BWGZ 1/2014

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BWGZ 01 | 2014 15. Januar 2014 137. Jahrgang Postvertriebsstück DPAG, Entgelt bezahlt, E 7351 | Gemeindetag Baden-Württemberg | Panoramastraße 31, 70174 Stuttgart Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg DIE GEMEINDE DIE GEMEINDE Zeitschrift für die Städte und Gemeinden Bilanz und Perspektiven

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Transcript of BWGZ 1/2014

BWGZ 01 | 201415. Januar 2014137. Jahrgang

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Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg

D I E G E M E I N D ED I E G E M E I N D EZeitschrift für die Städte und Gemeinden

Bilanz und Perspektiven

„Die Gemeinde“ (BWGZ) ist die führende Fachzeitschrift für kommunalpolitische The-men in Baden-Württemberg. Sie erscheint mit 23–24 Ausgaben im Jahr und in einer Auflage von 5.000 Exemplaren im 135. Jahrgang.

„Die Gemeinde“ (BWGZ) wird in allen Rat-häusern, Landratsämtern, Regierungspräsidien und Ministerien gelesen. Mandatsträger auf allen politischen Ebenen und Angehörige von politischen Institutionen gehö ren ebenso zu den Abonnenten wie Mitglieder aus Kammern und Entscheidungsträger der Wirtschaft. Und immer mehr Rechtsanwälte sehen diese Fach-zeitschrift als Pflichtlektüre.

Das Themenspektrum ist breit gefächert. Es deckt die ganze Bandbreite der kommunalen Wissenschaft und Praxis, das Kommunalrecht und die Kommunalpolitik sowie sämtliche kom-munalpolitisch relevanten Gesellschafts- und Sachbereiche ab.

Neben den Mitarbeitern aus der Geschäftsstel-le des Gemeindetags Baden-Württemberg sind die Autoren Wissenschaftler, Fachleute aus dem administrativen und exekutiven Bereich sowie erfahrene Praktiker aus den Städten und Gemeinden.

Abwasser Bevölkerung Contracting Demografie Ehrenamt Finanzen Gewerbesteuer Haftung Integration Kinder Leistungsvergleich Mobilfunk

Zeitschrift für die Städte und Gemeinden

Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg

D I E G E M E I N D ED I E G E M E I N D E

Nahversorgung Ökokonto Personal Qualitätssicherung Regulierung Schule Stadtentwicklung Tageseinrichtungen Umwelt Vergabe Winterdienst Zweckverband

sind nur einige von vielen Themen, die in der Zeitschrift ihren Niederschlag finden.

Der Gemeindetag Baden-Württemberg greift in seiner Verbandszeitschrift „Die Gemeinde“ (BWGZ) aber nicht nur aktuelle Themen auf, son-dern stößt die Diskussion um neue kommunal-politisch wichtige Fragen und Entwicklungen an.

Möchten Sie „Die Gemeinde“ (BWGZ) kennen-lernen?Oder kennen Sie die Zeitschrift, sind aber noch nicht Abonnent/in?

Wenden Sie sich bitte an uns:E-Mail: [email protected] faxen Sie den Coupon unter Telefax 0711/225 72- 47

Bei Fragen steht Ihnen Frau Tschentscher gerne zur VerfügungTelefon 0711/225 72- 48

❏ Ja, ich möchte „Die Gemeinde“ (BWGZ) kennenlernen! Bitte senden Sie mir die nächsten drei aktuellen Ausgaben gegen Rechnung zum Vorzugspreis von 15 Euro (incl. MwSt. und Versand). Die Lieferung endet mit Zustellung des dritten Heftes und geht nicht automatisch in ein Jahresabonnement über.

❏ Ja, ich kenne „Die Gemeinde“ (BWGZ) bereits und möchte die Zeitschrift (24 Ausgaben) im günstigen Jahresabonnement bestellen. Bitte schicken Sie mir die Bestellunterlagen. (Die Preise entnehmen Sie bitte dem Impressum)

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BWGZ 14 | 201331. Juli 2013

136. Jahrgang

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Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg

D I E G E M E I N D ED I E G E M E I N D EZeitschrift für die Städte und Gemeinden

Breitband

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BWGZ 15-16 | 201331. August 2013

136. Jahrgang

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Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg

D I E G E M E I N D ED I E G E M E I N D EZeitschrift für die Städte und Gemeinden

Gemeindefinanzbericht

„Gemeinden haben auf Kosten

der Zukunft gespart

und dringend nötige

Investitionen aufgeschoben.“

Roger Kehle

Präsident des Gemeindetags

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BWGZ 17 | 201316. September 2013

136. Jahrgang

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Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg

D I E G E M E I N D ED I E G E M E I N D EZeitschrift für die Städte und Gemeinden

Planen und Bauen

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1Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2014 Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Zum TitelbildDie Große Kreisstadt Neckarsulm ist neues Mitglied beim Gemeindetag Baden-Württemberg. Eine Stadt mit vielen Gesichtern stellt sich in dieser Ausgabe vor: als innovativer Wirtschafts-standort, traditioneller Produktions-standtort der Automobilindustrie, preis-gekrönte Solarstadt, lebenswerter und familienfreundlicher Wohnort.

Foto: Luftbild Schwab, Heilbronn

Editorial 2

Bilanz und PerspektivenGemeindetag Baden-Württemberg: Solide kommunale Finanzsituation – dafür großer Investitionsstau in vielen Gemeinden 4

Gt-service Dienstleistungsgesellschaft mbH des Gemeindetags Baden-Württemberg. kompetent. kommunal. 48

Europabüro der baden-württembergischen Kommunen: Europäische Reformen und kommunale Herausforderungen 49

Allgemeiner TeilHarry Brunnet: Kommunalwahl 2014 – Chance zur aktiven Bürgerbeteiligung 52

Karl-Ulrich Templ und Udo Wenzl: Wenn Wählen für das Leben junger Leute relevant wird 54

Dr. h.c. Siegfried Schiele: Der Berliner Mauerfall vor 25 Jahren 56

Georg Fichtner: Gute Partnerschaft zwischen Betrieben und Kommunen als Standortfaktor 58

Eva Strobel: Arbeitsmarkt 2014 – Es gibt viel zu tun 60

Dr. Carmina Brenner: Neue Zahlen für Stadt und Land 62

Günther H. Oettinger: Erneuerbare Energien in der EU – bis 2020 und danach 66

StadtproträtAndreas Bracht: Neckarsulm – lebendige Stadt mit vielen Gesichtern 67

Impressum 9

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2 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2014Editorial

die besinnliche Zeit ist nun leider vorbei und schon wieder hat uns der Alltag fest im Griff. Doch ich hoffe und wünsche Ihnen, dass Sie ein wenig Ent­spannung und Gelassenheit mit ins neue Jahr nehmen konnten.

Im Bewusstsein, dass vor 100 Jahren der Erste Weltkrieg, und vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg begonnen haben, müssen wir aus tiefstem Herzen dank­bar für die vielen Jahrzehnte Frieden sein, die wir erleben dürfen.

1989 fiel die Mauer, die Menschen des gleichen Volkes über Jahrzehnte trenn­te, dank einer friedlichen Revolution. Auch noch nach 25 Jahren dürfen wir die glücklichen Ereignisse nicht vergessen, als damit eintrat, was viele nicht mehr zu hoffen gewagt hatten.

Rückblick/Ausblick

Das vergangene Jahr hat uns in Baden­Württemberg zwar dank einer prospe­rierenden Wirtschaft im Durchschnitt eine gute finanzielle Basis verschafft – doch leider gibt es noch genügend Kommunen, die nicht in den Genuss einer monetären Entspannung gekommen sind. So gut wie allen Städten und Gemeinden ist jedoch gemeinsam, dass die Überbrückung der schwierigen Zeiten zuvor und der Konsolidierung der Haushalte mit einem erheblichen Investitionsstau teuer erkauft wurde. Hier gibt es großen Nachholbedarf – wenn man nur einmal an die Straßen und Brücken denkt.

Dafür haben die Städte und Gemeinden den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren mit enormen Anstrengungen so gestemmt, dass die befürchtete Klagewelle ausgeblieben ist. Jetzt gilt es, das benötigte Personal zu gewinnen oder zu entwickeln. Immerhin ist 2014 das Europäische Jahr der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Insgesamt lässt sich festhalten: Wie immer haben die Städte und Gemeinden zum allergrößten Teil die ihnen obliegenden vielen weiteren Aufgaben mit Bravour gemeistert. Aber weiterhin dringend notwendig ist eine Entlastung der Kommunen zum Beispiel im Sozialbereich durch Bund und Land. Solange sie noch für Leistungen aufkommen müssen, die originär nicht ihre Aufgabe sind, fehlt Geld für andere große Zukunftsthemen wie etwa den qualifizierten Umbau der Schullandschaft.

Die Frage, inwieweit die neue schwarz­rote Bundesregierung tatsächlich zur Entlastung der Kommunen beitragen wird, lässt sich leider noch nicht wirk­lich abschätzen.

Welche Aufgaben der Gemeindetag Baden­Württemberg selbst im vergange­nen Jahr bewältigt hat und welche Ziele er im neuen Jahr verfolgt, steht im Schwerpunkt Bilanz und Perspektiven.

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Liebe Leserinnen und Leser,

3Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2014 Editorial

Gemeinderatswahl

Für unsere Kommunen wird es in diesem Jahr wieder besonders spannend. Am 25. Mai findet in den 1101 Städten und Gemeinden – zusammen mit der Europawahl, der Kreistagswahl und der Wahl zum Verband Region Stuttgart – die Gemeinderatswahl statt. Auch diese Wahlen werden die Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter der Städte und Gemeinden in einem beträchtlichen Kraftakt aber reibungslos über die Bühne bringen.

Zum ersten Mal dürfen schon Personen ab dem 16. Lebensjahr ihre Stimme abgeben. Wie dieses Angebot bei den jungen Menschen ankommt, bleibt abzuwarten. Zunächst jedoch müssen genügend Bewerberinnen und Bewer­ber gefunden werden. Es ist zu hoffen, dass sich ausreichend viele qualifizier­te und engagierte Personen bereit erklären, Zeit und Kraft zu opfern – aber: Es ist und bleibt ein attraktives Ehrenamt, als Mitglied eines Gemeinderats für fünf Jahre die Geschicke der Gemeinde oder Stadt, in der man lebt, mitgestal­ten zu können.

Damit insbesondere die neu gewählten Mitglieder der Gemeinderäte ihrer Aufgabe gut informiert nachgehen können, gibt der Gemeindetag wieder eine BWGZ heraus, die alle wichtigen Themenbereiche kurz und prägnant dar­stellt. Außerdem wird die Verwaltungsschule des Gemeindetags in bewährter Weise landesweit Seminare anbieten.

Dank

Es ist mir wichtig, den Mitgliedern des Gemeindetags Baden­Württemberg und ihren Repräsentanten Dank zu sagen für eine hervorragende Zusammen­arbeit, für gute Gespräche und Kontakte, für wertvolle Anregungen allgemein und wichtige Impulse im Besonderen in unseren zahlreichen Gremien und Arbeitsgruppen. Ohne diese Unterstützung könnte der Verband seine Aufga­be bei weitem nicht so effektiv und erfolgreich wahrnehmen, wie dies auch im vergangenen Jahr der Fall war.

In diesem Sinne: Ich wünsche uns allen ein erfolgreiches Jahr 2014.

Roger Kehle

4 Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und Perspektiven

Solide kommunale Finanzsituation – dafür großer Investitionsstau in vielen Gemeinden

BWGZ 1 | 2014

Kommunale Finanzlage – aktueller Stand und Perspektiven 2014

Mit viel Anerkennung, aber auch etwas neidvoll wird derzeit die Finanzsituati­on der kommunalen Haushalte in Ba­den­Württemberg in der Republik wahr­genommen. Während auch 2013 in Zeiten höchster Steuereinnahmen in den Kommunalhaushalten weiterhin eine große Zahl von Städten und Ge­meinden ihre Haushalte immer noch nicht ausgleichen können und die Ver­schuldung durch Kassenkredite bundes­weit immer weitere Höhen erklimmt, konnten die Kommunalhaushalte Ba­den­Württembergs bereits schon 2011 einen positiven Finanzierungssaldo von nahezu 1,7 Mrd. Euro verzeichnen. 2010 schlug demgegenüber noch ein Minus von rund 800 Mio. Euro und 2009, auf dem Höhepunkt der Finanz­ und Wirt­schaftskrise, sogar von sage und schrei­be rund 1,8 Mrd. Euro zu Buche.

Die Kehrtwende zum Guten fand in den baden­württembergischen Kommunal­haushalten 2012 mit einem weiteren Anstieg des Finanzierungssaldos auf über 2,1 Mrd. Euro seine Fortsetzung. In Teilen wurde dieses Ergebnis auch durch den weiteren Rückgang der Investiti­onstätigkeit erkauft. Bundesweit wird der Investitionsrückstand der Kommu­nen inzwischen auf 128 Mrd. Euro ge­schätzt. Hiervon entfallen allein zirka 20 Mrd. Euro auf Baden­Württemberg.

Das bundesweite Ergebnis mit plus 1,7 Mrd. Euro für das Jahr 2012 signali­siert zunächst zwar auch eine Trend­wende zum vermeintlich Besseren. Die Detailbetrachtung fördert aber bundes­weit für die verschiedenen Bundeslän­der eine Zweiklassengesellschaft von Städten, Gemeinden und Landkreisen zutage, die zum einen wieder Über­schüsse erwirtschaften und Schuldab­bau betreiben können, während es dem anderen Teil weiterhin nicht gelingt, seine Haushalte wenigsten auszuglei­chen, und dieser sich weiter in einer Ab­

wärtsspirale von unausgeglichenen Haushalten und weiter ansteigenden Kassenkrediten befindet.

Mit Blick auf die Anforderungen der ab 2020 ihre volle Wirkung entfaltenden Schuldenbremse und des Fiskalpakts mit der EU scheinen die hiervon betroffenen Bundesländer den Ernst der Lage erkannt zu haben, indem zur Sanierung der kom­munalen Haushalte inzwischen in sieben Bundesländern (Hessen, Sachsen­Anhalt, Nordrhein­Westfalen, Rhein­land­Pfalz, Niedersachsen, Mecklenburg­Vorpommern, Saarland) kommunale Entschuldungsprogramme mit höchst unterschiedlicher finanzieller Dimensi­on aufgelegt worden sind.

Dies ist allenfalls ein Schritt in die rich­tige Richtung, aber noch keine Lösung der bestehenden kommunalen Ver­schuldensproblematik, zumal mit der Finanzierung der Entschuldungspro­gramme vielfach weitere Entzüge aus den jeweiligen kommunalen Finanzaus­gleichssystemen verbundenen sind.

Soll die Entschuldung der hoch ver­schuldeten Kommunalhaushalte nach­

haltig gelingen, bedarf es unabdingbar weiterer finanzieller Entlastungen der Kommunen bei den Soziallasten, wie dies der Bund durch die zumindest teil­weise Übernahme der Ausgaben für die Eingliederungshilfe für Behinderte in der neuen Legislaturperiode in Aussicht gestellt hat.

Unabhängig davon wird für das Jahr 2013 mit einer weiteren Verbesserung der bundesweiten kommunalen Finanz­lage gerechnet und ein Anstieg des kommunalen Finanzierungssaldos auf 4,0 bis 4,5 Mrd. Euro erwartet.

Demgegenüber erwartet der Gemeinde­tag für die baden­württembergischen Kommunen für das Jahr 2013 steigende Ausgaben im Bereich von Bildung und Betreuung sowie den Sozialleistungen und ein stagnierendes Gewerbesteuer­aufkommen, was einen Rückgang des kommunalen Finanzierungssaldos auf zirka 1,6 bis 1,7 Mrd. Euro gegenüber 2012 erwarten lässt. Trotz des erwarteten Rückgangs darf auch für das Jahr 2013 von einer soliden und guten kommuna­len Finanzsituation in Baden­Württem­berg gesprochen werden. Diese eröffnet wieder einen dringend erforderlichen fi­nanziellen Handlungsspielraum, um

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5Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und PerspektivenBWGZ 1 | 2014

den vorstehend angesprochenen Investi­tionsstau in der kommunalen Infrastruk­tur abbauen beginnen zu können.

Positiv stellen sich auch die Erwartun­gen an die kommunale Finanzsituation für das Haushaltsjahr 2014 entspre­chend den Prognosen für die weitere Entwicklung der Steuereinnahmen aus der November­Steuerschätzung 2013 und den Erwartungen an die konjunk­turelle Entwicklung dar. Letztere gehen davon aus, dass nach einer Phase der Abschwächung und einem Zuwachs um nur noch 0,5 Prozent im Jahr 2013 die Konjunktur wieder deutlich an Fahrt ge­winnt und sich dadurch das BIP berei­nigt um 1,6 Prozent erhöhen wird. Wie stets steht dies unter dem Vorbehalt, dass die reale Wirtschaftsentwicklung im Jahr 2013 den Erwartungen auch ge­recht wird.

Bilanz und Perspektiven – Inhaltsverzeichnis

• KommunaleFinanzlage–aktuellerStand und Perspektiven 2014

• DieReformundGrundsteuer– immer noch unerledigt

• DieUmsatzbesteuerungderöffent­lichen Hand – Überarbeitung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie

• NeueskommunalesHaushaltsrecht: Verlängerung der Übergangsfrist für die Umstellung – Evaluierung des neuen Rechts

• SEPA–NationalesÜberweisungs­ und Lastschriftverfahren

• Zensus

• SachstandEnergiewende

• Am25.Mai2014sindKommunal­wahlen – gleichzeitig findet auch die Europawahl statt

• ÜberarbeitungAktenplan Baden-Württemberg

• Verwaltungsportalservice­bw

• EhrenamtlichtätigeerhaltenhöherenFreibetrag

• GEMA­Tarifreform– weiter keine Einigung in Sicht

• FrühkindlicheBildung– Kinderbetreuung

• SchuleundBildung– die kommunalen Dauerbrenner

• Hochschulstandorte im ländlichen Raum

• NeueNachhaltigkeitsstrategie für Baden-Württemberg

• KlimaschutzgesetzundintegriertesEnergie- und Klimaschutzkonzept (IEKK)

• NaturschutzstrategieBaden­Württem-berg soll naturschutzpolitische Schwerpunkte für zwei Legislatur-perioden setzen

• GesetzzurErrichtungeines Nationalparks Schwarzwald

• NovellierungdesLandesjagdgesetzes–noch immer kein Gesetzentwurf vorhanden

• GesetzzurNeuordnungdes Wasserrechts in Baden-Württemberg (WG-Novelle) verabschiedet

• GesetzzurUmsetzungderPolizeistruk-turreform wird ab dem 1. Januar 2014 stufenweise realisiert

• Alkoholkonsum­undAlkoholmitfüh-rungsverbote an Brennpunkten – Äußerung des Ministerpräsidenten

zu den Arbeitsgruppenergebnissen befremdend

• DieInnenentwicklungs­Novelle zum BauGB

• AnreizedurchdasFörderprogramm„Flächen gewinnen durch Innenent-wicklung“

• EinschränkungdesKenntnisgabe­verfahrens – ökologische Novelle zur Landesbauordnung

• LandesbauordnungverlangtEinbauvon Rauchwarnmeldern

• PlausibilitätsprüfungderBauflächen­bedarfsnachweise kann die kommuna-le Bauleitplanung nicht einschränken

• NovellezurGutachterausschuss­verordnung – konkrete Vorschläge sind erwünscht

• Notariats­undGrundbuchreform wird Zug um Zug umgesetzt

• Erschließungsbeitragsrecht

• LokalekommunaleHotspots– öffentliche WLAN-Netze

• EU­Beihilferechtbindetdie Gemeinden beim Ausbau der Breitband-Infrastruktur

• ErhaltungderDorfgasthäuser: Rathaus trifft Wirtshaus – miteinander sprechen statt übereinander reden

• ÄrztlicheVersorgung

• AmbulantePflege,Sozialstationen

• KeineGrabsteineausausbeuterischerKinderarbeit

• NovellezumBestattungsgesetz

• VereinbarungüberdieSchadensregu-lierung im Feuerwehrfahrzeugbeschaf-fungskartell steht

• OLGKarlsruhebestätigtpauschalenSchadensersatzanspruch einer Gemeinde gegen den Lieferanten eines Feuerwehrfahrzeugs

• Bürgermeisterbesoldung: Gall sagt nächsten Schritt zu

• PersonalpolitikmussdemografischeVeränderungen berücksichtigen – Robert Bosch Stiftung fördert weitere Projekte

• ErlaubnispflichtfürPersonalleihe–Bundesrat vertritt kommunale Interessen

• Personalvertretungsrecht–Gesetz für Funktionäre, gegen Kommunen

• Deutsch­griechischekommunale Zusammenarbeit wächst

Die Reform der Grundsteuer – immer noch unerledigt

Über diesen „Dauerbrenner“ war bereits in den Vorjahren regelmäßig berichtet worden (vgl. BWGZ 1/2013 S. 12 sowie die Gemeindefinanzberichte 2011, 2012 und 2013, zuletzt BWGZ 15­16/2013 S. 727).

Die Verprobung der drei seit Ende 2010 in der länderoffenen Arbeitsgruppe der Finanzministerien untersuchten Re­formmodelle, nämlich

• des von norddeutschen Ländern ini­tiierten Modells einer verkehrswert­orientierten Grundsteuer (Verkehrs­wertmodell – VWM),

• des Modells der Länder Bayern, Ba­den­Württemberg und Hessen für eine wertunabhängige Grundsteuer nach dem Äquivalenzprinzip (WUM) und

• des von Thüringen vorgeschlagenen Kombinationsmodells aus Verkehrs­wertorientierung für die Bodenwerte und wertunabhängigen Gebäude­werten (KOM)

wurde im Jahr 2013 abgeschlossen. Über diese Reformmodelle hinaus wurden in

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die Quantifizierung zwei weitere Reform ansätze einbezogen, nämlich das Modell einer reinen Bodenwertsteuer und einer Variante dazu, der Kombina­tion der Bodenwertsteuer mit einer rei­nen wertunabhängigen Flächenkompo­nente. Diese beiden Modelle waren En­de 2012 von der Initiative www.grund-steuerreform.net bundesweit (wieder) in die Diskussion gebracht worden. Dabei handelt es sich aber um keine völlig neuen Ansätze, sondern um Modelle, die bereits 2000/2002 vom Deutschen Institut für Urbanistik im Auftrag des Bundesbauministeriums mit Blick auf ihre städtebaulichen Lenkungszwecke untersucht worden waren.

Die Finanzministerkonferenz (FMK) wird sich erst in 2014 mit dem Ab­schlussbericht der Arbeitsgruppe der Finanzministerien beschäftigen. Aktuell sieht es noch nicht danach aus, dass sich die Finanzministerkonferenz zeitnah auf ein Modell verständigen könnte, das dann dem Gesetzgeber zur Umsetzung vorgeschlagen wird. Allerdings spricht die durch das Erbschaftsteuerreformge­setz 2008 nochmals verstärkte Einbezie­hung der Gutachterausschüsse in die Wertermittlung für Zwecke der Erb­schaft­ und Schenkungsteuer dafür, dass auch für die Grundsteuer ein verkehrs­wertorientiertes Besteuerungsmodell am nächsten liegen könnte. Möglicherweise wird das Bundesverfassungsgericht, das sich mit der Gültigkeit der bisherigen Einheitswerte für Zwecke der Grundsteu­er zu befassen hat (Verfassungsbeschwer­de Az. 2 BvR 287/11 betreffend ein Urteil des BFH vom 30.06.2010, II R 12/09), dem Gesetzgeber den Zeitrahmen für die Reform vorgeben und ggf. auch inhaltli­che Determinanten setzen. Rechnet man den benötigten zeitlichen Vorlauf (gera­de bei einer verkehrswertorientierten Besteuerung) hinzu, bis die elektroni­schen Abläufe einer Grundsteuerwerter­mittlung in Umsetzung neuen Rechts bundesweit funktionieren, könnte das „Schicksalsjahr“ 2020 (Neuordnung des Länderfinanzausgleichs, Auslaufen des Solidarpakts, Schuldenbremse, Fiskalver­tragsfolgen) auch für die erstmalige An­wendung eines neuen Grundsteuer­rechts als Zeithorizont in den Blick ge­nommen werden.

Bilanz und Perspektiven

Die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand – Überarbeitung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie

lungen durch Fallkataloge abschließend möglich sei. Die von kommunaler Seite vorgeschlagene Neuregelung des § 2 UStG würde sich jedoch so gestalten, dass sich die Umsatzbesteuerung inter­kommunaler Kooperationen am Kon­zept der Nichtbesteuerung von Inhouse­Umsätzen orientieren solle.

Dies würde an verschiedene Vorausset­zungen geknüpft:

1. Leistender und Leistungsempfänger sind jPdöR,

2. Erbringung gegen Kostenerstattung,3. im Rahmen öffentlich geprägter In­

frastrukturen (außerhalb des Marktes),4. auf öffentlich­rechtlicher Grundlage,5. Nicht­Vorliegen einer „Anhang­I­

Tätigkeit“.

Inwieweit dieser Ansatz tatsächlich zum Tragen kommen wird kann nach heuti­gem Stand nicht abschließend beurteilt werden.

Europäische Rahmenbedingungen

Die Geschäftsstelle hat im Juli 2012 Ge­legenheit zum Gespräch mit einem Ver­treter der Generaldirektion TAXUD der EU­Kommission in Brüssel. Das vorran­

Bereits in der BWGZ 1/2013 (Bilanzen und Perspektiven 2013), sowie in der BWGZ 20/2013 (Geschäftsbericht des Gemeindetags) wurden die Herausforde­rungen im Zusammenhang mit der Um­satzbesteuerung der öffentlichen Hand ausführlich dargelegt und erörtert.

Ausweitung der umsatzsteuer­pflichtigen Tätigkeiten

Weiterhin steht eine Klärung des Be­griffs der umsatzsteuerlichen Tätigkei­ten unter Wettbewerbsaspekten im na­tionalen Recht, im Lichte der BFH­Rechtsprechung, aus. Es ist, auch vor dem Hintergrund der Bundestagswahl 2013, noch nicht abschließend abseh­bar wann und mit welcher Übergangs­frist die verschiedenen, hinlänglich bekannten BFH­Urteile veröffentlicht werden. Gleichzeitig werden praktika­ble Lösungen gesucht. Die kommuna­len Spitzenverbände verfolgen dabei insbesondere hinsichtlich der Inter­kommunalen Zusammenarbeit einen Ansatz, der auf eine Neuregeleung von § 2 UStG abzielt.

Demgegenüber ist die Regierungsseite dem Vernehmen nach eher der Auffas­sung, dass eine Lösung der Problemstel­

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Bilanz und PerspektivenBWGZ 1 | 2014

gige Gesprächsthema war die anstehen­de Überarbeitung der Mehrwertsteuer­systemrichtlinie.

Ein wesentliches Gesprächsergebnis ist, dass sich die Kommission nunmehr in einem Meinungsbildungsprozess zur Überarbeitung der Mehrwertsteuersys­temrichtlinie befindet. Dieser Prozess wird durch eine derzeit laufende öf­fentliche Konsultation unterstützt (14.10.2013 bis 14.02.2014). Das The­ma lautet konkret „Überprüfung beste­hender MwSt­Rechtsvorschriften zu öffentlichen Einrichtungen und Steu­erbefreiungen für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten“. Alle interessier­ten Kreise, so auch die kommunalen Verbände wie auch die Kommunen selbst, können sich hierzu äußern. Mit einem konkreten Gesetzesvorschlag ist jedoch nicht vor Ende 2014/Anfang 2015 zu rechnen. Die Unterlagen sind für jedermann online abrufbar unter folgender Internetadresse:http://ec.europa.eu/taxation_customs/common/consultationstax/2013_vat_ public_bodies_de.htm

Die im Konsultationspapier dargelegten Überlegungen wurden seitens des DStGB wie folgt zusammengefasst und werden hier verkürzt wiedergegeben:

„Die Kommission greift die seitens der Privatwirtschaft nachdrücklich geäußer­ten Bedenken gegen die derzeitige mehr­wertsteuerliche Behandlung von öffentli­chen Einrichtungen (Art. 13 MwStSysRL) auf. Dabei geht sie davon aus, dass die zunehmende Privatisierung und die Öff­nung (oder Deregulierung) von Tätigkei­ten, die ausschließlich dem öffentlichen Sektor vorbehalten waren, zu mehr Wett­bewerb zwischen öffentlichen und priva­ten Akteuren führen, und dass die beste­henden Regelungen zur Steuerpflicht der öffentlichen Akteure Verzerrungen des Wettbewerbs zur Folge haben. Hauptkri­tikpunkt an der gegenwärtigen Rechtsla­ge sei die mangelnde Neutralität, die sich sowohl bei den Eingangs­ als auch bei den Ausgangsumsätzen ergeben würde. Die Kommission stellt fünf verschiedene Op­tionen vor, die aus ihrer Sicht geeignet sind, die vermeintlich bestehenden Wett­bewerbsverzerrungen zu beseitigen:

1. VollbesteuerungsmodellDie Kommission unterteilt dieses Mo­dell in zwei Untermodelle: der Besteue­rung abhängig vom Entgelt und der Besteuerung unabhängig vom Entgelt. Gegenstand dieses Modells ist es, sämt­liche Tätigkeiten der öffentlichen Hand der Steuerpflicht zu unterwerfen.

2. ErstattungsmodellMit diesem Modell würde die Möglich­keit eingeführt werden, den Vorsteuerab­zug u.a. auch insoweit zuzulassen, als die Eingangsumsätze für nach Art. 13 MwSt­SysRL nicht steuerbare Zwecke oder für nach Art. 132 bis 134 MwStSysRL steuer­befreite Tätigkeiten verwendet werden.

3. Streichung des Art. 13 MwStSysRLDiesem Vorschlag folgend würde Art. 13 MwStSysRL, der die Steuerpflicht öffent­licher Einrichtungen regelt, gestrichen werden. Dies könnte mit einer Auswei­tung des Katalogs steuerbefreiter Tätig­keiten verbunden werden.

4. Sektorale ReformDenkbar wäre es aus Sicht der Kommis­sion auch, die Reform auf diejenigen Sektoren zu beschränken, in denen es „eindeutig zu Wettbewerbsverzerrun­gen zwischen öffentlichen und privaten Einrichtungen“ kommen könne und/oder auf Sektoren, in den für gewöhn­lich hohe Investitionskosten anfallen. Die Kommission nennt hier u.a. den Bereich der Abfall­ und Abwasserbewirt­schaftung.

5. Punktuelle Änderungen der geltenden VorschriftenSchließlich könnten alternativ punktu­elle Änderungen am gegenwärtigen Sys­tem vorgenommen werden, ohne die Grundsystematik zu verändern. So könnte Art. 13 MwStSysRL durch Strei­chung des 2. Absatzes eine klarere Struk­tur erhalten. Auch eine Straffung und Modernisierung der Art. 132 bis 134 MwStSysRL und die Ausweitung von Optionsrechten für Einrichtungen, die steuerbefreite Tätigkeiten ausüben, wer­den hier als Möglichkeiten genannt.“

Aus kommunaler Sicht geben insbeson­dere die wiederholten Hinweise auf die Abwasserbeseitigung deutlichen Anlass

zur Sorge. Insoweit ist die Geschäftsstel­le bestrebt, möglichst im Einklang mit den kommunalen Landes­ und Bundes­verbänden Stellungnahmen abzugeben, die dazu beitragen sollen, derartige Überlegungen nicht Eingang in einen noch ausstehenden Entwurf der Mehr­wertsteuersystemrichtlinie finden zu lassen.

Modifikation des Vorsteuerabzugs: Einschränkung des Vorsteuer­abzugs statt Besteuerung des Eigenverbrauchs

Nach wie vor besteht die Verpflichtung zur Anwendung des BMF­Schreibens vom 02.01.2012. Doch weiterhin gibt es auch seitens der Finanzverwaltung keine praktikablen Hinweise zur zutref­fenden Ermittlung des eingeschränkten Vorsteuerabzugs. Die Geschäftsstelle erarbeitet derzeit mit den beiden ande­ren Kommunalen Landesverbänden, wie auch landesweit tätigen Steuer­beratungsbüros, in Abstimmung mit dem MFW Anwendungs­ und Verein­fachungshinweise um soweit als mög­lich seitherigen den Status quo erhalten zu können.

Dabei soll gerade nicht auf Praktikabili­tätsaspekte, sondern vielmehr auf recht­liche Aspekte, insoweit also eine andere Interpretation der zugrunde liegenden Urteile, eingegangen werden. So hat die Geschäftsstelle bereits in BWGZ 1/2013, S. 13 f. dargelegt, dass es nicht nachvoll­ziehbar ist, weswegen juristischen Per­sonen des öffentlichen Rechts keine „Privatsphäre“ zugestanden werden soll, sie insoweit also auch keine Privat­entnahmen tätigen dürfen, die der um­satzsteuerlichen Eigenverbrauchsbe­steuerung unterliegen. Stattdessen wird mit dem BFH­Urteil vom 10.11.2011 – V R 41/10 – darauf abgestellt, dass die ho­heitliche Verwendung als nichtwirt­schaftliche Tätigkeit nicht steuerbar sei. Diese Auffassung hätte bekannterma­ßen eine anteilige Kürzung des Vorsteu­erabzugs zur Folge.

Da diese Auffassung nach wie vor nicht unumstritten ist (vgl. z.B. Klenk, UR 2012 S. 663) sollen rechtzeitig zu den

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BWGZ 1 | 2014

anstehenden Jahressteuererklärungen diesbezügliche Argumentationsgrund­lagen erarbeitet und den Mitgliedsstäd­ten und ­gemeinden zur Verfügung ge­stellt werden.

Umsatzbesteuerung von Zuschüssen an öffentliche Beteiligungsunternehmen

Ein besonderer Fokus der Geschäfts­stelle liegt weiterhin auch auf der um­satzsteuerlichen Behandlung von Zu­schüssen an kommunale Gesellschaf­ten (vgl. hierzu Gt­info 447/13 vom 20. Juni 2013 (Gt­info 2013 Heft 11 S. 25); Gt­info 395/13 vom 5. Juni 2013 (Gt­info 2013 Heft 10 S. 26); Gt­info 416/13 vom 5. Juni 2013 (Gt­info 2013 Heft 10 S. 26).

Der Auslöser waren enorme Umsatz­steuernachforderungen, die seitens der Finanzverwaltung gegenüber der Regio Stuttgart Marketing GmbH auch rück­wirkend geltend gemacht worden sind. Der Sachverhalt wurde in der Presse aus­führlich beleuchtet (vgl. z.B. „Das Milli­onenspiel mit der Umsatzsteuer“, Stutt­garter Zeitung vom 15.04.2013).

Es steht zu befürchten, dass derartige Überlegungen auch auf andere Arten von Zu­schüssen an öffentliche Betei­ligungsunternehmen über­greifen. Daher hat sich die Geschäftsstelle nachhaltig um eine Lösung dieser Fall­konstellation bemüht. Zu­letzt hat das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft ei­nen Leitfaden veröffentlicht, der helfen soll, zwischen so genannten steuerbaren und nicht steuerbaren Zuschüssen zu unterscheiden. Dieser Leit­faden stellt aus Sicht des Ge­meindetags noch keine ab­schließende Lösung dieser Problematik dar und wirft zusätzliche Fragen auf. Auch deshalb werden weitere Ver­handlungsrunden zu dieser speziellen Thematik erforder­lich sein.

Bilanz und Perspektiven

Neues kommunales Haushaltsrecht: Verlängerung der Übergangsfrist für die Umstellung – Evaluierung des neuen Rechts

Am 11.04.2013 hat der Landtag neben den kommunalwahlrechtlichen Ände­rungen auch die Verlängerung der Um­stellungsfrist auf das Neue kommunale Haushaltsrecht auf doppischer Grund­lage (NKHR­BW) um weitere vier Jahre bis Ende 2019 beschlossen (Gesetz vom 16.04.2013, GBl. S. 55). Der Landesge­setzgeber hat damit dem vom Gemein­detag Baden­Württemberg geforderten dauerhaften Wahlrecht zwischen Ka­meralistik und Doppik nach dem NKHR­BW eine Absage erteilt. Hierüber wurde in der Gt­Info und in der BWGZ regelmäßig berichtet (zuletzt Gt­Info 354/ 2013 vom 03.05.2013, BWGZ 1/2013 S. 15).

Der Landtag hat die Verlängerung der Übergangsfrist mit dem Auftrag verbun­den, auf der Grundlage der Erfahrungen der Städte, Gemeinden und Kreise, die schon auf die Doppik umgestellt haben, eine Evaluierung des gegenwärtigen Rechts durchzuführen. Das am Ende der Übergangsfrist geltende Haushaltsrecht solle so weiterentwickelt werden, dass

es, so die Bekundungen der Politik, für die Kommunen „einfacher, transparen­ter und damit auch kostengünstiger“ werde und „insbesondere den Bedürf­nissen und Erwartungen der kleineren Kommunen im Lande Rechnung trage“.

Der Gemeindetag hat bei den Mitglieds­städten und ­gemeinden Anregungen und Änderungsvorschläge zu den Rechts­ und Verwaltungsvorschriften bzw. zum Produkt­ und Kontenrahmen abgefragt. In einem Arbeitskreis „Evaluierung“ mit kommunalen Praktikern wurden diese bewertet und daraus die Stellungnahme mit Vorschlägen zur Änderung des gel­tenden Rechtsrahmens mit dem Ziel von Vereinfachung und stärkerer Akzeptanz des neuen Haushaltsrechts gegenüber dem Innenministerium entwickelt. Die Evaluierung soll im Jahr 2014 mit den entsprechenden Rechtsänderungen ab­geschlossen werden.

9Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2014 Bilanz und Perspektiven | Impressum

SEPA – Nationales Überweisungs­ und Lastschriftverfahren läuft aus

Der einheitliche Europäische Zahlungs­verkehrsraum (SEPA – Single Euro Pay­ments Area) rückt in seiner Vervollkomm­nung immer näher. An die Stelle der her­kömmlichen Inlandsüberweisung bzw. ­lastschrift treten zum 1. Februar 2014 die europaweit einheitliche SEPA­Über­weisung und die SEPA­Lastschrift. Für die Unternehmen, aber auch für die öffentli­che Hand bedeutet dies, dass sie spätes­tens bis dahin ihren eigenen Zahlungsver­kehr auf die SEPA­Instrumente umgestellt haben müssen. Allerdings hat die Europä­ische Kommission am 9. Januar 2014 – kurz vor dem Ende der Umstellungsfrist recht überraschend ­ mit Blick auf den Umstellungs(rück)stand in einigen ande­ren Mitgliedsstaaten der Union eine Ver­längerung des Zeitkorridors für die Um­stellung angekündigt, die den Einsatz der nationalen Überweisungen und Last­

schriften für weitere 6 Monate bis längs­tens zum 1. August 2014 erlauben soll. Auch für die Kommunen und deren EDV­ und Zahlungsdienstleister war die Umstellung auf SEPA eine große Heraus­forderung. Die Kommunen in Baden­Württemberg sind indes für die SEPA­Umstellung gut gerüstet an den Start ge­gangen. In einer Gemeinschaftsaktion des Gemeindetags Baden­Württemberg und weiterer Beteiligter aus der „kommu­nalen Familie“ wurde den Kommunen im Lande ein SEPA­Leitfaden­Baden­Württemberg zur Verfügung gestellt, der sie mit Mustern für Bürgerinformatio­nen, für SEPA­Mandate, für Benachrich­tigungsschreiben usw. bei der SEPA­Mig­ration unterstützt. Der Großteil der Kommunen hat die Umstellung bereits im Herbst 2013 abgeschlossen.

Wegen Einzelheiten zu den Ergebnissen und ihren Auswirkungen für die Städte und Gemeinden sowie zu den getroffe­nen Übergangsvorschriften wird auf BWGZ 1/2013, Seite 1 ff sowie BWGZ 15­16/2013, Seite 712 ff. verwiesen. Da­bei wird auch auf die Berücksichtigung der Zensusergebnisse im Kommunalen Finanzausgleich und die dafür geschaf­fenen Übergangsvorschriften im FAG eingegangen (Seite 718).

Ende Oktober 2013 hat das Statistische Landesamt gegenüber allen Städten und Gemeinden, die gegen die Feststellung der amtlichen Einwohnerzahl Wider­spruch erhoben haben, die sofortige Vollziehung nach § 80 VwGO angeord­net. Das überwiegende öffentliche Inter­esse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides zur Feststellung der amtli­chen Einwohnerzahl der Widerspruchs­führerin wurde mit der weitreichenden rechtlichen und finanziellen Bedeutung der amtlichen Einwohnerzahl und der Notwendigkeit, eine einheitliche Basis für die Ermittlung und Fortschreibung der amtlichen Einwohnerzahlen zugrun­de zu legen, begründet.

Zensus

Mehr als 350 Städte und Gemeinden haben in Baden­Württemberg Wider­spruch gegen das Zensusergebnis erho­ben. Das Land wird bis Ende 2013 bzw. Anfang 2014 diese Widersprüche be­scheiden. Es bleibt abzuwarten, mit welcher Begründung die Widersprüche vom Land abgelehnt werden. Im Wei­teren wird dann zu entscheiden sein, wie es sich mit Musterklagen verhalten kann.

Auch wenn letztendlich die Gerichte, bis hin zum Bundesverfassungsgericht, zu der Auffassung kommen würden, dass das Zensusgesetz verfassungswidrig ist, bleibt die Frage, welche Auswirkungen dies für die Festlegung der amtlichen Einwohnerzahlen haben wird. Man wird nicht zwangsläufig mit der Aufhebung der Bescheide rechnen können.

Unter Umständen geben die gerichtli­chen Entscheidungen lediglich Eck­punkte und Hinweise für eine Ände­rung des Zensusgesetzes mit Wirkung für die Zukunft und für den nächsten Zensus, der bereits für das Jahr 2021 vorgesehen ist.

Die Gemeinde (BWGZ):Zeitschrift für die Städte und Gemeinden, Stadträte, Gemeinderäte und Ortschaftsräte; Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg (Herausgeber – Eigenverlag)

Verantwortlich für den Herausgeber:Roger Kehle, Präsident (V.i.S.d.P.)

Verlags­ und Schriftleitung/Redaktion:Silke Gerboth-Sahm E-Mail: [email protected]

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Die Gemeinde (BWGZ)erscheint zweimal monatlich.

Bezugspreise (ohne MWSt.):– für Mitgliedsstädte und Mitgliedsgemeinden: Jahresabonnement 135 Euro– für sonstige Bezieher: Jahresabonnement 155 Euro– für Stadt-, Gemeinde- und Ortschaftsräte, Studenten und öffentliche Bibliotheken: Jahresabonnement 90 Euro Bei Mehrfachabnahme Sonderrabatte möglich.Alle Preise einschl. Versand- und Zustellgebühren.

Einzelhefte kosten 8 Euro einschl. MWSt.

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Nachdrucke und Kopien: Nur mit ausdrück- licher Genehmigung des Gemeindetags (dies gilt nicht für Mitgliedsstädte und Mit-gliedsgemeinden); Quellenangabe erforderlich.Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder. Für die inhaltliche Richtigkeit von Fremdbeiträgen ist der jeweilige Verfasser verantwortlich.Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bildmaterial übernimmt der Herausgeber keine Verantwortung. Die Redaktion behält sich Kürzungen und Überarbeitung vor.

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10 Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und Perspektiven BWGZ 1 | 2014

Sachstand Energiewende

Das Jahr 3 nach der Atomkatastrophe von Fukushima stand und steht in Sa­chen Energiewende ganz im Zeichen rechtlicher Weichenstellungen auf Lan­des­, Bundes­ und EU­Ebene, kontrover­ser politischer Diskussionen sowie span­nender kommunaler Initiativen.

Land Klimaschutzgesetz

In Baden­Württemberg ließ die Landes­regierung bereits 2012 ihren ambitio­nierten Zielen bei der Umsetzung der Energiewende wie auch beim Klima­schutz Taten folgen. So wurde das Lan­desplanungsgesetz geändert, der Wind­energieerlass herausgegeben und schlussendlich zum 31. Juli 2013 das Klimaschutzgesetz verabschiedet. Das Gesetz legt verbindliche Ziele zur Treib­hausgasminderung fest. So soll der CO2­Ausstoß des Landes bis 2020 um min­destens 25 Prozent und bis 2050 um 90 Prozent sinken. Weitere Elemente sind die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand; laut § 7 des Gesetzes nehmen in­des Gemeinden und Gemeindeverbän­de den Klimaschutz in eigener Verant­wortung wahr. Nähere Informationen zum Klimaschutzgesetz und dessen Aus­wirkungen sind dem Abschnitt „Klima­schutzgesetz und integriertes Energie­ und Klimaschutzkonzept (IEKK)“ in diesem Heft zu entnehmen.

Contracting­Offensive

Im Rahmen der Contracting­Offensive Baden­Württemberg wurden im Zeit­raum Juli 2012 bis Juli 2013 in zahlrei­chen Arbeitsgruppensitzungen aufge­teilt nach den Zielgruppen: 1) öffentli­che Liegenschaften, 2) Industrie und Unternehmen und 3) Privathaushalte die Möglichkeiten und Chancen von Energie-Contracting als Motor für eine Steigerung der Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen im Ge-bäudebereich zusammengetragen und bewertet. Auch die kommunalen Lan­desverbände haben zusammen mit In­

dustrie­ und Handwerksverbänden, di­versen Finanzinstituten, verschiedenen Kommunen und Stadtwerken sowie Vertretern der Landesministerien in die­sen Arbeitsgruppen mitgewirkt.

Im Abschlussbericht finden sich zehn Empfehlungen, mit deren Umsetzung aus Sicht der Teilnehmer Energie­Con­tracting in Baden­Württemberg maß­geblich vorangebracht werden kann. Konsens aller Beteiligten war, dass Energie-Contracting mehr ist als ein Finanzierungsinstrument: Es hilft, die Energieeffizienz im wichtigen Altgebäu­debestand zu heben, kann den Einsatz von erneuerbaren Energien fördern, schafft Planungs­ und Ausgabensicher­heit für einen längeren Zeitraum mit der Chance, Investitionen vorzuziehen, und verbessert gleichzeitig die Qualität der Projekte. Nach der mit Vorlage des Abschlussberichts beendeten Arbeits­gruppenphase soll es nun in einer Phase II der Contracting­Offensive an die Um­setzung der formulierten Empfehlun­gen gehen.

Novellierung Erneuerbare Wärme Gesetz (EWärmeG) – Ausdehnung auf kommunalen Nichtwohngebäude­Bestand geplant

Das Landeskabinett hat am 11. Juni 2013 die Eckpunkte für eine Novelle des Er­neuerbare­Wärme­Gesetzes (EWärmeG) verabschiedet. Dieses soll das bestehende EWärmeG aus dem Jahr 2007 ergänzen. Vorgeschlagen wird eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf den gesam­ten Bestand an Nichtwohngebäuden über die bisherige Geltung für Wohnge­bäude im Bestand hinaus.

Anknüpfungspunkt ist wie dort der Aus­tausch und die Modernisierung der zen­tralen Heizungsanlagen. Die Eckpunkte sehen vor, dass der Pflichtanteil an Erneuerbaren Energien an der Gebäude­energie von derzeit zehn auf künftig 15 Prozent erhöht wird. Die Verpflich­tungen nach dem EWärmeG knüpfen bislang an die Möglichkeit an, eine so­larthermische Anlage einbauen zu kön­nen („Ankertechnologie“). Diese Bedin­gung wird nun durch weitere Erfül­

lungsoptionen erweitert. Die Verpflich­tungen nach dem EWärmeG sollen künftig auch dann gelten, wenn eine solarthermische Anlage aus techni­schen, baulichen oder aus rechtlichen Gründen nicht realisiert werden kann. Dafür soll den Verpflichteten eine Wahl­möglichkeit bei der Erfüllungsoption eingeräumt werden (zum Beispiel Holz­pelletkessel, Wärmepumpe oder Däm­mungsmaßnahmen). Hierunter fällt auch die Erstellung eines so genannten gebäudeindividuellen Sanierungsfahr­plans durch qualifizierte Personen.

Einzelheiten der geplanten Novelle sind der Geschäftsstelle bislang nicht be­kannt. Ein Referentenentwurf des Ge­setzes liegt mit Stand November 2013 noch nicht.

Bund EEG­Reform

Die bisherige Förderpolitik nach dem Erneuerbare­Energien­Gesetz (EEG) und das bestehende Energiemarktdesign führen zu milliardenschweren Folge­kosten sowie zu volkswirtschaftlichen Fehlallokationen, die sich auf die Wett­bewerbsfähigkeit der deutschen (Ener­gie­)Wirtschaft massiv auswirken.

Vor diesem Hintergrund ist bereits seit geraumer Zeit die Debatte um eine Re­form der Förderkulisse und des gesam­ten bestehenden Energiemarktdesigns im Gange, die durch vielfältige Vor­schläge u.a. von Seiten des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), des Bundesverbandes der deutschen Indus­trie (BDI) und weiterer Akteure geprägt wird. Mit Veröffentlichung der EEG­Umlage für 2014 und einem Anstieg von bislang 5,28 ct/kWh auf nunmehr 6,24 ct/kWh wurde noch klarer, dass Handlungsbedarf dringend geboten ist.

Im Rahmen der Koalitionsverhandlun­gen der CDU­/CSU­Fraktion mit der SPD­Fraktion wurden in der Arbeits­gruppe „Energie“ unter anderem fol­gende grundlegende Änderungen bei der Förderung erneuerbarer Energien diskutiert (Stand November 2013):

11Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und PerspektivenBWGZ 1 | 2014

• Bis Ostern 2014 soll demnach ein be­schlussfähiges Gesetzespaket vorlie­gen. Insbesondere die Fördersätze für Windkraft an Land an windstarken Standorten sowie für Windkraft an See sollen gesenkt werden.

• Es soll einen verbindlichen Ausbau­pfad für erneuerbare Energien geben, um Planungssicherheit für die Ener­giewirtschaft und eine bessere Kos­tenkontrolle zu erreichen. Auf der Basis dieser Ziele soll sich die Bundes­regierung mit den Ländern auf eine synchronisierte Planung für den Aus­bau der einzelnen erneuerbaren Energien verständigen.

• Das Ausbauziel für Offshore­Wind­kraft will man von 10 auf 6,5 Giga­watt bis 2020 begrenzen.

• Für alle Technologien soll eine konti­nuierliche Degression der Förderung vorgesehen werden.

• Privilegien für Eigenstromverbrau­cher will man beschränken. Solche für stromintensive Unternehmen sollen in den einzelnen Branchen vorrangig anhand objektiver europa­rechtskonformer Kriterien überprüft werden.

• Der Netzausbau soll mit dem Ausbau erneuerbarer Energien besser syn­chronisiert werden. Die Rahmenbe­dingungen für den Ausbau der Ver­teilnetze sollen verbessert und inves­titionsfreundlicher ausgestaltet wer­den, so dass sich Investitionen zeitnah nach Fertigstellung refinan­zieren lassen.

Steuern, Umlagen und Abgaben bei Strom und Erdgas für das Jahr 2014

Im Rahmen der Energiepreisdebatte steht vor allem die Erhöhung der EEG­Umlage um 0,96 ct/kWh auf nunmehr 6,24 ct/kWh im Jahr 2014 im Mittel­punkt der Diskussion. Doch auch ande­re Umlagen wurden zwischenzeitlich angepasst. Die aktuellen Werte wurden per Gt­info Nr. 0894/2013 vom 05.12.2013 (Az. 811.81) im November 2013 veröffentlicht.

Im Fall der StromNEV-Umlage wurde so die Abstufung zwischen hohem und niedrigem Satz von 100.000 kWh/a auf

1.000.000 kWh/a erhöht, was der Be­rechnungssystematik in der Umstellung einen Satz für Abnahmestellen zwischen 100.000 und 1.000.000 kWh/a beschert. Ab 2014 haben diese nun 0,482 ct/kWh zu bezahlen (normale Umlage + Aus­gleich für vorangegangene Jahre). Erst ab 1.000.000 kWh/a gelten zukünftig die bislang auch für die niedrigere Schwelle erhobenen 0,050 ct/kWh.

Wie in den letzten Jahren gibt es auch ab 01.01.2014 eine zusätzliche neue Umlage: Die Umlage für abschaltbare Lasten nach § 18 AbLaV legt die Kos­ten um, die dadurch entstehen, dass Großabnehmer zur Netzschonung auf Anforderung des Netzbetreibers ihre Stromabnahme zeitweise reduzieren. Die Hintergründe hierzu finden sich unter http://www.eeg-kwk.net/de/Umlage-abschaltbare-Lasten.htm.

Im Erdgasbereich wurde in beiden Marktgebieten für das aktuelle Erdgas­halbjahr (bis Ende März 2014) eine Aus­gleichs­ und Regelenergieumlage von 0 ct/kWh veröffentlicht.

Neben den genannten Anpassungen werden zum Jahreswechsel endgültige Netzentgelte für Strom und für Erdgas (Durchleitungsentgelte) veröffentlicht, die die Energiekosten für 2014 ebenfalls noch beeinflussen.

Der Kostenanteil der reinen Energie-lieferung an den Stromkosten für den Haushaltskunden ist von zirka 29 Pro­zent in 2010 auf zirka 18 Prozent in 2014 zurückgegangen. Der Anteil der Steuern, Abgaben und Umlagen steigt hingegen im kommenden Jahr gegen­über noch 43 Prozent in 2010 auf 56 Prozent.

Straßenbeleuchtung: Netzentgelte für Straßenbeleuchtungs­Abnahmestellen (Netzentgeltverordnungs­Novelle)

Nachdem individuelle Netzentgelte für Straßenbeleuchtungsabnahmestellen durch die Behörden in den vergangenen Jahren nicht mehr genehmigt wurden, galten Straßenbeleuchtungs­Abnahme­

stellen in Bezug auf die Netzentgelte als Tarifabnahmestellen. Mit der Novellie­rung der Stromnetzentgeltverordnung wurde nun die Möglichkeit geschaffen, diese unter bestimmten Umständen auch dann als leistungsgemessene Ab­nahmestellen abzurechnen, wenn keine Leistungsmessung vorliegt (gemäß §17 Abs. 2 Satz 4 StromNEV):

„Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 sind die Netzentgelte im Falle von im Vertei-lernetz angeschlossenen Anlagen zur Straßenbeleuchtung auch ohne Vorliegen einer Leistungsmessung mittels Lastgang-messung nach den Vorgaben von Absatz 2 zu ermitteln, wenn eine rechnerisch oder auf Grundlage einer Schätzung erfolgte Ermittlung von Arbeit und Leistung mit hinreichender Sicherheit zu vergleich-baren zuverlässigen Ergebnissen führt wie eine Leistungsmessung mittels Lastgang-messung.“

Hieraus können in der Regel günstigere Netzentgelte folgen. Vor diesem Hinter­grund empfiehlt die Geschäftsstelle, sich mit dem jeweiligen Netzbetreiber in Verbindung zu setzen und zu klären, wie Straßenbeleuchtungs­Abnahmestel­len in Zukunft abgerechnet werden.

Europäische Union

Von Seiten der Europäischen Union kamen zuletzt zweideutige Signale in Sachen deutscher Energiewende. So veröffentlichte die Europäische Kom­mission im Jahr 2012 eine Mitteilung, worin der Trend zu Erneuerbaren Energien ausdrücklich unterstützt wurde und entsprechende Finanzmit­tel im Rahmen der Regionalpolitik in den Jahren 2014­2020 in Aussicht ge­stellt wurden. Das Europabüro der ba­den­württembergischen Kommunen in Brüssel hatdementsprechend einen Leitfaden für Städte, Gemeinden und Landkreise mit Hinweisen zur europä­ischen Förderkulisse im Energiebe­reich erarbeitet.

Im Juli 2013 wurde indes vermeldet, dass die Generaldirektion Wettbewerb im Wege von Beihilfen im Energiebe­reich Subventionen für den Bau von

12 Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und Perspektiven BWGZ 1 | 2014

Eine entsprechende Initiative zur ver­pflichtenden Beteiligung von Kommu­nen an lokalen Windkraftvorhaben aus Mecklenburg­Vorpommern wurde auf­gegriffen und dem zuständigen Ministe­rium für Verkehr und Infrastruktur zur Prüfung vorgelegt. Über das Ergebnis wird die Geschäftsstelle informieren.

Energie braucht Netze – Der Netzausbau in Baden­Württemberg

Neben den Planungen zum Ausbau der Erneuerbaren Energien (v.a. Windkraft) steht im Ländlichen Raum insbesonde­re das Thema Ausbau der Versorgungs­netze an. Im Hinblick auf Versorgungs­gebiet­spezifisch erhöhte Netzentgelte aufgrund des Zubaus an Erneuerbare­Energien­Anlagen und des daraus resul­tierenden Netzausbaubedarfs hat der Gemeindetag auf Ebene des Deutschen Städte­ und Gemeindebunds eine Initi­ative mit eingebracht, die diese Heraus­forderung beschreibt und volkswirt­schaftlich sinnvolle Lösungsmöglich­keiten (bspw. über eine bundesweite Umlage unter Beteiligung von Anlagen­betreibern) anbietet.

Aufgrund der zunehmenden Dezentra­lität der Energieversorgung müssen vor allem Verteilnetze ertüchtigt und ausge­baut werden. Schätzungen der Deut­schen Energieagentur (dena) gehen von bis zu 220.000 Kilometern bis 2030 aus, dies entspräche einer Investitionssum­me von ungefähr 42,5 Mrd. Euro. Um eine grobe Abschätzung der finanziellen Auswirkungen vor allem auf ländliche Gebiete zu erhalten, besteht von Seiten der Geschäftsstelle die Überlegung, ei­nen landesweiten Verteilnetz­Entwick­lungsplan zu fordern. Darin könnten künftige Erzeugungsschwerpunkte identifiziert und dadurch notwendig werdende lokale Netzausbaubedarfe of­fen gelegt werden.

Zu den Kosten für den Ausbau der Ver­teilnetze kommen die Aufwendungen für den Um- und Ausbau der Übertra-gungsnetze hinzu (lt. dena­Netzstudie II, Szenario B, für 3.600 km zirka 20 Mrd. Euro). Dessen Notwendigkeit rührt

dar. Die rechtliche Würdigung ist auf­grund der nach wie vor bestehenden Herausforderungen im Rahmen der Flä­chennutzungsplanung weiterhin im Einzelfall vorzunehmen (vgl. hierzu ver­tiefend die BWGZ­Schwerpunktausga­ben 18/2012 und 13/2013).

Vor diesem Hintergrund ist der Potenzi­alatlas in seiner derzeitigen Form als ein rein informatives Instrument für Bür­ger und Kommunen zu betrachten, wel­ches indes das wahre Potenzial der Windkraft aufgrund der benannten Pro­bleme nicht abzubilden vermag. Eine dynamische Fortschreibung unter Ein­beziehung aktuellerer Erkenntnisse ist daher geboten.

Thesenpapier zur Energiewende im Ländlichen Raum

Um die Energiewende zusammen mit den Gemeinden und Städten erfolg­reich zu gestalten, hat der Gemeindetag am 20. April 2013 anlässlich des „Tags des Ländlichen Raums“ ein Thesenpa­pier vorgestellt. Demnach wird die Energiewende in Baden­Württemberg – was die Produktion von Erneuerbarer Energie anbelangt – schwerpunktmäßig im Ländlichen Raum stattfinden. Der Gemeindetag hat auf diesen Umstand bereits frühzeitig hingewiesen und ge­fordert, dass es einen fairen Interessens­ausgleich zwischen ländlichen Erzeu­gungsschwerpunkten und verbrauch­starken Ballungsräumen geben müsse (vgl. Gt­info Nr. 177/2012 vom 17.02.2012).

Im Thesenpapier wurde insbesondere auf Aspekte der Bürgerbeteiligung, des Netz­ausbaus (Verteil­ wie Übertragungsnetze), der Berücksichtigung von gewachsenen (wirtschaftlichen) Strukturen (Land­schaft, Tourismus, Industrie), Energieprei­se und Versorgungssicherheit sowie kom­munale Wertschöpfung aufmerksam ge­macht (vgl. hierzu BWGZ 12/2013, S. 494 ff). Insbesondere in Sachen kommunaler und regionaler Wertschöpfung bedarf es noch weiterer gesetzlicher Regelungen, um den ländlichen Raum weiterhin als attraktiven Wirtschaftsstandort und Le­bensraum zu erhalten.

Atomkraftwerken auf den Weg bringen möchte, was eine europaweite Energie­wende verhindern dürfte. Darüber hin­aus stehen Regelungen des EEG, insbe­sondere von Umlage­Befreiungen ener­gieintensiver Unternehmen, weiterhin auf dem Prüfstand der Europäischen Kommission.

Initiativen des Gemeindetags Baden­Württemberg Energieatlas Baden­Württemberg

Diese teils widersprüchlichen Signale von Land, Bund und Europäischen Uni­on haben den Gemeindetag darin be­stärkt, seiner bereits im Jahr 2011 einge­schlagenen Linie treu zu bleiben und als Grundvoraussetzung für eine erfolgrei­che Bewältigung der Energiewende in Deutschland die Erstellung eines bun-desweit abgestimmten Gesamtkon-zepts, wie es sich nun in den Koalitions­verhandlungen abzeichnet, zu fordern. In Baden­Württemberg wurde dies kon­kret mit der Forderung nach einem Energieatlas für Städte und Gemeinden verknüpft.

Im Rahmen einer Gesamtanalyse des im Land bis auf die einzelne Kommune he­runter gebrochenen Energiebedarfs, der einzelnen Energieinfrastruktur und der bestehenden Potenziale zur Nutzung Er­neuerbarer Energien und deren Bewer­tung sollte der Energieatlas entspre­chend den Vorstellungen des Gemein­detags verwirklicht werden.

Am 13. März 2013 veröffentlichte die Landesregierung einen landesweiten Potenzialatlas für die Windenergie, Photovoltaik und Wasserkraft zunächst primär bezogen auf den Neckarraum.

Aufgrund der großen Unklarheiten in Folge der Änderung des Landespla­nungsgesetzes, den auslegungsbedürfti­gen Regelungen des Windenergieerlas­ses sowie den zeitlichen und rechtlichen Problemen bei Erhebung von Daten zum Artenschutz bzw. der Verwendung von militärischen Daten stellt der Po­tenzialatlas allerdings bislang nur das technische Potenzial annäherungsweise

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Bilanz und PerspektivenBWGZ 1 | 2014

zeitvariablen Tarifs bei intelligenten Stromzählern geliefert wird, mit 0,61 ct/kWh eine geringere Konzessionsabgabe an als normalerweise bei Tarifkunden mit 1,32 ct/kWh fällig wird.

Im Gasbereich stellt sich die Lage aus kommunaler Sicht noch etwas schwieri­ger dar. Insbesondere wirkt sich dort der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 06.11.2012 (Az. KVR 54/11) abschlie­ßend für die Städte und Gemeinden ne­gativ aus, wonach im Falle der Durchlei­tung von Drittanbietern im jedem Fall die Sondervertragskonzessionsabgabe in Höhe von 0,03 ct/kWh anstatt der Tarifkonzessionsabgabe in Höhe von 0,22 bis 0,93 ct/kWh zu leisten ist. Dies hat schon in den letzten Jahren dazu geführt, dass das Konzessionsabgabe­aufkommen im Gasbereich zunehmend eingebrochen ist.

Zudem existiert für den Gasbereich, an­ders als im Strombereich, keine Rege­lung zur Abgrenzung zwischen Sonder­vertrags­ und Tarifkunden, die einer Verringerung der Konzessionsabgaben­zahlung im Haushaltskundenbereich durch die lediglich vertragliche Qualifi­zierung des Lieferverhältnisses als Son­dervertragslieferung entgegenwirkt. Bei Strom regelt § 2 Abs. 7 der Konzessions­abgabenverordnung (KAV), dass Liefe­rungen an Sondervertragskunden dann vorliegen, wenn die gemessene Leistung

dieses Projekt auf dem Schurwald und dem Remstal möglicherweise auf Eis ge­legt sei. Die Transnet­BW verschiebe die Planungen für die vorgesehende 380.000­Volt­Hochspannungsleitung auf unbestimmte Zeit.)

Der Gemeindetag verfolgt die Entwick­lung weiter und stellt seinen Mitglieds­kommunen wie bisher auf www.energie-wende-gemeindetag-bw.de umfassende Informationen zum Gesamtthematik „Übertragungsnetze“ (Erdverkabelung, Ausgleichzahlungen an Kommunen etc.) zur Verfügung.

Entwicklung des Konzessionsabgabenaufkommens im Zeichen der Energiewende

Die Folgen der Energiewende haben auch zunehmend Auswirkungen auf das Aufkommen der gemeindlichen Kon­zessionsabgabe (KA) im Strom­ und Gas­bereich.

Im Strombereich sorgen erhöhte Ener­gieeffizienz und Energieeinsparung so­wie ein vermehrter Eigenverbrauch zu weniger Abnahme aus dem Netz der allgemeinen Versorgung und damit zu einem geringeren Konzessionsabgabe­aufkommen. Darüber hinaus fällt für Strom, der im Rahmen eines Schwach­lasttarifs oder eines entsprechenden

her aus dem Transport des Wind­ (Off­shore­ wie Onshore) sowie küstennah produzierten Kohlestroms aus dem ver­brauchsschwachen Norden in die Wirt­schaftszentren im Süden Deutschlands, wo bis 2022 die Leistung von sechs Kernkraftwerken nicht mehr zur Verfü­gung stehen wird.

Die Übertragungsnetzbetreiber entwi­ckeln dafür jedes Jahr so genannte Netz­entwicklungspläne, die nach Prüfung durch die Bundesnetzagentur den jähr­lichen Um­ und Ausbaubedarf der deut­schen Transportnetze wiedergeben. Energiewirtschaftlich notwendige und vordringliche Vorhaben werden an­schließend durch den Bundestag im Bundesbedarfsplan priorisiert. Diese As­pekte müssen dann im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nicht mehr geprüft werden.

Die Netzentwicklungspläne basieren auf einem so genannten Startnetz, d.h. auf Netzabschnitten, die bereits im Ener­gieleitungsausbaugesetz 2009 als ener­giewirtschaftlich notwendig und beson­ders vordringlich ausgewiesen wurden. Teil dieses Startnetzes ist auch der Über-tragungsnetzabschnitt zwischen Bünzwangen (Landkreis Göppingen) und Goldshöfe (Ostalbkreis) in Baden-Württemberg. Auf zirka 60 Kilometern Länge soll zwischen Bünzwangen und Lindach eine Höchstspannungsleitung (380 kV) neu und zwischen Lindach und Goldshöfe eine bestehende Hochspan­nungsleitung (220 kV) zu einer Höchst­spannungsleitung (380 kV) umgebaut werden. Zuständiger Übertragungsnetz­betreiber ist die Transnet BW. Dass es sich hierbei um ein höchst umstrittenes Pro­jekt handelt, zeigt die Tatsache, dass sich nicht nur mehrere Bürgerinitiativen, sondern auch eine eigene kommunale Interessensgemeinschaft aller betroffe­nen Städte, Gemeinden und Landkreise gegründet hat, die im Wege eines Gut­achtens nun untersuchen lassen möch­te, inwiefern eine energiewirtschaftliche Notwendigkeit (derzeit) überhaupt be­steht und welche Alternativen es zum Bau der Leitung geben könnte.

(Nach Redaktionsschluss aber vor Drucklegung meldete die Presse, dass

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Bilanz und Perspektiven BWGZ 1 | 2014

Überschrift nun deutlich erkennbar ist, dass der Musterkriterienkatalog eine „Orientierungshilfe“ sein soll. Grund­sätzlich solle es laut Umweltminister Franz Untersteller darum gehen, dass diese Orientierungshilfe für Städte und Gemeinden zu einem fairen Konzessi­onswettbewerb beitrage (Pressemittei­lung des UM vom 10. Juli 2013). Dabei wird bei der Auswahl der Bewerber nicht nur nach EnWG­Kriterien bewertet; all­gemeine kommunale Belange können im dargestellten Rahmen der Bewer­tungsmatrix berücksichtigt werden.

Wichtig ist weiter die Feststellung des Umweltministers: „Unsere Wertungs­matrix ist aber kein absolut zwingend vorgeschriebener Leitfaden; er dient nur dazu, den Weg durch den kompli­zierten Prozess der Konzessionsvergabe zu ebnen und Anhaltspunkte zu geben, wie man im Sinne der sicheren Versor­gung und der Verbraucher eine gute Lö­sung erreichen kann und allen Bewer­bern faire Chancen eröffnet werden.“

Damit bedeutet der Musterkriterienka­talog mit den Bandbreiten der einzel­nen Kriterien für die Orientierung der Kommunen Folgendes: Kommunen, die sich an dieser Hilfestellung der EKartB BW des UM orientieren, können ver­meiden, dass Kartellrechtsverstöße ent­stehen, die ansonsten aufgegriffen wer­den könnten. Insoweit liegt durch den Empfehlungscharakter eine „Selbstbin-dung“ der EKartB vor.

Der Gemeindetag wie auch der Städte­tag verstehen darunter nicht mehr und nicht weniger, als dass eine Kommune – je genauer sie sich an der Orientie­rungshilfe bei ihrer Konzessionsverga­beentscheidung orientiert – davon aus­gehen kann, dass die EKartB im Falle einer Konkurrentenbeschwerde nicht von ihrem Aufgreifermessen Gebrauch machen wird. Im Umkehrschluss heißt dies aber auch, dass die Wahrscheinlich­keit des Tätigwerdens des EKartB BW im Falle einer Konkurrentenbeschwerde zunimmt, je weiter man sich von der Orientierungshilfe entfernt, ohne dass damit schon eine Bewertung über die Rechtmäßigkeit des betreffenden Ver­fahrens verbunden ist.

derung der Berechnungsgrundlagen im Sinne des Erhalts des Konzessionsabga­benaufkommens einsetzen.

Konzessionsvergabe: Musterkriterienkatalog als Orientierungshilfe

Wie mit Gt­info Nr. 0706/2012 vom 16.08.2012 mitgeteilt, hatte die Energie­kartellbehörde Baden­Württemberg (E­KartB) beim Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (UM) am 5. Juli 2012 ein Konsultationsverfahren zum Entwurf eines Musterkriterienkata­logs zur Konzessionsvergabe für Strom und Gas eingeleitet. Die Konsultations­unterlagen gingen vom Umweltministe­rium direkt an alle Strom­ und Gasnetz­betreiber, die kommunalen Landesver­bände sowie an Fachverbände.

Nach lebhaftem Protest der kommuna­len Landesverbände gegen die teils pra­xisfremden und wenig kommunal­freundlichen Inhalte fanden im Jahr 2013 abschließende Gespräche zwi­schen Gemeindetag, Städtetag und Um­weltministerium zur weiteren Vorge­hensweise statt. Dabei wurde die Ent­wurfsfassung des Musterkriterienkata­logs aus dem Jahr 2012 überarbeitet. So wurden u.a. bei den Auswahlkriterien der Bewertungsmatrix anstelle von fes­ten Punktzahlen Bandbreiten einge­führt. Die Vorbemerkung wurde überar­beitet und der Anlagenteil mit häufig wiederkehrenden Fragen zum Prozess der Konzessionsvergabe aktualisiert.

Für die kommunale Seite war zudem wichtig, dass „Sonstige allgemeine kommunale Belange im Rahmen des Rechts der kommunalen Selbstver-waltung“ Berücksichtigung finden. So ist es nun möglich und durch die EKartB anerkannt, dass unter dem Kriterium „Sonstige Belange des Vergebenden“ ein entsprechendes Unterkriterium „Zum Beispiel belegbare gewichtige Wert­schöpfung vor Ort, Gewerbesteuer (aber § 3 KAV ist strikt zu beachten)“ bewertet werden darf.

Als weiterer kommunaler Verhand­lungserfolg kann gelten, dass in der

des Kunden in mindestens zwei Mona­ten des Abrechnungsjahres 30 Kilowatt überschreitet und der Jahresverbrauch mehr als 30.000 Kilowattstunden be­trägt (kumulative Voraussetzung). In den letzten Jahren gingen Energiever­sorgungsunternehmen daher vermehrt dazu über, die so genannten gasvollver­sorgten Haushalte als Sondervertrags­kunden einzustufen.

Wiederholte Initiativen der kommuna­len Landes­ und Spitzenverbände in den vergangenen Jahren, eine Regelung ana­log zu § 2 Abs. 7 KAV im Gasbereich zu verankern, scheitern bislang am Wider­stand der Politik. Im Rahmen der nach wie vor aktuellen Energiepreisdebatte scheint eine entsprechende Regelung noch mehr in die Ferne gerückt zu sein.

Das zurückgehende Aufkommen des Gas­KA liegt außerdem darin begrün­det, dass Gas in der Wärmeversorgung zunehmend durch Nah­ und Fernwär­meversorgungen (Biogasanlagen, BHKWs) ersetzt wird. Aufgrund der ho­hen Anfangsinvestitionen wurde bis­lang in vielen Fällen von der Erhebung einer Konzessionsabgabe bzw. eines Ge­stattungsentgelts für Nah­ und Fernwär­meleitungen abgesehen. Angesichts des zunehmenden Substitutionseffekts zu­lasten der Konzessionsabgabe Gas stellt sich mehr denn je die Frage, ob diese Praxis auch weiterhin gerechtfertigt ist, wenn öffentlichen Straßen, Wege und Plätze zum Betrieb von Leitungen für die Wärmeversorgung in Anspruch ge­nommen werden.

Grundsätzlich gilt es, das Aufkommen der Konzessionsabgabe zumindest zu stabilisieren. Ein Lösungsansatz hierfür könnte die Entkopplung der Berech­nung der Höhe von Konzessionsabga­ben vom Strom­ bzw. Gasverbrauch hin zu einer Pauschale bezogen auf die Netz­anschlussleistung (Leistungspreis) dar­stellen. Ähnliche Überlegungen gibt es bereits im Bereich der Berechnung der Netzentgelte. Der Gemeindetag wird in Abstimmung mit dem Deutschen Städ­te­ und Gemeindebund sowie den ande­ren betroffenen kommunalen Landes­verbänden weitere Überlegungen an­stellen und sich dann ggf. für eine Än­

15Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und PerspektivenBWGZ 1 | 2014

zessionsverträge Strom und Gas mit der EnBW Regional AG sowie der badenova AG & Co. KG abgeschlossen.

Nachdem die Aktualisierung der Mus­terkonzessionsverträge mit der EnBW Regional AG bereits im Sommer 2012 erfolgreich abgeschlossen werden konn­te, folgte im April 2013 eine Anpassung der Musterkonzessionsverträge Strom und Gas mit der badenova AG & Co. KG (vgl. Gt­info Nr. 0320/2013 vom 26.04.2013) In die überarbeiteten Fas­sungen der Verträge konnte insbesonde­re folgende weitere Verbesserung mit aufgenommen:

• Verlegungskosten von Verteilungs­anlagen (§ 5 Absatz 2).

• Neu aufgenommene Informations­verpflichtungen des Konzessions­nehmers mit Varianten je nach Wunsch der Kommune (§ 7 Absatz 5 bis Absatz 7).

• Gemäß § 8 Abs. 3 des jeweiligen Ver­trags steht der Gemeinde ein Sonder­kündigungsrecht zum jeweiligen Jah­resende zu, sollte die kommunale Mehrheit bei der badenova AG & Co. KG nicht mehr gegeben sein.

Auch für die aktualisierten Fassungen der Musterkonzessionsverträge mit der badenova AG & Co. KG hat das Innen­ministerium Baden­Württemberg mit

Schreiben vom 28.Mai 2013 bestätigt, dass die Einholung eines neuen Sach­verständigen­Gutachtens nach § 107 Abs. 1 Satz 2 GemO entbehrlich ist und eine Vorlagepflicht gegenüber der Rechtsaufsichtsbehörde gemäß § 108 GemO 2013 nicht besteht (vgl. Gt­info Nr. 501/2013 vom 24.06.2013).

Auf die Nachfrage des Gemeindetags in Sachen reiner Umstellung eines noch laufenden Konzessionsvertrages (d.h. Fallkonstellationen, die Verlängerun­gen oder sogar Neuabschlüsse von Kon­zessionsverträgen darstellen, sind hier­von nicht umfasst!) auf den neuen Mus­terkonzessionsvertrag für den Rest sei­ner ursprünglichen Laufzeit hat das Innenministerium mit Schreiben vom 16. September 2013 ebenfalls festge­stellt, dass in diesen Fällen auf die Ein­holung eines Gutachtens nach § 107 GemO verzichtet werden kann sowie eine Vorlagepflicht gegenüber der Rechtsaufsicht entfällt (vgl. Gt­info Nr. 737/2013 vom 17.September.2013).

Die Musterkonzessionsverträge nebst Anlagen stehen für die Mitglieder des Gemeindetags Baden­Württemberg auf der Energiewende­Homepage des Ge­meindetages unter: www.energiewende-gemeindetag-bw.de – Rubrik „Ratgeber“ – „Arbeitsmaterialien“ – „Konzessions­verträge“ zum Download bereit.

Dies ist nach unserer Auffassung auch die „Botschaft“ der EKartB in der Einleitung zum Musterkriterienkatalog. Darin wird ja auch ausgeführt, dass der Katalog weder zwingend noch abschließend wäre.

Die Forderung der kommunalen Lan­desverbände nach einer größeren Be­rücksichtigung kommunaler Belange im Konzessionierungsverfahren wurde nun auch durch einen Beschluss des OVG Lüneburg vom 11. September 2013 dem Ansatz nach bestätigt. Darin wird festgehalten, dass „[…] bei der Ent­scheidung über die Vergabe von Konzes­sionen […] die Ziele des § 1 EnWG zu mindestens 50 Prozent einfließen [müs­sen]“, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die kommunalen Belange eben-falls bis zu 50 Prozent Berücksichti-gung finden können.

Das OVG weist darüber hinaus darauf­hin, dass die Kommunalaufsichtsbehör­de berechtig ist, gravierende Verstöße gegen § 46 des Energiewirtschaftsgeset­zes (EnWG) zu beanstanden. Gleichzei­tig wird darauf verwiesen, dass im Rah­men des Ermessens ein zurückhaltender Gebrauch der Aufsichtsbefugnisse ange­zeigt ist, wenn die Auslegung der in Re­de stehenden Norm stark umstritten ist und wegen vorrangiger Zuständigkeiten anderer Gerichte auch im Verwaltungs­rechtsstreit keine abschließende Klä­rung zu erwarten ist. Für die Auslegung des § 46 EnWG sieht das OVG regelmä­ßig die Zivilgerichte berufen.

Der Musterkriterienkatalog als Orientie­rungshilfe steht für Mitglieder des Ge­meindetags Baden­Württemberg auf der Energiewende­Homepage des Ge­meindetages unter: www.energiewende- gemeindetag-bw.de – Rubrik „Ratgeber“ – „Arbeitsmaterialien“ – „Konzessions­vergabe“ – „Wichtige Informationen“ zum Download bereit.

Aktualisierte Musterkonzessionsverträge badenova AG & Co. KG

Im Jahr 2006 hatten Gemeindetag und Städtetag sowie regionale kommunale Stromverbände gemeinsam Musterkon­

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16 Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und Perspektiven BWGZ 1 | 2014

In § 9 Abs. 6 KomWG wurde folgender Appell an die Wahlvorschlagsträger auf­genommen: „Männer und Frauen sollen gleicherma­ßen bei der Aufstellung eines Wahlvor­schlags berücksichtigt werden. Dies kann insbesondere in der Weise erfol­gen, dass bei der Reihenfolge der Bewer­berinnen und Bewerber in den Wahl­vorschlägen Männer und Frauen ab­wechselnd berücksichtigt werden. Die Beachtung der Sätze 1 und 2 ist nicht Voraussetzung für die Zulassung eines Wahlvorschlags.“

Die Formulierung macht den appellati­ven Charakter dieser Bestimmung deut­lich; sie stellt keine verbindliche Rege­lung dar. Schlussendlich wird durch den abschließenden Satz ausdrücklich im Gesetzestext festgelegt, dass die Nicht­beachtung keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Wahlvorschläge hat.

Der Gemeindetag begrüßt es, dass der Landtag von einer verbindlichen Rege­lung für eine paritätische Besetzung von Wahlvorschlägen endgültig Abstand ge­nommen hat. Näheres zu den Änderun­gen durch das Gesetz zur Änderung kommunalwahlrechtlicher Vorschrif­ten vom 16. April 2013, GBl. Seite 55, kann im Geschäftsbericht des Gemein­detags, BWGZ 20/2013, Seite 904, nach­gelesen werden.

Bei der am gleichen Tag stattfindenden Europawahl sind 96 deutschen Abge­ordneten für das Europäische Parla­ment zu wählen. Bisher sind 99 Abge­ordnete des Europäischen Parlaments auf Deutschland entfallen. Die Rechtsanpassung war notwendig ge­worden, weil der Vertrag von Lissabon festlegt, dass kein Mitgliedstaat mehr als 96 Sitze erhält. Mit dem Fünften Än­derungsgesetz zum Europawahlgesetz beschloss der Deutsche Bundestag zu­dem anstelle der bis 2011 gültigen Fünf­Prozent­Hürde für die Sitzvergabe eine Drei­Prozent­Sperrklausel für die Europaparlamentswahlen (BGBl. 2013, Seite 3749).

Zusammen mit der Europawahl finden am 25. Mai 2014 landesweit die Wahlen der Gemeinderäte, Kreisräte, ggf. Ort­schaftsräte sowie in der Region Stuttgart die Wahl der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart statt. Erstmals dürfen bei diesen kommunalen Wahlen auch junge Menschen, die das 16. Le­bensjahr vollendet haben, wählen. Zirka 30.000 ehrenamtliche Mandatsträger sind neu zu wählen. Für die Kandidatur ist nach wie vor die Vollendung des 18. Lebensjahres Voraussetzung. Zutreffend wird in der Gesetzesbegründung ausge­führt, dass der Gemeinderat bzw. der Kreistag als Vertretung der Bürger bzw. der Kreiseinwohner verbindliche Ent­scheidungen zu treffen hat. Solche Ent­scheidungen können deshalb nur von Personen getroffen werden, die auch in eigenen Angelegenheiten voll geschäfts­fähig, also volljährig, sind.

Wesentlich wird es sein, das Interesse der Jungwähler durch geeignete Informatio­nen zu wecken und ihre Wahlbeteiligung zu stärken. Die Landeszentrale für politi­sche Bildung und der Landesjugendring haben –auch in Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden – dazu bereits verschiedene Initiativen gestartet, die vom Gemeindetag unterstützt werden.

Schließlich ist zu hoffen, dass es den Par­teien und Wählervereinigungen gelingt, eine große Zahl an Kandidatinnen und Kandidaten zu gewinnen. Es war bei den vorausgehenden Wahlen durchaus zu be­obachten, dass der Prozess der Kandida­tensuche immer schwieriger wird. Das aber schwächt letzten Endes die Qualität der Gemeindeverwaltung. Nicht umsonst bemüht sich der Gemeindetag nachhal­tig, Entscheidungsfreiräume für die eh­renamtlich tägigen Gremienmitglieder der Städte und Gemeinden zu erhalten und zu stärken. Ob Verluste an Entschei­dungskompetenzen durch mehr staat­liche Vorgaben und Finanzkürzungen, ob durch mehr direktdemokratische Bürge­rentscheidungen – für das Beteiligungsin­teresse qualifizierter Interessenten für ei­ne Gremiumsmitgliedschaft spielt dies mit Sicherheit eine bedeutende Rolle.

Am 25. Mai 2014 sind Kommunalwahlen – gleichzeitig findet auch die Europawahl statt

Die Geschäftsstelle begleitet die Wahlar­beit der Städte und Gemeinden über die elektronische Info, das Extranet und über ein besonderes Kommunalwahlfo­rum immer aktuell mit Informationen und Hinweisen.

Überarbeitung Aktenplan Baden­Württemberg

Im Jahr 2014 wird die lange überfällige Überarbeitung des Kommunalen Akten­plans Baden­Württemberg, dessen Her­ausgeber der Gemeindetag und der Landkreistag sind, begonnen. Hierzu wurden im vergangenen Jahr die zwi­schen allen Beteiligten erforderlichen vertraglichen Grundlagen geschlossen.

Darauf aufbauend haben sich zwischen­zeitlich verschiedene Arbeitsgruppen konstituiert, die durch eine gemeinsame Redaktion unterstützt werden. Die Über­arbeitung soll sowohl durch Archivare wie auch durch die Fachreferenten der beiden Verbände inhaltlich begleitet werden. Ferner sollen nach Möglichkeit auch Erfahrungen und Anregungen aus der Praxis Eingang in die Neuauflage fin­den. Insofern würde die Geschäftsstelle eine rege Beteiligung der Mitgliedsstädte und ­gemeinden sehr begrüßen.

Verwaltungsportal service­bw

Das Innenministerium Baden­Württem­berg betreibt seit nunmehr zehn Jahren das Portal serivce­bw als staatlich­kom­munales Serviceportal. Mehr als 600 Ge­meinden, Städte und Kreise haben In­halte von service bw bereits in ihre eige­nen Internetangebote integriert.

Aus vergaberechtlichen Gründen muss das Portal in naher Zukunft neu ausge­schrieben werden. Das Innenministerium hat diese Ausschreibung zum Anlass ge­nommen, um die Interessen des Landes mit den kommunalen Interessen über eine Online­Umfrage abzugleichen.

17Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und PerspektivenBWGZ 1 | 2014

Ehrenamtlich Tätige erhalten höheren Freibetrag

Mit dem Ehrenamtsstärkungsgesetz vom 28. März 2013 wurde die so ge­nannte Übungsleiterpauschale rückwir­kend zum 1. Januar 2013 von 2.100 auf 2.400 Euro p.a. erhöht (§ 3 Nr. 26 EStG). Daneben gibt es bei den Kommunen aber noch die große Zahl der ehrenamt­lich Tätigen, die der Regelung des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG unterfallen. Der Ge­meindetag hat sich zusammen mit den anderen kommunalen Verbänden auf Bundes­ und Landesebene dafür ein­gesetzt, rückwirkend ab 2013 auch den hier geltenden Freibetrag in R 3.12 Abs. 3 der Lohnsteuer­Richtlinien von bisher 175 auf 200 Euro monatlich an­zuheben und damit an die Neuregelung des § 3 Nr. 26 EStG anzugleichen.

Dies war erfolgreich. Der Bundesrat hat einer entsprechenden Änderung der Lohnsteuer­Richtlinien am 05.07.2013 zugestimmt. Die Lohnsteuer­Ände­rungsrichtlinien 2013 (LStÄR 2013) vom 08.07.2013 (BStBl. I 2013 S. 851) enthalten die Anhebung des Freibetrags von bisher 175 auf 200 Euro. Damit gilt auch für die ehrenamtlich Tätigen bei den Kommunen, die Aufwandsentschä­digungen i.S. des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG erhalten, insbesondere für die Gemein­deräte und Ortschaftsräte, rückwirkend seit Anfang 2013 die von 175 auf 200 Eu­ro monatlich erhöhte Steuerfreigrenze.

Der Gemeindetag hatte daraufhin das Finanz­ und Innenministerium gebe­ten, auch den erhöhten Freibetrag, den Fraktionsvorsitzende, ehrenamtliche Bürgermeister­Stellvertreter und ehren­amtliche Ortsvorsteher aufgrund ihrer zusätzlichen Aufgaben erhalten (in ei­ner Gemeinde oder Stadt mit bis zu 20.000 Einwohnern bisher 208 Euro und damit nur geringfügig höher als die nun für alle geltende 200­Euro­Grenze)

nach oben anzupassen. Dies hat das Mi­nisterium für Finanzen und Wirtschaft BW abgelehnt. Der inzwischen veröf­fentlichte Erlass des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden­Würt­temberg vom 04.11.2013 nennt die seit dem 01.01.2013 geltenden pauschalen Steuerfreibeträge für ehrenamtliche Mitglieder kommunaler Vertretungen. Der Erlass ersetzt den bisherigen Erlass vom 19.08.2009.

Unter Berücksichtigung des Mindestbe­trags von 200 Euro ergeben sich für die Gemeinderäte und Ortschaftsräte in Städten und Gemeinden bis 50.000 Ein­wohnern also seit dem 01.01.2013 fol­gende steuerfreien Beträge:

* Erlass FinMin Baden-Württemberg vom 12.10.2009 (Lohnsteuerkartei BW § 3 EStG Fach 1 Nr. 4).

GEMA­Tarifreform – weiter keine Einigung in Sicht

Im Mai 2012 hat die Gesellschaft für musikalische Aufführungs­ und mecha­nische Vervielfältigungsrechte (GEMA) mit Wirkung zum 01.01.2013 neue Ver­gütungssätze für Veranstaltungen mit Live­Musik oder Tonträger­Wiedergabe angekündigt. Diese Tarife hätten, auf Grundlage einer Berechnungsmethode, die der BGH mit Urteil vom 27.10.2011 (I ZR 125/10, I ZR 175/10) für grundsätz­lich zulässig erklärt hat, eine deutliche Steigerung der Tarife gerade für kommu­nale Freiluft­Veranstaltungen wie Bür­ger­, Straßen­ oder Stadtfeste bedeutet.

Zwar war grundsätzlich vorgesehen, die Vergütung auf Basis der Größe der Veran­staltungsfläche beizubehalten, doch wäre die Vergütung linear in Relation zur wirt­schaftlichen Größe der Veranstaltung angestiegen. Des Weiteren war für Frei­luftveranstaltungen vorgesehen, dass nicht mehr die Anzahl der Besucher, son­dern die Veranstaltungsfläche maßgeb­lich sein sollte. Hiernach hätte sich für ein Fest mit einer Fläche von 2.300 Qua­dratmetern eine Preiserhöhung von 262,24 Euro auf 404,80 Euro, also um 54 Prozent ergeben. Bezogen auf 100 Quad­ratmeter Veranstaltungsfläche hätte sich eine Steigerung um 9 Euro (von 13 Euro auf 22 Euro) ergeben. Dies auch deshalb, weil die Berechnung der Veranstaltungs­fläche nunmehr auf Grundlage des o.g. Urteils zu einer deutlich größeren Berech­nungsbasis führt. Dies ist nach Auffas­sung der kommunalen Spitzenverbände nicht sachgerecht, da insoweit nicht mehr auf den tatsächlichen Umfang der Nutzung, sondern allein auf die Fläche abgestellt würde.

Der Deutsche Städte­ und Gemeinde­bund führt derzeit Verhandlungen mit der GEMA: Für die Übergangszeit bis zur Einigung über neue Tarife hat die GEMA zum 01.01.2013 nunmehr eine Erhö­hung der seitherigen Tarife um 5 Pro­zent vollzogen. Wie bisher gilt für die Mitglieder des Gemeindetags ein Ge­samtvertragsnachlass in Höhe von 20 Prozent auf den jeweils aktuellen Tarif (vgl. hierzu auch Gt­info Nr. 48/2013 vom 11.01.2013).

18 Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und Perspektiven BWGZ 1 | 2014

Frühkindliche Bildung – Kinderbetreuung

Rechtsanspruch U3

Im Rahmen einer Landespressekonfe­renz stellten Kultusministerium, Lan­desinstitut für Schulentwicklung und Statistisches Landesamt am 15.07.2013 gemeinsam die vorläufigen Zahlen zur Betreuungssituation in Baden­Würt­temberg zum Stichtag 01.03.2013 vor. Danach besuchen 58.805 Kinder unter 3 Jahren eine Kindertageseinrichtung, was einer vorläufigen Besuchsquote von 22 Prozent entspricht. Die Veränderung gegenüber dem Stand zum 01.03.2012 beträgt plus 4.533 betreute Kinder unter 3 Jahren. In der Kindertagespflege hat­ten 9.562 Kinder unter 3 Jahren einen Platz bei einer/m Tagesmutter/­vater. Das entspricht einem Plus von 678 be­treuten Kindern unter 3 Jahren in der Kindertagespflege gegenüber dem Vor­jahr. Insgesamt beträgt die vorläufige Betreuungsquote der unter 3­Jährigen zum Stichtag in Baden­Württemberg 25 Prozent. Die Geschäftsstelle hat auch im abgelaufenen Jahr zahlreiche Anfragen und Beratungen zum Ausbau der Klein­kindbetreuung und zur Umsetzung des Rechtsanspruchs U3 durchgeführt. Per­spektivisch gesehen wird auch 2014 weitere Unterstützung in diesem Be­reich für die Mitgliedsstädte und ­ge­meinden anstehen.

Pragmatische Erleichterungen zur Umsetzung des Rechtsanspruchs U3: Das befristete Flexibilisierungspaket

Die bereits im Vorjahr von den kommu­nalen Landesverbänden (insbesondere durch den Gemeindetag angestoßene) Flexibilisierungsdebatte konnte im Juni 2013 erfolgreich abgeschlossen werden. Hintergrund war und ist, die erkennba­ren Probleme bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs U3 noch rechtzeitig in den Griff zu bekommen. Um die Kom­munen zu unterstützen, erklärte sich das Land zu einer gemeinsamen Ent­wicklung von pragmatischen Über­gangslösungen bereit. Das mittlerweile etwas salopp abgekürzte „Flexipaket“ ist zunächst bis zum 31.07.2015 befristet.

In der BWGZ 18/2013, S. 810­812, ist das „Flexipaket“ zusammenfassend dar­gestellt. Dieses bundesweit einmalige von der Praxis für die Praxis unter Beibe­haltung der wesentlichen Qualitätsstan­dards geschnürte Flexibilisierungspaket wird von unseren Mitgliedsstädten und ­gemeinden begrüßt, denn es schafft in vertretbarem Maße die notwendigen Spielräume und Planungssicherheit.

Zentrales Anmelde­/Vormerkverfahren

Ein zentrales Anmelde­ bzw. Vormerk­verfahren ist ein weiterer, wesentli­cher Baustein für die organisatorische Abwicklung der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Betreu­ungsplatz für alle Kinder ab der Voll­endung des 1. Lebensjahres mit Wir­kung zum 1. August 2013.

Der von Gemeindetag und Städtetag gemeinsam initiierte Dialog mit den Kirchenleitungen führte ebenfalls im Sommer 2013 zur Herausgabe gemein­samer Empfehlungen bzgl. der Beteili­gung freier Träger (der kirchlichen Kin­dergartenträger wie auch der Träger unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes) an einem zent­ralen Anmeldeverfahren für den Be­such von Kindertagesstätten. Mit Gt­info Nr. 250/2013 wurden diese Emp­fehlungen veröffentlicht.

Umsetzung der Krippeninvestitions­programme des Bundes in Baden­Württemberg

Im Rahmen der Verhandlungen zur in­nerstaatlichen Umsetzung des Fiskal­vertrags haben sich Bund und Länder darauf verständigt, dass der Bund neben den bereits bereitgestellten 2,15 Mrd. Euro weitere 580,5 Mio. Euro für die In­vestitionsförderung im Bereich der Kleinkindbetreuung in Rahmen des In­vestitionsprogramms „Kinderbetreu­ungsfinanzierung 2013­2014“ zur Ver­fügung stellt. Für Baden­Württemberg bedeutet dies zusätzliche Investitions­mittel in Höhe von rund 78 Mio. Euro. Allerdings sind auch diese Mittel inzwi­schen in fast allen Regierungsbezirken überzeichnet.

Die Umsetzung der VwV Kleinkindbe­treuung war seit längerem für die Mit­gliedsstädte und ­gemeinden schwierig. Der nachhaltige Einsatz des Gemeinde­tags hat dazu geführt, dass insbesondere die Punkte:• Maßnahme abgeschlossen/Inbetrieb­

nahme,• Verlängerung der Frist für den Nach­

weis der (sukzessiven) Belegung der Plätze,

• Entkoppelung der Betriebserlaubnis vom Verwendungsnachweis

einer pragmatischen und praxisgerech­ten Lösung zugeführt werden konnten. In der VwV zur Änderung der VwV­In­

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19Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und PerspektivenBWGZ 1 | 2014

vestitionen Kleinkindbetreuung in der Fassung vom 14.07.2013, Az. 31­6930.160/76/1 sind die beiden letztge­nannten Punkte, nämlich insbesonde­re die Entkopplung der Vorlage der Betriebserlaubnis vom Verwendungs­nachweis wie auch die Verlängerung der Frist für den Nachweis der sukzessi­ven Belegung der Plätze, genau in der von den kommunalen Landesverbän­den eingebrachten Weise abgehandelt. Zur Fertigstellung/Inbetriebnahme konnte man sich auch auf Anstoß des Gemeindetags auf eine weitere Ausle­gung verständigen und das Land dazu bewegen, sich gegenüber dem Bund für eine Verlängerung der Frist zum Ab­schluss der Maßnahmen einzusetzen. In der Folge wurde am 08.11.2013 ein Gesetzesantrag von Baden­Württem­berg, Rheinland­Pfalz, Nordrhein­Westfalen und Hamburg im Bundesrat eingebracht, der hier Abhilfe schaffen kann/soll.

Betriebskostenförderung – Umsetzung des Paktes für Familien – Vorgesehene Änderungen in § 29c FAG

Auf der Grundlage des 2011 mit dem Land vereinbarten „Pakts für Familien mit Kindern“ übernimmt ab dem Jahr 2014 das Land 68 Prozent der kommu­nalen Brutto­Betriebsausgaben aus der Kleinkindbetreuung. Den verbleiben­den Anteil von 32 Prozent tragen die Kommunen einschließlich Elternbeiträ­ge und Trägeranteile – siehe auch BWGZ 3/2012, Seite 148 ff. „Pakt für Familien“.

Das Jahr 2013 war daher sehr stark da­von geprägt, die bereits seit 2012 begon­nenen Überlegungen für eine Änderung des Verteilungsschlüssels bei den FAG­Zuweisungen nach § 29b FAG und §29c FAG in Gesprächen zum einen inner­halb der kommunalen Landesverbände zu konkretisieren und frühzeitig mit dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft (MFW) abzustimmen. Maß­geblicher Motor dieser Diskussionen und Verhandlungen war der Gemeinde­tag, auf dessen Einladung zahlreiche Gespräche in der Geschäftsstelle, auch mit dem MFW, stattfanden.

Hintergrund der Überlegungen ist die notwendige Umstellung der bisherigen Förderpraxis des Landes bei der Betriebs­kostenförderung von einem jährlichen Festbetrag auf einen prozentualen An­teil, die Umstellung der Kinder­ und Ju­gendhilfestatistik von der Erhebung der täglichen auf die Erhebung der wöchent­lichen Betreuungszeiten sowie die Be­rücksichtigung der zunehmenden Aus­weitung der Öffnungs­/Betreuungszeiten und der damit verbundenen relevanten Platzkosten bzw. deren Refinanzierung.

Auf der Grundlage der (bereits 2012 er­arbeiteten) Vorüberlegungen, der Daten der Kinder­ und Jungendhilfestatistik zum 01.03.2013 und Modellrechnun­gen des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft haben sich die kommunalen Landesverbände zu Beginn des Jahres nunmehr auf Änderung der Fördersyste­matik für die Kleinkindbetreuung (U3) auf der Grundlage von fünf Modellrech­nungen verständigt, die den vorstehend dargestellten Zielsetzungen am nächs­ten kommt (vgl. Tabelle oben).

Inklusion von Kindern mit Behinderung in der Kleinkindbetreuung

Grundsätzlich gilt der Rechtsanspruch in der Kleinkindbetreuung ab 01.08.2013 auch für Kinder mit einem besonderen Förderbedarf. Das baden­württembergische Kindertagesbetreu­ungsgesetz sieht zudem bereits bislang in § 2 Abs. 2 KiTaG vor, dass Kinder, die aufgrund ihrer Behinderung einer zu­

sätzlichen Betreuung bedürfen, zusam­men mit Kindern ohne Behinderung in Gruppen gemeinsam gefördert werden sollen, sofern der Hilfebedarf dies zu­lässt. Dies ist auch im Rahmen der kom­munalen Bedarfsplanung angemessen zu berücksichtigen. Im Gegensatz zum Kindergartenbereich gibt es für den Kleinkindbereich keine Sondersysteme für die Betreuung behinderter Kleinkin­der. Im Jahr 2013 wurden zahlreiche Gespräche mit dem Kultusministerium wie auch mit dem Finanzministerium (MFW) geführt zur den Rahmenbedin­gungen bzw. insbesondere zur Finanzie­rung von Inklusion im (Klein­)Kinder­betreuungsbereich. Leider konnte das Land weder das angekündigte Konzept noch eine abgestimmte Finanzierungs­regelunge im Jahr 2013 auf den Tisch legen. Somit bleibt dieses Thema auch 2014 für Gespräche und Verhandlun­gen mit dem Land erhalten.

Neuer gesetzlicher Fachkräfte­katalog – Fachkräftemangel in Kindertageseinrichtungen

Das am 08.05.2013 vom Landtag be­schlossene und am 03.06.2013 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Kin­dertagesbetreuungsgesetzes (KiTaG) schafft mit der Erweiterung des Fach­kräftekatalogs (§ 7 KiTaG) eine gute Grundlage. Die Schaffung einer deutli­chen Erweiterung hat der Gemeindetag intensiv und konstruktiv begleitet und auch die Aufnahme der Dorfhelfer/ ­innen in den neuen Fachkräftekatalog befürwortet. Erste Erfahrungen der Mit­

Förderstufe Zeit-/Betreuungskorridor Gewichtungsfaktor

1 unter 15 Stunden 0,30

2 von 15 bis unter 29 Stunden 0,50

3 von 29 bis unter 34 Stunden 0,70

4 von 34 bis unter 39 Stunden 0,80

5 von 39 bis unter 44 Stunden 0,90

6 von 44 und mehr Stunden 1,00

Anmerkung: Diese Tabelle wurde aufgrund des Gesetzentwurfes zur Änderung des FAG-Gesetzes vom 20.09.2013 gegenüber dem Gemeindefinanzbericht, BWGZ 15-16, S. 719ff. und den weiteren Ausführungen zu den vorgesehenen Änderungen in der FAG-Systematik in der BWGZ (Schwerpunkt Kinderbetreuung) 18/2013, Seite 813/814, aktualisiert.

Förderung der Kleinkindbetreuung (altersgemischte Gruppen und Krippen)

20 Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und Perspektiven BWGZ 1 | 2014

Singen­Bewegen­Sprechen (SBS)“ im vorschulischen Bereich in der SPATZ­Richtlinie (Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums über Zuwendungen zur Sprachförderung in allen Tagesein­richtungen für Kinder mit Zusatzbedarf) zusammengeführt. Hintergrund der Zu­sammenführung war die bereits im Ko­alitionsvertrag angekündigte Einfüh­rung der Sprachförderung ab dem ers­ten Kindergartenjahr. Die Umsetzung läuft leider nicht so unbürokratisch wie das vom Kultusministerium in Aussicht gestellt wurde. Der schleppende Mittel­abruf und die Optimierung des Verfah­rens durch die L­Bank wird perspekti­visch einer der Schwerpunkte im Jahr 2014 sein.

Das Handlungsfeld Frühkindliche Bildung/Kinderbetreuung bleibt weiter ein kommunales Top­Thema

Zusammenfassend ist festzustellen, dass in Baden­Württemberg viel be­wegt und erreicht wurde. Selbst die Si­cherstellung des Rechtsanspruchs in der Kleinkindbetreuung konnte zu­mindest durch den Großteil der Städte und Gemeinden im Land mit immen­sen Anstrengungen fristgemäß zum 01.08.2013 realisiert werden.

Der Betreuungsbedarf und somit die Betreuungsquote wird in Baden­Würt­temberg im Landesdurchschnitt wei­ter zunehmen und in den kommen­den Jahren einen weiteren Ausbau der Betreuungsplätze, insbesondere der Ganztagesplätze (auch im Kindergar­tenbereich), erfordern.

Weiter werden Fragen der Ausbildung, Personalgewinnung und ­entwicklung, die Weiterentwicklung der Betreuungs­konzepte, die Umsetzung der Inklusion usw. auf der Agenda der Kinderbetreuung bleiben und Lösungen erfordern. Die Ge­schäftsstelle wird sich für die Mitglieds­städte und ­gemeinden weiter intensiv einbringen und sich für praxistaugliche Lösungen im konstruktiven Dialog mit der Landesregierung einsetzen.

nahmen möglichst flächendeckend umgesetzt werden.

Der „Runde Tisch Kindertagespflege“ wurde am 30. Juli 2013 vom Kultusmi­nisterium unter der Leitung von Staats­sekretärin Marion von Wartenberg ein­gerichtet. Ziel des Runden Tisches ist es, die Kindertagespflege als gleichwertiges Angebot für die Betreuung, Bildung und Erziehung von Kindern unter 3 Jahren und über 3 Jahren bis zum Schuleintritt in der Öffentlichkeit besser zur Geltung zu bringen. Dies wird in der vorliegen­den „Gemeinsamen Empfehlung“ zum Ausdruck gebracht. Ein zweites Ziel ist, einen verlässlichen Rahmen für Quali­tätsentwicklung und Qualitätssiche­rung von Kindertagespflege auf der Grundlage von landesweiten Empfeh­lungen unter Berücksichtigung der Mit­tel nach FAG § 29 c zu erarbeiten. Am Runden Tisch sitzen: Kultusministeri­um, Gemeindetag, Landkreistag, Städte­tag, Kommunalverband für Jugend und Soziales, Landesverband für Tages­müttervereine BW e.V., Paritätischer Wohlfahrtsverband, 4­Kirchen­Konfe­renz, Mütterforum, Landfrauenver­band Württemberg­Baden e.V.

Nach der Erarbeitung von Empfehlun­gen zur Pauschalierung der Kostenbei­träge und laufenden Geldleistungen, einer kommunalen Orientierungshilfe zur Eignung von Tagespflegepersonen und der Kindertagespflege in anderen geeigneten Räumen, Hinweise zu Struk­turen und der Bedarfsplanung in der Kindertagespflege gibt es eine Verstän­digung auf Rahmenbedingungen für die fachliche Beratung, Begleitung und Un­terstützung. Die Umsetzung der Emp­fehlungen des Runden Tisches bzw. die Beratung der Mitgliedsstädte und ­ge­meinden wird auch auf der Agenda des Jahres 2014 stehen.

Sprachförderung

Im vergangenen Jahr wurden die bishe­rigen Sprachförderprogramme „Intensi­ve Sprachförderung im Kindergarten“ (ISK­Richtlinie), vorschulische Hausauf­gaben­, Sprach­ und Lernhilfe (HSL­Richtlinie) und das „Landesprogramm

gliedsstädte und ­gemeinden zeigen, dass der Einsatz und die Verhandlun­gen des Gemeindetags richtig waren, denn mit der Neureglung kann zum einen dem Fachkräftemangel besser be­gegnet werden, zum anderen eröffnen sich Möglichkeiten zur Schaffung mul­tiprofessioneller Teams, was gerade auch beim Thema Inklusion wichtig für die Praxis ist. Bundesweit schaut man auch hier auf Baden­Württemberg, weil nirgendwo solch ein breiter Konsens über die Erweiterung des Fachkräfteka­talogs gefunden wurde wie bei uns in Baden­Württemberg. Außerdem eröff­net der neue §7 KiTaG die Möglichkeit, multiprofessionelle Teams zusammen­zustellen. Spannend wird die Evaluati­on des neuen Fachkräftekatalogs im Jahr 2014. Hierbei werden die weiteren konkreten Erfahrungen der Praxis mit einbezogen.

Kindertagespflege

Der Gemeindetag sieht in der Kinderta­gespflege im Rahmen des Ausbaus der Betreuungsangebote für Kinder unter 3 Jahren neben den Krippen und den altersgemischten Gruppen von jeher eine wichtige Säule und unterstützt die­se nach Kräften. Im SGB VIII und im Kindertagesbetreuungsgesetz Baden­Württemberg ist die Kindertagespflege als gleichwertiges Alternativangebot bei der Betreuung von Kindern unter 3 Jahren genannt.

Ein wichtiger Schritt war die bereits 2012 beschlossene Erhöhung der lau­fenden Geldleistungen. Diese beträgt für Kinder unter 3 Jahren 5,50 Euro pro Stunde. Zudem wurde die lange vom Gemeindetag gefordert und dann ge­meinsam von den kommunalen Lan­desverbänden empfohlene Harmonisie­rung der Kostenbeteiligung der Eltern für betreute Kinder in der Kindertages­pflege mit den Elternbeiträgen für Kin­dertageseinrichtungen in einigen Land­kreisen erreicht. Für Eltern ist es unver­ständlich, weshalb sie unterschiedlich für die Betreuungsangebote zahlen müssen. 2014 wird es weiterer Anstren­gungen bedürfen, damit diese sinnvol­len und entbürokratisierenden Maß­

21Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und PerspektivenBWGZ 1 | 2014

Schule und Bildung – die kommunalen Dauerbrenner

Die für die Städte und Gemeinden als Schulträger brennenden Fragen sind zu Beginn des Jahres 2014 nur teilweise ei­ner Lösung zugeführt. Das Kabinett hat im Dezember 2013 noch einen Gesetz­entwurf zur Einführung der Regionalen Schulentwicklungsplanung verabschie­det. Mit einer Verabschiedung der Ge­setzesänderung ist im Laufe des Jahres zu rechnen.

Das Gesetz soll zum Schuljahr 2014/2015 in Kraft treten. Zum laufenden Geneh­migungsverfahren von Gemeinschafts­schulen für das Schuljahr 2014/2015 kommen nach Aussagen des Kultusmi­nisteriums die dem Gesetzentwurf zu Grunde liegenden Eckpunkte bereits zur Anwendung. Allerdings gibt es auch Be­richte aus der kommunalen Praxis, die befürchten lassen, dass die frühzeitige Beteiligung aller Betroffenen als auch das notwendige Dialog­ und Beteili­gungsverfahren in vielen Fällen nicht im erforderlichen Maße erfolgt ist. Der Gemeindetag könnte nicht akzeptieren, dass weitere Schulentwicklungsprozesse in Gang gesetzt werden, ohne die zwin­gend erforderlichen Rahmenbedingun­gen einzuhalten. Es kann nicht sein, dass erneut die Möglichkeit verbaut wird, gemeinsam in einer Raumschaft

mit Nachbarkommunen, Schulen, Schulämtern nach Bedarfslage eine langfristige Vereinbarung über die Schullandschaft zu erreichen. Das Kul­tusministerium ist daher aufgefordert worden, den erforderlichen Dialogpro­zess durchzuführen.

Ganztagsschule

Wegen weiterer Einzelheiten zur schul­politischen Themen, wie Bildungsplan­reform 2015, Bestand von Grundschu­len, Einführung G 9, Regionale Schul­entwicklung, Inklusion, Schulleitungs­stellen, Schulhausbau u.a. wird auf den Geschäftsbericht 2011 – 2013 in BWGZ 20/2013, Seite 898 ff. verwiesen. In die­sem Zusammenhang wurde der Blick auch auf die Weiterentwicklung in den kommenden Jahre gelenkt.

Bei Drucklegung waren die Gespräche zwischen der Landesregierung und den kommunalen Landesverbänden zur Ver­ständigung auf Eckpunkte für die Ein­führung der Ganztagsschule in Baden­Württemberg noch nicht abgeschlos­sen. Es ist vorgesehen, die entsprechen­de Gesetzesänderung in diesem Jahr zu verabschieden.

Hochschulstandorte im ländlichen Raum

Im Endbericht des Instituts für Raum­ordnung und Entwicklungsplanung (IREUS) der Universität Stuttgart zum Forschungshaben „Der Beitrag der länd­lichen Räume Baden­Württembergs zu wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit und Sozialer Kohäsion“ wird festge­stellt, dass, der primäre Ansatzpunkt einer verstärkten Bindung im Bildungs­bereich liegt:

„Die vergleichsweise geringe Zahl an Studienangeboten stellt ein eindeuti­ges Defizit des ländlichen Raumes dar, das durch seine charakteristischen Standortvorteile wie Naturnähe oder attraktive Wohnverhältnisse nicht zu kompensieren ist. Eine moderate quan­titative Ausweitung der Hochschulbil­dungsmöglichkeiten in regionalen Mittelzentren wäre daher eine zu prü­fende Politikoption. Dabei ist auch dem Belang einer engen fachlichen Orientierung der neu geschaffenen An­gebote auf die bestehenden Schwer­punkte der regionalen Wirtschafts­struktur Aufmerksamkeit zu schenken. Den Standorten der Dualen Hochschu­len kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu. Auch ist zu prüfen, welche „Lücken“ es konkret im Studienangebot des ländlichen Rau­mes gibt, die junge Menschen selbst bei genereller Präferenz für den ländlichen Raum zur Abwanderung in den Agglo­merationsraum zwingen. Denn ist der Umzug in den Agglomerationsraum erst einmal vollzogen, kann nach ei­nem mehrjährigen Aufenthalt von ei­nem ,Umdefinieren‘ des Heimatbe­griffs ausgegangen werden.“

Der Gemeindetag setzt sich für den Er­halt und den Ausbau von Hochschulan­geboten im ländlichen Raum ein. Bei der Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Städte und Gemeinden mit über 10.000 Einwohnern am 23. September 2013 wurde die Bedeutung der Hochschulen mit Ministerin Theresia Bauer MdL in­tensiv erörtert. Im Zuge eines Hoch­schulkonzeptes soll auch die Frage von weiteren Hochschulangeboten im länd­lichen Raum geprüft werden.

22 Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und Perspektiven BWGZ 1 | 2014

Neue Nachhaltigkeitsstrategie für Baden­Württemberg

Nach der Koalitionsvereinbarung will sich die Landesregierung bei der Nach­haltigkeitsstrategie auf Schwerpunkt­themen fokussieren. Zwischenzeitlich sind drei Schwerpunktbereiche ausge­wählt worden:

• Klima und Energie, • Umgang mit Ressourcen und• Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Die Landesregierung möchte für die drei Schwerpunktthemen Aktionsprogram­me auflegen, um konkrete Lösungsan­sätze und Umsetzungskonzepte auf den Weg zu bringen. So sind beispielsweise Aktionsprogramme zu Bildung für nachhaltige Entwicklung, Nachhaltig­keit und Sport sowie zu Konfliktfeldern der Energiewende vorgesehen. Darüber hinaus werden mit drei Initiativen be­sonders relevante Zielgruppen direkt angesprochen. So sollen Initiativen mit Wirtschaft, mit Kommunen sowie mit jungen Menschen diese besonders in die Nachhaltigkeitsstrategie einbinden.

Ein neu konzipierter Nachhaltigkeitsbei­rat hat inzwischen die Funktion des Be­ratungsgremiums zu allen Fragen nach­haltiger Entwicklung im Land übernom­men. Dem Beirat gehören Persönlichkei­ten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft an. Dazu zählen auch Ver­treter der kommunalen Landesverbän­de, von Umweltorganisationen, Land­wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften und von Initiativen aus dem sozialen Bereich. Aufgabe des Beirats ist es, Im­pulse für die nachhaltige Entwicklung des Landes zu setzen und diesbezüglich Empfehlungen zu erarbeiten. Er tagt zweimal pro Jahr unter Leitung des Mi­nisterpräsidenten. Der Gemeindetag hat für den Beirat den Vorsitzenden seines Umwelt­ und Landwirtschaftsausschus­ses, Bürgermeister Rudolf Wuhrer, Den­kingen, benannt. Die konstituierende Sitzung des 36­köpfigen Beirats für nachhaltige Entwicklung fand am 06.10.2012 in Stuttgart statt. Der Beirat hat in dieser Sitzung drei Arbeitsgrup­pen eingesetzt. Es handelt sich dabei um die Arbeitsgruppen „Energie und Klima­schutz“, „Bildung für nachhaltige Ent­

wicklung“ und „Ziele und Entwicklung von Indikatoren für die nachhaltige Ent­wicklung“. Für die beiden erstgenann­ten Arbeitsgruppen hat der Gemeinde­tag ebenfalls Vertreter benannt.

Der Nachhaltigkeitsbeirat hat am 12.10.2013 seine dritte Sitzung durch­geführt. Entwickelt wurden dabei drei Aktionsprogramme zum Thema Ener­gieeffizienz mit den Überschriften „Energieeffizienz am Arbeitsplatz“, „Leitstern Energieeffizienz“ und „Ak­tionsplan Energieeffizienz für das Bio­sphärengebiet Schwäbische Alb“. Der Beirat sprach sich zudem für die Umset­zung eines Aktionsprogramms zur nachhaltigen Integrationspolitik aus. Neben der Unterstützung von ausge­wählten Pilotprojekten in der Integrati­onsarbeit in den Kommunen ist ein wei­teres zentrales Element die islamische Krankenhausseelsorge, die flächende­ckend in ganz Baden­Württemberg ein­geführt werden soll. Darüber hinaus stimmte der Beirat einem Vorschlag des Ministeriums für Verkehr und Infra­

struktur zu, eine Arbeitsgruppe zum Thema nachhaltige Mobilität einzurich­ten. Erste Arbeitsergebnisse sollen in der nächsten Beiratssitzung am 29. März 2014 besprochen werden. Weiterhin wurde vom Nachhaltigkeitsbeirat auch der Entwurf der Statusindikatoren zur Messung des Status Quo der nachhalti­gen Entwicklung in Baden­Württem­berg befürwortet. Auf dessen Basis soll ein Indikatorenbericht erstellt und im 1. Quartal 2014 veröffentlicht werden.

Der Gemeindetag sieht insbesondere den vorgesehenen neuen Wettbewerb „Leitstern Energieeffizienz“, der eine Auszeichnung besonders energieeffzien­ter Gebiete beinhalten soll, sehr kritisch.

Abschließend bereitet das Land derzeit ein Konzept für eine Kommunale Initi­ative Nachhaltigkeit vor.

Näheres zur Nachhaltigkeitsstrategie kann über die Internet­Adresse http://www.nachhaltigkeitsstrategie.de abgerufen werden.

Klimaschutzgesetz und integriertes Energie­ und Klimaschutzkonzept (IEKK)

Auf der Basis der Darstellung in BWGZ 1/2013, S. 31, hat sich der Umwelt­ und Landwirtschaftsausschuss des Gemein­detags in seiner Sitzung vom 16.01.2013 mit dem Entwurf eines Gesetzes zur För­derung des Klimaschutzes in Baden­Württemberg befasst. Sein Beschluss war Grundlage für die Stellungnahme des Gemeindetags vom 17.01.2013. Diese ist in Gt­info Nr. 86/2013 vom 05.02.2013 wiedergegeben worden.

Das Gesetz zur Förderung des Klima­schutzes in Baden­Württemberg (dessen Art. 1 betrifft das Klimaschutzgesetz Baden­Württemberg) ist vom Landtag in seiner Sitzung vom 17.07.2013 verab­schiedet worden (Landtags­Drucksache 15/3842, ausgegeben am 22.07.2013). Die Kommunen sollen danach ihre Vor­bildfunktion nach § 7 Abs. 1 Klima­schutzgesetz in eigener Verantwortung,

mit Unterstützung des Landes, erfüllen. Näheres soll in einer Vereinbarung zwi­schen Land und kommunalen Landes­verbänden beschlossen werden (§ 7 Abs. 4 Klimaschutzgesetz). Zu den teils auch vom Gemeindetag beanstandeten un­klaren Klauseln in § 2 Satz 2, § 5 sowie § 11 Abs. 3 hat das Ministerium für Um­welt, Klima und Energiewirtschaft (UM) zugesagt, Vollzugshinweise zu erstellen.

Damit genügend Zeit für die Ausarbei­tung bleibt, traten diese Vorschriften erst zum 01.01.2014 in Kraft (Grundlage hierfür war ein fraktionsübergreifender Änderungsantrag – Landtags­Drucksa­che 15/3797 vom 16.07.2013). Die be­reits im Entwurf des Klimaschutzgeset­zes vorgesehene verzögerte Inkraftset­zung des § 7 Absatz 5 ist beibehalten worden. So sollen die Förderprogramme des Landes für den kommunalen Hoch­

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Bilanz und PerspektivenBWGZ 1 | 2014

bau den Grundsätzen des nachhaltigen Bauens Rechnung tragen und das Nähe­re durch Förderrichtlinien geregelt wer­den. Diese spezielle Umsetzung tritt erst zwölf Monate nach dem Tag der Ver­kündigung des Gesetzes in Kraft.

Zwischenzeitlich hat das UM erste allge­meine Vollzugshinweise zum Klima­schutzgesetz (vom 17.10.2013) erarbei­tet und diese über die Regierungspräsi­dien an die unteren Verwaltungsbehör­den übermittelt. Diese Hinweise sollen noch durch einen „Besonderen Teil“ ergänzt werden, der zur Möglichkeit der Berücksichtigung von „Klimabelangen“ in einzelnen Fachgesetzen Hinweise ge­ben soll. Letztlich handelt es sich dabei um Auslegungshilfen, die die Behörden bei der Anwendung des neuen Gesetzes unterstützen sollen.

Zu dem auf diesem Gesetz aufbauenden Integrierten Energie­ und Klimaschutz­konzept (IEKK) sind im vorgeschalteten Bürger­ und Verbändebeteiligungsver­

fahren (BEKO) über tausend Vorschläge eingebracht worden. Die Auswertung der IEKK­Vorschläge durch die betroffe­nen Ressorts ist inzwischen abgeschlos­sen. Anschließend findet dann die offi­zielle Verbändeanhörung zu den Einzel­vorschlägen statt. Nach § 6 Absatz 1 Klimaschutzgesetz ist das IEKK vor der Beschlussfassung durch die Landesregie­rung dem Landtag zuzuleiten, um ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu ge­ben. Geblieben ist die zeitliche Festle­gung, dass das IEKK erstmals 2014 be­schlossen und dann spätestens alle fünf Jahre auf der Basis von Monitoringbe­richten nach § 9 Klimaschutzgesetz fort­geschrieben werden soll.

Das UM geht im Übrigen davon aus, dass für das IEKK die Durchführung ei­ner strategischen Umweltverträglich­keitsprüfung erforderlich ist. Das hier­zu erforderliche „Scoping­Verfahren“ wurde bereits veranlasst.

Naturschutzstrategie Baden­Württemberg soll naturschutz­politische Schwerpunkte für zwei Legislaturperioden setzen

Das Landeskabinett hat am 02.07.2013 die „Naturschutzstrategie Baden­Würt­temberg“ mit dem Untertitel „Biologi­sche Vielfalt und naturverträgliches Wirtschaften – für die Zukunft unseres Landes“ beschlossen. Diese Strategie soll „handlungsleitend“ für zwei Legis­laturperioden sein.

Die vorherige Landesregierung hatte noch am 22.03.2011 die „Naturschutz­strategie 2020“ beschlossen, um damit naturschutzpolitische Schwerpunkte für die nächsten zehn Jahre festzule­gen. Der Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung enthielt eine Festle­gung zur Weiterentwicklung der Natur­schutzstrategie. In zwei Anhörungs­runden – die erste wurde am 04.08.2011 eingeleitet – wurden auch die kommu­nalen Landesverbände zur Weiterent­wicklung der Naturschutzstrategie an­gehört. Zu diesem Zeitpunkt fehlten Aussagen zum Zeit­ und Maßnahmen­plan sowie zu Finanz­ und Personalres­

sourcen. Die zweite Anhörungsrunde erfolgte dann am 14.05.2012.

Der Gemeindetag hat in seiner Stellung­nahme vom 25.06.2012 vor allem mo­niert, dass weder die aufgelisteten aktu­ellen Umsetzungsschwerpunkte (bis 2016) noch die ausführliche Natur­schutzstrategie selbst einen priorisieren­den, finanziell unterlegten Zeit­ und Maßnahmenplan enthielten. Insbeson­dere seien die erforderlichen Finanz­ und Personalreserven vollständig ausge­blendet. Ansonsten wurde die Äuße­rung auf einige Themen mit besonderer Kommunalrelevanz beschränkt (siehe Darstellung in BWGZ 1/2013, S. 30).

Die Naturschutzstrategie Baden­Würt­temberg (einschließlich Pressemittei­lung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden­Württemberg vom 03.07.2013 und An­lage „Aktuelle Umsetzungsschwerpunk­te bis 2016“) kann über die in Gt­info

Nr. 541/2013 vom 20.07.2013 angege­benen Links abgerufen werden. Im Übrigen siehe Landtags­Drucksache 15/3688 vom 26.06.2013 (ausgegeben am 30.07.2013).

In einer Pressemitteilung des MLR (Nr. 230/2013 vom 13.11.2013) zur Zwischenbilanz der Landesregierung hat Naturschutzminister Bonde u.a. konstatiert, dass Grün­Rot nicht nur die Naturschutzmittel deutlich erhöht ha­be und sie bis 2016 sogar auf 60 Mio. Euro verdoppeln wolle, sondern mit der Naturschutzstrategie auch einen „um­fangreichen, konkreten und bundes­weit einzigartigen Maßnahmenkata­log“ vorgelegt habe, der Naturschutz als Aufgabe ansehe, die alle angehe.

24 Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und Perspektiven BWGZ 1 | 2014

Gesetz zur Errichtung eines Nationalparks Schwarzwald

Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden­Würt­temberg (MLR) hat den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung des National­parks Schwarzwald und zur Änderung weiterer Vorschriften mit Schreiben vom 19.06.2013 in die Verbandsanhö­rung gegeben. Der Gemeindetag hat sich dazu am 30.07.2013 geäußert.

Der Gemeindetag hat das Ministerium dabei zunächst um Verständnis dafür gebeten, dass er sich zur Gebietsabgren­zung und zu naturschutzfachlichen Fra­gen nicht äußern könne. Hier gebe es unterschiedliche Haltungen in den Mit­gliedsstädten und ­gemeinden. Insoweit wolle er nicht in die vor Ort dazu zu treffenden kommunalen Entschei­dungsfindungsprozesse eingreifen. Er könne deshalb auch keine Entschei­dung pro oder contra Nationalpark Schwarzwald treffen.

Letztlich hat der Gemeindetag für den Fall einer endgültigen Entscheidung zu­gunsten des Nationalparks eine ausrei­chende Finanzierung angemahnt, die nicht zulasten anderer wichtiger Natur­schutzmaßnahmen bzw. bestehender Förderprogramme für den ländlichen Raum gehen dürfe. Dies erfordere die Bereitstellung zusätzlicher Mittel aus dem Landeshaushalt. Nur so könne eine akzeptierte und leistungsfähige Natio­nalparkverwaltung gewährleistet wer­den. Die vollständige Stellungnahme des Gemeindetags ist aus Gt­info Nr. 627/2013 vom 05.09.2013 zu entnehmen.

Darüber hinaus hat der Gemeinsame Forstausschuss von Gemeindetag und Städtetag am 17. September 2013 getagt und sich der Forderung der Forstkammer Baden­Württemberg nach Einrichtung einer unabhängigen Schiedsstelle im Zu­

sammenhang mit dem Borkenkäfer­management angeschlossen. Diese For­derung wurde mit gemeinsamem Schrei­ben von Gemeindetag und Städtetag vom 27. September 2013 gegenüber dem MLR vorgetragen.

Nach Verabschiedung des Gesetzent­wurfs durch die Landesregierung am 8. Oktober 2013 wurde das National­parkgesetz am 23. Oktober 2013 zur 1. Lesung in den Landtag eingebracht. Siehe dazu u.a. Landtags­Drucksache 15/4127 vom 8. Oktober 2013.

Zur Finanzierung hat das Staatsministe­rium in seiner Pressemitteilung vom 8. Oktober 2013 (Nr. 158/2013) Folgen­des festgestellt:

„Die Landesregierung ist sich über die ge­plante Finanzierung des Nationalparks einig. Die Nationalparkverwaltung soll im Jahr 2014 mit 31,5 vorhandenen und 31,5 Neustellen besetzt werden. Im Jahr 2014 stehen dafür bereits vorhandene Mittel in Höhe von 3,3 Millionen Euro zur Verfügung. Vorbehaltlich der Ent­scheidung des Landtags sollen weitere 3,9 Millionen Euro im Nachtragshaushalt für den Nationalpark bereitgestellt werden. Durch den Mittelaufwuchs für den Natur­schutz in den Jahren 2015/16 wird die Finanzierung des Nationalparks langfris­tig sichergestellt werden. Im Jahr 2015 sollen für die Nationalparkverwaltung weitere 15 Stellen, im Jahr 2016 nochmals elf Stellen zur Verfügung gestellt werden. Die Nationalparkverwaltung soll dann insgesamt 89 Stellen umfassen.“

Nach Auffassung des Gemeindetags ist damit die Gefahr, dass die National­parkfinanzierung zulasten anderer wichtiger Naturschutzmaßnahmen er­folgt, nicht ausgeräumt (zumindest nicht ab 2016).

Der Gesetzentwurf zum Nationalpark Schwarzwald ist vom Landtag am 28. November 2013 in 2. Lesung beschlos­sen worden. Der Nationalpark geht da­mit am 1. Januar 2014 an den Start. Näheres siehe Gt­info Nr. 905/2013 vom 20. Dezember 2013.

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Bilanz und PerspektivenBWGZ 1 | 2014

Novellierung des Landesjagdgesetzes – noch immer kein Gesetzentwurf vorhanden

Zum Verfahren und zum Sachstand bei der Novellierung des Landesjagdgeset­zes kann im Wesentlichen nach wie vor auf die Darstellung im Geschäftsbericht des Gemeindetags für seine Mitglieder­versammlung 2013 verwiesen werden (BWGZ 20/2013, S. 928 ff.).

Leider lag bis zum Jahresende 2013 im­mer noch kein ausformulierter Gesetz­entwurf vor. Vielmehr finden weiterhin Sitzungen des Koordinierungskreises als zentralem Beratungs­ und Steuerungs­organ der Novellierung statt.

Der Umwelt­ und Landwirtschaftsaus­schuss des Gemeindetags hat in seiner Sitzung vom 26.11.2013 folgende Posi­tionen beschlossen:

1. Das neue Landesjagdgesetz ist in sei­nem Regelungsinhalt auf jagdliche Fragen zu beschränken; eine Auswei­tung auch auf andere Rechtsgebiete kann nicht in Betracht kommen.

2. Das Wildtiermanagement ist Teil der Jagd und entspricht dem bisherigen Begriff der Hege.

3. Hegegemeinschaften sollen als privat­rechtliche Zusammenschlüsse weiter­geführt werden; Körperschaften des öffentlichen Rechts als Parallelstruk­tur zu den unteren Jagdbehörden können nicht in Betracht kommen.

4. Es wird eine weite Liste des dem Jagd­recht unterliegenden Wilds ange­strebt – und damit auch der Tiere, die der Hegepflicht unterfallen – um die­sen Tieren ggf. mit den Mitteln des Jagdrechts begegnen zu können.

5. Abschaffung des Kreisjagdamts als Kollegialorgan; Weiterführung der unteren Jagdbehörde als „normale“ Verwaltungsbehörde.

6. Die vorgesehene Novellierung des Landesjagdgesetzes darf weder zu

einer weiteren Verschlechterung der Jagdverpachtungsmöglichkei­ten (bei gemeindlichen Eigenjag­den und bei gemeinschaftlichen Jagdbezirken, für die Gemeinden überwiegend immer noch als Ver­walter oder Notvorstand tätig sind) noch zu einem Aufgabenzuwachs bei Gemeinden bzw. unteren Jagd­behörden führen; ansonsten gilt der Konnexitätsgrundsatz.

7. Der in der Koordinierungskreissit­zung vom 17.10.2013 unterbreitete Vorschlag des MLR für eine Entlas­tung der Gemeinden bei der Geltend­machung von Wildschäden wird be­grüßt.

8. Eine endgültige Positionierung des Gemeindetags ist erst dann möglich, wenn ein ausformulierter Gesetzes­text vorliegt; das MLR wird insoweit aufgefordert, einen solchen zeitnah vorzulegen.

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26 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2014Bilanz und Perspektiven

Gesetz zur Neuordnung des Wasserrechts in Baden­Württemberg (WG­Novelle) verabschiedet

Zum Inhalt des o.g. Gesetzentwurfs laut Landtags­Drucksache 15/2013 vom 9. Juli 2013 (für die 1. Lesung des Gesetz­entwurfs im Landtag) ist im Geschäftsbe­richt des Gemeindetags für seine Mitglie­derversammlung 2013 sehr ausführlich berichtet worden. Auf die Darstellung in BWGZ 20/2013, S. 926 ff. wird hingewie­sen. Zu den Auswirkungen (des Ent­wurfs) der WG­Novelle auf die Stadtent­wicklung und Stadtplanung in Über­schwemmungsgebieten siehe Gt­info Nr. 793/2013 vom 21. Oktober 2013. Am 24. Oktober 2013 fand dann eine öffent­liche Anhörung des Landtagsausschusses für Umwelt, Klima und Energiewirt­schaft statt, allerdings beschränkt auf die Themen Gewässerrandstreifen (§ 29 der Novelle) und Überprüfung privater Abwasseranlagen (§ 51 der Novelle). In dieser Anhörung waren auch der Ge­meindetag und der Städtetag vertreten und haben dort ihre (identischen) Posi­tionen vorgetragen. Das Gesetz zur Neu­ordnung des Wasserrechts in Baden­Württemberg ist am 27.11.2013 im Rah­men der 2. Lesung vom Landtag verab­schiedet worden und in seinen wesentlichen Teilen am 1. Januar 2014 in Kraft getreten. § 65 der WG­Novelle (Überschwemmungsgebiete – Abgren­zung durch Hochwassergefahrenkarten usw.) ist bereits zum 22. Dezember 2013 in Kraft gesetzt worden.

Aus kommunaler Sicht relevante Ände­rungen haben sich nur beim § 44 der Novelle (Öffentliche Wasserversor-gung) ergeben:

In der Stellungnahme des Gemeindetags vom 14. März 2013 wurde zur öffent lichen Wasserversor­gung u.a. gefordert, dass die kommunale Kernkom­petenz für die öffentliche Wasserversorgung durch entsprechende Formulie­rungen noch weiter ge­stärkt werden muss. Der vom Landtag verabschie­dete Text berücksichtigt dies in § 44 Absatz 1 Satz 1 der WG­Novelle wie folgt:

„Die öffentliche Wasserversorgung obliegt der Gemeinde als Aufgabe der Daseins-vorsorge.“

Die dann folgenden Formulierungen in den Sätzen 2 und 3 von § 44 Absatz 1 ließen aber offenkundig nicht zweifels­frei erkennen, dass die Wahrnehmung der kommunalen Aufgabe der Wasser­versorgung beispielsweise auch durch Stadtwerke in unterschiedlicher Organi­sationsform erfolgen und dazu Konzes­sionsverträge abgeschlossen werden können (einschließlich der Erhebung von Konzessionsabgaben).

Dies war allerdings wesentlicher Inhalt der Gespräche zwischen den Kommu­nalen Landesverbänden (KLV) und dem UM zur Neuregelung des Wasserrechts und zur öffentlichen Wasserversorgung.

Bei der Verabschiedung durch den Landtag wurde jetzt eine Formulierung der KLV berücksichtigt, die diese Herrn Ministerialdirektor Meinel Ende Sep­tember 2013 übermittelt hatten.

Die Landtagsdrucksache 15/4340 mit der Beschlussempfehlung des Aus­schusses für Umwelt, Klima und Ener­giewirtschaft des Landtags enthält in Ziffer 1 die Umformulierung von Satz 2 des § 44 Absatz 1 im Sinne des Anlie­gens der KLV.

Formulierung: „Die Gemeinde kann die Organisationsform frei wählen, soweit und solange die Erfüllung der Aufgabe gewähr-leistet ist.“

Damit wird ein zentraler Punkt der Auf­gabenwahrnehmung der öffentlichen Wasserversorgung (freie Wahl der Orga­nisationsform bei Gewährleistung der Erfüllung der Aufgabe) dokumentiert.

Auch die sogenannte „Altfallregelung“ (bislang § 44 Absatz 1 Satz 4 – jetzt § 44 Absatz 1 Satz 3) hält fest, dass die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Geset­zes bestehenden Rechtsverhältnisse unberührt bleiben. In bestehende Rechtsverhältnisse wird also nicht ein­gegriffen und aus der Gesetzesfassung ergibt sich damit auch keine „Rücker­werbspflicht“ für bereits erfolgte Eigen­tumsübertragungen usw.

Die Regelungen in § 51 der Novelle zur Überprüfung privater Abwasseranlagen (insbesondere Grundstücksentwässe­rungsanlagen) sind gegenüber der Landtagsdrucksache 15/3760 (bzw. der o.g. Darstellung im Geschäftsbericht des Gemeindetags) nicht mehr verän­dert worden. Die Grundverpflichtung der Grundstückseigentümer zur Über­prüfung ihrer Abwasseranlagen auf ei­gene Kosten bleibt damit erhalten. Die Vorgaben des § 51 WG sind jetzt über eine Novellierung der Eigenkontroll­verordnung, mit der Vorgabe von Fris­ten zunächst für die Überprüfung von Abwasseranlagen in den Zonen I und II von Wasserschutzgebieten und den ver­gleichbaren Zonen von Heilquellen­schutzgebieten, umzusetzen. Den KLV ist eine Beteiligung bei der Novellie­rung der Eigenkontrollverordnung zu­gesagt worden.

27Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2014 Bilanz und Perspektiven

Gesetz zur Umsetzung der Polizeistrukturreform wird ab dem 1. Januar 2014 stufenweise realisiert

Der Landtag von Baden­Württemberg hat am 18.07.2013 das Gesetz zur Um­setzung der Polizeistrukturreform ver­abschiedet. Die Umsetzung erfolgt seit 01.01.2014. Näheres ist der Landtags­Drucksache 15/3496 vom 14.05.2013 zu entnehmen. Die Stellungnahme des Gemeindetags vom 22.03.2013 zum Entwurf des Polizeistrukturreformgeset­zes beinhaltet dazu folgende Kernforde­rungen (Zitate):

„1. Das Land muss mit der Polizei­strukturreform Verantwortung für das gesamte Land übernehmen. Dies be­deutet u.a., dass auch für den ländli­chen Raum keine Verschlechterung bei der Polizeipräsenz auftreten darf. Für nicht akzeptabel hielten wir insbe­sondere, wenn die Polizei nur noch anlassbezogen, z.B. bei Unfällen oder Straftaten, präsent wäre. Es muss wei­terhin, auch im ländlichen Raum, Streifenfahrten der Polizei in ange­messenem Umfang geben.

2. Die Polizeireform muss zu wesent­lich mehr als zwei zusätzlichen Beam­ten bei den Polizeirevieren führen. Zwei zusätzliche Mitarbeiter bei jedem Poli­zeirevier helfen in der Fläche kaum wei­ter. Insbesondere reichen diese Stellen nicht für die Besetzung eines weiteren Streifenwagens im Schichtdienst. Die etwa 360 Polizeiposten im Lande wür­den nach den vorliegenden Berechnun­gen so gut wie überhaupt nicht von der Reform profitieren.

3. Für die Polizeireviere und ­posten muss eine zumindest mittelfristige Be­standsgarantie gegeben werden. Nur so lässt sich u.E. die bewährte Zusammen­arbeit zwischen Kommunen, Bürgern und Polizei weiterhin gewährleisten.“

Die vollständige Stellungnahme des Gemeindetags ist in Gt­info Nr. 266/ 2013 vom 20.04.2013 wiedergegeben. Weitere Informationen zur Polizeire­form sind u.a. der BWGZ 1/2013, S. 26, zu entnehmen.

Alkoholkonsum­ und Alkoholmitführungsverbote an Brennpunkten – Äußerung des Ministerpräsidenten zu den Arbeitsgruppenergebnissen befremdend

Zum Sachstand beim The­ma „Alkoholkonsum­ und Alkoholmitführungsverbo­te an Brennpunkten“ ist ausführlich im Geschäfts­bericht des Gemeindetags für seine Mitgliederver­sammlung 2013 berichtet worden. Siehe dazu BWGZ 20/2013, 922. Am 9. De­zember 2013 fand jetzt die letzte Sitzung der dazu beim Innenministerium eingerich teten Arbeits­gruppe „Lebenswerter öffentlicher Raum“ statt. Die Arbeitsgruppe hat der Politik danach ein Bündel von Maßnahmen empfoh­len, die es den Kommunen und der Polizei ermögli­chen sollen, ein auf die ört­lichen Besonderheiten zu­geschnittenes und flexibles Handlungskonzept zu ent­wickeln, um Pöbeleien, Lärmbelästigungen und Straftaten im Zusammenhang mit Alkoholexzessen an Brennpunkten wirksam zu begeg­nen. Dazu gehört ausdrücklich auch eine Ermächtigung der Kommunen, in ihren örtlichen Polizeiverordnungen Alkoholverbote für „örtliche Problem­lagen“ regeln zu können.

Mit Unverständnis haben der Gemein­detag und der Städtetag deshalb die Aus­sage von Ministerpräsident Kretsch­mann einen Tag nach der Arbeitsgrup­pensitzung zur Kenntnis genommen, dass eine Ermächtigung für ein Alkohol­konsumverbot an Brennpunkten des öf­fentlichen Raums für ihn vorerst nicht mehr in Frage käme. Dies steht im Wi­derspruch zum Auftrag der vom Minis­terpräsidenten ins Leben gerufenen Ar­beitsgruppe. Diese sollte wirksame Prä­ventionsmaßnahmen zusammen zu­stellen, damit den o.g. Auswüchsen im Zusammenhang mit Alkoholexzessen künftig wirksam begegnet werden kann. Die Arbeitsgruppe hat in ihrem Ab­

schlussbericht Alkoholkonsumverbote an Brennpunkten als einen von mehre­ren wirkungsvollen Bausteinen zur Prob­lembewältigung vorgeschlagen.

Beide Kommunalen Landesverbände le­gen ausdrücklich Wert auf die Feststel­lung, dass der Arbeitsauftrag des Landes an die Arbeitsgruppe „Lebenswerter öf­fentlicher Raum“ von vorne herein auch ein Alkoholkonsumverbot als mögliche Maßnahme vorgesehen hatte. Die Kehrtwende des Ministerpräsiden­ten nährt aus Sicht der beiden Verbände den Verdacht, dass die Arbeitsgruppe von Anfang an nur als Beschwichti­gungsveranstaltung mit Feigenblatt­funktion geplant war. Beim Städtetag und beim Gemeindetag wird deswegen geprüft, ob eine Teilnahme am für An­fang 2014 geplanten „Runden Tisch le­benswerter öffentlicher Raum“ (Schluss­gespräch) beim Ministerpräsidenten zu den Arbeitsgruppenergebnissen unter diesen Voraussetzungen überhaupt noch Sinn macht.

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Die Innenentwicklungs­Novelle zum BauGB

Seit 20.09.2013 gilt das Gesetz zur Stär­kung der Innenentwicklung in den Städ­ten und Gemeinden und zur weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts. Nachdem im Jahre 2011 die Energie­ und Klimapolitik Schwerpunkt der Änderun­gen war (Gesetz zur Förderung des Kli­maschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden vom 22.07.2011 – BGBl. I S. 1509 – in Kraft seit 30.07.2011), geht es jetzt um die Reduzierung des Flä­chenverbrauchs und um familienfreund­liche Städte, die stärkere Regulierung von Spielhallen in Städten und die Er­leichterung von Kindergärten in Wohn­gebieten. Zudem sollen bestimmte Vor­haben als Ersatzbauten für landwirt­schaftliche Gebäude zulässig werden. Hintergrund der Novelle ist der Koaliti­onsvertrag vom 26.10.2009, der eine Stärkung des Klimaschutzes und der In­nenentwicklung vorsieht. Dazu sind nun im Einzelnen folgende Änderungen vor­genommen werden:

Aktuell in Baden­Württemberg beson­dere Bedeutung hat die Aufnahme eines weiteren Belangs für das Abwägungsge­bot des § 1 BauGB bekommen, da das Ministerium für Verkehr und Infra­struktur bei der Ausweisung neuer Bau­gebiete die Plausibilitätsprüfung der Bauflächenbedarfsnachweise bei der Änderung von Flächennutzungsplänen verlangt (siehe dazu eigenen Abschnitt). Nach dem Baugesetzbuch hat die städ­tebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwick­lung zu erfolgen. Konkretisiert wird dies durch die Vorgabe bei den ergänzenden Vorschriften zum Umweltschutz, wo­nach die Notwendigkeit der Umwand­lung landwirtschaftlich oder als Wald genutzter Flächen begründet werden soll; dabei sollen Ermittlungen zu den Möglichkeiten der Innenentwicklung zugrunde gelegt werden, zu denen ins­besondere Brachflächen, Gebäudeleer­stand, Baulücken und andere Nachver­dichtungsmöglichkeiten zählen kön­nen. In der Begründung zum Bauleit­plan sind die entsprechenden Ausführungen an Hand der Gesetzes­formulierungen zu machen (zusätzliche Anforderungen).

Spielhallen sind bauplanungsrechtlich Vergnügungsstätten. In den vergange­nen Jahren hat ihre Zahl außerordent­lich stark zugenommen. Bereits im Rah­men der „Berliner Gespräche zum Städ­tebaurecht“ wurde auf der Grundlage der kommunalen Erfahrungen festge­stellt, dass das Steuerungsinstrumenta­rium der Baunutzungsverordnung sich insoweit als grundsätzlich ausreichend erweist (kommunale Vergnügungsstät­tenkonzepte).

Als neue Festsetzmöglichkeit können die Gemeinden in einem Bebauungs­plan für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34 BauGB) bestimmen, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Ar­ten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur aus­nahmsweise zugelassen werden kön­nen. Bei der Erstellung dieser Bebau­ungspläne müssen die Gemeinden je­doch als neuen Belang die Vorgaben des Landesglücksspielgesetzes beachten, wonach zwischen Spielhallen ein Min­destabstand von 500 Metern einzuhal­ten ist. Diese ordnungsrechtliche Vorga­be dürfte zu einer erheblichen Reduzie­rung der Spielhallen führen und kann bauleitplanerische Spielhallenkonzepte unnötig machen.

Zu den städtebaulichen Verträgen ge­hört nun ausdrücklich der Erschlie­ßungsvertrag; er wird nun nicht mehr eigenständig, sondern als Teil des städ­tebaulichen Vertrags geregelt, zumal er eine städtebauliche Maßnahme betrifft und daher auch als städtebaulicher Ver­trag nach § 11 BauGB angesehen wird. Um den Handlungsspielraum der Kom­munen zu erweitern, werden Verträge über die Erschließung – seien es Er­schließungsverträge im Sinne des bishe­rigen § 124 BauGB, seien es Folgekos­tenverträge oder sonstige Vertragsge­staltungen – künftig generell als Verträ­ge im Sinne des § 11 BauGB behandelt. Vertragsgegenstand ist somit u.a. die Erschließung durch nach Bundes­ oder nach Landesrecht beitragsfähige sowie nicht beitragsfähige Erschließungsanla­gen. Trägt oder übernimmt der Vertrags­partner Kosten oder sonstige Aufwen­

dungen, ist eine Eigenbeteiligung der Gemeinde nicht erforderlich. § 124 BauGB regelt nur noch die Erschlie­ßungspflicht nach einem abgelehnten Vertragsangebot.

Für die Gemeinden interessant ist die Möglichkeit, das gemeindliche Vor­kaufsrecht zugunsten eines Dritten aus­zuüben, wenn der Dritte zu der er mit der Ausübung des Vorkaufsrechts be­zweckten Verwendung des Grundstücks innerhalb angemessener Frist in der La­ge ist und sich hierzu verpflichtet.

Die Vorschrift des § 34 Absatz 3a BauGB, die im Wege einer Ermessensentschei­dung zusätzliche bauliche Maßnahmen im Zusammenhang mit vorhandenen Gewerbe­ und Handwerksbetrieben und auch für Wohnbauvorhaben im nicht beplanten Innenbereich ermöglicht, wurde erweitert um die Möglichkeit ei­ner Nutzungsänderung von einem Ge­werbe­ und Handwerksbetrieb zu einem Wohnzwecken dienenden Gebäude.

Im Hinblick auf gewerbliche Tierhal­tungsanlagen sind entsprechende Anla­gen nur dann im Sinne des § 35 BauGB privilegiert, wenn sie keiner Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträg­lichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung un­terliegen. Eine Reihe weiterer Änderun­gen betrifft die Arbeit der Gutachteraus­schüsse.

Die beim Begünstigungstatbestand des § 35 Absatz 4 BauGB vorgesehene Er­leichterung widerspricht den Zielen des Gesetzentwurfs, die Innenentwicklung zu stärken, wenn nämlich die Neuer­richtung an Stelle eines für die Land­wirtschaft privilegierten Gebäudes zu­gelassen wird.

Schrottimmobilien, also verwahrloste, nicht mehr wirtschaftlich nutzbare Ge­bäude sind aufgrund ihrer negativen Ausstrahlung auf die Umgebung ein ernstes stadtentwicklungspolitisches Problem, das dem Ziel einer qualitäts­vollen Innenentwicklung der Städte und Gemeinden widerspricht. Betroffen

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sind insbesondere Kommunen in struk­turschwachen Regionen. Aus der Struk­turschwäche der jeweiligen Region folgt häufig, dass eine Modernisierung oder Instandsetzung der Gebäude unrentabel wäre. Einem solchen städtebaulichen Missstand kann dann, wenn sonstige Belange (z.B. Denkmalschutz) nicht entgegenstehen, ggf. nur durch seine Beseitigung abgeholfen werden. Das Rückbaugebot (§ 179 BauGB) konnte in seiner geltenden Fassung aber nur in Be­bauungsplangebieten angewendet wer­den, nicht hingegen im nicht beplanten Innenbereich, wo sich die Schrottim­mobilienproblematik zumeist stellt. Das Vorhandensein eines Bebauungsplans ist nun in den Schrottimmobilienfällen nicht mehr Voraussetzung für die An­ordnung eines Rückbaugebots.

Bedeutsam für die Gemeinde ist auch die mit der Novelle verbundene Änderung der Baunutzungsverordnung, mit der die Rechtsstellung von Anlagen zur Einrich­tungen sind in reinen Wohngebieten nun allgemein bauplanungsrechtlich zu­lässig, wenn deren Größe den Bedürfnis­sen der Bewohner des Gebiets angemes­sen ist. Sonstige Anlagen zur Kinderbe­treuung können auch künftig als Anla­gen für soziale Zwecke nach § 3 BauNVO ausnahmsweise zulässig sein.

Vor dem Hintergrund des Energiekon­zepts der Bundesregierung und in Er­gänzung der BauGB­Klimaschutznovel­le von 2011, mit dem die Privilegierung von Anlagen zur Nutzung solarer Strah­lungsenergie in, an oder auf Dach­ oder Außenwandflächen in § 35 BauGB ein­geführt worden ist, wurde die Zulässig­keit solcher Anlagen auch in Baugebie­ten erleichtert. Durch eine Änderung des § 14 BauNVO (Nebenanlagen) gel­ten baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach­ und Außenwandflä­chen oder Kraft­Wärme­Kopplungsan­lagen innerhalb von Gebäuden als Ne­benanlagen, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentlich Netz eingespeist wird.

Für die Gutachterausschüsse sind fol­gende Änderungen interessant: Hinzu­ziehung eines Bediensteten der zustän­

digen Finanzbehörde, Übermittlung des Erbbaurechtsvertrags bei der erneuten Bestellung des Erbbaurechts, Auskünfte der Finanzbehörden an die Gutachter­

ausschüsse, Aufgaben des Oberen Gut­achterausschusses bzw. der Zentralen Geschäftsstelle, Klarstellung bei den Er­mächtigungen an die Landesregierung.

Anreize durch das Förderprogramm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“

Das Ministerium für Verkehr und Infra­struktur (MVI) hat Anfang 2013 das För­derprogramm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“ 2013 in Kooperati­on u.a. mit dem Gemeindetag ausge­schrieben. Das Förderprogramm richtete sich an alle Städte, Gemeinden, Land­kreise und Nachbarschaftsverbände in Baden­Württemberg. Es bot den Kom­munen eine finanzielle Unterstützung an, um die innerörtlichen Entwicklungs­potenziale im Hinblick auf den sparsa­men Umgang mit der Ressource Fläche zu untersuchen und zu mobilisieren.

Gesucht wurden Kommunen, die hier­zu guten Ideen haben. Unterstützt wur­den Ideen, Konzepte und Maßnahmen, die auf das Ziel kompakter, lebenswer­ter Siedlungsstrukturen mit attraktiven Ortskernen, guter Nahversorgung und kurzen Wegen gerichtet sind. Bei den Planungsprozessen sollte dabei nicht nur den unmittelbar Betroffenen, son­dern allen gesellschaftlichen Gruppen Informations­ und Mitwirkungsmög­lichkeiten eröffnet werden. Besonders erwünscht waren Konzepte zur Ent­wicklung bestehender aber unter­ oder schlecht genutzter Gewerbegebiete. Damit können für gewerbliche Nut­zungen Flächenpotenziale mobilisiert werden, ohne zusätzliche Flächen im Außenbereich in Anspruch zu neh­men. Das Förderprogramm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“ gibt es seit 2010 (nach einer Pilotphase 2009) und wurde gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden entwi­ckelt. Bisher konnten Projekte von rund 120 Kommunen und 3 Landkrei­sen sowie eines Nachbarschaftsverban­des gefördert werden. Das Förderpro­gramm ist ein fester Bestandteil im Bemühen des Landes und vieler Kom­munen, den Flächenverbrauch sub­stantiell zu verringern.

Im aktuellen Landesprogramm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung 2013 wurden 32 Gemeinden und drei Land­kreise gefördert (Entscheidung vom Ende Juli 2013). Das Fördervolumen beläuft sich 2013 auf fast 1 Million Euro. Zusam­men mit dem kommunalen Eigenanteil werden somit Planungsarbeiten und Dienstleistungen für Innenentwick­lungsvorhaben in Höhe von rund 2 Mil­lionen Euro angestoßen. Schwerpunkt waren Anträge mit Gewerbeflächenbe­zug. Auch spiegelten die Anträge die Viel­falt des Landes wider: Kleine Kommunen aus dem ländlichen Raum, aber auch Mittelstädte des ländlichen Raumes und Kommunen im Verdichtungsraum und dessen Randzone sind in diesem Jahr da­bei gewesen. Alle verbindet das Ziel, auf neue Siedlungsflächen auf der „grünen Wiese“ weitestgehend zu verzichten und kompakte, lebenswerte Siedlungsstruktu­ren mit attraktiven Ortskernen und zum Beispiel auch gute Nahversorgung und Siedlungsmuster der kurzen Wege zu un­terstützen.

Auch für das Jahr 2014 hat des Ministe­rium für Verkehr und Infrastruktur mit Bekanntmachung vom 09.12.2013 das Förderprogramm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“ ausgeschrie­ben. Besonders erwünscht sind auch diesmal wieder Projektanträge, die zur Aufwertung bestehender, aber unterge­nutzter oder teilweise fehlgenutzter Ge­werbegebiete beitragen, um auch für gewerbliche Nutzungen Flächenpoten­ziale zu mobilisieren; so soll möglichst auf die Nutzung zusätzlicher Flächen im Außenbereich verzichtet werden kön­nen. Die Fördertatbestände des Pro­gramms 2014 entsprechen im wesent­lichen denen der Ausschreibung für 2013. Anträge sind beim Ministerium für Verkehr und Infrastruktur bis 25.04.2014 einzureichen.

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Einschränkung des Kenntnisgabeverfahrens – ökologische Novelle zur Landesbauordnung

Das Ministerium für Verkehr und Infra­struktur hat Ende Juli 2013 den Anhö­rungsentwurf für ein Gesetz zur Ände­rung bauordnungsrechtlichen Vor­schriften zur Stellungnahme übersandt. Der Gesetzentwurf setzt den Koalitions­vertrag um, wonach die Landesbauord­nung nach sozialen und ökologischen Kriterien überarbeitet werden soll. We­sentlicher Inhalt sind Regelungen über Fahrrad­ und Kfz­Stellplätze, die erleich­terte Nutzung regenerativer Energien und die Beschränkung des Anwendungs­bereichs des Kenntnisgabeverfahrens.

In den Abstandsflächen sollen künftig Wärmedämm­Maßnahmen generell zu­lässig sein. Für die Teilung eines Grund­stücks soll eine zweiwöchige Frist für die Anzeige gegenüber der Baurechtsbehör­de eingeführt werden. In § 9 soll der Bauherr zu einer Begrünung der bauli­chen Anlagen verpflichtet sein (also durch Gesetz, ohne Entscheidung in der Baugenehmigung), wenn eine Begrü­nung oder Bepflanzung der Grundstü­cke nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich ist.

Eine Fahrradstellplatzpflicht soll einge­führt und die Möglichkeit der Umwand­lung von bestehenden Kfz­Stellplätzen in Fahrrad­Stellplätzen geschaffen wer­den. Bis zu einem Viertel der notwendi­gen Kfz­Stellplätze kann durch die Schaffung von Fahrrad­Stellplätzen er­setzt werden. Bei der Errichtung von Gebäuden mit Wohnungen sind für je­de Wohnung zwei geeignete wetterge­schützte Fahrrad­Stellplätze herzustel­len (notwendige Fahrrad­Stellplätze). Sie müssen eine wirksame Diebstahl­sicherung ermöglichen.

Für das Kenntnisgabeverfahren ist eine gravierende Einschränkung vorgesehen. So darf es für die Anwendung des Kennt­nisgabeverfahrens keinen Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungs­plans geben. Das Kenntnisgabeverfahren wird somit nur noch dort zugelassen, wo sich das Vorhaben exakt an die Festset­zungen des Bebauungsplans hält. Es gibt keine isolierten Entscheidungen über Abweichungen, Ausnahmen oder Befrei­

ungen. Die Zahl der Kenntnisgabever­fahren wird deutlich zurückgehen. Das Ministerium meint, dies erfolge deutlich zugunsten des (vereinfachten) Bauge­nehmigungsverfahrens. Der Gemeinde­tag schlägt vor, das Kenntnisgabeverfah­ren beizubehalten, die Einhaltung der bestehenden Vorschriften aber besser und effizienter zu überwachen. Das Kenntnisgabeverfahren kommt den Bau­herren entgegen, führt aber vielfach da­zu, dass es trotz der baurechtlichen Ver­stöße nicht zu einem eigenständigen Prüfverfahren kommt und die Verstöße nicht bekannt werden.

Würde man – wie teilweise von kom­munaler Seite gefordert – das Kenntnis­gabeverfahren abschaffen, blieben das vereinfachte Genehmigungsverfahren und das eigentliche Genehmigungsver­fahren bestehen. Beim vereinfachten Genehmigungsverfahren wird der Bau­herr davon ausgehen, dass es schneller abläuft und für ihn billiger ist (also weniger Baugenehmigungsgebühren zu zahlen sind).

Der Gemeindetag hat den Überlegun­gen zugestimmt, durch örtliche Bauvor­schrift die Gemeinden zu ermächtigen, auch weniger als einen Stellplatz pro Wohnung vorschreiben zu können. Un­berührt bleiben soll die Ermächtigung der Gemeinden, die Zahl der notwendi­gen Stellplätze für Wohnungen auf bis zu zwei zu erhöhen.

Bei den Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen durch ört­liche Bauvorschriften soll künftig gelten, dass die Anforderungen die Nutzung er­neuerbarer Energien nicht ausschließen oder unangemessen beeinträchtigen dürfen. Der Gemeindetag sieht dafür kei­nen Änderungsbedarf. Die neue Vor­schrift würde wegen der unbestimmten Rechtsbegriffe zusätzliche Zweifel auf­werfen, da nach der Rechtsprechung auch für örtliche Bauvorschriften das Abwägungsgebot (siehe § 1 BauGB) an­zuwenden ist; damit wird sowohl den Interessen der Gemeinden als auch de­nen der Bauherren (und im Übrigen auch den Nachbarn) gerecht.

Solaranlagen auf oder an Gebäuden so­wie eine damit verbundene Änderung der Nutzung oder der äußeren Gestalt der Gebäude sollen verfahrensfrei wer­den. Dem ist eigentlich nicht zu wider­sprechen; verfahrensfreie Vorhaben müssen jedoch den geltenden Vor­schriften entsprechen, auch wenn sie nicht in einem baurechtlichen Verfah­ren auf ihre Zulässigkeit geprüft werden. Die Bauherren sehen demgegenüber die Verfahrensfreiheit vorrangig als Frei­heit; eine Bindung von baurechtliche Vorschriften wird nicht angenommen.

Die – weiterhin bestehende – Verfah­rensfreiheit für Mobilfunkantennen (bis 10 m Eigenhöhe) soll künftig mit der Maßgabe gelten, dass deren Errich­tung mindestens acht Wochen vorher der Gemeinde angezeigt wird. Mit die­ser (weiteren) Anzeigepflicht würde es für Mobilfunkantennenanlagen drei Informations­ bzw. Anzeigeverfahren geben (Verbändevereinbarung auf Bun­desebene bzw. Mobilfunkerklärung Baden­Württemberg, Pflicht der Netz­betreiber, die Gemeinden anzuhören – neuer § 7a 26. BImSchV und die – so­weit sie kommt – bauordnungsrecht­liche Anzeigepflicht).

Grundsätzlich zu kritisieren ist die Auf­teilung von Änderungen der Landes­bauordnung in mehrere und darüber hinaus kurz hintereinander geschaltete Gesetzgebungsverfahren (Einführung der Rauchwarnmelderpflicht in einem eigenen Gesetz – Juli 2013 – und jetzt die „kleine“ Novelle). Die früheren LBO­Novellen waren von dem Grund­satz geprägt, Novellen zur Landesbau­ordnung nur über einen größeren Zeit­raum – mit einem gewissen Abstand – vorzunehmen (etwa 10 Jahre, siehe Novellen 1996, 2009). Die aktuelle No­velle enthält keine grundsätzlich not­wendigen Änderungen.

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Landesbauordnung verlangt Einbau von Rauchwarnmeldern

Die Ende Juli 2013 in Kraft getretene Änderung der Landesbauordnung regelt durch eine Erweiterung es § 15 LBO den verpflichtenden Einbau von Rauch­warnmeldern für Aufenthaltsräume, in denen bestimmungsgemäß Personen schlafen, sowie für Flure zur rechtzeiti­gen Selbstrettung (Flucht) von schlafen­den Personen im Brandfall. Die Warnge­räte müssen in Neubauten und bis Ende 2014 in bestehenden Gebäuden instal­liert werden. Der Einbau der Rauch­warnmelder obliegt den Bauherren. Bei bestehenden Gebäuden sind die Eigen­tümer für den Einbau verantwortlich. Die Sicherstellung der Betriebsbereit­schaft wiederum obliegt den unmittel­baren Besitzerinnen und Besitzern, es sei denn, die Eigentümerin oder der Ei­gentümer übernimmt diese Verpflich­tung selbst. Bei Mietwohnungen liegt es also in der Regel in der Verantwortung der Mieterin oder des Mieters als Woh­nungsbesitzerin oder ­besitzer. Besonde­re behördliche Überprüfungen des Ein­baus, die über die allgemeine Bauauf­sicht hinausgehen, sowie wiederkehren­de Kontrollen sind nicht vorgesehen. Es liegt somit in der Verantwortung der jeweiligen Verpflichteten, für die Instal­lation sowie für die Betriebsbereitschaft der Rauchwarnmelder Sorge zu tragen. Wer der Installations­ und Betriebs­pflicht nicht nachkommt, verhält sich zwar rechtswidrig; ein Bußgeld ist aller­dings nicht vorgesehen.

Die Rauchwarnmelder sind in allen Auf­enthaltsräumen, in denen bestim­mungsgemäß Personen schlafen, sowie in den Rettungswegen von solchen Auf­enthaltsräumen in derselben Nutzungs­einheit (z.B. Flure und Treppen inner­halb von Wohnungen) anzubringen. Solche Aufenthaltsräume finden sich nicht nur als Schlafzimmer, Kinderzim­mer oder Gästezimmer insbesondere in Wohnungen, aber auch in anderen Ge­bäuden, wie z.B. in Gasthöfen und Ho­tels, Gemeinschaftsunterkünften, Hei­men oder Kliniken. Damit sind auch die Gemeinden nicht nur mit ihren Miet­wohnungen, sondern auch mit entspre­chenden öffentlichen Einrichtungen betroffen.

In der Anhörung hat der Gemeindetag darauf hingewiesen, dass Rauchwarn­melder im Brandfall zweifellos die Sicherheit der Bewohner der Wohnungen bzw. Wohnräume verbessern. Sie sind damit gut geeignet, die Bewohner vor den Gefahren des Brandes bzw. des Rau­ches zu warnen; die Bewohner können sich rechtzeitig in Sicherheit bringen und die Feuerwehr alarmieren. Es ist so­mit wünschenswert, die Zahl der Rauch­warnmelder zu erhöhen. Diesen Zielen hat der Gemeindetag in der Anhörung zugestimmt, jedoch eine gesetzliche Rauchwarnmelderpflicht für nicht ge­boten gehalten.

Im Gesetzgebungsverfahren wurde be­reits angekündigt, auf eine Überwa­chung der Realisierung der Rauchwarn­melderpflicht zu verzichten. Bei einem solchen Konzept hat die gesetzliche Re­gelung lediglich eine pädagogische Wir­kung; Konsequenzen sind nicht zu er­warten – somit hätte das Gesetz nur den Charakter eines Appells. Es sei welt­fremd zu glauben, bei einem klar ange­kündigten Verzicht auf die Überwa­chung würden die Eigentümer die Rauchwarnmelder installieren.

Die bisherigen Aktionen, insbesondere der Gemeindefeuerwehren und der Brandversicherer (mit Unterstützung der Lobbyisten) und dem Appell an die Eigenverantwortung haben dazu ge­führt, dass die Zahl der installierten Rauchwarnmelder gestiegen ist.

Nach Erfahrungsberichten aus Bundes­ländern mit einer Rauchwarnmelder­pflicht ist die Zahl der Fehlalarme deut­lich angestiegen. Diese zusätzliche Ein­satztätigkeit wegen Fehlalarmen betrifft die Feuerwehrangehörigen. Die Ge­meinden müssen die sich daraus erge­benden Kosten ohne Möglichkeit des Kostenersatzes tragen. Selbst für die Ver­sicherungen, insbesondere Gebäudever­sicherungen, ergeben sich aus der Nichtbeachtung evtl. bauordnungs­rechtlicher Verpflichtungen keine Fol­gen. Die Sachversicherungen erfassen Gebäudeschäden und nicht die Perso­nenschäden durch die Rauchopfer. Be­

lastbare statistische Zahlen über die Auswirkungen von Rauchwarnmeldern auf die Anzahl der Opfer durch Brände bzw. Rauchvergiftungen sind nicht be­kannt. Die Zahl der Brandtoten ist in Deutschland seit Jahren stark rückläu­fig, und in Bundesländern mit einer Rauchwarnmelderpflicht sind die Rück­gänge geringer als in Bundesländern ohne Rauchwarnmelderpflicht. Die im­mer wieder aus anderen Ländern (z.B. USA) genannten Zahlen über den Rück­gang der Brandtoten sind nicht ver­gleichbar. Außerdem liegt die Zahl der Brandtoten in Ländern mit einer Rauch­warnmelderpflicht höher als in Deutsch­land bzw. in Bundesländern ohne Rauchwarnmelderpflicht.

Die Rauchwarnmelderpflicht dürfte in Baden­Württemberg tendenziell zu In­vestitionskosten von mindestens 100 Mio. Euro und zu jährlichen Unterhal­tungskosten von zirka 10 Mio. Euro füh­ren; das ist nicht nur für die Hersteller von Rauchwarnmeldern, sondern auch für die Fachbetriebe, die die Rauchwarn­melder installieren und warten, interes­sant und ein zusätzlicher Markt.

Den Gemeinden entstehen nicht nur für Gemeindewohnungen zusätzliche Installations­ und Wartungskosten, son­dern auch für kommunale Asylbewer­ber­ und Obdachlosenunterkünfte bzw. Wohnheime. In diesen Anlagen ist ein gegenüber sonstigen Wohnräumen er­heblich höherer Kontroll­ und War­tungsaufwand zu erwarten, da nach den Erfahrungen der Städte und Gemeinden der sorgfältige Umgang der Bewohner mit diesen Sicherungsanlagen nicht ge­währleistet ist.

Brände sollten überhaupt gar nicht ent­stehen; dies wäre die beste Prävention. Das korrekte Verhalten im Brandfall wä­re ebenfalls ein großer Beitrag zur Redu­zierung der Brandtoten.

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Plausibilitätsprüfung der Bauflächenbedarfsnachweise kann die kommunale Bauleitplanung nicht einschränken

Bereits 2008 hat das Ministerium für Verkehr­ und Infrastruktur Hinweise zur Plausibilitätsprüfung der Bauflächenbe­darfsnachweise für die Flächennut­zungsplanung herausgegeben. Diese wurden nun – ohne Anhörung des Ge­meindetags und damit unter offensicht­lichem Verstoß gegen die Anhörungs­grundsätze des Landes – in abgeänderter Form herausgegeben. Die Hinweise ent­halten Vorgaben für das Genehmi­gungsverfahren – und damit eigentlich auch für das Behördenbeteiligungsver­fahren, obwohl dies in den Hinweisen überhaupt nicht genannt ist.

Besonders gravierend ist die 2013 vorge­nommene Reduzierung des Bedarfsfak­tors zur Berücksichtigung des Wohn­bauflächenbedarfs. Der Gemeindetag hat sich bereits im Juni 2013 in einem Schreiben an das Ministerium klar posi­tioniert und die Einschränkung der kommunalen Planungshoheit durch die Hinweise zur Plausibilitätsprüfung der Bauflächenbedarfsnachweise abge­lehnt. Der Gemeindetag hat das Vorge­hen bei der Herausgabe der überarbeite­ten Hinweise als auch deren Inhalt kri­tisiert bzw. für inakzeptabel bezeichnet. Die Hinweise 2013 wurden – wie die Hin­weise 2008 – ohne Beachtung der Anhö­

rungsgrundsätze des Landes erarbeitet und herausgegeben. Eine Begründung für die Änderung war nicht beigefügt; eine solche Begründung fehlt darüber hinaus für die in den Hinweisen enthal­tenden Flächendichten (abhängig vom Status als zentraler Ort). Sie lassen sich auch nicht auf das Raumordnungsrecht und das Landesplanungsrecht bzw. den Landesentwicklungsplan stützten.

Gefordert wird vom Gemeindetag eine gemeindebezogene Betrachtung – dazu gehört auch das kritische Hinterfragen der Zahlen der demografischen Ent­wicklung und damit die Zugrundele­gung eigener Entwicklungszahlen; au­ßerdem ist ein schematisches Vorgehen (genauer gesagt: eine undifferenzierte landeseinheitliche Betrachtung) ohne Berücksichtigung der örtlichen Situati­on nicht akzeptabel.

Die Gemeinden betrachten sogar die Hinweise als irrelevant, weil die Gemein­den für das Bauleitplanverfahren eine klare und rechtssichere Abwägung auf der Basis der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vornehmen.

Eine wissenschaftliche Begründung für den Dichtewert für Wohnbauflächen hat das MVI nicht beigefügt. Eine sol­

che landeseinheitliche Praxis wider­spricht den Anforderungen nach einer differenzierten Betrachtung der kom­munalen städtebaulichen Entwick­lung. Die Vorgaben in den Hinweisen lassen sich in der vorliegenden dezi­dierten Formulierung nicht auf den Landesentwicklungsplan stützen – auch wenn der Wortlaut dies verdeut­lichen will. Sie sind kein Ziel und kein Grundsatz der Raumordnung und kön­nen daher die Gemeinden nicht über § 1 Abs. 4 BauGB binden. Würden die Gemeinden nach den Hinweisen ihre kommunale Bauleitplanung ausrich­ten, würden sie gegen das Abwägungs­gebot des Baugesetzbuchs verstoßen. Die Hinweise können nicht Grundlage der kommunalen Abwägung sein, sie sind ein nicht plausibler Belang für den Abwägungsvorgang. Die Gemeinden laufen Gefahr, rechtsunwirksame Flä­chennutzungspläne aufzustellen. Auch die vom MLR in Auftrag gegebene IREUS­Studie verlangt eine gemeinde­bezogene und keine schematische Be­trachtung der Städte und Gemeinden im ländlichen Raum.

Die überarbeiteten Hinweise führen – rechtswidrigerweise – zu einer gravie­renden Einschränkung der kommuna­len Bauleitplanung schon allein durch die Verfahrenspraxis der Genehmi­gungsbehörden. Diese Behörden sind durch die Hinweise in ihrer Entschei­dungsfreiheit und in ihrer Genehmi­gungspraxis eingeschränkt; sie müssen (müssten) im Behördenbeteiligungsver­fahren bereits geltend machen, dass Flä­chennutzungspläne in Abweichung der Hinweise nicht genehmigt werden kön­nen. Das ist zugleich eine Überschrei­tung der Zuständigkeit der Genehmi­gungsbehörden, die nur eine Rechtsprü­fung vornehmen können, jedoch nicht eine Prüfung der Zweckmäßigkeit der kommunalen Bauleitplanung, also kei­ne Prüfung des Ergebnisses des kommu­nalen Planungsermessens.

Eine Prognose der Bevölkerungsent­wicklung und des Bauflächenbedarfs ist wegen der der Gemeinde zustehenden

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Einschätzungsprärogative gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Damit können weder das MVI noch die für die Genehmigung des Flächennutzungs­plans zuständige Behörde detaillierte Wohndichten einfordern.

Außerdem gehen die Hinweise trotz ih­rer umfangreichen Vorgaben auf folgen­de Notwendigkeiten der Gemeinden vor Ort nicht ein (der Gemeindetag hat dies bereits zu den Hinweise 2008 for­muliert):

• Bei der Bestandsermittlung von Leer­ständen bzw. innerörtlichen bebau­baren Flächen müssen die Gemein­den vor Ort entscheiden können, wie sie hier vorgehen.

• Bei der Bedarfsermittlung muss un­bedingt auch die Verfügbarkeit der Flächen eine Rolle spielen. Nur die tatsächlich auch verfügbaren Flä­chen können zur Anrechnung kom­men. Die Verfügbarkeit wird zwar (jetzt) abgefragt, ihre Bewertung durch die Gemeinde muss jedoch von der Genehmigungsbehörde ak­zeptiert werden.

• Die Bedarfsermittlung kann nicht starr an einer Formel aufgezogen wer­den, sondern muss stark auch die ört­lichen Begebenheiten berücksichti­gen. Damit ist die gesamte Berech­nungsmethode in Frage zu stellen.

• Vorrangiges Ziel muss es weiter blei­ben, eine Entflechtung unverträglicher Gemengelagen durchzuführen. Wohn­lagen müssen weiterhin vorrangig von insbesondere störenden Gewerbebe­trieben entlastet werden.

• Es muss den Gemeinden auch weiter­hin möglich sein, im Gewerbebe­reich Vorratsflächen vorzuhalten. Wenn bei einer Anfrage eines Gewer­betriebs erst das ganze Bauleitplan­verfahren mit der zeitlichen Dauer von mehreren Monaten bis Jahren durchgeführt werden muss, ist eine Neuansiedlung von Gewerbebetrie­ben praktisch unmöglich. Dabei darf sich die Ansiedlung nicht nur auf die Eigenentwicklung reduzieren.

Das Land wurde aufgefordert, die Hin­weise aufzuheben bzw. auf eine Darstel­lung der Rechtslage zurückzuführen.

Der Gemeindetag ist Mitglied in dem im Dezember 2004 gegründeten Akti­onsbündnis „Flächen gewinnen“ und unterstützt damit die Bemühungen der Gemeinden um eine Reduzierung der Flächeninanspruchnahme. Zahl­reiche Artikel in der Verbandszeit­schrift des Gemeindetags zeigen kom­munale Projekte und Ratgeber für die kommunale Praxis (wie der Folgekos­tenrechner oder die Flächenmanage­ment­Tools).

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Bei der Beratung im Landesvorstand im September 2013 wurde in Anwesen­heit von Staatssekretärin Splett be­schlossen, eine Arbeitsgruppe von Mit­gliedern des Gemeindetags zu bilden, die 10 bis 15 Gemeinden umfassen wird und die an Hand der eigenen Ent­wicklungszahlen die Auswirkungen der Hinweise auf die Flächennutzungs­plan darstellen werden. Dabei zeigt sich schon jetzt, dass es mit den Zah­len der Hinweise zu einer Negativent­wicklung kommen wird.

Novelle zur Gutachterausschussverordnung – konkrete Vorschläge sind erwünscht

Mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz (ErbStRG) vom 24.12.2008 (BGBl. I S. 3018) wurden zum 01.07.2009 in § 193 Abs. 5 BauGB die Aufgaben des Gutachterausschusses – und damit die Anforderungen an die Arbeit der Gut­achterausschüsses und die Geschäftstel­len – erweitert, außerdem wurde in § 198 BauGB die Bildung oberer Gutach­terausschüsse oder zentraler Geschäfts­stellen vorgeschrieben.

Nach dem Konzept des jetzt zuständi­gen Ministerums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) soll die einzurichtende Zentrale Geschäftsstelle beim Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung angesiedelt wer­den. Die Aufgabe der ZGG wird insbe­sondere darin bestehen, überregionale Auswertungen und Analysen des Grundstücksmarktgeschehens zu erstel­len. Dazu bestehen Überlegungen für eine Qualifizierung der Gutachteraus­schüsse und die dafür zu erfolgende Ver­stärkung der interkommunalen Zusam­menarbeit; auch dies wird Teil der No­velle zur Gutachterausschussverord­nung sein.

Der Gemeindetag hat in den Gesprä­chen mit dem MLR auf der Basis seiner Gremienbeschlüssen gefordert, die Zu­ständigkeit der Gemeinden für die Gut­achterausschüsse nicht zu verändern. Die Einrichtung eines Gutachteraus­schusses und der Geschäftsstelle für den Gutachterausschuss ist derzeit nur auf der

Ebene einer Gemeinde oder einer Verwal­tungsgemeinschaft möglich. Künftig sol­len mehrere Gemeinden einen gemeinsa­men Gutachterausschuss oder unter Bei­behaltung der einzelnen gemeindlichen Gutachterausschüsse eine gemeinsame Geschäftsstelle einrichten können. In welcher Weise diese Kooperationen erfol­gen können, ist noch zu prüfen.

Der Gemeindetag hat diesen grundsätz­lichen Überlegungen zugestimmt; ins­besondere die Beibehaltung der kom­munalen Zuständigkeit ist – wie oben formuliert – klare Forderung des Ge­meindetags, begründet mit den Jahr­zehnte langen Bemühungen gerade des Gemeindetags um eine gesetzliche Er­mächtigung im – bundesrechtlichen – Baugesetzbuch (bzw. schon im Bundes­baugesetz), in der Nachfolge der frühe­ren gemeinderätlichen Schätzung den Städten und Gemeinden eine Werter­mittlungszuständigkeit zu erhalten. Deshalb geht der Gemeindetag von fol­gender derzeitiger Rechtslage aus:

Die Aufgaben der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses sind mit der Zu­ständigkeit für den Gutachterausschuss verbunden bzw. daran gekoppelt. Somit kann die Erledigung allein der Aufga­ben der Geschäftsstelle des Gutachter­ausschusses nicht auf eine andere Ge­meinde übertragen werden. Dies wäre nur denkbar gemeinsam mit der Über­tragung der gesamten Aufgabe des Gut­achterausschusses. Eine denkbare Auf­

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gabenübertragung würde über eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung erfolgen, in der nicht nur die gemeinsa­me Aufgabenerfüllung, sondern auch die Verantwortlichkeit, Kostenvertei­lung usw. zu regeln wären. Das Ministe­rium für Ländlichen Raum und Ver­braucherschutz ist inzwischen dieser Rechtsmeinung beigetreten.

Die Tätigkeit der Geschäftsstelle kann personell durch Mitarbeiter einer ande­ren Gemeinde durchgeführt bzw. erle­digt werden. Es bleibt bei der Zuständig­keit der örtlichen Gemeinde für die Ge­schäftsstelle des Gutachterausschusses. Beispiele für solche derzeit rechtlich mögliche Formen der Zusammenarbeit sind somit die Personalleihe bzw. Perso­nalgestellung. Denkbar ist auch ein Werkvertrag zwischen Gemeinden, in dem die Aufgabenerledigung geregelt wird, ohne dass es zu einer personali­sierten Tätigkeit kommt, also ohne Nennung des die Maßnahme erledigen­den Mitarbeiters der Gemeinde. Die da­mit zusammenhängenden Rechtsfragen sind zu klären und zwar nicht allein we­gen der interkommunalen Zusammen­arbeit bei den Gutachterausschüssen. Es gibt derzeit Überlegungen für eine No­vellierung der Gemeindeordnung und des Gesetzes über kommunale Zusam­menarbeit; es ist denkbar, mit der No­velle neue Gestaltungsformen für die gerade für die Arbeit der Gutachteraus­schüsse notwendige interkommunale Zusammenarbeit zu schaffen.

Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat im Sommer 2012 mit einem Anschreiben an alle Gutachterausschüsse einen Erhebungs­bogen zum Gutachterausschusswesen in Baden­Württemberg verschickt. Dort wurde nach dem Organisationsgrad und der Aufgabenerledigt gefragt. Bestätigt hat das Umfrageergebnis die vom Ge­meindetag angestrebte Notwendigkeit einer Qualifizierung der Arbeit der Ge­schäftsstellen der Gutachterausschüsse. Das wird zur Diskussion um die Größe des Einzugsbereichs der Geschäftsstel­len führen, insbesondere ob die Zahl der im Jahr auszuwertenden Kaufverträge ein maßgebendes Kriterium sein kann bzw. ob auch die Einwohnerzahl den

räumlichen Zuständigkeitsumfang be­stimmen kann. Folge kann dann auch die Reduzierung der Zahl der Geschäfts­stellen im jeweiligen Landkreis sein – darf aber nicht die vom Gemeindetag geforderte kommunale Zuständigkeit für den Gutachterausschuss substanziell

beeinträchtigen. Im Frühjahr 2014 wird der Gemeindetag zusammen mit dem Städtetag dem Ministerium für Ländli­chen Raum und Verbraucherschutz Überlegungen für die Novellierung der Gutachterausschussverordnung unter­breiten.

Notariats­ und Grundbuchamtsreform wird Zug um Zug umgesetzt

Am 21.07.2008 hat der Ministerrat auf Basis einer Vorlage des Justizministeri­ums die Eckpunkte einer umfassenden Neuorganisation des baden­württember­gischen Grundbuchwesens beschlossen. Die Grundbuchführung soll demnach bis zum 01.01.2018 schrittweise auf die Grundbuchabteilungen von landesweit 13 Amtsgerichten übertragen werden. Dies entspricht der im übrigen Bundes­gebiet üblichen Struktur. Im badischen Landesteil waren neben einigen staat­lichen Ämtern bislang hauptsächlich Städte und Gemeinden für die Grund­buchführung zuständig. Sie werden Zug um Zug von dieser Aufgabe entbunden. Durch die vollständige Übertragung der Grundbuchführung auf staatliche Ämter und die Zentralisierung an nur noch 13 Standorten sollen bei den jeweiligen Amtsgerichten moderne, leistungsfähige und technisch optimal ausgerüstete Ein­heiten geschaffen werden.

Die Umsetzung der Reform hat im ba­dischen Landesteil bereits im April 2012 begonnen. Dort wurden an den Amtsgerichten Achern, Emmendingen, Maulbronn, Tauberbischofsheim und Villingen­Schwenningen bereits fünf von insgesamt sechs zentralen Grund­buchämtern eröffnet. Der Standort Mannheim soll 2014 folgen. Im würt­tembergischen Landesteil sollen die insgesamt sieben zentralen Grund­buchämter bei den Amtsgerichten Böb­lingen, Heilbronn, Ravensburg, Schwä­bisch Gmünd, Sigmaringen, Ulm und Waiblingen schrittweise ab 2015 eröff­net werden.

Zwischen Justizministerium sowie Ge­meindetag Baden­Württemberg und Städtetag Baden­Württemberg finden zur Eingliederung kommunaler Grund­

buchämter in die grundbuchführenden Amtsgerichte regelmäßige Dienstbespre­chungen statt, zuletzt am 25.01.2013. Die nächste Besprechung ist für den 24.01.2014 terminiert worden. Dabei werden nicht nur Fragen zum aktuellen Stand der Eingliederungsplanung be­sprochen, sondern auch andere Themen wie z.B. die notwendige Anpassungen der Grundbuchamts­Software FOLIA/EGB. Zur Anpassung an das zweite Kos­tenrechtsmodernisierungsgesetz siehe Gt­info Nr. 137/2013 vom 20.02.2013 und Gt­info Nr. 309/2013 vom 06.05.2013.

Mit Schreiben vom 14.10.2013 hat das Justizministerium den Gemeindetag über den aktuellen Stand der Eingliede­rungsplanung unterrichtet. Danach steht für die im 2. Quartal 2014 zur Übernahme vorgesehenen Grundbuch­ämter das genaue Datum der Eingliede­rung bereits fest. Für die nachfolgenden, für 2014 vorgesehenen Eingliederungen von kommunalen Grundbuchämtern steht immerhin das jeweilige Quartal der Eingliederung fest, für 2015 das Halbjahr. Für die restlichen Eingliede­rungen im badischen Rechtsgebiet er­folgt bereits eine Zuordnung für die Jahre 2016 und 2017.

Bei der geplanten Notariatsreform, ins­besondere bei der Standortkonzeption, hat sich seit der Berichterstattung in BWGZ 1/2013, S. 49, bzw. Gt­info Nr. 1047/2012 vom 20.12.2012 nichts Wesentliches mehr geändert. Näheres dazu ist aus dem Justizportal des Lan­des (http://www.justiz.baden-wuerttem-berg.de – im grau unterlegten Feld auf der linken Seite unter „Themen und Aktuelles“ „Notariatsreform“ anklicken!) zu entnehmen.

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Erschließungsbeitragsrecht

Am 01.10.2005 trat das landesrechtli­che Erschließungsbeitragsrecht in Kraft und beschäftigt zunehmend nun auch die Verwaltungsgerichte im Lande. Mit dem viel beachteten Urteil vom 26.10.2011, 2 S 1294/11 (BWGZ 2012 S. 190) hat der VGH Mannheim den kommunalen Entscheidungsspielraum für die Zusammenfassung mehrerer An­lagen zu einer Abrechnungseinheit her­ausgestellt. Dies hat in der Folge auch das Bundesverwaltungsgericht mit ver­anlasst, seine (erstmals in aller Deutlich­keit im Urteil vom 11.10.1985, 8 C 26.84, BWGZ 1986 S. 32 vorgestellte) strenge Auffassung zur Erschließungs­einheit nach dem BauGB zu lockern (Urteil vom 30.01.2013, 9 C 1.12, KStZ 2013 S. 87). Eine Erschließungseinheit kann danach auch aus einer Hauptstraße und mehreren Stichstraßen bestehen.

Gleichzeitig hat das Gericht auch seine Rechtsprechung zur so genannten Drit­telgrenze, bei deren Überschreiten eine Zusammenfassungspflicht besteht, be­stätigt und konkretisiert. Diese hat inso­

fern bereits auf das landesrechtliche Er­schließungsbeitragsrecht abgefärbt, als auch das VG Sigmaringen in einem Ur­teil vom 27.03.2013, 5 K 3246/12, er­klärt hat, bei einer Differenz der Bei­tragssätze in einem Baugebiet von mehr als einem Drittel sei von einer Pflicht der Gemeinde zur Bildung einer Abrech­nungseinheit auszugehen (Ermessens­reduzierung auf „Null“).

Hätte diese Entscheidung Bestand, so wäre der mit der Einführung der Ab­rechnungseinheit verbundene Zweck, den kommunalen Entscheidungsspiel­raum für Zusammenfassungen zu stär­ken, ins Gegenteil verkehrt, weil dann in vielen Fällen durch eine Zusammen­fassungspflicht das Ermessen auf Null reduzieren würde. Gegen die Entschei­dung des VG Sigmaringen läuft ein Be­rufungsverfahren (2 S 1215/13). Es bleibt zu hoffen, dass der VGH Mann­heim an seiner Rechtsprechung, den kommunalen Entscheidungsspielraum mit der Abrechnungseinheit zu stär­ken, festhält.

Neben der Abrechnungseinheit spielen in der Beratungspraxis der Geschäftsstel­le Baumaßnahmen an „alten“ Straßen, die bis heute nicht endgültig hergestellt worden waren und nun Erschließungs­beiträge auslösen, eine große Rolle. Das jüngste Urteil des Bundesverwaltungsge­richts vom 15.05.2013, C 3.12 (BWGZ 2013 S. 526) erweist sich hierbei in der Praxis eher hilfreich, denn für die Beur­teilung, wann eine Fahrbahn endgültig hergestellt ist, kommt es nur auf den „Blick von oben“, nicht aber darauf an, ob die Tragschicht und die Deckschicht (der Schlussbelags) eine richtlinienge­mäße Mindeststärke aufweisen (oder – noch „tiefer“gehend – der „Unterbau“ frostsicher hergestellt worden ist). Eine Schlüsselrolle kommt somit dem so ge­nannten „Bauprogramm“ zu, das be­schreibt, mit welcher Ausdehnung (Länge, Breite) eine Erschließungsanla­ge, etwa eine Anbaustraße, endgültig hergestellt werden soll und wie die Ver­kehrsfläche in Fahrbahn, Gehweg, Grünstreifen, Parkstreifen usw. aufge­teilt werden soll.

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Lokale kommunale Hotspots – öffentliche WLAN­Netze

Internetfähige Endgeräte (Smartphones, Tablets) können mittels WLAN­Netzen drahtlos in ein lokales Netzwerk einge­bunden werden. Solche WLAN­Netze sind zunehmend üblicher Standard, z.B. für das private heimische Netz, Hotels, Cafés, Büros, Verkaufsstätten, Friseure. Die schnelle Entwicklung der WLAN­Technologie hat dazu geführt, dass die Technik auch außerhalb des Heimnetzes attraktive Anwendungsmöglichkeiten bietet. Vor allem für Städte und Gemein­den gewinnt es als Zugangsnetz für die Bürger und Gäste in der Gemeinde im­mer mehr an Bedeutung. Die WLAN­Technologie verbindet das mobile Inter­net mit der hohen Leistungsfähigkeit und der unbeschränkten Nutzbarkeit einer Festnetzinfrastruktur. Im mobilen Internet sind demgegenüber aufgrund der Ausgestaltung der Mobilfunkverträ­ge und wegen der Vielzahl der Nutzer oftmals die Bandbreiten und das verfüg­bare Datenvolumen begrenzt.

In den letzten Monaten sind Städte und Gemeinden dazu übergegangen, öffent­liche WLAN­Netze im Gemeindegebiet als kommunale Dienstleistung anzubie­ten (flächendeckend im Ortsbereich oder lokal in bestimmten Bereichen). Die Bürger können dann immer und überall auf das Internet zugreifen. WLAN ist ein Standortfaktor nicht nur für Unternehmen, sondern auch als An­gebot im Tourismus immer wichtiger; in Tourismusgemeinden können die Gäste von einem kostenlosten Internetzugang profitieren. Zwei Drittel der Tablet­Inha­ber gehen nach Angaben der BITKOM nur über WLAN ins Netz. WLAN­Hot­spots sind im Gastgewerbe und in der Hotellerie, in Unternehmen und im Freizeit­ und Bildungssektor übliche und notwendige Bestandteile des Dienstleistungsangebots.

Unsere Informationsgesellschaft erwar­tet einen Zugang zum Internet und zwar jederzeit und überall (always online). Bei diesen Erwartungen spielt auch die im Internet übliche „Gratiskultur“ eine Rolle. Die Städte und Gemeinden müs­sen sich um die gesellschaftliche Bedeu­tung des Internets auch mittels der

WLAN­Netze kümmern und vor Ort zu­sammen mit der Wirtschaft (Einzelhan­del, Gastwirte, Hotels, Gewerbetreiben­de) die Initiative ergreifen. Eine Über­nahme dieser Aufgabe durch die örtli­chen Verbände (z.B. Gewerbe­ und Handelsverein) wäre wünschenswert. Es gibt in Baden­Württemberg Unterneh­men, die Kabel­ bzw. Festnetze betrei­ben; die Gemeinden können sie als Part­ner an ihre Seite holen. Die Finanzie­rung eines kostenlosen WLAN­Netzes kann ein privater Investor übernehmen. Die Ausschreibung des Plakatanschlags kann mit dem Aufbau eines WLAN­Net­zes verknüpft werden.

Die technische Seite der „Geschäfts­modelle“ ist unterschiedlich. So erhal­ten beispielsweise die Nutzer wegen der rechtlichen Fallstricke (siehe BWGZ 14/2013, 597 – unverschlüsselte öffent­liche WLAN­Hotspots gelten als Sicher­heitsproblem für die Nutzer) einen Zu­gangscode erst dadurch, dass sie ihre Handynummer oder E­Mail­Adresse an­geben. In Deutschland ist die Registrie­rung der Anwender auch bei vielen Ho­tels und Cafés der Regelfall. Daneben gibt es eine zeitliche Begrenzung von morgen bis spätabends; in anderen Zei­ten ist dann zu bezahlen – oder die Nutz­erzeit ist eine halbe Stunde oder auf eine oder zwei Stunden begrenzt. Die Kosten für die öffentliche Investition sind über­schaubar; das gilt auch für die monat­lich anfallenden Kosten (eine Kostentei­lung zwischen Gastwirten, Einzelhandel und Gemeinde ist ein Modell).

Erst in zweiter Linie kann es unter Be­rücksichtigung der kommunalen Finan­zen und der kommunalpolitischen Be­deutung zu einer neuen Aufgabe der Gemeinde kommen. Kommunale Mo­dellprojekte gibt es in Baden­Württem­berg: Heidenheim, Aalen, Heubach, Pforzheim (ohne Anspruch auf Vollstän­digkeit). Kabel Deutschland hat für 70 bayerische Städte die Einrichtung von 300 WLAN­Hotspots angekündigt (Nut­zer können 30 Minuten pro Tag kosten­los surfen). Nach der Übernahme von Kabel Deutschland durch vodafone sol­len vodafone­Kunden kostenlos in

WLAN­Netz von Kabel Deutschland ge­hen können (zunächst in Berlin und Potsdam angekündigt). Seit 13.09.2013 bietet die Telekom in der Innenstadt von Hamburg eine – für eine Stunde kos­tenlose – WLAN­Nutzung an. Die Tele­kom plant WLAN­Netze in Fußballstadi­en. In München wird Riesen­WLAN­Hotspot auf der Theresienwiese disku­tiert. Die Telekom bietet auf größeren Bahnhöfen ein auf 30 Minuten limitier­tes – über eine Anmeldung zugängliches – kostenloses WLAN­Netz an.

In Berlin hat das das britische Unterneh­men The Cloud Networks das City WiFi „Berlin wireless“ auf rund 260 Hotspots ausgeweitet; die Nutzung ist nach einer Registrierung 30 Minuten kostenlos. Ka­bel Deutschland als einer der großen Anbieter hat Anfang Dezember 2012 WLAN­Hotspots in Mainz verfügbar ge­schaltet. Seit Mitte Januar 2014 kann man in Bonn auf Grund eines Koopera­tionsprojekts mit der Stadt Bonn 30 Mi­nuten über 150 eingerichtete Telekom­Hotspots kostenlos surfen. Unitymedia KabelBW hat nach einem eigenen Bericht von Anfang Dezember 2013 kostenloses WLAN in der SAP Are­na Mannheim eingerichtet. Der Gemein­detag hat bereits im August 2013 Kabel BW aufgefordert, in Kooperation mit den Städten und Gemeinden WLAN­Hotspots aufzubauen und hat diese For­derung aktuell erneut aufgegriffen. Es gibt in Deutschland nach Feststellun­gen in Fachkreisen rund 1.600 Hotspots, davon ca. 1.000 als Indoor­Hotspots. In mehr als 100 Bahnhöfen bestehen kos­tenlose Hotspots.

Auf Bundesebene ist als Ergebnis der Ko­alitionsverhandlungen eine Abschaf­fung der Störerhaftung beim WLAN zu erwarten.

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EU­Beihilferecht bindet die Gemeinden beim Ausbau der Breitband­Infrastruktur

Die EU hat die seit 2009 bestehenden Breitband­Leitlinien überarbeitet und Ende Januar 2013 im Amtsblatt der EU bekannt gemacht. Es sind EU­rechtliche Beihilfevorschriften und sie gelten nicht nur bei der Inanspruchnahme von För­dermitteln des Landes für den Ausbau der kommunalen Breitband­Infrastruk­tur, sondern auch dann, wenn die Ge­meinden allein mit eigenen Haushalts­mitteln eine Breitband­Infrastruktur aufbauen. Unter „staatlichen Beihilfen“ oder „staatlicher Förderung“ oder „Bei­hilfebetrag“ oder „Bewilligungsbehör­den“ ist nicht nur eine finanzielle Un­terstützungen aufgrund der Breitband­Initiative II des Landes, sondern sind eben auch die Gemeinden beim Einsatz kommunaler Haushaltsmittel zu verste­hen, wenn die Kommunen den Ausbau der Breitbandinfrastruktur fördern. Die Breitband­Leitlinien 2013 enthalten an vielen Stellen allseits bekannte Inhalte; deren aktuelle Bedeutung erschließt sich oft erst nach einem Blick in die Fußnoten.

Die Investitionskosten für eine leistungs­fähige Breitband­Infrastruktur sind im­mens. Für die Bundesrepublik werden je nach Ansatz der jeweiligen Studie 20, 70

oder über 90 Mrd. Euro für einen glasfa­serbasierten Breitbandausbau genannt. Auf Bundesebene sollten eigentlich nach dem Entwurf der Vereinbarung zwischen den Koalitionären 1 Mrd. Fördermittel in verschiedensten Auszahlungsformen (auch Bürgschaft, KfW­Mittel) zur Verfü­gung gestellt werden (Eingang in die Endfassung des Koalitionsvertrags fand dies leider nicht). Veränderungen sind auch für den Beihilfebereich mit der Zu­ordnung der Breitband­Infrastruktur zur Daseinsvorsorge vorgesehen.

Die Kommission weist darauf hin, dass die Breitbandleitlinien 2013 (wie bereits die aus dem Jahre 2009) die Grundsätze zusammenfassen, nach denen die Kom­mission die EU­Beihilfevorschriften bei Maßnahmen anwendet, die dem allge­meinen Ausbau von Breitbandnetzen für die Breitbandgrundversorgung sowie von NGA­Netzen dienen. Damit ent­steht Rechtssicherheit und Transparenz bei denjenigen, die Beihilfemaßnahmen durchführen. Vier Kriterien prägen den Begriff der Beihilfe: Einsatz staatlicher Mittel, wirtschaftlicher Vorteil für Unter­nehmen, der Vorteil für das Unterneh­men ist selektiv, eine Verfälschung des Wettbewerbs tritt ein oder droht einzu­treten ebenso eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten.

Bei der Beurteilung staatlicher Beihilfen wird unterschieden zwischen folgenden Arten von Breitbandnetzen: Netzen der Grundversorgung, NGA­Netzen und ul­traschnellen Breitbandnetzen. Wäh­rend Netze der Grundversorgung u.a. ADSL­Netze, herkömmliche Kabelnetze (wie DOCSIS 2.0), Mobilfunknetze der dritten Generation (UMTS) sowie satel­litengestützte Systeme sind, bestehen NGA­Netze vollständig oder teilweise aus optischen Bauelementen mit höhe­rer Leistung als bestehende Netze der Breitbandgrundversorgung. Nach der „Farbenlehre“ der Kommission gibt es weiße, graue und schwarze Flecken bei der Breitbandgrundversorgung. Bei wei­ßen Flecken ist eine Breitband­Infra­struktur nicht zu erwarten, in grauen Flecken gibt es bereits einen Anbieter und in schwarzen Flecken mindestens

zwei Anbieter. Vergleichbar gibt es wei­ße, graue und schwarze NGA­Flecken. Ein Handeln der Gemeinden ist in wei­ßen Flecken ohne weiteres möglich, in grauen Flecken nur eingeschränkt und in schwarzen Flecken ausgeschlossen.

Bei der Ausgestaltung der Maßnahmen haben die Gemeinden folgende Grund­sätze zu beachten: detaillierte Breit­bandkarte und Analyse der Breitbandab­deckung, öffentliche Konsultation, wettbewerbliches Auswahlverfahren, wirtschaftlich günstigstes Angebot, Technologieneutralität, Nutzung beste­hender Infrastruktur, offener Zugang auf Vorleistungsebene, Vorleistungs­preise, Überwachung und Rückforde­rungsmechanismus sowie Transparenz.

Die bestehenden Richtlinien des Bundes werden derzeit überprüft. Das Ministeri­um für Ländlichen Raum und Verbrau­cherschutz entwickelt inzwischen die Förderrichtlinien Baden­Württemberg, also die Breitbandinitiative II, weiter und berücksichtigt dabei die neuen Breitbandrichtlinien der EU.

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Bilanz und Perspektiven BWGZ 1 | 2014

Erhaltung der Dorfgasthäuser: Rathaus trifft Wirtshaus – miteinander sprechen statt übereinander reden

Dorfgaststätten sind für die Attraktivität einer Gemeinde sowie den Zusammen­halt und das Wir­Gefühl der Bürger wichtig. Die fehlende Dorfgaststätte ist eine Herausforderung für die Gemein­den, vor allem, aber nicht nur im länd­lichen Raum. Damit die örtliche Ge­meinschaft ein lebens­ und liebenswer­ter Wohnort für Bürgerinnen und Bür­ger bleibt, kämpfen die Gemeinden nicht nur um die Erhaltung ihres Schul­standortes, um die Sicherung der ärztli­chen Versorgung oder des örtlichen Ein­zelhandels.

Für die Erhaltung der Dorfgasthäuser haben der Deutsche Hotel­ und Gast­stättenverband (DEHOGA) Baden­Württemberg und der Gemeindetag seit März 2013 eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Rathaus trifft Wirtshaus: ein regional kulinarischer Dialog zu den Perspektiven der Gastronomie im länd­lichen Raum“ durchgeführt. So wie die gewählten politische Vertreter oft mei­nen, sie wüssten, was Gastronomen tun

sollen, damit deren Wirtshaus erfolg­reich läuft, so sind die Gastwirte ebenso überzeugt, dass sie genau wissen, was ihr Bürgermeister tun müsste, um sie dabei zu unterstützen.

Bei den Veranstaltungen hat sich bestä­tigt, dass die Bürgermeister mit den Gastwirten reden müssen wie auch die Gastwirte auf die Gemeinden zugehen müssen. Beide Seiten müssen miteinan­der reden, damit die Dorfgasthäuser ei­ne Perspektive erhalten. Die Diskussi­onsthemen waren breit gestreut; in Ge­meinden mit Tourismus gibt es andere Berührungspunkte als in rein ländli­chen Gebieten. Gemeinsam ist aber das Bemühen der Gemeinden, bei Veran­staltungen in kommunalen Räumen den regionalen Produkten eine klare Präferenz zu geben.

Die Fakten zu Situation der Dorfgast­häuser zeigen die große Fluktuation in der Gastronomiebranche; bei 25 Pro­zent der Betriebe wechselt Jahr für Jahr

der Betreiber. Gründe sind die sich in den vergangenen Jahrzehnten verän­derte Lebens­ und Arbeitswelt auf dem Lande, die veränderten Gästeerwartun­gen, nicht zu vergessen der Preisverfall, wenn es ein Überangebot an Gastrono­mieobjekten gibt. Der erhebliche Fach­kräftemangel in der Gastronomie tut das Seine dazu.

Die Gastwirte berichteten auf den Ver­anstaltungen teilweise sehr emotional über ihre Enttäuschungen vor Ort. Gleichzeitig betonen sie, dass der Gast­wirt im Dorf integriert sein muss, bei kommunalen Veranstaltungen muss er dabei sein und sich einbringen. Weitere Stichworte waren die in den vergange­nen Jahrzehnten gebauten Dorfhäuser, die den Vereinen für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt werden. Forde­rungen der Behörden würden die Arbeit der Wirte erschweren und seien mit er­heblicher Bürokratie verbunden.

Klar wurde aber in der Diskussion bei den Veranstaltungen: So sehr sich die Nöte und Herausforderungen der Gast­wirte ähneln, ein Patentrezept für ein erfolgreiches Dorfgasthaus gibt es nicht. Nur der Dialog vor Ort kann Wege auf­zeigen, wie ein Gastwirt sein Wirtshaus zu einem attraktiven Ziel für die einhei­mischen Bürgerinnen und Bürger sowie für Touristen machen kann.

Die beiden Präsidenten, Roger Kehle, Gemeindetag, und Peter Schmid, DE­HOGA, zeigten sich in ihrem Resümee der bisherigen Veranstaltungen „Rat­haus trifft Wirtshaus“ zufrieden und zuversichtlich, den richtigen Weg zur Rettung der Dorfgasthäuser eingeschla­gen zu haben. Die Wirte wurden aufge­fordert, zum Bürgermeister in die Rat­häuser zu gehen und die Bürgermeister wurden aufgefordert, zu den Wirten in den Gasthäusern zu gehen.

Die Veranstaltungsreihe wird noch bis in das Frühjahr 2014 gehen; ein Zwi­schenergebnis soll möglichst bald ge­meinsam mit dem Hotel­ und Gaststät­tenverband erarbeitet werden.

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Ärztliche Versorgung

Am 01.01.2012 ist das Versorgungs­strukturgesetz GKV­VStG in Kraft getre­ten. Aus Sicht des Gemeindetags ist das neue Versorgungsstrukturgesetz „ein Schritt in die richtige Richtung“. Ele­mente im Gesetz – wie Flexibilisierung der Bedarfsplanung, Beteiligungsrechte der Länder, Berücksichtigung sektoren­übergreifender Ansätze, Umverteilung von Arztsitzen, Sonderbedarfszulas­sung, neue Kooperationsformen, mobi­le Versorgungskonzepte, Eigeneinrich­tungen der kassenärztlichen Vereini­gungen, nichtärztliche Praxisassistenz und veränderte Honorierung – gilt es künftig für eine Sicherung der ärztli­chen Versorgung im ländlichen Raum zu nutzen.

Auf die Städte und Gemeinden kommt dabei die Aufgabe zu, mit vor Ort erar­beiteten gemeindespezifischen Konzep­ten die Gesundheitsversorgung unter Einbeziehung der Bürgerschaft langfris­tig auf Prävention und Gesundheitsför­derung und kurzfristig auf die Sicherung und Entwicklung der Versorgungsstruk­turen auszurichten.

An der Erarbeitung des Gesamtkonzepts müssen dabei alle örtlichen Akteure im Gesundheitsbereich wie Hausärzte, Fachärzte, Apotheken, Therapeuten und soziale Dienstleister über eine örtli­che Bestandsaufnahme, Runde Tische und Gesundheitskonferenzen beteiligt werden.

Ambulante Pflege, Sozialstationen

Die Versorgung einer stetig wachsenden Anzahl von pflegebedürftigen Men­schen stellt eine große Herausforderung dar, die sich durch die Auswirkungen des demografischen Wandels in den nächsten Jahren noch verstärken wird. So hat sich die Anzahl der durch ambu­lante Pflegedienste versorgten pflegebe­dürftigen Menschen in Baden­Würt­temberg allein im Zeitraum 2009 bis 2011 um 16,5 Prozent auf zirka 190.000 Personen erhöht.

Ein bedarfsgerechtes und qualitativ hochwertiges Angebot ambulanter Pflegeleistungen ist für die Versorgung der betroffenen Menschen unverzicht­bar, vor allem, um ihnen so lange wie möglich einen Aufenthalt in ihrer an­gestammten Wohnumgebung in der Gemeinde zu ermöglichen. Die ge­meinnützigen Träger, insbesondere Caritas und Diakonie, decken derzeit einen Versorgungsanteil von insge­samt 72 Prozent ab. Aufgrund der ak­tuellen Entwicklungen bei der Finan­zierung der ambulanten Krankenpfle­ge besteht die Sorge, dass sich die flä­chendeckende, ambulante pflegerische Versorgung auf Dauer insbesondere im ländlichen Raum so nicht aufrechter­halten lässt.

Hintergrund dieser Sorge ist die ange­spannte wirtschaftliche Situation der gemeinnützigen ambulanten Pflege­dienste sowie der Sozial­ und Diako­niestationen. Die wirtschaftlichen Prob­leme beruhen auch auf dem Auseinan­derdriften von zugebilligten Vergü­tungserhöhungen und den tariflichen und sonstigen Kostensteigerungen.

Bei einem vom Gemeindetag initiierten „Runden Tisch“ mit Vertretern der Trä­gerverbände, der Krankenkassen und des Sozialministeriums wurde verein­bart, dass das Sozialministerium sich einem Interessenausgleich zwischen den Trägern und den Krankenkassen verstärkt annehmen wird. Damit soll der nachhaltige Betrieb von Sozialstati­onen in allen Regionen des Landes ge­währleistet werden.

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Bilanz und Perspektiven BWGZ 1 | 2014

Keine Grabsteine aus ausbeuterischer Kinderarbeit

Durch eine Änderung des § 15 BestattG werden die Gemeinden ermächtigt, in ihren Friedhofsordnungen festzulegen, dass nur Grabsteine und Grabeinfassun­gen verwendet werden dürfen, die nach­weislich aus fairem Handel stammen und ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der Konvention 182 der Inter­nationalen Arbeitsorganisation (ILO) hergestellt sind. Damit hat der Landtag als eines der ersten Landesparlamente eine eindeutige Rechtsgrundlage für entsprechende Festlegungen in kommu­nalen Friedhofssatzungen geschaffen.

Wie die Rechtsprechung des Bundesver­waltungsgerichts inzwischen zeigt (es verlangt für ein solches Verbot eine aus­drückliche Ermächtigung), war dies vo­rausschauend richtig. Die Anforderun­gen an den Nachweis sind in der Fried­hofssatzung festzulegen. Über die Rechtsänderung wurde bereits in BWGZ 14/2012 S. 542 berichtet. Das Muster für eine Friedhofssatzung aus dem Jahr 2010 wurde inzwischen geändert. Da­mit sind zwei Regelungen in die Fried­hofssatzung aufgenommen worden: kein Grabmale aus ausbeuterischer Kin­derarbeit und Führung des Nachweises über die Herkunft bzw. die Herstellung der Grabmale.

Der Deutsche Naturwerkstein­Verband schätzt, dass 40 bis 50 Prozent der ange­botenen Grabsteine aus Indien stam­men. Genauere Angaben seien nicht möglich, denn der Weg der Steine sei oft schwer nachvollziehbar. So würden Na­tursteinprodukte „made in China“ oder „made in Italy“ in diesen Ländern häu­fig nur weiterverarbeitet, das Gestein selbst aber stamme aus indischen Stein­brüchen. China exportiere insbesondere Pflastersteine, Bordsteine und Schotter; Indien sei zu einem bedeutenden Liefe­ranten von Grabsteinen avanciert.

Die Innung der Steinmetz­ und Stein­bildhauerhandwerker hat in ihrer Stel­lungnahme zur Änderung des Bestat­tungsgesetzes (Schreiben 31.05.2012 an das Sozialministerium Baden­Württem­berg) erklärt, sie seien sich darüber einig: „Wir lehnen Kinderarbeit in jeglicher Form ab und sehen eine Verpflichtung, im Rahmen unserer Möglichkeiten da­für zu sorgen, dass keine Grabmale von Kinderhand entstehen.“ Der Berufstand der Steinmetze sehe sogar eine Chance darin, dass durch diese Regelungen möglicherweise „schwarze Schafe“ au­ßerhalb der Verbandsorganisation vom Markt verschwinden bzw. zu einem Um­denken im Umgang mit solchem Mate­

rial animiert werden. Eine in diesem Zusammenhang oft angesprochene Kos­tensteigerung für Grabsteine sehe man aus diesen vorgenannten Gründen nicht. Jedoch sollte bedacht und gere­gelt werden, dass der bürokratische Auf­wand für die erforderlichen Nachweise so gering wie möglich gehalten werde. Denn eine weitere Steigerung des büro­kratischen Aufwands könnte durchaus zu einer Erhöhung der Kosten für den Auftraggeber eines Grabsteines führen.

Entsprechend der Ermächtigung im Be­stattungsgesetz wurde in das Muster für eine Friedhofssatzung (Muster 2010) die Formulierung aufgenommen, wonach nur Grabsteine und Grabeinfassungen verwendet werden dürfen, die nachweis­lich aus fairem Handel stammen und oh­ne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der Konvention 182 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hergestellt sind; der Nachweis ist durch ein Siegel einer unabhängigen Zertifizierungsstelle oder in anderer geeigneter Weise zu erbringen.

Die Friedhofssatzung muss bestimmen, dass der Nachweis Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit der aufzustel­lenden Grabsteine ist. Benutzer des Friedhofs sind die Verfügungsberechtig­ten (Reihengräber) und die Nutzungsbe­rechtigten (Wahlgräber). Die für die Hin­terbliebenen tätigen Gewerbetreiben­den (also in diesem Zusammenhang die Steinmetze) bedürfen für ihre gewerbli­che Betätigung auf dem Gemeindefried­hof einer Zulassung durch die Gemeinde nach den Regeln der örtlichen Fried­hofssatzung (siehe insoweit § 4 des Mus­ters für eine Friedhofssatzung).

Das Muster für eine Friedhofssatzung regelt seit langem, dass die Aufstellung von Grabmalen und sonstiger Grabaus­stattung genehmigungspflichtig ist (§ 17 Abs. 1 und 3 „Genehmigungserforder­nis“). Den Antrag auf Genehmigung ha­ben die Hinterbliebenen zu stellen (Ver­fügungsberechtigte und Nutzungsbe­rechtigte). Somit haben die Hinter­bliebenen im Verfahren für die Genehmigung der Aufstellung des Grab­mals den genannten Nachweis beizu­

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bringen. Die Hinterbliebenen sind so­mit aufzufordern, bei dem von ihnen zivilrechtlich durch Werkvertrag beauf­tragen Steinmetz die notwendigen Nachweise anzufordern und dem Ge­nehmigungsantrag beizufügen. Eigener­klärungen genügen diesen Anforderun­gen nicht. Geeignet sind Bestätigungen der bestehenden Zertifizierungsstellen. Soweit die Gemeinden Antragsformulare verwenden, können diese um entspre­chende Anforderungen zur Vorlage der Nachweise ergänzt werden.

Soweit Gemeinden in ihre Friedhofssat­zung keine Genehmigungspflicht für das Aufstellen von Grabmalen aufge­nommen haben, sollten sie sich überle­gen, aus Anlass der Einführung des Ver­bots von Grabsteinen aus ausbeuteri­scher Kinderarbeit und des dafür not­wendigen Nachweises entweder die Genehmigungspflicht für das Aufstellen von Grabmalen oder ein eigenständiges Nachweisverfahren einzuführen.

Zertifizierungen und Siegel werden von einer ganzen Reihe von Institutionen und Organisationen ausgestellt. Diese Organisationen verpflichten sich, unan­gekündigte Kontrollen und zwar zu je­der Zeit mit besonderen dafür aufgestell­ten Kontrollteams durchzuführen. Eine Beschränkung auf einen oder bestimmte Zertifizierer ist aus Wettbewerbsgründen nicht zulässig. Auch andere als die in der öffentlichen Diskussion regelmäßig ge­nannten Zertifizierer sind zuzulassen. Eine Bewertung dieser weiteren Zertifi­kate sollte dann der Steinmetz gegen­über der Gemeinde beibringen.

Über die Änderung der Friedhofssatzung wurde in BWGZ 7/2013, S. 244 berich­tet. Das Bundesverwaltungsgericht hat inzwischen die Notwendigkeit einer ge­setzlichen Grundlage für eine Verbot für Grabsteine aus ausbeuterischer Kinder­arbeit bestätigt (siehe Gt­INFO 825/2013 vom 05.11.2013 mit dem Bericht über das Urteil des Bundesverwaltungsge­richts vom 16.10.2013 – 8 CN 1.12); mit der Änderung des Bestattungsgesetzes und der Änderung des Musters für eine kommunale Friedhofssatzung haben nun die Gemeinden eine sichere Rechts­grundlage für das genannte Verbot.

Novelle zum Bestattungsgesetz

In einem interfraktionellen Papier geht es um die Novellierung des Bestattungsge­setzes. Grundlage ist dabei die Überle­gung, dass der ausdrücklich verfügte oder der mutmaßliche Wille des Verstorbenen hinsichtlich Ort und Art und Weise seiner Bestattung maßgebend ist. So könne die Sargpflicht für Erdbestattungen aufgeho­ben werden. Hintergrund sind die Bestat­tungsriten der Muslime und Juden. Ein Religionsnachweis scheint aber nicht ge­fordert zu werden. Der Transport zur Grabstätte soll weiterhin im Sarg erfolgen. Die Friedhofspflicht für Urnen soll beibe­halten werden; es sollen aber reine Ur­nenfriedhöfe eingerichtet werden kön­nen unter der Trägerschaft der Gemein­den und Kirchen. Eine Aushändigung von Urnen an Angehörige soll nicht in Frage kommen. Auf eine zeitliche Vorga­be für den frühesten Bestattungszeitpunkt soll verzichtet werden (derzeit 48 Stun­den, § 36 Abs. 1 BestattG).

Somit wäre künftig eine Bestattung nach der erfolgten ärztlichen Leichenschau denkbar. Dabei entstehen organisatori­sche Fragen bei den Standesämtern und den kommunalen Friedhofsverwaltun­gen. Im Zusammenhang mit der Bestat­tung von Muslimen wird auf das so ge­nannte ewige Ruherecht hingewiesen. Der muslimische und jüdische Glauben kennt die „ewige Ruhe“. Nach dem Bestat­tungsgesetz Baden­Württemberg gibt es die Mindestruhezeit von 15 Jahre, die aus Pietätsgründen auch für Urnen gilt (§ 6 Abs. 1 Satz 3 BestattG). Die Gemeinden legen in der Friedhofssatzung die Ruhezeit fest; sie dient der Sicherstellung der Verwe­sung und wird im Benehmen mit dem Gesundheitsamt geregelt (§ 6 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BestattG). Entsprechend dem jahrzehntelangen System kann an Grab­stätten ein so genanntes öffentlich­recht­liches Nutzungsrecht durch die Gemeinde verliehen werden (Wahlgrab); dies ist re­gelmäßig länger als die Ruhezeit. Das Nut­zungsrecht kann gegen eine Gebühr ver­längert bzw. neu verliehen werden.

Mitte Dezember 2013 wurde nun berich­tet, dass die Eckpunkte der Novelle von allen Fraktionen im Landtag getragen wird. Am ausführlichsten wurde über

die Aufhebung der Sargpflicht diskutiert. Damit können Muslime im Leinentuch beerdigt werden. Die Religionszugehö­rigkeit dürfte aber keine Rolle spielen; ein Religionsnachweis wird entgegen früheren Überlegungen nicht gefordert werden. Maßgeblich soll der verfügte oder der mutmaßliche Wille des Verstor­benen sein. Derzeit ist die Überführung der Toten in die Heimatländer die Regel.

Die Geschäftsstelle des Gemeindetags hat aufgrund der Beratungspraxis für seine Mitglieder einige Vorschläge für die No­velle des Bestattungsgesetzes erarbeitet. Diese beziehen sich auf das Rechtsverhält­nis an Urnen nach Ablauf der Ruhezeit/Nutzungszeit. Es bedarf der Klarstellung, dass danach kein – öffentlich­rechtlicher – Herausgabeanspruch der Hinterbliebe­nen gegenüber der Gemeinde besteht. Dies ist begründet mit einem pietätvollen Umgang mit Urnen (wie mit Leichen, sie­he für Leichen § 6 Abs. 3 BestattG: „Nach Ablauf der Ruhezeit aufgefundene Gebei­ne (Überreste von Leichen) sind in geeig­neter Weise innerhalb des Friedhofs zu bestatten.“). Ein weiterer Gesichtspunkt sind die Erfahrungen der Gemeinden, wonach die Hinterbliebenen immer we­niger bereit sind, die Grabstellen zu pfle­gen. Hier wäre eine Regelung hilfreich, wonach eine Rechtsnachfolge beim Nut­zungsrecht auch ohne Zustimmung der Hinterbliebenen eintritt (eine vergleich­bare Verpflichtung besteht für die Ange­hörigen im Sinne des § 21 BestattG für die Gebührenschuldnerschaft bei der Benut­zung der Friedhofseinrichtungen).

Mit der Novelle soll erreicht werden, dass verstorbene Muslime vermehrt in Baden­Württemberg bestattet werden. Das wird finanzielle Folgen auch für die Städte und Gemeinden nach sich ziehen. Nicht thematisiert wurde in dem Eckpunktepa­pier der Grundsatz der „unberührten Er­de“. Das kann auf den kommunalen Friedhöfen schwierig werden, da auf den Friedhöfen praktisch alle Flächen „be­legt“ sind (waren), nicht belegte Flächen also kaum mehr zu finden sind.

Mit der Änderung des Bestattungsgeset­zes ist 2014 zu rechnen.

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Vereinbarung über die Schadensregulierung im Feuerwehrfahrzeugbeschaffungskartell steht

Im Februar 2011 hat das Bundeskartell­amt über sein Kartellverfahren gegen bekannte Lieferanten von Feuerwehr­fahrzeugen (ab 7,5 Tonnen zul. Ge­samtgewicht) berichtet. Die Kartellan­ten hatten sich danach von Oktober 1998 bis Mai 2009 zu einem wettbe­werbswidrigen Kartell zusammenge­schlossen. Bußgelder in Höhe von 50,5 Millionen Euro wurden vom Bundes­kartellamt verhängt (das Verfahren ge­gen Iveco ist noch nicht rechtskräftig).

Im Mai 2013 haben die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene un­ter der Federführung des Deutschen Städte­ und Gemeindebunds mit vier an dem Feuerwehrbeschaffungskartell beteiligten Unternehmen eine außer­gerichtliche Schadensregulierung ver­einbart. Die kommunalen Spitzenver­bände sind bei ihren Verhandlungen davon ausgegangen, dass lange Ge­richtsverfahren vermieden werden können und gerichtliche Verfahren von jeder Gemeinde einzeln anzustren­gen wären. Außerdem sei mit einer lan­gen Laufzeit zu rechnen und der Aus­gang eines Gerichtsverfahrens sei we­gen des schwierigen Schadensnachwei­ses ungewiss und für die Gemeinden mit unkalkulierbaren Kosten verbun­den (über den aktuellen für die Ge­meinde P. positiven Schadensersatz­prozess mit dem Urteil des OLG Karls­ruhe wird an anderer Stelle berichtet).

Im November 2011 haben sich die kom­munalen Spitzenverbände darauf ver­ständigt, dass die Fahrzeuglieferanten über ein Gutachten zu klären haben, ob den Gemeinden durch das Feuerwehr­beschaffungskartell ein finanzieller Schaden und ggf. in welcher Höhe ent­standen ist. Der Gutachter Prof. Dr. La­demann erhob daraufhin bei den Unter­nehmen und bei den Gemeinden Da­ten, um zu einer möglichst vollständi­gen Marktübersicht zu kommen. Anfang 2012 wurde eine online­gestützte Da­tenerhebung durchgeführt, mittels de­rer Preise sowie weitere Informationen zu den im Zeitraum von 2000 bis 2011 beschafften Löschfahrzeugen erfasst wurden. 1.800 auswertbare Beschaf­

fungsvorgänge mit 5.000 Angeboten wurden erhoben. Das Gutachten zeigte Hinweise auf kartellbedingte Preiseffek­te für den Zeitraum von Anfang 2000 bis 23.06.2004; nach diesem Zeitpunkt konnte dies nicht mehr nachgewiesen werden.

An dem Ergebnis des Gutachtens war bemerkenswert, dass die festgestellten und geschätzten Preisüberhöhungen weit unter 10 Prozent lagen, obwohl in anderen Kartellverfahren von Preisüber­höhungen von annähernd 30 Prozent die Rede war.

Zu den Eckpunkten der Schadensregu­lierung gehörte, dass alle Gemeinden, die bei den Kartellanten beschafft hat­ten, einen Schadensersatz erhalten, also auch für Beschaffungen bei dem nicht kooperierenden bzw. inzwischen insol­venten Lieferanten Ziegler. Der Aus­gleich der geschätzten Preisüberhöhun­gen sollte sich nach der Höhe der durch­schnittlichen Herstellermarktanteile während der fraglichen und die Preiser­höhungen herbeigeführten Vertriebslei­terphase richten.

Der gebildete Regulierungsfonds um­fasst aufgrund der geschätzten kartellbe­dingten Preisüberhöhungen 6,738 Milli­onen Euro. Dies führt zu einem durch­schnittlichen Kompensationsbetrag je Fahrzeug von zirka 2.000 Euro.

Eine besondere weitere Rolle spielte seit Bekanntwerden des Kartellverfahrens die Zuverlässigkeit in künftigen Verga­beverfahren und die Zertifizierung der Bieterzuverlässigkeit. Der Gemeindetag hat bereits seit langem und nun aus An­lass des Kartellverfahrens seine Mitglie­der auf die Anwendung der Formulare des kommunalen Vergabehandbuchs VOL hingewiesen, das zu rechtssicheren Vergabeverfahren führt; es basiert auf dem entsprechenden Vergabehandbuch des Bundes.

Von den Kartellanten verlangten die kommunalen Spitzenverbände eine „Selbstreinigung“ als Teil der Mitwir­kung bei der Schadensaufklärung. Die Kartellanten haben daraufhin zur Wie­derherstellung der Zuverlässigkeit (Eig­nung) personelle „Selbstreinigungs­maßnahmen“ durchgeführt.

Die ZertBau GmbH prüft die Unterneh­men insbesondere hinsichtlich der von diesen einzuhaltenden Anforderungen an personell­organisatorische Struktu­ren sowie hinsichtlich eines regelkon­formen Verhaltens (Compliance). Dazu gehört auch eine „Bietererklärung zur Zusicherung der Zuverlässigkeit bezie­hungsweise zur Wiederherstellung der Zuverlässigkeit“ („Checkliste zur Selbstreinigung“), die den Gemeinden für künftige Vergabeverfahren zur Ver­fügung gestellt wurde.

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Die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene haben den Städten und Ge­meinden die Teilnahme am außergericht­lichen Schadensausgleich empfohlen. Die Gemeinden haben aber zu beachten, dass die Regulierung nur den Zeitraum bis Juni 2004 umfasst, somit keine späteren Beschaffungen. Da inzwischen das OLG Karlsruhe in der zweiten Instanz (nach der bereits für die Gemeinde positiven ersten Instanz Landgericht Mannheim) der nordbadischen Gemeinde P. einen Schadensersatzanspruch zugebilligt hat (es ist inzwischen rechtskräftig), standen die Gemeinden vor der schwierigen Ent­scheidung: Regulierung (verbundenen mit dem Verzicht auf alle Ansprüche auch außerhalb des Regulierungszeitraums) oder Chance auf Schadensersatz über ein gerichtliches Verfahren.

Nach der im Mai 2013 bekannt gemach­ten Vereinbarung zur Schadensregulie­rung hatten die Gemeinden ihre An­sprüche bis zum 16.08.2013 geltend zu machen. Bis zu diesem Zeitpunkt sind jedoch nur rund 50 Prozent der Ge­meinden dem Aufruf auf Beteiligung gefolgt. In Absprache mit den Kartellan­ten wurde die Frist bis Ende September 2013 verlängert. Obwohl auch bis zu diesem Zeitpunkt die erforderliche Quo­te nicht erreicht wurde, kommt es nun zur Schadensregulierung und zur Aus­zahlung der Zahlungsbeträge.

Inzwischen steht auch eine außerge­richtliche Einigung zum Drehleiterkar-tell an. Auch hier werden die Gemein­den – wie beim Feuerwehrfahrzeugkar­tell geschehen – prüfen müssen, wie sie das Verhältnis zwischen Regulierungs­verfahren und pauschalen Schadenser­satzansprüchen bewerten.

Über die Entwicklung seit Februar 2011 bis zur Vereinbarung der Schadensregu­lierung und der Fristsetzung und deren Verlängerung hat die Geschäftsstelle laufend berichtet.

Der Gemeindetag hat im Juni 2013 in Neuhausen a.d.F. in Zusammenarbeit mit dem Büro Lademann und der An­waltskanzlei iuscomm eine Informati­onsveranstaltung durchgeführt (siehe Bildbericht in BWGZ 21/2013, S. 991).

OLG Karlsruhe bestätigt pauschalen Schadensersatzanspruch einer Gemeinde gegen den Lieferanten eines Feuerwehrfahrzeugs

Die nordbadische Gemeinde P. hatte ge­gen die Firma Schlingmann Schadenser­satzansprüche aufgrund des Beschaf­fungsvertrags auf der Basis der Formula­re des Kommunalen Vergabehandbuchs – VOL – geltend gemacht. Nach dem Formular hat die Gemeinde bei nach­weislichen wettbewerbswidrigen Ab­sprachen einen pauschalen Schadenser­satzanspruch in Höhe von 15 Prozent der Auftragssumme, sofern nicht der Auftragnehmer einen niedrigeren Scha­den nachweisen kann. Der Gemeinde­tag hat in Vorgesprächen zu diesem Ver­fahren der betreffenden Gemeinde ihre „starke Position“ bestätigt. Der Gemein­detag hat seinen Mitgliedern immer wieder die Anwendung des Vergabe­handbuchs empfohlen, um eine rechts­sichere Vergabe zu gewährleisten.

Mit Urteil vom 04.05.2012 – 7 O 436/11 Kart – hat das LG Mannheim den An­spruch der Gemeinde P. bestätigt. Nach den Entscheidungsgründen ist das Zivil­gericht gemäß § 33 Abs. 4 GWB an die Feststellungen einer bestandskräftigen Entscheidung der Kartellbehörde ge­bunden, wenn das kartellrechtswidrige Verhalten vor dem Inkrafttreten der Vorschrift begangen, die Entscheidung aber danach erlassen worden ist.

Der von der Gemeinde mit dem Liefe­ranten des Feuerwehrfahrzeugs verein­barte pauschale Schadensersatz sei auch unter ABG­Gesichtspunkte wirksam. Hat demnach die Gemeinde in den von ihr gestellten allgemeinen Vertragsbe­dingungen den Schadensersatz im Fall kartellrechtswidrigen Verhaltens des Auftragnehmers auf 15 Prozent der Ver­tragssumme pauschaliert, ist die Klausel jedenfalls dann wirksam, wenn die im Bußgeldbescheid festgestellten Verhal­tensweisen dazu dienten, zuvor gewähr­te Sonderrabatte von bis zu 30 Prozent zu vermeiden und Rabatte von 10 bis 12 Prozent auf dem Markt üblich sind.

Damit wird erstmals durch ein Gericht der Anspruch einer Gemeinde mit der nach dem Kommunalen Vergabehand­buch Baden­Württemberg üblichen

Klausel für pauschalierten Schadenser­satz bestätigt. Diese Klausel enthält – siehe oben – eine Öffnung insoweit, als der Auftragnehmer einen Schaden in anderer Höhe nachweist; die Beweislast verlagert sich auf den Lieferanten.

Im Berufungsverfahren hat das OLG Karlsruhe mit seinem Urteil vom 31.07.2013 den Schadensersatzan­spruch der Gemeinde ebenfalls bestä­tigt; die Berufung der Firma Schling­mann wurde zurückgewiesen.

Bemerkenswert ist nach den Entschei­dungsgründen, dass aus der Beteiligung des Lieferanten des Feuerwehrfahrzeugs am Kartell und dem Kartellverfahren des Kartellamts ein Anscheinsbeweis für einen Schaden und damit einen Scha­densersatzanspruch besteht. Erst in ei­nem weiteren Schritt kommt es dann zu Frage, in welcher Höhe der Schadenser­satzanspruch besteht. Hier kommt nun die 15­Prozent­Klausel ins Spiel.

Der Fall ging zur Revision an den BGH; die Firma Schlingmann hat Anfang De­zember 2013 die Revision zurückge­nommen. Damit ist das Urteil des OLG Karlsruhe vom 31.07.2013 rechtskräftig (Wortlaut der Entscheidung siehe BWGZ 21/2013).

Für die Gemeinden, die unter die Krite­rien des Regulierungsverfahrens fallen, war damit besonders zu überlegen, ob sie sich am Regulierungsverfahren be­teiligen oder den gerichtlichen Weg des Schadensersatzanspruchs gehen.

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Bürgermeisterbesoldung: Gall sagt nächsten Schritt zu

Mehrfach sagte Innenminister Rein­hold Gall zu, bei der strukturellen An­passung der Wahlbeamtenbesoldung eine weitere Stufe zügig anzugehen. Das wird neben der lange hinausgeschobe­nen Anhebung der Einstufung der Bür­germeister in den Größenklassen ab 30.000 Einwohnern ausdrücklich auch die Besoldung der Beigeordneten betref­fen. Gegenüber den „Stuttgarter Nach­richten“ konkretisierte Gall auch, dass er einen Leistungsbonus für die dritte Amtszeit will.

Der Gemeindetag weist seit langem da­rauf hin, dass es durch die Anhebung

der Bürgermeisterbesoldung in Gemein­den bis 30.000 Einwohner und die weit­gehende Deregulierung der Stellenober­grenzen für Laufbahnbeamte Rege­lungsbedarf für die Einstufung der Bei­geordneten gibt.

Vor allem aber vertritt der Gemeinde­tag seine Forderung nach einem An­reiz für eine dritte Amtszeit seit Jahren mit Nachdruck. Frühere Zusagen wur­den im Rahmen des Dienstrechtsre­formgesetzes 2010 nicht eingelöst. Ein Gesetzentwurf der grün­roten Landes­regierung wird daher mit Spannung erwartet.

Personalpolitik muss demo­ grafische Veränderungen berücksichtigen – Robert Bosch Stiftung fördert weitere Projekte

Enorm profitiert haben zehn Städte und Gemeinden im Land von einer Förderung der Robert Bosch Stiftung. Ihre Projekte zu einer demografieorientierten Neuausrich­tung der Personalpolitik haben sich zu Leuchttürmen entwickelt, an denen sich auch andere Kommunen orientieren kön­nen. Das vom Gemeindetag nachhaltig unterstützte Förderprogramm „Die Kom­munalverwaltung Baden­Württemberg im Zeichen des demografischen Wandels“ ging am 15. Januar 2014 in die zweite Runde. Wer sich mit einer Projektidee an­gemeldet hat, wird am 18./19. Februar – erforderlichenfalls nach einer Vorauswahl – an einer Auftaktveranstaltung teilneh­men können, bei der über Details der An­tragstellung informiert werden wird.

Bereits die von der Stiftung beauftragte Studie „Demografieorientierte Personal­politik in der öffentlichen Verwaltung“ der Prognos AG zeigte 2009 großen Hand­lungsbedarf auf. Im August 2011 wurde das Förderprogramm „Die Kommunal­verwaltung Baden­Württemberg im Zei­chen des demografischen Wandels“ aus­geschrieben. Im Rahmen dieses Pro­gramms haben sich zehn baden­württem­bergische Kommunen aller Größenklassen 2012 und 2013 auf den Weg gemacht, sich den personellen Herausforderungen des demografischen Wandels zu stellen. Sie erarbeiten individuelle Konzepte für eine neue Personalpolitik und erproben diese in ihrer Kommunalverwaltung. Über die geförderten Projekte wird in der Verbandszeitschrift des Gemeindetags be­richtet werden. Die Kommunen erhalten finanzielle Unterstützung für ihre Projekt­arbeit. Als besonders fruchtbar werden die Vernetzungstreffen erlebt, in denen die Teilnehmer thematische Impulse für ihre Arbeit mitnehmen und ihre Erfahrungen austauschen können. Für die zweite För­derphase, die der Gemeindetag im Pro­jektbeirat weiter begleiten wird, können sich Städte und Gemeinden mit neuen Projekten oder mit einer sinnvollen Wei­terentwicklung bereits geförderter Projek­te bewerben.

Anhaltende Kritik an Besoldungspolitik

Kritik an Nivellierungstendenzen in der Besoldungspolitik übt der Gemeindetag immer wieder. Anlass dazu geben Lan­desregierungen aller Couleur seit der Übernahme der Besoldungszuständig­keit vom Bund.

Auch gegen eine zeitliche Verschiebung der Besoldungsanpassung für die Kom­munalbeamten wandte sich der Gemein­detag. Er hielt es für richtig, die Besol­dung entsprechend der Ergebnisse der letzten Tarifrunden der öffentlichen Ar­beitgeber anzupassen. Immerhin hat die Landesregierung zuletzt von einer weite­ren Nivellierung der Besoldungsstruktur Abstand genommen.

Erneut war aber zu beanstanden, dass durch die nach Besoldungsgruppen ge­staffelte Verschiebung Besoldung nach dem Gesichtspunkt der Bedürftigkeit ge­währt wird. Die Verschiebung der Besol­dungsanpassung bis hin zu einer Nullrun­de 2013 für Beamte ab Besoldungsgruppe A 12 gibt dem Fachkräfte­Arbeitsmarkt ein fatales Signal. Qualifizierte und leis­tungsorientierte Personen müssen daraus schließen, dass sie im Beamtenverhältnis eine anforderungs­ und leistungsorien­tierte Vergütung nicht erwarten können, sondern zum Spielball politischer Maß­nahmen werden, die sie nicht zu verant­worten haben und nicht beeinflussen können, so der Gemeindetag.

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Erlaubnispflicht für Personalleihe – Bundesrat vertritt kommunale Interessen

Mit einer Initiative des Landes Rhein­land­Pfalz hat der Bundesrat am 8. No­vember 2013 endlich eine Herausnah­me der Gebietskörperschaften aus dem Geltungsbereich des Arbeitnehmer­überlassungsgesetzes verlangt. Er folgt inhaltlich voll den Argumenten des Ge­meindetags: Die Erlaubnispflicht der Kommunen ist weder zum Schutz der Arbeitnehmer noch aus europarechtli­chen Gründen erforderlich.

Die seit 01.12.2011 geltende Erlaubnis­pflicht für Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen einer „wirtschaftlichen Tätig­keit“ hat in der Praxis der Städte und Gemeinden zu einem nicht akzeptablen Mehraufwand geführt. Die sinnvolle und politisch gewünschte interkommu­nale Zusammenarbeit wird dadurch häufig erschwert.

Der Gemeindetag hat die Landesregie­rung zu einer Bundesratsinitiative zur Berücksichtigung kommunaler Belange aufgefordert, die auch zugesagt wurde. Leider wurde das Verfahren nicht mit hoher Priorität betrieben, so dass den Städten und Gemeinden weiter unnütze Kosten entstehen. Auch im Bundesrat hat nicht Baden­Württemberg, sondern Rheinland­Pfalz die Initiative ergriffen. Immerhin ist man der Initiative beige­treten, unterstützt sie also.

Die Arbeitnehmerüberlassung ist durch die AÜG­Novelle auch dann erlaubnis­pflichtig geworden, wenn Städte und Gemeinden im Wege der Personalge­stellung oder Personalleihe zusammen­arbeiten und es sich dabei nicht eindeu­tig um hoheitliche Tätigkeiten im enge­ren Sinne handelt. Das gleiche gilt, wenn die Personalgestellung bei einer Aufgabenübertragung an Private gerade dazu dient, den Beschäftigten ihre tarif­lichen Anwartschaften und ihre soziale Absicherung zu erhalten.

Vor der Novellierung war die Gewerbs­mäßigkeit der Arbeitnehmerüberlas­sung das Kriterium für die Erlaubnis­pflicht. Da Personalleihe im kommuna­len Bereich nicht in Gewinnerzielungs­

absicht erfolgt, war eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung bisher nicht erforderlich.

Die kommunalen Belange wurden 2010 im Gesetzgebungsverfahren nicht berücksichtigt. Das Bundesar­beitsministerium meint, die AÜG­No­velle sei EU­rechtlich geboten gewe­sen. Daran bestehen von kommunaler Seite erhebliche Bedenken, die auch

von namhaften Arbeitsrechtlern ge­teilt werden. Das Ziel der AÜG­Novel­le, die Substitution von Stammarbeits­plätzen in Entleihbetrieben zu verhin­dern, ist im kommunalen Bereich nicht relevant. Der arbeitsrechtliche und soziale Status von kommunalen Beschäftigten wird durch Personalge­stellung oder Personalleihe in keiner Weise tangiert, teilweise sogar dadurch gerade gesichert.

Personalvertretungsrecht – Gesetz für Funktionäre, gegen Kommunen

Der Gesetzentwurf, den die Landesre­gierung am 6. November 2013 in den Landtag eingebracht hat, berücksichtigt fast keines der Argumente der kommu­nalen Landesverbände und des Kom­munalen Arbeitgeberverbands. Dage­gen werden weitgehende Wünsche der Gewerkschaften erfüllt.

Städtetag, Landkreistag, Gemeindetag und Kommunaler Arbeitgeberverband lehnen das Gesetz zur Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes weitgehend ab. Das Gesetz führt zu ei­ner Verdoppelung der Freistellungen für die Personalräte sowie zu mehr und schwierigeren Beteiligungsverfahren.

Die Kommunalverwaltungen werden damit ausgebremst und mit hohen Kos­ten belastet. Allein durch die Ausdeh­nung der Freistellungen für Personal­ratsmitglieder rechnen die Verbände mit 300 Stellen, die in den Städten, Ge­meinden und Landkreisen für andere wichtige Aufgaben wie der Kinderbe­treuung nicht mehr zur Verfügung ste­hen. Alternativ müssten jährlich rund 16 Millionen Euro in die Hand genom­men werden, um 300 zusätzliche Stellen für freigestellte Personalratsmitglieder zu schaffen. Mit dem Personalvertre­tungsrecht die Attraktivität des öffent­lichen Dienstes steigern zu wollen und gleichzeitig bei den Beamten zu sparen, passe nicht zusammen, stellen die Ver­bände fest.

Das Gesetz erfreue einige Funktionäre, die Beschäftigten hätten nichts davon; sie müssten die Arbeit der zusätzlich freigestellten Personen mit erledigen. Vorgeschlagen haben die Verbände eine Novellierung des Personalvertretungs­rechts, die den Verwaltungsaufwand für alle Beteiligten reduzierten. In den Kommunalverwaltungen ist das Ver­hältnis zwischen Dienststellenleitern und Personalräten in der Regel konst­ruktiv und kollegial. Bürokratie und Formalien werden klein gehalten, so die Erfahrungen der Verbände. Wo diese positiven Verhältnisse nicht gegeben sind, müsse das Personalvertretungs­gesetz Regeln für den Konfliktfall ent­halten, die eine effiziente Verwaltung sicherstellen. Die Änderung werde das Gegenteil bewirken: Mehr Bürokratie und hohe Kosten erwarten die Kommu­nen. Die Erweiterung von Beteiligungs­tatbeständen und die Vergrößerung von Gremien führe nicht automatisch zu einer verbesserten Wahrnehmung von Beschäftigteninteressen, sondern in ers­ter Linie zu einer verstärkten Beschäfti­gung der Verwaltungen mit sich selbst, kritisieren die Verbände. Dafür habe die Bevölkerung kein Verständnis.

Städtetag, Landkreistag, Gemeindetag und Kommunaler Arbeitgeberverband vertreten etwa 1.500 Dienststellen mit rund 200.000 Beschäftigten. Die Ver­bände haben im Vorfeld Vorschläge für ein schlankes, zeitgemäßes und rechts­

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sicheres Mitbestimmungsrecht im öf­fentlichen Dienst gemacht. Angesichts der von der Landesregierung immer wieder vorgetragenen Einsparerforder­nissen ist nicht nachvollziehbar, warum das Land diese Vorschläge nicht aufge­griffen hat. Denn Anlass zu einer umfas­senden Novelle gäbe eine für alle An­wender des Landespersonalvertretungs­rechts wünschenswerte Rechtsvereinfa­chung. Stattdessen wird das geltende Recht weiter verkompliziert. Durch zu­sätzliche Beteiligungsverfahren, Er­schwernisse, Gremien und Freistellun­gen wird das vom Land postulierte Ziel des Bürokratieabbaus konterkariert. Da­mit wird das Gesetz den Erfordernissen der Kommunalverwaltungen nicht ge­recht. Diese sind zur Erfüllung ihrer sich dynamisch entwickelnden Aufgaben auf schnelle und unbürokratische Ent­scheidungsabläufe angewiesen, um ihre Funktion als Dienstleister für die Bürge­rinnen und Bürger wahrnehmen zu können.

Neben den Freistellungen führt auch der bürokratische Mehraufwand zu Kos­ten. Insgesamt ist für die Kommunen mit einer Mehrbelastung von rund 30 Millionen Euro zu rechnen. Da aus­schließlich das Land die Freistellungen ausdehnen, die Gremien vergrößern und die Zahl der Verfahren erhöhen möchte, fordern die kommunalen Ver­bände, dass das Land den Kommunen die Mehrkosten erstattet („Wer bestellt, bezahlt.“). Daneben wird die Reform auch für das Land selbst teuer. In einer Landtagsdrucksache rechnet zum Bei­spiel das Kultusministerium mit 200 Deputaten, die dann nicht mehr für den Unterricht zur Verfügung stünden oder mit entsprechenden Mehrkosten neu geschaffen werden müssten. Gleichzei­tig suchen Land und Kommunen noch Wege zur Finanzierung der Ganztages­schulen.

Um bürokratischen Mehraufwand und zusätzliche Kosten zu begrenzen, for­dern Städtetag, Landkreistag, Gemein­detag und Kommunaler Arbeitgeberver­band einen einfachen und rechtssiche­ren Beschäftigtenbegriff. Als Beschäftig­te sollten Personen gelten, die länger als drei Monate weisungsabhängig beschäf­

tigt und in den Dienststellenbetrieb ein­gegliedert sind. Weiterhin ist eine Ver­doppelung der Freistellungen über­zogen. Daneben sollte der Personal­vertretung kein uneingeschränktes Initiativrecht zukommen. Dies birgt ein hohes Potenzial an Selbstbeschäftigung der Verwaltung und untergräbt die Stel­lung der vom Volk gewählten Gremien und Personen auf kommunaler Ebene. Auf die Schaffung von Wirtschaftsaus­schüssen sollte verzichtet werden. Diese sind unnötig, da die wirtschaftliche

Lage der Kommunen bereits bei den Haushaltsberatungen in breiter Öffent­lichkeit erläutert und diskutiert wird. Stattdessen sollten die bis 1996 gelten­den Beteiligungsfristen von zehn Ar­beitstagen wiederhergestellt werden, um Organisations­ und Personalent­scheidungen zu beschleunigen. Weiter­hin sollten die Personalräte von Routi­neaufgaben entlastet werden, damit sie die Interessen der Beschäftigten bei we­sentlichen Maßnahmen angemessen vertreten können.

Deutsch­griechische kommunale Zusammenarbeit wächst

Viele Bürgermeister aus Baden­Württem­berg haben im Oktober 2013 zum Gelin­gen der Vierten Deutsch­Griechischen Versammlung (DGV) beigetragen. Beein­druckend viele griechische Kommunal­politiker haben den Weg zur DGV nach Nürnberg genommen. Von deutscher Seite wurde das als ermutigendes Signal für die weitere Zusammenarbeit gewertet.

In den zahlreichen Gesprächen zwi­schen deutschen und griechischen Bür­germeistern und Vertretern der Gemein­den wurde die gewachsene Verbunden­heit deutlich. In intensiven Gesprächen wurde deutlich, dass man zukünftig ge­meinsam vorankommen will. Am Ran­de der DGV sind viele neue Anstöße für neue Projekte und Partnerschaften ge­geben worden. Die Initiativen dazu gin­gen von beiden Seiten aus, weil alle Be­teiligten diesen kommunalen Austausch als Bereicherung sehen. Im Laufe eines Jahres ist es gelungen, in zahlreichen

Bürgermeistergesprächen ein besseres Verständnis für die Situation der grie­chischen Regionen und Kommunen zu vermitteln.

Einer Erklärung der DGV zufolge sollen diese Bürgermeistergespräche intensi­viert und konkretisiert werden. Das Po­tenzial der deutschen und griechischen Kommunen soll besser für die wirt­schaftliche Entwicklung in den Regio­nen nutzbar gemacht werden, um nicht zuletzt einen aktiven Beitrag zur Be­kämpfung der hohen Jugendarbeitslo­sigkeit zu leisten.

Der deutsch­griechische kommunale Wissenstransfer entstand im Kontakt zwischen dem Parlamentarischen Staats­sekretär Hans­Joachim Fuchtel MdB und Gemeindetagspräsident Roger Kehle. Ihm liegt die Überlegung zugrunde, dass strukturelle Verbesserungen in Grie­chenland auf der kommunalen Ebene

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ansetzen müssen, da hier die Lebens­verhältnisse der griechischen Bevölke­rung unmittelbar betroffen sind. Er soll die Gestaltung des staatlichen Lebens von der Basis her unterstützen. So wie es diesen Austausch unter deutschen Kom­munalverwaltungen seit jeher gibt, soll ein unmittelbarer Wissenstransfer von Kommune zu Kommune gemeinsam mit den 325 griechischen Gemeinden organisiert werden, und zwar auf ehren­amtlicher Basis.

Um dem Angebot einen organisatori­schen Rahmen zu geben, wurde am 3. Oktober 2012 am Rande des Emp­fangs des deutschen Generalkonsuls zum Nationalfeiertag eine Vereinbarung unterzeichnet. Die Vereinbarung des Gemeindetags Baden­Württemberg, gleichzeitig handelnd für den Deut­schen Städte­ und Gemeindebund, des­sen Vizepräsident Roger Kehle ist, und den griechischen regionalen Städtever­einigungen (PED) Nordgriechenlands legt die Grundzüge der Zusammenarbeit für eine Pilotphase fest.

Die Vereinbarung war von Gemeindetags­vertretern in Thessaloniki am 7./8. Sep­tember 2012, unterstützt durch General­konsul Wolfgang Hoelscher­Obermaier, mit griechischen Kommunalpolitikern erörtert worden. Dabei haben die Vorstän­de der vier PED das deutsche Angebot nachdrücklich begrüßt und betont, dass die griechischen Kommunen zusätzliches Know­how dringend benötigen. Gleich­zeitig seien strukturelle Änderungen not­wendig: Man habe eine Kommunalver­waltung, aber keine Selbstverwaltung.

Unterstützung für den Wissenstransfer wurde Präsident Kehle von Theodoros Karaoglou, Minister für Nordgriechen­land, zugesagt, der seine Herkunft aus der Kommunalpolitik hervorhob. Eben­so sagte der damalige griechische Innen­minister Evripidis Stylianidis Staatssekre­tär Fuchtel seine Unterstützung dafür zu.

Auf den Aufruf des Gemeindetagspräsi­denten zur ehrenamtlichen Mitwirkung am Wissenstransfer erklärten rund hun­dert Oberbürgermeister, Bürgermeister und andere Kommunalfachleute ihre

Bereitschaft, in griechischen Städten Projekte beratend zu unterstützen. Wei­tere Kommunalexperten meldeten sich aus ganz Deutschland, weil sie durch den Deutschen Städte­ und Gemeinde­bund, seine Mitgliedsverbände oder Staatssekretär Fuchtel von der Initiative erfahren haben.

Um das Zustandekommen von konkre­ten Beratungsprojekten zu beschleuni­gen, besuchte eine Delegation von Experten des Gemeindetags am 15./16. November 2012 die Deutsch­Griechi­sche Versammlung in Thessaloniki. Die Delegation wurde von Oberbürgermeis­ter a.D. Rolf Geinert, Sinsheim­Hoffen­heim, geleitet, der auch den Wissens­transfer auf deutscher Seite koordiniert. Dabei konnten unmittelbare Kontakte zu griechischen Bürgermeistern und kommunalen Verwaltungschefs herge­stellt und so die Basis für eine vertrau­ensvolle gemeinsame Arbeit gelegt wer­den. Die angelaufenen Beratungspro­jekte beschränken sich inzwischen nicht mehr auf das Pilotgebiet, Kontak­te bestehen auch zu Städten in anderen Teilen Griechenlands.

Viele neue Kontakte zu griechischen Städten entstanden durch die Eröffnung von „Bürgermeisterbüros“ in Athen und Thessaloniki. Sie sind mit den Kontakt­stellen der Deutsch­Griechischen Ver­sammlung organisatorisch verknüpft. Das Büro in Athen wurde bei einem Kurzbesuch am 27. April 2013 eröffnet. Der Delegation gehörte auch der baden­württembergische Landtagspräsident Guido Wolf an. Er hob gegenüber seinen griechischen Gesprächspartnern immer wieder die Vorteile der Dezentralität und einer starken kommunalen Selbstverwal­tung in seinem Land hervor.

Die thematischen Schwerpunkte, um die es bei dem Wissenstransfer geht, sind so vielfältig wie die Kommunal­verwaltung. Sehr häufig werden von griechischen Partnern akute Probleme in der Abfallwirtschaft angesprochen. Der insbesondere seit der Euro­Einfüh­rung stark gewachsene Verbrauch im­portierter Konsumgüter hat zu einer Abfalllawine geführt, die von den zahl­

reichen herkömmlichen Mülldeponien nicht aufgenommen werden konnte. Mülltrennung und Abfallverwertung sind ebenso unbekannt wie moderne Technologien der Abfallwirtschaft. Restmüllverbrennung trifft verbreitet auf Ängste hinsichtlich der Luftver­schmutzung, wie sie in Deutschland seit Jahren – nicht zuletzt durch tech­nischen Fortschritt und Bürgerbeteili­gung – lange überwunden sind. Rasche Hilfe können die Landräte und Bürger­meister hier durch ein erstes Vorge­henskonzept und die Vermittlung technischer Expertise leisten.

Aus der Erfahrung deutscher Kommu­nalexperten werden häufig Schwächen in der Verwaltungsstruktur angespro­chen. Sie sehen einen erheblichen orga­nisatorischen und fachlichen Entwick­lungsbedarf in der griechischen Kom­munalverwaltung. Eine griechisch­deutsche Arbeitsgruppe befasst sich mit einem Systemvergleich der Kommunal­verfassungen Griechenlands und Ba­den­Württembergs. Hier sind beratend auch Wissenschaftler beider Länder be­teiligt. Ziel der Arbeit ist es, das beider­seitige Grundverständnis zu fördern und Vorschläge für eine Stärkung der griechischen Kommunen vorzulegen. Es entsteht der Eindruck, dass viele re­formerische Ansätze zwar legislativ be­schlossen und verkündet wurden, die Umsetzung in der Verwaltungspraxis aber noch kaum begonnen hat.

Weitere Beratungsprojekte sind im Be­reich der Abwasserbehandlung, der rege­nerativen Energien und der Entwicklung eines moderneren Tourismus angelaufen. Auch hier werden sich weitere Schwer­punkte abzeichnen. Über die projektbe­zogene Zusammenarbeit entstehen auch bilaterale Kommunal­ und Schulpartner­schaften. So entsteht durch kommunale Vermittlung eine Zusammenarbeit der Musikhochschule Trossingen mit einer ähnlichen Institution auf Korfu. Zwi­schen dem Rhein­Neckar­Kreis und der Stadt Weinheim entstehen partnerschaft­liche Kontakte mit der Insel Kefalonia. Weitere bilaterale Arbeitskontakte sind in der Anlauf phase.

Az. 036.91

48 Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und Perspektiven BWGZ 1 | 2014

Gt­service Dienstleistungsgesellschaft mbH des Gemeindetags Baden­Württemberg. kompetent. kommunal.

Europaweite Beschaffung von Feuerwehrfahrzeugen

Eine weitere Dienstleistung seit 2005 ist die eu-ropaweite Ausschreibung von Feuerwehrfahr-zeugen. Es wurden seither mehr als 70 Feuer-wehrfahrzeuge für Städte und Gemeinden aus-geschrieben. Des Weiteren wurden im Feuer-wehrwesen seit dem Jahr 2010 bislang sieben Städte und Gemeinden bei der Erstellung des örtlichen Feuerwehrbedarfsplans unterstützt.

Betriebs­ und Organisations ­ handbuch für die Wasserwirtschaft (BOH)

Seit 2008 bietet die Gt-service GmbH erfolg-reich ein Betriebs- und Organisationshandbuch für die Wasserversorgung (BOH Wasser) an. Wasserversorgungsunternehmen haben für den ordnungsgemäßen Betrieb ihrer Anlagen Sorge zu tragen und müssen darum eine funktionie-rende betriebliche Organisation schaffen und diese auch dokumentieren. Durch ein Betriebs- und Organisationshandbuch wird diesen Anfor-derungen Rechnung getragen. Gleiches gilt für die Abwasserbeseitigung. Aus diesem Grund bietet die Gt-service GmbH seit Mitte 2013 nun auch ein Betriebs- und Organisationshandbuch für die Abwasserbeseitigung an.

Weitere maßgeschneiderte Dienstleistungen

Das Angebot eines Stichprobenverfahrens für Wasserzähler zur Verlängerung der Eichfrist und damit verbundenen Kosteneinsparungen bei Städten und Gemeinden sowie die Beschaffung von Schulmobiliar sind weitere Aufgabenfelder der Gt-service GmbH, die jährlich erneut ange-boten werden.

Weitere Informationen zum umfangreichen Leistungsangebot der Gt-service GmbH sind dem Internetauftritt unter www.gtservice-bw.de zu entnehmen. Wir freuen uns darüber hinaus auf Kontaktaufnahmen über die E-Mailadresse [email protected].

Az. 636.21

Die Gt-service Dienstleistungsgesellschaft mbH des Gemeindetags Baden-Württemberg wurde als hundertprozentige Tochtergesellschaft des Gemeindetag gegründet und kann zwischenzeit-lich auf eine mehr als zehnjährige Erfahrung in der Unterstützung von Städten, Gemeinden und Landkreisen bei Beschaffungen aller Art zurück-greifen. In den letzten Jahren konnten durch per-sonelle Verstärkungen die einzelnen Dienstleis-tungsangebote weiter ausgebaut und optimiert werden.

Bündelausschreibung für den kommunalen Strombedarf

Die älteste Dienstleistung der Gt-service GmbH stellt die Durchführung von alljährlichen Bündel-ausschreibungen für den kommunalen Strombe-darf dar. Seit 2002 wurden nunmehr insgesamt zwölf Bündelausschreibungen Strom durchge-führt, an denen sich laufend insgesamt zirka 600 bis 700 Kommunen und deren rechtlich selbst-ständige und unselbstständige Einrichtungen mit mehreren tausend Abnahmestellen beteiligen. Der große Erfolg der bislang durchgeführten Bün-delausschreibungen lässt sich auch auf den mitt-lerweile wieder regen Wettbewerb im Strommarkt zurückführen, aus dem in zunehmendem Maße Stadtwerke als erfolgreiche Bieter bei Bündelaus-schreibungen hervorgehen. Die konstant hohen Teilnehmerzahlen sowie die Tatsache, dass die bei der Bündelausschreibung erzielten Preise für die Energiebeschaffung von Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg als eine Art Benchmark angesehen werden, bestätigen das Erfolgsmodell der Bündelausschreibung.

An der jüngsten Bündelausschreibung für die Lie-ferjahre 2014 bis 2015 beteiligten sich rund 220 Kommunen sowie deren rechtlich unselbststän-dige und selbstständige Einrichtungen mit insge-samt 13.670 Abnahmestellen und einem Ge-samtjahresbedarf von 276 Gigawattstunden. Die Ausschreibung war in 22 Lose aufgeteilt, davon mehrere Ökostrom-Lose.

Für die Lieferjahre 2015 bis 2016 wird im Jahr 2014 eine 13. Bündelausschreibung angeboten. Informations- und Auftragsunterlagen wurden Ende November 2013 per Gt-info, Az. 811.00, versendet. Bei Interesse freuen wir uns über eine E-Mail an [email protected].

Bündelausschreibung für den kommunalen Gasbedarf

Seit dem Jahr 2010 bietet die Gt-service GmbH auch eine jährliche, gebündelte Ausschrei-

bung für den kommunalen Gasbedarf an. Auch hier herrscht ein reger Wettbewerb, so dass im Jahr 2013 bereits die vierte Bündelaus-schreibung Gas für die Lieferjahre 2014 und 2015 durchgeführt werden konnte. Insgesamt rund 80 Kommune sowie deren rechtlich un-selbständige und selbständige Einrichtungen schrieben 992 Abnahmestellen mit einem Ge-samtjahresbedarf von 187 Gigawattstunden in 32 Losen aus.

Aufgrund der steigenden Nachfrage wird die Gt-service GmbH deshalb auch für die Liefer-jahre 2015 bis 2016 eine Bündelausschrei-bung Gas anbieten. Informations- und Auf-tragsunterlagen wurden Ende November per Gt-info, Az. 813.00, versendet. Bei Interesse freuen wir uns über eine E-Mail an [email protected].

Neben den Bündelausschreibungen tritt die Gt-service GmbH auch als kompetenter kommuna-ler Dienstleister bei der Durchführung von Einzel-ausschreibungen für den Strom- bzw. Erdgasbe-darf von Städten, Gemeinden, Landkreisen und deren jeweiligen Einrichtungen auf. Das Leis-tungsspektrum der Gt-service GmbH reicht da-bei von der individuellen Konzeption über die Datenerfassung, die Bekanntmachung, die Ab-wicklung des kompletten Bieterverfahrens und der Submission bis hin zur Vorbereitung der Lie-ferung. Im Jahr 2013 wurden so ungefähr ein Dutzend Ausschreibungen für Klein-, Mittel- und Großstädte in Baden-Württemberg erfolgreich abgewickelt.

Ausschreibungen zu Betrieb und Instandhaltung von Straßenbeleuchtungsanlagen

Ein weiteres Geschäftsfeld der Gt-service GmbH stellen Ausschreibungen zum Betrieb und zur Instandhaltung von Straßenbeleuchtungsanla-gen dar. Aufgrund des Auslaufens von an den Konzessionsvertrag gekoppelten Straßenbe-leuchtungsverträgen bietet die Gt-service GmbH bereits seit dem Jahr 2010 Ausschreibungen in diesem Bereich an. Mittlerweile kann auf mehre-re erfolgreich durchgeführte Ausschreibungen zurückgeblickt werden, weshalb es auch im kom-menden Jahr ein entsprechendes Angebot, vor allem im Gebiet und in Zusammenarbeit mit dem Neckar-Elektrizitätsverband (NEV), geben wird.

49Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und PerspektivenBWGZ 1 | 2014

Florian Domansky *

Jahresbericht aus dem Europabüro der baden-württembergischen Kommunen

Europäische Reformen und kommunale Herausforderungen

Einmal mehr lieferte das Jahr 2013 aus Sicht des Europabüros der baden-württembergischen Kommunen den Beweis dafür, dass Gegensätze sich nicht nur anziehen, sondern sich oftmals geradezu bedingen und folglich nichts beständiger als der Wandel ist.

nen. Es wurde dabei erneut deutlich, wie wichtig es ist, durch einen engen Austausch mit Kommission, Euro-päischem Parlament und verbündeten Interessensträ-gern der Einschränkung der bisherigen Handlungs-möglichkeiten entgegenzusteuern. Deutlich wurden jedoch auch die vielen Gestaltungsmöglichkeiten für Kommunen, welche die partizipativ angelegten EU-Programme mit sich bringen sowie die Synergieeffek-te, die sich aus der Kooperation im EU-Mehrebenen-System – wie beispielsweise im Falle der Griechenland-hilfe – ergeben können.

Europabüro unterstützt Gemeindetag bei seinem Griechenland­Engagement

So bildete die Unterstützung des Gemeindetags bei seinem Engagement in Griechenland einen Unterar-beitsschwerpunkt des Europabüros im Jahr 2013. Dies-bezüglich stand für die 15-köpfige Delegation des Gemeindetagspräsidiums ein europapolitischer Abend in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg bei der Europäischen Union in Brüssel auf dem Programm. Motto des Abends war „Kommunen und die EU im Lichte der Finanzkrise“. Gerhard Stahl, Generalsekretär des Ausschusses der Regionen, gab dem Präsidium des Gemeindetags einen interessanten Überblick aus EU-weiter Kommunalperspektive bezüglich der lokalen Krisenauswirkungen. Dabei stand die griechische Situ-ation angesichts der Wissenstransfer-Aktivitäten ver-schiedener Mitglieder des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB) im Mittelpunkt. Durch die Gemeindereformen 2001 und 2011 seien die identi-tätsstiftenden Elemente bzw. das Personal weggebro-chen. Zudem sei im Zuge dieser Reformen die Zahl von mehr als 1.000 auf etwas mehr als 300 Oberbür-germeister gekürzt worden, während die Zahl der Gemeinden von 16.000 auf 9.000 Gemeinden ge-schrumpft und die Departement-Ebene abgeschafft worden sei. Stahl mahnte zudem an, dass die schlech-te Stimmungslage in der EU zusammen mit der Dyna-mik der Konsolidierungspolitik stärker als je ein Ausei-nandertriften der Mitgliedstaaten der EU befürchten ließen.

Dr. Peter Wagner, gebürtig aus Villingen-Schwennin-gen und in seiner jetzigen Funktion Berater in der so genannten „Taskforce Griechenland“ der EU-Kommis-sion, berichtete anschließend zum aktuellen Arbeits-stand der Taskforce und ging dabei insbesondere auf die kommunale Dimension der Kommissionsaktivitä-ten ein. Die einzelnen mit der Taskforce zusammenar-beitenden Mitgliedstaaten seien jeweils für bestimmte Bereiche der technischen Hilfe verantwortlich. Die Taskforce sei wie der DStGB ebenfalls in Kontakt mit dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesmi-nisterium für Arbeit und Soziales und Beauftragten für

die Deutsch-Griechische Versammlung (DGV) Hans-Joachim Fuchtel aus dem Wahlkreis Calw/Freuden-stadt. Zu den identifizierten Herausforderungen in Griechenland zähle neben dem fehlenden Kataster unter anderem auch das unternehmerische regulato-rische Umfeld: So müssten das öffentliche Auftragswe-sen neu geordnet, die Verwaltungsprozesse (Geneh-migungsverfahren) für kleinste wirtschaftliche Tätig-keiten entschlackt und die Gerichtsverfahren be-schleunigt werden.

Gemeindetagspräsident Kehle in „Sachen Griechenland“ aktiv

Präsident Kehle zog aus den Schilderungen zur Situa-tion in Griechenland den Schluss, dass gerade die Griechenlandaktivitäten des DStGB und seiner Mit-glieder eine Lösung darstellen könnten, da die ehren-amtliche Hilfe von kommunaler Seite eine gute Ver-trauensbasis bilde. Der DStGB wolle nur Anregungen geben, denn Lösungen, die nicht selbst gefunden würden, würden auch nicht erfolgreich umgesetzt. Als konkretes Ergebnis des europapolitischen Abends in Hinblick auf die Griechenlandaktivitäten vereinbarten Präsident Roger Kehle und Dr. Peter Wagner einen weiteren Austausch zwischen Kommunalverbandssei-te und der Taskforce zum Zwecke einer besseren Ko-ordinierung. In Fortsetzung hierzu nahm Präsident Kehle in Begleitung des Europabüros am 24. Juni 2013 auf Einladung des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales und Be-auftragten von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel für die so genannte Deutsch-Griechische Versammlung (DGV) Hans-Joachim Fuchtel an einer Reihe von Ge-sprächsterminen in verschiedenen Generaldirektionen der EU-Kommission in Brüssel teil.

Im Austauschmittelpunkt mit den EU-Entscheidungs-trägern, u.a. auch mit Energie-Kommissar Günther H. Oettinger, stand dabei die jüngst angelaufene Pro-grammierung der neuen EU-Förderperiode 2014 bis 2020 in Griechenland und die mögliche Nutzung die-ser Mittel für den deutsch-griechischen Wissenstrans-fer, der maßgeblich von baden-württembergischen und weiteren kommunalen Mandatsträgern aus ganz Deutschland getragen wird.

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So brachte auch das abgelaufene Kalenderjahr aus Europabüro-Perspektive sowohl Kontinuität als Verän-derungen, insbesondere unter personellen Gesichts-punkten, mit sich. Während die im Vorjahr erstmalig auf Initiative des Gemeindetags eingerichtete Trainee-Stelle durch Übernahme von Caroline Bogenschütz das Jahr 2013 über zu einer wissenschaftlichen Assis-tenz der Büroleitung weiterentwickelt werden konnte, stand im vergangenen Frühjahr im baden-württem-bergisch-sächsischen Sekretariat ein Neubeginn an. Gleichwohl stand auch hier mit Blick auf die fränki-schen Wurzeln der neuen Kollegin Christine Kunkel Beständigkeit im Mittelpunkt, besteht doch bereits seit Bürogründung im Jahr 1999 eine enge Kooperation mit den bayerischen Kommunen innerhalb der Brüs-seler Bürogemeinschaft.

Inhaltlich zeichneten sich die Arbeitsschwerpunkte im Vergleich zu den Vorjahren – wenn auch mit Entwick-lungsnuancen – primär durch thematische Kontinuität aus:

• Beteiligungsformen der kommunalen Ebene an Europäischen Entscheidungsprozessen zum einen und die Vermittlerfunktion von Städten und Ge-meinden zwischen den Bürgerinnen und Bürgern Baden-Württembergs und der europäischen Ebe-ne zum anderen,

• Wege der EU-Förderung für Mitglieder des Ge-meindetags in der aktuellen Programmperiode 2007 bis 2013 sowie v.a. die Neuausrichtung der EU-Kohäsionspolitik ab 2014,

• die anhaltende Einschränkung der örtlichen Selbstverwaltung durch unangemessene Aus-wüchse des EU-Wettbewerbsrechts im Bereich der Daseinsvorsorge, insbesondere durch das europä-ische Vergabe- und Beihilferecht.

Jahreswechsel 2012/2013 im Zeichen des Brüssel­Besuchs des Gemeindetagspräsidiums

Bereits Tradition hat die regelmäßige Vor-Ort-Präsenz der höchsten Gremien der Europabüro-Trägerverbän-de. Diesbezüglich war der Beginn des abgelaufenen Jahres insbesondere von der Nachbereitung des Brüs-sels-Aufenthalts der Präsidiumsmitglieder des Gemein-detags unter Leitung von Präsident Roger Kehle Ende 2012 geprägt.

Dabei zeigte der Aufenthalt am Beispiel der Diskussio-nen zum Entwurf der Konzessionsrichtlinie, über den nachfolgend noch näher zu berichten sein wird, ein-mal mehr, wie stark sich die Entscheidungen in Brüssel auf die Realitäten in den Kommunen auswirken kön-

* Florian Domansky war bis Ende 2013 Leiter des Europabüros der baden-württembergischen Kommunen in Brüssel.

50 Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und Perspektiven BWGZ 1 | 2014

Kommunalpartnerschaftsförderung ab 2014 – Europabüro berät und informiert

Die neue Programm-Periode 2014 bis 2020 und ihren Auswirkungen auf die kommunale Förderlandschaft, ins-besondere die dortigen Städte- und Gemeindepartner-schaften mit anderen EU-Kommunen stand auch im Fokus einer Veranstaltung, die das Europabüro der ba-den-württembergischen Kommunen zusammen mit seinem bayerischen und sächsischen Schwesterbüro so-wie dem DStGB-Europabüro am selben Tag in Brüssel ausrichtete. Zu den kommunalen Veranstaltungsteilneh-mern zählte folglich u.a. auch Gemeindetagspräsident Kehle. Die Veranstaltung mit dem Titel „Förderung von Kommunalpartnerschaften in Bayern, Baden-Württem-berg und Sachsen durch die EU – Bewährte Beispiele und Herausforderungen ab 2014“ diente vor allem dazu, die Neuausrichtung des EfBB-Programms mit den damit ver-bundenen Chancen und Risiken, Erwartungen und Wün-schen sowie den diesbezüglichen Verfahrensstand näher zu beleuchten. Zudem ging es darum, die bisherigen Erfahrungen mit dem Programm zu evaluieren, auf die heutigen Realitäten der Kommunalpartnerschaften auf-merksam zu machen und in Brüssel für eine weiterhin kommunalfreundliche Ausgestaltung des Programms zu werben, wobei die Veranstaltung zu einem regen Aus-tausch zwischen Vertretern der kommunalen Ebene, des Europäischen Parlaments und der EU-Kommission führte und Gemeindetagmitglieder zu entsprechenden Folge-Initiativen anregte.

Natürlich gehören nicht nur die Interessenvertretung und Information über aktuelle Entwicklungen im Rechtsetzungsprozess zu den Dienstleistungen des Europabüros, sondern auch die Beratung. Entspre-chend organisierten das Europabüro am 15. Juli 2013 in Kooperation mit der Verwaltungsschule des Ge-meindetags Baden-Württemberg und der Kontaktstel-le Deutschland „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ bei der Kulturpolitischen Gesellschaft e.V. ein Fachse-minar zu den EfBB-Fördermöglichkeiten für Kommu-nalpartnerschaftsprojekte.

Thematisiert wurden neben den aktuellen EfBB-An-tragsmodalitäten auch die Neuerungen in der Förder-periode 2014 bis 2020. Zugleich bildete das Seminar den Auftakt der neuen Veranstaltungsreihe „Die EU fordert, die EU fördert – das Europabüro unterstützt“.

EU­Strukturförderung nach 2013 – Europabüro als Scharnier zwischen Brüssel und Stuttgart

Neben dem Brüssel-Fokus bezüglich der Neuausrich-tung der EU-Förderung galt der Blick des Europabüros natürlich auch der 2013 auf einen Höhepunkt zusteu-ernden Programmierung der EU-Strukturfondsförde-rung vor Ort in Baden-Württemberg. Zur Erinnerung: Der Vorlage des 5. Kohäsionsberichts im Herbst 2010 schloss sich eine Konsultation an, an der sich auch die Trägerverbände des Brüsseler Europabüros der baden-württembergischen Kommunen, darunter der Ge-meindetag Baden-Württemberg, beteiligt hatten. Anschließend war die Arbeit der EU-Kommission auf diesem Politikfeld im Jahr 2011 neben den Vorschlä-gen zum mehrjährigen EU-Finanzrahmen 2014 bis 2020 insbesondere von den Vorbereitungen an den neuen Verordnungen geprägt, die die konkretisieren-de rechtliche Grundlage für die konzeptionelle Ausge-staltung und administrative Abwicklung der EU-För-derperiode 2014 bis 2020 darstellen.

Vorläufiger Höhepunkt und zugleich Ausgangspunkt für das diesbezügliche Engagement des Europabüros im Jahr 2013 war die Vorlage eines ersten 164-seitigen Entwurfs für ein Operationelles Programm (OP) für den EFRE 2014 bis 2020 in Baden-Württemberg mit dem Titel „Innovation und Energiewende“ Ende 2012. Bei der Mittelvergabe ist hinsichtlich der identifizierten För-derbedarfe eine zweigleisige Grundstruktur vorgese-hen. Demnach zählen hierzu einerseits Fachpolitiken mit vorab entwickelten Förderinstrumenten von Seiten des Landes, die innerhalb der Prioritätsachsen über die beteiligten Fachressorts umgesetzt werden („Fachan-satz“). Andererseits gehören hierzu Bottom-up-Maß-nahmen, die im Rahmen des dezentralen Ansatzes „Zukunftsfähige Regionalentwicklung in funktionalen Räumen“ („Regionalansatz“) entwickelt wurden.

Aus kommunaler Sicht grundsätzlich zu begrüßen ist dieser gewählte Ansatz der Regionalen Entwicklungs-strategien, da dies der u.a. von Seiten des Gemeinde-tags geforderten, dezentralen Bottom-up-Vorgehens-weise über Wettbewerbsverfahren entspricht, die sich indivi duell am lokalen Bedarf orientiert und – wie in allen kommunalen Handlungsfeldern – auf eine starke Einbindung der Akteure vor Ort setzt. Ebenfalls positiv zu bewerten war weiterhin die starke Rolle der Kommu-nen, die das Land diesen beim Klima- und Ressourcen-schutz und der erfolgreichen Ausgestaltung der Ener-giewende beimisst.

Hingegen war aus gesamtkommunaler Sicht mit gewis-ser Sorge zu sehen, ob im Sinne einer Schaffung gleich-wertiger Lebensverhältnisse in allen Teilräumen des Landes und mit Blick auf die unterschiedliche Leistungs-kraft dieser einzelnen Teilräume, gleiche Start-Voraus-setzungen im Wettbewerbsverfahren gegeben sein würde. Insbesondere kritisch aus kommunaler Sicht zu prüfen war, ob durch entsprechende Sensibilisierung und Informationsbereitstellung seitens des Landes in den nächsten Monaten für möglichst weitgehende „Waffengleichheit“ unter den Antragsstellern gesorgt werden konnte. Ansonsten stand zu befürchten, dass das sich abzeichnende Primat des überörtlichen Koor-dinierungszwangs und die daraus resultierende Bevor-zugung größerer, stärker institutionalisierter Raumein-heiten gegenüber kleinteiligeren, loser organisierten Raumeinheiten das erklärte Ziel der polyzentrischen Siedlungs- und dezentralen Verwaltungs- und Wirt-schaftsstruktur als eine Stärke Baden-Württembergs geradezu konterkariert hätte.

Bedauerlich aus kommunaler Sicht war darüber hin-aus, dass bis zum Redaktionsschluss für diesen Beitrag bislang keine klare Aussage zur ausreichenden kom-munalen Einbindung bei der Zusammensetzung der Wettbewerbs-Jury vorlag. In starkem Missverhältnis stand zudem die verbal beigemessene Bedeutung des Regional-Ansatzes und die Absicht des Landes, trotz des höheren Koordinationsaufwands unter den loka-len Akteuren im Vergleich zum fachpolitischen Ansatz, lediglich ein Drittel der zur Verfügung stehenden EFRE-Mittel vertikal über den Regional-Ansatz zu vergeben.

Gemeindetag weist drohende Infragestellung von gewachsenen Kommunalstrukturen in Baden­Württemberg durch die Hintertür der EU­Förderung strikt zurück

Bereits vor einer finalen Stellungnahme zum OP-Ent-wurf für den EFRE hat der Gemeindetag Baden-Würt-temberg Minister Bonde auf einen kritischen Punkt in der Stärken-Schwächen-Analyse hingewiesen. Es wird

dort als „Schwäche“ Baden-Württembergs aufgeführt, dass die kleinteilige Gemeindestruktur mit über 1.100 Kommunen „durch Trägheits- und Remanenzeffekte zu erhöhten Kostenbelastungen pro Kopf bei den Kommunen“ führe. Der Gemeindetag merkte dazu an, dass diese Feststellung schon faktisch unzutreffend sei. Die Kostenproblematik bei abnehmender Einwoh-nerzahl (Remanenz) sei nicht auf die Zahl der Gemein-den, sondern auf die über Jahrhunderte gewachsene Siedlungsstruktur zurückzuführen. An der Leistungs- und Gestaltungsfähigkeit baden-württembergischer Gemeinden bestehe, ganz unabhängig von ihrer Grö-ße, kein Zweifel. Wenn hier von „Trägheit“ die Rede sei, sollten Vergleiche auf nationaler und europäischer Ebene angestellt werden. Sollte die Bewertung der Gemeindestruktur als Absichtserklärung hinsichtlich einer Gebietsreform zu werten sein, wäre sie in einem EFRE-Programmentwurf verfehlt, so der Gemeindetag. Die vielfältige und lebendige Gemeindestruktur des Landes trage zur Vitalität und Leistungsfähigkeit Ba-den-Württembergs maßgeblich bei. Die Gemeinden im ländlichen Raum, auch die kleinsten, seien eine Stärke des Landes, auf die unsere Bürgerinnen und Bürger im Interesse ihrer Lebensqualität keinesfalls ver-zichten wollen, hielt Gemeindetagspräsident Roger Kehle abschließend fest.

Reform des EU­Vergaberechts und deren kommunalfreundliche Ausgestaltung auch 2013 Top­Thema des Europabüros

Wie zu Anfang des Jahresberichts bereits angedeutet, ging auch das Ringen um eine kommunalfreundliche Ausrichtung der laufenden EU-Vergaberechtsreform im Jahr 2013 in die dritte und wohl vorentscheidende Run-de. So hatte die EU-Kommission bereits Ende 2011 ihre Vorschläge für eine neue Vergaberichtlinie, eine neue Sektorenrichtlinie und eine erstmalige Konzessionsricht-linie vorgelegt. Da bislang für die Vergabe von Dienstleis-tungskonzessionen lediglich das Primärrecht eingehalten werden musste, war mit einem wesentlichen Verlust an Flexibilität bei der Vergabe von Konzessionen zu rech-nen. Ein – wenn auch nicht völlig unerwartetes – weiteres Novum von kommunaler Brisanz stellt innerhalb der Kommissionsvorschläge die erstmalige sekundärrechtli-che Kodifizierung von einschlägiger EuGH-Rechtspre-chung zur Anwendung des EU-Vergaberechts auf öffent-lich-öffentliche Kooperationen dar, wobei die Kommissi-on hier zumindest in Teilen über die ohnehin strikten Luxemburger Vorgaben hinauszugehen droht.

Aktueller Stand zur Koordinierungs­Richtlinie

Ein erster kommunaler Erfolg konnte im Jahr 2013 bereits im Kompromissvorschlag der irischen Präsi-dentschaft von Ende Mai erzielt werden. Zwischenzeit-lich hat nach fast zwei Jahren Behandlung im EP-Bin-nenmarktausschuss dieser am 5. September des abge-laufenen Jahres den im Trilog gefundenen Kompro-miss vom Juli 2013 angenommen, so dass nunmehr lediglich noch die formale Bestätigung durch das EP-Plenum aussteht, die unmittelbar bevorsteht.

Licht und Schatten bei der EU­Vergaberechts­Reform

Auf kommunale Intervention hin wurden die Vor-schläge durch die EU-Abgeordneten an einigen Stel-

51Gemeindetag Baden-Württemberg

Bilanz und PerspektivenBWGZ 1 | 2014

len verbessert, wobei auch einige Schattenseiten verblieben:

• Die EU-Schwellenwerte werden entgegen kom-munaler Forderungen nicht angehoben. Begrün-det wird dies mit der EU-Bindung an das Govern-ment Procurement Agreement (GPA) der WTO. Es wird somit bei den Werten 5 Mio. Euro für öffent-liche Bauaufträge und 200.000 Euro für öffentliche Liefer- und Dienstleistungsaufträge bleiben.

• Die Unterscheidung in so genannte A- und B-Dienstleistungen wird nicht aufrechterhalten. Für Soziale und andere besondere Dienstleistungen gibt es eine Erhöhung des seitens der Kommission vorgeschlagenen Schwellenwertes von 500.000 Euro auf 750.000 Euro.

• Das In-House-Geschäft als Ausnahme vom Anwen-dungsbereich der Vergaberichtlinien ist erfüllt, wenn der Auftraggeber über die betreffende juris-tische Person eine Kontrolle ausübt, die derjenigen ähnlich ist, die sie über ihre eigenen Dienststellen hat (Kontrollkriterium). Weiter müssen mehr als 80 Prozent der Tätigkeiten der juristischen Person in der Erfüllung von Aufgaben erbracht werden, die ihr vom kontrollierenden Auftraggeber oder von anderen durch diesen kontrollierte juristische Per-sonen übertragen wurden (Wesentlichkeitskriteri-um). Als weitere Voraussetzung darf kein privates Kapital beteiligt sein. Dies gilt für die direkte Betei-ligung privaten Kapitals in der kontrollierten juris-tischen Person mit Ausnahme von nicht-kontrollie-renden und nicht-blockierenden Formen privater Kapitalbeteiligung, die durch nationale gesetzliche Vorschriften vorgeschrieben sind und die keinen entscheidenden Einfluss auf die kontrollierte juris-tische Person haben.

• Die Interkommunale Zusammenarbeit wird eben-falls erstmalig gesetzlich geregelt. Die Ausschrei-bungsfreiheit ist unter der Voraussetzung möglich, dass der zugrundeliegende Vertrag eine Kooperati-on zwischen den beteiligten Auftraggebern etab-liert. Ziel muss die Sicherung der Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen sein, die den Auftrag-gebern gemein sind. Weiter muss die Umsetzung der Zusammenarbeit ausschließlich von Erwägun-gen bestimmt sein, die im Bezug zum öffentlichen Interesse stehen. Letztlich dürfen die teilnehmen-den Auftraggeber auf dem offenen Markt nur weni-ger als 20 Prozent ihrer von der Zusammenarbeit betroffenen Aktivitäten ausüben. Grundlage für die Berechnung ist der durchschnittliche Gesamtum-satz oder eine angemessene Alternative in Bezug auf drei Jahre der Laufzeit des Vertrages. Die zeitwei-lig ausschließliche Ausnahme einer so genannten echten Zusammenarbeit von nahezu gleich großen Kommunen – sozusagen auf Augenhöhe – wurde gestrichen.

• Weitere Ausnahmen von den Vergaberichtlinien betreffen die kommunalen Kreditgeschäfte, Rechtsdienstleistungen und den Zivil- und Katast-rophenschutz.

• Das Vergabeverfahren soll erleichtert werden. Der ursprünglich zu diesem Zweck vorgesehene Euro-päische Vergabepass wird durch das „European Single Procurement Document“ ersetzt, das auf standardisierten Formen von Selbsterklärungen basiert. Die Verbreitung von e-Vergabe soll weiter gefördert werden.

Aktueller Stand zur Konzessions­Richtlinie

Am 5. September 2013 wurde zudem im Binnen-marktausschuss des Parlaments die vor allem wegen ihrer negativen Konsequenzen für den Wassersektor umstrittene, erstmalige EU-Konzessionsrichtlinie ab-gestimmt. Nach vielfältigen Protesten und einer EU-Bürgerinitiative (“right2water – Wasser ist ein Men-schenrecht”) wurde von Binnenmarktkommissar Mi-chel Barnier (F) nunmehr Art. 9a neu eingefügt, der den gesamten Wassersektor (Gewinnung, Transport, Verteilung von Trinkwasser sowie Behandlung von Ab-wasser) vom Anwendungsbereich der Richtlinie aus-nimmt. Damit könnte allenfalls noch eine buchhalte-risch getrennte Betrachtung der einzelnen Sektoren durch Mehrspartenstadtwerke erforderlich sein.

Das Einlenken der EU-Kommission während der Trilog-Verhandlungen vor der Sommerpause 2013 bezüglich der Wasserausnahme kann aus kommunaler Sicht als Erfolg gewertet werden. Zu beachten ist allerdings die Verpflichtung zur Überprüfung der Höhe der Schwel-lenwerte, die aktuell für Konzessionen auf 5 Mio. Euro festgelegt sind und eine so genannte Revisionsklausel für den Wasserbereich. Die Ausnahmen sollen drei Jah-re nach In-Kraft-Treten der Richtlinie überprüft wer-den. Hiermit wird jetzt schon einer Richtliniennovelle der Weg bereitet. Auch könnte durch das derzeit ver-handelte Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA die Liberalisierung wieder ein Thema werden.

Modernisierung des EU­Beihilfewesen ist weiterer rechtlicher Tätigkeits schwer­punkt des Europabüros

Bereits seit einigen Jahren stellt das EU-Beihilferecht eines jener EU-Rechtsgebiete dar, von dem auch ba-den-württembergische Kommunen in zunehmendem Maß betroffen sind. Prominentes Beispiel aus dem Jahr 2012 war diesbezüglich die Weiterentwicklung des „Monti-Kroes-Pakets“ zur „Almunia-Reform“. Wäh-rend der Gemeindetag Baden-Württemberg zusam-men mit seinen kommunalen Schwesterverbänden auf Initiative des Europabüros der baden-württember-gischen Kommunen als Hilfestellung zur kommunalen Umsetzung 2013 eine landesweite Seminar-Reihe durchgeführt hatte, schritten die diesbezüglichen Ent-wicklungen auf EU-Ebene bereits weiter voran. So fand im Rahmen der Straßburger Plenarwoche Mitte Januar 2013 eine mündliche Anhörung zur künftig verbesser-ten Beteiligung des Europäischen Parlaments in die-sem traditionell durch Kommission und Rat dominier-ten, aber damit nicht minder kommunalrelevanten Rechtsbereich statt.

EU­Parlamentarier kritisieren mangelnde Mitwirkungsrechte im kommunalrelevanten EU­Beihilferecht

Den Anstoß hierzu lieferten im Lichte der genannten Modernisierung dieser Rechtsmaterie zwei Novellie-rungsvorschläge der EU-Kommission vom Dezember 2012, genauer die Überarbeitung der so genannten Verfahrensverordnung zur Durchsetzung des Beihilfe-Art. 107f des Vertrags über die Arbeitsweise der Euro-päischen Union (AEUV) und die so genannte Ermäch-tigungsverordnung, auf deren Basis die Kommission bestimmte Beihilfe-Arten gruppenweise von der An-wendung des Beihilferechts freistellen kann. Mit Blick auf die zwei Kommissionsvorschläge und ihr Zustan-dekommen bedauert das Europäische Parlament in

einer Mitte Januar 2013 beschlossenen Resolution, dass nur seine Anhörung und nicht das Mitentschei-dungsverfahren vorgesehen wurde, das seit dem In-krafttreten des Vertrags von Lissabon auch in anderen wettbewerbsrechtlichen Bereichen gilt. So erachten die Abgeordneten dieses Demokratiedefizit als nicht vertretbar, v.a. bezüglich Vorschlägen, bei denen es um die Aufsicht über Handlungen gewählter lokaler Stellen geht, insbesondere im Hinblick auf Dienstleis-tungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die im Zusammenhang mit den Grundrechten stehen. Die Parlamentarier regten daher an, diesen Mangel bei etwaigen künftigen Vertragsänderungen zu beheben und fordern nachdrücklich, bis dahin parlamentari-schen Änderungsvorschlägen im Rahmen des Anhö-rungsverfahrens weitestgehend Rechnung zu tragen.

Kommunale Bewertung und Ausblick

Aus kommunaler Sicht zu begrüßen war die von der Kommission vorgesehene verschärfte Mitwirkungspflicht von Beschwerdeführern, z.B. im Falle von gewährten Kommunalbeihilfen, da damit gerade in Fällen von offen-sichtlicher Unbegründetheit einem rein strategischen Beschwerde-Aktionismus aus der Privatwirtschaft entge-gengewirkt werden könnte. Mit deutlichen Zweifeln bezüglich Subsidiarität und Gewaltenteilung behaftet erschienen hingegen die Kommissionspläne hinsichtlich der sich abzeichnenden Auskunftsplicht von innerstaatli-chen Gerichten. So wird damit in weitergehendem Ma-ße als bislang in die mitgliedstaatliche Kompetenzord-nung eingegriffen. Kommunalpolitische Brisanz könnte sich zudem ergeben, wenn Bürger als Kunden eines vermeintlich rechtswidrig lokal begünstigten Unterneh-mens durch die Kommission zur Auskunft verpflichtet werden können und bei einer Weigerung mit Geldbußen oder Zwangsgeld belangt werden können.

Erfreulich aus kommunaler Sicht waren wiederum die Kommissionspläne, zusätzliche Freistellungsgruppen in kommunalrelevanten Bereichen in Aussicht zu stellen, wobei hier mögliche Schwellenwerte kritisch auf ihre Praxistauglichkeit hin zu überprüfen sein werden. Dies betonte in der Parlamentsanhörung auch der südbadi-sche Abgeordnete Dr. Andreas Schwab unter Verweis auf die Breitbandversorgung. Gleichzeitig mahnte er mit Blick auf ordnungspolitische Grundsatzmaximen an, dass diese neu gewonnenen Freiheiten von lokalen Behörden aber nicht missbraucht werden dürfen.

Insgesamt war der Vorstoß des Parlaments kommunal-positiv zu bewerten, gestärkt durch den Lissabon-Vertrag, auch im bislang durch Kommission und Rat dominierten Bereich des EU-Beihilferechts zunehmend mehr eigene Mitspracherechte einzufordern. Sollte die Kommission – entgegen der bisherigen Praxis – ent-sprechenden Worten auch Taten folgen lassen, könn-ten damit auch die kommunalen Einwirkungsmöglich-keiten über die Abgeordneten steigen, wovon die Trägerverbände des Europabüros sicherlich zeitnah Gebrauch machen werden.

Voraussetzung hierfür wird allerdings sein, dass lokale Belange – im Unterschied zur aktuellen EU-Vergabe-rechtsreform – dann bei den Abgeordneten auch tat-sächlich ausreichend Gehör finden. Hieran wird sich auch das sich neu konstituierende Parlament nach den nächsten Wahlen am 25. Mai 2014 messen lassen müssen, womit sich ein nächster Arbeitsschwerpunkt des Europabüros für das jüngst angelaufene Jahr 2014 bereits abzeichnet.

Az. 009.10; 036.91

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Harry Brunnet *

Kommunalwahl 2014 – Chance zur aktiven Bürgerbeteiligung

Die Kommunalwahl 2014 bietet den Bürgerinnen und Bürgern in den Städten und Gemeinden die Chance zur aktiven nachhaltigen Bürgerbeteiligung.

Dabei wird unmissverständlich und an exklusiver Stelle deutlich, dass in den Städten und Gemeinden die Demokratie in ihrer direktesten Form für die Bürge­rinnen und Bürger klar und nachvoll­ziehbar gelebt wird.

Dieses Bekenntnis des Gesetzgebers geht auf die Reform des Reichsfreiherrn vom Stein, dem Begründer der modernen kom­munalen Selbstverwaltung, zurück. Ihm ging es darum, die gesellschaftlichen Kräfte und das große Potenzial der Bürgerschaft vor Ort zu mobilisieren, direkte Gestal­tungsmöglichkeiten anzubieten und die Menschen bei der Gestaltung unserer Ge­sellschaft unmittelbar zu beteiligen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

So steht ja auch in § 1 der Gemeindeord­nung weiter:

„Die Gemeinde fördert in bürgerschaft-licher Selbstverwaltung das gemeinsa-me Wohl ihrer Einwohner und erfüllt die ihr von Bund und Land zugewiese-nen Aufgaben. Die verantwortliche Teilnahme an der bürgerschaftlichen Verwaltung der Gemeinde ist Recht und Pflicht des Bürgers.“

Insoweit ist Bürgerbeteiligung natürlich auch längst nicht nur eine Bringschuld der Gemeinde, sondern eine Holschuld der Bürger. Dabei ist die aktivste und nachhaltigste Form der Bürgerbeteili­gung immer noch die Bereitschaft des Einzelnen, sein passives Wahlrecht wahr­zunehmen und für den Gemeinderat zu kandidieren.

Ehrenamt Gemeinderat

Das Mandat eines Gemeinderats bedeutet die Übernahme einer kleinen Bürde.

Muss doch der einzelne Gemeinderat nicht nur erkennen, was der örtlichen Gemeinschaft nützt, sondern er hat viel­mehr ein hohes Maß an Wissen und Kön­nen, an Opfer und Zeit, Kraft und Verant­wortung und nicht zuletzt auch Mut zu besitzen und einzusetzen, um dieses Amt richtig auszuüben. Dabei ist es ja ein Eh­renamt, das den Gewählten durch die Bürger übertragen wird, bei dem das Schwergewicht mehr auf Amt denn auf Ehre liegt.

Gemeinderat bedeutet heute mehr noch als in der Vergangenheit, dass man sich einer Bürgerschaft stellen muss, die scho­nungslos und mit kritischen Augen die Arbeit prüft. Dabei kann er oder sie täg­lich auf die Entscheidungen im Gemein­derat angesprochen werden und muss jederzeit Rede und Antwort stehen. Er oder sie kann kritisiert werden und si­cherlich nur selten darf er oder sie auch einmal ein Wort der Anerkennung und des Dankes entgegen nehmen.

Aber andererseits hat ein Mitglied des Ge­meinderats wie kein anderer Politiker die Möglichkeit, schwäbisch ausgedrückt, dem Volk aufs Maul zu schauen und da­bei gleichzeitig auch zu erkennen, was in dem überschaubaren Bereich der örtli­chen Gemeinschaft, der Gemeinschaft und damit auch dem einzelnen Bürger nützt.

Aus der Erfahrung, dass keiner allein ge­scheit ist, liegen ja die grundsätzlichen politischen Entscheidungen beim Ge­meinderat. Dabei ist neben Wissen und Können vor allem gesunder Menschen­

Mitreden, mitdenken, auch mitmachen wollen in den Städten und Gemeinden bei Planungen, Projekten und Aufgaben oft viele; mitverantworten, konkret im Sinne des Gemeinwohls entscheiden und zu diesen Entscheidungen auch im Kon­text zu anderen Aufgaben stehen, fast zu wenige Menschen. Daher gilt es im Vor­feld dieser Kommunalwahl 2014, die Auf­gabe, Bedeutung und Gestaltungsmög­lichkeiten der Gemeinderäte sowie die Lust und Last dieses Ehrenamtes näher zu beleuchten.

Gemeindeordnung

Dabei lohnt sich zunächst ein Blick in die Gemeindeordnung – quasi dem Grund­gesetz der Gemeinden. In § 1 der Ge­meindeordnung heißt es:

„Die Gemeinde ist Grundlage und Glied des demokratischen Staates.“

* Bürgermeister Harry Brunnet, Hardthausen, ist Vizepräsident des Gemeindetags Baden-Württemberg.

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verstand gefragt. Darum ist es gut, auch genügend Frauen in den Gremien zu ha­ben, die ihren Sachverstand und ihre Sichtweise einbringen. Leider sind es noch immer zu wenige.

Gestaltungsspielraum

Es mag ja sein, dass durch die Gesetze der EU und von Bund und Land der Gestal­tungsspielraum des Gemeinderats als Hauptorgan der Gemeinde eingeschränkt ist. Unabhängig davon aber muss man er­kennen: Die kommunale Selbstverwal­tung ist ein hohes Gut und sichert die Zuständigkeit der Gemeinden für die Da­seinsvorsorge. Wenn Deutschland als Mo­tor Europas gilt und die wirtschaftliche Stärke sehr im Blickpunkt steht, dann hat das in großem Maße auch mit der ausge­prägten kommunalen Selbstverwaltung und dem Engagement letztlich auch der Gemeinderäte zur Sicherung der Daseins­vorsorge zu tun.

Dabei wird dieser allumfassende Begriff Daseinsvorsorge entsprechend dem ge­sellschaftlichen Wandel immer weiter­entwickelt. Das gilt zum Beispiel für die seit einigen Jahren neue Aufgabe der Kleinkindbetreuung, aber auch der Ganz­tagesbetreuung in Kindertagesstätten und Schulen sowie der künftigen Umset­zung der Konzeptionen für die Ganzta­gesschulen. Alles Aufgaben, die den Bür­ger unmittelbar betreffen und für deren Erfüllung der Gemeinderat durchaus ei­nen entsprechenden Gestaltungsspiel­raum hat.

Dazu kommen die Aufgaben der Zukunft im Bereich der Bildung, aber auch bei der Umsetzung der Vorgaben zur Inklu­sion oder die Bewältigung der demogra­fischen Entwicklung. Nicht zu vergessen die Energiewende, die nur mit kommu­naler Beteiligung gelingen kann, und weiterhin aktuell das Thema Breitband­versorgung.

Wenn im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung das Ziel einer flächen­deckenden Breitbandinfrastruktur und einer flächendeckenden Versorgung mit 50 Mbit/s bis 2018 ausgerufen wird, so lässt sich das nur erreichen, wenn die Kommunen es angehen, sprich die Ge­meinderäte Entscheidungen treffen, sich

dieser Aufgabe zu stellen, aber auch wenn klargestellt wird, dass der Breitbandaus­bau auch künftig EU­förderfähig bleibt.

Wird das Subsidiaritätsprinzip, wie es auch im Vertrag von Lissabon verankert ist, von Seiten der EU, aber auch von Sei­ten des Bundes und des Landes für die Zukunft weiter gelebt und mit Leben er­füllt, dann gibt es auch für die neu zu wählenden Gemeinderäte künftig genü­gend Gestaltungsspielraum.

Kommunalwahl 2014

Aufgabe der Parteien und der örtlichen Wählervereinigungen ist es nun, im Vor­feld der Kommunalwahl 2014 interessier­ten Bürgerinnen und Bürgern deutlich zu machen, wie interessant, wie groß dieser Gestaltungsspielraum ist. Natürlich muss bei den einzelnen Bewerberinnen und Bewerbern zunächst der Antrieb für die Übernahme des Amtes eines Gemeinde­rats von innen kommen und der Ver­pflichtung entsprechen, sich für ihre Wohn­ und Heimatgemeinde und deren Mitbürgerinnen und Mitbürger einzuset­zen und zu engagieren.

Trotz der starken Wünsche nach Partizipa­tion, nach Teilhabe an einzelnen Planun­gen und Projekten, ist dieser Gemein­wohlgedanke aber in der Bürgerschaft immer weniger stark ausgeprägt. Selten gelingt es daher zum Beispiel, Aktivisten von Bürgerinitiativen, die gezeigt haben, dass sie sich für Kommunalpolitik interes­sieren, für eine Kandidatur zu gewinnen, vor allem wenn Betroffenheit nicht mehr besteht. Diese U­Boot­Bürger, die auftau­chen, wenn persönliche Betroffenheit be­steht, und ihre Bürgerrechte vehement einfordern, tauchen wie ein U­Boot sofort wieder ab, wenn das festgestellte Problem, die Aufgabe, gelöst bzw. entschieden ist.

Dabei hängt ja das Schicksal der kommu­nalen Selbstverwaltung auch in der Zu­kunft wesentlich davon ab, dass genü­gend Bürgerinnen und Bürger in unseren Städten und Gemeinden leben, die die kommunale Sache zu ihrer eigenen ma­chen. Die im menschlichen wie im wirt­schaftlichen Dasein ihre Aufgabe nicht darin sehen, das zu ernten, was gestern gesät wurde, sondern säen, was wir mor­gen ernten wollen.

Daher bringt das Ziel der Landesregie­rung „mehr Demokratie in den Kommu­nen“, zum Beispiel mit einem erweiter­ten Themenkatalog für Bürgerentschei­de und gesenkten Quoren, noch längst keinen Auftrieb bei der Kandidatensu­che für die Gemeinderatswahl, sondern ist schon eher kontraproduktiv, entsteht doch der Eindruck, man will die direkte Demokratie stärken und die repräsenta­tive Demokratie schwächen. Das ändert auch nichts daran, wenn man über Par­teitagsbeschlüsse Mindestquoten für Frauen auf den Bewerberlisten einfor­dert. Zunächst muss man vor Ort genü­gend Frauen und Männer finden, die bereit sind, dieses Amt als Gemeinderat übernehmen zu wollen.

Auch die Idee, mehr junge Menschen, zum Beispiel durch die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre, am aktiven Wahlrecht teilhaben zu lassen, wird nicht dazu führen, dass sich mehr junge Er­wachsene als Bewerber zur Verfügung stellen. Wie sich bei Bürgerentscheiden inzwischen abzeichnet, wird auf jeden Fall die Wahlbeteiligung nicht wesentlich erhöht.

Fazit

Auch weiterhin brauchen die Städte und Gemeinden nicht nur das Interesse und die Solidarität ihrer Bürgerinnen und Bürger, sondern auch Gemeinderäte, die ziel­ und lösungsorientiert nach vorne blicken – die bei realistischer Einschät­zung des Machbaren durch kreative Im­pulse und unkonventionelle Ideen ihre Kommunen nach Vorne bringen – die sich der Herausforderung stellen und Ver­antwortung für ihre Gemeinde überneh­men. Dabei heißt das Motto der Zukunft: Das Können ist des Dürfens Maß.

Wünschen wir uns daher viele Bewerbe­rinnen und Bewerber, die in dem Be­wusstsein im echten Bürgersinn als vor­bildlich ehrenamtlich tätige Gemeinde­räte mithelfen und dazu beitragen wol­len, ihre Gemeinde zu einem modernen, lebenswerten, attraktiven und vorbildli­chen Gemeinwesen zu machen. Die das Ziel haben, künftig mit Stolz und Freude darauf verweisen zu können, sich als Bau­meister des Gemeinwesens verstanden zu haben.

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Allgemeiner Teil BWGZ 1 | 2014

Karl-Ulrich Templ und Udo Wenzl *

Wenn Wählen für das Leben junger Leute relevant wird

Wenn wählen für das Leben junger Leute relevant wird, dann ist es wichtig, dass die junge Generation erkennt und versteht, auf welche Lebensbereiche die kommunale Politik Einfluss hat: Die Förderung der örtlichen Vereine, die Nutzung der Sporthallen außerhalb der Schulzeit, das Jugendzentrum, die Skater-Anlage, die Diskussion über die Entwicklung der lokalen Bildungslandschaft, die Frage nach den Schwimmbadpreisen, die Sanierung der Radwege und vieles mehr sind Themen, die Jugendliche angehen.

Es besteht nicht nur die Chance, Mäd­chen und Jungen für Politik zu interes­sieren und zu begeistern. Gleichzeitig kann Politikerinnen und Politikern deutlich gemacht werden, dass junge Menschen Interesse zeigen und sich durchaus engagieren wollen, wenn sie sich als Teil der Kommune wahrnehmen und von den Erwachsenen ernst genom­men werden. Dialog auf Augenhöhe zwischen „Jung und Alt“ ist hierfür eine wichtige Voraussetzung, aber auch der persönliche Zugang zur Thematik. Dazu braucht es Orte des Austauschs, an de­nen politisch Verantwortliche mit den Jugendlichen ihrer Gemeinde und Regi­

on in Kontakt kommen sowie ein ver­lässliches und dauerhaftes System der Jugendbeteiligung in der Kommune.

Das Bündnis „Wählen ab 16“

Um dafür Möglichkeiten zu schaffen, wurde zur Wahlrechtsänderung auf Lan­desebene ein Bündnis „Wählen ab 16“ unter Federführung der Landeszentrale für politische Bildung und des Landesju­gendrings gebildet, das in den nächsten Monaten eine Erstwählerkampagne auf den Weg bringen möchte. In diesem Bündnis sind verschiedene staatliche und zivilgesellschaftliche Institutionen und Organisationen vertreten. Es brin­gen sich die drei kommunalen Landes­verbände, Ministerien, der Landtag, die Region Stuttgart, die Jugendorganisatio­nen der politischen Parteien und ver­schiedene Jugendorganisationen ein. Außerdem gibt es Partnerschaften mit Einrichtungen der politischen Bildung, der Baden­Württemberg Stiftung, dem VHS­Landesverband, der Landesarbeits­gemeinschaft Offene Jugendbildung, Mehr Demokratie e.V. und verschiede­nen Medienpartnern.

Es ist auch wichtig, dass Jugendliche er­kennen, wie relevant die Kommunal­wahl ist, die am 25. Mai 2014 in den 1.101 Städten und Gemeinden in Baden­Württemberg stattfindet. Letztes Jahr wurde die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre beschlossen. Damit folgt Baden­Württemberg dem Beispiel von neun weiteren Bundesländern. Diese Möglich­keit der Mitbestimmung muss bei Ju­gendlichen zum Thema gemacht wer­den, denn Wahlen können im Leben der jungen Generation nur dann wichtig und bedeutsam werden, wenn ihnen der unmittelbare Zusammenhang mit ihrer Lebenswelt bewusst ist.

* Karl-Ulrich Templ ist Stellvertretender Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg.

Udo Wenzl ist Referent für Jugendbeteiligung beim Landesjugendring Baden-Württemberg.

Karl-Ulrich Templ Udo Wenzl

55Gemeindetag Baden-Württemberg

Allgemeiner TeilBWGZ 1 | 2014

Eine lokale Initiative sollte in den Kommunen zur „Chefsache“ gemacht werden. In Absprache zwischen Kom­mune, Schulen, außerschulischen Bil­dungsträgern und den Jugendringen und Jugendverbänden kann so eine kommunale Erstwählerkampagne ent­stehen, die Themen mit Lebensweltbe­zug für die jungen Menschen vor Ort aufgreift, zur Beteiligung motiviert und nachhaltig das politische Engagement junger Menschen fördert. Gleichzeitig können dadurch vor Ort Organisa­tions­ und Vernetzungsformen ge­schaffen werden, die über den Wahltag hinaus wirken sollen.

Die Bündnispartner auf Landesebene erarbeiten gegenwärtig Angebote und Ideen, die in einer Informations­ und Angebotsbroschüre „Wählen ab 16“ ab dem 31. Januar 2014 zur Verfügung ste­hen und im Bedarfsfall von den Kom­munen, von Schulen, lokalen Bildungs­einrichtungen und Jugendorganisatio­nen als einzelne Module abgerufen wer­den können.

Begleitend zur Kampagne werden au­ßerdem Arbeitsmaterialien und Argu­mentationshilfen für Multiplikatoren, Unterrichtsmaterialien für Schulen sowie allgemeine Informationen als Textvorlagen und Informationsgrafi­ken zur Kommunalwahl in digitaler­ und Papierform zur Verfügung ge­stellt, um über die Thematik zu infor­mieren und Jugendliche zu motivie­ren. Eine besondere Möglichkeit bietet das Projekt „Juniorwahl“, in dem die Kommunalwahl handlungs­ und pra­xisorientiert durch die Schüler/­innen selbst simuliert wird.

Diese Bildungs­ und Informationsange­bote sollen durch eine Öffentlichkeits­arbeit (Radiospots, motivierende Film­clips, Pressearbeit, Zusammenarbeit mit Medienpartnern), Online­Angebote (In­ternetportal „waehlenab16-bw.de“) und Social Media Auftritte (Facebook­Wett­bewerb für Jugendliche, in dem Logo und Slogan der Kampagne gefunden werden sollen) ergänzt werden. Ziel­gruppenspezifische Werbemittel wer­den ebenfalls im Rahmen der Kampag­ne zur Verfügung gestellt.

Das Programm „In Zukunft mit uns“

Im Rahmen des Bündnisses leistet die Baden­Württemberg Stiftung mit ihrem Projekt „In Zukunft mit uns“, dessen Durchführung beim Landesjugendring liegt, einen wichtigen Beitrag. Ziel des Projekts ist es, Jugendliche in Baden­Württemberg zu motivieren, sich aktiv und selbstbewusst für ihre Belange in den Städten, Gemeinden und Kreisen des Landes einzusetzen. Um diese Ziele zu verwirklichen, soll ein breites Netz­werk von Multiplikatorinnen und Mul­tiplikatoren aufgebaut werden. Die di­daktisch und inhaltlich geschulten Multiplikatoren sollen in möglichst vie­len Kommunen in Baden­Württemberg Aktionstage durchführen. Die genaue Ausgestaltung und Schwerpunktset­zung der Aktionstage erfolgt in Abspra­che mit den Kommunen, Schulen, Ju­gendhäusern, Verbänden o.ä., welche gerne einen solchen Aktionstag ausrich­ten möchten. Zudem wird es auf den Projektseiten im Internet eine Online­Simulation zur Kommunalwahl sowie Arbeitsmaterialien für Schüler/­innen und Lehrer/­innen geben. Angeregt und moderiert werden Diskussionen in Sozi­alen Netzwerken. Hinzu kommen eini­ge besondere Veranstaltungen wie zum Beispiel der „Politikzug unterwegs“.

Im Rahmen des Projektes werden in je­dem Kreis zwei Modell­Aktionstage statt­finden. Die Kosten weiterer Aktionstage sollten durch Kommunen und Schulen getragen werden. In besonderen Fällen kann über die Landeszentrale für politi­sche Bildung ein Zuschuss erfolgen.

Organisation und Ansprechpartner

Zur Organisation der Kampagne sind von der Landeszentrale regionale Stel­len eingerichtet worden, die in den vier Regierungsbezirken die Angebote und Nachfragen koordinieren und die Ein­satzplanung der Multiplikatoren über­nehmen:[email protected],[email protected],[email protected], [email protected].

In den jeweiligen Regierungsbezirken kann man sich an diese Kontaktadres­sen wenden, um mögliche Veranstal­tungen oder Aktionstage vor Ort durch­zuführen bzw. um geschulte Multiplika­toren zu buchen.

Dem Bündnis „Wählen ab 16“ ist es ein großes Anliegen, junge Menschen für die unterschiedlichen Einfluss­ und Ge­staltungsmöglichkeiten in ihrer Kom­mune und in der Kommunalpolitik zu interessieren. Jugendliche sollen wis­sen, dass sie mit dem Gang zur Wahlur­ne einen wichtigen Beitrag zur (Mit­)Gestaltung ihres unmittelbaren Lebens­umfelds leisten.

Weitere Informationen:www.ljrbw.de/inZukunft-mitUNS,http://www.lpb-bw.de/waehlen-ab-16.html.

Bei Fragen und Anregungen zu zentra­len Themen:[email protected].

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56 Gemeindetag Baden-Württemberg

Allgemeiner Teil BWGZ 1 | 2014

Dr. h.c. Siegfried Schiele *

Der Berliner Mauerfall vor 25 Jahren

zu kommen. Günter Schabowski hatte über die Medien bekannt gegeben: „Die ständige Ausreise kann über alle Grenz­übergangsstellen der DDR zur BRD bzw. zu Berlin­West­Berlin erfolgen.“ Bald strömten Tausende von Menschen von Ost­ nach West­Berlin. Leute, die sich noch nie gesehen hatten, lagen sich in den Armen und tanzten auf den Stra­ßen. Die Nacht vom 9. auf den 10. No­vember wurde aus vollem Herzen gefei­ert. Noch heute bin ich ergriffen, wenn ich an dieses Geschehen zurückdenke. Zur Erinnerung und Mahnung habe ich drei kleine Steine für unsere Söhne aus der Mauer gepult.

Erst mit einigem Abstand konnten die Ereignisse vom 9. November politisch und historisch eingeordnet werden. Man greift nicht zu hoch, wenn man das Jahr 1989 als eine weltgeschichtli­che Zäsur ansieht. Die Welt hat sich mit dem Mauerfall radikal verändert. Der Kalte Krieg, in dem die Beziehungen zwischen Ost und West eingefroren wa­ren, war beendet, die Hoffnungen auf eine neue und bessere Weltordnung be­kamen begründete Nahrung.

Der bekannte Historiker Heinrich August Winkler spricht vom 9.November als ei­nem deutschen Schicksalstag. Ist die Po­gromnacht vom 9.November 1938 ein Datum der Schande, so wurde der 9. No­vember 1989 zu einem Tag der Freude.

Geschichte der Mauer

Die Mauer hatte lange Bestand. Am 13. August 1961 wurde der Mauerbau be­gonnen, obwohl Walter Ulbricht noch am 15. Juni behauptet hatte: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errich­ten.“ Den Ostberlinern Machthabern sind mehr und mehr die Menschen weg­gelaufen. So verließen allein im April 1961 etwa 30.000 Menschen die DDR. Die wirtschaftlichen Probleme nahmen

dramatisch zu. Diese Entwicklung sollte durch den Mauerbau gestoppt werden. Mit der Mauer wird für immer auch der Schießbefehl verbunden sein. Die Grenz­soldaten bekamen den Befehl, auf Flüch­tende zu schießen. 239 Menschen, die von Ost nach West flüchten wollten, wurden an der Mauer getötet.

Mit der Errichtung der Mauer schien die deutsche Teilung für immer zementiert, wenn auch bei vielen Menschen das Ge­fühl der Zusammengehörigkeit noch vorhanden war.

Ich erinnere mich noch gut an ein Ge­spräch, das ich im Rahmen einer Studien­reise zufällig auf einer Bank in Weimar mit einem älteren Herrn geführt habe. Wir kamen bald auf die deutsche Einheit zu sprechen und stellten übereinstim­mend fest, dass wir die Einheit zu unseren Lebzeiten nicht mehr erleben würden.

Die Landeszentrale für politische Bil­dung hat immer wieder vor allem für Lehrerinnen und Lehrer sowie für Schü­lerinnen und Schüler Studienfahrten in die DDR durchgeführt, um Politik, Ge­sellschaft und Kultur kennenzulernen und den Sinn für Gemeinsamkeiten zu stärken. Inzwischen habe ich aus Stasi­Unterlagen gesehen, dass diese Reisen argwöhnisch von der Staatssicherheit „begleitet“ wurden.

Zu Beginn der achtziger Jahre hat die Landeszentrale mit Hilfe der Bosch­Stif­tung eine Zeitschrift gegründet mit dem Titel „Die Deutsche Frage im Unter­richt“. Damit sollte an die gemeinsame Tradition und Geschichte, aber auch an die gemeinsame Verantwortung erinnert und dafür gesorgt werden, dass die The­matik an den Schulen nicht zu kurz kam.

Das werde ich nie vergessen! Am 9. No­vember 1989 war ich zufällig in Berlin. Die Bundeszentrale für politische Bil­dung veranstaltete einen Kongress im Berliner Reichstag, also direkt an der Mauer beim Brandenburger Tor. Bald spürten wir: Das Geschehen an der Mauer war wesentlich bedeutsamer und aufregender als die Vorträge im Ta­gungsraum. Noch heute höre ich einen Professor, der gerade seine Vorlesung halten wollte, schimpfen über die Diszi­plinlosigkeit von Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Zunächst waren auf der Mauer noch Soldaten der NVA postiert. Wir versuch­ten, sie durch Zurufe zum Rückzug zu bewegen. Am späten Nachmittag kam dann wohl der Befehl zum Abzug. Und rasch kletterten viele Tagungsteilneh­mer und Westberliner Publikum, das in immer größeren Scharen Richtung Brandenburger Tor strömte, auf die Mauer im festen Gefühl, dass die NVA­Soldaten nicht mehr zurückkehren und sich große Dinge anbahnen würden.

Am späten Abend gelang es dann den ersten Ostberlinerinnen und Ostberli­nern, am Brandenburger Tor und an an­dern Übergangsstellen nach Westberlin

* Dr. h.c. Siegfried Schiele war von 1976 bis 2004 Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg.

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Allgemeiner TeilBWGZ 1 | 2014

Wie man an diesen Beispielen sieht, war die DDR im Westen nicht abgeschrie­ben, aber an eine Wiedervereinigung hat so gut wie niemand geglaubt. Und doch kam das Jahr 1989, in dem die Mauer ins Wackeln kam, bis sie am 9. November fiel und der Welt ein neues Gesicht gab.

Wendepunkt der Geschichte

Wie kam es zu diesem Wendepunkt der Geschichte? Im März 1995 kam in Mos­kau Michail Gorbatschow an die Macht. Er veränderte die politische Ausrichtung der Sowjetunion und des gesamten Ost­blocks gewaltig. Ein wichtiger Grund dafür war der Niedergang der Wirtschaft. Gorbatschow gab den erneuerungswilli­gen Kräften mehr Spielraum und wollte auch die Beziehungen zur anderen Su­permacht USA entspannen. Wir erin­nern uns noch an die Begriffe „Glasnost“ (Öffentlichkeit) und „Perestroika“ (Um­bau). Diese Änderung des politischen Generalkurses hatte auch Auswirkungen auf den gesamten Ostblock.

In der DDR bildeten sich nach und nach Bürgerrechts­ und Friedensgruppen, die mit der reformfeindlichen Haltung der SED konfrontiert waren. Gorbatschow versuchte, Honecker von der Notwen­digkeit von Reformen zu überzeugen – mit geringem Erfolg. Als sich jedoch Mitte September die ungarisch­österrei­chische Grenze ein Stück weit öffnete, schwappte eine riesige Flüchtlingswelle über Ungarn und Österreich in die Bun­desrepublik. Schon Ende September gab es etwa 25.000 Übersiedler.

Die oppositionellen Bürgerrechtsgrup­pen bekamen aber auch mehr Zulauf. Sie wollten die DDR nicht verlassen, sondern verändern. Zu den bekanntes­ten gehörten das „Neue Forum“ und der „Demokratische Aufbruch“. In guter Er­innerung haben wir noch die Leipziger Montagsdemonstrationen. Die erste fand am 25. September 1989 statt. Zu­nächst wurde in der Nikolaikirche ein Friedensgebet gesprochen. Danach folg­te eine Demonstration durch die Stadt, an der sich etwa 8.000 bis 10.000 Men­schen beteiligten. Schon eine Woche

später waren es rund 20.000 Menschen. Leipzig blieb der Mittelpunkt des gewal­tigen Aufbruchs. Aber auch in andern Städten wie Magdeburg oder Dresden regte sich deutlich der Bürgerprotest.

Da passte es gar nicht ins Bild der DDR­Regierung, dass ausgerechnet in diese aufgewühlte Situation vom 5. bis 7. Ok­tober die Feier des 40. Jahrestags der Gründung der DDR fiel. Aus diesem Grund kam auch Gorbatschow nach Ost­Berlin. Er übte Kritik an der sturen Haltung der DDR­Führung. Bekannt ge­worden ist sein Ausspruch „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Schon am 9. Oktober demonstrierten 70.000 Menschen in Leipzig. Die Staatsmacht hielt sich zurück im Bewusstsein, dass im Falle des Falles militärische Hilfe von Gorbatschow nicht zu erwarten war. Das Fieberthermometer des Wider­stands stieg weiter an. An der Montags­demonstration vom 16.Oktober ver­sammelten sich bereits 120.000 Men­schen. Jetzt gab es auch Forderungen nach freien Wahlen, Reise­, Presse – und Meinungsfreiheit. Auch die Rufe „Wir sind das Volk“ waren deutlich zu hören.

Die Demonstrationen in der DDR blieben nicht ohne Auswirkungen auf die Partei­Führung. Unter dem Druck der innerpar­teilichen Gegner trat Honecker am 18. Oktober zurück. Egon Krenz trat an seine Stelle. Die Demonstrationen gingen den­noch weiter. In Leipzig gingen am 30.Ok­tober 300.000 Menschen auf die Straße. Und am 4. November kam es auf dem Alexanderplatz in Ost­Berlin zu einer ge­nehmigten Kundgebung, bei der regime­treue und oppositionelle Rednerinnen und Redner auftraten. Über eine halbe Million Menschen nahmen teil. Es wurde offenkundig, dass die DDR­Führung das Heft nicht mehr klar in der Hand hatte. In dieser gespannten Situation gab dann Günter Schabowski überraschend die Ausreise­Genehmigung bekannt mit den bereits geschilderten Folgen.

Wir sind das Volk

Wenn man den Verlauf des Jahres 1989 insgesamt ins Auge fasst, dann kann man nicht genügend unterstrei­

chen, dass es in erster Linie die Men­schen selbst waren, die in einer bei­spiellosen friedlichen und gewaltfrei­en Revolution die Mauer zum Einsturz gebracht haben. Das ist und bleibt ein Ruhmesblatt in der deutschen Ge­schichte, das nie vergessen werden sollte. Es zeigt, dass man sich Diktatur und Unrecht auch ohne Gewalt und militärische Mittel erfolgreich wider­setzen kann, wenn es gelingt, viele Menschen für die Ideale von Freiheit und Gerechtigkeit zu begeistern und solidarisch aufzutreten.

Die gewaltlose Revolution bedeutete noch nicht die Wiedervereinigung, aber sie war die entscheidende Voraus­setzung für die Einheit Deutschlands. Es gab zum Beispiel deutliche Vorbe­halte von Francois Mitterand und vor allem von Margaret Thatcher. Dieser Widerstand konnte durch die beharrli­che Haltung des amerikanischen Präsi­denten George Bush sen. überwunden werden.

Innenpolitisch gab es ebenfalls unter­schiedliche Meinungen über die Art und Weise einer Wiedervereinigung, die durch das „10­Punkte­Programm“ von Helmut Kohl weitgehend beigelegt wer­den konnten. Auch Willy Brandt unter­strich den Einheitswillen mit dem mar­kanten Satz „Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört.“

Die Wahlen in der DDR vom 18. März 1990 bedeuteten im Ergebnis fast ein Plebiszit für den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik. Mit dem 3. Oktober 1990 wurde die Wiedervereinigung vollzogen. Es ist richtig und wichtig, dass der 3.Oktober zum staatlichen Fei­ertag erklärt wurde. Dieser Tag ist auch ein Grund zur großen Freude, der aller­dings eine Herausforderung darstellt, auch weiterhin zum fairen Teilen und Miteinander bereit zu sein.

Es bleibt die große Verpflichtung des Mauerfalls und der friedlichen Revoluti­on von 1989, dass wir uns für unsere freiheitliche Demokratie aus freien Stü­cken einsetzen, damit wir nie mehr der Gefahr von Diktatur und Unrecht aus­gesetzt sind.

58 Gemeindetag Baden-Württemberg

Allgemeiner Teil BWGZ 1 | 2014

Georg Fichtner *

Gute Partnerschaft zwischen Betrieben und Kommunen als Standortfaktor

Die gute Partnerschaft zwischen Kommunen und Betrieben ist ein wesentlicher Faktor für den Erfolg von Baden-Württemberg als attraktiver Standort für Arbeiten und Leben sowie Innovationen und Investitionen. Darum bemühen sich an vielen Orten im Land Vertreter von Unternehmen, Verwaltungen und Ratsfraktionen. Die Berührungspunkte in diesem Zusammenwirken sind vielfältig. Sie umfassen den größten Teil der kommunalen Themen: Gewerbeansiedlung, Einzelhandel, Verkehrsanbindung, Kinderbetreuung, Schulangebot, Wohnungsmarkt, Beschäftigung, Fachkräftebedarf und nicht zuletzt Gewerbesteuer sowie Qualität der Verwaltung.

Umso mehr müssen Gemeinden, Kam­mern und andere Wirtschaftsorganisati­onen gemeinsam Strategien entwickeln, damit unsere Betriebe auch außerhalb der Metropolen gute Perspektiven als Wirtschaftsstandorte haben. Erst in der Kombination von attraktiven Arbeits­plätzen, Aufstiegs­ und Entwicklungs­chancen sowie dem Angebot an Kinder­betreuung, Schulen, Wohnraum, Ein­kaufs­ und Freizeitmöglichkeiten sowie medizinischer Versorgung lassen sich Fachkräfte halten und anwerben. Hier ziehen Betriebe und Kommunen an ei­nem Strang. Dessen sollten sich alle Ak­teure in Unternehmen, Gemeindever­waltungen und Parteien vor Ort bewusst sein.

Natürlich gilt es dabei vielerorts, auch gegensätzliche Interessen zu überwin­den. So ist zunächst nachvollziehbar, wenn Bürgermeister und Gemeinderäte bei ihrer Wirtschaftsförderung und An­siedlungspolitik eher an neuen Einzel­handelsflächen und Bürogebäuden als an Industrie­ oder Logistikunterneh­men interessiert sind.

Die Industrie und ihre Dienstleister brauchen jedoch Ansiedlungs­ und Ent­wicklungsmöglichkeiten im ganzen Land. Sie sind Rückgrat der Wirtschaft. Ohne Unterstützung der Kommunen, etwa auch durch Schaffung interkom­munaler Gewerbegebiete, lässt sich die mittelständische Struktur der baden­

württembergischen Wirtschaft nicht dauerhaft sichern. Denn viele Betreibe, auch aus dem Kreis der kleinen und mittleren Unternehmen, sind überregi­onal und oft auch international enga­giert. Rund 60 Prozent der Umsätze er­löst die baden­württembergische Indus­trie im Ausland. Die Wachstumsimpulse kommen vielfach aus anderen europä­ischen Ländern, Asien und Amerika. Das Auslandsgeschäft sichert häufig vor Ort die Beschäftigung und damit das Steueraufkommen.

Zugleich gibt es in den inhabergeführ­ten Betrieben eine stark ausgeprägte Verbundenheit zu ihrer Gemeinde, ih­rer Region und dem Land. In den meis­ten Fällen ist der Anteil der Beschäfti­gung am Stammsitz wesentlich höher als die in Deutschland erzielten Erlöse. Den Unternehmen zu ermöglichen, dies angesichts stagnierender und teils rückläufiger Märkte in Deutschland zu erhalten, sollte gemeinsame Aufgabe von Kommunen und Kammern sein.

Hierbei ist ein regelmäßiger Dialog zwi­schen Bürgermeistern, Gemeindever­waltungen, Bürgern und Betrieben för­derlich. Ein offenes Ohr in den Amtsstu­ben für Belange der Unternehmen und ihrer Beschäftigten, Verlässlichkeit und

Gerade angesichts eines in den nächs­ten Jahren und Jahrzehnten immer wie­der zunehmende Fachkräftemangels ist ein gutes Zusammenspiel von Kommu­nen und Unternehmen wichtig. In die­sem Jahr werden den Betrieben und so­zialen Einrichtungen in Baden­Würt­temberg voraussichtlich über 170.000 Fachkräfte fehlen. Nach den Erfahrun­gen der IHK tun sich gerade Unterneh­men in ländlichen Regionen schwer, Fachkräfte anzuwerben. Neben der de­mografischen Entwicklung spielt hier auch der Trend zum urbanen Leben bei vielen jungen, gut ausgebildeten Men­schen eine Rolle.

* Georg Fichtner ist Präsident der IHK Region Stuttgart.

59Gemeindetag Baden-Württemberg

Allgemeiner TeilBWGZ 1 | 2014

angemessene Fristen bei behördlichen Genehmigungen schaffen Vertrauen und Bindung. Die Kenntnis über Auf­tragslage, Pläne der Unternehmen bis hin zur Frage, wie lange ein Miet­ oder Pachtvertrag läuft, unterstützen auch Gemeindeverwaltungen, eine für ihren Ort erfolgreiche Ansiedlungspolitik zu machen.

Dazu gehört auch, behutsam mit der Steuerbelastung der Unternehmen um­zugehen und durch gesunde Haushalte die Grundlage für eine gute Infrastruk­tur zu legen. Die etwa 630.000 Unter­nehmen und Gewerbetreibenden sowie etwa 130.000 Handwerkbetriebe haben 2012 annähernd 6,6 Milliarden Euro Gewerbesteuer an die Städte und Ge­meinden in Baden­Württemberg ge­zahlt. Da die Wirtschaft im Land mit Optimismus ins neue Jahr geht, dürfte sich das Gewerbesteueraufkommen in diesem Jahr in Baden­Württemberg mindestens auf diesem Niveau bewe­gen. Die Steuerschätzung des Bundesfi­nanzministeriums geht bis 2017 von einem kontinuierlichen Anstieg bei den Gewerbesteuereinnahmen aus, der für den Schätzzeitraum 2013 bis 2017 im Bundesdurchschnitt bei etwa 15 Pro­zent liegen soll. Für Baden­Württem­berg stehen angesichts der robusten in­ternationalen Wettbewerbssituation die Chancen gut, dass hier der Zuwachs sogar noch etwas höher liegt.

Diese Entwicklung schafft für die Kom­munen Planungssicherheit. Sie verbie­tet eigentlich, neue Schulden aufzuneh­men oder mit einer Erhöhung der Hebe­sätze bei der Gewerbe­ und Grundsteuer die Belastung der Unternehmen zu er­höhen. Vielmehr sollte mancherorts die Steigerung bei den Steuereinnahmen auch zur Prüfung einer Reduzierung der Hebesätze führen.

Für große Irritationen sorgt derzeit gera­de bei kleinen und mittleren Unterneh­men im Land der Plan der grün­roten Landesregierung, Kommunen einen weitaus größeren Spielraum bei ihrer wirtschaftlichen Betätigung einzuräu­men. Die in der Gemeindeordnung seit 2005 festgeschriebenen Regeln sollen offenbar rückgängig gemacht werden.

Insbesondere auch das Klagerecht von privaten Unternehmen gegen die aus öffentlichen Kassen finanzierte Konkur­renz und die Beschränkung kommuna­ler Tätigkeit auf das Gemeindegebiet will das Innenministerium abschaffen.

Diese wäre ein klarer Kurswechsel und ein deutliches Signal weg von der Markt­wirtschaft in Richtung staatlicher unter­nehmerischer Tätigkeit. Viele Betriebe sehen sich im Fall der Umsetzung sol­cher neuen Regeln schutzlos kommuna­ler Konkurrenz ausgeliefert. Andere Plä­ne der Landesregierung, nämlich bei Infrastrukturprojekten die Bürgerbetei­ligung zu stärken und mehr Rechte zu gewähren als die rechtsstaatlich übli­chen Instrumente wie Anhörung und Klage, irritieren in diesem Zusammen­hang umso mehr.

Der Verschärfung der Subsidiaritäts­klausel und dem Klagerecht von privat­wirtschaftlichen Betrieben gegen kom­munale Konkurrenz 2005 war eine jah­relange Expansion der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen vorausge­gangen. Die Bandbreite reichte von der Installation von Solarkollektoren und Heizungsanlagen über Cateringservice und Kfz­Reparaturen, Transportdienst­leistungen und Urlaubsreisen bis zu Komplettangeboten wie Buchführung, Gebäudemanagement sowie Bau und Sanierung von Wohnhäusern. In einem Extremfall hatte eine Kommune 177 Tochter­ und Enkelunternehmen. Eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft war einer der größten Bauträger im Land. Da die Rechtsaufsicht offenbar an vielen Stellen untätig blieb, war der Pri­vatwirtschaft ein Klagerecht eingeräumt worden.

Es wäre akzeptabel, wenn Kommunen mehr Freiräume für die interkommunale Zusammenarbeit im Kernbereich der Da­seinsvorsorge haben, beispielsweise bei der Versorgung mit Strom und Wasser oder bei der Beseitigung von Abfällen und Schmutzwasser. Denkbare Felder könnten auch Altenheime oder Kinder­tagesstätten sein. Gewerbliche Dienst­leistungen in den Bereichen Wohnungs­bau, Immobilienvermittlung, Reisen, Catering, Reparaturen aller Art gehören

nach dem ordnungspolitischen Ver­ständnis der IHK jedoch nicht zur kom­munalen Daseinsvorsorge. Gründlich abzuwägen ist, ob, in welcher Form und mit welchen Wettbewerbsvorteilen neu zu gründende kommunale Energiever­sorger über die Stadt­ und Gemeinde­grenzen hinaus in Konkurrenz zu priva­ten Anbietern treten können.

Wir setzen auch bei diesem Thema auf den Dialog mit den kommunalen Lan­desverbänden, allen voran mit dem Ge­meindetag Baden­Württemberg. Die Partnerschaft zwischen Betrieben und Kommunen könnte Schaden nehmen, wenn Städte und Gemeinden weit über ihre Aufgaben der Daseinsvorsorge hin­aus gewerblich tätig würden. Dann wür­den aus Partnern Konkurrenten und so etwas geht selten gut.

60 Gemeindetag Baden-Württemberg

Allgemeiner Teil BWGZ 1 | 2014

Eva Strobel *

Arbeitsmarkt 2014 – Es gibt viel zu tunDas Motto gilt nicht nur für die Arbeit in den Unternehmen im Land aufgrund der positiven Konjunkturaussichten für 2014. Das Motto gilt auch für die Arbeitsagenturen und Jobcenter sowie alle Akteure auf dem Arbeitsmarkt, die die Aufgabe haben, dass der Abbau der Arbeitslosigkeit mit dem Aufbau an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung Schritt halten kann.

zent im Land um 50.000 steigen. Setzt man diese Zahl mit dem vom IAB ge­schätzten Rückgang der Arbeitslosigkeit um 10.000 ins Verhältnis, so wird deut­lich, dass nur jede fünfte Stelle aus der Arbeitslosigkeit heraus besetzt wird.

Mehr neue Stellen aus Arbeitslosigkeit heraus zu besetzen, ist das Ziel der BA in Baden­Württemberg für 2014, um kei­nen Nährboden für eine sich wieder ver­festigende Sockelarbeitslosigkeit zu bie­ten. Mangelnde Qualifizierung ist der Hauptgrund, dass es Arbeitslosen der­zeit weniger gelingt, in den Arbeits­markt zurückzukehren. Die Unterneh­men halten ihre Stammbelegschaft, sind aber weniger als noch vor zwei Jah­ren bereit, Arbeitslose bei Neueinstel­lungen zu berücksichtigen.

Die Zuwanderung und die Aktivierung der stillen Reserve wird für die nächsten Jahre ein Teil der Fachkräfteengpässe lindern, aber auf Dauer wird das Thema Qualifizierung im Vordergrund stehen. Denn die Arbeitslosigkeit im Jahre 2020 ist nur noch ein Problem mangelnder Qualifikation und Bildung und nicht mehr fehlender Arbeitsplätze.

In Baden­Württemberg legt die BA größ­ten Wert auf die Investition in Fertigkei­ten und Fähigkeiten der Menschen. Wir setzen auf eine abschluss­ und markt­orientierte Qualifizierung. Wir wissen, dass wir marktferne Kunden noch bes­ser betreuen müssen, damit wir auch deren Integrationschancen in den Ar­beitsmarkt erhöhen.

Ausbildungsmarkt – erste und zweite Chance

Im Jahr 2013 hat sich die Schere zwi­schen angebotenen Stellen und Be­werbern wieder ein wenig geschlos­sen. Erstmals seit vier Jahren war die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstel­len rückläufig und nach drei Jahren Rückgang nahm die Zahl der gemelde­ten Bewerber wieder leicht zu. Der an­haltende Trend zu höheren Schulab­schlüssen, der Rückgang von Altbe­werbern und der wachsende Fachkräf­tebedarf bilden sich noch immer auf dem Ausbildungsmarkt in Baden­Württemberg ab.

Der Trend zu höheren Bildungsab­schlüssen bei Bewerberinnen und Be­werbern für eine Ausbildung setzte sich auch in 2013 fort. Die Bildungsreform der vergangenen Jahre zeigte deutlich ihre Wirkung. Jugendliche mit mittle­rem Bildungsabschluss machten nun den größten Anteil der Bewerberinnen und Bewerber aus.

Der Anteil der Bewerberinnen und Be­werber, die 25 Jahre und älter sind, hat­ten deutlich zugenommen. Hier wirkte sich auch die Initiative der Bundes­agentur für Arbeit „AusBILDUNG wird was – Spätstarter gesucht“ aus, bei der wir arbeitslosen jungen Menschen im Alter zwischen 25 und 35 Jahren eine Erstausbildung ermöglichen, die über keinen Berufsabschluss verfügen. Die Arbeitsagenturen und Jobcenter geben eine zweite Chance für eine Ausbil­dung oder Qualifizierung und beglei­ten die jungen Menschen Schritt für Schritt bis zum Abschluss. Die neue Bundesregierung will dieses Programm engagiert fortführen.

Mit der zweitniedrigsten Arbeitslosig­keit aller Bundesländer zeigte sich der baden­württembergische Arbeitsmarkt im Jahr 2013 mit 235.000 Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt und einer durch­schnittlichen Arbeitslosenquote von 4,1 Prozent etwas schwächer als 2012. Die Sozialversicherungspflichtige Be­schäftigung erreichte mit über 4,14 Mil­lionen den bisherigen Höchststand ei­nes seit 2009 anhaltenden Aufwärts­trends. Die Zuwächse lagen deutlich über dem Bundesschnitt.

In 2013 verzeichneten wir auf dem Ar­beitsmarkt in Baden­Württemberg ein gewisses Paradoxon. Trotz leicht stei­gender Arbeitslosigkeit nahm die Zahl der Sozialversicherungspflichtig Be­schäftigten weiter zu. Auch 2014 geht laut Prognose des Instituts für Arbeits­markt­ und Berufsforschung (IAB) – also die Forschungseinrichtung der Bundes­agentur für Arbeit – der Aufbau der Be­schäftigung nicht mit dem Abbau der Arbeitslosigkeit einher. Laut Prognose wird die Beschäftigung bei einem ge­schätzten BIP­Wachstum von 1,8 Pro­

* Eva Strobel ist Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit.

61Gemeindetag Baden-Württemberg

Allgemeiner TeilBWGZ 1 | 2014

Ist Vollbeschäftigung in Baden­Württemberg möglich?

Vollbeschäftigung ist in Baden­Würt­temberg möglich, wenn es allen Akteu­ren auf dem Arbeitsmarkt – Wirtschaft, Politik und Gesellschaft – gelingt, zu­mindest vier Handlungsfelder konse­quent zu bearbeiten, damit die Men­schen, um die wir uns kümmern, auch fit für den Arbeitsmarkt sind und der Arbeitsmarkt fit wird, für die Menschen, die wir vermitteln können.

Erstes Handlungsfeld: Ausbildung

Beim Thema Ausbildung gilt es, noch stärker den direkten Zugang von der Schule in die Ausbildung zu finden. Die vertiefte Berufsorientierung muss kon­sequent gehandhabt werden. Denn wer bestens über seinen zukünftigen Beruf informiert ist, wird mit höchster Wahr­scheinlichkeit auch seine Ausbildung beenden und den ausgesuchten Karrie­reweg beschreiten. Die Arbeitsagentu­ren und Jobcenter bieten hier auf viel­fältige Weise Hilfestellung an.

Es ist erfreulich, dass sich das Ausbil­dungsbündnis Baden­Württemberg auf ein neues Übergangssystem von der Schu­le in den Beruf geeinigt hat. Vor allem den betrieblichen Aspekt mehr in den Vorder­grund zu rücken, weckt Hoffnungen für einen besser gelingenden Übergang. Es darf bei der dualen Berufsqualifizierung in Bezug auf die ausbildungsreifen, aber marktbenachteiligten Jugendlichen kein künstlicher zweiter Ausbildungsmarkt ge­schaffen werden. Das regionale Über­gangsmanagement muss gut organisiert werden. Die Bundesagentur für Arbeit ist dabei gern bereit, Verantwortung zu über­nehmen und die Vernetzung vor Ort zwi­schen Bildungs­ und Arbeitsmarktakteu­ren zu intensivieren sowie die einzelnen Ansätze besser zu verzahnen.

Eine zweite Chance haben auch die 23.000 arbeitslosen jungen Menschen im Alter zwischen 25 und 35 Jahren ver­dient, die über keinen Berufsabschluss verfügen. Die Arbeitsagenturen und Job­center setzen auf das Thema Erstausbil­dung auch für diese jungen Menschen.

Zweites Handlungsfeld: Frauen

Ein zweites Handlungsfeld auf dem Weg zur Vollbeschäftigung ist das Potenzial der Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Zwar liegt die Frauenerwerbsquote in Baden­Württemberg mit 72,7 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt, aber sie liegt im­mer noch unter der der Männer mit 83,2 Prozent. Gelänge es, diese Quote zu he­ben, könnten 50.000 zusätzliche Arbeits­kräfte gewonnen werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Erhöhung des Arbeits­zeitvolumens bereits beschäftigter Frau­en, der so genannten Förderung der „Vollzeitnahen Teilzeit“. Und wer mehr Frauen auch in technischen Berufen se­hen möchte, der muss sich für eine ge­zielte gendergerechte Berufsorientierung für junge Frauen einsetzen.

Dreh­ und Angelpunkt für eine höhere Frauenerwerbsbeteiligung ist noch immer die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Unsere 52 Beauftragten für Chancen­gleichheit am Arbeitsmarkt in den Arbeits­agenturen und den Jobcentern beraten viel­fältig bei den Möglichkeiten einer familien­orientierten Personalpolitik – gerade auch kleine und mittlere Betriebe. Sie beraten mit Hilfe der Maßnahme „Perspektive Wieder­einstieg“ aber auch Berufsrückkehrerinnen und die Betriebe, über die Möglichkeiten zum Beispiel einer Teilzeitausbildung für Frauen in ihren angestammten oder einen neuen Beruf zurückzukehren. Hier kom­men nun auch in Baden­Württemberg flä­chendeckend unsere Qualifizierungsberate­rinnen und ­berater zum Zuge.

Drittes Handlungsfeld: An­ und Ungelernte

60.000 junge Menschen gehen im Land zwar einer Beschäftigung nach, verfügen aber ebenfalls über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Wenn hier nicht mit Qualifizierung angesetzt wird, ist diese Gruppe eine mögliche Arbeitslosenreserve von morgen. Aus Helfern werden Fach­kräfte, wenn man auf die einzelnen Le­benssituationen eingeht, das Zusammen­spiel beim Übergang Schule­Beruf weiter verbessert und Betriebe noch mehr Flexi­bilität in den betrieblichen Abläufen er­möglichen.

Die Bundesagentur für Arbeit stellt im Land 170 Millionen Euro für das Thema Qualifizierung zur Verfügung, legt gro­ßen Wert auf eine intensive Beratung durch die Agenturen zu Weiterbildungs­angeboten und entwickelt passgenaue Förderangebote von der Umschulung, über die modulare Teilausbildung bis hin zur Vorbereitung der Externenprüfung. Dabei spielen auch die außerbetriebli­chen Berufsbildungsmaßnahmen eine wesentliche Rolle und erwachsenenge­rechte Unterrichtsformen sollten stärker ins Blickfeld rücken.

Viertes Handlungsfeld: Zuwanderung

Neben den skizzierten inländischen Po­tenzialen gehört – sozusagen als Teil ei­ner Doppelstrategie – die Zuwanderung zu einem vierten Handlungsfeld. Unse­re Arbeitsagenturen sind in den regiona­len Fachkräfteallianzen die Ansprech­partner zum Thema Rekrutierung aus dem Ausland und unterstützen – mit Hilfe des internationalen Bereiches der BA – bei der Personalgewinnung aus dem Ausland mit den Programmen Mo­biProEU und TripleWin.

Hierbei sollten wir uns nicht nur auf die EU beschränken, denn auch unsere eu­ropäischen Nachbarn haben mehr oder minder mit demografischen Problemen zu kämpfen, sondern den Blick auch auf Drittstaaten richten. Das heißt jedoch, ein attraktives Zuwanderungsmarketing zu betreiben und eine Willkommens­kultur nicht nur in den Betrieben, son­dern auch in den Städten und Landkrei­sen zu leben. Denn es ist schwer, Fach­kräfte aus dem Ausland zu gewinnen, aber noch schwerer, sie auch zu halten.

Beste Chancen durch Vernetzung

Vollbeschäftigung im Land ist möglich. Dabei gilt es aber, alle Kräfte zu bün­deln, sich bestens zu vernetzen, Doppel­strukturen zu vermeiden und gemein­sam von der Bildung über die Aus­ und Weiterbildung sowie der Qualifizierung im und für den Job an einem Strang zu ziehen.

62 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2014Allgemeiner Teil

Dr. Carmina Brenner *

Neue Zahlen für Stadt und Land

Der Konjunktur gilt zum Jahreswechsel immer unser erster Blick. Was können wir erwarten vom alten Jahr? Was bringt uns das neue Jahr? Und: Mit welchen Veränderungen können die Städte und Gemeinden rechnen?

knapp 1 Prozent gestiegen. Das ent­spricht einem Plus von gut 50.000 Per­sonen. Sehr positiv ist besonders, dass der größte Teil der Beschäftigungszu­nahme den sozialversicherungspflich­tig Beschäftigten zuzuschreiben ist. Und für das neue Jahr rechnen wir erneut mit einem Anstieg der Erwerbstätigen­zahl um knapp 1 Prozent in Baden­Württemberg.

Für das Jahr 2013 ist insgesamt mit ei­nem nominalen Anstieg des verfügba­ren Einkommens der privaten Haushal­te zu rechnen, worauf verschiedene In­dikatoren hinweisen. Damit setzte sich die günstige Entwicklung der Arbeit­nehmereinkommen nicht zuletzt auf­grund der stabilen Arbeitsmarktent­wicklung fort. Im Vorjahresvergleich niedrigere Rohölpreise und infolgedes­sen fallende Preise für Mineralölproduk­te, wirkten sich dämpfend auf den An­stieg der Verbraucherpreise in Baden­Württemberg aus. Im Durchschnitt der Monate Januar bis November lag die Inflationsrate im Land bei 1,3 Prozent. Aber: Im Jahr 2014 dürfte die Inflations­rate, vor allem infolge der zu erwarten­den weltwirtschaftlichen Erholung, wieder anziehen. Für die Gemeinden dürften folgende ausgewählte Aspekte der Wirtschaftsentwicklung von beson­derer Bedeutung sein:

Konjunktur nach Gewerben

Das Baugewerbe insgesamt trägt gut 4 Prozent zur baden­württembergischen Wirtschaftsleistung bei. Der Anteil der in dieser Branche Erwerbstätigen liegt bei gut 5 Prozent. Die konjunkturrele­vanten Kennzahlen des Bauhauptge­werbes insgesamt zeigen eine positive

Entwicklung an: In den ersten 3 Quarta­len des Jahres 2013 übertrafen die bau­gewerblichen Umsätze ihren Vorjahres­wert nominal um 2,7 Prozent. Zum Ver­gleich: Im Verarbeitenden Gewerbe legten die Umsätze im Vorjahresver­gleich um 0,9 Prozent zu, die geleisteten Arbeitsstunden stiegen um 0,5 Prozent, während die Anzahl der Industriebe­schäftigten 1,1 Prozent über dem Vor­jahreswert lag. Gemessen am bauge­werblichen Umsatz ist der Wohnungs­bau mit knapp 40 Prozent die größte Sparte des Bauhauptgewerbes. Hier stie­gen die geleisteten Arbeitsstunden mit 0,9 Prozent weniger stark als im Bau­hauptgewerbe insgesamt, allerdings war schon das Vorjahr recht wachstums­stark, so dass man von einer Normalisie­rung ausgehen kann. Wie der Baden­Württembergische Handwerkstag (BWHT) meldet, blicken die Hand­werksunternehmen des Bauhaupt­ wie des Ausbaugewerbes von allen Hand­werksgruppen am optimistischsten in die Zukunft.

Tourismus vor neuem Rekord?

Das Gastgewerbe umfasst das Beherber­gungsgewerbe und die Gastronomie. In der Gastronomie lagder Umsatz der Mo­nate Januar bis September 2013 preisbe­reinigt um 0,8 Prozent unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Lediglich bei den Caterern und Anbietern von sonstigen Verpflegungsdienstleistungen legten die realen Erlöse mit einem Plus von 3,2 Pro­zent deutlich zu. Im Beherbergungsge­

Nachdem die Wirtschaftsleistung im ersten Halbjahr 2013 gegenüber dem Vorjahr leicht rückläufig war, setzte in der zweiten Jahreshälfte der Auf­schwung ein. Wir erwarten daher für das Gesamtjahr 2013 ein reales Wirt­schaftswachstum von gut 0,5 Prozent. Die guten Rahmenbedingungen für die Binnennachfrage und das günstiger werdende internationale Konjunktu­rumfeld sprechen dafür, dass die Wirt­schaft weiter Fahrt aufnehmen wird. Für 2014 erwarten wir ein reales Wirt­schaftswachstum von rund 1,75 Pro­zent in Baden­Württemberg.

Rückenwind für die Binnennachfrage geht vor allem von der Beschäftigungs­situation im Land aus. Im Durchschnitt der Monate Januar bis November waren lediglich rund 235.000 Personen ar­beitslos gemeldet. Hieraus ergibt sich eine durchschnittliche Arbeitslosen­quote von 4,1 Prozent. Auch die Anzahl der Erwerbstätigen ist im Jahr 2013 um

* Dr. Carmina Brenner ist Präsidentin des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg.

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BWGZ 1 | 2014 Allgemeiner Teil

werbe sanken die Umsätze preisbereinigt sogar um 2,0 Prozent. Dagegen war die Beschäftigungsentwicklung stabil. Im Be­herbergungsgewerbe lag die Beschäftig­tenzahl in den ersten 3 Quartalen um 1,5 Prozent, in der Gastronomie um 1,2 Pro­zent über dem Niveau des Vorjahreszeit­raums. Nachdem in den beiden Vorjah­ren jeweils neue Spitzenwerte bei der Gästezahl und den Übernachtungen er­zielt worden waren, ließ sich in den ers­ten 9 Monaten 2013 bei wechselnden Veränderungsraten im Jahresverlauf ins­gesamt eine Stagnationstendenz erken­nen. Zum traditionellen Saisonhöhe­punkt in den beiden Hochsommermona­ten Juli und August wurde das Vorjahres­ergebnis jedoch klar übertroffen. Auf das ganze Jahr gerechnet dürfte 2013 mit ei­nem leichten Plus bei den Gästeankünf­ten und einem leichten Minus bei den Übernachtungen bei beiden Größen in etwa wieder das hohe Niveau des Vorjah­res erreicht worden sein.

Analog zu den letzten Jahren entwickel­ten sich auch 2013 die Übernachtungen der Reisenden aus dem Inland und dem Ausland unterschiedlich. Wie in den meisten Jahren seit der Jahrtausendwen­de hob sich die Entwicklung bei den Aus­landsgästen deutlich positiv von der der deutschen Gäste ab. Dank eines Anstiegs um 4,5 Prozent verfehlten die Übernach­tungen von Auslandsgästen 2013 mit 9,9 Mill. die 10 Mio.­Schwelle nur noch knapp. Die zunehmende Bedeutung der internationalen Kunden für den heimi­schen Tourismus lässt sich auch daran erkennen, dass ihr Anteil an den Gäste­übernachtungen im Land 2013 erstmals die Grenze von 20 Prozent überschritt. Zum Vergleich: 10 Jahre zuvor hatte der Anteil noch bei 15 Prozent gelegen.

Haushalt und Dienstleistungen

Im Zeitraum von Januar bis September 2013 lag die Zahl der sozialversiche­rungspflichtig Beschäftigten im Ge­sundheits­ und Sozialwesen im Land um mehr als 10.000 über dem Niveau des Vorjahreszeitraums. 2012 war die Zunahme nur halb so hoch ausgefallen. Im Gesundheitshandwerk, zu dem Au­genoptiker, Orthopädietechniker und

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BWGZ 1 | 2014

Zahntechniker gehören, blieb die Be­schäftigung in der ersten Hälfte 2013 zwar unverändert gegenüber dem Vor­jahreszeitraum, die Umsätze stiegen je­doch leicht an. Die große Anstrengung der Gemeinden im Land, die Kinderbe­treuung auszubauen, zeigt sich im Wirt­schaftsbereich „Erziehung und Unter­richt“. Die Zahl der sozialversicherungs­pflichtig Beschäftigten lag in dieser Dienstleistungssparte, wohl nicht zu­letzt durch den Ausbau der Kindertages­stätten, um über 3.000 über dem Niveau des Vorjahreszeitraums.

Leben und Wohnen

Die Ausgaben rund ums Wohnen, dazu gehören vor allem Ausgaben für Mieten, Nebenkosten sowie Heiz­ und Stromkos­ten, sind der größte Posten im Budget eines durchschnittlichen Haushalts. Die mit 21 Prozent im Verbraucherpreisin­dex am höchsten gewichteten Nettomie­ten stiegen im Durchschnitt der ersten 11 Monate 2013 um 1,2 Prozent über das Vorjahresniveau. Haushaltsenergie ver­teuerte sich in diesem Zeitraum, trotz sinkender Heizölpreise, um durch­schnittlich 3,7 Prozent. Verantwortlich hierfür waren in erster Linie die von den Verbrauchern zu bezahlenden Strom­preise, die um gut 10 Prozent über dem Niveau des Vorjahreszeitraums lagen. Der Anstieg der Verbraucherpreise wird sich im Jahr 2014 in Deutschland und Baden­Württemberg voraussichtlich leicht beschleunigen. Absehbar ist u.a. die Erhöhung der Tabaksteuer. Wahr­scheinlich wird der Strom im Zuge einer weiteren Erhöhung der EEG­Umlage teu­rer. Die aktuellen Gutachten der Wirt­schaftsforschungsinstitute und des Sach­verständigenrates erwarten, bei konstan­ten Rohölpreisen, für Deutschland im Jahr 2014 einen Anstieg der Verbraucher­preise um 1,9 Prozent.

Zuwanderer kommen auch 2014

Erneut zulegen dürften auch die Bevöl­kerungszahlen in Baden­Württemberg. Die Osterweiterung der EU und die seit Mai 2011 vollständige Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes für die Bürge­

Allgemeiner Teil

Die neuen CD­ROMs – Pflege in Baden­Württemberg

schließlich der Angaben zu den Amtsleitun-gen. Zudem zahlreiche Übersichtskarten so-wie die Anschriften im CSV-Format.

Schulen in Baden­Württemberg

Das Gesamtverzeichnis der Schulen in Ba-den-Württemberg erscheint im Januar 2014 zum Preis von 101 Euro. Dazu gehören ne-ben Grund-, Haupt-, Werkreal-, Realschulen und Gymnasien auch Berufliche Schulen, In-ternate, Sonderschulen, Ganztagesschulen sowie Angaben zum zweiten Bildungsweg. Die Verzeichnisse können auch als E-Mail-Produkt bestellt werden.

Bestellung unter

www.statistik-bw.de (Veröffentlichungen)[email protected]

Im Verzeichnis der Pflegeeinrichtungen in Baden-Württemberg werden 2.400 Adressen der stationären und ambulanten Pflege seri-endruckfähig ausgewiesen. Neben der An-schrift mit allen Kontaktdaten sind auch die Internet- sowie die Trägeradressen vermerkt. Bei den stationären Einrichtungen ist zudem die Zahl der Pflegeplätze angegeben. Das Verzeichnis ist nach Gemeindekennziffern und Kreisen aufgebaut: Preis: 51 Euro.

Amtliches Gemeindeverzeichnis

Das Amtliche Gemeindeverzeichnis mit den Einwohnerzahlen der Gemeinden erscheint im Januar 2014 für 51 Euro. Angegeben sind die Postanschriften, die Internetadressen und E-Mail-Anschriften sowie die Telefonnum-mern aller baden-württembergischen Städte und Gemeinden und Landratsämter ein-

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BWGZ 1 | 2014 Allgemeiner Teil

für die Mehrheit der privaten Haushalte die Einkünfte aus abhängiger Beschäfti­gung die wichtigste Einkommensquelle dar. Nach vorläufigen Angaben des Sta­tistischen Bundesamtes stieg das Arbeit­nehmerentgelt, das heißt die Summe aus den Bruttolöhnen und ­gehältern sowie den Sozialbeiträgen der Arbeitge­ber, bundesweit im 1. Halbjahr 2013 um 2,8 Prozent. Die Bruttolöhne und ­ge­hälter lagen um 3 Prozent über ihrem entsprechenden Vorjahreswert. Dage­gen blieben die Einkommen privater Haushalte aus unternehmerischer Tätig­keit und aus Vermögen im 1. Halbjahr 2013 hinsichtlich der Wachstumsrate deutlich hinter den Einkommen aus un­selbstständiger Arbeit zurück. Auf Lan­desebene dürften sich zwar die für die 2. Jahreshälfte prognostizierten besse­ren Konjunkturaussichten positiv auf die beiden Einkommenskomponenten auswirken, doch belastet das anhaltend niedrige Zinsniveau die Vermögensein­kommen. Vor diesem Hintergrund ist für die Haushalte in Baden­Württem­berg im ablaufenden Kalenderjahr nur mit einem geringen Zuwachs ihrer Ein­kommen aus unternehmerischer Tätig­keit und Vermögen zu rechnen.

ausschließlich ländlich strukturierte Kreise Verluste bei der Einwohnerzahl verzeichneten.

Um auf die Zukunft vorbereitet zu sein, hilft immer ein Blick in die Vergangen­heit. So entstanden zwischen dem Jahr 2000 bis zum Jahr 2011 im Land per Saldo fast 300.000 Arbeitsplätze. Das ist ein Zuwachs um +5,5 Prozent. Die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden aller Er­werbstätigen (Arbeitsvolumen) stieg im gleichen Zeitraum lediglich um 1,0 Pro­zent. Nach den Berechnungen des Ar­beitskreises „Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder“ gab es in diesem Zeitraum in 39 der insgesamt 44 Stadt­ und Landkreise mehr Erwerbstä­tige, während die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden, Indikator für den Ar­beitseinsatz der Wirtschaft, lediglich in 23 Kreisen zunahm.

Anders ausgedrückt: Im Jahr 2011 wur­de in 21 Stadt­ und Landkreisen weniger gearbeitet als noch im Jahr 2000. Aus­schlaggebend für die gute Arbeitsmarkt­entwicklung bei den Spitzenreitern un­ter den 10 Stadt­ und Landkreisen war, dass dort nicht nur die Zahl der Teilzeit­beschäftigten von 2000 bis 2011 zuge­nommen hat, sondern es in fast allen diesen Kreisen zusätzlich einen Zu­wachs an Vollzeitbeschäftigten gab.

Einkommen und Vermögen

In unserer Zusammenstellung „Wirt­schafts­ und Sozialentwicklung“ infor­mieren wir weiter über die Vielfalt der Lebensformen im Südwesten, über kin­derreiche Familien sowie auch zu Ein­künften der Menschen. Danach stellen

rinnen und Bürger der 2004 der EU bei­getretenen Staaten haben wesentlich zum Anstieg der Zuwanderung beigetra­gen. Als Einflussfaktor nicht zu unter­schätzen ist aber auch die Tatsache, dass sich Wirtschaft und Arbeitsmarkt hier­zulande schneller als in anderen EU­Staaten von der Wirtschafts­ und Fi­nanzkrise erholten und auch die kon­junkturelle Abschwächung seit 2012 hier milder ausfiel. Zum 1. Januar 2014 entfallen die Arbeitnehmerfreizügig­keitsbeschränkungen für Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer aus Rumä­nien und Bulgarien. Daher wird aller Voraussicht nach die kräftige Zuwande­rung nach Baden­Württemberg auch 2014 noch anhalten und das Geburten­defizit mehr als ausgleichen.

Zensus fast kompensiert

Die durch den Zensus festgestellte gerin­gere Einwohnerzahl im Land konnte in­nerhalb von zwei Jahren bereits zu 40 Prozent „kompensiert“ werden. Zur Erin­nerung: In Deutschland fand zum Stich­tag 9. Mai 2011 der Zensus statt. Für Ba­den­Württemberg hatte diese Zählung ergeben, dass rund 274.000 Menschen weniger im Südwesten leben als bislang nach der amtlichen Bevölkerungsfort­schreibung ausgewiesen war. Seither hat sich die Einwohnerzahl bis Ende Juni 2013 um rund 111.000 Personen erhöht. Von den 44 Stadt­ und Landkreisen Ba­den­Württembergs konnten seit dem Zensusstichtag immerhin 36 ihre Ein­wohnerzahl steigern. Unter ihnen waren 10 Kreise, bei denen der Anstieg bei über 4.000 Personen lag. Den mit Abstand höchsten absoluten Bevölkerungszu­wachs verzeichnete die Landeshaupt­stadt Stuttgart mit einem Plus von gut 14.000 Personen. Prozentual am stärks­ten war der Anstieg der Bevölkerungs­zahl in Freiburg im Breisgau (+4,2 Pro­zent). Die höchsten absoluten Bevölke­rungsrückgänge gab es dagegen in den Landkreisen Freudenstadt und Rottweil sowie im Neckar­Odenwald­ und im Zol­lernalbkreis mit jeweils zirka 1.000 Perso­nen. Fast alle Stadtkreise und stärker ver­dichteten Landkreise haben im Betrach­tungszeitraum deutliche Bevölkerungs­zuwächse erzielen können, während

Einbürgerungen online

Ab sofort können online regionalisierte Er-gebnisse aus der Einbürgerungsstatistik seit dem Berichtsjahr 2000 abgerufen werden: Für die 44 Stadt- und Landkreise, für die 12 Regionen, für die 4 Regierungsbezirke so-wie für das Land Baden-Württemberg.

www.statistik-bw.de(Fläche Bevölkerung/ Bevölkerung/Einbürgerungen)

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Günther H. Oettinger *

Erneuerbare Energien in der EU – bis 2020 und danach

Im Jahr 2009 haben sich die Mitglied­staaten der Europäischen Union das Ziel gesetzt, ihren Energiebedarf bis 2020 zu 20 Prozent mit erneuerbaren Energien zu decken. Über drei Jahre später arbei­ten wir noch immer daran, dieses Ziel zu erreichen. Unserer jüngster Bericht über erneuerbare Energien lässt zwar Fort­schritte bis zum Jahr 2010 erkennen, gibt aber auch Anlass zur Sorge für die Zukunft: Die Umsetzung der Richtlinie von 2009 über erneuerbare Energien hat mehr Zeit in Anspruch genommen als vorgesehen, wobei auch die derzeitige Wirtschaftskrise in Europa eine Rolle gespielt hat.

Da der indikative Kurs für die letztend­liche Erreichung der Ziele mit der Zeit einen steileren Verlauf nimmt, verlangt das von den meisten Mitgliedstaaten in Wirklichkeit in den kommenden Jahren größere Anstrengungen. Nur mit den derzeitigen Strategien allein wird es in den meisten Mitgliedstaaten nicht mög­lich sein, die erforderliche Verbreitung der erneuerbaren Energien anzustoßen. Die Mitgliedstaaten werden also zusätz­

* Günther H. Oettinger ist EU-Kommissar für Energie.

liche Anstrengungen unternehmen müssen, um den Kurs in den kommen­den Jahren einzuhalten.

Um einen funktionierenden Markt zu gewährleisten, müssen wir aber nicht nur in die Energieerzeugung aus erneu­erbaren Energieträgern investieren, son­dern auch in die Netze. Erstens brau­chen wir intelligente Netze, die für Ein­speisungen aus verschiedenen Quellen und in unterschiedlichen Mengen aus­gelegt und in der Lage sind, Leistungs­ungleichgewichte auszugleichen und eine unterbrechungsfreie Versorgung der Verbraucher sicherzustellen. Zwei­tens brauchen wir eine Förderung für die erneuerbaren Energien, die nicht zu schädlichen Verzerrungen zwischen den Ländern führt. Alle EU­Mitglied­staaten werden ihre Kapazitäten an er­neuerbaren Energien ausbauen, und wir müssen dafür sorgen, dass es durch die staatliche Förderung in einem Land an­derswo nicht schwieriger und unrenta­bel wird, den Anteil der erneuerbaren Energien zu steigern. Außerdem müssen sich die erneuerbaren Energien eines Ta­ges im offenen Wettbewerb gegen ande­re Energieträger behaupten können. Es ist durchaus richtig, dass wir sie als jun­ge Technologie mit öffentlichen Mitteln fördern, aber wir können kein System zulassen, das zu stark auf derartige Un­terstützung angewiesen ist, da dies nicht tragfähig wäre.

Der Schlüssel zum Erfolg ist ein System, das Investoren Sicherheit bietet. Die meisten Mittel für den Umbau unseres Energiesystems werden aus privaten Quellen kommen, und die Regierungen müssen Signale an die Investoren sen­den, dass sie mit einer guten Rentabilität rechnen können, wenn sie sich für euro­päische Energieprojekte entscheiden.

In der Zeit nach 2020 wird der Ausbau der erneuerbaren Energien ohne einen

geeigneten Rahmen einen Einbruch er­leben. Darum müssen wir einen Rah­men für 2030 festlegen. Im März dieses Jahres haben wir ein Grünbuch vorge­legt, das mit den Interessenträgern und den Mitgliedstaaten erörtert wird, bevor ein konkreter Vorschlag erfolgt. Eine der zentralen Fragen besteht darin, ob wir – wie für 2020 – ein verbindliches Ziel für erneuerbare Energien oder lediglich ein technologieneutrales Ziel für CO2

vorgeben sollten.

Man kann sich fragen: „Warum eigent­lich erneuerbare Energien?” Die Ant­wort ist einfach. Mehrere Studien zei­gen, dass der kosteneffektivste Weg zu einem Energiesektor mit weniger CO2­Emissionen über einen diversifizierten Mix kohlenstoffarmer Energiequellen führt. Dazu sind erhebliche Investitio­nen in die Energieinfrastruktur in ganz Europa notwendig, und unsere Analy­sen besagen, dass es am kosteneffektivs­ten ist, so früh wie möglich damit zu beginnen.

In der Tat werden sich Infrastrukturin­vestitionen im großen Maßstab für die europäische Wirtschaft lohnen, da sie zur Schaffung von Arbeitsplätzen für den Aufbau und den Betrieb der neuen Systeme und damit zu einer Belebung der Wirtschaft führen werden. Darum darf man nicht vergessen, dass „grünes Wachstum” nicht einfach die Verbrei­tung grüner Technologien bezeichnet, sondern das Wachstum der gesamten Wirtschaft dank grüner Projekte.

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Andreas Bracht *

Neckarsulm – lebendige Stadt mit vielen Gesichtern

Die neue Mitgliedskommune des Gemeindetags Baden-Württemberg stellt sich vor

Die Große Kreisstadt Neckarsulm ist eine dynamische Stadt mit vielen Gesichtern: innovativer Wirtschaftsstandort, traditioneller Produktionsstandort der Automobilindustrie, preisgekrönte Solarstadt, historische Deutschordensstadt mit Weinbautradition, lebenswerter und familienfreundlicher Wohnort, kundenfreundliche Einkaufsstadt mit großem Freizeitwert.

NSU geboren. Im Jahr 1900 war NSU in Neckarsulm die erste Motorradfabrik Deutschlands. Mit dem Original Neckar­sulmer Motorwagen wurde 1906 das ers­te eigene Automobil produziert. Die le­gendären Automodelle, die den Ruf der Marke bis heute begründen, wurden nach 1958 gebaut, allen voran der NSU Prinz und der NSU RO 80, der technisch seiner Zeit weit voraus war und 1967 zum „Auto des Jahres“ gekürt wurde. Ein metallicgrünes Exemplar aus dem Jahr 1976, das dem Deutschen Zweirad­ und NSU­Museum gehört, ist heute noch im offiziellen Einsatz. Es dient Oberbürger­meister Joachim Scholz als Dienstwagen für besondere Anlässe.

Audi ist mit Abstand größter Arbeitgeber

1969 fusionierten die „NSU Motoren­werke AG“ mit der VW­Tochter „Auto Union GmbH“ zur „Audi NSU Auto Union AG“. Neckarsulm wurde Haupt­sitz des neuen Unternehmens. Seitdem setzt Audi die NSU­Tradition fort: Fort­schritt und Innovation prägen den Pro­duktionsstandort Neckarsulm bis heute.

In der größten Stadt des Landkreises Heilbronn werden die alte Kulturtech­nik des Weinbaus gepflegt und moderne Solarenergie gefördert. Zeitgenössische Solarplastiken verschönern das Stadt­bild ebenso wie historische Bildstöcke. Als Vorreiter beim Einsatz regenerativer Energien hat sich die Deutschordens­stadt auch europaweit einen Namen ge­macht. Im Solarstadtteil Amorbach wird ein ganzes Neubaugebiet zu annähernd 50 Prozent mit Sonnenenergie beheizt. Es ist der Gegensatz zwischen Tradition und Moderne, der den besonderen Reiz der Stadt ausmacht.

Mit NSU begann der rasante Aufstieg

Das früher hauptsächlich von der Land­wirtschaft und dem Weinbau geprägte Neckarsulm entwickelte sich vom späten 19. Jahrhundert an zu einer Industrie­stadt. Den größten Anteil an der Indust­rialisierung hatte die seit 1880 in Neckar­sulm ansässige Strickmaschinenfabrik Christian Schmidt. Sie produzierte später Fahrräder, Motorräder und Autos unter einem Firmennamen, der auch heute noch Fans in aller Welt begeistert: NSU. In der wortwörtlichen Bedeutung ver­birgt sich hinter der Traditionsmarke die bis heute allgemein gebräuchliche Ab­kürzung des Stadtnamens (NeckarSUlm). Im übertragenen Sinn steht NSU für ein bedeutendes Kapitel der Technikge­schichte. Bis heute machen fahrbare Un­tersätze „made in Neckarsulm“ Men­schen in aller Welt mobil.

1886 begann Christian Schmidt in sei­nem Strickmaschinenwerk mit der Fahr­radproduktion. 1892 wurde die Marke

* Andreas Bracht ist zuständig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Neckarsulm.

OB Joachim Scholz nutzt einen historischen NSU RO 80, Baujahr 1976, als Dienstwagen für besondere Anlässe.

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Mit inzwischen 15.000 Beschäftigten im Audi Werk Neckarsulm ist die Audi AG traditionell der größte Arbeitgeber in der Stadt und in der Region Heilbronn­Franken. 2013 meldete das Unterneh­men mit 270.000 Fahrzeugen einen neuen Produktionsrekord. Zu besichti­gen sind die aktuellen Modelle im futu­ristisch anmutenden Audi Forum.

Neben Audi prägen weitere Unterneh­men von Weltruf den Wirtschaftsstand­ort Neckarsulm. Dazu gehören der Auto mobilzulieferer Kolbenschmidt­Pier­burg AG, eine Tochter des Rheinmetall­Konzerns, sowie die Unternehmens­gruppe Schwarz mit den international agierenden Handelsriesen Lidl und Kaufland. Dank einer zielgerichteten Ansiedlungspolitik ist auch die IT­Bran­che inzwischen zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden. So ist das größte Systemhaus Deutschlands, die Bechtle AG, im Gewerbegebiet „Trend­park Süd“ zuhause. Daneben tragen zahlreiche Mittelstandsbetriebe wie das traditionsreiche Unternehmen Franz Binder GmbH & Co. Elektrische Bauele­mente KG zum wirtschaftlichen Erfolg des Standorts bei. Dass Neckarsulm zu den bedeutendsten Wirtschaftsstandor­ten in Baden­Württemberg zählt, ver­deutlicht nicht zuletzt ein besonderes Strukturmerkmal: Die Stadt weist mit rund 34.000 sozialversicherungspflich­

tig Beschäftigten mehr Arbeitsplätze als Einwohner (26.000) auf.

Das „Kleeblatt“ der Kultur­ und Bildungseinrichtungen prägt das kulturelle Leben

Der dynamischen Wirtschaftsentwick­lung entspricht eine städtische Infra­struktur, die höchsten Anforderungen genügt. Die Mediathek, die Volkshoch­

schule, die Musikschule und die städti­schen Museen bilden das „Kleeblatt“ der kommunalen Kultur­ und Bildungs­einrichtungen. Gemeinsam ermögli­chen sie allen Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu Bildung, Kultur und Wis­sen, schaffen Lebensqualität und prä­gen das kulturelle Leben der Stadt.

Ein wahrer Publikumsmagnet in der In­nenstadt ist die Mediathek. Das Infor­mations­ und Kommunikationszent­rum besteht aus zwei Gebäudeteilen und bietet auf einer Netto­Grundrissflä­che von zweitausend Quadratmetern ein umfangreiches Mediensortiment für alle Altersgruppen, kostenlos nutzbare Internet­Terminals und Multimedia­plätze, eine eigene Kinderabteilung und einen separaten Veranstaltungsraum für Autorenlesungen und Vorträge. Besu­cher bis zum vollendeten 19. Lebens­jahr können das Mediensortiment der Mediathek kostenfrei nutzen. Im Herbst 2011 erhielt die Mediathek Neckarsulm als eine der ersten Bibliotheken in Deutschland das Qualitätszertifikat „Ausgezeichnete Bibliothek“, das auf international anerkannten Qualitäts­managementmodellen basiert.

Eine ausgezeichnete Bildungseinrich­tung ist auch die städtische Volkshoch­schule. 2013 verlieh der Volkshoch­

Das moderne Gebäude der städtischen Volkshochschule bietet beste Rahmenbedingungen für die Erwachsenenbildung.

Mit ihrem umfangreichen Medienangebot für alle Altersgruppen ist die Mediathek ein Publikumsmagnet in der Innenstadt.

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Grundschulen zu einem Ganztagsange­bot ausgeweitet. Zu den ergänzenden Unterrichtsangeboten gehört die Schul­sozialarbeit. Sie ist Bestandteil der kom­munalen Jugendarbeit und in allen Schularten fest etabliert. Darüber hin­aus sichert die Stadt auch die Verpfle­gung der Schülerinnen und Schüler. An allen Schulen stellt die Stadt eine warme Mittagsmahlzeit bereit. 2013 wurden an den städtischen Schulen insgesamt 65.000 Essen ausgegeben.

Breites Angebot für die Kleinen

Neben der Bildung legt die Stadt beson­deren Wert auf die Betreuung. Das Be­treuungsangebot in den städtischen Kindertagesstätten wurde in den zu­rückliegenden Jahren bedarfsgerecht und zielgerichtet ausgebaut. So hat die Stadt nicht nur zusätzliche Betreuungs­plätze für Kinder unter drei Jahren ge­schaffen, sondern die städtischen Kin­dertageseinrichtungen auch in qualita­tiver Hinsicht weiterentwickelt. Zum Neckarsulmer Qualitätsstandard gehört die Einführung von teilweise freigestell­ten Kita­Leiterinnen ebenso wie das Mo­dell der flexiblen Öffnungszeiten in den 15 städtischen Kitas. Die Eltern können je nach Bedarf ein festes Stundenkon­tingent buchen. Das Angebot reicht von Regelgruppen über Gruppen mit verlän­gerten Öffnungszeiten bis hin zur Ganz­tagesbetreuung.

Wer mehr über die Geschichte der Stadt erfahren möchte, ist im Stadtmuseum an der richtigen Adresse. Beheimatet ist das 2007 eröffnete Stadtmuseum in ei­nem 1545 erbauten Ackerbürgerhaus. Die Stadt ließ das denkmalgeschützte Gebäude, das zu den ältesten erhaltenen Bauzeugnissen in Neckarsulm zählt, mit großem Aufwand sanieren und umbau­en. In den historischen Mauern wurde eine hochmoderne Museumskonzepti­on verwirklicht. Lebendige Inszenierun­gen aus Hörspielen, Videofilmen und Projektionen laden den Besucher zu ei­ner erlebnisreichen Zeitreise durch 1200 Jahre Stadtgeschichte ein. Mit dieser multimedialen museumspädagogischen Konzeption gehört das Stadtmuseum Neckarsulm zu den Highlights der Muse­umslandschaft in Baden­Württemberg. 2009 war es Preisträger des Wettbewerbs „Vorbildliches Heimatmuseum“ im Re­gierungsbezirk Stuttgart.

In Neckarsulm werden Bildung und Betreuung groß geschrieben

Bildung hat in Neckarsulm einen beson­deren Stellenwert. Das beweist schon der Blick auf die schulische Infrastruk­tur. Vor Ort sind alle Schularten vertre­ten, darunter auch eine Fachschule für Sozial­ und Heilpädagogik, eine gewerb­liche Berufsschule und eine Schule für Geistig­ und Körperbehinderte. Zu den städtischen Schulen gehören eine Ge­meinschaftsschule, ein Gymnasium, eine Realschule, zwei Grund­ und Hauptschulen mit Werkrealschulen, zwei Grundschulen und eine Förder­schule für Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf. Als Schulträ­ger sorgt die Stadt nicht nur für eine zeitgemäße Ausstattung der Unter­richtsräume, sondern schafft auch die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der Ganztagsbetreuung.

Mittel­ bis langfristig sollen sich alle Grundschulen in Neckarsulm nach ei­nem Beschluss des Gemeinderates zu genehmigten Ganztagsschulen in offe­ner Angebotsform weiterentwickeln. Um den vorhandenen Betreuungsbe­darf kurzfristig zu sichern, hat die Stadt die Kernzeitenbetreuung an allen

schulverband Baden­Württemberg der VHS Neckarsulm zum zweiten Mal ein Qualitätszertifikat und bestätigte damit, dass an dieser städtischen Kulturein­richtung Bildungsarbeit von hoher Qualität geleistet wird.

Maßstäbe setzt das kommunale Zent­rum für Erwachsenenbildung auch in punkto Raumprogramm. Das 2005 ein­geweihte VHS­Gebäude umfasst eine Nutzfläche von 2.650 Quadratmetern. Über drei Geschosse verteilen sich mo­derne Seminarräume, Werkstätten, mul­tifunktional nutzbare Veranstaltungs­räume, ein EDV­Zentrum, eine Lehrkü­che und eine Cafeteria. Auf dem Dach dient ein Sinnesgarten der Ruhe und Entspannung.

Aus­ und Weiterbildung auf hohem Ni­veau bietet auch die städtische Musik­schule mit preisgekrönten Ensembles und einem eigenen Jugendsinfonieor­chester. Die schon traditionell hohe Er­folgsquote beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ ist Beweis für das hohe Leis­tungs­ und Unterrichtsniveau. Das Un­terrichtsangebot reicht von der musika­lischen Früherziehung über die klassi­schen Unterrichtsfächer bis hin zur Popmusik. So ist es nicht verwunder­lich, dass die Schülerinnen und Schüler aus einem Umkreis von bis zu 30 Kilo­metern nach Neckarsulm kommen, um an der städtischen Musikschule Unter­richtet zu nehmen.

Die mehr als 180­jährige Technik­ und Automobilgeschichte, die in Neckar­sulm geschrieben wurde, wird im Deut­schen Zweirad­ und NSU­Museum le­bendig. Die deutschlandweit größte historische Sammlung dieser Art ist seit 1956 im historischen Deutschordens­schloss beheimatet. Sie umfasst rund 400 Exponate vom ersten Laufrad über Hoch­ und Fahrräder, Motorfahrzeuge und ­produkte der legendären Marke NSU bis hin zu Motorrädern vieler Na­tionen und Fabrikate. Regelmäßige Sonderschauen ergänzen die Daueraus­stellung. Zu den neu konzipierten Aus­stellungsbereichen gehören das Forum mit Erlebniskino im Erdgeschoss und der Fahrradraum im ersten Oberge­schoss.

Liebevoll sanierte historische Gebäude wie das Stadtarchiv säumen die Fußgängerzone in der Innenstadt.

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veranstaltet auch die mobile Jugendar­beit in der Kernstadt und im Stadtteil Amorbach regelmäßig Aktionen und Projekte mit Jugendlichen für Jugendli­che. Auch die Schulsozialarbeiterinnen gehören zum Team des Kinder­ und Jugendreferats.

Wer im Alter auf Hilfe und Betreuung angewiesen ist, kann auf die Sozialstati­on Neckarsulm­Erlenbach­Untereises­heim zählen. Sie versorgt seit mehr als 30 Jahren pflegebedürftige alte Men­schen zuhause. Unabhängige Beratung in allen Fragen zum Themenkomplex Alter, Pflegebedürftigkeit und Behinde­rung bietet die IAV­Stelle (Information, Anlauf und Vermittlung).

Örtliche Vereine, Kirchen, soziale Orga­nisationen, Einrichtungen für betreutes Wohnen und die städtische Begeg­nungsstätte in der Neuenstädter Straße ergänzen die soziale Infrastruktur für Senioren. Darüber hinaus ermöglicht der Neckarsulmer Stadtbus mit seinen fünf Linien und Taktzeiten von 15 bis 30 Minuten, dass auch ältere Menschen in Neckarsulm mobil bleiben. Auch die

rem im bestens ausgestatteten Kinder­Jugend­Kultur Zentrum „Gleis 3“ am Bahnhof. Neben der offenen Jugendarbeit

Bereits seit 2006 wird die Sprachförde­rung kostenlos und flächendeckend in allen städtischen Kitas angeboten. An Eltern mit Migrationshintergrund rich­tet sich das Modellprojekt „Kuselbi –Kultursensible Elternbildung“. Es stärkt die Erziehungskompetenzen der Eltern, damit die Kinder mit Migrationshinter­grund nicht nur in der Kita, sondern auch zuhause optimal gefördert wer­den. Schirmherrin des Projekts ist Inte­grationsministerin Bilkay Öney.

Zusätzlich zur städtischen Sprachförde­rung können die Kitas an dem vom Land initiierten Förderprogramm „Singen­Bewegen­Sprechen“ (SBS) teilnehmen. Es wird in Neckarsulm in Kooperation mit der Städtischen Musikschule ange­boten. Die Stadt hat dieses Förderpro­gramm auf eigene Kosten auch an den städtischen Grundschulen eingeführt.

Eine Stadt für alle Generationen

In Neckarsulm sollen sich Menschen al­ler Altersgruppen wohlfühlen. Regelmä­ßige Angebote und Aktionen für die jun­ge Generation veranstaltet das städtische Kinder­ und Jugendreferat unter ande­

Das 1781/1782 erbaute Rathaus ist Mittelpunkt der neu gestalteten Fußgängerzone, die 2005 fertig gestellt wurde.

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Die großzügig gestaltete Fußgängerzone lädt zum Bummeln und Flanieren ein.

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können in der „Piratenwelt“, einer tro­pischen Wasserspiellandschaft mit Was­sergrotte, Tropfsteinhöhle, Kletterfelsen und Hängebrücke, spielerisch das nasse Element erkunden.

Für einen gemütlichen Einkaufsbum­mel ist Neckarsulm der ideale Ort. Da­

und Solarien. Saunafans können sich über tolle Attraktionen freuen: In einer Solegrotte aus Naturstein kann man wie im Toten Meer in warmem Salzwasser schweben, und in der Panoramasauna lässt sich der herrliche Ausblick ins Sulmtal genießen. Auch die kleinen Be­sucher kommen auf ihre Kosten. Sie

Stadtbahn macht Station in Neckar­sulm. Voraussichtlich von Mitte 2014 an können die Fahrgäste an fünf Halte­punkten ein­ und aussteigen. Um die Lebenssituation der älteren Generation vor dem Hintergrund des demografi­schen Wandels weiter zu verbessern, will sich die Stadt in einem Planungs­prozess verstärkt dem Thema Senioren­freundlichkeit widmen und eine kom­munale Altenhilfeplanung auf den Weg bringen.

Eine besonders sportfreundliche Kommune

Neckarsulm ist traditionell eine sport­freundliche Stadt. Mit zwölf Sportplät­zen und 24 Halleneinheiten in 14 Sport­hallen verfügt die Stadt über ein – ge­messen an der Einwohnerzahl – über­durchschnittliches Angebot. Ideale Bedingungen für den Schwimmsport bietet das neue Hallenbad, das im Mai 2014 gegenüber dem Freizeitbad „Aqua­toll“ eröffnet wird. Das 21 Meter breite und 50 Meter lange Schwimmbecken kann mit Hilfe einer Hubwand und ei­nes Hubbodens flexibel genutzt werden und steht Vereinen, Schulen und der Bürgerschaft zur Verfügung.

Im Rahmen der kommunalen Sportent­wicklungsplanung rüstet sich die Stadt für den demografischen Wandel und schafft die Voraussetzungen für eine zu­kunftsorientierte Sportpolitik. Die in diesem Prozess gewonnenen konkreten Handlungsempfehlungen dienen dazu, die Angebote, Organisationsformen und Sport­ und Bewegungsräume in Ne­ckarsulm optimal und zukunftsgerecht weiterzuentwickeln.

Die Freizeit aktiv genießen

Nicht nur auf dem Sportplatz kann man in Neckarsulm die Freizeit aktiv genie­ßen. Zum Urlaub unter Palmen lädt das Freizeitbad „Aquatoll“ große und kleine Besucher ein. Unter einer transparenten Kuppel erstreckt sich eine karibische Ba­de­ und Saunalandschaft mit Wildwas­serbahn, Black­Hole­Rutsche, Whirl­pools, Dampfbädern, Kneippbecken

Die Solarplastiken des Künstlers Gottfried Gruner

symbolisieren die Vorreiterrolle Neckarulms

als Solarstadt. Im Hintergrund das

auch architektonisch faszinierende Audi Forum. Fo

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seStadt Neckarsulm in Zahlen und Daten

Einwohner: 26.086 (Stand 31.10.2013) Gesamthaushalte: 9623Stadtteile: Kernstadt (6799), Amorbach (5498), Obereisesheim (4226), Dahenfeld (1372)Fläche: 2494 HektarBevölkerungsdichte: 1033 Einwohner pro Quadratkilometer Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte: 34.196 (Stand: 30.06.2012), davon Produzierendes Gewerbe: 19.626Handel, Verkehr und Gastgewerbe: 4199 Sonstige Dienstleistungen: 10.340Gemeldete Betriebe: 2800 (Stand:13.12.2013) Steuerkraftsumme je Einwohner: 4124 Euro Partnerstädte: Carmaux (Frankreich), Bordighera (Italien), Grenchen (Schweiz), Zschopau (Land Sachsen), Budakeszi (Ungarn)Oberbürgermeister: Joachim Scholz (parteilos)Kontakt: [email protected]: www.neckarsulm.de

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Sportvereine ausländischer Mitbürger, prägen das harmonische Gemein­schaftsleben. Ihren Höhepunkt erreicht die Neckarsulmer Lebensfreude alljähr­lich beim Ganzhornfest. Rund 55 Verei­ne feiern drei Tage lang ihr Herbstfest mit Zehntausenden Besuchern aus der ganzen Region. Bei internationalen ku­linarischen Spezialitäten und einem bunten Unterhaltungsprogramm mit Musik und Tanz können die Besucher kulturelle Vielfalt genießen.Auch das Weindorf des Weinbauvereins Neckarsulm gehört zu den regelmäßi­gen Festveranstaltungen in der Innen­stadt. Der Weinbau hat in Neckarsulm eine lange Tradition. Bereits 1834 schlossen sich die Neckarsulmer Wen­gerter zum Weinbauverein zusammen. 1855 wurde in Neckarsulm die erste Weingärtnergenossenschaft Deutsch­lands gegründet. Seit dieser Zeit gehö­ren neben Rädern und Motoren auch Weine zu den Exportschlagern der Stadt. Heute setzen mehrere selbststän­dige Erzeugerbetriebe die Tradition des Weinbaus fort. Von der lebendigen Weinbaukultur können sich Besucher selbst überzeugen – bei einem Besuch in einer der zahlreichen Besenwirtschaf­ten, wo Wein aus eigenem Anbau ausge­schenkt wird. Besucher sind jederzeit herzlich eingeladen, die vielen Gesich­ter der Stadt selbst zu entdecken.

Musik“ mit der stilisierten Sprechblase ist mittlerweile ein eingetragenes und europaweit geschütztes Markenzeichen.

Lebensfreude zum Mitfeiern

Zum geselligen Miteinander trägt vor allem auch das rege Vereinsleben in Ne­ckarsulm bei. 155 Vereine und Organi­sationen, darunter auch Kultur­ und

zu lädt die attraktive und großzügig gestaltete Fußgängerzone ein. Dort bieten viele inhabergeführte Fachge­schäfte ein vielfältiges Angebot unter dem Motto des Gewerbevereins: „Ein­kaufen in Neckarsulm – das Gute liegt ganz nah“. Einen stressfreien Einkauf ermöglicht nicht zuletzt ein besonde­rer Besucherservice: Kunden und Be­sucher dürfen auf allen öffentlichen Parkflächen in der Innenstadt und in den städtischen Tiefgaragen mit Park­scheibe bis zu zwei Stunden kostenlos parken, im Parkhaus „Ballei“ sogar bis zu vier Stunden.

Im Sommer verwandelt sich der Markt­platz in eine Open­Air­Bühne. Bei den Konzerten der Reihe „Donnerstags in die City“ locken Musikgruppen der un­terschiedlichsten Stilrichtungen je Kon­zert bis zu 4000 Besucher aus Nah und Fern an. Die kostenfreien Konzerte un­ter freiem Himmel sind Bestandteil des ganzjährigen städtischen Kulturpro­gramms „Neckarsulm – hier spielt die Musik“. Zu den weiteren Programman­geboten gehören das Comedy­Festival „Neckarsulm lacht“, die Musikcomedy­Reihe „Festival der lachenden Töne“, die Veranstaltungsreihe „thea & kiki“ für Kinder, die Filmkunstreihe im Scala­Kino und die Theaterreihe im Gemein­schaftszentrum Ballei. „Hier spielt die

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Der Weinbau hat in Neckarsulm eine lange Tradition. Hauptanbaulage ist der Scheuerberg.

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Zum Urlaub unter Palmen lädt das Freizeitbad „Aquatoll“ mit seiner karibischen Bade- und Saunalandschaft ein.

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„Die Gemeinde“ (BWGZ) ist die führende Fachzeitschrift für kommunalpolitische The-men in Baden-Württemberg. Sie erscheint mit 23–24 Ausgaben im Jahr und in einer Auflage von 5.000 Exemplaren im 135. Jahrgang.

„Die Gemeinde“ (BWGZ) wird in allen Rat-häusern, Landratsämtern, Regierungspräsidien und Ministerien gelesen. Mandatsträger auf allen politischen Ebenen und Angehörige von politischen Institutionen gehö ren ebenso zu den Abonnenten wie Mitglieder aus Kammern und Entscheidungsträger der Wirtschaft. Und immer mehr Rechtsanwälte sehen diese Fach-zeitschrift als Pflichtlektüre.

Das Themenspektrum ist breit gefächert. Es deckt die ganze Bandbreite der kommunalen Wissenschaft und Praxis, das Kommunalrecht und die Kommunalpolitik sowie sämtliche kom-munalpolitisch relevanten Gesellschafts- und Sachbereiche ab.

Neben den Mitarbeitern aus der Geschäftsstel-le des Gemeindetags Baden-Württemberg sind die Autoren Wissenschaftler, Fachleute aus dem administrativen und exekutiven Bereich sowie erfahrene Praktiker aus den Städten und Gemeinden.

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Zeitschrift für die Städte und Gemeinden

Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg

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sind nur einige von vielen Themen, die in der Zeitschrift ihren Niederschlag finden.

Der Gemeindetag Baden-Württemberg greift in seiner Verbandszeitschrift „Die Gemeinde“ (BWGZ) aber nicht nur aktuelle Themen auf, son-dern stößt die Diskussion um neue kommunal-politisch wichtige Fragen und Entwicklungen an.

Möchten Sie „Die Gemeinde“ (BWGZ) kennen-lernen?Oder kennen Sie die Zeitschrift, sind aber noch nicht Abonnent/in?

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Bei Fragen steht Ihnen Frau Tschentscher gerne zur VerfügungTelefon 0711/225 72- 48

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BWGZ 15-16 | 201331. August 2013

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BWGZ 17 | 201316. September 2013

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