Auf der Werft Reportage CBN

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Costa Blanca 5Nr. 1485, 01. Juni 2012 I Costa Blanca Nachrichten

Michael AllhoffTorrevieja

Alltag im Jachthafen: Im Frühling werden Hunderte von Booten für die Sommermonate repariert

Saison auf der Werft

Die Gurte um den Schiffsrumpf

spannen sich. Die elektrische Win-

de surrt. Zentimeter für Zentimeter

hebt der Kran das tonnenschwere

Boot aus dem Wasser. Es riecht

nach Salz, Schiffsdiesel und Farbe.

Im „varadero“, der Werft, krei-

schen Schleifmaschinen auf, nur

übertönt vom lautem Zischen des

Dampfstrahlers. Bei der Tankstelle

entfernt ein Werftarbeiter Mu-

scheln, Seepocken und Algenbe-

wuchs vom Rumpf eines Schiffes.

Frühjahr, Hochsaison für Werf-

ten. Es ist die Zeit, in der Eigner

ihre Jachten für den Sommer repa-

rieren lassen. „Wir holen derzeit

jede Woche vier bis fünf Schiffe

aus dem Wasser“, sagt Sven Bie-

nienda von Safety Yacht Services

(SYS) in Torrevieja. Da werden

Boote mit Antifouling-Farbe ge-

strichen, Motoren gewartet, Teak-

decks verlegt. Der deutsche Jung-

unternehmer hat mit seinem Team

von acht Mechanikern alle Hände

voll zu tun. Denn zwischen Valen-

cia und Cartagena hat fast jeder et-

was größere Küstenort seinen

Jachthafen. Und die Bootseigner

sind international – Deutsche, Bri-

ten, Spanier, Skandinavier.

„Die Leute kommen oft von

weit her über Empfehlungen“, so

die Erfahrung des Nautikmana-

gers. Eigner würden ihre Jacht lie-

ben. Mache die Werft einen guten

Job, freue sich der Kunde das gan-

ze Jahr an seinem Boot. Sven Bie-

nienda weiß, wie heikel Kunden in

der Wahl ihres Reparaturbetriebs

für die teure Jacht sein können:

„Das ist eine Vertrauensfrage!“

Spanien zählt 3.167 Kilometer

Küstenlänge auf dem Festland. Al-

lein die Mittelmeerküste – Costa

Brava, Costa Dorada, Costa Aza-

har und Costa Blanca – umfasst

über 1.100 Kilometer. Das Inter-

netportal www.cosasdebarcos.

com, die führende Seite im Netz

für Bootskauf, Schiffszubehör und

Nautik, listet über 60 Trocken-

docks für Spanien auf. Allein im

Land Valencia sind über 40 Jacht-

häfen installiert – von A wie Altea

bis V wie Valencia. Rund 130.000

Liegeplätze, so das E-Magazine

„Fondear“, verteilt auf 360 Jacht-

häfen buhlen um die Gunst der

Freizeit-Skipper. Gerade die spani-

sche Ostküste, die Costa del Le-

vante, offenbart sich als eines der

europäischen Wassersportreviere

par excellence.

Krisensicheres GeschäftEs sind neben Spaniern Skipper

jeglicher Nationalität, die ihr Boot

in spanischen Küstengewässern

liegen haben und oftmals nur im

Sommer einfliegen, um mit ihrem

Schiff dann weiter auf die Balea-

ren zu fahren, nach Sardinien,

Kroatien oder gen griechische

Alltag auf Werften der Costa Blanca: Boote aus dem Wasser hieven, um Unterwasseranstrich zu machen. Fotos: Michael Allhoff

Knochenjob: Muscheln mit dem Dampfstrahler entfernen.

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6 Costa Blanca Costa Blanca Nachrichten I Nr. 1485, 01. Juni 2012

Ägäis. Gut für Werften. „Das istein krisensicheres Geschäft an derCosta Blanca“, konstatiert SvenBienienda von SYS-Yachting. Sei-ne Stammkundschaft kommt zuihm von so weit her wie Valencia,Barcelona oder gar Sardinien.

Schrauben an V-12-MotorenIm 2008 eröffneten JachthafenMarina Salinas von Torrevieja hatOscar Sikken seinen Firmensitz.Marine Engines heißt sein Unter-nehmen, auf Bootsmotoren spezia-lisiert. Für den gebürtigen Nieder-länder beginnt jetzt wieder einheißer Sommer. Der Mechanikerhat in der Formel eins der Welt-meere mitgemischt. Offshore-Ren-nen von Powerboats mit Zwölfzy-

lindermotoren der italienischenLuxusmarke Lamborghini, 8,2 Li-ter Hubraum, 950 PS. „Die Ma-schinen laufen zwei Rennen“, sagtder Meister der Motoren, „dannwerden sie zerlegt, überholt undwieder zusammengebaut.“ Dassind jeweils rund 40 Stunden Ar-beit, ob in Spanien, Dubai, Qataroder den Arabischen Emiraten.„Zwölf Zylinder öffnen, 48 Ventileüberprüfen, Kolben austauschen,ölen, schrauben...“

Sein Leben lang hat er an Mo-toren gebastelt, Rennen bleibenseine Leidenschaft. „Das ist einHöllenkrach vor dem Start“, sagter, „die Motoren drehen auf vollSpeed mit 8.000 Umdrehungen,die Piloten geben Vollgas, wenn

da ein Ventil im Motorblock blo-ckiert, ist das der Totalcrash.“ DenAnblick eines gecrashten Motorskennt er aus leidvoller Erfahrung:„Da liegen alle Teile lose im Mo-torblock verstreut...“

Schleifen, spachteln, lackierenEs ist ein ganz eigenes Ambiente,das jede Werft an der Costa Blancaauszeichnet. Da stehen mit Blickaufs Meer 20 Meter lange Luxus-jachten aufgedockt auf Stützen anLand. Die schnittige BennetauOceanis 54 neben einem marodenFischkutter. Eine elegante BavariaCruiser 55 neben einer dreistöcki-gen Motorjacht oder dem über 30Jahre alten Segelschiff, das seitJahren nicht mehr auf dem Wasser

war. Die romantische Kulisse imJachthafen, das ist der Alltag fürdie Bootsbauer und Mechaniker.Sie arbeiten dort, wo andere Men-schen Urlaub machen. Mit derFlex und der Schleifmaschine ge-hen die Werftarbeiter den Miesmu-scheln und Seepocken an den Kra-gen, die sich auf dem Rumpf fest-gesetzt haben.

Ein KnochenjobDie Männer tragen Schutzoverall.Im Gesicht die Atemmaske undobligatorische Schutzbrille. Beisommerlichen Temperaturen vonüber 30 Grad an der Costa Blancaund angesichts der harten körperli-chen Arbeit kommen die Werft-arbeiter kräftig ins Schwitzen. IhrArbeitstag geht von morgens achtbis abends 20 Uhr, mit einer Stun-de Mittagspause. Schleifen, Löcherim GFK-Rumpf bei Osmose aus-flexen, spachteln, grundieren, strei-chen mit Antifouling-Farbe. Essind viele Quadratmeter Rumpffläche, die bei großen Jachten be-arbeitet werden. Oft im Rennengegen die Zeit, wenn der Eignermit seinem Boot in die Karibikwill oder nach Kroatien. Ein wah-rer Knochenjob.

Die Costa Blanca empfiehltsich wegen ihrer Nähe zu den Ba-learen. Und bietet gegenüber Ibizaoder Mallorca preisgünstige Liege-plätze zum Überwintern. DieWerften profitieren von demTrend. Sven Bienienda vertraut da-her auf die Zukunft. „Bei Bootengeht was!“ Nur aufs Meer kommter kaum. „Halt immer dann, wennwir ein Boot zur Werft fahren...“

Sven Bienienda (Mitte) mit Team im Werfteinsatz: „Unmögliches möglich machen.“

Mechaniker Oscar Sikken: „Schrauben an V-12-Motoren.“ Werfteigner Humberto García Monge repariert 600 Schiffe jährlich.