Avalist 38 (Weihnachtsausgabe)

download Avalist 38 (Weihnachtsausgabe)

of 52

Transcript of Avalist 38 (Weihnachtsausgabe)

Avalist

Zeitung am Historischen Seminar

Weihnachtsausgabe mit viel Sprengstoff

Avalist Nr. 38, Dez. 2011

Aus der Redaktion

Studentische Zeitung am Historischen Seminar der Universitt HannoverAusgabe 38 - Oktober 2011 - c/o AStA der Leibniz Universitt Hannover - Welfengarten 2C - 30167 Hannover - [email protected] Wir suchen laufend Leute mit Interesse am Schreiben, Layouten und Kreativ sein. Den Termin fr die nchsten Redaktionstreffe geben wir am Ratsbrett (vor dem HistorikA-Caf), unter www.avalistluh.wordpress.com oder www.studierendenrat. wordpress.com bekannt.

AvalistInhalt2 3 4 6 8 10 11

Redaktion:Lisa Dopke, Jan Heinemann, Jonathan Voges, Marcel Schrenk, Olga Wenzel, Julian Ingelmann, Sabrina Thomas, Tanja Meyer, Bernd Hlsmann, Alina Berg, Kathy Schlter, Ingo Mnner, Xenia Miller, Tobias Kelb, Antje Kunze, Kristian Krger, Lukas Drgemeier.

Special Support:Studierendenrat Geschichte, Hannes Scheland.

Aus der RedaktionImpressum Editorial

Der Welfengarten

Der Sonnenknig oder auch... im Zentrum der Macht Dunkle Wolken am Horizont Vollversammlung/Bildungsstreik

30 32 33 35

Ein Weihnachtskommentar Der Wert des Schmusehasen Alle Jahre wieder Kochen mit Tobi Backen mit Xenia

Weihnachtszeit

How to be an Elitestudent!

Bernd Stver - Der Kalte Krieg Unaussprechlicher Horror Vom Minderheitenprogramm zum Mainstream Der digitale Grabenkrieg

Wissen

36 38 39 41

Von den ErSies - Im MooreImmer diese ErSies Immer dieseErSies (reloaded) Wolfsschanze mit Happy End Das Hasenheide-Experiment Studieren ohne I-Schein ist... Ich hock allein da mit Blondie und ner Flasche Chantr Leere Seiten Wer bin ich? ... im Grunde ein wirklich schner Beruf!

11 14 15 18 20 22 24 26 27

Wenn die Arbeit nicht mehr lohnt Politik ist auch (nur) etwas fr Dumme! Sprche Ticker Termine, Kontakt, Aufruf, Rtsel Extra Uniwahlen

Die Welt

43 45 47 48 49 50 51

2

Avalist 38, Dez 2011

Aus der Redaktion

Morgen Kinder, wirds was geben

Editorialvon der Redaktion

Wer den letzten Avalist gelesen hat, wird jetzt denken, dass wir uns selbst plagiieren. Mit diesem Verweis sei der Vorwurf aus der Welt geschafft. Die diesmalige Ausgabe ist wieder einmal proppenvoll. Htten wir nicht gedacht. Vielleicht hat das etwas mit dem Format zu tun: da es den Avalist nur noch in A5 gibt, mussten wir die Schrift grer setzen, um das angenehme Lesegefhl beizubehalten. Wer ganz genau hinsieht, sieht einen Bruch in unserer noch recht jungen Tradition: Wir haben kein Redaktionsfoto. Das liegt vor allem daran, dass wir kein Redaktionswochenende hatten. Die Mittsemesterpanik (sie entstand durch Abgabetermine fr Bachelorarbeiten, Prfungsreferate und sonstige Leistungen) hat uns alle ergriffen, so dass es ein ziemlicher Managementakt war, diese Ausgabe fertig zu bekommen. Vielleicht fragt sich so mancher nun, wieso wir dann berhaupt eine machen ganz einfach: zu Weihnachten muss es doch etwas vom Rat geschenkt geben. Und was man schenkt, muss von Herzen kommen - das lernt man ziemlich schnell, zum Beispiel dann, wenn Eltern sich ber die Kritzeleien von ihren Kindern freuen. Weihnachten ist auch der inoffizielle Titel dieser Ausgabe, allerdings kommt Weihnachten nicht so gut dabei weg. Von Weihnachtshass und Konsumgeilheit ist die Rede. Ach und die Bruche die haben wir auch. Unsere lieben Kleinen, an die der letzte Avalist gerichtet war, haben sich diesmal aber auch mit ganzen Krften beteiligt von den ErSies heit diese einmalige Rubrik. Alina schrieb ber Blondie, Bernd ber die ErSieFahrt, Sabrina und Tanja ber die ErSieWoche. Da der Avalist aber schon immer multiperspektivisch arbeitet * hust *, haben wir diesen Artikeln auch immer die Perspektive eines Ratsmitglieds gegenber gestellt. Die Multiperspektivitt haben wir, wenn es um die Politik ging, aber sofort wieder abgeschafft. Wir haben Artikel zu Hartz IV, zum Bildungsstreik und zum Politischen. Wie die Leser, also ihr, sofort sehen werdet, haben wir, was dies angeht, ziemlich groe Frustrationen. Vielleicht kommt ihr das nchste Mal zur Demo? Sicherlich viel unwichtiger, aber dennoch erwhnenswert ist der Besuch unseres Sonnenknigs, des Rchers der Naturwissenschaften, dem fuckin prince of the fuckin darkness, Herrn - Prsident der Universitt - Erich Barke.

Sein Besuch hat bei einigen aus dem Rat mindestens Zweien einen bleibenden Schaden hinterlassen, den wir euch nicht vorenthalten wollen. Vielleicht erinnert ihr euch an den letzten Artikel von Kristian Runder Tisch bis zum Erbrechen dessen primres Ziel es war, Herrn Barke zu erreichen. Und er hat es geschafft. Und Herr Barke sagte zu Kristian etwas, was er zuvor bei seinem Besuch bei uns von unserer Kniginnen Mutter gelernt hat: Hier scheint ein Kommunikationsproblem vorzuherrschen!. Soviel dazu. Lernbereitschaft ist also doch da. Das fehlende Redaktionswochenende wurde von einem Redaktionsschluss einiger ErSies begleitet, die genau mit der Abgabe dieser Ausgabe in der Druckerei auch einen achtseitigen Buchvergleich abgeben mussten. Da ein Redaktionsmitglied zuflligerweise die Tutorin dieser ErSies ist, kam es am Sonntag zu einer Art (unter Stress leidenden) Selbsthilfegruppe. Wir halfen uns gegenseitig, lasen unsere Texte Korrektur und konnten so noch so einige Fehler ausmerzen sicherlich nicht alle, aber die, die ber sind, schenken wir euch zu Weihnachten Danke an Bernd, Katie und Olga! Einige Nicht-ErSies fanden sich dann auch noch im Caf ein, so dass hier ganz besonders Kathy, Kristian und Marcel zu danken ist. Das Wer-bin-ich-Rtsel und auch die Romanrezension wrde es nicht ohne Julian the reincarnation of McLuhan geben, der sich nachts um drei dazu bereit erklrt hat, diese Artikel zu schreiben. Solch Einsatz lieben wir! Wenn auch ihr mitarbeiten wollt, haltet einfach unsere Facebookprsenzen (Avalist und Studierendenrat Geschichte) im Auge da wird rechtzeitig alles Relevante gepostet. Sonst gilt wie immer: Bitte nicht alles ernst nehmen (oder zu ernst) und liebe Dozenten, verzeiht uns bitte die Sprche, die wir dieses Mal wirklich gewissenhaft gesammelt haben. Manchmal seid hr einfach zu witzig. Die Redaktion (und auch der Rat) wnschen allen Lesern ein frohes Weihnachtsfest und eine erholsame Pause, genug einzuhaltende Vorstze frs neue Jahr und ganz, ganz, ganz viel Spa beim Lesen dieser recht seltsamen Ausgabe.So Howdy -

Eure RedaktionAvalist 38, Dez 2011

3

Titel: Weihnachtszeit

Ein Weihnachtskommentar... alle Jahre wiedervon Antje KunzeEs ist Ende September. Ein schner, sonniger Tag und das Thermometer zeigt ausnahmsweise 20 Grad an (nach einem, mal wieder, viel zu kaltenund viel zu regnerischen Sommer). In Gedanken hat man die Hoffnung auf ein paar richtige Sommertage noch nicht aufgegeben. Man geht in den Einkaufsladen, um sich ein leckeres Eis zu kaufen und was findet man? WEIHNACHTSARTIKEL!!! Lebkuchen, Spekulatius und kleine Schokoladen-Weihnachtsmnner im berfluss. Und da fngt sie wieder an: die gesegnete Weihnachtszeit. Alle Jahre wiederAlle Jahre wieder sieht man die Geschfte, welche ihre neue Winterkollektion prsentieren, whrend man selbst noch in Flip Flops durch die Innenstadt geht, um herauszufinden, dass die (neuen) Wintersachen genauso aussehen, wie die aus dem letzten Jahr. Fleiige Azubis, welche die eingestaubte Weihnachtsdeko aus dem letzten Jahr in den Schaufenstern platzieren und Cafs, die nun anfangen, kleine Weihnachtskekse auf die Kaffeeuntertasse zu legen. Kurz vor dem ersten Advent ist es dann endlich soweit: die Weihnachtsmrkte ffnen! berall kunterbunte Lichterketten, Dfte aus berteuerten gebrannten Mandeln, nach fett triefenden Riesenpfannen, Glhwein und Kotze durchziehen die Innenstadt. Und sollte man sich doch auf den Weg machen, einen Glhwein zu trinken, muss man sich erst einmal durch Menschenmassen zwingen. Man lsst die vielen Buden mit ach so lustigen blinkenden Weihnachtsmtzen links liegen, ignoriert die schreienden kleinen Kinder und steuert geradewegs auf den erstbesten Stand zu, der etwas Warmes (Alkoholisches) anbietet und da ist er. Der, der jedes Jahr da ist, der rund um die Uhr den Weihnachtsmarkt unsicher macht: der Weihnachtsliedsnger. Wer kennt ihn nicht? Seine Masche: Einem so lange lauthals (und natrlich krumm und schief) irgendwelche Weihnachtslieder entgegenschmettern, bis man genervt aufgibt und ihm etwas Kleingeld in seine stndig klirrende Box wirft, auf das er endlich Ruhe gebe. Ach, wenn das nur immer so einfach wre. Wenn das nur mit den Radiosendern so einfach wre! Es scheint, als holt pnktlich zum ersten Advent jeder Radiosender seine alten Weihnachtslieder-CDs und einen riesigen Karton mit Ohropax aus dem Keller. Mal ehrlich: Hren die sich das auch mal an, was die da spielen??? Nein, ich mchte nicht 20 Mal am Tag Last Christmas hren! Und da ist sie wieder: Die latente Weihnachtsaggression!

4

Avalist 38, Dez 2011

Titel: WeihnachtszeittDenn kurz vor dem Friede-Freude-Braten-BringendenWeihnachtsfest gehts erst so richtig los. Die Nachbarn hngen ihre kunterbunten Weihnachtslichter ins Fenster, welche natrlich auch nachts leuchten mssen, sodass sie einem auch noch den letzten Schlaf rauben. Massen von Menschen welche sich sonntags aufmachen, DEN perfekten Weihnachtsbaum zu finden, nur um dann festzustellen, dass diese wieder einmal teurer geworden sind und von Jahr zu Jahr hsslicher werden. Hauptsache man kann sich inmitten von 300 anderen Paaren drei Stunden darber streiten, welcher Baum nun die optimalste Form und Spitze hat. Unter den Weihnachtsbaum, welcher natrlich auch noch in Kleinstarbeit liebevoll von der ganzen Familie geschmckt wird, mssen auch noch Geschenke. Merkwrdig ist nur, dass dies den Meisten erst wenige Tage vor Weihnachten einfllt und sie die Innenstadt quasi lahmlegen. Genauso wie die Rentner, welche den ganzen Tag Zeit zum Einkaufen haben, aber (wie sollte es anders sein) am Abend vor den Feiertagen noch ihren Feiertagseinkauf ttigen. Dann, wenn alle anderen arbeiten gehen, sitzen sie anscheinend zu Hause und schmieden ihre perfiden Plne, wie sie es schaffen knnen, dass die Schlangen in den Einkaufslnden noch lnger werden und sammeln schon Wochen vorher Kleingeld, welches sie dann in Ruhe aus ihrem Portemonnaie fischen. Aber zurck zu den Geschenken. Fr viele das Einzige schne an Weihnachten, bringt es doch nur Hass und Verderben. Was soll man denn seinen Eltern auch noch schenken? Die meisten sind schon so um die 50 Jahre auf der Welt und kennen die leckersten Pralinenschachtel und die besten Parfms. Aber fragt man dann in vorausschauender Hinsicht, worber sie sich freuen wrden, so bekommt man fast immer die gleiche Antwort: Liebe Kinder! Oh, Verzeihung, aber der Zug ist schon lange abgefahren. Vielleicht nchstes Jahr. Nachdem man sich dann doch fr irgendwelche Geschenke entschieden hat, ist die Spitze des Weihnachtseisberges da: Das Weihnachtsfest. Diese 3 Tage im Jahr, wo pltzlich jeder glubig wird und man von Verwandtschaft zu Verwandtschaft hetzen darf. Nicht zu vergessen die tausendfach von Mama und Oma gestellte Frage: Mchtest du noch was? Nein danke, ich mchte nichts mehr, ich bin satt. Die Antwort wird nicht akzeptiert und fhrt letztlich nur zu noch mehr Weihnachtsspeisen auf dem Teller. Sollte man jedoch auf die Idee kommen, den nervigen Fragen der Familie bezglich des Vorankommens im Studium auszuweichen, indem man den Fernseher anmacht, stellt man nur fest: Es luft das gleiche wie jedes Jahr! Von den guten alten Disney-Klassikern, hin zu Sissi, Kevin allein zu Haus und tglich grt das Murmeltier. Wer nicht erst 2 Jahre alt ist, hat diese Filme (oder auch andere) schon x-mal gesehen. Aber alle sind glcklich und frhlich und haben sich lieb, denn es ist ja Weihnachten. Ach, Pustekuchen! Zwischen all den freundlich gemeinten Gesten fhrt der berschwngliche emotionale Druck ein super tolles Fest zu erleben, doch nur jedes Jahr dazu, dass sich die halbe Verwandtschaft anschreit und die Scheidungsraten in die Hhe schnellen (brigens genauso wie die Selbstmordraten!). Nachdem man dann endlich den ganzen Weihnachtsstress berstanden hat und ein wenig Entspannung bei einer Runde Sport im Fitnessstudio sucht, stellt man ganz schnell fest, dass es sehr viel voller ist als sonst. Denn, wie jedes Jahr, stellen unglaublich viele Leute kurz nach Weihnachten fest, dass sie zu viel auf den Hften haben. Aber anstatt sich mal ernsthafte Gedanken ber eine bessere Lebensfhrung zu machen, wird kurzerhand die Schuld auf das ppige Weihnachtsmal geschoben und ein Vertrag im Fitnessstudio unterzeichnet, auf dass man sptestens Ende Januar nicht mehr hingeht, weil sich ja sowieso niemand an seine guten Vorstze hlt. Da sind wir nun also endlich: Silvester! Das Ende des Jahres ist da und muss gefeiert werden. Falsch gedacht! Das Ende der Weihnachtszeit ist da und muss ordentlich begossen werden. Denn am besten verdrngt man schlielich diese stressige und nervenaufreibende Zeit mit einem ordentlichen Kater. Euch allen ein schnes Weihnachtsfest!

Avalist 38, Dez 2011

5

Titel: Weihnachtszeit

Der Wert des SchmusehasenOder: was Konsum nicht kannvon Daniel RebmannIch habe neulich eine Dokumentation ber die Herstellung von Spielzeug gesehen. Es ging um die Nachkriegszeit in der DDR. Es wurde gezeigt, wie Schmusetiere von Hand hergestellt wurden. Dies hat mir in Erinnerung gerufen, wie ich Spielsachen als Kind empfunden habe. Es drngte sich aber auch sofort der Vergleich mit der heutigen Zeit auf und die Vernderungen gegenber frheren Zeiten in meinen Kopf. In diesem Sinne entsteht dieser Artikel. Es soll hier aufgezeigt werden wie traurig und kalt eine kommerzielle Welt werden kann. Allerdings soll auch des emotionalen Wertes von Dingen gedacht werden, der immer mehr ausstirbt. Den Terminus Schmusetiere benutze ich absichtlich, um den emotionalen Wert selbiger zu unterstreichen. Ein Schmusetier ist in erster Linie eine Sache, eine Ansammlung von Stoff und Stopfmaterial. Zu einem richtigen Schmusetier wird es erst, wenn wir ihm durch unsere Gefhle, die wir hineinlegen, eine Seele geben. Meine feste berzeugung ist es, dass jeder Mensch schon mal einen solchen Gegenstand hatte, den er sehr gemocht und ihm einen Namen gegeben hat. Durch Namen und Gefhle wird fr uns ein Spielzeug lebendig, ein treuer Begleiter und auch ein Freund. Fr ein Kind in der Phase der emotionalen Reifung ist so etwas sehr wichtig, denn es bekommt mit dem Schmusetier eine Verantwortung fr etwas. Man fttert es, man nimmt es berall mit hin und liebt es. Es wird zu einem wichtigen Aspekt im Leben des Kindes. Es werden dadurch die ersten Schritte im sozialen Umgang mit den Mitmenschen simuliert. Wenn ein Spielzeug kaputt geht, fhlt man sich traurig und empfindet, als ob man einen Freund verloren htte. Heute ist es aber so, dass durch die Flut an verschiedensten Spielsachen und billigen Schmusetieren solch eine emotionale Bindung unterbunden wird. Dadurch, dass man, wenn das Kind heult, ihm sofort ein billiges neues Spielzeug kauft, verliert das Kind den Bezug zum Wert eines Spielzeuges. Dem Kind wird eher Konsum als eine Lehre vom Spielzeug vermittelt. Spielsachen waren fr ltere Generationen etwas besonderes, da es nicht so viele fr sie gab. Heute zerfleischen sich die Produzenten gegenseitig mit Reizberflutungen im Wettbewerb, um an das Geld der Eltern von Kindern zu kommen. Die Opfer dabei sind aber wiederum die Kinder, die abstumpfen, weil ihnen der Wert von Gegenstnden nicht bewusst gemacht wird. Ihr emotionaler Reifungsprozess wird erstickt in einer immer bunteren und spektakulreren Flut von knstlichen Sensationen. Dabei drfte Vielen auffallen, dass Spielsachen heutzutage immer absurdere und stumpfere Formen annehmen. Dies ist aus folgendem Grund so: Weil die herstellenden Unternehmen nicht daran interessiert sind, den Kindern etwas Lehrreiches anzubieten. Das Ziel der Hersteller ist eher wie bei der Autoindustrie: Hauptsache man kann etwas auf den Markt werfen, dass die Konsumenten wollen und kaufen. Sie sollten aber nichts von guter Qualitt bekommen, damit sie sich auch das neue Modell kaufen. Durch einen solchen marktwirtschaftlichen Wettbewerb wollen die Kinder immer nur mehr und nicht etwas Besonderes. Als es noch nicht um die Marken beim Spielzeug ging, war der

6

Avalist 38, Dez 2011

Titel: WeihnachtszeittSchmusehase von Wert, weil er so kuschelig und niedlich war. Heute sollen die Kinder immer nach neuen Schmusehasen verlangen und somit verliert der Schmusehase an sich seinen Wert. Durch die massenhafte Fertigung ist auch der Markt gro und man muss als Spielzeughersteller mit dem Strom schwimmen, sonst berlebt man nicht lange auf dem Markt. Der Teufelskreis ist damit gegeben. Alle mssen reizen, um Kindern das Geld aus der Tasche zu ziehen, aber auch gleichzeitig auf die Produktionskosten und die Nachhaltigkeit der Nachfrage achten. Es wird aber nicht mehr nach dem ursprnglichen Wert gefragt. In diesem Wettlauf um das Geld der Kinder nehmen die Ideen der Hersteller teilweise sehr suspekte Formen an. Es ist nicht nur das Problem, dass sie den ursprnglichen Wert von Spielzeug auslschen. Sie geben ihm den Wert, den es fr sie hat. Sie spekulieren auf die Entwicklung der Kinder durch die Beeinflussung niederer Gelste des stndigen Wettbewerbs. Fr ein Kind geht es schon frh los wenn man nicht darauf achtet. Im Kindergarten hat jemand ein neueres und schneres Spielzeug als man selbst und der muss bertroffen werden. Das und die zunehmende Unachtsamkeit der Eltern kann man sich prima zu Nutze machen. Die Eltern konsumieren fleiig, um das Kind mit Spielsachen zu betuben. Sie wollen nicht, dass das Kind es schlechter hat als die anderen und tragen somit ihren eigenen Wettbewerb zwischen einander aus - auf dem Rcken der Kinder. Der Industrie kann das gerade recht sein, denn die verkaufen dadurch nur mehr. Sie verkaufen Barbies um Kindern ein mangelndes Selbstbewusstsein einzuhauchen und Spielkarten, Waffen und immer neue Actionfiguren damit die Kinder einem stndigen Wettrsten mit Spielsachen verfallen. Es muss immer die neueste Mode der Puppe sein, sie muss immer authentischer schieen und heulen knnen als die der anderen und es mssen immer die Neuesten und immer strkere Monsterkarten sein (will YuGiOh nicht bewerben). Eine Babypuppe war dafr gedacht, kleinen Mdchen zu ermglichen, die Mutter zu imitieren und Verantwortung fr spter zu erlernen. Ist zwar ein veraltetes Modell der Erziehung, aber es geht um die immer neueren Puppen und immer bessere. Wo ist der ursprngliche Gedanke fr solche Puppen geblieben? Moment! Kinder wegwerfen und sobald sie keinen Spa machen, in den Schrank sperren und neue holen. Kennen wir das nicht aus den Nachrichten?! Das vermitteln uns Spielsachen heute. Ich muss immer neue Sachen kaufen und bin dann viel glcklicher und ich muss besser sein als die Anderen, weil ich bessere Sachen habe. Dekadenz gab es auch frher, allerdings nicht in dieser Form und bei diesem Thema. Frher wurden Spielsachen entweder einzeln fr Wohlhabende gefertigt und dass nur im kleinen Rahmen oder von Hand gemacht aber mit einem Wert. Heute ist es eine Massenindustrie, betrieben mit dem Geld von Kindern. Und Kinder lernen nichts Gutes mehr mit den modernen Spielsachen. Der Schmusehase von Frher ist einem kopierbaren und ersetzbaren Konsumgut gewichen, wie Klopapier und Wegwerfwindeln. Man kauft Spielzeug schnell an der Tankstelle, wenn einem nichts auf die Schnelle einfllt. Und wo ist der Wert geblieben? Es bedeutet nicht, dass wir alle Spielsachen abschaffen sollten, um effizienter zu werden. Sondern eher, dass wir uns an den ursprnglichen Gedanken hinter den Spielsachen erinnern sollten. Wir sollten mit Verstand und guten Gefhlen im Herzen an Spielsachen denken und ihnen dadurch eine Seele geben. Und vielleicht knnen sich Kinder irgendwann mal wieder an einem Schmusehasen erfreuen - wie frher.

Avalist 38, Dez 2011

7

Titel: Weihnachtszeit

Alle Jahre wiedervon Yannik Roth Drauen ist es kalt, whrend drinnen die Familie um den Weihnachtsbaum sitzt und Geschenke verteilt werden. Kommt Euch das bekannt vor? Na klar, denn es ist Heiligabend! Spter wird noch im Kreise der Familie gegessen, was es so oder so hnlich jedes Jahr gibt ob nun Raclette, Gans oder Kartoffelsalat mit Wrstchen, da hat wohl jeder seine eigene Tradition. Die Tage im Dezember werden natrlich genutzt, um fleiig jeden Tag ein neues Trchen des Adventskalenders aufzumachen, bevor der Weihnachtsmann die Geschenke bringt. Wir alle kennen diese Bruche und die Meisten werden sie wahrscheinlich gar nicht weiter hinterfragen. Doch der Avalist wre nicht der Avalist, wenn er dem nicht weiter auf die Spur Internetseite Adventskalender, dort wird dann ginge und fragen wrde: Wo kommen diese jeden Tag ein lustiges Foto aufgedeckt, ein SuperBruche her und wo haben sie ihren Ursprung? Mega-Angebot offenbart oder sonstiges.Schon einige Zeit vor Weihnachten beginnt der erste Brauch, denn am 1. Dezember wird die erste Tr des Adventskalenders geffnet ob gekauft oder selbstgemacht, mit Weihnachtsmann- oder Hello-Kitty-Motiv (ja den gibts wirklich). Die Ursprnge hat der Adventskalender im 19. Jahrhundert. Damals gab es viele Varianten, die Tage bis Heiligabend runterzuzhlen, allerdings hatten die weniger mit Schokolade zu tun. Damals wischte man Kreidestriche weg, hngte Bilder an Wnden auf oder brannte eine Kerze jeden Tag bis zu einer Markierung ab. Ein Brauch besonders fr Kinder, die ungeduldig auf Heiligabend warteten. Fr Schokoliebhaber sah also alles ein wenig trostloser aus als heute. Vor gut 150 Jahren war der Adventskalender noch mehr Mittel zum Zweck als Selbstzweck. Mittlerweile gibt es ja auf fast jeder

ber unsere Weihnachtsbruche

8

In der Form wie der klassische Adventskalender uns heute bekannt ist, d.h. gedruckt und mit Tren, existiert er seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Der wohl lteste bekannte, selbst gebastelte Kalender in der Form von heute stammt aus dem Jahr 1851, doch erst gut 50 Jahre spter gab ein Verlag einen Adventskalender heraus. Dieser Bestand noch aus einem Bogen zum Bilderausschneiden und einem weiteren zum Bilderaufkleben. Seit den 1920ern gab es dann auch Kalender auf dem Markt, die Trchen zum Aufmachen enthielten. Mit Schokolade gefllt wurde der Kalender allerdings erst ab 1958: wer sonst als die Sigkeitenindustrie hatte die Idee. Diese Variante hat sich in Deutschland ohne Frage durchgesetzt. (Als kleine Ergnzung: whrend des Nationalsozialismus wurden christliche Symbole in den Adventskalendern verboten und nur noch germanische Gottheiten etc. abgedruckt.)

Avalist 38, Dez 2011

Titel: WeihnachtszeittHaben wir dann alle 24 Trchen aufgemacht, ist auch schon Heiligabend. Bis dahin wurde hoffentlich auch schon der Weihnachtsbaum geschmckt. Aber wieso eigentlich? Pflanzen im Haus sind ja schn und gut, aber gleich ein ganzer Baum? Wer hat sich denn den Quatsch ausgedacht? Fakt ist, dass dieser Brauch deutlich lter ist als der des Adventskalenders. Seinen Ursprung hat er schon in vorchristlicher Zeit, als damals Menschen im Winter Loorbeer- bzw. Tannenzweige in ihren Husern aufhingen. Diese sollten ihnen in der kalten Jahreszeit Gesundheit bringen und bse Geister fernhalten. Die immergrnen Pflanzen standen fr die Unsterblichkeit der Natur und symbolisierten die Wiederkehr des Frhlings. Der Brauch des Weihnachtsbaums der Baum galt schon in vorchristlicher Zeit als Symbol des Lebens entstand allerdings erst spter und geht vermutlich auf das Paradiesspiel zurck. In vielen Kirchen wurde in der Weihnachtszeit vor dem Krippenspiel dieses Spiel aufgefhrt, bei dem an den Sndenfall der Menschen, die Verbannung aus dem Paradies und die Befreiung von der Erbsnde durch Jesus Christus gedacht wurde. Dabei durfte natrlich auch der Baum der Erkenntnis mit dazugehrigen pfeln nicht fehlen. Das Aufstellen von Weihnachtsbumen verbreitete sich zunchst auf Pltzen, in brgerlichen Husern oder bei besonderen Anlssen wie Festen. Die ersten Aufzeichnungen ber den Weihnachtsbaum als einen allgemein blichen Brauch stammen aus dem frhen 17. Jahrhundert: seit 400 Jahren ist es also verbreitet, sich zur Weihnachtszeit Bume ins Haus zu stellen wenn man es sich leisten konnte. Vor allem in protestantischen Familien etablierte sich der Weihnachtsbaum recht schnell, auch als Gegensymbol zur Weihnachtskrippe. Sofern man die Weihnachtsbume damals schmckte, so wurden meist Gebck und pfel die Vorlage der heutigen Christbaumkugeln verwendet. Erst im 18. und 19. Jahrhundert kamen dann Kerzen hinzu, zunchst bei Protestanten, spter auch bei Katholiken. So. Der Adventskalender ist leergefuttert, der Weihnachtsbaum geschmckt. Fehlen noch die Geschenke. Wer bringt die? Na klar, der Weihnachtsmann! Vollschlanker Typ mit langem weien Rauschebart, rotem Mantel mit zugehriger Mtze und einem Sack voller Geschenke auf dem Rcken: Das ist er! Oft wird davon gesprochen, dass Coca-Cola durch seine Werbekampagnen die rote Bekleidung und den uns heute bekannten Weihnachtsmann erfunden hat. Das stimmt so nicht, schon vorher wurde er in einigen Regionen so dargestellt, jedoch kann man auf jeden Fall davon ausgehen, dass die Werbekampagnen ab 1931 fr die Verbreitung dieses Typus nicht unerheblich waren. Nach 1945 wurde die Darstellung, wie oben bereits erwhnt, durch die Werbekampagnen von Coca-Cola beeinflusst. In der letzten Zeit verdrngt der Weihnachtsmann das Christkind immer mehr, vor allem ist er aus marketingtechnischen Grnden viel besser verwendbar. Wer zur Weihnachtszeit fernsieht, wei wovon ich rede. Aber letztendlich ist ja auch egal, wer die Geschenke bringt das sollte ja sowieso nicht im Mittelpunkt stehen. Wer Weihnachten trotzdem nicht leer ausgehen will, sollte seine Wnsche an eines der 9 Weihnachtspostmter in Deutschland schicken. Eine dieser Filialen ist sogar ganz in der Nhe in der Region: Also schnell einen Brief an den Weihnachtsmann im Himmelreich in 31535 Neustadt am Rbenberge senden.

Viel Glck und ein frohes Fest!

Avalist 38, Dez 2011

9

Titel: Weihnachtszeit

Kochen mit TobiHeute: 2 Minuten Browniesvon Tobias KelbWeihnachten naht und die Kekse sind alle? Vergessen Kuchen zu kaufen oder zu backen? Nur eine Mikrowelle zu Hause, aber keinen Backofen? Verzweifelt nicht, denn man kann auch schnell fast weihnachtliches Gebck bekommen: 2 MinutenMirkowellen-Brownies! Schritt 1: Wir brauchen: Mehl (am besten 550, normales 405 geht aber auch), Zucker, Kakao, l, Milch, 1 Ei, 1 grsserals-normal Tasse, 1 Esslffel Schritt 3: 3 Esslffel Milch und l hinzugeben, dann das Ei. Gut und gewissenhaft vermengen.

Schritt 4: Tasse mit Inhalt ohne Lffel in die Mikrowelle geben (!!!!) und bei 1000 Watt 2 bis 3 Minuten drin lassen. Denkt dran: Je lnger der Brownie in der Mikrowelle ist, desto trockener wird er. Trotzdem min. 2 Minuten drin lassen. Schritt 2: Jeweils 4 Esslffel Mehl, Kakao und Zucker in die Tasse geben und vermengen:

Schritt 5: Genieen! Es wird wahrscheinlich nicht der beste Brownie eures Lebens sein, allerdings schmeckt er fr den Aufwand proportional gesehen extrem gut. Guten Hunger!

10

Avalist 38, Dez 2011

Titel: Weihnachtszeitt

Backen mit XeniaHeute: Spitzbubenvon Xenia Miller Ein paar Weihnachtskekse gefllig? Und dann auch noch etwas anderes als die blichen Butterkekse? Dann backt die Spitzbuben! Teig: 200-250 gr. Mehl 250 gr. weiche Butter 180 gr. Zucker 2 Vanillezucker 250 gr. geriebene Haselnsse Fllung: 1 Glas Aprikosenmarmelade Zucker (feinste Raffinade) nach Bedarf in eine flache Schale oder Teller geben. Teig aus den genannten Zutaten in angegebener Reihenfolge zusammenkneten, anschlieend dnn ausrollen und mit einer Sternchen- bzw. Kreisform ausstechen. Auf einem mit Backpapier ausgelegtem Backblech im Ofen ca. 12- 15 Min bei 170C hell backen. 2 Sternchen bzw. Kreise werden jetzt zu einem Spitzbuben zusammengefgt: 1. Teil in noch warmen Zustand mit Aprikosenmarmelade bestreichen, 2. Teil dagegen kleben. Wichtig: Die jetzt noch immer lauwarmen Spitzbuben sofort in Zucker wenden Viel Spa beim Nachbacken!

Immer diese ErSies...Auf dem Weg zur Gottfried Wilhelm Leibniz Universitt wurden wir neben leichter Panik und groer Ungewissheit von Regen und dunkelgrauen Wolken begleitet ein Zeichen? Mutig stiegen wir aus der Bahn und fanden uns kurz darauf in einer Menschenmasse wieder, die zum Welfenschloss strmte. Links und rechts wurden einem Flyer und andere lustige bunte Zettelchen in die Hand gedrckt, die man gar nicht schnell genug in die Taschen stopfen konnte. Ziel der Menge war der Lichthof, in dem die Begrung der Erstsemester stattfinden sollte. Das Wort berfllung bekam dabei eine ganz neue Bedeutung Mann, war das voll und vor allem wnschte man sich sofort, nur mit T-Shirt und Shorts bekleidet gewesen zu sein; diese gefhlten 10.000 Studenten

von Sabrina Thomas und Tanja Meyer

... ber unsere ErSieWoche

Avalist 38, Dez 2011

11

von den ErSiesin der Halle funktionierten besser als jede Heizung. Wir wurden von den leicht gestresst wirkenden und sehr freundlich drein blickenden SecurityMitarbeitern weitergeleitet und fanden uns wenig spter auf der Galerie wieder. Doch selbst hier oben war es nicht mglich, einen ungehinderten Blick auf die Bhne des Geschehens zu werfen, so dass man sich zu Beginn damit begngte, die Wortfetzen, die einem zwischendurch mal zuflogen, zu einem sinnvollen Satz zusammenzubasteln. Andere ErSies, die sich waghalsig in das Getmmel gestrmt hatten, mussten nun auch bald einsehen, dass es immer mindestens einen gab, der die Sicht versperrte und so setzte man sich einfach auf den Boden und hrte mal mehr, mal weniger aufmerksam zu. Das machte jedoch irgendwann keinen Spa mehr und es erschien einem sinnvoller, sich nach drauen zu begeben und im Regen entweder zu rauchen, oder einfach nur nass zu werden. Vor dem Schloss ging es zu wie auf einem Jahrmarkt, berall liefen bunte Gestalten herum und fremdartige Musik klang einem in den Ohren. In diesem Gewimmel sollte man nun die Gruppe der Historiker finden, die versprochen hatte, uns Erstsemester abzuholen, damit wir uns auf dem langen Weg zum Seminar nicht verlaufen wrden. Zum Glck war die rote Fahne fr

12

Avalist 38, Dez 2011

viele nicht zu bersehen (einige Wenige schafften es trotzdem), die einen kurz verwunderte und ber die Kombination von Schwarz und Rot nachdenken lie. Jedoch wurden die Gedanken schnell beiseite geschoben, denn man wollte den Anschluss nicht verlieren. Der Weg fhrte uns immer weiter weg vom schnen Welfenschloss und wir fragten uns bald, ob die Reise wohl noch lnger dauern wrde, da man nichts gegen einen trockenen und warmen Raum einzuwenden htte, als wir schon vor einem unscheinbar wirkenden, mehrstckigen Gebude standen dem Seminar der Historiker und Philosophen! So strmten wieder gefhlte 500 Erstsemester durch den Eingang, die Treppe hoch und auf einen schmalen Flur. Dort wurde hektisch gelotst und Anweisungen gerufen, wer denn nun wo hingehen sollte. Letztendlich fand man sich in einem berfllten Raum wieder (Moment, das Gefhl von wenig Platz und Sauerstoffmangel war uns doch am heutigen Tag schon einmal begegnet...), in dem man versuchte, sich irgendwie Arm- und Beinfreiheit zu erkmpfen. Kurz

von den ErSiesdarauf wurde uns der fcherbergreifende Bachelor vorgestellt, Tipps gegeben, Dinge erzhlt, die wir auf keinen Fall vergessen drften und beruhigende Worte zugesprochen. Danach fhlte man sich noch unsicherer und verlorener als zuvor und dachte: Das schaffe ich nie, ich will zurck in die Schule! Wieso musste ich auch unbedingt studieren wollen!? (OK, das ist nun vielleicht ein bisschen berzogen dargestellt...). Nachdem man sich nun noch verwirrter und ngstlicher fhlte als noch zu Beginn des Tages, startete die berhmt-berchtigte (davon sprachen zumindest die lteren Historiker) ErstsemesterRallye. Man fand sich in kleineren Gruppen zusammen, bekam einen Zettel mit Fragen in die Hand gedrckt und kurz darauf stand man wieder im Regen. Es half alles nichts, es galt die Zhne zusammenzubeien, um nicht gnzlich als verweichlichter und hilfloser ErSie zu gelten. Die erste Station wurde belohnt, wie sollte es anders sein, mit Bier! Und spter gab es noch ein wenig mehr und auch andere Sorten Alkohol, so dass einem die Klte und Nsse irgendwann nicht mehr ganz so viel ausmachte. Die Stationen der Rallye reichten von lustig zu ekelig ber originell. So musste man sich beispielsweise einen Kugelschreiber, der an einem matschigen Band befestigt war, durch die Hose fdeln und sich so mit seiner Gruppe verbinden, natrlich auf Zeit. Schokokusswettessen durfte da auch nicht fehlen, welches bei allen ziemlich dmlich ausgesehen haben drfte, (was ganz bestimmt so nicht beabsichtigt gewesen war,) weil es nicht erlaubt war, die Hnde zu benutzen und einem jeweils ein Gruppenmitglied den Schokokuss per Teller anreichen musste. Zum Nachsplen gab es noch einmal erfrischende Getrnke. Als man sich schlielich gestrkt genug fhlte und der Zettel mehr oder weniger ausgefllt war, begab man sich zurck zum Seminar und zum allerersten Mal ins Historiker Caf; wobei Moment! es heit gar nicht Historiker, sondern HistorikA! Dort erwartete einen die Knigsdisziplin: das Lttje Lage trinken, vielen von uns gnzlich unbekannt; womit die meisten zum Scheitern verurteilt waren. (Ich werde hier nun nicht erklren, wie Lttje Lage trinken funktioniert, bei Interesse wendet euch bitte an Schtte!). Alles in Allem ein gelungener erster Uni-Tag, bei dem die Zweifel und ngste vom Morgen mit fortlaufender Stunde gestillt wurden, man erste Freundschaften geschlossen hatte und sich vor den hheren Semestern mal mehr und mal weniger blamiert hatte. So vergingen die ersten Tage an der Uni und man beschftigte sich noch mit seinem anderen Fach, bis man sich Donnerstagabend mit vielen anderen Erstsemestern, der Fachschaft und Ehemaligen im el Pancho wiederfand; die Rede ist vom Kneipenabend der HistorikA. Schnell kam man ins Gesprch, tauschte sich aus und addete den Anderen bei Facebook. Einstimmig kam man zum Ergebnis, dass die Location gut gewhlt war und die Stimmung wurde nicht nur durch die fruchtigen Cocktails kontinuierlich besser und lockerer. Nach 23 Uhr lichteten sich jedoch die Reihen der Erstsemester, viele zogen weiter und einige zog es nach Hause ins Bett oder zum/r Freund/Freundin (woher haben wir nur den Ruf, ein lascher Jahrgang zu sein?!). Letztendlich fand man sich in einer kleineren Gruppe mit hauptschlich hheren Semestern und nur zwei weiteren ErSies wieder. Gemeinsam ging es nun los, Hannovers Nachtleben zu erkunden und Dos und Donts in der Wahl der Location zu lernen (die Columbusbar war das krnende Highlight! Wegbeschreibung gibt es von Dennis). So tanzte man sich die Fe wund, landete pnktlich zum nchsten Morgen im HistorikA-Caf und empfing die ersten Kaffeeschtigen. Man fhlte sich nach einer Woche nun schon fast wie ein vollwertiger HistorikA! Die HistorikA sind zwar auch griesgrmige Maulwrfe, aber auch ein belustigungsfreudiges Volk und so durfte ein Cocktail-Abend fr uns Erstsemester natrlich nicht fehlen; dieser fand am 21.10. im Caf statt und versprach beste Stimmung. Das Caf war gut gefllt und die Cocktails schmeckten ausgezeichnet. Man wurde wieder in Gesprche verwickelt, lernte noch mehr Leute kennen und wie bereits bei der Rallye und dem Kneipenabend herrschte allgemein eine ausgelassene Stimmung. Spter am Abend, als sich die Reihen gelichtet hatten, wurden einige von uns Erstsemestern aufgefordert, noch einmal ihr Glck beim Lttje Lage Trinken zu versuchen. Dieses Mal klappte es schon deutlich besser als noch eine Woche zuvor und man fhlte sich schon nicht mehr so hilflos wie noch zu Beginn des Semesters. Der Abend endete in den frhen Morgenstunden (einigen wenigen wurde noch hflich der Weg nach Hause beschrieben) und jeder ging seiner Wege wobei dieser einem Kommilitonen vorkam, als sei er auf der beschwerlichen Reise nach Mordor selbst! Das Fazit (es sollte immer ein Fazit geben, so ein Dozent!) der ersten Wochen an der Uni fllt fr uns und uns bekannte Erstsemester durchweg positiv aus (man ziehe hier nur das Fazit ber die Veranstaltungen mit den HistorikA, da ein allgemeines den Rahmen sprengen wrde und jeder die Umstnde der z.B. berfllten Begrungsveranstaltung usw. kennt). Wir mchten uns bei der gesamten Fachschaft und den hheren Semestern fr die gelungene Einfhrung ins historische Seminar bedanken und auch fr die Zeit und Energie, die ihr in die Vorbereitungen von diversen Aktivitten gesteckt habt! Auch noch einmal Danke fr die Geduld und Hilfe, die ihr uns entgegengebracht habt, als wir mit unseren Fragen zum Stundenplan oder Seminaren bei euch sicherlich das eine oder andere Mal fr Kopfschtteln und Augenrollen gesorgt haben.

Avalist 38, Dez 2011

13

Im Moore

Immer diese ErSies (Reloaded)eine etwas andere Perspektivevon Kathy Schlter Da schreibt man nichts Bses ahnend an seiner letzten Hausarbeit und pltzlich passiert es: Ein neues Semester fngt an, einfach so, ohne Vorwahrung. Fr den alt eingesessenen Studenten ist das Ende der Vorlesungsfreienzeit nicht unbedingt das Ende der Welt, auch wenn es dem nahe kommt. Whrend man sich psychisch und physisch auf das kommende Semester vorbereitet, fllt einem pltzlich etwas ein, es ist Wintersemester! Verdammt, die Neuen kommen! Diese recht bedeutsame Erkenntnis fhrt zu hektischen Aktivitten der gesamten Fachschaft: Prfungsordnungen mssen berprft und gedruckt werden, die ErSieRallye Stationen mssen geplant und besetzt werden (eigentlich the same procedure as every year, aber dieses mal auf Grund alkoholischer Ausschweifungen im Jahr davor etwas abgewandelt) gucken ob die Prsentationen fr die Einfhrungen noch stimmen (htte man schon vor Wochen machen knnen, aber was wre die ErsieWoche ohne sinnlose Hektik) und festlegen wer den ErSies einen vom Maulwurf erzhlt. Betreffende Leute sollten zumindest rudimentre Ahnung von der PO haben, auch wenn uns durchaus bewusst ist, dass wir die ErSies so oder so nur mehr verwirren als alles andere. Aber die zentrale Botschaft unserer Erstberatungen ist sowieso: Dont Panik! Das diese Botschaft irgendwie nie ankommt, in keinem Jahrgang, ist eine andere Sache. Als noch die letzten hektischen Vorbereitungen am Seminar laufen, werden die Neuen von der Massenabfertigung in der Hauptuni abgeholt und in kleinen Grppchen zum Seminar geschleust und in die Seminarrume aufgeteilt. Eine hektische halbe Stunde spter (der geneigte Leser merkt, whrend fr die ErSies Panik im Vordergrund steht, ist es bei uns die Hektik) beginnen schlielich die Beratungen, an dessen Ende die beruhigenden Worte: Leute, wir sind die ganze Woche fr Euch da. Kommt und fragt uns, egal worum es geht, stehen. Am Ende der Beratung geben wir den Hinweis das der Rest des heutigen Tages mit den angenehmen Dingen des Lebens verbracht werden: der ErSieRallye. Sinn dieser legendren Institution ist, dass die ErSies den Campus und sich untereinander ein wenig kennen lernen, dass dazu ein gewisser Alkoholfluss gehrt ist nicht neu. An dieser Stelle mchten wir jedoch darauf hinweisen, dass es keineswegs zu irgendwelchen Ausschweifungen gekommen ist, im Gegenteil, wir knnen mit Stolz behaupten, dass niemand seinen Mageninhalt am Seminar ausgeleert hat. Ganz wie versprochen, waren wir die ganze Woche im HistorikA-Caf anzutreffen und halfen wo und wie wir konnten. Hier gilt die Regel, es gibt keine doofen Fragen auch nicht wenn Ihr sie 27 Mal stellt, dafr sind wir verdammt nochmal da. Auch sind die Sorgen im Bezug auf irgendwelche Blamagen unbegrndet, solange Ihr den ersten Tag bersteht, ohne einen bekloppten Spitznamen zu bekommen, der Euch den Rest des Studiums nachhngt, kann die Blamage so gro nicht gewesen sein. (Fragt den Koffertrger oder Kotzi.) Nach einer Woche Beratung und der Beantwortung aller mglicher und unmglicher Fragen sind denn auch wir froh, dass der ErSie Wahnsinn vorbei ist... fr ein Jahr, dann heit es wieder: Es ist Wintersemester! Verdammt , die Neuen kommen!

14

Avalist 38, Dez 2011

von den ErSies

Wolfsschanze mit Happy End?die ErSie-Fahrt 2011von Bernd HlsmannIch befinde mich auf der ErSie-Fahrt und sollte eigentlich alles andere tun als das hier. Leider werde ich von strukturfaschistischen Krften dazu gezwungen. Da ich aus verschiedensten Grnden laut vorangehend benannter Krfte nicht fr ein Geschichtsstudium geeignet bin (was streng genommen auf alle ErSies zutrifft), bleibt mir nur noch pure Schleimerei. Der Humor des Rats holt uns ein und obwohl wir in einer malerischen Kulisse sitzen, fhlen wir uns wie die Pressestelle von Stalingrad. Das liegt zum einen an den nicht mehr sprbaren Fen, zum anderen am begrenzten Informationsgehalt der folgenden Zeilen. Meine kleine Schreibblockade kommt also der Intention des Fhrungsapparats recht gelegen, da ich jetzt die Bedeutung des Wortes Diktatur wirklich verstehe. Um es kurz zu fassen: Was dem einen Journalismus, ist dem anderen Diktat. Trotz alledem soll nun auch auf inhaltliche Aspekte der Fahrt und nicht nur dieses Textes eingegangen werden. Als wichtigste/r Reisebegleiter/in erwies sich der/ die Kater/in namens Katze, kurz Gender-Ginger. Gerade jetzt sorgt sie dafr, dass meine Hnde beim Schreiben nicht abfrieren. Jeder Versuch, Katze selbst zum Schreiben zu bewegen, scheiterte an den ausgefahrenen Krallen, die auch einzelnen Ratsmitglied/innen nicht fremd sind. Zum Glck bekamen wir ErSies sie nur selten zu spren, was die Intensitt der einzelnen Erfahrungen jedoch noch steigerte. Das Trommelfeuer geballten Ratshasses war zum einen auf geballte Dummheit unsererseits und zum anderen mutmalichen Koffeinmangel ihrerseits zurckzufhren. Kleines Beispiel: Die Frage, ob es

Avalist 38, Dez 2011

15

von den ErSies

erlaubt sei, bis zum Erbrechen zu trinken, ist anscheinend fr (Nicht-Verbindungs-) Studenten nicht angemessen. Dass diese Frage berhaupt aufkommen konnte, ist allerdings nicht nur der ErSieheit des Fragenden geschuldet, sondern im Kontext betrachtet ein Produkt aus Langeweile und Frust, zwei Gefhle, die zu Beginn, zumindest bei mir, vorherrschend waren. Das Ziel unserer Reise war nmlich allein mit dem Zug nicht zu erreichen, denn dieses befand sich nicht im wunderschnen Verdun, pardon, Verden, sondern in der Hasenheide, deren Erreichbarkeit per Bus an die Versorgungssituation des Kessels erinnerte. Gefhlte drei Stunden Wartezeit und eine Busfahrt durch immer dunklere Lndereien spter erreichten wir schlielich unser Ziel, einer Mischung aus Horrorfilmkulisse und Fhrerhauptquartier. Der erste Eindruck wurde glcklicherweise etwas durch den herangetragenen Kaffee verbessert, doch die penetrante gute Laune der Rte und der wummernde Bass der Trash-Musik fhrten zu einer allmhlichen Re-Manifestation von Kopfschmerzen und leichter belkeit. Dieser Zustand besserte sich rasant, als endlich das Essen aufgetischt wurde, welches, und hier spricht nicht nur der Schleimer in mir, die ganze Fahrt ber sowohl schmackhaft als auch in ausreichender Menge verfgbar war (hier zeigten sich die ersten kleinen Risse in der Analogie zum Kessel). Gesttigt und nun immer zufriedener waren alle bereit, sich von der geballten Sachkenntnis und Erleuchtung der Workshops blenden zu lassen. Den Start machte Herr Becker, der uns Einiges ber die Berufschancen von Historikern und zur Recherche erzhlen konnte. Sowohl aus diesem, als auch aus den anderen Workshops, welche von Ratsmitgliedern geleitet wurden, konnte ich eine Menge mitnehmen (zum Beispiel eine qualitativ

hochwertige Designertasche). Zu allen WorkshopZeiten war die Auswahl an Themengebieten sehr vielfltig und erstreckte sich von der Vorstellung der Arbeit des HistorikA-Rats ber erste Anleitungen zum Schreiben einer Hausarbeit bis zu Tipps zur Studienfinanzierung. Hierbei mchte ich betonen, dass wir nicht zu kriminellen Handlungen angestiftet wurden! Jedenfalls in letzterem Workshop - wenn man das Schreiben eines Avalist-Artikels nicht als kriminell ansieht. (EY!!! Anm. d. Red.) Der erste Abend klang nach Herrn Beckers Workshop bei kaltem Bier und warmen Heizungen aus und abgesehen von einer tiefgreifenden Diskussion ber Kennenlernspiele blieb es zunchst friedlich. Zu fortgeschrittener Stunde wurden allerdings die Kchengerte kurzerhand zu Waffen umfunktioniert

und der Tagesraum zum Kolosseum, was jedoch eher zur Belustigung des Pbels als zu ernsthaften Verletzungen fhrte. Diese waren, wie bereits erwhnt, eher die Folgen stundenlangen Verharrens bei winterlichen

16

Avalist 38, Dez 2011

von den ErSies

Temperaturen. Zu den Frostbeulen, die sowieso schon dabei waren, kamen am Samstag auf der Exkursion noch ein paar neue dazu. Die Exkursion, die sich den Umstnden geschuldet auf die essentiellen Punkte beschrnkte und die verpflichtende Besichtigung des John Lennon-Denkmals auslie, fhrte zu der berlegung ein Philipp Rsler-Denkmal zu bauen, da er die Stadt einmal berflogen hat. Die leichten Kommunikationsschwierigkeiten im

Hasenheide zu bringen. Nachdem wir, durchgefroren wie wir waren, auf der Stube mit Kaffee und Kuchen bewirtet wurden und ein Chili das Feuer in uns wieder zum Lodern gebracht hatte (zu viel Feuer fr manchen), mussten wir ErSies uns bei einem Quiz blamieren. Dieses bestand nicht nur aus einfachen Aufgaben wie der Erratung des genauen Datums der Wahl Merkels zur Bundeskanzlerin, sondern hielt auch schier unberwindbare Hrden fr uns bereit. Allen werden dabei (bald) historische 45 Sekunden in Erinnerung bleiben. Mit Allen meine ich vor Allem Jill, die kurz davor stand, die sch...nste Erfahrung ihres Lebens zu machen, jedoch entschied sie sich zum Leidwesen Aller (vor allem Marcels) dazu, dem Himmel auf Erden zu entsagen und keusch zu bleiben. Diese Einstellung hielt bis zum CocktailWorkshop, der sowohl lehr- als auch vollreich und hoffentlich der Rekrutierung weiteren Thekenpersonals fr zuknftige Cocktailabende zutrglich war. Als jemand dann bei einer Runde Wer bin ich? eine halbe Stunde zur Erratung des Namens Dr. Feuerle brauchte, entbrannte eine Diskussion darber, ob jetzt alle ErSies in besagten Dozenten verliebt seien. Diese Diskussion endete wenig berraschend mit Benjamin Blmchen am Kopf. Der nchste Morgen fhlte sich entsprechend an und nach einigen Workshops und eingehender Rechercheund Schreibarbeit meinerseits machten wir uns gegen drei auf die Heimreise und durften nach - wen wunderts - einer Stunde Wartezeit am Verdener Bahnhof den Heimweg antreten. Nach lauter trnenreichen Abschieden gingen wir nun alle wieder unserer Wege und frei nach Katarina Witt sagten wir uns, dass ja nicht alles schlecht gewesen sei. ber die Anzahl der Happy Ends hlle ich hier den Mantel des Schweigens, denn wie heit es doch so schn: Was in der Hasenheide passiert, bleibt in der Hasenheide.

Anschluss konnten, vor allem dank Onno und der franzsischen Fluchtmentalitt, durch ein Stakkato von Witzen berbrckt werden. Fnfundvierzig Sekunden nach dem letzten Witz lachte sogar Jill, wobei es historisch nicht gesichert ist, ob dies an Andrs Dauerbrenner-Witz oder daran lag, dass der Bus endlich eintraf, um uns zurck zur

Avalist 38, Dez 2011

17

Im Moore

Das Hasenheide-ExperimentDie ErSieFahrt aus Betreuersichtvon Marcel SchrenkNach einigen unfreundlichen Worten der Staatsltesten ber die unqualifizierte Arbeit neuer Mitbrger des Historischen Seminars, beschloss das Zentrum der Macht in einer seiner Sitzungen (die wchentlich, jeden Mittwoch um 18.00 im Historika Caf stattfinden), ein Experiment zu wagen. Hierfr sollte zu Beginn der neuen Vorlesungszeit Werbung fr die sogenannte ErSie-Fahrt gemacht werden. Hierbei pnktlich am Treffpunkt vor dem Hauptbahnhof einzutreffen, die natrliche Selektion hatte ihre ersten Opfer gefordert. Wie der Autor dieses Textes im Nachhinein in Erfahrung brachte, wurden die ErSies standesgem mit der roten Fahne des Rates empfangen. [Die Fahne war mit? Cool was man erst beim Korrekturlesen erfhrt! ;-)] Geschlossen bestieg die Gruppe den Viehtransporter, Verzeihung ich meine den ausgebuchten und vllig berfllten Regionalexpress. In der Zwischenzeit kam ein Teil der Lagerleitung bereits am Ort des Experimentes an und erkundete die Lage. Die Anlage schien ideal fr das bevorstehende Wochenende. Die idyllische Landschaft vermittelte sofort Geborgenheit. Tief im Wald ein paar Natobarracken und die Romantik des Kalten Krieges kehrte zurck. Das Vorabkommando der Lagerleitung wurde durch einen Einheimischen freundlich aber bestimmend in die hochmoderne Technik der Pfadfinderlagers eingewiesen, erfreulicherweise wurden im Jahr zuvor Wasser- und Stromleitungen verlegt. Die angepriesene Austattung fand sich leider nur in der Kche wieder, die in der Broschre mit keinem Wort erwhnt wurde. Die Spielesammlung, bestehend aus einem Stein ca. 5 Kg und einem Stock, brachten der Lagerleitung ein besttigendes Gefhl. Der Ort und die Gegebenheiten, 5Celsius Auentemperatur 7Celsius Zimmertemperatur, wirkten ideal. Der folgende Einkauf ging schnell von der Hand, ein Laib Brot und etwas Schmalz sollten fr 35 ErSies und drei Tage gengen. Das Catering fr die Betreuer war bereits im Vorfeld geklrt. Sehnschtig erwartete das Team die Teilnehmergruppe und die restlichen Wachen/Betreuer, sowie das Kchenteam. Dummerweise schaffte es die deutsche Bahn wieder einmal nicht, ihren eigenen Fahrplan einzuhalten, was zu weiteren Versptungen bei der Anreise fhrte und die Motivation der Erstsemester in ungeahnte Sphren fallen lie. Als nun, nach ca. 4 Stunden Marsch, die Gruppe im Lager eintraf, folgte eine herzliche Begrung, gefolgt von einer bestimmenden Einweisung in die Lagerregeln. Im Anschluss folgte eine Propagandaveranstaltung des Historischen Seminars. Einer der fhrenden Didaktiker im Bereich der Urteilsbildung im Geschichtsunterricht glnzte mit einem sehr durchdachten Vortrag. Dieser Vortrag veranlasste

war darauf zu achten, das Angebot mglichst attraktiv zu gestalten, um genau DIE frischen Studenten anzulocken, die die Rumlichkeiten der Universitt und ihre Teilnahme an Veranstaltung nur zur Erholung ihrer Augen einzusetzen gedachten. Die Propagandamaschine des Seminars lief auf Hochtouren: Poster, Flyer und Gerchte ber eine Lustfahrt fr Erstsemester brachten den gewnschten Erfolg. 35 TYPISCHE Erstsemester meldeten sich zur Fahrt an. Durch den hohen Konsum festlicher Aktivitten in der hannverschen Innenstadt schafften es jedoch nicht alle

18

Avalist 38, Dez 2011

Im Moore

einen Teil der Lagerleitung sich zur Einsatzbesprechung zurckzuziehen. Schnell entstand ein Plan, den ErSies zu vermitteln, dass sie weder eigene Urteile fllen konnten, gar eine eigene Meinung besaen. Arbeitseinstze getarnt als Workshops sollten aus den Frischlingen gefolgsame junge Studenten machen. Decknamen fr die Operationen waren: Studienberatung, Formalia, Avalist, Hausarbeiten, Referate, Rat und Gremien. Der Tagesplan wurde recht locker gehalten, so gab es bereits ab 8 Uhr Frhstck, das Angebot endete jedoch bereits um 8.45,

kehrte die Gruppe wieder ins Lager zurck. Dort wartete bereits der einzige Verbndete der ErSies, das Kchenteam. Kaffee und Kuchen sollte die Lebensgeister wieder wecken. Selbst die Lagerleitung hatte Mitleid und gewhrte den ErSies eine kleine Pause. Gefolgt von einem reichhaltigen Abendessen. Das Abendprogramm wurde spontan umgestellt, die geplante Nachtwanderung wurde auf Grund der Jagdsaison abgeblasen, stattdessen wurde das Wissen der Teilnehmer gefordert. Das Quiz hatte eine erbauende Wirkung auf die ErSies und sptestens seit diesem Abend wissen alle, dass eine Frage mit 5 Antwortmglichkeiten knapp 8 mal falsch beantwortet werden kann. Das mittlerweile vom Mitleid berwltigte Lagerteam nderte seine eigenen Regeln, so kam es im Anschluss an das Quiz zu einem Workshop der kulinarischen Art (um der Reputation nicht zu schaden wird an dieser Stelle nur erwhnt, dass Eistee nach Long Island Art, der Sonnenaufgang des Ortes Tequila und ein Getrnk welches hnlichkeit mit dem Wort Moskito aufweist Bestandteil dieses Workshops waren). ber den weiteren Verlauf dieses Abends kann der Autor leider nicht viel berichten, da er aus ungeklrten Grnden frhzeitig in seinem Nachtquartier verschwand.

Weiterhin sieht sich der Autor nicht im Stande ber das Frhstck des anschlieenden Morgen zu berichten. Jedoch brachten die abschlieenden Workshops, sowie das italienische Mittagessen das Experiement zu einem akzeptablem Abschluss. Es gelang der Lagerleitung nicht, nur handelnde und nicht denkende Studenten zu zchten, jedoch scheint es, als wren einige strukturfaschistische Elemente bei den neuen Studenten hngengeblieben. Dies fhrt zu dem Fazit, dass es mglich ist, sinnvolles und lebenswertes miteinander in Einklang zu bringen und das man neben der Uni noch genug Zeit zum studieren hat.

da die Rumlichkeiten fr die bevorstehenden Workshops und Special Operations prepariert werden mussten. Es folgten ca. 2,5 Std. getarnter Arbeitseinsatz. Der Groteil der Teilnehmer war nun mental destabilisiert, die restlichen Versuchsteilnehmer wurden nun durch einen Ausflug physisch zermrbt. 4 Stunden Verden bei knapp 6C Lufttemperatur, da half auch kein Muntermacher aus der Flasche. Vllig zerstrt

Avalist 38, Dez 2011

19

von den ErSies

Studieren ohne I-Schein ist...Der Bericht eines Schiebersvon Lukas Drgemeier30.2.1896 Historianien

Liebes Tagebuch, mehrere Monate befinde ich mich nun schon auf diesem Kontinent. Die Forschungsreise neigt sich langsam dem Ende entgegen, aber meine Erkenntnisse lassen leider immer noch zu wnschen brig. Der Primat meiner Forschung, der homo verplano desoriento oder gemeinhin auch als so genannter Studianer bezeichnet, ist schwerer zu klassifizieren, als ich zu Beginn meiner Reise in dieses sagenumwobene Land angenommen habe. Student sein ist, oder viel mehr scheint eine ziemlich knifflige Sache zu sein, bedingt durch einen komplexen polytheistischen Gtterkult, multidimensionale Kommunikationswege und ein bisher unklassifiziertes Sozialgefge: Wie bei allen Erscheinungsformen der Spezies Mensch liegt ein groes Augenmerk der Kommunikation auf dem Verbalen. Was die Studianer jedoch von anderen Menschheitszweigen, beispielsweise den Schulianern, unterscheidet, sind die ausgeprgten nonverbalen Kommunikationsvorgnge. Viel scheint hier auf der Ebene der Annahme und der stillen Voraussetzung abzulaufen. Nach meinen bisherigen Forschungen gelang mir jedoch folgendes Grundschemata herauszudestillieren: Generell gilt es, mglichst schlau, cool und vor allem unglaublich wissend, bzw. nachdenklich auszusehen. Je nachdenklicher ein homo verplano aussieht, desto mehr unausgesprochenes Ansehen geniet er bei seinen Mitbrgern und desto hher ist, ungeachtet seines tatschlichen Knnens, seine soziale Stellung. Dieses System hrt sich sehr fragil und geknstelt an, klappt in der Praxis aber bemerkenswert gut. Eine Antwort, warum dieses Phnomen auftritt, kann wie folgt beantwortet werden: Wissen ist in diesem soziologischen Umfeld gleichzusetzen mit Ansehen und jeder nimmt an, dass der andere viel wei. Weil angenommen wird, dass der andere so viel wei, will man sich nicht vor ihm blamieren indem man ihm in einem Gesprch durch eine unbedachte uerung zu erkennen gibt, dass man schlielich doch nicht so viel wei wie er. Gesprche werden deshalb in der Regel eher als Minenfeld, denn als Erquickung und Spa angesehen und man geht ihnen (wenn mglich) aus dem Weg. Da man aber trotzdem irgendwie dazugehren und sich mitteilen will, erfand man die oben beschriebene Art der stillen Kommunikation. Bei ihr lsst man das Gegenber einfach annehmen, dass man selbst schlau ist, anstatt es wirklich zu beweisen. Auf diese Art muss man sich nicht blamieren, erhlt aber trotzdem eine soziale Besttigung. Es soll sogar einige ganz besonders gewiefte Studianer geben, die sich ihre Haare mit einer klebrigen Substanz kreuz und quer vom Kopf stehen lassen, oder sich gar tagelang nicht rasieren, damit sie wahnsinnig beschftigt, oder wie in unermesslich tief schrfenden Gedanken versunken aussehen. Diese Aufmachung soll vermitteln: Ich habe keine Zeit mich zu rasieren, ich denke zu viel. Ein weiterer guter Trick bei diesem Kommunikationsvorgang ist, einfach immer ein Buch mit sich zu fhren. Da Buch jedoch nicht gleich Buch ist, gilt hier die Faustformel, je dicker, lter und verstaubter es aussieht, desto grer das Mojo des Betreffenden. In meiner Forschungszeit habe ich es auch geschafft, einiges ber den Glauben der Studianer herauszufinden. Sie haben mehrere Gtter, die ein jeder ziemlich individuell fr sich zu whlen scheint. Ich habe von Namen wie Aristoteles, Kapital, John Harrison oder Erich Barke gehrt. Es gibt zwar noch wesentlich mehr solcher Gottheiten, hier aber soll es gengen, einige Beispiele zu liefern. Fr nhere Informationen warten sie bitte auf den Almalach Dio Studio, der nchstes Jahr vom Verlag Reimkultur publiziert wird. Die Gtter dieser Kultur scheinen sich untereinander nicht unbedingt immer zu verstehen: Es gibt einige Erzfeinde wie zum Beispiel Erich Barke und Kapital, aber auch viele sich

20

Avalist 38, Dez 2011

von den ErSies

stndig verndernde, lose Gruppen von Gottheiten, die je nach Thema neue Verbnde bilden. Verehrt werden diese Gtter durch Einnahme einer braun-schwarzen Flssigkeit, die es in allen Tempeln die etwas auf sich halten an fast jeder Sule gibt. Sie werden dort von den Hohepriestern des Studentus Ratus Maximus verteilt, von dem spter noch die Rede sein wird. Dieses Gebru soll meinen Informationen nach den Weg in hhere Seinsebenen ffnen und je glubiger ein Studianer ist, desto mehr trinkt er davon. Auch hier lsst sich wieder eine Facette der oben beschriebenen stillen Kommunikation erkennen: Je mehr schwarzes Gold einer dieser Menschen, die sich gegenseitig geheimnisvoll Kommiliton nennen, zu sich nimmt, desto eingeweihter gilt er und desto hher wird seine Einsicht in die Beweggrnde der Gtter angesehen. Vielleicht besteht dieses Vorurteil allerdings nicht zu ganz unrecht, denn es gibt Legenden von ganz besonderen Hohepriestern, die bis zu sieben Liter am Tag tranken und berauschende Visionen bekamen. Diese Hohepriester gehren dem Studentus Ratus Maximus, der hiesigen Spielart unseres Senats, an. Hier werden Antrge und Gesetzesnderungen diskutiert, ber den nchsten Bieretat verhandelt und auf die moralische Homogenitt des Herrschaftsgebiets geachtet. Sollte diese Homogenitt einmal gestrt sein, beispielsweise durch das Vergessen eines -in an eine maskuline Ttigkeitsbezeichnung, wird der Schuldige sofort der Astaquisition bergeben. Diese ist nmlich fr den moralischen Zusammenhalt, die Reinheit der Lehre und die Vollkommenheit des Geistes zustndig. Genug gesagt ist jetzt aber ber Verhaltensweisen, den Staatsaufbau und das soziale Miteinander. Man knnte noch ganze Bnde hiermit Fllen, aber meinen Erfahrungen nach lsst sich die Mentalitt der Studianer auf diesem Weg nicht erschlieen. Es sind lediglich symptomatische Erscheinungen, die niemals als Rckschluss auf die innerste Seinsart, der Mentalitt, herangezogen werden knnen. Dennoch glaube ich, dass dieses schwierige Unterfangen mglich ist: Ich arbeite gerade an einer Methode zur Dekodierung des so genannten silent talking, einer Jahrhunderte alten Art des kulturellen Gedchtnis. Auf einer Entdeckungsreise durch ihr Parlamentsgebude fand ich in einer stillen Ecke die so genannten Klosprche, komplexe Satzkonstrukte, die, wie es mir scheint, das Innerste ihrer Denkmuster zum Ausdruck bringen. Die Flle dieser weisen Aphorismen ist schier unermesslich, aber ich habe mir erlaubt, einige besonders wortgewaltige Exemplare in mein Tagebuch zu kopieren: Deine blonde Mutter ihr Mutterkreuz oder Kacken gegen rechts. sind nur zwei Beispiele, aber vielleicht schaffe ich es ja in meinem nchsten Eintrag noch mehr nieder zu schreiben. Neben dem komplexen Syntaxgebude dieser Stze fllt hier noch eine weitere Besonderheit auf, die ich bisher nirgendwo anders gesehen habe: Die Studianer scheinen die Philosophie zu vertreten, dass Wissen nicht ewig sei, sondern eine stetige Erneuerung erfordere. Deswegen begeben sich eifrige Philosophen regelmig an diesen Platz, um mit Mhe und Herzblut dieses niedergeschriebene Wissen auf dem neusten Stand zu halten. Herrscht zum Beispiel ab dem Punkt X ein anderer Forschungsstand als zuvor, wird bei den betreffenden Stzen das falsche herausgestrichen und durch die neue Erkenntnis ersetzt. So ist in diesen Analen der Wissenschaft vermerkt, dass sich Kacken gegen rechts aus dem Satz Wacken gegen rechts ableitet und sozusagen sein aktualisierter Nachfolger ist. Manchmal, wenn sich das Wissen nicht als gnzlich falsch, sondern nur als Lckenhaft erweist, wird es lediglich weiter ausgefhrt, anstatt es zu streichen. Nicht selten geschieht es, dass ein Pfeil zu einem Satz fhrt und den so genannten Ursatz mit Weisheiten wie Es bleibt falsch, ortographisch und inhaltlich ergnzt, um dem ganzen eine neue Denkrichtung zu verleihen. Doch wie dem auch immer sei (um einen der bekanntesten Bewohner Historianiens zu zitieren) ich stehe mit meiner Analyse dieses beraus komplizierten Kommunikationsweges noch ganz am Anfang, hoffe aber eines Tages den Homo verplano desoriento vollstndig verstehen zu knnen. Bis dahin keep going and dont pick up the soap. Dein Captain Kirk

Avalist 38, Dez 2011

21

von den ErSies

Ich hock allein da mit Blondie und ner Flasche Chantrvon Alina Berg Blondi. Hierbei handelt es sich diesmal weder um ein khles, blondes, GenussWeizen(oder Hefe) Getrnk, noch um ein nett aussehendes, weibliches, hftschwingendes, eventuell helles, blondes Geschpf, sondern um Hitlers Hund. Hitler hatte einen Hund? Diese Frage stellte sich am ersten Abend des ErSie Wochenendes (darber ist ein eigener Text fr diese Ausgabe geschrieben worden) und zeichnete sich an formschnen Fragezeichen in den Gesichtern einiger Erstsemester (darunter zugegebener Maen auch in meinem) ab. Ja, Hitler hatte einen Hund. Hitler hatte einen Schferhund. Einen weiblichen. Namens Blondi (*1941-1945). Die sehr hellfellige, hbsche Schferhndin wurde 1941 in einen fnf Welpen starken Wurf hineingeboren und alsbald auf Beschluss Hitlers engsten Beraterstabes diesem zur Aufheiterung geschenkt, damit er ber den Tod Mucks, seines schwarzen Schferhundes besser hinwegkme (es sei angemerkt, dass die Verfasserin dieses Textes ber den schlechten Namensgeschmack aufsthnt), was auch mit Bravour gelang. Schon bald wurde die kluge Hundedame zu seiner unentbehrlichen Weggefhrtin, die ihn in die Wolfsschanze begleitete, zu geheimen Besprechungen, ja sie durfte sogar in seinem Schlafgemach nchtigen. Das wiederum missfiel der anderen Frau seines Herzens, es war kein Geheimnis, dass Eva Braun Blondi hasste. Wenn sie konnte, trat sie nach der ungeliebten Vierbeinerin, falls diese unter ihrem Tisch weilte. Sie war der schottisch Terrier Mensch, bevorzugte also eher die kleinen, wolligen Klffer, von denen sie etwa um die zwei, drei besa. Laut einigen bsen Zungen hatte die gute Eva auch Grund zur Eifersucht, da Hitler zu Hundchen noch ganz andere Beziehungen gehabt haben soll... Um des Hundes Willen hoffe ich, dass es lediglich abscheuliche Gerchte sind. Ganz im Gegensatz dazu, war Blondi ein unentbehrliches Instrument der Propaganda, um den Fhrer als Tierliebhaber und herzensgute, menschliche Person darzustellen. In seinem nahestehenden Personenkreis wurde immer wieder betont, wie stolz Blondis Besitzer war, wenn sie ein neues Kunststck erlernt hatte oder gar noch ein Stckchen hher zu springen vermochte. Eine kritische Stimme merkte an, dass die blonde Hndin eher einer Maschine glich, welcher der Willen versucht wurde auszulschen, was wohl einfach ein Hobby Hitlers war. Vermutlich war er gerade deswegen der Schferhund Rasse so zugetan, denn diese Tiere gelten auch heute noch als ausgeglichen, nervenfest, selbstsicher und sozial. Vor allem aber sind sie aufmerksam und fhrig, wunderbare Begleit-, Wach- und Schutzhunde (welche der Gute bitter ntig hatte), die lernwillig sind, aber fortdauernde, konsequente Erziehung bentigen (wie das gemeine Volk halt auch). Auerdem machen sie gerne Sport, um ihren Krper zu sthlern. Eigentlich brauchen sie auch geistige Frderung, aber das ist ja nichts, was man nicht abtrainieren knnte. Der Schferhund gilt als germanischer Urhund, der dem Wolf sehr hnelt (um den Stockhaartyp auszuprgen, verpaarte man sie angeblich ab und zu mit ihren wilden Verwandten, um die Zchtung schneller voranzutreiben). Der 3. schlimmste Diktator des

22

Avalist 38, Dez 2011

von den ErSiesvergangenen Jahrhunderts hatte eine ausgeprgte Vorliebe fr Wlfe allgemein und den Namen Wolf im Besonderen (Adolf hat die Wortbedeutung vornehmer Wolf. Das Hauptquartier hie nicht von ungefhr Wolfsschanze). So wurde einer der Welpen Blondis ebenso genannt, es ist ja auch nur minimale Selbstverliebtheit, seinem Haustier, den eigenen Spitznamen zu verpassen. Was Blondi selbst darber dachte, ist schwer zu sagen, auch wenn ein gleichnamiger Roman von Michael Degen dies fr sich in Anspruch nimmt. Dort wird das dritte Reich und auch Hitler aus Blondis Sicht geschildert, die nun eben als Schferhndin wiedergeboren wurde, nachdem sie als Jdin in einer Gaskammer von Auschwitz den Tod fand und ihre Seele den Krper verlie. Eine faszinierende Idee wie ich finde. Fest steht jedoch, dass sie mit in den Bunker, die letzte Zufluchtssttte Hitlers genommen wurde und dort, als die Niederlage unwiderruflich feststand, von Dr. Werner Haase, dem Leibarzt der personifizierten deutschen Schande, eine Zyanid-Kapsel verabreicht bekam, um die Wirkung zu testen und daraufhin wirkungsvoll am 29. April 1945 verstarb. Bald darauf folgte ihr (hoffentlich) der untrstliche Adolf Hitler ins Jenseits. Vielleicht wird Blondis Seele im nchsten Leben in einer Zeit und an einem Ort wiedergeboren, an dem sie mehr Glck findet. Ich wnsche es ihr.

Avalist 38, Dez 2011

23

Im Moore

Der Autor hat den Artikel zurckgezogen und mit einer Unterlassungsklage gedroht. Das tut uns leid, fragt ihn selbst warum. Leider konnten wir diese Seiten jetzt nicht mehr fllen. Vielleicht malt ihr hier einfach etwas hin.

24

Avalist 38, Dez 2011

Im Moore

Avalist 38, Dez 2011

25

Im Moore

Wer bin ich?von Julian IngelmannWenn mich heute jemand fragt, was mich dazu antreibt, Filme zu machen, dann erzhle ich ihnen diese Geschichte. Wie ich als siebenjhriger Junge zum ersten Mal in meinem Leben im Kino sitze, Dracula schaue und meine cineastische Erweckung erlebe. Wie ich in seine ausdrucksstarken Augen blicke. Wie mich ein nie gekannter Schauer durchfhrt. Er starrt zurck. Er sagt mir: Du musst Filme machen! Und ich wei, dass er recht hat. Jetzt ist es mir erneut gelungen, ihn fr einen meiner Streifen zu engagieren. Ihn, Bela Lugosi, den grten Schauspieler aller Zeiten. Auch wenn meine ersten beiden Filme mit ihm nicht gerade berschwnglich aufgenommen wurden, bin ich mir sicher, dass mein folgendes Projekt ein wahrer Welterfolg wird. Denn alleine durch seine Stimme wird ein drittklassiger B-Movie zum Blockbuster. Heute noch werde ich die ersten Szenen mit ihm drehen, wir treffen uns in einer Stunde. Vorher muss ich allerdings noch meine Frau zum Chiropraktiker bringen. Noch wei ich nicht, dass Lugosi seinen letzten Film mit mir nicht beenden wird. Im Moment bin ich mir nur ber Folgendes im Klaren: Mit diesem Film gehe ich in die Geschichte ein.

Lsung:

______ ______

____

__

26

Avalist 38, Dez 2011

Im Moore

...im Grunde ein wirklich schner Beruf!Interview mit Herrn Danielsvon Olga Wenzel und Lisa Dopke

Mario Daniels ist aus den USA zurck. Die externen Teilnehmer der Sommerakademie nannten ihn Super Mario, andere nennen ihn das Brain. Wir haben uns einen Moment mit ihm hingesetzt und ihn interviewt wir sprachen ber das Historiker-Dasein, Hollywood und berforderung.

Warum sollte man denn Geschichte studieren? Wenn man Geschichtsvermittlung gehen will, sei es als Lehrer oder Fachhistoriker, stellt sich diese Frage sicher nicht so akut. Aber darber hinaus ist Geschichte eine besondere Form der politischen Bildung, wie sie jeder mndige Brger haben sollte. Herr Daniels, was war das Thema Ihrer Geschichtliches Wissen ist im Grunde tglich ersten Hausarbeit? notwendig. Schon wenn man die Tagesschau Ich wei es tatschlich noch. Meine sieht, wird einem schnell klar, wie sehr man erste Hausarbeit war eine zum deutschen Imperialismus. Es ging um das Kissinger Diktat von Bismarck. Das ist eine interessante Quelle, die berall zitiert wird, deren Volltext und Entstehungskontext aber die wenigsten kennen. Das war im Wintersemester 1998/99 an der Uni Hamburg. Welche Fcher haben Sie studiert? Zuerst studierte ich Geschichte und dann neuere Geschichte. Dazu Neuere Deutsche Literatur und Politikwissenschaft. Zuerst in Hamburg, dann in Tbingen. Wobei die Nebenfcher auch wirklich Nebenfcher waren. Wollten Sie schon immer Geschichte studieren? Ja, schon als Kind interessierte ich mich fr Alte Geschichte, vor allem gyptische Geschichte. Dann hatte ich einen sehr guten Geschichtslehrer, so einen Alt68er, der uns beibrachte, dass Geschichte immer politisch relevant ist. Und dann war nach meinem Abi 96 schnell klar, dass ich Geschichte studieren will. Es war eine Lustentscheidung. Meine Eltern haben sich sicher eigentlich was anderes fr mich vorgestellt.

auf historisches Denken und Argumentieren angewiesen ist. Was macht einen Historiker Ihrer Meinung nach aus? Ich knnte jetzt hier diese Standardantworten geben, wie zum Beispiel, dass man eine

Avalist 38, Dez 2011

27

Im Moore

groe Textkompetenz bentigt. Aber ich denke, dass Historiker vor allem ein hohes Ma an Neugier haben sollte. Auch brauchen Historiker Kreativitt. Man sollte eine Art Spieltrieb haben, Freude daran, neue Themen auszuprobieren und immer wieder neu zu durchdenken. Das Studium ist nicht staubtrocken, es ist viel lebendiger als viele glauben. Der Kopf ist immer in Bewegung, man muss immer viele Standpunkte und Argumente gegeneinander halten und abwgen. Fr mich ist Geschichte eine groe Spielwiese. Das Fach ist inhaltlich und methodisch so offen, dass man sich immer wieder neu ausprobieren kann. Darber hinaus ist Geschichte ein soziales Fach. Das Bild von einem Historiker, der still in seinem Kmmerlein sitzt und arbeitet, ist gewiss zum Teil richtig, doch ist eben auch der Austausch mit den Kollegen zentral und macht sehr viel Spa. Wann wrden Sie einem Studierenden das Lehramtsstudium empfehlen? Ich denke das hat viel mit Neigungen zu tun und ist darber hinaus eine Entscheidung, die einem keiner abnehmen kann. Das hngt sicher nicht zuletzt stark davon ab, welchen Grad von Sicherheit erwartet wird. Ich selbst habe auf Magister studiert und das nie bereut, aber mein Studium war auch nicht so reglementiert, wie es heute der Fall ist. Also wenn Sicherheit gewnscht ist, dann empfiehlt sich das Lehramtsstudium. Aber fr mich stand das nie zur Debatte.

groen politischen Probleme und Fragen des 20. Jahrhunderts. Wie kamen Sie auf das Thema? Ich verdanke den Ansto Frau Rauh, die mich darauf brachte, dass es zu diesem Thema kaum Forschungen gibt. Das Thema reizte mich sofort, ich habe mich eingelesen und mich fr es begeistert. Wenn es fr mich nicht spannend wre, wrde ich es auch nicht bearbeiten. Wie gehen Sie denn damit um, wenn Sie ein Thema gar nicht mgen? Als Historiker bentigt man schon ein wenig Leidensfhigkeit und Selbstdisziplin. Aber nach meiner Erfahrung ist es im brigen tatschlich so, dass fast jedes Thema interessant werden kann, wenn man sich intensiv damit beschftigt. Was macht Ihnen in Ihrem Beruf am meisten Spa? Dass er die schon erwhnte Spielwiese fr mich ist. Und die Freiheit der Lehre hier hin Hannover. Ich kenne Kollegen, die Lehren mssen, was vorgegeben wird. Das ist hier nicht so, hier kann ich machen, was mir Spa macht. Die Lehre selbst ist mir sehr wichtig, weil das Soziale als Ausgleich zum Schreibtisch eine groe Rolle spielt. Und glcklicherweise ist bei mir auch noch nie ein Seminar so richtig schief gegangen, die Studierenden haben immer sehr gut mitgearbeitet. Vielleicht bin ich, was diesen Punkt angeht, etwas verwhnt. Schliesslich macht mir auch die Arbeit im Archiv immer wieder beraus grosse Freude. Es ist einfach phantastisch, wenn man die Zeit hat, das Archiv nach Papieren zu durchwhlen und bekannte oder unbekannte Quellen mit neuen Forschungsfragen zu analysieren.

Sie habilitieren gerade, worber? Ich arbeite an einer Studie ber Industriespionage im 20 Jahrhundert. Man mag das zunchst fr ein recht exotisches Thema halten. Aber in den politischen Debatten ber Industriespionage - ich schaue sie mir vergleichend fr Deutschland und Fhlen Sie sich manchmal berfordert? die USA im Zeitraum von 1917 bis zum Ende berforderung gehrt dazu! Die Kollegen, die des Kalten Kriegs an - bndeln sich viele der das Gegenteil behaupten, sind hufig nicht

28

Avalist 38, Dez 2011

Im Moore

aufrichtig. Es gibt allerdings diese 2% Genies, die einfach alles mit Links machen wenn man die trifft, ist das schon deprimierend. Die Anforderungen sind hoch: Sie sollen lehren, fleiig publizieren, eigentlich immer mehrere Eisen im Feuer haben. Da werden die Tage schnell zu kurz. Doch das gehrt eben dazu, und in der freien Wirtschaft luft es ja im brigen auch nicht anders. Sein eigener Boss zu sein und eigenverantwortlich zu arbeiten, ist allerdings hufig Fluch und Segen zugleich. Hatten Sie denn jemals das Bedrfnis alles abzubrechen und etwas anderes zu machen? Nein, an so einen Punkt bin ich bisher nicht gekommen. Aber ich habe ja auch erst ein Buch geschrieben, vielleicht kommt das noch. Da kommt es auch auf das Umfeld an. Jedes groe Projekt wie zum Beispiel eine Dissertation kommt mal an den Punkt, wo die Kurve bergab geht. Das Vertrauen und die Hilfe vom Doktorvater oder der Doktormutter sind dann besonders wichtig. Wo sehen Sie die Bedeutung der Geschichte fr die Zukunft? Politisches Agieren und das Nachdenken ber den Wandel von Gesellschaften brauchen historisches Wissen. Das klingt nach der Arroganz des Historikers, ist aber so. Deshalb hat das Fach Zukunft. Es ist nur die Frage, ob die Bildungspolitik das auch so sieht. Die Zeiten, in denen Historiker einen gewissermaen verbrieften Bildungsauftrag und eine Sendungsfunktion hatten, sind lngst vorbei. Aber die zentrale Frage ist und bleibt, ob die Politik die gesellschaftliche Relevanz der Geschichte anerkennt oder nicht. Das werden wir in den nchsten 10-15 Jahren sehen.

Es gibt keinen Kanon und auch nicht DAS Standartwerk. Ich kann Ihnen jetzt nur etwas empfehlen, was ich selbst in letzter Zeit gelesen habe und fr gut halte Hmmm, jetzt muss ich berlegen was ich Ihnen sage (lacht). Wenig originell kann ich Ihnen den neuen Osterhammel (Die Verwandlung der Welt) empfehlen. Es hat tatschlich Spa gemacht, den zu lesen - und ich habe ihn auch ganz gelesen. Und Privat? Privates und Berufliches verschwimmen bei mir. Aber ein historisches Buch, das ungemein unterhaltsam ist, ist Peter Carlsons K Blows Top. Darin geht es um den Besuch von Chruschtschow in den USA. Die Anekdoten sind groartig. Zum Beispiel will Chruschtschow unbedingt Disneyland besuchen. Auf einer Gala mit vielen Hollywoodstars erfhrt er dann, dass das wegen seiner Sicherheit nicht mglich ist, und gert in Rage. Er schreit dann die versammelten Stars an, was das denn fr ein Land sei, in dem er noch nicht einmal Disneyland besuchen knne. Einfach eine schne Bettlektre, mit der man ganz nebenher auch noch viel ber den Kalten Krieg lernt. Welchem geschichtswissenschaftlichen Thema sollte man sich unbedingt einmal annehmen? Ich denke da gibts nichts, was ausgeschlossen werden kann und darf. Bei mir wechselt das jedes Semester und ich habe da keine klaren Linien.

Welchen Ratschlag haben Sie fr angehende Historiker? Auch wenn fr Sie Geschichte manchmal etwas von Blut, Schwei und Trnen haben kann, sollten Sie sich nie die Neugier und den Spa am Fach nehmen lassen. Das, was wir Welches geschichtswissenschaftliche hier machen, ist doch im Grunde ein wirklich Standartwerk sollte jeder mal gelesen schner Beruf. haben?

Avalist 38, Dez 2011

29

Welfengarten

Der Sonnenknig oder auch The fuckin Prince of the fuckin Darkness im Zentrum der MAchtvon Lisa Dopke und Onno SiebrechtBereits zwei Wochen vor dem eigentlichen Besuch lie sich Herr Barke durch seine Sekretrin ankndigen. Das Gesprch verlief ungefhr so: Student geht ans Telefon: Zentrum der Macht? Sekretrin: Ja Hallo, hier ist das Vorzimmer des Prsidenten... - Ohne Worte. Natrlich hat der Studierendenrat nach der Ankndigung dieses hchst offiziellen Besuches Manahmen zur Vorbereitung getroffen. Zum Einen wurden im Rahmen der Ratssitzung eine Woche zuvor Fragen gesammelt, die man Herrn Barke stellen knnte. Des Weiteren verwendeten ungefhr hundert Leute fast eineinhalb Wochen jede freie Minute damit, den unbequemsten Stuhl zu finden. Auf die erste Frage, wieso der Prsident gerade jetzt alle Fachschaften besucht, antwortete er, dass es eine interessante Idee wre, alle Fachschaften zu besuchen und das ihm ein Denkfehler unterlaufen sei, da es ja nicht neun, sondern 25 Fachschaften gibt. Auerdem wolle er wissen, wo es Ihnen nicht gut geht. Als Erstes kam ein groes Problem am Historischen Seminar zur Sprache: Die Tatsache, dass das Hinterhaus grtenteils nicht Rollstuhl gerecht ist. Zum Einen ist der uere Fahrstuhl hufig defekt, zum Anderen gibt es nur eine behindertengerechte Toilette. Da am Seminar aber Rollstuhlfahrer studieren, ist diese Situation nicht hinnehmbar. Herr Barke meinte, dass es natrlich kein Zustand wre, wenn der Aufzug defekt wre und das der Aufzug einwandfrei funktionieren msse, das

Schulden zu machen ist normal. Erich Barke bei uns im RatArgument der fehlenden Toiletten fr Behinderte jedoch mit Eine Toilette ist besser als gar keine. beantwortete. Im Hinblick auf den generellen Zustand der sanitren Anlagen ist das aber nicht nur fr Rollstuhlfahrer ein schwaches Argument. Auch dieser Zustand wurde angesprochen, Herrn Barkes Aussage dazu war, dass eine komplette Sanierung sowohl zeit- als kostenaufwendig wre und dass es wichtigere Dinge gbe mit denen sich das Baudezernat befassen msste. Auf Nachfrage stellte er aber auch klar, dass z.B. Restaurationsarbeiten am Hauptgebude sowohl unabhngig von der Priorittenliste des Baudezernates sind, als auch aus einem anderen Topf finanziert werden. So ist das halt, es gibt wichtigere Dinge als Toiletten. Apropos wichtigere Dinge, das bringt mich zu einem weiteren Thema, welches angesprochen wurde.

Am 16.11.2011 um 18:27 Uhr betritt der Frst der Finsternis, der Rcher der Naturwissenschaftler das HistorikA-Caf. Wie ich gerade auf den zweiten Titel komme, wird sich im Laufe dieses Artikels klren, zumindest werde ich mich bemhen, dass es darauf hinaus luft. Was fr uns alle berraschend war, war, dass Herr Barke alleine kam, ohne Rckendeckung, sodass er unsere Salven von Fragen als Solist abwehren musste. Nach einer recht frmlichen Begrung wurde unter allgemeiner Zustimmung beschlossen, den eigens fr den Besuch aufgenommenen Tagesordnungspunkt vorzuziehen und direkt mit den Fragen anzufangen. Er war verwundert, dass wir noch andere TOPs haben. Nein Herr Barke, sie sind nicht unsere Nummer Eins!

30

Avalist 38, Dez 2011

Welfengarten

Die Darstellung der philosophischen Fakultt, zum Beispiel im Imagefilm der Universitt, der auf der Website der Uni angeschaut werden kann. Es wurde seitens des Rates angefhrt, dass die Geisteswissenschaftler unterreprsentiert sind. Die Antwort darauf erklrt auch den oben bereits genannten Titel. Denn laut Herrn Barke ist Technik filmbar. Das bedeutet, dass man Naturwissenschaften einfach besser darstellen kann. Auerdem sind Geisteswissenschaften ein schwieriges Feld wie stellt man denn Geschichte dar?. Hmmpft. Wir htten ja beim Experiment der Woche teilnehmen knnen. Ich glaube den Kommentar Okay, machen wir ein Experiment der Woche wie wrs mit einer Bcherverbrennung? hat er berhrt. Vielleicht ist das besser so. Woran misst man denn auch Gre? An Drittmitteln? Oder Professuren? Meiner Meinung nach wre die Zahl der Studierenden ein Wert an dem man Gre messen knnte, das ist aber nur eine flchtige berlegung aus dem Untergrund meines Gehirns, wo alles was mit Zahlen und Formeln operieren muss. Achja! Vom Untergrund zu Underdogs, denn das ist ja das selbstgepflegte Image der Geisteswissenschaftler, das ist zumindest der Eindruck des Prsidenten. Die philosophische Fakultt ist eine Abschlussfabrik, sie schneidet schlecht im Vergleich mit anderen Universitten ab. Auerdem kostet ein Studienplatz fr einen Chemiker natrlich mehr, man braucht ja fr jeden Studierenden einen Laborplatz und Chemikalien. Moment! Wo ist denn mein Arbeitsplatz? Wie dumm von mir: ich habe keinen, deshalb koste ich auch weniger als ein Chemiestudent. Obwohl wir nicht ber die Studiengebhren reden wollten, kam das Thema trotzdem auf. Deutlich zu machen, wo die Studiengebhren jedes einzelnen bleiben ist ein Ding der Unmglichkeit. Aber die Lehrmittel sollen frei sein, dennoch mische sich das Prsidium nicht gern ein und Gelder seien schlielich auch endlich. Danach entbrannte eine Diskussion ber die neuen Raumplne (das sind diese Dinger, die in den Rumen hngen und die den Raum so wie er da ist noch einmal auf einem Farbbild abbilde) und ob diese wichtiger seien als eine Sanierung der Toiletten oder des Fahrstuhls. Auf den Fahrstuhl hat er sich brigens nicht mehr eingelassen. Er hat immer von Dchern geredet sich zu weigern Fahrsthle zu sanieren oder auszutauschen htte ja auch eine Studieneinschrnkung bedeutet. Die nchste Frage war die der Spendenbereitschaft oder auch Untersttzung von studentischem Engagement. So wurde beispielsweise ein Antrag auf Spenden fr die ErSies bei der Pressestelle gestellt, die noch nicht einmal beantwortet wurde.

Barkes Antwort war: So etwas zu verschenken sei schwierig, aber es msse mglich sein, dass der Fakulttsgeschftsfhrer ein paar Hundert Euros locker macht, um Tassen zu kaufen, um diese dann zu verteilen. Wir sollten Herrn Barricelli darauf ansprechen der Mann hat ja nicht genug zu tun. Eigentlich htten wir ihm sptestens jetzt aus der cafeigenen HU-Berlin-Tasse einen Tee anbieten mssen. Haben wir nicht. Schade. Auf die Frage, wie er uns denn helfen knne, kam keine richtige Antwort zustande. Er bestand allerdings auf der Tatsache, jede an ihn gerichtete Email persnlich zu beantworten. Gut, dass wir die Email eines Kommilitonen kennen, der Herrn Barke einmal schrieb, dass es keine Ausgabe des Gesamtwerkes von Leibniz in unserer Bibliothek gbe, wir aber mehrere Ausfhrungen von Lenins Gesamtwerk htten. Dieser Kommilitone schlug vor, die Uni in LeninUniversitt-Hannover umzubenennen. Die letzte Info lieen wir weg, als wir ihm das sagten eigentlich war das auch nur ein Test, ob er wirklich jede Email persnlich beantwortet, denn selbst ein Professor und Universittsprsident, der selbst sagt, dass er keine Ahnung von Geschichte habe, htte auf diese Email nicht: Wir werden Ihren Vorschlag berdenken geantwortet. Naja, wie sollte es anders sein? Barke tappte in die Falle. Wir lsten es nicht auf, sondern lieen seine Ausfhrung darber, wie er das Anliegen an die Bibliothek weitergeleitet htte, ber uns ergehen. Dann war es an ihm, uns Fragen zu stellen. Er fragte, ob wir denn Spa am Studium htten. Ja haben wir. Er fragte, warum wir denn keine Kredite fr die Studiengebhren aufnehmen wrden, Schulden machen sei doch ganz normal. Tobi antwortete: Kriege und Seuchen sind auch ganz normal, trotzdem sind sie nicht toll. Wohin Schulden Menschen treiben sieht man ja in den letzten Jahren. Mehr konnte Herr Barke nicht fr uns tun. Seine Zustndigkeiten lgen woanders, ihm gehre die Universitt ja nicht. Fakt ist, was anderes haben wir nicht erwartet. Aber was erwartet man eigentlich von einem Prsidenten, der andere Professoren vor externen Studenten blamiert und sich im gleichem Atemzug aber mit deren Arbeit brstet? Was erwarten wir von einem Prsidenten, der die Universitt als Unternehmen sieht, das produzieren soll und muss? Ein Mindestma an Untersttzung - und seien es blo ein paar Tassen, die wir selbst kaufen mssen, aber dann wenigstens zum Einkaufspreis.

Avalist 38, Dez 2011

31

Welfengarten

Dunkle Wolken am Horizontber die kommende Strukturreformvon Kristian KrgerNach dem Besuch des Universittsfrsten Barke im Studierendenrat Geschichte klaffte nicht nur die Lcke im Verstndnis, warum dieser Mensch sein Getrnk im Phrasenschwein bezahlte. Der grte Bruch entstand dort, wo die Grnde fr diese Zusammenkunft im Ungewissen blieben. Meiner Meinung nach ging es darum, die Studierenden gegen Fakultt und Institut aufzuspielen, und auf die vermeintliche Machtlosigkeit des Prsidiums hinzuweisen um damit dann im nchsten Schritt die Strukturreform durchzudrcken. Dass diese whrend des Gesprchs nicht erwhnt wurde, obwohl sie bereits am 21. Dezember im Senatssaal beschlossen werden soll, ist hier nur eine Funote. Diese Strukturreform ist ebenso mythenumwoben wie der Besuch des Prsidiums in allen Fachschaften und Fachrten. Sie kommt ebenso von oben und richtet sich gegen den Fderalismus in der Universitt. Primrer Gesichtspunkt der Reform ist die Strategiefhigkeit der Universitt. Zwecks dessen werden Institute (wie beispielsweise das Historische Seminar) abgeschafft, Departments gebildet, die Fcher wild durcheinander geworfen und in neuen Fakultten zwangskollektiviert. Wie das aussehen knnte, hat der Prsident whrend der Senatsklausur schon einmal an die Wand strahlen lassen, bevor er eine AG hat einsetzen lassen, die Strken und Schwchen des derzeiten Systems herausfinden soll. Ein Schelm, wer bei dieser Vorgehensweise bses denkt. Informationen gibt es nur dann, wenn der Verwaltungtorso in der eisernen Jungfrau ausgepresst wird, und selbst dann nur bruchstckhaft und verklausuliert. Da ich mich aber nicht auf das Piratenpartei- und Verschwrungstheoretikerniveau herabbegeben mchte, die ganz genau wissen wollen, was das denn fr Scheisse ist, die sie da fressen sollen, hier ein paar Fakten vorweg, mit der ausdrcklichen Bitte, sich selbst als handelnes Subjekt zu begreifen und Geschichte zu schreiben. Die Universitt wird zentralisiert, also das Prsidium rumt sich selbst mehr Kompetenzen ein. Fakultten und Institute bzw. Departments mssen Kompetenzen abgeben. Rcklagen einzelner Professuren werden auf hherer Ebene gleichgeschaltet. Interne Wettbewerbsmechanismen (beispielsweise bei Drittmitteln) werden eingefhrt. Studiengnge werden aufgelst. Im Zuge der

Verwaltungszentralisierung werden viele Menschen in der Verwaltung und technische Mitarbeiter ihren Hut nehmen mssen. Die Studierenden werden sich mit

zentralisierten Sekretariaten zufrieden geben mssen. Einzelne Fcher werden draufgehen. Forschung nach Erkenntnisinteresse oder Bildung zum Selbstzweck, wie das alles mal gedacht war, interessiert in dieser Reform nicht. Es geht alleine um Humankapital und dessen Verwertung. Strategiefhigkeit bedeutet in der kapitalistischen Verelendung eben, dass gem der Verwertbarkeit all das zerstrt wird, was so die Bilanz der Universitt bessern kann. Besonders witzig ist auch noch die Zusammenlegung von WiWi, Jura, Politikwissenschaft und Sozialwissenschaften im besten Fall wird diese Fakultt Stalinistinnen und Stalinisten produzieren. Wohlgemerkt im besten Fall. Der autokratische Geist wird seinen Impact aber vorraussichtlich Universittsweit entfalten. Lehre und Forschung werden sich nicht verbesseren, sondern weiter den Prinzipien konomischer Verwertung unterworfen. Wer damit ein Problem hat, sollte zur Senatssitzung gehen, sich vorher ein bisschen informieren, soweit das mglich ist und dort seine Meinung kundtun. Wer die Sache gut findet, kann dort natrlich auch aufmarschieren. Fr diesen Auftritt empfehle ich Pickelhauben und Preussens Gloria. Herr Barke will anscheinend nicht gegen ein Veto des Senats etwas durchsetzen, obwohl er das knnte. Wir werden sehen, ob es dieses Veto geben wird und ob er sich daran hlt. Statt alles beim Alten zu lassen, will er eine Luftballonparty.

32

Avalist 38, Dez 2011

Welfengarten

Stell dir vor, es ist Demokratie und keiner geht hin!von Demo und Vollversammlungs-Frustrationvon Lisa Dopkelich hierfr ein: Gleichheit, Fortschritt, Solidaritt, kulturelle Freiheit, Nachhaltigkeit und Entwicklung, sowie das Wohl und Glck der Menschen mssen als Prioritten einer jeden modernen Gesellschaft gelten. Das Recht auf Behausung, Arbeit, Kultur, Gesundheit, Bildung, politische Teilhabe, freie persnliche Entwicklung und Verbraucherrechte im Sinne einer gesunden und glcklichen Existenz sind unverzichtbare Wahrheiten, die unsere Gesellschaft zu befolgen hat. In ihrem momentanen Zustand sorgen unsere Regierung und das Wirtschaftssystem nicht dafr, sondern stellen sogar auf vielerlei Weise ein Hindernis fr menschlichen Fortschritt dar. Die Demokratie gehrt den Menschen, wobei die Regierung aus jedem Einzelnen von uns besteht. Dennoch hrt uns der Groteil der Politiker berhaupt nicht zu. Politiker sollten unsere Stimmen in die Institutionen bringen, die politische Teilhabe von Brgern mit Hilfe direkter Kommunikationskanle erleichtern, um der gesamten Gesellschaft den grten Nutzen zu erbringen, sie sollten sich nicht auf unsere Kosten bereichern und deswegen vorankommen, sie sollten sich nicht nur um die Herrschaft der Wirtschaftsgromchte kmmern. Die Gier nach Macht und deren Beschrnkung auf einige wenige Menschen bringt Ungleichheit, Spannung und Ungerechtigkeit mit sich, was