzeitsgesellschaft von der Stadtam anderen Ufer
Und die Zigarren dick und blond wie DuDie meine mein Lieber war auch blond
mit süßen AugenAber nicht von hier Herr dein Reich
komme
Esst die Butterbrote wie die heiligenHostien
Dass die Braut so voll wie eineSchnapsdrossel werde
Ich erinnere mich wieder Amor deinReich komme
Man bekommt keine Luft mehr GutenAbend zusammen
Guten Abend zusammen Ich höre dasGeräusch von Rudern
In der Nacht auf dem Rhein und denKuckuck singen
Dann habe ich noch von Liebegeschwätzt von Liebe die ich bedaure
Mit allen Tannen die mir wie braveFrauen erschienen
Lebenslauf vonGuillaume Apollinaire
Guillaume Apollinaire, 1904
Der französische Dichter GuillaumeApollinaire wurde 1880 in Rom alsKind der jungen polnischen AdligenAngelica de Kostrowitzky geboren.Sein Vater war vermutlich der ausNeapel stammende Francesco GrafFluggi d’Aspermont. Nach derSchulzeit an der Côte d’Azur von1887bis 1897, wohnte der Dichter von1899 an bei seiner Mutter in Paris.1901 erhält er eine Anstellung in derFamilie der Élinor Vicomtesse deMilhau, aus der bekannten Kölner
Èlinor Vicomtesse de Milhau, geb.Hölterhoff (1865–1928) nach 1891(Gisela Zervoulakos de la Forge, Köln)
Großhändlerfamilie Hölterhoff, alsHauslehrer für deren neunjährigeTochter Gabrielle.
Im August 1901 fährt er mit derunternehmungslustigen Vicomtessein einem De Dion-Bouton, einemoffenen Auto der ersten regulärenWagenproduktion, von Paris nachHonnef, wo sie mit ihrer Mutter eineErbschaft anzutreten hatte.
Der De Dion-Bouton von 1901 (ModelE) im Jahre 2005 in England (ChristineMatthews)
Die zusätzliche Funktion als Reise-begleiter und Wagenknecht bringtApollinaire im Tross der bildungs-hungrigen Vicomtesse im Rheinlandvon August 1901 bis August 1902und zusätzlich ab Februar bis Mai1902 in Deutschland, Böhmen undÖsterreich durch viele Städte undMuseen. Wie die deutsch-französi-sche Heirat der Eleonore Hölterhoffmit Gaëtan Vicomte de Milhau imJahre 1891 die Keimzelle aller weite-ren Entwicklungen geworden ist, dieApollinaire und sein Verhältnis zuDeutschland betreffen, möchte mandie Vicomtesse fast als die Hebammedes jungen „rheinischen“ Dichtersbezeichnen.Eine zweite Frau ist für die Entwick-lung des jungen Dichters von Bedeu-tung: Annie Playden, die junge undhübsche englische Gouvernante vonGabrielle.
Annie Playden (1880-1964) inDeutschland im Jahre 1901(Bibliothèque Nationale, Paris)
Apollinaire verliebte sich unsterblichin sie, doch nach einer ersten glück-lichen Phase setzte ab Februar 1902eine zunehmende Entfremdung ein.
Apollinaire und Annie Playden imFebruar 1902 auf der großenDeutschlandreise in Berlin(Bibliothèque Nationale, Paris)
Der Dichter hat unter der Trennung fast sein ganzes Leben lang gelitten. Wie bei seinem literarischen Vorbild Heinrich Heine wurde die unerfüllte Liebe die Triebfeder einer anrühren-den und großartigen Poesie.Die zunächst als eine Art Reisenotizen konzipierten Gedichte und Erzählun-gen führten ihn vom Symbolismus des 19. Jh. zum lyrischen Realismus, der nach 1900 seinen Siegeszug als literarischer Stil antrat. Apollinaire ist mit seinen Gedichten, Erzählungen und einem hochberühmten Theater-stück nicht nur ein Wegbereiter der Neuzeit für Frankreich, sondern mit seinem fast hundert Titel umfassen-den Werk nur zu rheinischen Themen auch einer der bedeutendsten Vertreter der Rheinliteratur.Erste Berichte in Pariser Zeitschriften über das 1901 bis 1902 im Rheinland und Deutschland Erlebte, bereiteten die Grundlage für eine steile Karriere als Journalist und Kunstkritiker, die ab 1905 durch seine Freundschaft mit Picasso und anderen Künstlern des Pariser Aufbruchs in die Moderne gefördert wurde. Schließlich wurde er zu einer Art Kunstpapst, der nicht nur die Anfänge des Kubismus, sondern auch des Expressionismus, des Surrealismus (das Wort stammt von ihm) und des Dadaismus beeinflusst hat. Sein früher Tod im Jahre 1918 als Folge einer Kriegsverwundung im Jahre 1916 ließ viele seiner Kunst und Literatur umgreifenden Pläne uner-füllt, sicherte ihm aber einen fast romantischen Platz im Herzen der Franzosen und vieler europäischer Künstler der Moderne.
Bad Honnef ist bestrebt das Andenken an diesen berühmten Franzosen, der übrigens auch viel für den deutsch-französischen Kulturaustausch vor den Ersten Weltkrieg geleistet hat, hoch-zuhalten. Apollinaire ist nicht nur in Honnef „zum Dichter geworden“, sondern auch sicher der wichtigste Schriftsteller, den Bad Honnef für längere Zeit in seinen Mauern beher-bergt hat.
Texte und Übersetzungen2008 bei dem AutorProf. Dr. Kurt RoesslerHernberger Straße 2653332 BornheimTel.: 0 22 27 / 65 90E-Mail: [email protected] www.kurt-roessler.dewww.apollinaire-freiligrath.de Idee und KonzeptionEkki Schmitz, Bad Honnef HerausgeberStadt Bad Honnef, Stadtinformation, Rathausplatz 1, 53604 Bad Honnef, Tel.: 02224/9 88 27 46Gestaltung punkt-und-pixel Grafik, Bad Honnef
Ernst Wolf:GuillaumeApollinaireund dasRheinland.Diss.Univ.Bonn1937.Nachdruck(Bonner Roma-nistische Arbei-ten,Band 27),Eberhard Leube(Hrsg.).Frankfurt:Lang,1988.
Jürgen Grimm:GuillaumeApollinaire.(Beck’sche ReiheAutoren 628),München:Beck,1993.
Kurt Roessler:RheinischeLyrik um1900.Carmen Sylva,Luigi Pirandello,Stefan George,Guillaume Apollinaire und Andere.Eine Anthologie.Bornheim:Roessler,2000.
Kurt Roessler,ElmarScheuren(Hrsg.):Sieben Bergeschliefen wie TiereMüde vomWachen überLegenden.
Der Dichter Guillaume Apollinaire amRhein 1901–1902.Bornheim:Roessler,2001.
Kurt Roessler(Hrsg.):Kölnim Werk vonGuillaumeApollinaire.Bornheim:Roessler,2002.
Kurt Roessler,Klaus Schäfer (Hrsg.):Guillaume Apollinaire anMittelrhein und Mosel 1901–1902.Ein Dichter zwischen Spätromantik und Moderne.(Andernacher Beiträge 17),Andernach:Stadtmuseum,2002.
Ingrid Bodsch,Kurt Roessler (Hrsg.):Guillaume Apollinaire und Bonn.Bornheim:Roessler,2002.
Kurt Roessler:Der RabbivonDollendorf.Die rheinischenLandjuden undder DichterGuillaumeApollinaire 1901–1902.Bornheim:Roessler,2006.
Kurt Roessler:Der Dichter GuillaumeApollinaire und Honnef.Weltliteratur und rheinische Poesie 1901–1902.Verein zur Förderung vonKunst und Kultur in Bad Honnef (Hrsg.),Bornheim:Roessler,2008.Erscheint Ende Mai 2008.
Publikationen zu Guillaume Apollinaire im Rheinland
Buchhandlung Karl Werber
Geschichte und Geschichten, Bildbände, Stadtführer, Wege- undWanderkarten, Magazine … die schönsten Seiten über Bad Honnef
Seit 1898
Haus Gutenberg · Hauptstraße 40 · 53604 Bad HonnefTelefon 0 22 24 / 26 01, Fax: 0 22 24 / 47 00
GUILLAUMEAPOLLINAIRE
AUF DEN SPUREN DES FRANZÖSISCHEN DICHTERS
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milie das Grab von Otto Hölterhoff.Das Gedicht Rhénane d’automne /Rheinisches Herbstlied vom November1901 vermischt die Bilder der Toten-tanztafel von Bruchhausen mit derrealen Anordnung der Gräber inHonnef. Hier Auszüge.
Rheinisches Herbstlied
Der Friedhof ist ein schöner GartenVoll grauer Weiden und RosmarinWie oft man Freunde zu Grabe trägtAch wie gut habt ihr es auf dem
schönen FriedhofIhr toten Bettler trunken von BierIhr Blinden blind wie das GeschickUnd ihr kleinen Kinder beim Beten
gestorben
Ach wie gut habt ihrs auf dem schönen Friedhof
Ihr Bürgermeister ihr SchifferUnd ihr RegierungsräteAuch ihr Zigeuner ohne PapiereDas Leben fault euch im WanstDas Kreuz wächst euch zwischen
den Füßen
Eine Strophe nimmt den Grabsteinder Elisa Körfer auf, die in der In-schrift des Grabsteins mit ihren Elternspricht, ein Beispiel für den ergrei-fenden metaphysischen Charakterdieses Gedichtes:
Tote Kinder sprechen manchmal mit ihrer Mutter
Das Gedicht schließt romantisch:
Dann sind wir im Winde heimgegangen
Vor unseren Füßen rollten KastanienIhre stachligen Schalen warenWie das verwundete Herz der MadonnaVon der man nicht weiß ob ihre HautDie Farbe der Herbstkastanien hatte
8 Selhof,Hardter Häuschen
Eines der Gedichte vom Oktober1901 beschreibt die Umgebung desHardter Häuschens, das damalsWeingut und Ausflugswirtschaft war.Hier die beiden letzten Strophen.
Im Untergang färbte die Sonne die Bergepurpurrot
Und unsere Liebe blutete wie dieJohannisbeersträucher
Die Nacht setzte Sterne in diesen fahlenHerbst in Deutschland
Und starb Lichter weinend zu unserenFüßen
Und unsere Liebe mischte sich so mit dem Tod
Fern an einem Feuer sangenZigeunerinnen
Ein Zug fuhr langsam mit offenen Augenauf der anderen Seite
Wir betrachteten lange Zeit die Städteam Ufer
9 Fähre Rolandseck
Das Gedicht Les Bacs / Die Fährenzeigt im August 1902 kurz vor derAbreise Apollinaires nach Paris einenin Bezug auf seine Liebe zu Annievöllig verzweifelten Apollinaire.
Die Fähren am Rhein gehen und kommen
Die ganze schöne Jahreszeit langUnd die Fährleute die sie loswerfenSchlafen in einem Häuschen darauf
[…] Fährmann fahre bis zum TodDie Fähren gehen immer und kommenUnd die Ketten die sie festhaltenIm klaren Wasser sieht man nicht
Schon immer werfen die Fährleute sie losMan muss hinüberfahren hinüberHinüberfahren und neu beginnenDie Fähren am Rhein hier gehen und
kommen
Eigentlich lautete die letzte Stropheim Manuskript noch viel bitterer.
Schon immer werfen die Fährleute sie losUnd fahren hinüber Ist alles vorbeiJa alles ist vorbei zerronnen zerbrochenUnd das bleibt in den Fährgästen haften
Der hier zitierte Entwurf Souvenir /Erinnerung und die endgültige Fas-sung des Gedichtes Rolandseck sindMeisterwerke des lyrischen RealismusApollinaires im Sommer 1902.
Rolandseck
Rolandseck in der Ferne träumte ich aufdem grünen Ufer.
Die Nonne der Rolandssage auf der InselNonnenwerth
Schien mir alt auszusehen unter den spielenden Mädchen von heute
Die sieben Berge da drüben schliefen wie Tiere
ich träumte und Dampfschiffe zogen vorbei voll singender Studenten
Ich träumte von dir die du jetzt in Londonbist: Annie !
Rhein du blaue Ader eines Frauenkörpers:Europa
Annies Körper mit blauen Adern warnoch vornehmer
Und ich wartete auf die Fähre wo ineinem kleinen Verschlag
Der Fährmann ein Kruzifix mit einemmürrischen Christus aufgehangenhatte
Damen mit hannoverschem Akzent trugen Rosensträuße
Die sie unsinnig in den Rhein blätterten.Ein Radfahrer auf der Fähre winkte mit
seinem TaschentuchNach einem Kammermädchen das unter
seiner weißen Schürze schwarze Kleidertrug
Wie die Nonne der Rolandssage die aufNonnenwerth umherirrte
Und der Fährmann der auch eine Kneipebetrieb sagte mir:
„In meiner Wirthschaft giebt es ein KlavierUnd meine Töchter sind schön alle vier.— Jawohl, vier Töchter sind acht
Arschbacken …“ Und der Rhein floss dahin
10 Menzenberg/ Rheinbreitbach
Unter den Dichtern der deutschenRomantik hat nach Heinrich HeineKarl Simrock Apollinaire am stärk-sten beeinflusst. Es ist zunächst derBereich der mittelalterlichen Poesie,der auch von Apollinaire studiertwurde und Eingang in sein erstesgroßes Prosawerk L’Enchanteurpourrissant / Der verwesende Zaubererfand, an dem Apollinaire auch 1901und 1902 arbeitete. Dann ist das The-ma des „Ewigen Juden“, das er ausSimrocks Volksbüchern übernahmund fünfmal variierte. Ferner hat eraus den Rheinsagen von Simrockzahlreiche Motive seiner rheinischenGedichte übernommen, so z.B. dieLegende der Sieben Schwestern vonOberwesel. Am wichtigsten jedochwar die Übernahme der Urform von
Brentanos Lore Lay, die seiner eige-nen Neudichtung La Loreley zugrun-de liegt. Apollinaire ist auf seinenWanderungen oft an Simrocks Hausin Menzenberg vorbeigekommen.
Am Rande von Rheinbreitbach nachHonnef hin liegt an der Simrockstra-ße 7 die ehemalige Pension Elisenhof,die heutige Burg Steineck einesinterkonfessionellen Missionsordens.Die große Statue der HeiligenElisabeth am Turm schaut in dieEbene mit ihren Streuobstwiesen undbei gutem Wetter bis zum KölnerDom. Apollinaire kommentiert das imGedicht Cet oiseau langoureux et tou-jours irrité / Dieser sehnsuchtsvolle undscheue Vogel folgendermaßen:
Die Heilige Elisabeth hält die letzte Rosehin
Für den Soldaten der strickt und barfußgeht
Die ferne Stadt Köln wird vom RotenFunken repräsentiert. Das nennt maneine lyrische Landschaft.
Der deutsche Biergarten am Rhein-ufer, früher die Gastwirtschaft Voll-mer, entlässt Apollinaire im August1902 völlig verzweifelt nachdem eran einer Hochzeitsgesellschaft teilge-nommen hat und bitter an seinAlleinsein denkt. Der Weg nachHonnef am Rheinufer entlang imGedicht Mille regrets / HerzlichesBeileid nimmt ihn tröstlich auf.
Die Hochzeitsgesellschaft von der Stadtam anderen Ufer
Und die Zigarren dick und blond wie DuDie meine mein Lieber war auch blond
mit süßen AugenAber nicht von hier Herr dein Reich
komme
Esst die Butterbrote wie die heiligenHostien
Dass die Braut so voll wie eineSchnapsdrossel werde
Ich erinnere mich wieder Amor deinReich komme
Man bekommt keine Luft mehr GutenAbend zusammen
Guten Abend zusammen Ich höre dasGeräusch von Rudern
In der Nacht auf dem Rhein und denKuckuck singen
Dann habe ich noch von Liebegeschwätzt von Liebe die ich bedaure
Mit allen Tannen die mir wie braveFrauen erschienen
Lebenslauf vonGuillaume Apollinaire
Guillaume Apollinaire,1904
Der französische Dichter GuillaumeApollinaire wurde 1880 in Rom alsKind der jungen polnischen AdligenAngelica de Kostrowitzkygeboren.Sein Vater war vermutlich der ausNeapel stammende Francesco GrafFluggi d’Aspermont.Nach derSchulzeit an der Côte d’Azur von1887bis 1897,wohnte der Dichter von1899 an bei seiner Mutter in Paris.1901 erhält er eine Anstellung in derFamilie der Élinor Vicomtesse deMilhau,aus der bekannten Kölner
Èlinor Vicomtesse de Milhau,geb.Hölterhoff (1865–1928) nach 1891(Gisela Zervoulakos de la Forge,Köln)
Großhändlerfamilie Hölterhoff,alsHauslehrer für deren neunjährigeTochter Gabrielle.
Im August 1901 fährt er mit derunternehmungslustigen Vicomtessein einem De Dion-Bouton,einemoffenen Auto der ersten regulärenWagenproduktion,von Paris nachHonnef,wo sie mit ihrer Mutter eineErbschaft anzutreten hatte.
Der De Dion-Bouton von 1901 (ModelE) im Jahre 2005 in England (ChristineMatthews)
Die zusätzliche Funktion als Reise-begleiter und Wagenknecht bringtApollinaireim Tross der bildungs-hungrigen Vicomtesse im Rheinlandvon August 1901 bis August 1902und zusätzlich ab Februar bis Mai1902 in Deutschland,Böhmen undÖsterreich durch viele Städte undMuseen.Wie die deutsch-französi-sche Heirat der Eleonore Hölterhoffmit Gaëtan Vicomte de MilhauimJahre 1891 die Keimzelle aller weite-ren Entwicklungen geworden ist,dieApollinaireund sein Verhältnis zuDeutschland betreffen,möchte mandie Vicomtesse fast als die Hebammedes jungen „rheinischen“ Dichtersbezeichnen.Eine zweite Frau ist für die Entwick-lung des jungen Dichters von Bedeu-tung:Annie Playden,die junge undhübsche englische Gouvernante vonGabrielle.
Annie Playden (1880-1964) inDeutschland im Jahre 1901(Bibliothèque Nationale,Paris)
Apollinaireverliebte sich unsterblichin sie,doch nach einer ersten glück-lichen Phase setzte ab Februar 1902eine zunehmende Entfremdung ein.
Apollinaire und Annie Playden imFebruar 1902 auf der großenDeutschlandreise in Berlin(Bibliothèque Nationale,Paris)
Der Dichter hat unter der Trennung fast sein ganzes Leben lang gelitten. Wie bei seinem literarischen Vorbild Heinrich Heine wurde die unerfüllte Liebe die Triebfeder einer anrühren-den und großartigen Poesie.Die zunächst als eine Art Reisenotizen konzipierten Gedichte und Erzählun-gen führten ihn vom Symbolismus des 19. Jh. zum lyrischen Realismus, der nach 1900 seinen Siegeszug als literarischer Stil antrat. Apollinaire ist mit seinen Gedichten, Erzählungen und einem hochberühmten Theater-stück nicht nur ein Wegbereiter der Neuzeit für Frankreich, sondern mit seinem fast hundert Titel umfassen-den Werk nur zu rheinischen Themen auch einer der bedeutendsten Vertreter der Rheinliteratur.Erste Berichte in Pariser Zeitschriften über das 1901 bis 1902 im Rheinland und Deutschland Erlebte, bereiteten die Grundlage für eine steile Karriere als Journalist und Kunstkritiker, die ab 1905 durch seine Freundschaft mit Picasso und anderen Künstlern des Pariser Aufbruchs in die Moderne gefördert wurde. Schließlich wurde er zu einer Art Kunstpapst, der nicht nur die Anfänge des Kubismus, sondern auch des Expressionismus, des Surrealismus (das Wort stammt von ihm) und des Dadaismus beeinflusst hat. Sein früher Tod im Jahre 1918 als Folge einer Kriegsverwundung im Jahre 1916 ließ viele seiner Kunst und Literatur umgreifenden Pläne uner-füllt, sicherte ihm aber einen fast romantischen Platz im Herzen der Franzosen und vieler europäischer Künstler der Moderne.
Bad Honnef ist bestrebt das Andenken an diesen berühmten Franzosen, der übrigens auch viel für den deutsch-französischen Kulturaustausch vor den Ersten Weltkrieg geleistet hat, hoch-zuhalten. Apollinaire ist nicht nur in Honnef „zum Dichter geworden“, sondern auch sicher der wichtigste Schriftsteller, den Bad Honnef für längere Zeit in seinen Mauern beher-bergt hat.
Texte und Übersetzungen2008 bei dem AutorProf. Dr. Kurt RoesslerHernberger Straße 2653332 BornheimTel.: 0 22 27 / 65 90E-Mail: [email protected] www.kurt-roessler.dewww.apollinaire-freiligrath.de Idee und KonzeptionEkki Schmitz, Bad Honnef HerausgeberStadt Bad Honnef, Stadtinformation, Rathausplatz 1, 53604 Bad Honnef, Tel.: 02224/9 88 27 46Gestaltung punkt-und-pixel Grafik, Bad Honnef
Ernst Wolf:GuillaumeApollinaireund dasRheinland.Diss. Univ. Bonn1937. Nachdruck(Bonner Roma-nistische Arbei-ten, Band 27),Eberhard Leube(Hrsg.). Frankfurt:Lang, 1988.
Jürgen Grimm:GuillaumeApollinaire.(Beck’sche ReiheAutoren 628),München: Beck,1993.
Kurt Roessler:RheinischeLyrik um1900.Carmen Sylva,Luigi Pirandello, Stefan George,Guillaume Apollinaire und Andere.Eine Anthologie.Bornheim: Roessler, 2000.
Kurt Roessler,ElmarScheuren(Hrsg.):Sieben Bergeschliefen wie TiereMüde vomWachen überLegenden.
Der Dichter Guillaume Apollinaire amRhein 1901–1902. Bornheim: Roessler,2001.
Kurt Roessler(Hrsg.): Kölnim Werk vonGuillaumeApollinaire.Bornheim:Roessler, 2002.
Kurt Roessler, Klaus Schäfer (Hrsg.):Guillaume Apollinaire anMittelrhein und Mosel 1901–1902.Ein Dichter zwischen Spätromantik und Moderne. (Andernacher Beiträge 17),Andernach: Stadtmuseum, 2002.
Ingrid Bodsch, Kurt Roessler (Hrsg.):Guillaume Apollinaire und Bonn.Bornheim: Roessler, 2002.
Kurt Roessler:Der RabbivonDollendorf.Die rheinischenLandjuden undder DichterGuillaumeApollinaire 1901–1902.Bornheim:Roessler, 2006.
Kurt Roessler:Der Dichter GuillaumeApollinaire und Honnef.Weltliteratur und rheinische Poesie 1901–1902. Verein zur Förderung vonKunst und Kultur in Bad Honnef (Hrsg.),Bornheim: Roessler, 2008.Erscheint Ende Mai 2008.
Publikationen zu Guillaume Apollinaire im Rheinland
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