Blickpunkt 1-2/2012

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BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 1 AUSGABE 1-2 / MÄRZ 2012 CHF 6.80 STARKER FRANKEN WAS KMU DAGEGEN TUN KÖNNEN « DEUTSCHLAND, WIR KOMMEN! » RIVELLA-CHEF ERLAND BRÜGGER: www.blickpunktkmu.ch

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Das Wirtschaftsmagazin für KMU

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BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 1

AUSGABE 1-2 / MÄRZ 2012 CHF 6.80

STARKER FRANKENWAS KMU DAGEGEN

TUN KÖNNEN

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EDITORIAL

LIEBE LESERINLIEBER LESER

Gut sieben Jahre sind vergangen, seit Blickpunkt: KMU als Ratgebermagazin für kleine und mittlere Unternehmen aus der Taufe gehoben wurde. Sieben ereignisrei-che Jahre, in denen wir viel erleben durft en, vor allem spannende Begegnungen mit Menschen, deren Mehrzahl eines verbindet: der Drang, etwas zu bewegen. Ein sol-cher ist auch Dominique P. Hiltbrunner, der Blickpunkt: KMU vor rund einem Jahr übernahm und in seine Verlagsgruppe integrierte. Seinem Anspruch an unser Blatt verdanken wir die Neuerungen, die wir in Zusammenarbeit mit unserem publizisti-schen Berater René Lüchinger jetzt umsetzen konnten.

Treuen Lesern werden sicher Layout und Logo aufgefallen sein, welche von unserer Namensänderung und unserer neuen Ausrichtung zeugen. Als «Blickpunkt – das Wirtschaft smagazin für KMU» setzen wir verstärkt auf durch erfahrene Wirtschaft s-journalisten aufb ereitete Inhalte. So werden wir künft ig in jeder Ausgabe einem «KMU des Monats» genau auf die Finger schauen, wie es sein Geschäft smodell zum Erfolg führt. Die Rubrik «Streitgespräch» bringt zwei Personen mit scheinbar un-vereinbaren Meinungen an einen Tisch – in dieser Ausgabe sprechen Starkoch Jacky Donatz und Fitness-Fachmann Dave Dollé über die erlaubte Anzahl Rettungsringen bei Führungskräft en. Dies sind nur zwei der neuen Formate, die Sie ab sofort im Blickpunkt fi nden werden. Natürlich soll dabei der Ratgeber-Charakter nicht völlig verloren gehen: In der Rubrik «Expertenwissen» fi nden Sie weiterhin Fachartikel von ausgewiesenen Fachleuten, getreu dem Prinzip «Wissen aus der Praxis für die Praxis».

Falls Sie sich, seit Sie diese Seite aufgeschlagen haben, über das Bauarbeiter-Tenue auf dem Portrait-Foto nebenan wundern: Auch dieses gehört zu unserem Konzept, noch mehr vor Ort und damit am Puls der Wirtschaft zu sein. Für jede Ausga-be schickt man mich zu einem neuen Job, der wahlweise besonders anstrengend, schmutzig oder gefährlich ausfällt. Diesmal war es die Baustelle des Weinbergtunnels – das Ergebnis fi nden Sie auf Seite 66. All jene, die Blickpunkt mit dieser Ausgabe erstmals in Händen halten, begrüssen wir herzlich. Und allen Lesern, neuen wie altvertrauten, wünschen wir viel Freude beim Entdecken unseres überarbeiteten Konzepts. Ihre Meinung dazu ist uns jederzeit herzlich willkommen.

Ihr Tobias Wessels

KMU-Zahl des Monats

4.375Heute kaum noch vorstellbar: So

viele Franken kostete ein US-Dollar zwischen 1949 und 1973 – also im-merhin während knapp 25 Jahre.

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INHALT

KMU DES MONATS10 Rote Kisten für Deutschland Rivella erkundet neue Märkte nördlich von Rothrist. Wie

das Schweizer Traditionsunternehmen seine Exportpläne umsetzt, ist eine Offenbarung

15 Die neue Swissness

15 Check-Liste Export

16 Eine Schweizer Geschichte

17 Rivella in Zahlen

BUSINESS CASES18 Innovation als Überlebensstrategie Als die Textilindustrie in der Ostschweiz starb, musste sich

Schoeller Textiles neu erfinden. Aus der ehemaligen Kamm-garnspinnerei wurde ein Spezialist für Hightech-Textilien

21 Was KMU von Schoeller lernen können

22 Autisten machen Karriere Das so genannte Asperger-Syndrom ist eine Ausformung

von Autismus. Dass trotz dieser Krankheit Unternehmer-tum möglich ist, zeigt Susan Conza. Die Autistin betreibt eine Informatik-Firma und beschäftigt ausschliesslich Menschen mit gleichem Hintergrund

24 Behinderung und Beruf

FOKUSTHEMA26 Starker Franken – und was KMU dagegen tun können Es gibt Chancen den Währungsturbulenzen zu entfliehen:

eine Bestandsaufnahme

30 Der Schweizer Franken und die Welt

31 Konjunkturdaten für die Schweiz

33 Thomas Jordan – ein Kurzporträt

Schaut Richtung Deutschland: Rivella-CEO Erland Brügger

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4 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 5

IM GESPRÄCH 60 Essenslust und Kraft maschine Stress im Geschäft , keine Zeit zum Essen und der Druck

die Fitness zu erhalten: Jacky Donatz, der Kulinarische, und Dave Dollé, der mit den schnellen Füssen, philosophieren über die modernen Zeiten

NUTZFAHRZEUGE56 Das fast vergessene Arbeitstier57 Sechzehnmal um die Erde57 Mehr Effi zienz für Transporter

STANDARDS3 Editorial6 Impressum6 Marktplatz66 Schweissarbeit

EXPERTENWISSEN36 Global organisiert Dokumentationsvorschriften für Verrechnungs-

preise

40 Durchsetzbarkeit von Forderungen Ausländische Rechtsansprüche in der Schweiz

44 Macht, Neugier, Team Missverständnisse vermeiden und Konfl ikte klären

48 Mäzenatentum für Unternehmen Steuerrechtliche Vorteile durch Kunstförderung

52 Souverän in fremden Ländern Auch in fremden Ländern für alles gerüstet

54 Die zehn Gebote Klassische Missverständnisse in der Kommunikation

Jacky Donatz, Starkoch; Dave Dollé, Supersportler: Lust auf Rindsbraten, Lust auf Training und was der Bauchumfang mit der Psyche zu tun hat

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www.blickpunktkmu.chAusgabe: Nr. 1-2/2012Erscheinung: Monatlich, 10-mal im JahrAuf lage: 60 000 Exemplare

HerausgeberBusiness Verlags AGHallwylstrasse 71, CH-8004 ZürichTelefon 058 218 14 [email protected]

Verleger Dominique P. Hiltbrunner

Geschäftsführer Rehne Herzig

VerlagsleitungSabine Andersch

ChefredaktorTobias Wessels (tw)[email protected]

Redaktionsassistent Daniel J. Graf (dg)

Autoren dieser AusgabePatrick Aeschlimann, Birgitta Willmann, Harald Fritschi

Autoren ExpertenwissenHans Eigenmann, William Fata, Gerhard Foth, Uta Rohrschneider, Jolanda Steiner, Dr. Andreas Wiesner, Georg J. Wohl

Layout und GrafikDaniel Peyer, [email protected]

BildredaktionFabienne Schurter, [email protected]

KorrektoratBuch-Concept, Berlin

FotosSaskja Rosset (Cover), Linda Pollari

GebietsverkaufsleiterGeorges Baumgartner, [email protected] Foschi, [email protected] Schohn, d.schohn@ blickpunktkmu.ch

Abonnemente [email protected]

Publizistische BeratungLüchinger Publishing GmbH, Zürich

Einzelpreis CHF 6.80 / Jahresabo CHF 60.–Probeabonnement (3 Monate) kostenlos

Marken des Verlages: Immobilien Bauen & Woh-nen / WOMEN’S Talks / WOMEN in Business

Druck und Vertrieb: Konradin Druck GmbH

Haftungsausschluss: Der redaktionelle Inhalt stellt weder ein Angebot noch eine Aufforderung zum Abschluss einer Finanz-transaktion dar und entbindet den Leser nicht von seiner eigenen Beurteilung.

SCHWEIZER ARBEITNEHMER ÄUSSERST MOBILDie Schweiz mag ein attraktiver Arbeitsmarkt sein - dennoch würden zwei Drittel aller Schweizer Arbeitnehmer gerne im Ausland arbeiten. Bevorzugte Länder sind dabei die USA, Australien und Kanada. Viele Arbeitnehmer können sich sogar vor-stellen, mehr als fünf Jahre im Ausland zu bleiben. Umgekehrt zieht die Schweiz Menschen aus dem Ausland an: Vor allem Einwohner der direkten Nachbarländer sowie Amerikaner, Briten und Schweden würden gerne in der Schweiz arbeiten. Zu diesem Ergebnis kam die Global Talent Mobility Study von jobs.ch und «The Network», einer globalen Allianz führender Online-Stellenmärkte. Konkrete Re-sultate: 37 Prozent der Befragten Schweizer Arbeitnehmer wären jederzeit bereit für ihren Beruf ins Ausland zu ziehen. 29 Prozent könnten sich einen beruflichen Auslandaufenthalt zumindest vorstellen. Als Hauptbeweggrund wurde die Erwei-terung der beruflichen Erfahrung genannt (60 Prozent). Aber auch der Reiz, sich einer neuen Herausforderung zu stellen (43 Prozent) und andere Länder und Sitten kennenzulernen (42 Prozent) sind wichtige Beweggründe. 56 Prozent erklären sich bereit, auch innerhalb der Schweiz einen beruflichen Standortwechsel vorzuneh-men. www.globaltalentbarometer.com/jobs-ch

MARKTPLATZ

«SWISSNESS» BLEIBT ERFOLGSFAKTOR «Swissness» bleibt ein wertvolles Markenzeichen – dies zeigt eine Untersuchung, die das Institut für Marketing (IfM-HSG) und die htp St.Gallen Management-mentberatung AG am Beispiel Polen durchgeführt haben. Den Ergebnissen zufolge profitieren Schweizer Unternehmen vom ausgezeichneten Ruf: Unsere Produkte gelten in Polen als zuverlässig, hochwertig und luxuriös. Es fällt je-doch auch auf: Innovation wird in Polen - wie auch vielen anderen Ländern - nicht als die grösste Schweizer Stärke wahrgenommen. Ebenfalls interessant: In Polen ist das Bild der Schweizer Banken sogar noch besser als im Rest der Welt. Die Untersuchung wurde in Zusammenarbeit mit der Schweizer Export-förderung Osec und den polnischen Länderorganisationen der Unternehmen Stämpfli, Geberit, Logitech und Roche durchgeführt. Sie kann bezogen werden über www.ifm.unisg.ch

GRÜNES GIPFELTREFFENVom 13. bis 15. März treffen sich in Bern führen-de Exponenten der Green Economy erstmals an der Veranstaltung Cleantec City – ein Jahr nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima. Den Auftakt für diesen neuen Treffpunkt der Clean-tech Community bildet das Symposium am 13. März. Ernst Ulrich von Weizsäcker (Autor von «Faktor Fünf»), Siegfried Gerlach (CEO Siemens Schweiz), Walter Steinmann (Direktor Bun-desamt für Energie) und weitere renommier-te Keynote-Speaker präsentieren ihre Rezepte und Visionen für eine ökologische Zukunft der Schweizer Wirtschaft. Der 15. März bleibt für den «Unternehmenstag» reserviert: Er richtet sich an Spezialisten und Interessierte, darunter Führungskräfte und Techniker des Facility Managements sowie Fachpersonen für Ver- und Entsorgung, für Energie und Immobilienmanagement. Themenschwerpunkte sind laut Ankündigung die Energieerzeugung durch Unternehmen, grüne Lösungen für Logistik und Infra-struktur, aber auch der Impact der Nachhaltigkeitsdebatte auf Immobilienmana-gement und Firmenkultur. www.cleanteccity.ch

Dr. Walter Steinmann: Direktor des Bundesamts für Energie, an der Medienkonferenz zur Lancierung von Cleantech City

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Dr. Alexander Jaecklin ist Referent bei der Schweizerischen Normen-Vereinigung

Welche wesentlichen Änderungen bringt das neue Produktesicherheitsgesetz mit sich?Es ersetzt das Bundesgesetz über Sicher-heit von technischen Einrichtungen und Geräte von 1976 und regelt unter ande-rem die Pflichten des Inverkehrbringers eines Produkts, die Voraussetzungen für den Inverkehrbringer sowie die Kompe-tenzen der Aufsichtsorgane. Gegenüber seinem Vorgänger sind keine eigentlichen zusätzlichen Forderungen im Produkte-sicherheitsgesetz enthalten. Hingegen ist der Aufbau des Gesetzes und die Forde-rungen klarer und verständlicher um-schrieben.

Welche Unternehmen müssen sich da-mit auseinandersetzen?Es müssen sich alle Unternehmen, die Produkte herstellen oder in Verkehr brin-gen, mit diesem Gesetz auseinanderset-zen! Das Inverkehrbringen bezieht sich sowohl für den B-to-B als auch den B-to-C-Bereich.

Gibt es mögliche juristische Fallen, in die man stolpern könnte?Sollte ein Produkt mangelhaft sein, wer-den die vom Bund beauftragten Kontroll-behörden, beispielsweise SUVA, SVGW, bfu oder electrosuisse, vom Inverkehrbrin-ger die Sicherheitsnachweise einfordern. Dies betrifft insbesondere die Nachweise für die Gefahrenerkennung, die Gefah-renabwehr, die Rückverfolgung und die Produktüberwachung während der gan-zen Gebrauchsdauer. Die Forderungen des Produktesicherheitsgesetz bedeuten, dass Unternehmen ein Produkt-Risikomanage-ment vorweisen müssen. Die Übergangs-frist zur Einhaltung dieser Forderungen ist am 31.12.2011 abgelaufen. >>

NEUES PRODUKTESICHERHEITSGESETZSeit Anfang Jahr gilt das neue Produktesicherheitsgesetz, das sich nicht nur auf technische Geräte, sondern auf Produkte beinahe aller Art erstreckt. Da das Gesetz Europa-kompatibel gestaltet wurde, soll es den grenzüberschreitenden Warenver-kehr erleichtern. Wer sich weshalb mit diesem Gesetz beschäftigen sollte, erfahren Sie in nebenstehendem Kurz-Interview.

MARKTPLATZ

BUND MIT KMU-FORUM ZUFRIEDENDas Seco blickt zufrieden auf die Tätigkeit des KMU-Forums in den Jahren 2008 bis 2011 zurück. Ende Januar vermeldete das Staatssekretariat für Wirtschaft, dass das Forum massgeblich zur administrativen Entlastung beigetragen habe, die ei-nem Gegenwert von mehreren hundert Millionen Schweizer Franken entsprechen. Das KMU-Forum ist eine Kommission von ausserparlamentarischen Expertinnen und Experten, die 1998 ins Leben gerufen wurde. Seine Mitglieder sind mehrheit-lich Unternehmerinnen und Unternehmer. Im Rahmen von Vernehmlassungen auf Bundesebene prüft das Forum Gesetzes- und Verordnungsentwürfe, die Aus-wirkungen auf die Wirtschaft haben, und gibt eine Stellungnahme aus der Sicht der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ab. Die Kommission befasst sich ausserdem mit spezifischen Bereichen der bestehenden Regulierung und schlägt gegebenenfalls Vereinfachungen oder Alternativen vor. In der Amtsperiode 2008 bis 2011 hat das Forum laut Seco zu 21 Rechtsetzungsvorlagen Stellung genommen und dabei 102 Empfehlungen zur Verminderung der administrativen Belastung und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für KMU formuliert. Eine detaillier-te Analyse der Ergebnisse habe demnach gezeigt, dass immer zumindest einzelne Empfehlungen berücksichtigt wurden.

SO WERBEN SCHWEIZER UNTERNEHMENEine aktuelle GfK-Studie zeigt: Print-Werbung steht bei Schweizer Unter-nehmen weiterhin hoch im Kurs. Im Vergleich dazu werden alternative Werbeformen wie Social Media oder Empfehlungsmarketing noch verhält-nismässig wenig genutzt, sie dürften in den nächsten Jahren aber an Be-deutung zulegen. Die von der Zürcher Werbeagentur webguerillas in Auftrag gegebene Studie enthüllt auch, dass bereits jedes dritte Unternehmen Wer-bung über soziale Netzwerke wenigs-tens in den Werbemix aufgenommen hat. Während Empfehlungsmarketing noch von einem Viertel der befragten Marketingverantwortlichen eingesetzt wird, hat nur noch jeder zehnte bereits Erfahrungen mit Guerilla-Marketing oder viralen Konzepten gesammelt. Neuere Disziplinen, zum Beispiel App-Marketing oder Ideenfindungs-projekte (Crowdsourcing), haben sich demnach noch nicht durchgesetzt.

IMPRESSUMPFLICHT NEU GEREGELTAm 1. April treten die im vergangenen Oktober durch den Bundesrat beschlos-senen Änderungen betreffend des Bun-degesetzes gegen den unlauteren Wett-bewerb in Kraft. Unter anderem wird damit eine generelle Impressumspflicht im elektronischen Geschäftsverkehr eingeführt. Somit müssen alle Websites, über die Waren, Werke oder Leistun-gen in der Schweiz angeboten werden, zwingend über ein Impressum verfügen. Dies beinhaltet den Firmennamen, den Namen und Vornamen des Verantwort-lichen, die Postadresse sowie eine Mail-Adresse. Experten raten aus Transpa-renzgründen darüber hinaus, auch die Mehrwertsteuernummer anzugeben und allenfalls auf den eigenen Handels-registereintrag zu verweisen. Während Deutschland diese Regelung schon län-ger kennt, stellt sie für die Schweiz ein Novum dar – eine Überprüfung der eigenen Website bezüglich des Impres-sums kann also nur empfohlen werden.

DREI FRAGEN AN: DR. ALEXANDER JAECKLIN

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ROTE KISTEN FÜR DEUTSCHLAND

Rivella erkundet neue Märkte nördlich von Rothrist. Wie das Schweizer Traditionsunternehmen seine Exportpläne umsetzt,

ist eine Offenbarung – wie die Marke selbst.

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KMU DES MONATS • RIVELLA

Expansionswillig: Rivella-CEO Erland Brügger

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Autor: Tobias Wessels, Fotos: Saskja Rosset

Rothrist im Aargau. Industriegebiet. Rote Kisten. Meterhoch gestapelt Richtung Himmel. Darauf ein Schriftzug, den hierzulande jedes Kind kennt:

Rivella. Das Nationalgetränk der Schweiz. Jetzt soll es aus dem beschaulichen Rothrist nicht gerade die Welt, aber zu-mindest einmal den deutschen Markt erobern. So will das jedenfalls Erland Brügger, seit knapp einem Jahr neuer ope-rativer Chef im Hause Rivella – erst der vierte notabene, seit der legendäre Firmengründer Robert Barth das Fami-lienunternehmen vor nunmehr sechs Jahrzehnten aus der Taufe gehoben hatte. Soviel Bodenständigkeit muss sein in Rothrist – aber eben, nun soll das Schweizer Erfrischungs-getränk verstärkt auch im Ausland den Durst löschen.

Erland Brügger, der dies bewerkstelligen soll, ist ein ver-bindlicher Typ, der den Blickkontakt zu seinem Gegenüber sucht. Ein Mann, grossgewachsen und so vertrauenswürdig wie das Getränk, welches er herstellt. So weit, so gut, Herr Brügger, wie aber kann ein mittleres Schweizer KMU mit 270 Beschäftigten und 140 Millionen Franken Umsatz in den beinharten deutschen Getränkemarkt eindringen? Wie soll in den Köpfen der Konsumenten nördlich des Rheins die noch so schön klingende Marke Rivella verankert wer-den, wo doch nur etwas mehr als ein Fünftel des Gesamt-ausstosses, etwas über 20 Millionen Liter also, ausserhalb der Schweizer Landesgrenzen verkauft werden? Woher sollen die für eine Exportoffensive notwendigen Marke-tinggelder, woher die Investitionen in die Verkaufspunkte generiert werden? Fragen, die sich jedes expansionswillige KMU nicht nur aus dem Konsumgüterbereich stellen muss.

Fragen auch, die den CEO keineswegs in Unruhe versetzen. Er weiss um die DNA seiner Marke: Als das Wirtschafts-magazin Bilanz im Jahre 2005 erstmals die 50 wertvollsten Marken der Schweiz kürte, schaffte es das KMU Rivella un-ter all den milliardenschweren Multis im Land, von ABB bis Zürich Versicherungen, auf Anhieb auf den beachtli-chen 41. Rang. Werthaltigkeit, gepaart mit Bekanntheit im Heimmarkt, lautet die erste Erkenntnis, hilft auch im Export in die Fremde. Doch dort, in fremden Märkten, so lautet die zweite Erkenntnis, herrschen andere, für den Ein-dringling mitunter eben ganz ungewohnte Marktgesetze. Daraus ergeben sich für den Marketingprofi zwei Schluss-folgerungen: 1. Erfolgreiche Rezepte aus dem Heimmarkt lassen sich nicht einfach so ins Ausland übertragen. >>

Der Marketingprofi weiss: Erfolg- reiche Rezepte aus dem Heimmarkt lassen

sich nicht einfach so ins Ausland übertragen

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2. Kann der Konsument im Ausland aber mit gewachsenen und positiven Produkte- und Marken-Assoziationen aus dem Heimmarkt bestäubt werden, ist dies bei jeder Expor-taktivität unbedingt auszuspielen. Im Falle von Rivella las-sen sich diese beiden Erkenntnisse durchaus verbinden. Den Bekanntheitsgrad der Marke in der Schweiz kann Ri-vella in Deutschland nicht haben, ist sich Brügger bewusst, es braucht enorm viel Zeit, einen Brand in den Köpfen der Konsumenten zu verankern. Ein Transfer könne jedoch über Ferienerinnerungen deutscher Touristen in der Schweiz, über die universalen Werte des Herkunftslandes, die sich in Rivella widerspiegeln, hergestellt werden – Qualität und Natürlichkeit des Produktes und Vertrauenswürdigkeit des Produzenten etwa. Dies ist ein erster Humus, auf dem der

Export Erfolg verspricht. Dann braucht es zumindest im Konsumgütergeschäft Kon-sumentenwerbung. Wirksame und erschwingliche. Als Botschafter für die Swissness fungierte über Jahre der in Deutschland bekannte Schweizer Komiker Emil Steinber-ger, den Rivella unter anderem für TV-Spots engagiert hat-te. Inzwischen wirbt in Deutschland ein Deutscher für das Schweizer Rivella: Michael Mittermeier, Komiker auch er und vor allem bekennender Schweiz-Fan, eine Landliebe, die Mittermeier in seinen Comedy-Programmen immer wieder auslebt. «Ziel der Kampagne ist es, die gestützte und unge-stützte Bekanntheit zu fördern», sagt Erland Brügger, «in der Schweiz setzen wir stärker auf konkrete Inhalte.» Unverges-sen ist etwa der Slogan: «Welche Farbe hat Dein Durst?» Soll eine Expansion Erfolg haben, sind gezielte, auf den anvisier-ten Exportmarkt abgestimmte Werbeaktivitäten denn auch zwingend notwendig, und dabei ist es meist nicht >>

1. Ein eigenständiges Qualitätsprodukt2. Positive Markenassoziationen, die sich ins Ausland

transferieren lassen3. Kenntnisse des Exportmarktes und darauf abgestimmte

Werbeaktivitäten4. Selektiver und damit Kosten sparender Markteintritt5. Vertrauenswürdiger Vertriebspartner, bei anhaltendem

Erfolg eigene Niederlassung im Ausland

Check-List Export: Worauf es ankommt

Soll die Expansion Erfolg haben, ist gezielte, auf den Markt abgestimmte Werbung zwingend

Prädikat: Schweizerisch

Die «Marke Schweiz» stellt ohne Zwei-fel eine Erfolgsstory dar: Laut Zahlen des Eidgenössischen Instituts für geistiges Eigentum hat sich die Zahl der Marken, die «Schweiz», «Swiss» oder ähnliche Zusätze enthalten, in den Jahren zwischen April 2000 und April 2010 mehr als vervierfacht. Um vor diesem Hintergrund einer Verwäs-serung vorzubeugen, lancierte des Bundesrat bereits im Jahr 2009 das Gesetzgebungsprojekt «Swissness» – über welches voraussichtlich am 15. März während des Frühlingssession des Parlaments abgestimmt wird.Im Kern zielt die Vorlage darauf ab, die Herkunftsbezeichnung «Schweiz» sowie die Verwendung des Schwei-zerkreuzes besser zu schützen und einheitlich zu regeln. Bei industriellen Produkten etwa müssten 60 Prozent der Herstellungs-kosten in der Schweiz anfallen, um das Prädikat «Made in Switzerland» zu erlangen. Bei den so genannten schwach verarbeiteten Naturproduk-ten müssten 80 Prozent der in der Schweiz verfügbaren Rohstoffe auch aus der Schweiz stammen, bei den schwach verarbeiteten Naturproduk-ten 60 Prozent. Um für eine Dienstleis-tung die Marke Schweiz beanspruchen zu können, müsste gemäss Vorlage das erbringende Unternehmen seinen Sitz und ein tatsächliches Verwaltungszen-trum in der Schweiz haben.Im gleichen Zug soll es zu einer Total-revision des Bundesgesetzes über den Schutz öffentlicher Wappen und ande-rer öffentlicher Zeichen kommen. Dies würde es erlauben, das Schweizerkreuz auf allen Produkten als Werbeträger zu verwenden, die die Anforderungen der Swissness-Vorlage erfüllen. Dies ist bisher nur für Dienstleistungen gestattet. Grundsätzlich nicht erlaubt bliebe die Verwendung des Schweizer Wappens – das Schweizerkreuz in einem dreieckigen Schild, das bis auf wenige Ausnahmefälle der Eidgenos-senschaft vorbehalten bleibt.Nicht vorgesehen ist eine Bewilligung oder Registrierung – betroffene Un-ternehmen sind selbst dafür verant-wortlich, die Eignung ihrer Produkte hinsichtlich des Prädikats «Made in Switzerland» zu prüfen.

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1951 gründet Jungunternehmer Robert Barth sein «Milkin-Insti-tut Robert R. Barth» – doch die Geschichte von Rivella beginnt eigentlich schon zwei Jahre früher, als Bruder Jean Barth zu einem längeren Aufenthalt in den USA aufbricht. Sein Ziel: für Schweizer Unternehmen, die seine Reise sponsern, neue Ge-schäftsmöglichkeiten im Land der unbegrenzten Möglichkeiten eröffnen. Mit auf den Weg nimmt Jean Barth das Rezept für ein «Molkebier» aus dem Nachlass eines Milchbiologen in Zug.

Getränk aus MilchserumAls er dieses Rezept 1951 wieder mit in die Schweiz bringt, da er in den USA nicht auf die erhoffte Akzeptanz gestossen ist, schlägt die Stunde von Robert Barth: Der kurz vor dem Abschluss stehenden Jurastudent kauft die Rechte an der Formel und beginnt damit zu expe-rimentieren. Zur Seite steht ihm dabei Hans Süsli vom milchtechnischen Institut der ETH, der aus Milchserum, Wasser, Zucker, Frucht- und Kräuteressenzen das Getränk erschafft, welches wir heute als Rivella Rot kennen.

Barth gründet mit 200’000 Franken Startkapital aus ei-ner Erbschaft sein Unternehmen, kauft Occasionsmaschi-nen und beginnt im Jahr 1952 mit 14 Mitarbeitern in einer ehemaligen Weinhandlung in Stäfa die Produktion. Zwei Jahre später zieht man als Rivella International AG ins ver-

kehrsgünstig gelegene Rothrist, der neu gefundene Name beruht auf dem italienischen Wort für Offenbarung: Rive-lazione.

Partnerschaft mit der Ski-NatiExportiert wird Rivella erstmals 1957 nach Holland, das auch immer der stärkste Auslandsmarkt bleibt. Dort kommt ein Jahr später auf Anregen der holländischen Diabetikergesellschaft Rivella Blau auf den Markt, das 1959 auch in der Schweiz eingeführt wird. Als neue Pro-dukte folgen unter anderen Passaia (1964), Rivella Grün (1999) und Rivella Gelb (2008), welches Ende 2011 in der Schweiz wieder eingestellt wird. Darüber hinaus kommt es 1983 zur Übernahme der Fruchtsaftmarke Michel.

Die langjährige Werbepartnerschaft mit der Schweizeri-schen Ski-Nationalmannschaft beginnt 1977, welches das Engagement in der Jugendsport- und Nachwuchsförderung widerspiegelt. Im gleichen Jahr übernimmt Dr. Robert Barth auch das Präsidium der Stiftung Schweizer Sporthilfe.

Der Firmengründer übergibt sein Amt als Verwaltungs-ratspräsident im Jahr 2000 an seinen ältesten Sohn Alex-ander. Dr. Robert Barth stirbt am 29. März 2007 im Alter von 85 Jahren. Das Unternehmen bleibt weiterhin in Familien-besitz.

Rivella: eine schöne Geschichte

ratsam, Werbekampagnen aus dem Heimmarkt unüberlegt ins Ausland zu transferieren. Ein qualitativ hochstehendes Produkt, eine bekannte Marke fördern zweifellos den Ab-satz im Export. Irgendwann aber stellt sich für jedes KMU die entscheidende, weil kostenintensive Frage: Lohnt sich ein eigener Vertrieb, eine eigene Niederlassung im Ausland? Eine Frage, die auch den Rivella-Chef umtreibt. Derzeit ar-beitet Rivella noch mit einem Vertriebspartner zusammen, der Überkingen-Teinach AG; für Vermarktung und Verkauf existiert ein eigenes Team. «Ab 20 bis 30 Millionen Euro Umsatz», weiss Brügger aus Erfahrung, «beginnt sich ein eigener Vertrieb zu rechnen.» Eine Marke freilich, welche Rivella in Deutschland noch nicht geknackt hat.

Dennoch steht das Thema zur Diskussion, da es aus stra-tegischen Gründen schon wesentlich früher aktuell werden könnte. «Ich halte es für vermessen zu glauben, dass wir von Rothrist aus sagen können, wie Deutschland tickt. Das gilt für alle Auslandsmärkte: Irgendwann braucht es Menschen vor Ort, Augen und Ohren, die wahrnehmen, wie der Markt funktioniert.»

Dies gestaltet sich ausgerechnet in Deutschland nicht ganz einfach. Die Märkte sind fragmentiert, es existieren grosse re-gionale Unterschiede. Konsumenten in Norddeutschland sind gegenüber Ungewohntem eher aufgeschlossen und schneller

geneigt, neue Produkte auszuprobieren. Im Süden, vor allem in Bayern, ist die Identifi kation mit der eigenen Kultur stärker und entsprechend höher die Eintrittsschwelle. Diese spezifi sch deutsche Topographie der Kundenbefi ndlichkeit wie auch die Grösse des Landes, lässt den Rivella-Chef bei der Marktexpan-sion einen klassisch-selektiven Weg beschreiten. Rivella bear-beitet zunächst lediglich vier Kerngebiete: Baden-Württemberg als Kaufk raft starkes Bundesland, Bayern mit Schwerpunkt München, sowie die Ballungsräume Hamburg und Berlin. Ein solches Vorgehen hilft Kosten sparen und zwingt zur Konzen-tration der Kräft e – ein Axiom für jedes exportwillige KMU.

Und der tiefe Euro-Kurs? Spricht dieser gegen eine forcierte Exportstrategie? Grundsätzlich gilt: Eine solche muss langfris-tig und unabhängig von temporären Währungsschwankun-gen implementiert werden. Erland Brügger giesst seine Ant-wort in wohlüberlegte Sätze. Solchen wie diesem: «Das Th ema lässt sich einfach zusammenfassen. Auf der Ausgabenseite ist ein tiefer Euro-Kurs sehr spannend, auf der Einnahmenseite deutlich weniger.» Oder diesem: «Natürlich ist ein Kurs von 1.20 Franken weit jenseits dessen, was man sich wünscht; 1.35 bis 1.40 wären realistisch, doch die aktuelle Situation lässt sich auch als Auff orderung verstehen, die eigenen Struktu-ren und Kosten kritisch zu überdenken.» Multinational täti-ge Konkurrenten mit entsprechender Erfahrung mit globalen

KMU DES MONATS • RIVELLA

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16 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 17

Gegründet 1952Beschäftigte (Vollzeit) 264Davon Lehrlinge 17Umsatz in Mio (CHF) 139.8Produktion in Litern (Inland) 83.8Produktion in Litern (Ausland) 19.5

Rivella in Zahlen

Währungsschwankungen sind dabei sicherlich im Vorteil und haben auch andere Werkzeuge zur Hand, diese abzufedern. Ein Fakt ist dies, keine Entschuldigung für allfälligen Misserfolg im Export. Für Erland Brügger ist ein anderer Zusammenhang ohnehin weit bedeutender: «Als schweizerisches Familienun-ternehmen, welches Arbeitsplätze in Rothrist erhalten will, müssen wir ständig nach Optionen suchen, wettbewerbsfähig zu bleiben.»

Mit dieser Haltung hat Firmengründer Dr. Robert Barth sein Unternehmen in der Schweiz verankert und diesem mit Rivella einen optimistischen Namen gegeben – er stammt vom italienischen rivelazione ab, was soviel heisst wie «Off enba-rung». Ein gutes Omen ist dies auch für den Export.

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18 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

BUSINESS CASE • SCHOELLER

TEXTILIEN DER ZUKUNFT

Hightech Kleidung auf höchstem Niveau: Die Produkte aus dem Hause Schoeller im St.Gallischen Sevelen setzen Massstäbe in der Branche. Dank kompromisslosem Glauben an die eigene Innovationskraft und steter

Investition in die Forschung kann sich das Unternehmen in einem internationalen Umfeld halten.

Therapeutisch einsetzbar: Textilien von Schoeller

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18 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 19

Autorin: Birgitta Willmann

Hans Jürgen Hübner sagt: «Fassen sie es ruhig an!» – und heizt zwei schwarzen Stoffbah-

nen, die nebeneinander an der Wand hängen, mit einer Infrarotlampe tüchtig ein. Während bei einer die Oberflächen-temperatur bei 44 Grad stehen bleibt, erhitzt sich die andere Stoffbahn immer weiter. Bei 65 Grad hört Hübner auf zu messen. Dann zeigt der CEO der Scho-eller Textil im St. Gallischen Sevelen auf den «kälteren» Stoff, der mit dem Druck «Coldblack» gebrandet ist. «Der hat jetzt in etwa die Temperatur, die ein weis-ser Stoff bei derselben Hitzebestrahlung aufweisen würde», erläutert er in über-

zeugtem Ton. Der Chef weiss, dass er eine besondere Textilie in der Hand hält. Bei Schoeller Textil ist dies nichts Unge-wöhnliches. Das Unternehmen hat sich auf die Entwicklung und Herstellung von Hightech-Funktionsgeweben spezialisiert und wirft in schöner Regelmässigkeit aufsehenerregende Innovationen auf den Markt, die in ebenso schöner Regelmäs-sigkeit prämiert werden.

Der jüngste Wurf: iLoad. Die Idee da-hinter ist alt, schon viele haben versucht, textile Fasern zugleich als Trägermateria-lien für bestimmte Substanzen zu nutzen. Etwa, um dadurch ein Kleidungsstück therapeutisch einsetzen zu können – ge-wissermassen als gesundes Textil. Schoel-ler hat 2011 mit iLoad nach siebenjähri-ger Forschungszeit ein Produkt auf den Markt gebracht, mit dem sich auf jedem beliebigen Gewebe eine so genannte «Donor»-Schicht auftragen lässt, in der Wirkstoffe eingelagert werden können. Diese werden beim Tragen des Textils an die Haut abgegeben. Ist die Trägerschicht «entleert», kann das Kleidungsstück ganz normal gewaschen und wieder «aufgela-den» werden. Für diese Innovation wurde

Schoeller Textil im November 2011 mit dem Swiss Technology Award 2011 aus-gezeichnet.

Natürlich ist Hans Jürgen Hübner stolz auf die vielen Auszeichnungen, mit denen die Innovationen prämiert wurden, nicht weniger als 25 waren es in den letzten zehn Jahren. Aber im Grunde gehört es inzwischen ganz einfach zur Überlebens-strategie des Unternehmens, dass das, was die Tüftler aus dem Hause Schoeller hervorbringen, neue Massstäbe setzt, ja setzen muss. So wurden allein 2011 ne-ben «iLoad» noch zwei weitere Produkte ausgezeichnet: Das extrem abrieb- und reissfeste Keprotec-Gewebe für Koffer der Marke Rimowa erhielt auf der Frank-furter Material Vision einen Design Plus Award. Und die Energear-Technologie, die dafür sorgt, dass vom Körper abge-strahlte Energie zurückgeführt wird, ge-wann die Silber-Auszeichnung des De-sign Centers Stuttgart.

«Wir sind Innovationsleader in unse-rer Branche», sagt auch Schoeller-Inha-ber Franz Albers. Zusammen mit Vin-cent Albers lenkt er die Geschicke der Albers Gruppe «Albers & Co.», die ne-ben dem Textilgeschäft auch eine Immo-biliengesellschaft führt. Die Wurzeln des Unternehmens liegen bei Rudolph Scho-eller, der 1867 die Schoeller & Söhne AG, eine Kammgarnspinnerei in Zürich, gegründet hatte. Dass dieser einst be-deutende Industriezweig in der Schweiz heute fast vollständig verschwunden ist, hängt mit der Konkurrenz aus Asi-en zusammen. Diese produzierte zu ei-nem Bruchteil der hierzulande üblichen Preise und zwang die ansässige Industrie grossflächig in die Knie. Auch Schoeller bekam diesen Einbruch empfindlich zu spüren, zu Beginn der 90er Jahre brach das Spinnereigeschäft ein. Der Umsatz schrumpfte von 80 Millionen auf 6 Mil-lionen Franken.

Die Situation war dramatisch. «Wir sagten uns – wir fangen neu an», sagt Hübner. Das Unternehmen sah, dass die Reise in Richtung Technologie gehen musste. «Früher», sagt Hübner, «kamen die Innovationen immer vom Garn, es gab neue Fasern wie etwa das elastische Lyc-ra oder die Microfasern.» Aber auch >>

Hightech-Funktionsgewebe: Schoeller Textil in Sevelen/SG

Die Firma istInnovationsleader in

ihrer Branche

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20 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

diese Innovationsschübe wurden selte- ner. Also dachten sich die Verantwort-lichen: «Wenn von der Vorstufe nichts kommt, dann müssen wir selber etwas machen.» Das war der Beginn einer radi-kalen Umstrukturierung. «Für uns», sagt Franz Albers, «war das der einzig gang-bare Weg.» Einer, der mit Bauchschmer-

zen verbunden war. «Es sagt sich leicht», meint er rückblickend, «aber dann muss man es eben erst einmal tun.»

Die Bremse wurde gezogen, ein Spin-nereibetrieb in Derendingen geschlossen und die Ausrüsterei in Sevelen konzent-riert. Es bedurfte wohl einiger Diskussio-nen – aber letztlich entschied sich die Ge-schäftsleitung, den Standort Sevelen und die Arbeitsplätze in der Schweiz zu behal-ten. Ein wesentlicher Grund für diesen Entscheid waren die guten Verbindungen in die Forschungsabteilungen der ETH, zur EMPA, zur Technischen Hochschule in Bern oder etwa zur Universität Lau-sanne. «Die wollten wir nicht aufgeben», sagt Hübner. Dazu kam: Die Schoeller-Geschichte ist eine schweizerische – also blieben sie.

Heute steht das Unternehmen für Hightech-Textilien im Premium-Bereich und natürlich für Swiss Quality. Zwar heisst die Textilveredelungsabteilung von Schoeller noch immer Schoeller Textil, aber die einstige Schoeller & Co. wurde 1994 in Albers & Co. umbenannt. Seither hat sich viel verändert, es wurde um- und

ausgebaut, die Geschäftszweige der sich rasch wandelnden Textilindustrie ange-passt. So trennte man sich 1996 vom Si-salgeschäft und 2009 vom Garngeschäft. «Wir sahen unsere Zukunft in Innovation und Spezifizierung», sagt Franz Albers.

Hans Jürgen Hübner, der seit 47 Jahren bei Schoeller arbeitet und seit 1994 die

Geschicke der Firma als CEO lenkt, ist zweifelsohne die Kraft hinter diesem In-novationsmotor, der das Unternehmen zu einem hochspezialisierten Nischenplayer mit globalem Potenzial gemacht hat. Der Textilingenieur brennt für die Forschung. «Mein Hobby», sagt er. Seine Begeiste-rung ist elektrisierend. Und er weiss, dass der radikale Turnaround ohne den Glau-ben und das Vertrauen der Familie Albers

nicht möglich gewesen wäre. Ein «Hara-kiri» wäre ein solcher Schritt ohne die finanzielle Potenz einer Inhaberfamilie. Ganz ohne finanzielles Sicherheitsnetz kann sich ein Unternehmen dieser Grös-se eine derartige Strategieänderung kaum leisten. Im Fall von Schoeller aber gab es

dank dieser konsequenten Haltung ein Happy End. Heute, nach mehr als zehn Jahren, sind die Umsätze wieder auf dem alten Stand. Technologien aus dem Hause Schoeller haben die Weltmärkte erobert. Massgeblich zum Erfolg beigetragen hat auch die Tatsache, dass Sport- und Ar-beitsbekleidung mehr und mehr zu ei-

nem globalen Trend geworden sind.Atmungsaktiv, schmutzabweisend,

fleckenresistent, reiss- und abriebfest, geruchsneutral – Schoeller Technolo-gien machen aus normalen Geweben funktionelle Kleidung. Fast rund um die Uhr wird sowohl im hauseigenen Schoeller Research Labor in Gams als auch in Sevelen geforscht. Chemiker und Textilingenieure tüfteln heute an den Technologien von morgen. Wie sehr das Unternehmen auf die Forschungsar-beit setzt, zeigt der prozentuale Anteil an Mitarbeitern im Bereich Forschung, Ent-wicklung und Design, sie stellen mehr als 15 Prozent der 180 in Sevelen statio-nierten Angestellten.

Die Produkte tragen technische Na-men: Einer der ersten grossen Erfolge aus dem Entwicklungslabor ist schoeller-keprotec, Gewebe mit hochfesten Ara-midfasern, die für höchste Strapazierfä-higkeit sowie Temperaturbeständigkeit stehen. Sie werden im Motorradsport und als Arbeitsbekleidung eingesetzt. Dann ging es Schlag auf Schlag: Ein mit 3XDRY behandeltes Textil etwa ist von

Swiss Quality: Hightech-Textilien im Premium-Bereich

Bei Schoeller ist Innovation Teil des

Marketings

BUSINESS CASE • SCHOELLER

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20 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 21

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Wie aber schafft es ein Unternehmen in der Grösse eines KMU, auf dem Welt-markt in vorderster Reihe mitzuspielen? Hans Jürgen Hübner lächelt milde. «Bei uns», sagt er, «ist Innovation Teil des Marketings.» Wie er das meint? Das Re-zept ist einfach wie einleuchtend: «Wenn wir den Kampf gegen die asiatische Kon-kurrenz nicht gewinnen können, koope-rieren wir mit denen». Zum Beispiel in Hongkong oder im taiwanesischen Tai-pei, wo Schoeller Joint-Ventures mit ein-

heimischen Unternehmen eingegangen ist: «Sie haben die Produktionsstätten, wir die Technologie.» Seit 2005 werden unter dem Namen Schoeller Technolo-gies AG auch Lizenzen für von Schoeller entwickelte Technologien vergeben.

Joint-Ventures mit Chemiefirmen wie der Basler Clariant ermöglicht Schoeller zudem den Einstig ins Big Business. «Wir liefern die Patente und das Marketing», meint der CEO, «sie die Produktion und die Einführung am Markt.» Auf diese Weise haben Techno-logien wie Coldblack oder Nanosphere längst Eingang auf der Clariant-Web-site gefunden. Eine Win-Win-Situa-tion, die Schoeller hilft, kostspielige Entwicklungen überhaupt finanzieren zu können.

Dennoch: «Unser Business ist ein steter Kampf», sagt Inhaber Franz Al-bers. Unter anderem, weil die Innovati-onen des Unternehmens stets nach kur-zer Zeit Opfer von Raubkopien werden. Die vielleicht positive Kehrseite ist: Der Druck auf die stete Innovationsfähig-keit wird nicht geringer. Die Folge: Die Kadenz an Neuheiten nimmt stetig zu. Gerade erst hat Schoeller den medizi-nischen Sektor entdeckt – ein weites Feld, dem die Zukunft gehört. ILoad, das Gewebe, das Medikamente an die Haut abgeben kann, ist da nur ein ers-ter Schritt.

Hübner lässt eine Schaufensterpuppe bringen, die nur mit Unterwäsche be-kleidet ist. Das Panty sieht an der Puppe ziemlich sexy aus. Jetzt strahlt der CEO: «Sehen Sie, das ist es, was ich meine. Die

hier gezeigte Wäsche sieht zwar ganz normal aus – ist es aber nicht. Denn es ist Spezialwäsche für inkontinente Men-schen die einerseits völlig dicht ist, ande-rerseits aber auch saugfähig und geruch-bindend.» Ein Geschenk des Himmels für jeden, der Probleme mit der Blase hat.

Was Kleidung in Zukunft so alles mög-lich machen wird: Die Chancen, dass die Entwickler in den Schoeller-Labors wohl immer wieder fündig werden, ist gross. Inhaber Franz Albers jedenfalls ist davon überzeugt, dass das Unternehmen weiter-hin prosperieren kann: «Wir werden ganz sicher diesen Weg in aller Konsequenz weitergehen.»

Was ein KMU von Schoeller lernen kann

Sieben Erkenntnisse:1. Technologiewandel in Ihrer Branche

genau beobachten.2. Wenn dieser sich vom angestamm-

ten Geschäft wegentwickelt, Mass-nahmen ins Auge fassen.

3. Radikale Schritte nicht scheuen – etwa die Aufgabe historisch ge-wachsener Unternehmensbereiche.

4. Nischen mit hoher Wertschöpfung suchen.

5. Innovation fördern.6. Finanzen für einen Neuanfang be-

reitstellen – notfalls mit Partnern.7. Märke im Ausland anpeilen und die

Risiken über Partner abfedern.

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22 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

Autor: Patrick Aeschlimann

Einsam, ausgeschlossen, gefangen in einer inneren Zwangswelt und unfähig, ein eigenständiges Leben

zu führen. So stellt man sich, geprägt durch zahlreiche Darstellungen in Film und Fernsehen, einen Autisten vor. Bis man Susan Conza trifft . Die 39-jährige ist nicht nur Geschäft sführerin, Ehefrau und Mutter, sondern lebt auch mit dem Asperger-Syndrom, einer Störung inner-halb des Autismusspektrums, die vor al-lem durch Schwächen in den Bereichen der sozialen Interaktion und Kommu-

nikation und eingeschränkten und ste-reotypen Aktivitäten und Interessen ge-kennzeichnet ist.

Erst seit einigen Jahren hat Susan Con-za einen Namen für ihre Andersartig-keit, die man im persönlichen Gespräch kaum bemerkt. «Die Diagnose Asperger-Syndrom erhielt ich erst mit 32. Es war eine Erleichterung. Endlich konnte ich

mein Anderssein benennen und mich selbst verstehen lernen», sagt Conza. In der Schule war sie schlecht, wurde als verhaltensgestört abgetan – trotz eines IQs von 130, wie sich später herausstellte. Als Susan Conza nach ihrer Heirat einen Computer installierte, öff nete sich eine neue Welt: «Die Informatik fasziniert mich wegen ihres logisch-analytischen Aufb aus. Die meisten Asperger-Autisten haben ein Spezialinteresse, meines ist glücklicherweise in der Wirtschaft sehr gefragt.» Innert sechs Jahren machte

sie den eidgenös-sischen Fachaus-weis Informatik und liess sich zur Wirtschaftsinfor-matikerin ausbil-den. «Dank der geringen Präsenz-zeit konnte ich viel von zuhause,

nach meinem klar strukturierten Tage-sablauf lernen», sagt Conza. Während zehn Jahren baute sie den Schweizer In-ternet Service Provider Cyberlink mit auf und war dort als Geschäft sführerin tätig. Eine Führungsposition zu übernehmen brachte sie jedoch an die Grenze des Machbaren: «Es ist für einen Menschen mit Asperger fast unmöglich, eine Sit-

BUSINESS CASE • ASPERGER INFORMATIK

BUSINESSFRAU MIT AUTISMUS

Trotz Asperger-Syndrom ist Susan Conza Gründerin und Geschäfts-führerin einer Informatikfi rma, die aus der angeblichen Behinderung

ein Markenzeichen macht. Ein Beispiel, das Schule machen könnte, denn berufl iche Integration scheitert oft an den Rahmenbedingungen.

zung zu leiten. Kommunikationspsy-chologie und Fingerspitzengefühl fehl-ten mir gänzlich.» Sie versuchte sich als Unternehmensberaterin, doch hier wur-de alles noch schlimmer. «Autisten sind sehr stur», weiss Susan Conza, «wenn ein Kunde meine Lösungsvorschläge ver-warf, konnte ich das nicht akzeptieren, denn ich wusste genau, dass ich Recht hatte.» Einen Ausweg sah sie nur in der Selbständigkeit. Susan Conza beschloss, sich den Arbeitsplatz, der ihren Fähigkei-ten entsprach und den sie als Angestellte nicht fi nden konnte, selber zu schaff en.

Schwieriger Kundenkontakt2008 war es soweit: Susan Conza grün-dete in Zürich die «Asperger Informatik AG» und machte ihre «Behinderung» zum Markenzeichen. «Asperger-Autisten sind nicht behindert, sondern brauchen einfach spezielle Rahmenbedingungen um ihr grosses Potenzial nutzen», sagt sie. Am Anfang arbeiteten fünf Personen für die Firma, unterdessen sind es acht. Je zur Hälft e Asperger-Autisten und «Neuroty-pische», wie Susan Conza die nicht vom Asperger-Syndrom betroff enen Menschen nennt. «Nur mit Asperger-Autisten würde es nicht gehen», weiss Conza. Sie eignen sich hervorragend für Tätigkeiten im In-formatikbereich, sind oft hochbegabt und

Asperger-Autisten brauchen spezielle Rahmenbedingungen, um

ihr Potential zu nutzen

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22 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 23

Analytischer Verstand: Firmengründerin Susan Conza

verfügen in der Regel über einen ausser-gewöhnlichen analytischen Verstand, eine schnelle Auff assungsgabe, hohe Detail-genauigkeit, extreme Konzentrations- und Fokussierungsfähigkeit sowie ausgeprägte Hartnäckigkeit und Ausdauer. Aber Kun-denkontakt und selbständiges Planen sind eine Horrorvorstellung für Menschen, denen spontane Kommunikation fremd ist und die selbst durch kleinste Ände-rung des Alltags völlig verunsichert wer-den können. Conza erzählt das Beispiel eines Lehrlings mit Asperger-Syndrom: «Er wurde für das zweite Lehrjahr in eine

andere Abteilung versetzt, in der er nur 8 statt wie bisher 8,25 Stunden täglich ar-beiten musste. Er weigerte sich, mit allen anderen um 17 Uhr nach Hause zu gehen, und krallte sich bis um exakt 17.22 Uhr an seinem Stuhl fest.» Auch Susan Conza kennt solche, für «normale» Menschen schwer vorstellbare Probleme. Wenn sie am Morgen den Arbeitsplatz erreicht hat, ist für sie der schwerste Teil des Arbeits-tags bereits vorbei. Die Umstellung vom Wohn- zum Arbeitsort ist eine tägliche Herausforderung. «Seit mein Mann mich jeden Morgen zur Arbeit fährt und mich

auf dem Heimweg von seinem Arbeits-platz wieder abholt, geht es viel besser», sagt Conza. Mit Tram oder Bus zur Ar-beit zu fahren ist unmöglich. «Ich wäre zu sehr abgelenkt und hätte beim Umsteigen schon vergessen, wo mein Ziel ist», meint sie dazu lachend.

Nur Asperger geeignetZu Beginn bot die Asperger Informatik AG eine breite Palette an Informatik-dienstleistungen an. Das Interesse war von Anfang an gross, aber nicht immer ernst gemeint, erinnert sich Susan Conza: >>

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24 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

keine andere Firma in der gewünschten Qualität anbieten. Neurotypische scheinen für diese Arbeit nicht geeignet», sagt Susan Conza nicht ohne Stolz. Jetzt soll sogar ein Team der Asperger Informatik dauerhaft bei den Informatikdiensten der Stadt ar-beiten. Für die noch junge Firma mit den speziellen Angestellten eine grosse Her-ausforderung, die nur mit der nötigen Be-treuung zu bewerkstelligen ist. «Die Frage, wo er sein Mittagessen zu sich nehmen soll, ist für einen Asperger oft eine schwie-rigere Fragestellung als das komplex-este Soft wareproblem», weiss Conza.

Interesse auch im AuslandDie Asperger Informatik AG übernimmt nicht nur komplexe Informatikdienstlei-stungen für ihre Kunden, sondern auch

«Es war ein bisschen wie im Zoo. Wir wa-ren Exoten, und man wollte uns einmal kennenlernen. Den Auft rag hat man uns dann aber doch nicht zugetraut.» Heute ist das anders. Zu den Kunden zählen etwa Christoph Blocher, dessen Website von der Asperger Informatik AG entworfen wurde, oder die Stadt Zürich. Die Firma hat sich im Laufe der Zeit auf Webentwicklung, besonders im Bereich der Barrierefreiheit, und Soft waretesting spezialisiert. Im Er-kennen von Soft warefehlern haben Asper-ger mit ihrem analytischen Denken und ihrer Hartnäckigkeit einen Wettbewerbs-vorteil. Die Stadt Zürich etwa suchte einen Anbieter, der 2 000 Soft warepakete so zu-sammenstellt, dass sie auf jedem Arbeits-platz wie gewünscht konfi guriert funk-tionieren. «Diese Dienstleistung konnte

eine wichtige Rolle bei der Eingliederung von Menschen mit einer Behinderung – und dazu zählt das Asperger-Syndrom nach wie vor – in die Arbeitswelt. «Viele Menschen mit IV-Renten möchten lieber arbeiten, nur fehlt ihnen der geeignete Arbeitsplatz», weiss Susan Conza aus ei-gener Erfahrung. Mit der IV Revision 6a sollen die Integrationsleistungen solcher Firmen besser betreut und fi nanziell ho-noriert werden (siehe Box). Das Interesse am Modell der Asperger Informatik AG wächst auch im Ausland. Antonio Con-za, «neurotypischer» Schwiegervater von Firmengründerin Susan und Mitglied der Geschäft sleitung, ist in letzter Zeit häufi ger in den Nachbarländern unterwegs, um Ar-beitgeberverbänden und Delegationen aus Politik und Verwaltung das Geschäft smo-

Am 1. Januar 2012 ist der erste Teil der 6. IV-Revision in Kraft getreten. Damit erhält die Invalidenversicherung zusätzliche Instrumente für die Wiedereingliederung von Menschen mit Behinderung ins Erwerbsleben.

Wieder arbeitsfähig machenDie Revision 6a setzt auf die Wiedereingliederung von Renten-bezügern ins Erwerbsleben. Selbst Neurentner werden künftig aktiv begleitet, um allfälliges Potenzial für eine Wiedereinglie-derung besser zu nutzen und sie auf den Schritt zurück in eine Erwerbstätigkeit vorzubereiten. Vor allem aber sollen Perso-nen, die bereits seit Längerem eine IV-Rente beziehen, wieder ins Erwerbsleben zurückfinden. Ziel ist es, innert sechs Jahren die Erwerbsfähigkeit von rund 17 000 IV-Rentnern mit entspre-chendem Potenzial zu erhöhen, damit sie in den Arbeitsmarkt integriert werden oder ihre bestehende Tätigkeit ausbauen können. Jährlich sollen rund 2800 IV-Rentenbeziehende wieder arbeitsfähig gemacht werden. Die Revision 6a soll die IV-Rechnung im Durchschnitt der Jahre 2012 bis 2027 jährlich um 335 Millionen Franken verbessern.

Entschädigung für ArbeitgebendeArbeitgebern bietet die IV neue Begleitungs- und Bera-tungsinstrumente, sowie finanzielle Unterstützung an:• Während der Massnahmen zur Wiedereingliederung erhalten

die bisherigen IV-Rentner weiterhin ihre Rente.• Die IV begleitet die Versicherten während der Wiedereinglie-

derung eng und unterstützt sie aktiv. Beratung und Beglei-tung während bis zu drei Jahren nach einer erfolgreichen Wiedereingliederung, neu auch für Ar beitgebende.

• Ein Einarbeitungszuschuss an die Arbeitgebenden federt Minderleistungen während der Einarbeitungszeit finanziell ab.

• Während drei Jahren besteht für Arbeitgebende und ehe-malige IV-Rentner ein finanzieller Schutz für den Fall, dass Letztere nach der Anstellung erkranken (Übergangsleistung).

• Während dieser dreijährigen Schutzfrist bleibt die bisherige Pensionskasse der ehemaligen IV-Rentner zuständig, damit im Fall einer erneuten Erkrankung keine Versicherungspro-bleme entstehen.

• Während eines mehrmonatigen Arbeitsversuchs können Arbeitgebende eine betroffene Person testen – den Versicher-ten wird es so erleichtert, in der Arbeitswelt Fuss zu fassen.

• Es gibt eine Entschädigung für Arbeitgebende, falls Versiche-rungsprämien infolge einer Eingliederung erhöht werden.

Weitere Informationen auf www.ahv-iv.info/Arbeitgeber, oder bei Compasso, dem Informationsportal für Arbeitgeber für Berufliche Eingliederung: www.compasso.ch.

Die neuen Eingliederungsinstrumente der IV im Überblick

BUSINESS CASE • ASPERGER INFORMATIK

Page 25: Blickpunkt 1-2/2012

24 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

dell der Firma zu erläutern. «Wir tun seit drei Jahren genau das, was die IV Revision 6a fördern will», sagt Antonio Conza. Die Invalidenversicherung lässt Asperger-Au-tisten von der Firma auf ihr Arbeitspoten-zial abklären. Nachdem ein Arbeitsplatz gefunden ist, wird der ehemalige Renten-bezüger jede Woche von einem Jobcoach besucht, der als Bindeglied zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber funktio-niert. Sogar die Lehrtochter der Asperger Informatik wurde als 15-jährige von der IV vermittelt und konnte sich mit ihren grafischen Fähigkeiten als Webentwicklerin bewähren.

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Page 26: Blickpunkt 1-2/2012

Autor: Harald Fritschi

Die Reserven sind weg, die Mar-gen schwinden, und die Ge-winne schmelzen dahin. Viele

Schweizer KMU kämpfen derzeit um ihre Existenz. 36 Prozent der Firmen in der Maschinen-, Metall- und Elektro-branche schreiben rote Zahlen, wie eine Umfrage der Branchenorganisati-on Swissmem im vergangenen Herbst ergab. 65 Prozent der befragten Firmen sind stark negativ betroffen. «Die Lage ist immer noch dramatisch», sagt Osec-Direktor Daniel Küng. Die Dramatik habe zwar etwas an Schärfe verloren, seit die Schweizerische Nationalbank (SNB) am 6. September den Mindest-kurs des Frankens zum Euro auf 1,20 festgelegt habe. Doch diese Untergrenze genüge vielen KMU bei weitem nicht. 72 Prozent der befragten Swissmem-Mitglieder sagten, dass der Wechselkurs von 1,20 zum Euro für eine nachhalti-ge Verbesserung nicht ausreiche. Nach Einschätzung der Währungsexperten liegt die Parität bei 1,35 bis 1,40 Fran-ken pro Euro.

Keine Entwarnung an der WährungsfrontDer Mindestkurs hat zwar den Unter-nehmen wieder etwas mehr Planungs-sicherheit verschafft. Dennoch stellte

die SNB am Jahresende fest, dass sich die Lage der Unternehmen gegenüber dem Herbst nochmals verschlechtert hat. Es waren vorab die Dienstleis-tungsunternehmen, die in den Sog der Eurokrise gezogen wurden. Es habe

sich gezeigt, schreibt die SNB, «dass Firmen offenbar aufgrund der ver-schärften Konkurrenz Aufträge ver-lieren.» Arg betroffen seien neben der MEM-Industrie die Textil- und Be-kleidungsbranche, die Hersteller von elektronischen Erzeugnissen und von

FOKUSTHEMA

STARKER FRANKEN DOPPELTE FALLE FÜR KMU

Die Turbulenzen an der Währungsfront schmälern die Exportchancen und drücken auf die Konjunktur. Beides belastet die Erfolgsaussichten der Un-

ternehmen. Doch es gibt Möglichkeiten die Auswirkungen abzufedern.

Präzisionsinstrumenten, die Hotelle-rie und der Detailhandel.

Währungskrise ohne Ende, und jetzt nehmen auch noch die Auftrags-bücher ab. Den Schweizer KMU droht eine doppelte Falle. Neben dem starken Franken, der ihre Konkurrenzfähigkeit beschneidet, steht nun auch ein Kon-junkturabschwung ins Haus. Und der fällt stärker aus als erwartet. Die Bestel-lungen, Exporte und Investitionen stag-nieren, und die Arbeitslosigkeit steigt. Die Schweizer Wirtschaft steckt bereits in einer Rezession und wird erst im 2. Quartal wieder aus der Delle herausfin-den, wie die Basler Privatbank Sarasin in ihrem neusten Konjunkturausblick schreibt. Sarasin wie auch andere Insti-tute schätzen, dass die Schweizer Wirt-schaft in diesem Jahr nur ein halbes Prozent wächst.

Mögliche MassnahmenIn dieser doppelten Bedrohungslage für KMU tut umsichtiges Handeln not. Schweizer KMU können sich gegen die Gefährdungen durch die Währungskri-se und Konjunkturdelle mit einem Bün-del von Massnahmen wappnen, das auch das längerfristige Überleben sichert. Sie haben ja schon 2009/10, als Ant-wort auf die grosse Rezession 2008, >>

«Die Lage ist immer noch dramatisch»: Osec-Direktor Daniel Küng

26 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

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Page 27: Blickpunkt 1-2/2012

26 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012Die Verwendung von Namen oder sonstiger Bezeichnungen Dritter in dieser Werbung erfolgt mit der entsprechenden Genehmigung. © UBS 2012. Alle Rechte vorbehalten.

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Page 28: Blickpunkt 1-2/2012

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die Kosten gedrückt und die Produkti-vität gesteigert. Für jedes Unternehmen sind Massnahmen zur Effizienzsteige-rung Courant normal. Denn mindes-tens für das erste Halbjahr ist eine Entspannung nicht in Sicht. «Die Unternehmen», sagt Swissmem-Sprecher Ivo Zimmermann, «müssen sich auf eine längere Durststrecke einrichten.»

Von den Instrumenten, die den KMU offen stehen, ist die Arbeitszeitverlänge-rung bei gleichem Lohn wohl eine der umstrittensten. Verschiedene Firmen haben die Wochenstunden ihrer Mitar-beiter bei gleichem Lohn um eineinhalb bis zweieinhalb Stunden erhöht, darun-ter die Chemiefirma Lonza in Visp, der

Küchenhersteller Franke und die Ost-schweizer Arbonia Forster (AFG). Bei diesen Firmen haben die Gewerkschaf-ten der Massnahme zugestimmt, doch

in den meisten Fällen laufen sie gegen eine Erhöhung der Arbeitszeit Sturm, haben gar wie bei der Verpackungsfir-ma Mopac in Sumiswald die Gerichte angerufen. Arbeitszeitverlängerung, so heisst es bei Swissmem, sei «kein Pa-

tentrezept», sie sei nur angezeigt, wenn eine hohe Auslastung der Produktion vorhanden sei. «Ziel ist immer die Er-haltung der Arbeitsplätze», sagt Zim-

mermann. Dann sei diese Massnahme durchaus sinn-voll.

Einige Firmen haben spä-ter wieder auf Arbeitszeitver-längerungen verzichtet, so Agie Charmilles in Genf, Kai-ser AG in Rümlang und teil-weise auch Bucher Industries. Christian Gusset, Branchen-

sekretär bei der Gewerkschaft Unia, sagt dazu: «Diese Firmen haben einge-sehen, dass es zu wenig bringt.» Zudem bestehe die Gefahr, dass die Stimmung in der Belegschaft kippt. Arbeitszeitver-längerungen wie auch Lohnkürzungen

FOKUSTHEMA

Viele Unternehmen versuchen auch im Exportmarkt Preis- erhöhungen durchzusetzen

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Page 29: Blickpunkt 1-2/2012

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11. Fachmesse für Personalmanagement

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Befragt man die Firmen selbst, was sie getan haben oder zu tun gedenken, dann wird an erster Stelle «Natural Hedging» genannt, gefolgt von einem rigorosen Kostenmanagement entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Eine natürliche Absicherung setzt in-dessen voraus, dass Absatz- und Be-schaffungsmärkte identisch oder zu-mindest zum grossen Teil identisch sind. Ist dies nicht der Fall, drängen sich Änderungen auf, indem die Fir-ma den oder die Lieferanten wechselt oder günstigere Konditionen aushan-delt oder eine Fakturierung in Franken durchsetzt. Diskutiert wird auch der Zusammenschluss von Unternehmen

in Einkaufskooperationen für den Eu-roraum. Bei der Swissmem ist die Grün-dung einer Kooperation bereits in der Vorbereitungsphase. Für Daniel Thé-venaz, Präsident von Swissmechanic, hat schon die Idee zur Bildung solcher Einkaufsgenossenschaften Wirkung gezeigt. «Das hat auf die Importeure Druck ausgeübt», sagt er. Sie hätten in der Folge die Preise bis zu 20 Prozent gesenkt.

Einen ganz eigenen Weg hat die im Seeland ansässige Ziemer Group ge-wählt. Die auf Instrumente für die Au-genchirurgie spezialisierte Firma mit 140 Mitarbeitern konnte den starken Franken weitgehend durch Importe kompensieren. Zugleich hat Eigentümer Frank Ziemer mit den Banken eine Ver-einbarung getroffen, die der Firma für

zwölf Monate feste Wechselkurse garan-tierten. Dies hat das Unternehmen, das 98 Prozent seiner Produkte in 42 Länder exportiert, vor einem Absturz bewahrt. Sie konnte sich aber auch behaupten, weil die Firma sich bemüht, einzigartige Produkte und einen exzellenten Kun-denservice anzubieten.

Viele Firmen versuchen auch, im Exportmarkt Preiserhöhungen durch-zusetzen. «Dies setzt voraus, dass das Unternehmen über Produkte mit Al-leinstellungsmerkmalen verfügt, für die die Kunden einen höheren Preis zu zah-len bereit sind», sagt Swissmem-Spre-cher Zimmermann. Diese Massnahme ist nicht so abwegig, wie sie auf den ersten Blick erscheint. Viele Schweizer KMU stellen in ihren Nischen ausseror-dentlich hochwertige Produkte her. >>

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Oft haben sie aber zu wenig Wert darauf gelegt, dies bei den Kunden auch hinü-berzubringen. Überlegungen darüber, wie wirksam das eigene Marketing ist, könnten zum Erfolg führen. Näher an den Kunden, eine bessere Präsentation der Produkte, Änderungen beim Kun-dendienst sind Massnahmen, die näher zu beleuchten sich lohnt.

Schweizer Firmen ziehen ins AuslandSo hat etwa Jürgen Mayer, Präsident von Maxon Motor in Sachseln OW, im Schweizer TV darüber räsoniert, dass er einen Ausbau in Deutschland und Ungarn in Erwägung ziehe, was zu Ent-lassungen bei den 1200 Mitarbeitern in der Schweiz führen würde. Auch Peter Pauli, CEO des Solartechnologie-Un-ternehmens Meyer Burger, zieht einen Ausbau der Produktion in Asien, den

Hauptmärkten der Firma, in Erwägung. In der gesamten Exportindustrie herr-schen keine Illusionen darüber, dass in den kommenden Monaten weitere Ar-beitsplätze ausgelagert werden, nach-

dem schon letztes Jahr verschiedene Un-ternehmen einen zum Teil markanten Stellenabbau bekannt gegeben haben. Im Januar ging es dann mit den Ankün-digungen des Mischkonzerns Conzetta und der Pharmafirma Cilag im selben

Stil weiter. «Wir rechnen allein in unse-ren Branchen mit dem Abbau von rund 10 000 Arbeitsplätzen», sagt Swissmem-Sprecher Zimmermann. Quer durch alle Branchen könnte der Jobverlust in diesem Jahr durchaus 30 000 betragen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco rechnet mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote auf 3,9 Prozent bis Ende Jahr. Auch kleinere KMU können durchaus einen Teil ihrer Produktion ins Ausland verlegen.

Wie man es bewerkstelligt, hat Pa-tron Peter Jakob von der Jakob AG im Emmentaler Trubschachen gezeigt. Der Hersteller von Stahlseil-Systemen hat einen Grossteil der arbeitsintensiven Netzproduktion schon vor Jahren nach Vietnam ausgelagert. Am Hauptsitz selbst werden nur noch die wertschöp-fungsintensiven Arbeiten wie Entwick-

FOKUSTHEMA

Der Kurs des Schweizer Franken

Offi ziell als Schweizer Währung eingeführt wurde der Franken am 7. Mai 1850 mit dem «Bundesgesetz über das eidgenössische Münzwesen». In den Jahren von 1865 bis 1927 zirkulierten jedoch auch ausländische Zahlungsmittel im Land, da die Schweiz Mitglied der Lateinischen Münzunion war, zu der auch Frankreich, Belgien, Italien und Griechenland gehörten. Eine Einheit der jewei-ligen Landeswährung entsprach 4.5 Gramm Feinsilber – ein Wech-selkurs zwischen den einzelnen Währungen war also überfl üssig.

35 Dollar für eine UnzeIm Rahmen des Bretton-Woods-Systems war der Schweizer Franken von 1945 bis 1973 an den US-Dollar gekoppelt, der Kurs betrug bis 1949 4.30521, anschliessend 4.375 Franken pro Dollar. Basis war das festgelegte Tauschverhältnis von 35 Dollar für eine Unze (31.104 Gramm) Gold. Tatsächlich durfte es in genau defi nierten Gren-zen zu Abweichungen von diesem Wechselkurs kommen, doch die Mitglieds-Staaten des Bretton-Woods-Systems waren verpfl ichtet, diese durch Dollar-Käufe oder Verkäufe zu korrigieren. Den tiefsten Wert gegenüber der D-Mark erreichte der Franken am 31.

Oktober 1973 mit einem Kurs von 0.79 DM für einen Franken. Erstmals mehr wert als die D-Mark war der Franken am 16. Dezember 1975. Nach dem 17. Oktober 1977 fi el der Franken nie wieder unter den Wert der D-Mark. Der höchste Wert wurde am 26. September 1978 mit 1.33 D-Mark pro Franken notiert.

0,622 Euro für einen FrankenBei seiner Einführung als Buchgeld am 1. Januar 1999 war der

Euro 1.60778 Franken wert, für einen Franken erhielt man also 0.622 Euro. Bis Ende 2008 bewegte sich

der Kurs des Euro gegenüber dem Franken zwischen 1.45 und knapp unter 1.70, um dann

im Zusammenhang mit den Ereignissen der Finanzkrise einzubrechen und am 9. August 2011 mit 1.007 Franken seinen tiefsten Wert zu erreichen. Seit der Stützungs-Ankündi-

gung der Nationalbank vom 6. September 2011 ist der Franken nicht mehr unter einen

Kurs von 1.20 Franken gefallen.

Lange an den Dollar gekoppelt: Schweizer Franken.

Neue Chancen entstehen in

Schwellenländern

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30 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 31

Konjunkturdaten der Schweiz für die Jahre 2012 und 2013

Indikator 2012* 2013*BIP 0.2 1.9Exporte 0.8 4.9

Privatkonsum 1.1 1.2Staatskonsum 1.5 1.6Beschäftigung -0.4 0.2Arbeitslosen-quote

3.3 3.6

Investitionen 0.1 2.4Bau 1.8 0.6Ausrüstungen -1.4 4Inflation 0 1.1Zinsen 1.4 1.9*Schätzungen, alle Angaben in Prozent / Quelle: KOF/ETH

BIP, Exporte, Konsum: Prognosen für die Schweiz

Weltkonjunktur in den Jahren 2012 und 2013

Land 2012* 2013*USA BIP 2.4 1.6

Arbeitslosenquote 9.1 9.0Inflation 2.3 2.0

Eurozone BIP -0.1 2.1Arbeitslosenquote 10.3 10.4Inflation 1.9 1.6

Japan BIP 1.5 1.1Arbeitslosenquote 5 4.8Inflation -0.5 -0.3

China BIP 8.8 9.5Arbeitslosenquote k.A. k.A.Inflation 3.9 4.5

*Schätzungen, alle Angaben in Prozent / Quelle: Bank Sarasin

BIP, Exporte, Konsum: Prognose für die Welt

lung, Engineering oder Montage aus-geführt. So konnte Jakob seine Firma durch die Wechselkursturbulenzen füh- ren. Für das Unternehmen hat sich der Schritt nach Vietnam doppelt ausge-zahlt. Jakob hat nun eine solide Basis in einem der künftigen Wachstumsmärkte, und ein grosser Teil seiner Produktions-kosten fällt nicht in Franken an.Firmen, die so handeln wie das Trub-schacher Unternehmen, schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie minimie-ren das Währungsrisiko und öffnen sich Wege zur Erschliessung neuer Wachstumsmärkte. Dies ist umso drin-gender, als die traditionellen Märkte der Schweizer Exportindustrie in Eu-ropa derzeit wenig Wachstumspoten-zial aufweisen. Noch immer gehen knapp 60 Prozent der Schweizer Aus-fuhren in den alten Kontinent. Allein auf Frankreich und Italien entfallen 15 Prozent aller hiesigen Exporte, und beide Länder stecken mitten in einer Rezession. «Abgesehen von Deutsch-land ist Europa sehr schwach», sagt Rudolf Minsch, Chefökonom von Economiesuisse. Die Frage stelle sich wirklich, ob Europa nicht in eine Re-zession abgleite.«Nach unserer Einschätzung befindet sich Euroland zum Jahreswechsel schon in einer Rezession», schreibt Jan A. Poser, Chefökonom der Bank Sarasin. Nicht viel besser präsentiert sich die Lage in den angelsächsischen Ländern. In England herrscht Krise, während sich die US-Wirtschaft zwar etwas aufgerap-pelt hat, jedoch permanent von einem Rückfall bedroht ist. Grösste Hoffnung für die Schweizer Exporteure unter den KMU sind die Schwellenländer. Nach Einschätzung der Experten legen diese weiterhin ein solides Wachstum vor. Den Chinesen dürfte eine sanfte Landung ins Haus stehen, was immer noch ein Wachstum von rund acht Pro-zent bedeutet. Die Schwellenländer von Brasilien bis Indonesien beginnen der-zeit aus sich selbst heraus zu wachsen,

da die Bevölkerung und die Kaufkraft gleichzeitig zunehmen.

In diesen Regionen entstehen für die Schweizer Exporteure neue Chan-cen, die es zu ergreifen gilt. Und es ist nicht so schwierig, wie es auf den ersten Blick erscheint. Voraussetzung ist selbstverständlich eine eingehen-de Marktanalyse, ob überhaupt eine Nachfrage nach den eigenen Produk-ten besteht. Die Schweizer Aussen-handelsorganisation Osec mit ihren 18 Swiss Business Hubs in den wichtigs-ten Wachstums- und Schwerpunkt-märkten der Welt bietet dazu einen umfassenden Service. Aus der eigenen Erfahrung sagt Osec-Chef Küng: «In einen neuen Markt vorzustossen kann

idealerweise in einem halben Jahr rea-lisiert werden.»

Dies bringt einen weiteren Vor-teil mit sich: die Diversifizierung des Währungsrisikos, weg vom Euro in den Dollar, den Real, die Rupie oder den Yen. Dies wiederum bedingt, dass sich der KMU-Chef persönlich mit der Absicherung des Fremdwäh-rungsportfolios befasst. Denn: Für viele KMU ist dies Neuland, das sie bislang nur zögerlich zu betreten wag-ten. Bislang war es vorab das mittlere Segment der KMU, das zu Hedging-Instrumenten gegriffen hat. Zwar hat die Nationalbank mit der Festlegung der Untergrenze mittlerweile das Ab-sicherungsgeschäft für den Euro >>

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übernommen. Aber diese 1,20 Fran-ken sind nicht in Stein gemeisselt, und, dies vorab, sie gelten nicht ewig. «Währungsabsicherung», sagen alle Experten, «ist nun einfach das Gebot der Stunde.»

Gegen Währungsrisiken absichern«Als erstes sollte man sich bei ver-schiedenen Banken eingehend über die möglichen Absicherungsstrategien in-formieren», sagt Swissmem-Sprecher Zimmermann. Die Banken können den KMU massgeschneiderte Produkte lie-fern, die wenig bis gar nichts kosten, wenn der Kunde bereit ist, auf Spekula-tionsgewinne zu verzichten. Traditionell wählen KMU Termingeschäfte zur Absi-cherung. Bei diesem wird der Wechsel-kurs für einen späteren Zeitpunkt schon bei Abschluss des Geschäfts fixiert. Bei einer Devisenoption wiederum kauft sich das Unternehmen gegen eine Prämie das Recht, die Fremdwährung zu einem be-stimmten Zeitpunkt zum aktuell festge-legten Wechselkurs zu verkaufen. Ist der Wechselkurs später höher als vereinbart, kann der Unternehmer die Option verfal-len lassen.Terminkontrakte dominieren das Ab-sicherungsgeschäft. Sie sind einfach zu verstehen und kosten wenig. Und sie halten den Firmen-chef nicht davon ab, sich aufs Kerngeschäft zu konzentrie-ren. Denn gerade in schwie-rigen Perioden, wie sie in diesem Jahr ins Haus stehen, sind neue Ideen gefragt, steht die Entwicklung neuer Pro-dukte auf der Tagesordnung. Aber die Schweizer Exportunternehmen sind gewohnt, in einem schwierigen Umfeld erfolgreich zu agieren. Seit vier Jahrzehnten schon ist der Franken einem kontinuierlichen Aufwärtsdruck unter-worfen. Gemäss neustem «Outlook» der UBS betrug diese im Durchschnitt 0,5 Prozent pro Jahr. «Die Tendenz zur rea-len Aufwertung des Frankens», schrei-

ben die UBS-Analysten, «ist auf die hohe Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Wirt-schaft zurückzuführen.»

Innovation ist nach wie vor der wich-tigste Treiber für die Schweizer Export-industrie. Dies belegt auch der neuste Exportbarometer der Credit Suisse, wo-nach die Produktinnovation in den kom-menden Monaten der stärkste Treiber für ein höheres Exportvolumen ist. Bei einer Umfrage waren fast 50 Prozent der Unter-

nehmen dieser Ansicht, während für 45 Prozent ein verstärktes Marketing grös-sere Exporterfolge versprach (Mehrfach-nennungen waren möglich).

Dass die Schweizer Wirtschaft weltweit zu den innovativsten gehört, lässt sich auch mit harten Fakten be-legen. Allein die Unternehmen geben für Forschung und Entwicklung über

12 Milliarden Franken aus, mithin 2,2 Prozent des BIP. In der EU 27 be-trägt dieser Wert nur 1,1 Prozent. Im internationalen Vergleich belegt die Schweiz den sechsten Rang vor den USA und Deutschland, aber nach Is-rael, Schweden, Japan, Finnland und Südkorea.

Trotz widriger Umstände auf In-novation zu setzen ist für viele KMU, die derzeit jeden Rappen umdrehen

müssen, ein schwieriger Ent-scheid. Aber er lohnt sich. Die Reed Electronics AG aus Schachen LU ist auf die Mes-sung und Überwachung von Füllständen spezialisiert. Sie exportiert vorab in die an die Schweiz grenzenden Nach-barländer. Als 2008 die Preise aufgrund der Finanzkrise in

den Keller rasselten, stellte das Unter-nehmen drei weitere Ingenieure ein. Das Unternehmen war damit in der Lage, die eigene Wertschöpfung zu steigern und besser auf die Kunden-wünsche einzugehen. Damit stieg auch deren Bereitschaft, den höheren Preis zu zahlen. Und dies ist schliesslich der Zweck der Übung.

FOKUSTHEMA

Mehrwertsteuer zurück: Deutscher Zoll

Innovation ist noch immer der wichtigste Treiber für die hei-

mische Exportindustrie

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Endgültig entschieden wird erst im April, doch für viele steht längst fest: Th omas Jordan wird der

nächste Präsident der Schweizerischen Nationalbank. Wer ist der scheinbar bereits sichere Nachfolger von Philipp Hildebrand?

Der am 28. Januar 1963 in Biel gebo-rene Ökonom gilt als «eher dogmatischer Geldtheoretiker» (Bilanz), der als oberstes Ziel Infl ation verhindern möchte. Den-noch bekräft igte er bereits kurz nach An-tritt seines vorläufi gen Amts, dass die SNB auch mit ihm als oberstem Währungshü-ter die Euro-Untergrenze von 1.20 Fran-ken vehement verteidigen werde. «Es gibt im Moment schlicht keine Alternative dazu», sagte Jordan gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung.

Th omas Ulrich Jakob Jordan, so sein vollständiger Name, ist verheiratet und Vater zweier Söhne. Er studierte Wirt-schaft swissenschaft en an der Universität Biel. Seine Doktorarbeit schrieb er 1993 über die Europäische Währungsunion. Es folgte ein dreijähriger Forschungsauf-enthalt an der Harvard University, wo Benjamin Friedman sein Mentor wurde. 1997 trat er als wissenschaft licher Berater in die Schweizerische Nationalbank ein. Seit 1998 lehrt er an der Universität Bern Geldtheorie und Geldpolitik.

Steht man Th omas Jordan gegenüber, fallen zuerst seine Körpergrösse von 1.90 Metern und die intellektuelle Aura auf, die ihn umgibt. Diesen Merkmalen zum Trotz wird Jordan als eher zurückhalten-

der Typ eingestuft , «der das Rampenlicht nicht sucht» (Berner Zeitung). Demnach seien auch seine Fähigkeiten als Netzwer-ker nicht so ausgeprägt wie diejenigen Hildebrands.

Die Karriere innerhalb der Schweize-rischen Nationalbank darf als steil be-zeichnet werden: Schon zwei Jahre nach seinem Eintritt wurde er in den Rang eines Vizedirektors befördert, 2004 als

Hildebrands Stellvertreter ernannt, 2007 folgte die Berufung ins Direktorium. Mit dem Rücktritt Hildebrands schliess-lich wurde Jordan – vorläufig – zum Präsidenten der SNB.

Insgesamt scheint Th omas Jordan auf Kurs, dieses Amt ohne den Zusatz inte-rimistisch übernehmen zu können. Vor allem dass er sich trotz aller Bedenken hinsichtlich einer möglichen Infl ation so eindeutig für die Wahrung des Euro-Mindestkurses aussprach, wurde ihm hoch angerechnet. Dessen ungeachtet bleiben kritische Stimmen nicht völlig aus: In Ban-kenkreisen hat er sich mit seiner ausdrück-lichen Forderung nach mehr Regulierung keine neuen Freunde geschaff en. Die SVP kritisiert weiterhin die Devisenkäufe, die der SNB im Jahr 2010 einen Verlust von 19 Milliarden Franken bescherten – und von Hildebrand mitgetragen worden waren. Der ehemalige Preisüberwacher und SP-Nationalrat Rudolf Strahm meinte gegen-über Casch.ch sogar, man können Jordan «in geldpolitischen Fragen nicht über den Weg trauen», wie schon seine Lehrer leide er unter «Infl ationsparanoia», was mit dem Ignorieren der Probleme der Realwirtschaft einhergehe.

Fest steht: Für geraume Zeit galt die Berufung Jordans als beschlossene Sache. Doch mit ihrer Ankündigung vom 17. Feb-ruar, dass die Wahl erst im April stattfi nden werde, hat die Schweizerische National-bank dies selbst wieder mit einem Fragezei-chen versehen. Als aussichtsreichster Kan-didat gilt Th omas Jordan aber weiterhin.

DER MANN, DER ES MIT DEM FRANKEN RICHTEN SOLL

Die Turbulenzen an der Währungsfront schmälern die Exportchancen und drücken auf die Konjunktur. Beides belastet die Erfolgsaussichten der Un-

ternehmen. Doch es gibt Möglichkeiten die Auswirkungen abzufedern.

Thomas Jordan: Kronfavorit für das SNB-Präsidium

Im Moment keine Alternative zum

Euro-Mindestkurs

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EXPERTENWISSEN

36 Global organisiertIn fast allen Industrie- und Schwellenländern existieren mitt-lerweile Dokumentationsvorschriften für Verrechnungspreise. Liegt keine genügende Dokumentation vor, drohen Bussen, Beweislastumkehr und zusätzliche Steuerzahlungen.Autoren: Dr. Andreas Wiesner, Gerhard Foth

INHALT

Durchsetzbarkeit von ForderungenIn Ausgabe 6-7/2011 wurde ein Überblick über die Probleme bei der Vollstreckung von Rechtsansprüchen im Ausland gegeben. Als Fortsetzung werden einige Aspekte der Durchsetzung von ausländischen Rechtsansprüchen in der Schweiz beleuchtet.Autor: Georg J. Wohl

Macht, Neugier, Team ...Missverständnisse vermeiden und Konflikte klären – das verspricht das Mo-dell der 16 Lebensmotive im so genannten Reiss-Profil , entwickelt durch Professor Steven Reiss.Autorin: Uta Rohrschneider

Mäzenatentum für UnternehmenUm als Mäzen steuerrechtliche Vorteile erlangen zu können, müssen strenge Voraussetzungen erfüllt werden. Ein Überblick über gesetzliche Vorschrif-ten und Beispiel aus der Praxis.Autor: William Fata

Souverän auftreten in fremden LändernGeschenke, Wutausbrüche, Unpünktlichkeit: Was in der heimischen Geschäfts-welt als höchst unpassend wirkt, gilt andernorts als Zeichen für Kompetenz und Stärke. Warum ohne Guanxi in China nichts läuft ...Autorin: Jolanda Steiner

Die zehn Gebote erfolgreicher KommunikationReden können wir alle! Die meisten Menschen glauben, dass sie kommunikativ durchaus begabt sind. Womit sie sicher nicht völlig falsch, aber eben auch nicht völlig richtig liegen.Autor: Hans Eigenmann

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EXPERTENWISSEN

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GLOBAL ORGANISIERT

VERRECHNUNGSPREISD OKUMENTATION

Autoren: Dr. Andreas Wiesner, Gerhard Foth

Im Folgenden wollen wir aufzeigen, wie das Thema Dokumentation erstmalig angegangen und langfris-

tig effizient gehandhabt werden kann. Denn: Verrechnungspreisdokumentati-on ist ein Prozess, nicht nur ein einma-liges Erstellen eines Berichts.

Flickenteppich aus lokalen DokumentationenNach unserer Erfahrung wird gerade bei kleineren und mittleren Unterneh-mensgruppen dem Thema Verrech-nungspreisdokumentation oft keine zentrale Aufmerksamkeit auf Gruppe-nebene gewidmet. Stattdessen werden häufig ohne Abstimmung mit zentralen Einheiten an den lokalen Standorten mit Beratern vor Ort die entsprechen-den Dokumentationen erstellt, um lo-kalen Pflichten nachzukommen. Dies erfolgt zudem in vielen Fällen unter zeitlichem Druck, beispielsweise wenn im Rahmen einer Steuerprüfung die Dokumentation offiziell angefragt wur-de. Die separate Erstellung von Ver-

Dokumentation von internen Verrechnungs-preisen: ein langfristiger Prozess

In fast allen Industrie- und Schwellenländern existieren mittlerweile Dokumentationsvorschriften für Verrechnungspreise. Liegt keine ge-nügende Dokumentation vor, drohen Bussen, Beweislastumkehr und

zusätzliche Steuerzahlungen.

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rechnungspreisdokumentationen in jeder einzelnen Jurisdiktion ist daher hauptsächlich auf die kurzfristige Er-füllung von regulatorischen Anforde-rungen ausgerichtet und zielt nicht auf eine langfristige Lösung des Themas «Verrechnungspreisdokumentation» ab.

Eine solche situative und dezentrale Handhabung des Themas ist aus meh-reren Gründen nachteilig. Da gleiche Fakten und Sachverhalte unabhängig voneinander in verschiedenen Län-dern bearbeitet werden, entstehen ver-meidbare Doppelarbeiten. Zudem ist die Nachführung in späteren Jahren oftmals aufwändig, da die Dokumen-tationen nicht nachhaltig, sondern isoliert und fokussiert auf ein einziges Jahr (etwa für den Prüfungszeitraum) erstellt werden. Dies erhöht auch die Abhängigkeit von externen Beratern – und damit die Kosten der Compliance.

Zusätzlich ist zu beachten, dass

Steuerbehörden verschiedener Länder zunehmend kooperieren und sich über die lokalen Dokumentationen austau-schen. Dadurch können inkonsistente oder gar widersprüchliche Darstellun-gen von Sachverhalten zu – vermeidba-ren – Diskussionen oder Nachteilen in anderen Ländern führen. Daher wird es immer wichtiger, dass die lokalen Gesellschaften gegenüber Steuerbehör-den im Verrechnungspreisbereich mit gruppenweit aufeinander abgestimm-ten Dokumenten und Argumentations-linien auftreten.

Vor diesem Hintergrund stellt sich insbesondere für kleinere und mittle-re Unternehmensgruppen die Frage, wie diese Aufgaben mit vertretbarem

Aufwand angegangen werden können. Dabei hat sich in der Praxis ein modu-larer Dokumentationsansatz bewährt. Eine wesentliche Voraussetzung da-für ist jedoch, dass die zugrunde lie-gende Verrechnungspreissystematik tatsächlich dem «arm’s length prin-ciple» genügt. Ist dies nicht der Fall, so sollten zunächst die konzerninter-nen Transaktionen einer gründlichen Analyse unterzogen werden (vgl. Blickpunkt:KMU 3/2011, «Verrech-nungspreise – wo steht Ihr Unterneh-men?», S. 40 ff.).

Dokumentationsprozess als lang-fristige LösungDie Dokumentation von Verrech-nungspreisen sollte nicht als ein jähr-liches, isoliertes Erstellen von Be-richten verstanden werden, sondern vielmehr als über Jahre hinweg fort-laufender und gruppenweit koordi-nierter Prozess. Dabei sollten die fol-

genden Grundsätze beachtet werden:1. Die Verrechnungspreisdokumenta-

tion ist als Minimum- oder Basis-Dokumentation und erste Verteidi-gungslinie zu konzipieren. Sie stellt damit den Einstieg in die Steuer-prüfung dar und sorgt gleichzeitig für die Erfüllung von formalen Vor-lagepflichten (wo möglich: «penalty protection»).

2. Jede Information sollte nur einmal innerhalb des Dokumentations-prozesses in einer Gruppe erhoben werden und damit nur einmal Ein-gang in ein Dokument finden. Da-durch werden Doppelarbeiten und Fehler vermieden.

3. Daran anknüpfend sollte der Doku-

mentationsprozess soweit wie mög-lich zentralisiert werden. Damit wird eine konsistente Darstellung der Sachverhalte ermöglicht. Zu-sätzlich wird sichergestellt, dass die gruppenweit abgestimmte Sichtwei-se auf Verrechnungspreise in den Dokumentationen kommuniziert werden kann.

4. Informationen sollten so darge-stellt werden, dass ein Update in Folgejahren möglichst einfach zu handhaben ist. Dafür empfehlen wir beispielsweise Transaktionsdaten in Form standardisierter ERP-Reports, Beteiligungsübersichten als Anhang aus der Legal-Datenbank, etc. Auf diese Weise können Folgekosten in späteren Jahren reduziert werden. Zusätzlich verringert sich so auch die Abhängigkeit von externen Be-ratern, da viele Arbeiten an der Do-kumentation unternehmensintern ausgeführt werden können.

Durch eine geplante und zentralisierte Herangehensweise können Ressour-cen bei der kurzfristigen Erstellung von Dokumentationen eingespart werden und der Steuerpflichtige kann sich auf die Steuerprüfung selbst kon-zentrieren. Das Vorhalten und die schnelle Vorlage einer Basisdokumen-tation hat dabei auch eine psychologi-sche Dimension. Kann eine akkurate und klar strukturierte Dokumentation im Rahmen von Steuerprüfungen vor-gelegt werden, so wird den Steuerbe-hörden damit auch signalisiert, dass das Unternehmen das Thema Verrech-nungspreise im Griff hat. Auch hier gilt: Der erste Eindruck entscheidet, und weniger ist manchmal mehr. >>

Vorbereitungsphase Wiederkehrender Ablauf des Dokumentaionsprozesses

(ca. 3 Monate) 1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal

• Definition/Design des Dokumenta-tionsprozesses

• Erstellung der Modulstruktur und der Dokumentationsmodule

• Bereitstellen der jährlich zu aktualisierenden Infor-mationen (insb. Transaktionsvolumina)

• Finalisierung der Module für das abgelaufene Jahr

• Anpassung der Dokumentationsmodule bei Ände-rungen im aktuellen Jahr

• Einarbeiten von lokalem Input (z.B. Update der lokalen Beschreibungen)

Erstmalige Implementierung des Dokumentationsprozesses

Fortlaufende Sammlung von Belegen und Kalkulationen sowie Abstimmung zwischen zentralen und lokalen Einheiten

Abbildung 1: Der Dokumentationsprozess im Überblick

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EXPERTENWISSEN

38 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

Eine konsistente, schlanke Dokumen-tation wird erfahrungsgemäss positiv in Steuerprüfungen aufgenommen.

Damit die genannten Vorteile ge-nutzt werden können, muss der Do-kumentationsprozess zunächst im-plementiert und dann kontinuierlich respektive wiederholend ablaufen. Dieser Prozess ist in Abbildung 1 stili-siert dargestellt.

Grundsätzlich sind zwei Schritte zu unterscheiden. Im ersten Schritt («Vorbereitungsphase») ist der ange-dachte Dokumentationsprozess für die Folgeperioden sowie der Aufbau der modularen Verrechnungspreisdoku-mentation zu planen. Dazu gehört das Definieren von Deadlines sowie von zentralen und lokalen Verantwortlich-keiten. Das in dieser Phase erarbeitete Konzept wird dann für die Folgepe-rioden implementiert. Die konzepti-onelle Ausarbeitung erfordert einen gewissen Erstaufwand an interner Abstimmung und externer Beratung. Da dieser Arbeitsschritt die Basis für

die Folgeperioden darstellt, sollte hier gründlich vorgegangen werden. Die realisierten Effizienzgewinne lassen die anfänglichen Anlaufkosten relativ rasch amortisieren. In den Folgeperi-oden werden die Dokumentationen zu definierten Zeitpunkten aktualisiert und für die abgelaufenen Geschäfts-jahre finalisiert. Dies kann zum Bei-spiel nach dem Jahresabschluss im 1. und/oder 2. Quartal geschehen. Wei-terhin erfolgt eine fortlaufende Pflege sowie Sammlung von Belegen für die jeweiligen Geschäftsjahre wie Kalku-lationen oder Nachweise für erbrach-te Dienstleistungen. Dabei hat es sich bewährt, dass die Aktualisierung und Pflege der Dokumentation zentral

gesteuert wird, beispielsweise durch Vorgabe von Terminen, und gleich-zeitig die lokalen Gesellschaften ein-gebunden werden, etwa durch Bereit-stellung von lokalen Informationen.

Als ein praktikables Instrument zur Umsetzung dieses Dokumentations-prozesses hat sich eine modular gestal-tete Verrechnungspreisdokumentati-on erwiesen. Durch den spezifischen Aufbau einer modularen Dokumenta-tion kann der Aufwand für die Pflege und Aktualisierung möglichst gering gehalten werden.

Aufbau einer modularen Verrech-nungspreisdokumentationDie meisten lokalen Vorschriften zur Dokumentation von Verrechnungs-preisen orientieren sich inhaltlich in wesentlichen Teilen an den OECD-Guidelines für Verrechnungspreise. Die Schnittmenge zwischen OECD-Richtlinien und nationalen Doku-mentationsvorschriften ist de facto sehr hoch. Dadurch können Sachver-

halte in den meisten Fällen in allen Jurisdiktionen identisch dargestellt werden. Da in den meisten Unterneh-mensgruppen viele konzerninterne Transaktionen relativ homogen ablau-fen (z.B. kaum Unterschiede im Funk-tions- und Risikoprofil beim Vertrieb nach USA vs. Vertrieb nach Austra-lien) bietet es sich an, gleichartige Sachverhalte auch möglichst stark zu aggregieren und in einzelnen Modu-len zusammenzufassen.

Eine modulare Verrechnungspreis-dokumentation besteht grundsätzlich aus drei Bestandteilen. In Abbildung 2 sind diese drei Module und deren typischer Aufbau nach den OECD-Anforderungen dargestellt.

Im Gruppenmodul werden allge-meine Informationen zur Unterneh-mensgruppe zusammengefasst, die vor allem einen Überblick verschaffen sollen. Das Gruppenmodul wird von jeder lokalen Gesellschaft in identi-scher Form verwendet. Somit kann dieses Modul als eine Art Einführung angesehen werden.

Das «Company-Modul» wird für jede Gruppengesellschaft individuell angefertigt. Es enthält eine Beschrei-bung der lokalen Gesellschaften, ihrer Charakteristika und ihrer Tätigkeiten (z.B. eine einfache Vertriebsgesell-schaft für ein bestimmtes Produkt-sor-timent im Land XY). Weiterhin enthält dieses Modul die Volumina der kon-zerninternen Transaktionen, in denen die Gesellschaft involviert war.

Im Company-Modul werden die Transaktionsvolumina dargestellt. Die Beschreibung und Analyse der jeweiligen Transaktion (z.B. von Wa-renlieferungen) erfolgt allerdings in dem jeweiligen Transaktionsgruppen-modul. Die Darstellung wird dabei möglichst neutral und allgemeingültig gehalten, so dass die Beschreibungen ebenfalls von allen Gesellschaften in identischer Form verwendet werden können.

Dabei hängt es natürlich vom Ein-zelfall ab, welche Informationen ge-nau in welchem Modul am besten aufgehoben sind. Ziel ist es in jedem Fall, möglichst viele Informationen in Module einzubringen, die von al-len oder zumindest mehreren Gesell-schaften verwendet werden können. Die Verrechnungspreisdokumentati-on für eine Gruppengesellschaft be-steht dann aus einem Gruppenmo-dul, einem unternehmensspezifischen Company-Modul und den relevanten Transaktionsgruppenmodulen.

Berücksichtigung von lokalen Besonderheiten und einmaligen SachverhaltenIn verschiedenen Ländern sind ge-setzliche Besonderheiten zu beach-ten wie bestimmte lokal benötigte Informationen, Bestätigungen eines Revisors, Vorlage der Dokumentati-

1. Gruppenmodul + 2. Company-Modul +

Transaktionsgruppen-Module

= Verrechnungspreis-dokumentation für eine Gruppengesell-schaft

3.A Warenlieferungen

3.B Dienstleistungen

3.C Lizenzen

3.D ...

Abbildung 2: Typischer Aufbau nach OECD-Anforderungen

Page 39: Blickpunkt 1-2/2012

38 BLICKPUNKT · MÄRZ 201238 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

on nur in Landessprache oder Ähnli-ches. Eine weitgehend zentral erstellte modulare Dokumentation kann ohne weitere lokale Anpassungen nicht al-len diesen Vorschriften vollumfäng-lich genügen. Insofern ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, welche lokalen Anpassungen oder Ergänzungen noch vorzunehmen sind. Erfahrungsgemäss wird es in der Regel möglich sein, die-se Ergänzungen im Rahmen der Mo-dulstruktur vorzunehmen, z.B. durch Erweiterung des Gesellschaftsmoduls. In einigen Fällen wird es eventuell notwendig sein, weitergehende An-passungen vorzunehmen, die auch an-dere Module betreffen. Auch in diesen Fällen wird der Aufwand aber gegen-über einer komplett lokal erstellten Dokumentation regelmässig geringer ausfallen, da nicht von null gestartet werden muss, sondern bereits auf ei-ner gruppenweit konsistenten Basis aufgebaut werden kann.

Zu den lokalen Besonderheiten kann auch die Dokumentation von sogenannten «aussergewöhnlichen Geschäftsvorfällen» zählen. Dazu zählen insbesondere Funktionsverla-gerungen (z.B. Verlagerung von Teilen der Produktion an eine ausländische Gruppengesellschaft und andere An-passungen im Geschäftsmodell) oder sonstige Veränderungen des Funk-

tions- und Risikoprofils einer Gesell-schaft. Bei solchen aussergewöhnli-chen Geschäftsvorfällen gelten in den meisten Ländern verschärfte Doku-mentationsvorschriften respektive Pflichten zur zeitnahen Erstellung. Im Rahmen des Dokumentationspro-zesses können solche Sachverhalte in den lokalen Modulen dargestellt und damit in der Regel die formalen Vorla-gepflichten rechtzeitig erfüllt werden. Die zeitnahe Dokumentation solcher Sachverhalte ist auch deshalb wich-tig, weil Steuerbehörden oftmals dazu neigen, aussergewöhnliche Geschäfts-vorfälle überzuinterpretieren und ent-sprechenden Prüfungsaufwand be-treiben.

Zusammenfassend bleibt festzu-halten, dass es sich lohnt, das Thema «Verrechnungspreisdokumentation» langfristig und zentral koordiniert zu handhaben. Die Qualität der Doku-mentation kann dadurch insgesamt erhöht werden, und anfängliche Kos-ten der Implementierung amortisie-ren sich schnell. Oder mit den Wor-ten eines Mandanten nach Abschluss eines Projektes: «Das hätten wir auch früher haben können, damit hätten wir uns manchen Ärger erspart.» Zur Entscheidung für einen koordinierten Dokumentationsprozess führt immer öfters auch die Überlegung, dass die

Anzeige

Zu den AutorenGerhard Foth (LL.M. (oec.), Dipl.-Vw., Senior Manager, [email protected]), und Dr. Andreas Wiesner (Dipl.-Kfm., Senior Consultant, [email protected]) sind bei der KPMG AG im Bereich Global Transfer Pricing Services in Zürich tätig. Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit sind die besonderen Bedürfnisse mittelstän-discher Unternehmen rund um das Thema Verrechnungspreise. Sie sind darauf spezialisiert, mit praktischen Lösungsansätzen KMU in Einklang mit den steuerlichen Anforderungen zu bringen. www.kpmg.ch

Existenz von Verrechnungspreisdo-kumentationen zunehmend auch aus-serhalb von Steuerprüfungen relevant wird. So zum Beispiel im Rahmen der prozessbezogenen Jahresabschlussprü-fung oder auch von M&A-Transaktio-nen, wenn etwa ein Unternehmen oder Teile eines Unternehmens verkauft werden sollen. Das Fehlen von Do-kumentationen oder eines geeigneten Dokumentationsprozesses kann in die-sen Fällen als steuerliches Risiko mit entsprechenden Auswirkungen klassi-fiziert werden.

Page 40: Blickpunkt 1-2/2012

40 BLICKPUNKT · MÄRZ 20124040 BLICKPUNKT · BLICKPUNKT · MÄRZMÄRZ 2012 2012

EXPERTENWISSEN

40 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

DURCHSETZBARKEIT VON FORDERUNGEN

GRENZÜBERSCHREITENDER GESCHÄFT SVERKEHR

Autor: Georg J. Wohl

Mit anderen Worten stellt sich die Frage, inwieweit schwei-zerische Schuldner die Voll-

streckung in der Schweiz durch auslän-dische Gläubiger zu befürchten haben.

Zunächst können wir festhalten, dass in Bezug zur Vollstreckung von ausländischen Rechtsansprüchen in der Schweiz die gleichen Grundsätze gelten wie bei der Vollstreckung von schweizerischen Rechtsansprüchen im Ausland. Auch die Schweiz respektive der schweizerische Staat behält sich das Recht vor, als Inhaber der Staatsgewalt die Zwangsvollstreckung auf dem eige-nen Staatsterritorium unter Ausschluss der ausländischen Behörden zu vollzie-hen. Ein ausländischer Gläubiger muss sich somit bei der Durchsetzung seiner Rechte mit mindestens zwei Rechtsord-nungen auseinandersetzen. Einerseits mit der Rechtsordnung seiner Heimat, sofern er dort beispielsweise ein Ge-richtsurteil gegen den schweizerischen Schuldner erstritten hat. Andererseits mit den schweizerischen Gesetzen und Rechtsübungen zur Zwangsvollstre-

Ausländische Forderungen: Vollstreckung nur durch Schweizer Behörden

In Ausgabe 6-7/2011 wurde ein Überblick über die Probleme bei der Vollstreckung von Rechtsansprüchen im Ausland gegeben.

Als Fortsetzung werden einige Aspekte der Durchsetzung von aus-ländischen Rechtsansprüchen in der Schweiz beleuchtet.

Page 41: Blickpunkt 1-2/2012

40 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

ckung, falls er das im Ausland erstritte-ne Urteil auch wirklich in der Schweiz vollstrecken lassen will. Freilich spielt diese sogenannte Spaltung der Rechts-ordnungen in der vorliegend interes-sierenden Konstellation eher zu Guns-ten des schweizerischen Schuldners, da er sich nicht auf fremdem Territorium bewegen muss. Indessen hilft ihm die-ser Wissensvorsprung wenig, falls sich der ausländische Gläubiger von einem schweizerischen Anwalt beraten lässt, was bei grösseren Forderungen im Ge-schäftsverkehr regelmässig der Fall sein dürfte. Im Gegensatz zu gewissen ausländischen Rechtsordnungen ver-fügen wir in der Schweiz über einen realen Rechtsstaat mit einem korrup-tionsfreien Behördenapparat, der die Gleichbehandlung von schweizerischen und ausländischen Verfahrenspartei-en gewährleistet. Überspitzt formuliert könnte man behaupten, dass bei vor-handenem Vermögen des schweizeri-schen Schuldners, dem sogenannten Vollstreckungssubstrat, die Schweiz als ein wahres Vollstreckungsmekka be-zeichnet werden kann.

Sofern sich der zu vollstreckende Rechtsanspruch auf die Zahlung einer bestimmten oder bestimmbaren Summe Geld bezieht, gelangt ausschliesslich das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) zur Anwendung. Bei der ordentlichen Betreibung sind die Behörden am Wohnsitz respekti-ve Sitz des Schuldners zuständig. Das schweizerische Zwangsvollstreckungs-recht bei Geldsummen zeichnet sich durch das im europäischen Kontext ein-zigartige Kuriosum aus, dass jeder gegen jeden, also ohne dass er den Beweis über den Bestand der zu vollstreckenden For-derung erbringen müsste, eine Betrei-bung einleiten kann. Dieser Umstand wird in der Geschäftspraxis durchaus als Druckmittel eingesetzt, ist doch aus dem sogenannten Betreibungsre-gisterauszug die Begründetheit einer Betreibung nicht ersichtlich, sodass

diese regelmässig kreditschädigende Wirkung entfaltet. Bei der Betreibung von schweizerischen Schuldnern durch ausländische Gläubiger ist dies nicht an-ders. Auch ausländische Gläubiger kön-nen ohne weiteres unter Bezahlung der geforderten Gebühren jeden Schuldner in der Schweiz betreiben lassen. Ein be-sonnener Schuldner wird innerhalb der Zehntagesfrist den sogenannten Rechts-vorschlag erheben, den er ebenfalls nicht begründen muss. Dadurch wird die Betreibung vorerst eingestellt. Da-mit die Betreibung fortgesetzt werden kann, muss der ausländische Gläubiger den Rechtsvorschlag beseitigen. Hierzu hat er drei Möglichkeiten. Erstens die definitive Rechtsöffnung zweitens die provisorische Rechtsöffnung, oder drit-tens eine gewöhnliche Klage vor dem zuständigen Gericht.

Definitive RechtsöffnungDie definitive Rechtsöffnung kommt grundsätzlich nur in Frage, wenn der Gläubiger über ein rechtskräftiges und vollstreckbares Gerichtsurteil verfügt. Hat der Gläubiger ein rechtskräftiges Urteil im Ausland erstritten, ist dieses Urteil nicht automatisch auch in der Schweiz vollstreckbar. Dieses Urteil muss oder kann der ausländische Gläu-biger sozusagen vorfrageweise durch das Rechtsöffnungsgericht anerkennen und für vollstreckbar erklären lassen (Exequaturverfahren). Hier haben vor allem Gläubiger gute Karten, die ein rechtskräftiges Zivilurteil in einem Mitgliedstaat des Lugano-Übereinkom-mens erstritten haben. Abgesehen >>

Die Schweiz kann als wahres Vollstreckungsmekka

bezeichnet werden

40 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 41

Page 42: Blickpunkt 1-2/2012

EXPERTENWISSEN

von Fällen, in welchen das ausländi-sche Gericht die Verteidigungsrechte des schweizerischen Schuldners krass verletzt hat, wird das schweizerische Gericht das ausländische Urteil regel-mässig anerkennen müssen und für vollstreckbar erklären. Und zwar ohne die Überprüfung, ob das Urteil von der Sache her richtig oder falsch ist. Man kann sich also in einer aus-ländischen Streitsache, die unter das Lugano-Übereinkommen fällt, nicht zurücklehnen in der Meinung, die schweizerischen Gerichte würden den ausländi-schen Entscheid notfalls korri-gieren. Handelt es sich um ein Urteil aus einem Staat, der nicht dem Lugano-Übereinkommen beige-treten ist, kommen allfällige bilaterale Staatsverträge zum Zug – in Ermange-lung solcher Staatsverträge schliesslich die Vorschriften des schweizerischen internationalen Privatrechts (IPRG). Im Gegensatz zum Lugano-Übereinkom-men sind die Anerkennungsvorschrif-ten des IPRG teilweise strenger, sodass hier die Möglichkeit besteht, einem Ur-teil, das die tragenden Grundsätze des schweizerischen Rechtsverständnisses verletzt, allenfalls die Anerkennung zu versagen. Zumindest immer dann, wenn ein schweizerisches Urteil im betreffenden ausländischen Staat auch nicht anerkannt würde.

Provisorische RechtsöffnungVerfügt der ausländische Gläubiger über kein rechtskräftiges Gerichtsur-teil, kann er versuchen, eine sogenannte Schuldanerkennung geltend zu machen, um so zumindest die Betreibung wieder in Gang zu setzten. Es liegt dann am schweizerischen Schuldner, das Ge-richt anzurufen zwecks Feststellung, dass die in Betreibung gesetzte Forde-rung nicht (mehr) besteht. Ob für die-sen sogenannten Aberkennungsprozess das schweizerische oder ausländische Gericht zuständig ist, bestimmt sich

nach Gesetz oder nach einer allfälligen Gerichtsstandsvereinbarung. Ein provi-sorisches Rechtsöffnungsverfahren je-denfalls begründet in der Regel keinen gültigen Gerichtsstand in der Schweiz. Das Gesetz macht keinen Unterschied zwischen inländischen und auslän-dischen Schuldanerkennungen. Jede

Urkunde, die einen bestimmten Geld-betrag erwähnt und vom Schuldner unter Hinzufügung der eigenhändigen Unterschrift anerkannt wird, genügt. In Frage kommen nebst der klassi-schen eigenhändigen Schuldanerken-nung Vergleichsvereinbarungen oder, was sich immer grösserer Beliebtheit erfreut (insbesondere bei Darlehens-gläubigern), sogenannte vollstreckbare öffentliche Urkunden eines ausländi-schen Notars. Nicht ausreichend sind Rechnungen des Gläubigers, selbst wenn diese Rechnungen auf einem gül-tigen schriftlichen Vertrag basieren. Wird die Rechtsöffnung nicht bewilligt, muss der Gläubiger zwingend das or-dentliche Gericht anrufen und ein Ge-richtsurteil erstreiten.

Ordentliche Klage vor GerichtWie beim Aberkennungsprozess be-gründet ein Rechtsöffnungsverfah-ren in der Schweiz nicht automatisch auch eine Gerichtszuständigkeit für einen ordentlichen Zivilprozess (An-erkennungsprozess). Vielmehr behält auch in diesem Fall eine allfällige vertragliche Gerichtsstandsklausel grundsätzlich ihre Gültigkeit respek-tive bestimmt sich die gerichtliche Zuständigkeit nach dem IPRG. Bei ei-

ner Klage vor einem schweizerischen Gericht ohne vorherige Betreibung kommen die Vorschriften des SchKG gar nicht erst zur Anwendung. Ob-siegt der ausländische Schuldner vor einem schweizerischen Gericht, kann er das Urteil selbstredend ohne weite-res in der Schweiz vollstrecken lassen.

Wurde bereits eine Betrei-bung angehoben, aber mit-tels Rechtsvorschlag einge-stellt, wird der Richter den Rechtsvorschlag beseitigen und die Fortsetzung der Betreibung anordnen. Dies führt bei Geschäftsschul-den von KMU, die regel-mässig als Personengesell-

schaften oder Kapitalgesellschaften im Handelsregister eingetragen sind, zur Konkursandrohung.

SchlussbemerkungDie obige Darstellung skizziert lediglich gewisse Aspekte der Durchsetzung von ausländischen Rechtsansprüchen in der Schweiz. Gewisse Vollstreckungsmög-lichkeiten wie insbesondere der Arrest konnten wegen des beschränkten Um-fanges nicht thematisiert werden. Jeder Rechtsfall ist für sich genommen ein Unikat und bedarf deshalb einer genau-en Analyse.

42 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

Zum Autor:Georg J. Wohl ([email protected]), Rechtsanwalt LL.M, ist Wirt-schaftsanwalt in der Schweiz und in Ungarn. Dieser Bericht basiert auf der Praxiserfahrung des Autors im Zusammenhang mit seiner Beratungstätigkeit für international tätige Unternehmen.

Das Gesetz macht keinen Unterschied zwischen in- und aus-ländischen Schuldanerkennungen

Page 43: Blickpunkt 1-2/2012

42 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

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Page 44: Blickpunkt 1-2/2012

EXPERTENWISSEN

44 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

MACHT, NEUGIER, TEAM …

Missverständnisse vermeiden und Konfl ikte klären – das verspricht das Modell der 16 Lebensmotive.

REISS-PROFIL

Autorin: Uta Rohrschneider

Seit den 90er Jahren geht Professor Steven Reiss an der Ohio State Uni-versity in den USA der Frage nach,

was Menschen dazu bewegt, etwas zu tun, und was sie in ihrem Leben wirklich moti-viert. Er wollte herausfi nden, welches die Antreiber menschlichen Handelns sind, und hat im Laufe seiner Forschungen 16 Lebensmotive als Hauptmotivatoren ermit-telt. Diese Grundmotive prägen das Han-deln des Menschen; oft auch unbewusst. Sie sind der Motor, der das Handeln be-stimmt, individuell wie ein Fingerabdruck.

Wie Konfl ikte entstehenWo immer Menschen zusammen-kommen, begegnen sich individuelle

Charaktere mit konkreten Lebenshin-tergründen, verschiedenen Welt- und Wertvorstellungen sowie unterschied-lichen psychischen Veranlagungen. Es gibt Menschen, die sofort einen Draht zueinander haben, und andere, die sich «nicht riechen» können.

Die Unterschiede zwischen Mitar-beitern sorgen im richtigen Mass für gegenseitige Ergänzung und Befruch-tung. Überdosiert können Sie zu Kon-fl ikten führen, die Effektivitätseinbus-sen nach sich ziehen. Die Praxis lehrt, dass sich diese Konfl ikte nicht einfach mit ein paar guten Gesprächen oder mit Führungsdruck beheben lassen. Per-sönlichkeitseigenschaften können so

tief in den Menschen verankert sein, dass man sie nicht im Handstreich mo-difi zieren kann.

Konfl ikte sind keine Katastrophen – wenn man sie nicht dazu werden lässtKonflikte lassen sich nie vermeiden und sind nicht immer die Folge von Sturheit und Quertreiberei. Oft entste-hen sie durch die persönlichen Brillen, mit denen die Beteiligten auf die Welt schauen und wegen denen sie sich nicht in die emotionale Welt der anderen hin-einversetzen können. In Konfliktsitua-tionen kommt es für Sie als Führungs-kraft darauf an, die Beteiligten mit ihren Motiven, Werten und Emotionen

Entstehung von Konflikten: Oft durch subjektive Sichtweise verursacht

Page 45: Blickpunkt 1-2/2012

ernst zu nehmen. Wichtig ist, zu reali-sieren, dass die Charakterzüge des an-deren nicht schlechter sind und weder Bedrohung noch Angriff darstellen. Sie sind ein Ausdruck von Individualität.

Vom Missverständnis zur Werte-tyranneiNach der Theorie von Steven Reiss be-ginnen Konflikte zunächst mit einem Missverständnis, bei dem die Betrof-fenen das Verhalten des anderen nicht verstehen, weil ihnen dessen Motive und Werte fremd sind. «Nicht-Verste-hen» wird schnell zum «Miss-Verste-hen». Diese Missverständnisse müssen keine gravierenden Auswirkungen ha-

ben, wenn etwa der ordnungsliebende Strukturanhänger und der eher unor-ganisierte Kreativkopf nur geringe arbeitsbezogene Berührungspunkte haben. Wenn beide aber ernsthaft zu-sammenarbeiten müssen, können die unterschiedlichen Motive (Ordnung- und Strukturstreben versus Spontanei-tät und Freiheitsdrang) kollidieren.

Schreitet der Konflikt voran, tritt zum Missverstehen die Selbstillusion hinzu. In ihr hält jeder seine Werte und Sicht der Dinge für die einzig richti-gen. Geschieht nichts, kommt es zu einem offenen Konflikt und Wertety-rannei. Einer versucht den anderen zu überzeugen (oder ihm aufzuzwingen),

dass seine Werte die richtigen sind. So wird etwa der Ordnungsmotivierte den Spontanen zum akribischen Einhalten einer Dokumentenstruktur zwingen wollen, weil anderenfalls das gesamte Projekt zu scheitern droht. Da der Kre-ativ-Spontane sich dies kaum gefallen lassen wird, haben Sie jetzt einen of-fenen Konflikt im Team. Statt gegen-seitiger Toleranz herrscht emotionale Ablehnung.

Gewitter im Anzug: Die vier KonfliktebenenKonflikte können auf vier verschiede-nen Ebenen entstehen:• Sachebene >>

Motiv Schwache Ausprägung (rot) Starke Ausprägung (grün)

Menu Unterstützung, Menschenorientierung Erfolg, Leistung, Führung, Einfl uss, Entscheiden

TeamorientierungFreiheit, Autarkie, Unabhängigkeit, Selbstbestimmung

Zugehörigkeit, Verbundenheit, Gemeinsamkeit, Wir

NeugierPraktisches Handeln, Umsetzung, Wissen anwenden

Wissbegier, Verstehenwollen, geistige Durchdringung

AnerkennungSelbstbewusstsein zeigen, eigene Stärken beweisen

soziale Akzeptanz, Zugehörigkeit, Wertschätzung

OrdnenFlexibilität, Veränderung, Kreativität, Regelfreiheit

Klare Struktur, Stabilität, Systematik, Ordnung, Regeln

Sammeln / Sparen Freiheit von Materiellem, Grosszügigkeit Anhäufung von Gütern, sammeln, bewahren

Ehre Loyalität, Moral, Prinzipien, Tradition, Tugend, Werte Ergebnis- und Nutzenorientierung, Eigeninteresse

Idealismus Gerechtigkeit für die eigene Person Soziale Gerechtigkeit, Fairness, Uneigennützigkeit

Beziehungen Zeit für sich selber, Alleinsein, soziale Ruhe, Rückzug Freundschaft, Nähe, Kontakt, Austausch, Spass

Familie Kinderfreiheit, partnerschaftlicher Umgang mit Kindern Familienleben, fürsorgliche und behütende Erziehung

Status Genügsamkeit, Bescheidenheit, Gleichheit Prestige, Aufmerksamkeit, Ansehen, Elitärsein

Rache / Wettkampf Harmonie, Kooperation, Win-Win, Konfl iktfreiheit Wettbewerb, Gewinnen, Konkurrenz, Kampf, Rache

Schönheit Askese, Zweckmässigkeit Ästethik, Genuss an schönen Dingen

Essen Essen als Nahrungsaufnahme, satt werden Essen als Genuss, Freude am Essen, Kochen

Körperliche Aktivität Körperliche Ruhe Sport, Bewegung, Fitness

Emotionale Ruhe Abenteuer, Veränderung, Risiko, Unternehmungen Entspannung, Sicherheit, Vorhersehbarkeit

Die sechszehn Lebensmotive nach Steven Reiss

Die 16 Lebensmotive werden über einen Fragebogen mit 128 Aussagen ermittelt wie zum Beispiel «Es beunruhigt mich zutiefst, wenn mein Herz schnell schlägt» oder: «Ich ärgere mich sehr, wenn ich in aller Öffentlichkeit einen Fehler mache». Jede Motivausprägung wird anhand von acht Aussagen ermittelt, die auf einer Skala von – 3 bis + 3 bewertet werden. Der Fragebogen kann online ausgefüllt werden, die Auswertung wird automatisiert erstellt. Die Motivausprägungen werden in einem Diagramm dargestellt. Dieses stellt jedes Motiv über die Farbe und Länge eines Balkens in seiner qualitativen und quantitativen Aus-prägung dar. In einem individuellen Rückmeldegespräch mit einem ausgebildeten und zertifizierten Reiss Profile Master werden dann die Ergebnisse besprochen.

44 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012 45

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EXPERTENWISSEN

46 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

Zur AutorinUta Rohrschneider ist Management-beraterin, Trainerin und geschäfts-führende Gesellschafterin bei der Managementberatung grow.up in Gummersbach. Nach langjähri-ger Tätigkeit in der Personal- und Führungskräfteentwicklung berät sie heute Kunden im Human Resources Management in der Konzeption, Implementierung und Umsetzung von Personalentwicklungsprojekten. www.machtneugierteam.de

• Prozessebene• Rollen- / Beziehungsebene• Sinnebene

Konflikte können eine Art Karriere über die vier Konfliktebenen hinweg machen. Auf jeder Ebene kann ein Konflikt mit Mitteln der Moderation oder Mediation auch wieder gelöst werden. Konflikte, die wegen man-gelnder Intervention alle vier Stadien durchlaufen, können zu hartnäckigen

Teamproblemen führen.

Auf der Sach-ebene geht es um einen Sachverhalt an sich. Der Kon-flikt dreht sich inhaltlich darum, was getan werden muss.

Ungelöste Konfl ikte der Sachebene ten-dieren dazu, sich auf die Prozessebene zu verlagern, können aber auch dort erst entstehen. Auf dieser Ebene geht es um die Frage: Wie tun wir etwas?

Auf der Beziehungs- oder Rollen-ebene wird es persönlich. Die Kon-fliktparteien sprechen sich gegenseitig Kompetenzen ab und opponieren ge-gen den Wertekanon des anderen. Spä-testens jetzt müssen Sie als Führungs-kraft vermittelnd eingreifen, damit grössere Schäden im Team vermieden werden.

Den Höhepunkt erreichen Konflik-te auf der Sinnebene, auf der man sich fragt, ob eine gemeinsame Tätigkeit überhaupt noch einen Sinn hat. Doch selbst hier lässt sich der gestörte Frie-den wiederherstellen. Allerdings be-darf es jetzt einer überaus erfahrenen Mediation, um den entstandenen Scha-den wieder zu beheben.

Den Riss kitten – worauf es bei der Mediation ankommtNach Steven Reiss können die Ursa-chen von Missverständnis, Selbstillu-sion und schlimmstenfalls Wertetyran-nei nicht nach Kriterien von «richtig» und «falsch» beurteilt werden, sondern sind immer Ausdruck der Individuali-tät eines Menschen. Eine Konfliktmo-

deration wird demnach nicht darauf abzielen, eine Entscheidung zu treffen oder gar ein Urteil über die mensch-lichen Qualitäten der Betroffenen zu fällen. Es kommt vielmehr darauf an• die unterschiedlichen Sichtweisen

und Motive aufzudecken,• zu verdeutlichen, dass es in dem

Konflikt nicht um ein «Gegeneinan-der», sondern um unterschiedliche Werte und Bedürfnisse geht,

• die Vor- und Nachteile der einzelnen Sichtweisen / Vorgehensweisen dar-zustellen,

• mögliche Synergien zwischen bei-den Vorgehensweisen zu verdeutli-chen und

• eine Einigung für das Vorgehen in der aktuellen Situation herbeizufüh-ren.

Der Ablauf – welche Rahmen-bedingungen für die Konfliktlösung nötig sindNatürlich haben auch Führungskräfte ihre eigenen Antreiber und Wertvor-stellungen. Nur wenn Sie sich dessen bewusst sind und davon ebenso abstra-hieren können, so wie Sie es von den Konfliktparteien erwarten, sollten Sie die Mediation selbst durchführen. Wenn Sie selbst stark emotional involviert sind oder von betrieblichem Erfolgsdruck beeinflusst werden, übertragen Sie die Vermittlung besser einem erfahrenen und unparteiischen Dritten.

Um eine Mediation zum Erfolg zu führen, haben sich bestimmte Vorge-hensweisen bewährt. Sie sollten• die Konfl iktparteien an einen Tisch

bringen,• den wirklichen Willen zur Konfl ikt-

lösung klären,• den Zeitrahmen des Gesprächs de-

fi nieren (ausreichend, aber nicht zu lang),

• eine ruhige und ungestörte Atmo-sphäre herstellen,

• die Regeln für die Gesprächsführung vereinbaren,

• für eine nicht-konfrontative Sitzposi-tion sorgen: Kein Tisch zwischen den Kontrahenten bzw. nicht gegenüber am Tisch sitzen lassen,

• die eigene Position als «Moderator»

Den Höhepunkt erreichen Konflikte, wenn man den Sinn der

Zusammenarbeit in Frage stellt

Page 47: Blickpunkt 1-2/2012

46 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

Uta RohrschneiderMacht, Neugier, Team …Mitarbeiter individuell führen und motivieren mit dem Reiss-MotivationsprofilGabler Verlag, Wiesbaden 2011224 Seiten, broschiertISBN: 978-3-8349-2459-9CHF 49.90 (CH)

und die damit verbundene inhaltli-che und personelle Neutralität dar-stellen und durchhalten sowie die «Funktionsmacht» zur Einhaltung des Prozesses verdeutlichen,

• den Konflikt verbalisieren und da-mit offen legen: Von beiden Partei-en den Konflikt, das Thema formu-lieren lassen. Klären, wo der wahre Konflikt liegt, damit dieser auf der richtigen Ebene bearbeitet werden kann,

• die eigene Position und Grundhal-tung als Moderator immer wieder überprüfen: Beide Kontrahenten gleich sehen und jeden für sich als «okay» betrachten,

• die Lösungssuche immer wieder forcieren,

• eine Vereinbarung zur Konfliktlö-sung treffen und festhalten: Definie-ren, was bei einem erneuten Aufbre-chen des Konflikts passiert.

Hinsichtlich der unterschiedlichen Motivationen, die zum Konflikt ge-führt haben, ist es wichtig, die Emo-tionalität der Kollegen offen anzu-sprechen. Haben beide Kollegen ein Motivationsprofil, ist dies anhand der erkennbaren Motivgegensätze leicht möglich. Anderenfalls ist es wichtig, die Kollegen intensiv zu befragen, um die unterschiedliche Emotionalität of-fenzulegen:• Was ärgert dich?• Was kannst du nicht verstehen /

akzeptieren?• Was verunsichert dich?• Was denkst du, was will der Kollege

damit erreichen? Was ist seine In-tention?

• Was wünschst du dir? • Warum ist dir das so wichtig?• Was empfindest du, wenn du dich

anders verhalten musst?• Ärgert dich das Verhalten der Kol-

legen generell oder nur bei diesem Kollegen?

Wenn Sie diese und die Regeln der Mediation beherzigen, stehen die Chancen gut, aus Entzweiung wieder Einigkeit entstehen zu lassen, ohne dass einer der Konfliktpartner zu ei-

nem Verhalten gezwungen wird, das seiner Persönlichkeit zu sehr wider-spricht.

Die Betroffenen lernen, dass ihr Gegenüber ihnen persönlich gar nichts «Böses» will. Sein Verhalten ist nicht schlecht oder schlechter als das eige-ne, sondern wird von anderen Grund-motiven geleitet. Dieses im Rahmen der Gespräche gewachsene Verständ-nis für den anderen wird sich im Fall erneuter Meinungsverschiedenheit deeskalierend auswirken. Diskussi-onen über betriebliche Abläufe wer-den unter dem Schirm gegenseitiger Wertschätzung des anderen ablaufen, und deren Lösung wird im Regelfall bereits auf der Sachebene erfolgen können.

Aber Sie können auch präventiv etwas tun. Wenn Ihre Mitarbeiter das eigene und die Reiss-Profile der an-deren kennen – deren Einverständnis vorausgesetzt –, weiss jeder, welche Motive seine Kollegen am stärksten bewegen. Das Konfliktpotenzial wird erheblich reduziert, das gegenseitige Verständnis und die Akzeptanz des anderen Verhaltens und Denkens deut-lich erhöht. Ganz nebenbei erleichtern Sie sich als Führungskraft Ihre Füh-rungsarbeit deutlich.

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Page 48: Blickpunkt 1-2/2012

EXPERTENWISSEN

MÄZENATENTUM FÜR UNTERNEHMEN

STEUERRECHTLICHE ASPEKTE

Autor: William Fata

In der Schweiz zählen Banken und Versicherungsgesellschaft en zu den wichtigsten Mäzenen. Interessan-

te Erkenntnis: Die investierten Beträge hängen kaum davon ab, ob der Mäzen vermögend oder eher «bescheiden» ist. Sehr wohl lassen sich aber markante Un-terschiede feststellen, was die Empfänger der entsprechenden Leistungen betrifft . Die bescheidenen Mäzene richten ihre Leistungen eher an Vereine und frei-schaff ende Künstler, wobei die vermö-genden Mäzene diese an wichtige und bekannte Institutionen fl iessen lassen.

AllgemeinesEs gibt in der Schweiz keine gesetzliche Defi nition des Mäzenatentums. In ande-ren Ländern, in Frankreich zum Beispiel, lässt sich eine offi zielle Defi nition des Be-griff s fi nden. Im «Journal Offi ciel des 31 janvier 1989 et 22 septembre 2001 relatifs à la terminologie économique et fi nanci-ère» wird Mäzenatentum als materielle Unterstützung zugunsten eines karita-tiven Werkes oder einer Privatperson ohne unmittelbare Gegenleistung ver-standen, wobei der Leistungsempfänger

Mäzenatentum: In der Schweiz ohne gesetzliche Definition

48 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

Um als Mäzen steuerrechtliche Vorteile erlangen zu können, müssen strenge Voraussetzungen erfüllt

werden. Gleiches gilt für die Leistungsempfänger.

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einen öff entlichen oder gemeinnützigen Zweck im Bereich der Kultur, Solidarität oder Umwelt verfolgen muss. Negativ ausgedrückt unterscheidet sich das Mä-zenatentum vom Sponsoring durch das Fehlen einer Gegenleistung: Der Mäzen verlangt keine Gegenleistung, dagegen verpfl ichtet sich der Sponsor zusammen mit dem Leistungsempfänger zu einer Leistung kommerzieller Natur, wobei sich der Sponsor einen direkten Gewinn erhofft .

Beispiel für MäzenatentumEin Unternehmen überträgt seine Sammlung moderner Kunst an ein Museum. Der Name des Unternehmens ist auf allen Kommunikationsmitteln des Museums zu lesen, und es wird noch in der nationalen und internationalen Presse davon berichtet. Das Unternehmen verschickt an sein ganzes Per-sonal Einladungen, hat vier PR-Abende vorgesehen (dabei wer-den alle Unkosten vom Unternehmen übernommen) und gestaltet seine In-ternetseite so, dass seine Tätigkeit als Mäzen dargestellt und eine virtuelle Besichtigung des Museums angeboten wird. Der Name des Mäzens wird mit den Tätigkeiten des Leistungsempfän-gers in Verbindung gebracht. Es ent-steht aber eine krasses Missverhältnis zwischen den angebotenen Gegenleis-tungen und dem Wert der freiwilligen Leistung.

Beispiel für SponsoringEin grosses Getränkeunternehmen unterstützt finanziell eine Veranstal-tung. Sein wichtigstes Markenzeichen erscheint auf allen Kommunikations-mitteln und die Veranstaltung wird auch in den verschiedenen Werbe-kampagnen des Unternehmens einbe-zogen. Als Gegenleistung verschafft der Veranstalter dem Unternehmen die Exklusivität für den Verkauf des

Getränks bei der Veranstaltung. Die Finanzierung des Unternehmens zielt also auf Gewinn ab.

Die Erscheinungsformen des Mäze-natentumsIn der Praxis werden drei Hauptformen von Mäzenatentum unterschieden:• Die verbreitetste Form des Mäzena-

tentums ist das finanzielle Mäzena-tentum. Hier geht es um eine freiwil-lige Geldleistung, die bezifferbar ist.

• Die zweitwichtigste Form ist das Mäzenatentum in Form einer Sach-leistung wie zum Beispiel einem

Fahrzeug, Dienstleistungen, Kommu-nikationsmittel, Mobiliar oder Güter, die in Verbindung mit der Tätigkeit des Leistungsempfängers stehen.

• Die dritte Form ist das Kompetenz-mäzenatentum. Hier geht es um Fachkompetenzen, die von Experten zur Verfügung gestellt werden. Die-ser Ausprägung kommt besondere Bedeutung zu, da sie eine Zusam-menarbeit zwischen den Experten und den Mitarbeitern des Unterneh-mens und somit die Erlangung neu-er Kenntnisse und Arbeitsmethoden ermöglicht.

Steuerrechtliche Aspekte des Mäzena-tentumsDas Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der di-rekten Steuern der Kantone und Ge-meinden (StHG) und das Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direk-te Bundessteuer (DBG) ermöglichen Unternehmen, als Mäzen tätig zu sein.

Darunter fallen Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, Vereine, Stiftungen sowie alle übrigen juristischen Perso-nen, die aufgrund persönlicher oder wirtschaftlicher Zugehörigkeit steuer-pflichtig sind, weil sich ihr Sitz oder ihre tatsächliche Verwaltung in der Schweiz befindet (Art. 20 ff. StHG i.V.m. Art. 49 ff. DBG).

Unternehmen mit Sitz in der Schweiz haben die Möglichkeit, freiwillige Leis-tungen bis zu dem nach kantonalem Recht bestimmten Ausmass von ihrem Reingewinn abzuziehen, sofern es sich um Leistungen an Bund, Kantone, Ge-

meinden und deren Anstalten (Art. 25 Abs 1 Bst. c StHG) oder an juristische Personen mit Sitz in der Schweiz han-delt, die im Hinblick auf ihre öffentlichen oder gemeinnüt-zigen Zwecke von der Steu-erpflicht befreit sind (Art. 23 Abs 1 Bst. f StHG). Damit ist beispielsweise auch möglich,

der ETH solche Leistungen steuerwirk-sam zukommen zu lassen. Ausserdem sieht Art. 59 Abs 1 Bst. c DBG vor, dass solche freiwilligen Leistungen (Geld und andere Vermögenswerte) bis zu 20 Prozent des Reingewinns zum geschäfts-mässig begründeten Aufwand gehören (Art. 59 Abs 1 Bst. c DBG). Diese ausge-dehnte Abzugsfähigkeit von freiwilligen Leistungen wurde durch die Einführung des neuen Artikels 33a DBG ermöglicht. Auf kantonaler Ebene wird die Abzugs-fähigkeit der freiwilligen Leistungen von den Kantonen selbst bestimmt.

Das Bundesgesetz vom 13. Okto-ber 1965 über die Verrechnungssteuer (VStG) enthält eine ähnliche Bestim-mung. In Art. 5 al. 1 Bst. f heisst es, dass die freiwilligen Leistungen einer Akti-engesellschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Ge-nossenschaft, sofern diese Leistungen gestützt auf Art. 59 Abs. 1 Bst. c DBG geschäftsmässig begründet sind, von der Steuer ausgenommen sind. >>

Mäzenatentum bedeutet ein Missverhältnis zwischen Leistung und angebotener Gegenleistung.

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EXPERTENWISSEN

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Wer kann Leistungsempfänger sein?Wie wir gerade gesehen haben, müssen bestimmte Kriterien beim Leistungsemp-fänger erfüllt sein, damit freiwillige Leis-tungen vom steuerbaren Reingewinn ab-gezogen werden können. Vor allem muss er einen öff entlichen oder gemeinnützigen Zweck verfolgen. Das ist der Fall, wenn karitative, humanitäre, gesundheitsför-dernde, ökologische, erzieherische, wis-senschaft liche und kulturelle Tätigkeiten unterstützt werden. Nach der Auff assung des Gesetzgebers ist das Allgemeininter-esse gemäss DBG nicht auf eine Tätigkeit in der Schweiz begrenzt, sondern es ist auch möglich, dass weltweite Aktivitäten im Spiel sind. Es muss sich aber dennoch um eine juristische Person mit Sitz in der Schweiz handeln, deren Tätigkeit im All-gemeininteresse und nicht eigennützig ist, sondern gemeinnützig.

Als nicht gemeinnützig gelten vor allem unternehmerische Zwecke. Der Erwerb und die Verwaltung von wesentlichen Ka-pitalbeteiligungen an Unternehmen gel-ten dagegen als gemeinnützig, wenn das Interesse an der Unternehmenserhaltung dem gemeinnützigen Zweck untergeord-net ist und keine geschäft sleitenden Tätig-keiten ausgeübt werden (Vgl. Art. 9 Abs. 2 Bst i, Art. 25 Abs. 1 Bst c StHG, Art. 33 Abs. 1 Bst i, Art. 59 Abs. 1 Bst c DBG). In nicht eindeutigen Fällen empfi ehlt sich die Konsultation eines Spezialisten.

Doch nicht jede Erwerbstätigkeit auf Seiten des Empfängers schliesst die Steuerbefreiung zwingend aus. In manchen Fällen ist eine wirtschaftli-che Tätigkeit sogar unumgänglich, um den Zweck des Allgemeininteresses zu erreichen. Zum Beispiel wird ein Heim für schwer erziehbare Kinder, das auf eine spezielle Werkstätte und für deren Finanzierung auch auf eine wirtschaft-liche Tätigkeit angewiesen ist, nicht gleich als nicht im Allgemeininteresse liegend betrachtet – solange die wirt-schaftliche Tätigkeit in einem unter-geordneten Rahmen zur altruistischen Tätigkeit liegt.

In der Schweiz sind die meisten juristi-schen Personen, die öff entliche oder ge-meinnützige Zwecke verfolgen, Stift ungen oder Vereine. Abgesehen von diesen zwei Hauptformen besteht die Möglichkeit, freiwillige Leistungen an Aktiengesell-schaft en zu vergeben, die keine unterneh-merischen Zwecke verfolgen oder in ihren Statuten einen Verzicht auf Dividenden- und Tantiemenausschüttung vorsehen. Diese zwei letzten Varianten haben jedoch in der Praxis keine grosse Bedeutung.

Die StiftungenDamit eine Stiftung rechtsgültig er-richtet wird, müssen nach den Arti-keln 80 ff. ZGB die Vermögenswerte ausschliesslich und unwiderruflich der

Erreichung eines besonderen in den Statuten verankerten Zwecks gewidmet werden. Die Vermögenswerte müssen ausserdem das Bestehen der Stiftung finanziell sicherstellen, unabhängig da-von, ob sie durch eine öffentliche Ur-kunde oder durch eine Verfügung von Todes wegen errichtet wird. Der Zweck darf nicht gesetzeswidrig sein.

Zwischen den verschiedenen gesetz-lichen Stiftungsformen, also den ge-wöhnlichen Stiftungen, den Familien-stiftungen, den kirchlichen Stiftungen und Personalfürsorgestiftungen, kann nur die erste Form von Stiftung als Leis-tungsempfänger in Frage kommen. Im Gegensatz zu den anderen Stiftungs-formen verwalten die gewöhnlichen Stiftungen individualisierte Vermögens-werte, die ab dem Zeitpunkt der Er-richtung für einen besonderen ideellen Zweck für eine unbegrenzte Zeit vom Stiftungsgründer eingesetzt werden (Vgl. BGE 120 II 137, Erw. C 3d).

Dennoch gibt es eine weitere Form von Stift ung, die Leistungsempfängerin sein kann, die Holdingstift ung. Eine solche besitzt und verwaltet wichtige Beteili-gungsanteile in verschiedenen Unter-nehmen mit der Voraussetzung, dass die gehaltenen Unternehmen an die Holding-stift ung regelmässig ins Gewicht fallende Zuwendungen zufl iessen lassen und mit diesen Mitteln auch tatsächlich eine ge-meinnützige Tätigkeit ausgeübt wird.

Die Stiftungsformen, die auf keinen Fall einen gemeinnützigen Zweck ver-folgen können, sind Unternehmensstif-tungen (diese üben eine unternehmeri-sche Tätigkeit aus), Familienstiftungen (die eben zu einem Hilfe- und Unter-stützungszweck in finanziellen Notsi-tuationen errichtet werden), kirchliche Stiftungen (die einen ausschliesslich religiösen und spirituellen Zweck ver-folgen) sowie die abhängigen Stiftun-gen, bei denen eine Vermögensmasse gebildet wird und deren Rechtspersön-lichkeit einen eng eingegrenzten Zweck verfolgen. Wird der Zweck erreicht, so erübrigt sich auch meistens das Weiter-bestehen der Stiftung.

Die VereineVereine sind nicht den gleichen Ein-schränkungen wie Stift ungen unterzo-gen. Um freiwillige Leistungen beziehen zu können, müssen die Statuten folgen-de Punkte beinhalten: Der Verein muss Personen zusammenbringen, die das gemeinsame Ziel haben, in bestimmten Bereichen eine fi nanzielle Unterstützung zu bestimmten Voraussetzungen zur Ver-fügung zu stellen. Dies wird vor allem im Sportbereich der Fall sein.

Zum AutorWilliam Fata ist Jurist bei der Protek-ta Rechtsschutzversicherung in Bern. www.protekta.ch

Gemeinnütziger Zweck ist Pflicht

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EXPERTENWISSEN

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SOUVERÄN AUFTRETEN IN FREMDEN LÄNDERN

MISSVERSTÄNDNISSE

Autorin: Jolanda Steiner

Immer mehr KMU unterhalten in-ternationale Geschäftsbeziehungen. Diese zunehmende Vernetzung führt

zu Interaktionen zwischen Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen. Doch Vorsicht! Solche Begegnungen sind häu-fig delikat. Nicht nur sprachliche Hür-den, sondern vor allem unterschiedliche Verhaltensweisen, Gepflogenheiten und Werte führen häufig zu Missverständ-nissen mit irreparablen Folgen. Aber das muss nicht sein. Denn wer sich dieser kulturellen Unterschiede bewusst ist und weiss, mit ihnen souverän und authen-tisch umzugehen, geniesst einen ent-scheidenden Wettbewerbsvorteil.

Kulturelle SelbstsensibilisierungWährend sich Unternehmen mit gröss-ter Sorgfalt den betriebswirtschaft lichen Dimensionen einer Expansion widmen, bleibt die interkulturelle Kompetenz der Team-Mitglieder oft mals auf der Strecke – und das, obwohl diese «Soft Skills» nach-weislich zu den wichtigsten Erfolgsfakto-ren zählen. Ohne Vorbereitung auf und Einführung in die neue Kultur kann ein Business-Meeting in einem fremden Land rasch in ein peinliches Szenario ausarten.

Grundvoraussetzung für erfolgreiche internationale Begegnungen ist es, den eigenen Horizont zu öffnen. Denn: In-Unterschiedliche Kulturen: Nicht nur sprachliche Hürden

Geschenke, Wutausbrüche, Unpünktlichkeit: Was in der heimischen Geschäftswelt als höchst unpassend wirkt, gilt

andernorts als Zeichen für Kompetenz und Stärke. Warum ohne Guanxi in China nichts läuft, erfahren Sie in diesem Beitrag.

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terkulturelle Kompetenz beruht auf der persönlichen Fähigkeit zur Selbstsensibi-lisierung und Selbstreflexion. Kulturelle Missverständnisse entstehen, wenn wir Unbekanntes aus unserem vertrauten Weltbild heraus wahrnehmen. Öffnet man sich und geht unvoreingenommen auf Neues zu, trägt dies entscheidend zu einem souveränen Auftritt bei.

Erfolgsfaktoren für interkulturelle GeschäftsbeziehungenStetige Selbstreflexion der eigenen Verhaltensweisen und Erwartungen, Betrachtung und Interpretation aus un-terschiedlichen Blickwinkeln und dem Gesprächspartner Vortritt geben, um in situativ geeigneter Weise reagieren zu können, sind drei wichtige Erfolgsfak-toren auf dem Weg zur interkulturellen Kompetenz. Experten unterscheiden hier mehrere Stufen der kulturellen Selbstsensibilisierung. Diese beginnt bei Stufe 1 – Abgrenzung von fremden Kulturen mittels undifferenzierter und stereotyper Vorurteile. Bei Stufe 2 er-kennen die Menschen die kulturellen Unterschiede, betrachten jedoch die eigene Kultur als das Mass aller Dinge. Ab Stufe 3 erkennen und akzeptieren Menschen kulturelle Unterschiede und alternative Lösungen, ohne dabei die eigene ethische und kulturelle Boden-haftung zu verlieren.

Kulturelle Stolperfallen – Beispiele aus der PraxisHäufig befinden sich Geschäftsreisende in einem kulturellen Dilemma. Überall lauern Fettnäpfchen und Stolperfallen.

Wie wichtig es ist, interkulturelle Kom-petenz zu erlangen, zeigen folgende Praxisbeispiele:

Kunden in der Schweiz fühlen sich schnell bevormundet, wenn sie nicht aktiv in den Lösungsprozess einge-bunden werden. In Deutschland wird wiederum viel Wert auf Status und Prestige gelegt. Eine Anreise zum Busi-ness Meeting mit den ÖV kann auf Un-verständnis stossen, ebenso ein zu ra-sches Duzen der Meeting-Teilnehmer. Business-Partner aus Frankreich schät-zen Respekt gegenüber Vorgesetzten. Das Hierarchieverhalten ist hier noch stärker ausgeprägt als in Deutschland. Vorsicht bei dem Kürzel OK! Dieses könnte in Frankreich als negativ oder gar obszön aufgefasst werden (Bedeu-tung «Null»).

Und ausserhalb von Europa ...Je weiter wir uns aus Europa wegbewegen, desto deutlicher werden die kulturellen Unterschiede. In Indien beispielsweise sollte man Geschäft spartnern niemals zuwinken. Das gilt als unhöfl ich. Anders als in Deutschland wird hier und in den meisten asiatischen Ländern ein starker Händedruck als alles, nur nicht verbind-lich und korrekt empfunden.

Das Zeitgefühl unterscheidet sich ebenfalls von dem der Schweizer: 15 Mi-nuten Verspätung sind völlig normal. Taxi-chauff eure verspäten sich übrigens auch – das Wissen darum kann sehr nützlich sein, wenn es darum geht, einen Flug zu erwi-schen. Empfehlenswert ist auch, eine vor längerer Zeit vereinbarte Sitzung ein bis zwei Tage davor in Erinnerung zu rufen.

Ein Beispiel aus China: Ändert ein Geschäft spartner kurzfristig den Plan, ist es wichtig, nicht mit nein oder ja zu antworten, sondern Möglichkeiten auf-zuzeigen und eine Lösung zu fi nden. Die Verhandlungen sind in allen asiatischen Ländern zäher und langwieriger als in Eu-ropa. Man sitzt Probleme aus und geht sie selten direkt an. Verhandlung ist ein Spiel mit Bluff s, Verzögerungen und Tricks. Be-

harrlichkeit und ständige Wiederholung des eigenen Standpunkts sind gefragt. Man darf klar machen, dass man zum Ab-bruch bereit ist. Auch ein kontrollierter «Wutausbruch» gilt als erlaubte Verhand-lungstaktik. Genervt zu wirken ist hinge-gen schlecht. Schon auff älliges Augenrei-ben oder stöhnendes Durchatmen werden als Schwäche und Zeichen dafür gewertet, dass man bald Fehler machen wird.

... zählen die richtigen BeziehungenGuanxi – das ist das chinesische Zau-berwort dafür, dass alles in einem Gegenseitigkeitsverhältnis steht. Der

Mensch definiert sich in China über sein soziales Umfeld und über sei-ne Stellung in der Gesellschaft. Ein kleines Geschenk in der Handtasche bereit zu halten ist empfehlenswert. Denn sollte man jemanden um einen Gefallen bitten, ist es angebracht ein Dankeschön als Wertschätzung zu überreichen.

In ihrer neuen Booklet-Reihe «the walker» zeigt die Autorin und Exper-tin für interkulturelles Management Jolanda Steiner auf, welchen Umgang Gesprächspartner in dem jeweiligen Land schätzen und auf welche Aspek-te besondere Rücksicht zu nehmen ist. KMU wird kurz und kompakt der Einstieg in neue Kulturen erleichtert.www.cross-cultural-engagement.com/thewalker.php

Zur AutorinJolanda Steiner ist Expertin für interkulturelles Management, Ge-schäftsführerin der PPM PersonalPro-jektManagement GmbH in Küsnacht und Autorin der Booklet-Reihe «the walker».

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EXPERTENWISSEN

DIE ZEHN GEBOTE ERFOLG-REICHER KOMMUNIKATION

KL ARTEXT REDEN

noch nicht alles dazu sagen. Damit hal-ten Sie die Empfänger der Botschaft bei der Stange. Vermeiden Sie hölzerne Aus-drucksweisen, verwenden Sie sprachli-che Bilder. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob Sie sagen «Unser Unter-nehmen hat fi nanziell mit erheblichen Problemen zu kämpfen» oder ob Sie eine Metapher gebrauchen: «Uns steht fi nan-ziell das Wasser bis zum Hals.» Vermei-den Sie Juristendeutsch und Behörden-fl oskeln.

3. Du sollst niemanden zutexten!Halten Sie sich immer an die KKK-Regel: Kurz, klar und knackig! Garnieren Sie Ihre Kernbotschaft en nicht mit Unwich-tigem, holen Sie nicht zu weit aus. Eine Einleitung in zwei Sätzen genügt bei den meisten Botschaft en vollauf. Beson-ders wenn Sie unangenehme Botschaf-ten kommunizieren müssen, besteht oft die Versuchung, den nicht angenehmen Kern in zu viele unnötige Worte einzu-packen.

4. Du sollst Nutzen kommunizieren!Es soll Ihren Mailempfängern und Ge-sprächspartnerinnen etwas bringen, mit Ihnen zu kommunizieren. Der Mensch orientiert sein Verhalten nun mal am Nutzen, den er erhalten kann. Sagen, schreiben Sie, was es bringt, Ihnen zuzu-

Zehn Gebote: So reden Sie Klartext

können Sie faktenbasiert, gefühlsmässig, kurz und knackig oder mit schlagenden Argumenten vorgehen.

2. Du sollst nicht langweilen!Ob Sie reden, mailen oder eine Präsen-tation machen müssen: Kommunizieren Sie immer spannend! Errichten Sie einen Spannungsbogen, indem Sie zum Bei-spiel ein Th ema anschneiden, dann aber

Autor: Hans Eigenmann

Wenn Sie in Verkaufsgesprä-chen und Vorträgen ge-nauer hinhören oder ein

Telefongespräch eines Ihrer Kollegen mitverfolgen, merken Sie rasch, dass leider allzu oft nicht zielgerichtet, manchmal sehr unprofessionell oder leider auch gelegentlich wirklich stüm-perhaft kommuniziert wird. Es folgen die zehn Gebote erfolgreicher Kom-munikation – Klartext reden, statt um den Brei herumzulabern.

1. Du sollst empfängergerecht kommu-nizieren!Es ist ein Unterschied, ob Sie einen Sachverhalt einem Busfahrer oder ei-nem Apotheker erklären müssen. Und es macht nochmals etwas aus, ob Sie einen faktenorientierten und fundiert denken-den Menschen oder eine Plaudertasche vor sich haben, die Sie kaum ausreden lässt. Wenn Sie lernen, Ihr Gegenüber bezüglich seines Kommunikationsstils einzuschätzen, können Sie weit erfolg-reicher kommunizieren. Versuchen Sie herauszufi nden, ob Ihre Gesprächs- oder Mailpartnerin mehr auf Argumente oder Fakten abfährt, oder ob emotionale In-halte besser ankommen. Fragen Sie sich, ob Sie einen «Stillen» oder eine «Besser-wisserin» vor sich haben. Entsprechend

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Reden können wir alle! Die meisten Menschen glauben, dass sie kommunikativ durchaus begabt sind.

Womit sie sicher nicht völlig falsch, aber eben auch nicht völlig richtig liegen.

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Zum AutorHans Eigenmann ist Inhaber der BRAinPUT GmbH, Training und Coaching. Massgeschneiderte Trai-ningsmodule und Coachings in den Bereichen Führung, Teamentwicklung, Verkauf und Dienstleistungsqualität gehören zu seinen Angeboten.

hören. Damit wecken Sie jene Aufmerk-samkeit, die Sie wollen. Überlegen Sie sich vor jeder Kommunikation, welchen Nutzen Sie Ihren Gesprächspartnern da-mit bringen können – und erwähnen Sie ihn!

5. Du sollst ehrlich kommunizieren!Es wird immer dann schwierig in der Kommunikation, wenn wir negative Bot-schaft en übermitteln müssen. Wir neigen dann zum Beschönigen, oft sogar zum Lügen. Klartext-Kommunikation heisst aber, Wahrheiten nicht mit süsser Sauce zu übertünchen. Die Empfänger Ihrer Botschaft erwarten, dass sie ehrlich, klar und verständlich informiert werden. Am besten ist es, wenn Sie mehr sagen, als Ihre Botschaft sempfänger erwarten. Da-mit nehmen Sie allfälliger Kritik schon mal Wind aus dem Segel. Bleiben Sie aber dennoch knapp (drittes Gebot), verletzen Sie niemanden und äussern Sie nur, was nötig ist – das aber klipp und klar.

6. Du sollst Menschlichkeit zeigen!Fühlen Sie sich in Ihre Kommunikations-partner ein! Überlegen Sie sich vor jeder E-Mail, vor jedem Telefonanruf und je-dem Gespräch, was Sie an der Stelle Ihres Botschaft sempfängers erwarten würden. Wenn Sie einen Text mit einer Bemerkung zum Befi nden der Empfänger beginnen, haben Sie zumeist Ihre Gesprächspartner auf einer Ebene angesprochen, die Ihnen alles Weitere leichter macht. Nehmen Sie Ihre Mitmenschen ernst, mit denen Sie kommunizieren, zeigen Sie Nähe. Hu-mor ist übrigens das allerbeste Mittel,

um die Menschlichkeit, von der ich rede, zu dokumentieren. Wenn Sie es schaff en, dass ein Mailempfänger schmunzelt, eine Zuhörerin lächelt, dann haben Sie ein leichtes Spiel, Ihre Kommunikationsziele zu erreichen.

7. Du sollst nicht draufl osplappern!Wenn Sie Klartext reden oder schreiben möchten, müssen Sie sich vorher Klar-heit verschaff en. Machen Sie sich immer und bei jeder Kommunikation klar, wo Sie selber stehen, was Sie denken und was Sie vermitteln möchten. Nur dann wird Ihre Kommunikation so überzeugend, dass Sie auch erreichen, was Sie wollen. Stellen Sie sich also vor jeder Äusserung, ob schrift lich oder mündlich, die Frage, was Sie selber zur Sache denken und was Sie bewirken möchten. Machen Sie sich ebenfalls klar, ob Sie die Situation Ihres Gegenübers verstehen und nachvollzie-hen können. Bereiten Sie jede Kommu-nikation sorgfältig vor, ob Telefonanruf, Rede oder Präsentation. Das kostet Sie nicht viel Zeit, bringt Ihnen aber Sicher-heit und Erfolg.

8. Du sollst kein Juristendeutsch ver-wenden!Das trockene Amtsdeutsch zeichnet sich durch die übermässige Verwendung von Substantiven auf -heit, -ung, -ismus oder -schaft aus. Verwenden Sie mehr Verben. Vermeiden Sie auch Passivsätze: Nicht: «Es wird hier anerkannt», sondern: «Wir erkennen an.»

9. Du sollst auf den Ton zwischen den Zeilen achten!Die Wirkung eines Satzes hängt nicht nur von seinem Inhalt ab. Wenn die Krankenschwester der betagten Patien-tin nach deren Läuten sagt: «Aber nicht schon wieder, Frau Schneider!», dann schwingt hier ein Vorwurf mit, oder es wird gar Gehässigkeit transportiert. Denken Sie immer daran, dass es neben der inhaltlichen Aussage (die hier kei-neswegs gehässig ist) auch eine Appel-

lebene («lassen Sie das ewige Läuten!») und eine Beziehungsebene gibt, welche die Gesamtwirkung der Kommunikati-on beeinflussen. Und noch etwas: Auch die Körpersprache beeinflusst Ihre Wir-kung. Mit einem Lächeln können Sie auch schwierigere Botschaften abdämp-fen oder mildern.

10. Du sollst Feedback geben!Haben Sie nicht auch schon jemandem eine E-Mail gesandt, etwa mit einer An-frage oder einer Bitte? Und dann einfach keine Reaktion bekommen? Vielleicht ist die Erledigung Ihres Anliegens zwar dann gekommen, aber erst nach Tagen. Das

ist wirklich schlechter Stil, nicht nur im Geschäft sleben. So wie Sie im münd-lichen Gespräch nicken, ja sagen oder sonst wie signalisieren, dass die Bot-schaft des Absenders angekommen ist, müssen Sie das auch im Mailverkehr tun. Einfach nicht zu reagieren ist de-fi nitiv verboten. Wenn Sie einen Auf-trag nicht umgehend erledigen können, melden Sie das zurück und geben Sie eine verbindliche Frist an, innerhalb derer Sie antworten werden.

Hans EigenmannKlartextWie uns Kommunikation gelingt1. Auflage BusinessVillage 2011228 SeitenISBN 978-3-86980-119-3 CHF UVP 37.80

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landschaft herrscht ein bisschen der Duft der 80er-Jahre. Auch das Platzangebot in der relativ schmalen Kabine ist nicht gran-dios. Aber es reicht, man findet sich auf An-hieb zurecht, die Bedienung gibt keinerlei Rätsel auf, und die Ergonomie ist – wenn

man nicht ge rade 190 cm gross ist – absolut okay. Die Ausstattung hingegen ist mager. Immerhin kämpft serienmässig ein Radio (ohne CD) gegen das Arbeitsgeräusch des Vierzylinder-Diesels, der zwischen Fahrer und Beifahrer angebracht ist.

Wobei «kämpfen» übertrieben ist, das Aggregat ist angenehm gedämpft, und durch die Einbau lage dringt nicht so viel Lärm in die Ka bine. Dies ist ein Vorteil des Frontlenker-Layouts, der andere ist, dass die extrem schmalen A-Säulen eine her-vorragende Übersicht ermöglichen. Und, der Motor ist wegen der klappbaren Kabine sehr gut zugänglich. Wer noch 900 Franken

NUTZFAHRZEUGE

Das Fahrerhaus ist sehr übersichtlich, die Aussenspiegel generös dimensioniert

Die japanischen Nutzfahrzeugbauer von Toyota starten in Europa eine Modell-offensive. Darob geht das altbewährte Mo-dell Dyna 150 fast etwas unter.Neben der gerade neu lancierten Baureihe Dyna 200 (vgl. AR 2/2012) für Gesamtge-wichte bis 7,5 t hat Toyota natürlich auch Fahrzeuge der beliebten 3,5-t-Klasse im Angebot. Allerdings sind die Modelle der Dyna-150- Reihe nicht mehr ganz taufrisch. Kein Grund, den leichten Nutzfahrzeugen aus Japan nicht auf den Zahn zu fühlen.

Die 150er-Reihe gibt es derzeit mit drei unterschiedlichen Radständen (254,5 cm, 335 cm und 375 cm). Daraus resultieren Längen von bis zu 641 cm für ein Fahr-zeug mit Chassis-Kabine. Dank des mas-siven Leiterrahmens können sich Aufbau- spezialisten am Dyna 150 so richtig austo-ben. Unser Testfahrzeug zum Beispiel war mit einer 452 cm langen Alubrücke ausge-rüstet. Alle Fahrzeuge der Dyna-150-Bau-reihe sind mit demselben Vierzylinder-Tur-bodiesel ausgerüstet, der 150 PS leistet und ein maximales Drehmoment von 300 Nm ab 1200/min bietet. Das Aggregat verfügt über einen Hubraum von 4 L und ist an ein manuelles Fünfganggetriebe gekoppelt.

Addiert man die knapp 300 kg der Alu-brücke zum Fahrzeugleergewicht von 1835 kg, ergibt sich eine Nutzlast von knapp 1400 kg – ein respektabler Wert. In Kombination mit einer Anhängerkupplung lässt sich die Transportkapazität massiv erhöhen, zumal – via Anhängelasterhöhung – bis zu 3500 kg an den Haken genommen werden dürfen. Insgesamt sind bei einem voll beladenen und mit Anhänger versehenen Dyna 150 also maximal 7 t auf der Strasse unterwegs. Damit dürfte das Triebwerk keine Mühe haben. Denn der bärige Vierzylinder von Toyota ist nicht nur stark, sondern auch erstaunlich spritzig. Während man in un-beladenem Zustand die etwas kurz geratene Gesamtübersetzung monieren kann, passen die Gänge bei voller Ausnutzung der Nutz-last perfekt. Wer allerdings regelmässig mit leichter Ware unterwegs ist, würde sich auf der Autobahn sicher einen längeren 5. Gang wünschen.

Innen sieht man dem Toyota am besten an, dass die Zeit etwas stehen geblieben ist. In der nicht allzu hochwertigen Kunststoff-

übrig hat, kann zumindest eine Zentralver-riegelung und elektrische Fensterheber or-dern – dann ist aber schon Schluss mit den Optionen. Denn für die manuelle Klimaan-lage (2365 Franken) wird sich kaum jemand entscheiden.

Einen sehr guten Eindruck macht das Ge-triebe. Auch bei eisiger Kälte sind alle Gänge problemlos schaltbar. Nach gut einer Woche mit dem Toyota ist klar, dass der Dyna 150 nicht das modernste Fahrzeug seiner Klasse ist. Aber mit der Zeit erkennt man an eini-gen Detaillösungen, dass Nutzfahrzeugpro-fis das Gefährt entwickelt haben. Zudem hinterlässt der Japaner den Eindruck, für die Ewigkeit gebaut zu sein. So viel Robustheit hat auch seinen Preis. Das Basisfahrzeug ist ab 40 450.– Franken zu haben. Unser Test-wagen mit der erwähnten Alubrücke und 3,5-t-Anhängerkupplung kommt auf rund 52 000.– Franken zu stehen.

DAS FAST VERGESSENE ARBEITSTIER

Gute Zugänglichkeit zum Motor Nicht mal eine Uhr gibts im Cockpit

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Eine Flotte von hundert Batterie-elek-trisch angetriebenen Mercedes-Benz Vito E-Cell haben ein Jahr lang im Kundeneinsatz in Berlin und Stuttgart 650 000 km zurückgelegt – also die Erde etwa 16-mal umrundet. Das erste Echo fällt positiv aus. Der Transporter mit Elektroantrieb ab Werk fährt seit Herbst 2010 in der deutschen Bundeshauptstadt und seit Anfang 2011 in Stuttgart. Beide Pro-jekte mit jeweils 50 Vito E-Cell sind auf vier Jahre ausgelegt. Die Abschluss-berichte am Ende des einjährigen För-derzeitraums fallen positiv aus: Der Vito E-Cell eignet sich ideal für den innerstädtischen Betrieb. Die Projekte zeigen, wie sich durch enge Zusam-menarbeit von Automobilindustrie, Wirtschaftsunternehmen, Energiever-sorgern und Politik die Elektromobili-tät in Deutschland entscheidend voran-treiben lässt. Das Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz unter-stützt das Projekt. Mercedes-Benz und die Energieversorger Vattenfall (Berlin) und EnBW (Stuttgart) setzen an beiden Standorten bei den Fahrzeugen und

ihrer Ladetechnik neue Technologi-en um. So haben die Energieversorger den Betreibern auf deren Betriebshöfen Ladestationen zur Verfügung gestellt. Hier werden die Batterien des Trans-porters ausserhalb der Betriebszeiten aufgeladen. Auf Basis der Smart Charge Commu-nication Unit (SCCU) im Vito wird intelligente Ladetechnik genutzt. Sie optimiert die CO2-Bilanz der Trans-porter mit zertifiziertem Ökostrom oder gar überschüssiger Windenergie («Wind to Vehicle/W2V»). Zugunsten der Betriebskosten kann die Ladetech-nik ebenso auf günstige Stromtarife programmiert werden. Setzen Betrei-ber mehrere Vito ein, werden die La-devorgänge mit einem lokalen Lastma-nagement (LLM) so gestaffelt, dass die Netzkapazität nicht überfordert ist.Anfängliche Befürchtungen über eine zu geringe Reichweite bestätigten sich in der Praxis nicht. Der Aktionsradius belief sich einschliesslich Winterbe-triebs auf mindestens 80 km pro Bat-terieladung, was in den meisten Fällen ausreichte. Cha

Die Testflotte von Mercedes umfasst 100 Autos

SECHZEHNMAL UM DIE ERDE

Weniger Treibstoff zu verbrauchen, hilft nicht nur der Umwelt, sondern auch dem Portemonnaie. Ganz besonders im Bereich der leichten Nutzfahrzeuge. Darum gibts jetzt auch den Crafter und den Transporter von VW als besonders

sparsame Blue-Motion-Modelle. Mit Verbrauchs-werten von 6,3 ( Tr a n s p o r t e r ) bzw. 7,0 L /100 km sind dies zwei be-sonders effiziente N u t z f a h r z e u g e von VW, die in ih-ren Klassen neue Massstäbe setzen sollen. Der Trans-porter Blue Moti-

on – ein Kastenwagen mit Normaldach, einem Radstand von 300 cm und einem zulässigen Gesamtgewicht von maximal 2,7 t – verfügt über den 2.0-TDI-Motor mit 114 PS. Zusätzlich zu der bekann-ten Transporter Blue Motion Techno-

MEHR EFFIZIENZ FÜR CRAFTER UND TRANSPORTER

logy – mit Motor-Stopp-Start-System, Bremsenergierückgewinnung (Reku-peration), rollwiderstandsoptimierten Reifen, Reifendruckkontrollanzeige sowie aerodynamischen Massnahmen und Tempomat – verfügt er noch über ein speziell angepasstes 5-Gang-Getrie-be und ein darauf abgestimmtes Motor-management. Der ebenfalls ab sofort bestellbare neue Crafter Blue Motion steht sogar in zwei Leistungsvarianten – mit 110 und 136 PS – zur Wahl. Beide Triebwerke begnügen sich mit nur 7,0 L Diesel auf 100 km, entsprechend einem CO2-Aus stoss von nur 184 g/km. Auf Basis eines Crafter-30-Kastenwagens mit Normaldach und kurzem Radstand wurden auch hier die hoch wirksamen Sprit sparenden Elemente des Trans-porters eingebaut. Cha

Blue-Motion-Modelle von VW

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58 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

PUBLIREPORTAGE • ABACUS RESEARCH AG

PRODUKTION NACH MASS MIT ABACUS ERP

MISSVERSTÄN DN ISSE

von Fluora dabei unterstützt. Die Hauptforderung an das ERP-System lautete deshalb, alle Kundenauf-träge sollten in der Produktion und Montage «schlank und effizient» abgewickelt werden können, damit sich die Lichtlösungen effizient und termingerecht produzieren liessen.

Universell einsetzbare StandardlösungFür ein Unternehmen der Produk-tions- und Konstruktionsbranche wie Fluora ist ein effizientes Hand-ling der Aufträge zentral. Mit ABA-CUS hat Fluora heute eine Standard-software im Einsatz, die dank ihrer Flexibilität und Erweiterbarkeit in der Lage ist, individuelle Anpassun-gen bei Änderungen an den verschie-denen Prozessen vorzunehmen:• Produktionsrelevante Informatio-nen wie etwa die Sonderlänge von Leuchten werden nur einmal erfasst. Diese Masse werden danach von al-len Folgeprozessen übernommen, sei es in die Produktion für die Ma-terialberechnung oder den Einkauf für die korrekte Fremdbeschaffung. Am Lager wird zudem der korrekte Einstandspreis durch das System er-rechnet und nachgeführt. • Modifikationen an Standardleuch-ten werden im Verkaufsauftrag

Fluora Leuchten AG konzipierte das Lichtdesign für das Geschäft shaus «La Miroiterie» in Lausanne

Viele herausragende Neubau-ten in der Schweiz wie die Thermen Vals, die Notrufzen-

trale und der Pfalzkeller in St. Gallen oder das Liner Museum Appenzell, die von den namhaften Architekten Peter Zumthor, Santiago Calatrava und Annette Gigon/Mike Guyer er-stellt wurden, warten mit speziellen Lichtlösungen auf. Sie alle stam-

men von der Herisauer Firma Flu-ora Leuchten. Seit 1946 produziert und montiert das Unternehmen mit Zweigstellen in Aarwangen und Stuttgart Licht- und Leuchtsysteme sowie Lichtkörper. Alle Produkte werden auf Projektbasis individu-ell auf Kundenanforderungen her-gestellt. Das erfordert eine ERP-Software, welche die Mitarbeiter

Bei der Lichtspezialistin Fluora Leuchten aus Herisau wurde die ABACUS Business Software individuellen

Kundenanforderungen angepasst.

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durch den Sachbearbeiter vermerkt. Damit wird der gesamte Ablauf von der Preisfindung über den Ein-standspreis bis zur Steuerung der Logistik unabhängig vom Prozess der Standardleuchten gesteuert. Fehlerquellen gegenüber dem Vor-gängersystem können dadurch mar-kant reduziert werden.• Die Zusatzfunktion «Versionie-rung von Offerten» verwaltet alle Preisanfragen zu einem bestimm-ten Objekt, für welches verschie-dene Lichtplaner und Elektriker Of-ferten bei Fluora einholen. Durch die Versio-nierung wird verhindert, dass sich die Offertenstatistik durch Mehrfachanfragen verfälscht. Die einzelnen Offerten können dabei trotzdem mit unterschiedlichen Konditionen oder individuellen Aus-prägungen ausgestellt werden. • Die Funktion «Lieferzeitkategorie» steuert die Termine im Verkaufs-auftrag gemäss den Vorgaben der Produktion. Grundlage ist die vor-aussichtliche Produktionszeit. Alle Produkte werden einer bestimmten Produktgruppe mit unterschiedli-chen Produktionszeiten zugeordnet. Diese werden wöchentlich festge-legt, wobei sich bei jedem Verkaufs-auftrag automatisch das jeweils früheste mögliche Lieferdatum be-rechnen lässt. • Für den optimalen Einkauf von Handelsprodukten nach Objekten wurde die Funktion «Auftragsorien-tierte Einkaufsdisposition» entwi-ckelt. Damit werden Bestellungen

aufgrund der vorgegebenen Bau-etappe und der hinterlegten Liefer-zeit termingerecht ausgeführt. Bei der Bestellung werden die nötigen Referenzen sowohl im Verkaufsauf-trag als auch auf der Bestellung au-tomatisch eingetragen. • Da Produkte wie Lichtsysteme auf-grund von Änderungen am Objekt nach Auftragsvergabe oftmals an-gepasst und geändert werden, ist es für die Sachbearbeiter hilfreich, dass das ABACUS-PPS mit dem «Ab-teilungsleitstand» der Produktions-abteilung die Aufträge erst nach der Produktionsfreigabe und beim effektiven Startdatum des Arbeits-gangs anzeigt. Beim erstmaligen Aufrufen des Produktionsauftrags werden automatisch das dazugehö-rige Produktionspapier und die hin-terlegten Konstruktionszeichnungen ausgedruckt. • Eine wesentliche Optimierung in der Prozessabwicklung ist auch die EDI-Integration der Zulieferer für

Blech- und Plexiglasteile. Damit können auch Kleinteile und Kleinst-aufträge wirtschaftlich ausgelagert werden. Da beide Zulieferer auch dieselbe Business-Software einset-zen, werden Bestellungen aus dem Einkaufsmodul der Fluora direkt an die Kommunikationsplattform Aba-Net geschickt, von wo diese vom Lie-feranten automatisch abgeholt und im Verkaufsprogramm als Auftrag angelegt werde. Die Rechnung geht denselben Weg – einfach in entge-gengesetzter Richtung.

ResultatMit der realisierten Lösung kön-ne nun gut gearbeitet werden, die Prozesse hätten sich etabliert, be-richtet Fluora-CEO Remo Eccher. Die ABACUS-Standardsoftware mit Auftragsbearbeitung und PPS habe sich bei Fluora im operativen Ein-satz bestens bewährt. Bei der Im-plementierung wurden sowohl die Projekttermine als auch das Budget eingehalten. Laut Eccher hat es sich bei der Einführung bewährt, dass die Leitplanken für die Systemausge-staltung durch die Geschäftsleitung vorgegeben wurden, das Feintu-ning dann aber durch die einzelnen Fachabteilungen erfolgte. Für den Erfolg des Projektes sei es zudem auch wichtig gewesen, so der CEO, dass für die verschiedenen Teilpro-jekte dedizierte Projektverantwortli-che bestimmt waren.

Die vom ABACUS-Partner bsb.info.partner aus St. Gallen realisierte Lö-sung wird sukzessive zu einem zen-tralen Arbeitswerkzeug ausgebaut. Geplant ist des weiteren die zent-rale Datenablage aller Pläne in den Dossiers zum jeweiligen Objekt und Kunden.

Kontakt:ABACUS Research AG9300 Wittenbach-St. GallenTelefon 071 292 25 25E-Mail: [email protected]

Das Lichtdesign des von Santiago Calatrava konzipierten Pfalzkellers in St. Gallen stammt von Fluora

Facts & FiguresAuftragsbearbeitung: 80 BenutzerPPS, Leistungs-/Projektabrechnung: 45 BenutzerAdressmanagement: 60 BenutzerBuchhaltung/Lohn/HR: 8 Benutzer

Implementierungspartner:bsb.info.partner AG9014 St. Gallenwww.bspip.ch

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messbaren Fakten enthält. Hat man aber aus einem soliden Check Werte, die man in Relation beispielsweise zum Leis-tungssportler und zum Couch-Potato stellen kann, lassen sich viele überzeugen. Überspitzt formuliert gilt für sie: Was nicht messbar ist, ist gar nicht passiert.Donatz: Als Mensch hat man ein Bauchgefühl, auf das man hört und danach handelt. Ich gönne mir ein gutes Abend-essen und ein Glas Wein, weil ich Lust dazu habe. Zahlen sind massgebend, das stimmt – aber oftmals werden sie überbewertet und der menschliche Faktor wird dabei nicht beachtet.

Wie viel Lust darf man sich erlauben? Wenn ich einen lan-gen Arbeitstag hinter mir habe, will ich mir auch einmal etwas gönnen. Aber mit einem Schweinebraten um zehn Uhr abends mache ich alles Fitness-Training wieder zu-nichte ...Donatz: Ich sage: Um zehn Uhr abends darf man Rindsbra-ten essen, wenn man Lust dazu hat und das auch richtig ge-niesst. Wenn man Lust hat zu trainieren, dann trainiert man. Irgendwoher muss die Kraft für alle Anstrengungen im Le-ben auch kommen.Dollé: Viele Menschen müssten gar nicht ihre Ernährung, sondern nur den Zeitpunkt verändern. Das ist eine Organi-sationsfrage. Wenn ich das, worauf ich Lust habe, schon am Mittag esse, habe ich abends nicht mehr diesen Kohldampf. Einen Manager davon zu überzeugen, funktioniert am bes-ten mit belastbaren Zahlen. Donatz: Massgebend ist auch die Psyche ...Dollé: ... bei aller Liebe, der Bauchumfang hat mit der Psyche nicht sehr viel zu tun ...Donatz: Moment! Gehen wir dreissig Jahre zurück. Damals sass der Bau-Unternehmer nach getaner Arbeit im «Ochsen» am Stammtisch. Den gibt es heute praktisch nicht mehr, weil >>

Blickpunkt: Die HSG bietet Studierenden einen Fitness-Check an – mit der medizinischen Abteilung des VfB Stuttgart. Ist es übertrieben, die physische Konstitution eines Managers gleich zu behandeln wie die eines Leis-tungssportlers?Dave Dollé: Ich halte es sogar für sehr sinnvoll, das The-ma auf diese Art anzugehen. Wenn man schon Daten erhebt und auswertet, sollte man das richtig tun und nicht einfach Handgelenk mal Pi. Vor allem interessant dürfte sein, wenn die Leute im Alter von rund zwanzig Jahren gecheckt wer-den, solange sie also am fittesten sind. Kommen sie dann zwanzig Jahre später zu mir, sehen sie genau und überprüf-bar, wie sich ihre Konstitution verändert hat.Jacky Donatz: Die müssen doch in diesen zwanzig Jahren auch etwas tun – am Morgen laufen gehen oder im Fitness-Studio trainieren. Der Check alleine hilft ja noch nichts!Dollé: Das sollten sie, aber die Realität zeigt, dass viele Men-schen rund um die Vierzig feststellen müssen, dass sie nicht mehr so fit sind, wie sie sein sollten – und schon gar nicht mehr so fit, wie sie mit zwanzig waren.Donatz: Es kommt ja auch der Stress hinzu, den man aus-gleichen muss, zum Beispiel indem man joggen geht. Der Druck auf die jungen Manager von heute ist enorm, also brauchen sie Ausgleich, doch oft fällt es gar nicht leicht, das zeitlich hinzubekommen. Wenn ich meine Gäste ansehe, fällt mir häufig schon innerhalb eines Jahres eine massive Verän-derung auf. Frage ich bei jemandem nach dem gestrigen Ar-beitstag, bekomme ich meistens zu hören, dass er um sechs Uhr im Büro war, zum Mittagessen gab es ein Meeting, und um zehn Uhr abends war er wieder zuhause. Wann soll man an einem solchen Tag etwas für seine Psyche oder seinen Körper tun?Dollé: Gerade an diese leistungsorientierten Manager kann man nicht mit einem Fitness-Konzept herantreten, das keine

IM GESPRÄCH

«DARF´S NO ES BITZELI MEH SI?»

Wie hoch darf der Body-Mass-Index einer Führungskraft sein? Ein Streitgespräch zwischen Jacky Donatz und Dave Dollé über ein

Leben zwischen Catering und Kraftraum.*

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Kraft durch Essen: Jacky Donatz, Starkoch; Dave Dollé, Supersportler

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Page 62: Blickpunkt 1-2/2012

Donatz: Nein. Der Unternehmer steht ja eher mehr unter Druck. Er kann zwar nicht im herkömmlichen Sinn seinen Job verlie-ren, aber er trägt stattdessen noch viel mehr Verantwortung.Dollé: Druck ist für alle da. Einen Faktor, der aber die Unter-nehmer vielleicht noch mehr trifft , hat Jacky gerade angespro-chen: Wenn man am Abend joggen oder ins Fitness-Studio geht, will man vielleicht nicht zwingend seine Mitarbeiter – oder auch Kunden – treff en.

Bedeutetet das auch, dass man an Glaubwürdigkeit gegen-über den Mitarbeitern verliert, wenn man sich zu viel Genuss gönnt – oder wenn der Bauchumfang zu gross wird?Donatz: Das glaube ich nicht. Früher hatte jeder grosse Unter-nehmer einen Bauch. Heute ist es einfach modern, schlanker zu sein.Dollé: Ganz so einfach ist das nicht – es kommt sehr auf das Tätigkeitsgebiet an. Wenn Jacky sich als Gourmet-Koch einige Kilos mehr leistet, ist das etwas anderes als bei jemandem in einem dynamischen Umfeld wie etwa dem Finanzsektor. Wenn man hier mit den Jahren die «Schnittigkeit» verliert, auch auf rein körperlicher Ebene, kann das ein Problem darstellen. Wir sprechen hier von Menschen, die fi t sein wollen und müssen. Natürlich sollte dem Körper zuliebe jeder etwas für seine Fitness unternehmen, doch wenn es um das Image geht, sind nicht alle gleichermassen betroff en.

man im Stress ist. Mittagessen ging früher von zwölf bis drei Uhr – heute bestenfalls noch bis halb zwei. Wein trinkt dazu praktisch niemand mehr, bestenfalls mal ein «Einerle». Den Menschen fehlt deswegen etwas. Obwohl man vielleicht Lust auf ein Glas Wein hätte darf man nicht, weil es entsprechen-de Vorschriften im Unternehmen gibt.Dollé: Auf der anderen Seite hat sich das Bewusstsein für die Gesundheit verändert. Früher kam es oft vor, dass Spit-zenkräfte ihren Beruf auf Kosten ihrer Gesundheit sehr gut ausübten. Heute erkennt dieselbe Person das Problem und versucht, beides parallel hinzubekommen. Man geht immer noch mit Kunden essen, man verhandelt auch immer noch am Tisch, aber damit muss man nicht seine Gesundheit aufs Spiel setzen. Dass dafür vielleicht das eine oder andere Glas Wein auf der Strecke bleibt, ist doch in Ordnung.Donatz: Das stimmt auf der einen Seite, aber auf der ande-ren hat sich Tempo in unserer Gesellschaft drastisch erhöht. Ständig stellt man in Frage, wer einem den Job wegnehmen könnte. Und irgendwann möchte man auch für sich sein und sich nicht in der wenigen freien Zeit noch mit Menschen im Fitness-Studio umgeben.

Dann macht es einen Unterschied, ob wir von einem Un-ternehmer oder einem angestellten Manager sprechen, der seinen Job verlieren kann?

Jacky Donatz ...

... wurde am 27. Dezember 1951 in Samedan geboren. Der Starkoch wurde unter anderem mit 15 Gault-Millaut-Punkten sowie als «Cigarman of the Year» 2007 ausge-zeichnet. Seit 1999 führt er das Restaurant Sonnenberg in Zürich und bekocht dort unter anderem die nebenan domizilierte FIFA-Spitze.

Dave Dollé ...

... wurde am 30. Mai 1969 in den USA geboren. Der ehe-malige Leichtathlet hält seit 1995 den Schweizer Rekord über 100 Meter mit 10.16 Sekunden. Heute führt Dollé unter dem Namen «davedollé pure training gmbh» zwei Personal-Training Studios in Zürich und seinem Wohnort Zumikon.

IM GESPRÄCH

Kraft durch Freundschaft: Donatz (l.), Dollé

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mutlich gut, wenn man auf den realen Menschen setzt und nicht auf den Modellathleten. Für Banken wird beispielswei-se genau eruiert, welche Kundenberater die besten Chancen haben, ein Produkt zu verkaufen. Dabei zeigte sich übrigens auch, dass dieselbe Person unterschiedlich gut abschnei-det, je nachdem welche Kleidung sie trägt. Optimal ist eine schlanke Frau, im Alter von 30 bis 45 Jahren, in einem dun-kelblauen Anzug. Ganz anders sieht es natürlich aus, wenn ich mit einem Architekt spreche, von dem man vermutlich eher ein etwas lockereres Auftreten erwartet. Genauso kann man sich fragen, wo es von Vorteil ist, ein paar Kilo mehr auf den Rippen zu haben. Aber da fällt mir wenig ein.Donatz: Das kommt immer auf die Branche an ...Dollé: Welche Branche würdest du hier sehen? Würdest du mehr Menüs verkaufen, wenn du weniger wiegen würdest?Donatz: Nein, das auf keinen Fall.Dollé: Und wenn du mehr wiegen würdest?Donatz: Auch dann nicht. Es geht um die Person und ihr Charisma. >>

Welche Rolle spielt das Gewicht in einem Vorstellungsge-spräch?Donatz: Das kommt vor allem auf den Menschen an, bezie-hungsweise wie er selbst zu seinem Körper steht.Dollé: Bei mir stellt sich die Frage nicht wirklich, da meine Angestellten ja Fitness-Trainer sind ...Donatz: Ich stelle lieber eine fitte Person ein, weil meine Mitarbeiter etwas darstellen müssen, da sie im Restaurant im direkten Kontakt mit den Gästen stehen.

Das heisst, jemand mit Übergewicht kann nichts dar-stellen?Dollé: Es geht nicht darum, ob er oder sie als Persönlichkeit für sich etwas darstellt. Vielmehr hat jedes Unternehmen et-was zu verkaufen, sei es Produkt oder Dienstleistung, und dazu gehört auch ein Image. Und dies lässt sich nur in den seltensten Fällen mit Übergewicht vereinbaren. Tatsache ist aber, dass längst nicht alle Konsumenten athletisch und spin-deldürr sind. Bei gewissen Produkten fährt man also ver-

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64 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

wohnheiten beibehalten, in geselligem Rahmen mit dem entspre-chenden Genuss, leben sie gesünder als die restliche Bevölkerung, die vielleicht die gleichen Nahrungsmittel zu sich nimmt, aber eben nicht mit der gleichen Einstellung.

Beim Essen sprechen wir also davon, dass Genuss gemein-sam stattfindet – doch beim Sport sagen Sie, dass man ger-ne unbeobachtet bleiben möchte. Könnte Sport nicht auch mehr Genuss bedeuten, wenn man ihn gemeinsam ausübt?Donatz: Beim Sport geht es um Leistung, hier liegt der Unterschied.Dollé: Moment, das kann ich so nicht stehen lassen. Wenn man Sport der Bewegung und der Fitness wegen betreibt, steht der

Wettbewerb nicht im Vor-dergrund. Aber man kann alles miteinander oder ge-geneinander betreiben. Auch wenn man gemeinsam eine Velo-Tour unternimmt, kann plötzlich ein Wettkampf dar-aus werden – was wiederum manchen Menschen unange-nehm ist. Hinzu kommt: Im

Büro habe ich ein gewisses Image, als Vorgesetzter möchte ich Souveränität ausstrahlen.

Alles deutet darauf hin, dass sich aufgrund demografischer Zwänge die Lebensarbeitszeit eher verlängern wird. Müssen wir schon alleine deswegen fitter bleiben?Dollé: Ich glaube nicht, dass der durchschnittliche Mensch soweit denkt. Sie können einem 25-Jährigen nicht beibringen, dass er heute auf seine Gesundheit achten muss, damit es ihm im Alter besser geht. Und noch weniger können Sie ihm beibringen, dass er es tun sollte, weil er vielleicht einmal länger arbeiten muss als die Generation vor ihm.Donatz: Früher war man mit 50 schon fast ein alter Mann, mit 60 dann ganz sicher. Heute werden Menschen 100 Jahre alt, natürlich spricht man deshalb davon, länger zu arbeiten. Wie sonst sollen die Sozialsysteme funktionieren? Mit 60 ist man heute doch noch viel leistungsfähiger als früher, weil wir heute mehr auf unseren Körper und unsere Ernährung achten.Dollé: Systematisch betrachtet wäre es richtig, wenn wir alle uns mehr bewegen würden, den Vita-Parcours besuchen oder auf an-dere Art gezielt auf unsere Fitness achten. Dann werden wir nicht nur älter, sondern auch gesünder, was wiederum positive Auswir-kungen auf die Wirtschaft hätte. Es gibt keine Medizin, die so viel nützt, wie Bewegung.

Meine Herren, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

*Aufgezeichnet durch Tobias Wessels

Dollé: Dazu muss man jemanden erst kennen lernen. Vorher zählt der erste Eindruck. Relativiert wird das dadurch, ob sich die Per-son in ihrer Haut wohl fühlt oder vielleicht wegen der Extra-Kilo ein dauerhaft schlechtes Gewissen hat.

Ein klassisches Beispiel, welches uns gerne vorgehalten wird: Eine international tätige Beratungsfirma schickt ihren Con-sultant um sechs Uhr morgens zu einem Klienten ins Ausland, dort wird bis zehn Uhr abends durchgearbeitet. Anschliessend fragt der Consultant die drei Abteilungsleiter, mit denen er an diesem Tag zu tun hatte, wann es am nächsten Morgen zum Jog-gen losgeht. Ist das nicht auch Selbstvermarktung?Dollé: Das ist vor allem ein Muss. Man braucht Ausgleich, und der Ausgleich zum Sitzen im Büro ist Bewegung, ebenso wie der Aus-gleich zu Hunger etwas essen ist. Wer viel Kopfarbeit leistet, muss sich bewegen, ob beim Joggen, im Fitness-Studio oder mit anderem Sport, die Auswahl ist gross.Donatz: Früher hat man sich ins-gesamt mehr bewegt, man hat am Sonntag einen langen Spazier-gang unternommen oder ging mit dem Grossvater wandern – und hat dabei auch Kalorien verbrannt. Das fehlt heute, wir sind be-quem geworden. Deswegen wird das Fitness-Studio immer wich-tiger, da muss man eben den inneren Schweinehund überwinden.

Herr Donatz, Sie räumen also ein, dass Sport notwendig ist. Umgekehrt, Herr Dollé, wie viel Genuss gestehen Sie zu?Dollé: Genuss muss sein. Wen man isst, soll man es auch genies-sen. Wenn man seine primären Bedürfnisse nicht mehr mit Ge-nuss stillt, läuft etwas schief.

Sie können mir also guten Gewissens dazu raten, zu Herrn Donatz essen zu kommen?Dollé: Im Prinzip schon, man kann sich sein Menü ja aussuchen. Ein schönes Stück Fleisch mit Gemüse ist doch völlig in Ordnung. Natürlich gibt es auch Restaurants, die nur wenige Standardbei-lagen anbieten, aber kein wirkliches, frisches Gemüse, das einen Teil des Tellers und meines Magens füllen könnte. Wenn man hier keine Auswahlmöglichkeit hat, gestaltet es sich schwierig mit dem gesunden Essen. Leider hat gesundes Essen häufig mit der Preis-klasse des Restaurants zu tun.Donatz: Im Grunde genommen sind wir dazu in der modernen Gastronomie verpflichtet. Wir müssen den Gästen eine Ernährung bieten, die ihnen gut tut, und auf die sie gleichzeitig Lust haben.Dollé: Die Lust spielt eine grosse Rolle. Nehmen Sie Menschen, die kulturell bedingt hohen Wert auf den Genuss beim Essen legen und in ein anderes Land auswandern. Wenn sie dort ihre Essge-

IM GESPRÄCH

Würdest du mehr Menüs verkaufen, wenn du

mehr wiegen würdest?

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64 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

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66 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

ten von Mutter Erde. Unten angekommen erschlagen mich die schieren Dimensionen: Wer bei einer Tunnelbaustelle an die beklemmend-kleinkarierten Schächte denkt, in denen sich ein Indiana Jones im Film robbend abmüht, liegt gehörig falsch. Im Automobil legen wir den Weg zum anderen Ende des Tunnels zurück. Von Ausgang zu Ausgang sind es immerhin 4,5 Kilo-meter, durchgehend gut beleuchtet und belüft et, als wär’s eine Sonntags-Ausfahrt.

Doch hier geht es um Arbeit mit Hands-on-Approach. Will heissen: Ich bekomme einen ersten Job. Beton glattstreichen mit einer Holzlatte. Der Profi neben mir merkt rasch: Die Latte liegt schwer in diesen Tastaturverwöhnten Händen. Also gibt er mir seine Kelle. Wohl in der Hoff nung, dass Feinarbeit mir mit selbi-ger leichter von der Hand geht. Doch das ist leider nix für meinen Schreibtischrücken. Nach einiger Zeit jault der auf – die gebück-te Haltung behagt ihm gar nicht. Der Profi neben mir zeigt Er-barmen. Führt mich zu einer Palette mit Zementsäcken. 40 Kilo schwer das Stück. Diese soll ich zur jeweils nächsten Arbeitsfl ä-che schleppen. Sack eins bis zwölf: zwei Meter Distanz. Kein Pro-blem für mich, ich fühle mich gut und nützlich. Sack dreizehn

bis neunzehn: Distanz drei Meter, ich laufe rund, fühle, wie sinnstift end Ar-beit sein kann. Bis Sack zwanzig. Dis-tanz fünf Meter. Jetzt fühle ich mich als Schlaff sack, der dem Sack nicht mehr gewachsen ist.

Alles brennt. Die Beine, die Arme, der Puls galoppiert. Egal. Nach getaner Arbeit bin ich ein Held der Arbeit. Wer’s nicht glaubt, soll bei meinem Schreibtisch vor-beikommen. Dort, am Kleiderha-cken, hängt der orange Overall. Als Trophäe. Und mit meinen Enkeln werde ich dereinst im Zug durch den Weinbergtunnel fahren. Dabei beiläufig erwähnen: «Seht Kinder! An diesem grandiosen Bauwerk hat Euer Opa mitgearbeitet.»

Mein Mut sackt ab. In die Hose. Mulmig das Gefühl. Im Magen. Da stehe ich also, ich alter Tor, gewöhn-lich redlich arbeitender Bürogummi, der jetzt, in

einem Anflug von Grössenwahn, sich in die reale Arbeit für Männer mit grossen Muckis stürzen will. Habe mir gedacht: Ein Chefredaktor eines Wirtschaftsmagazins für KMU muss wissen, wie die KMU-Wirtschaft tickt. Also geht der Wessels mit seiner neuen Ego-Rubrik «Schweissarbeit» als erstes dort-hin, wo es Schwielen setzt – in die Baubranche.

Ein Loch wie ein Meteoriteneinschlag nahe dem Radio-Stu-dio in Zürich Oerlikon: der Einstieg zum Weinbergtunnel, der ab 2014 den Bahnhof Oerlikon mit dem Zürcher Hauptbahn-hof verbinden soll. Eben hebt ein Kran einen Betonlaster in den Schacht, leichtgewichtig wie ein Spielzeugauto 40 Meter in die Tiefe. Diesem soll nun in wenigen Minuten der Wessels fol-gen, Sie wissen schon, der schmalbrüstige, Blickpunkt-Chef-redaktor – und sollte dies das letzte Mal sein, dass Sie, liebe Leserin, liebe Leser, von diesem Menschenfreund hören, dann wissen Sie: Das Loch hat den Journalisten gefressen.

Vor meinem Gang in die Unterwelt werde ich mit Material behängt. Oranges Baustellen-Tenue. Ein vertrauter Ton, immerhin. Dann kommen Schutzbrille, Gürtel, Helm, quietschgelbe Gummistiefel mit Stahl-kappen. All dies schon weniger wohlig. Überlebens-Utensilien in feindlicher Umgebung. Dann bindet man mir ei-nen so genannten RFID-Chip um den Hals. Alle im Tunnel tragen den, er lokalisiert im Notfall die Arbeiter im Tunnel. Ich fühle mich ein wenig wie der Kater, dem man ein Glöckchen um den Hals gebunden hat; aber gut, im-merhin beruhigt das auch irgendwie.Es gibt kein Zurück. Mit dem Aufzug geht es hinunter. In die tieferen Schich-

SCHWEISSARBEIT

JETZT TRÄGT DER SACK DIE SÄCKE SELBST

Mitarbeiter des Monats: Tobias Wessels in seinem Buddel-

Praktikum bei der ARGE Tunnel Weinberg

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66 BLICKPUNKT · MÄRZ 2012

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Christian ErhardLeiter Online Partnership Management, eBay International Marketing GmbH

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Für Truls Toggenburger, Geschäftsführer, überzeugtdie Zürcher Kantonalbank mit ihren Leistungen. Eine konstante Beziehung und die lokale Verwurzelungbilden das Fundament dieser erfolgreichen Partnerschaft.

«Ein starker Partner, der auch bei KMUs verlässlich mit anpackt.»Truls Toggenburger, Toggenburger Unternehmungen