BWGZ 01/2016

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BWGZ 01 | 2016 15. Januar 2016 139. Jahrgang Postvertriebsstück DPAG, Entgelt bezahlt, E 7351 | Gemeindetag Baden-Württemberg | Panoramastraße 31, 70174 Stuttgart Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg DIE GEMEINDE DIE GEMEINDE Zeitschrift für die Städte und Gemeinden Bilanz und Perspektiven

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BWGZ 01 | 201615. Januar 2016139. Jahrgang

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Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg

D I E G E M E I N D ED I E G E M E I N D EZeitschrift für die Städte und Gemeinden

Bilanz und Perspektiven

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1Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2016 Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Pressemitteilungen

Deutschlands Aufnahmefähigkeit ist begrenzt Seite 2

Investitionen ermöglichen, Finanzkraft der Kommunen stärken Seite 2

Land fördert Initiative„Städte und Gemeinden 4.0“ des Gemeindetags Seite 4

Allgemeiner Teil

Städte und Gemeinden 4.0 – Future Communities:Batteriespeichersysteme von ads-tec: Zweiter erfolgreicher Workshop des Gemeindetags in Nürtingen Seite 5

Bilanz und Perspektiven

Bilanz 2015 und Ausblick 2016 Seite 6

Allgemeiner Teil

Dr. Martin Silzer:Digitaler Binnenmarkt, Kreislaufwirtschaft und Steuerpolitik:Schwerpunkte der Europaarbeit der Kommunalen Landesverbändeund des Europabüros Seite 24

Natalie Häusler und Caroline Bogenschütz:Veranstaltung: „Zu Hause in Europa – Bewältigung kommunaler Herausforderungen“ Seite 26

Rechtsprechung

Werden im Verfahren um die Verbindlichkeit Standorte für Windenergieanlagen beanstandet, ist ein erneute Konzentrationszonenplanung erforderlich Seite 29

Bücher und Zeitschriften Seite 31

Impressum Seite 25

Zum TitelbildDank der tatkräftigen und beeindruckenden Unterstützung von vielen ehrenamtlich Engagierten ist es im vergangenen Jahr gelungen, das Miteinander zu fördern und große Herausforderungen zu bewältigen. Steigende Flüchtlingszahlen beschäftigen die Kommunen auch im kommenden Jahr. Die kommunalpolitischen Themen bleiben vielfältig: ärztliche Versorgung, Schulen, Kinderbetreuung, Breitband.

Foto: Andrea Damm/PIXELIO

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2 Gemeindetag Baden-Württemberg

Pressemitteilungen BWGZ 1 | 2016

Pressemitteilungen des Deutschen Städte- und Gemeindebunds

Pressemitteilungen des Deutschen Städte- und Gemeindebunds

Deutschlands Aufnahmefähigkeit ist begrenzt

Investitionen ermöglichen, Finanzkraft der Kommunen stärken

nen Länder und die Menschen, die sich von dort auf den Weg machen wollen. Die vorge-sehene Residenzpflicht für diese Personen ist wichtig, ebenso die Begrenzung des Famili-ennachzuges sowie die generelle Beschleuni-gung von Abschiebungen. Personen mit Blei-beperspektive müssen möglichst schnell inte-griert werden. Wichtiger als die Kostenbetei-ligung an den Integrationskursen wäre jedoch die verpflichtende Teilnahme. Die Kostenbeteiligung wird ohnehin nur in gerin-gem Umfang möglich sein und zusätzliche Bürokratie erfordern.

Auf der europäischen Ebene ist der konse-quente Schutz der EU-Außengrenzen er-forderlich. Dieser Schutz muss ergänzt wer-den mit einer größeren Zahl von europäi-schen Erstaufnahmeeinrichtungen entlang der Außengrenze insbesondere in Griechen-land und Italien. „Dort müssen ein ordnungs-gemäßes Registrierungsverfahren, eine men-schenwürdige Unterbringung und die Ent-scheidung über den Asylantrag nach europä-ischen Standards sichergestellt werden“, so Schäfer. Die Verteilung der Flüchtlinge mit einem Asylanspruch müsse nach einer festen Quote europaweit erfolgen. Wichtig seien zu-dem Initiativen auf internationaler Ebene. Da-zu zählten verbindliche Vereinbarungen zwi-schen der EU auf der einen Seite und Ländern wie Türkei oder Jordanien auf der anderen Seite. Es müsse sichergestellt werden, dass Europa diesen Ländern, aber auch den inter-nationalen Hilfsorganisationen wie zum Bei-spiel UNHCR, hilft und der Flüchtlingsdruck nach Europa aus den Einrichtungen in diesen Ländern reduziert wird.

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titionsrückstand der Städte und Gemeinden wächst entsprechend weiter an und beläuft sich mittlerweile auf 132 Mrd. Euro. Das im Jahr 2015 vom Bund auf den Weg gebrachte Sondervermögen zur Förderung der Investi-tionen finanzschwacher Kommunen wird von uns als richtiger Schritt ausdrücklich be-grüßt. Die Mittelausstattung von 3,5 Milliar-den Euro ist aber ersichtlich nicht ausrei-chend. Für den Deutschen Städte und Ge-meindebund ist eine Infrastrukturoffensive daher unabdingbar, um die Funktionsfähig-

Überforderung der Kommunen vermei-den – Integrationspakt beschließen und Finanzierung sichern

Die Unterbringung, Versorgung und Integ-ration der Flüchtlinge stellt für die Kommu-nen im Jahr 2016 eine immense Herausfor-derung dar. Wenn der Flüchtlingsstrom in der bisherigen Form anhält, sind die Kom-munen überfordert, wie es schon jetzt bei einer Vielzahl zunehmend der Fall ist. „Deutschlands Aufnahmefähigkeit für Flüchtlinge ist begrenzt“, sagte DStGB-Präsident Roland Schäfer, Bürgermeister der Stadt Bergkamen, heute in Berlin.

Notwendig sind nationale, europäische und internationale Strategien zur Begrenzung der Flüchtlingsströme, um die Funktions- und Handlungsfähigkeit aller Ebenen des Staates zu gewährleisten.

Die zentrale Herausforderung der nächs-ten Jahre wird die Integration der Flüchtlin-ge sein. Da ein Großteil der Flüchtlinge dau-erhaft in Deutschland bleiben wird, fordert der DStGB Integrationsgesetze des Bundes und der Länder, in denen nach dem Grund-satz „Fördern und Fordern“ die Leistungen aber auch die Anforderungen an die Neubür-ger festgelegt werden. Dazu gehört selbstver-ständlich auch das Bekenntnis zur Werteord-nung des Grundgesetzes wie z.B. die Gleich-berechtigung von Mann und Frau.

Die Finanzierung der Flüchtlingsausgaben wird in den nächsten Jahren Milliarden kos-ten. Der DStGB erwartet Antworten von Bund und Ländern, wie Städten und Gemeinden der erhebliche Finanzierungsbedarf bei der

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert die Bundesregierung auf, die Inves-titionskraft der Kommunen weiter zu stär-ken und die zugesagten finanziellen Entlas-tungen umzusetzen. Dabei muss sicherge-stellt werden, dass das Geld tatsächlich bei den Kommunen ankommt. „Ohne diese Entlastungen wird der Investitionsrück-stand der Städte und Gemeinden weiter anwachsen und die Funktionssicherheit vie-ler Einrichtungen gefährdet“, sagte DStGB-Hauptgeschäftsführer Dr. Gerd Landsberg

Integration ersetzt wird. Da die Integration der Flüchtlinge keine Aufgabe für nur wenige Jahre ist, fordert der DStGB die Einführung einer neuen Bund-Länder-Gemeinschafts-aufgabe Migration und Integration. Integ-ration gibt es nicht zum Nulltarif. Wir brau-chen zusätzliche Lehrer für rund 300.000 Schülerinnen und Schüler, 100.000 Kitaplät-ze, 20.000 Erzieherinnen und Erzieher, mehr Sozialarbeiter und nicht zuletzt auch zusätzli-che Gebäude für Schulen und Kitas sowie eine deutliche Entlastung bei den Kosten der Un-terkunft nach dem SGB II.

Auch stellt die zunehmende Zahl der unbe-gleiteten minderjährigen Flüchtlinge eine große Herausforderung für die Kommunen, insbesondere die Jugendämter dar. Überwie-gend handelt es sich um Personen zwischen 15 und 17 Jahren, die offenbar teilweise auch von ihren Familien „vorgeschickt“ werden und häufig über Schlepperorganisationen nach Deutschland kommen. Wir müssen si-cherstellen, dass sie besonders geschützt, schnell integriert und gut betreut werden. Dazu fordert der DStGB ein eigenes Leistungs-recht für unbegleitete minderjährige Flücht-linge. Die Regelungen sollten einerseits der besonderen Situation dieser Flüchtlinge Rech-nung tragen (z. B. die schnelle Integration sowie die schulische und berufliche Bildung in den Vordergrund stellen) und andererseits gewährleisten, dass die Aufgabe sowohl orga-nisatorisch wie finanziell leistbar ist.

Der DStGB mahnt eine zügige Verabschie-dung des Asylpaketes II an. Wir brauchen die beschleunigten Verfahren vor allem für Personen aus sicheren Herkunftsstaaten. Dies ist auch ein wichtiges Signal an die betroffe-

heute in Berlin. Die Reform der Bund-Län-der-Finanzbeziehungen muss nun erfolg-reich abgeschlossen werden, die Städte und Gemeinden brauchen finanzielle Planungs-sicherheit.

Seit Jahren entwickeln sich die kommunalen Ausgaben für soziale Leistungen und Investi-tionen in einem dramatischen Missverhältnis weiter auseinander. Wege, Plätze, Schulen, Straßen, Sozialeinrichtungen sind teilweise in einem sehr schlechten Zustand. Der Inves-

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PressemitteilungenBWGZ 1 | 2016

Wir fordern die Bundesregierung zudem dazu auf, die den Kommunen im Koalitionsvertrag zugesagten Entlastungen ab 2018 in Höhe von 5 Milliarden Euro jährlich umzusetzen. Für die dabei im kommenden Jahr zu findende gesetz-liche Regelung muss sichergestellt werden, dass ein Transferweg gefunden wird, über den alle Kommunen entlastet werden und das Geld auch tatsächlich bei den Städten und Gemein-den ankommt. Als bedenkenswert ist dafür ein Ansatz zu sehen, die 5 Milliarden Euro über einen erhöhten gemeindlichen Umsatzsteuer-anteil zu verteilen und insoweit die Umsatz-steuerverteilung zu modifizieren.

Bei der im Jahr 2016 anstehenden Reform der Eingliederungshilfe muss sichergestellt wer-den, dass keine neue Ausgabendynamik ent-steht, so, wie es im Koalitionsvertrag nieder-gelegt ist. Es bestehen weder finanzielle Handlungsspielräume, noch zwingende sach-liche Notwendigkeiten für Leistungsauswei-tungen. Die Kosten der Eingliederungshilfe sind zudem alleine schon in den letzten 10 Jahren um über 160 Prozent gestiegen sind.

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keit unserer Einrichtungen zu erhalten und den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stär-ken. Das wird nicht ohne zusätzliche Refor-men zur Beschränkung der kommunalen Sozialausgaben und zur Stärkung auch lang-fristiger Investitionen funktionieren.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert auch eine zusätzliche Entlastung bei den Kosten der Unterkunft für Harz IV-Emp-fänger, die die Kommunen zurzeit mit ca. 70 Prozent finanzieren. Eine große Anzahl von Flüchtlingen, die in Deutschland bleiben, müssen zunächst in den Arbeitsmarkt integ-riert werden. Damit wird die Zahl der Er-werbslosen 2016 um geschätzt bis zu 500.000 Personen ansteigen was zu entspre-chend höheren Kosten der Unterkunft bei den Kommunen führen wird. Schätzungen gehen von 600 Millionen Euro auf dann bis zu 12,5 Mrd. Euro pro Jahr aus.

Auch in anderen sozialen Regelsystemen führt die Flüchtlingssituation zu einem deutlichen finanziellen Zusatzbedarf. So schätzt die Ge-werkschaft Erziehung und Wissenschaft, dass 300.000 zusätzliche Schüler und 100.000 Kinder in der Kita betreut werden müssen. Die Unterbringung, Versorgung und Integration von Flüchtlingen ist eine gesamtgesellschaft-

liche Aufgabe. Diese Zusatzkosten können nicht von den Kommunen gestemmt werden, sie müssen vom Bund übernommen werden. Diese Übernahme der Kosten durch den Bund ist auch deshalb notwendig, damit die Investitionskraft der Kommunen nicht noch weiter geschwächt wird.

Um den Kommunen finanzielle Planungssicher-heit zu geben, gilt es die Verhandlungen zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbezie-hungen zeitnah zum Abschluss zu bringen. Der Bund wird aufgefordert, das von den Bundes-ländern am 03.12.2015 gemeinsam vorgelegte Reformmodell zur Ausrichtung der föderalen Finanzbeziehungen im neuen Jahr 2016 zum Abschluss zu bringen und gesetzgeberisch um-zusetzen. Die Länder müssen die Chance nut-zen, dabei eine nachhaltig aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen endlich zu gewährleisten. Zudem steht es nunmehr auch an, die Gewerbesteuerumlage wieder zu Guns-ten der Städte und Gemeinden abzusenken. Das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag wird die öffentliche Hand absehbar für ihre enormen Finanzierungsherausforderungen brauchen. Daher kann auf dieses Aufkommen nicht verzichtet werden, es muss ein Weg ge-funden werden, dieses für Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen zu sichern.

In eigener Sache

Anpassung der Bezugspreise für die Verbandszeitschrift „Die Gemeinde“ (BWGZ)

Die BWGZ ist eine Fachzeitschrift, die Sie zweimal monatlich aktuell über die neuesten Entwicklungen im kommunalen Bereich informiert und darüber hinaus für die Leserinnen und Leser in Schwerpunktausgaben eine Bandbreite kommunalrelevanter Themenbereiche fokussiert und aufbereitet.

Unser Anspruch ist nicht nur, die Qualität der BWGZ auf hohem Niveau zu halten, wir entwickeln die Zeitschrift auch kontinuierlich weiter. Der Umfang nimmt eben-falls laufend zu. Dagegen geht das Anzeigenaufkommen durch die Konkurrenz im Internet – wie bei allen Fachzeitschriften – immer mehr zurück. Deshalb sehen wir uns leider veranlasst, die Bezugspreise moderat den wirtschaftlichen Erfordernissen anzupassen.

Die Bezugspreise einschließlich Versand- und Zustellgebühren für das Jahresabonnement sind mit Zustimmung des Landesvorstands ab 2016 wie folgt:

•Mitgliedsstädteund-gemeinden 154Euro (seither150Euro) •SonstigeBezieher 175Euro (seither170Euro) •Stadt-,Gemeinde-undOrtschafträte, 110Euro (seither105Euro) ab 5 Exemplaren 105 Euro (seither 100 Euro) ab 10 Exemplaren 100 Euro (seither 95 Euro) •StudentenundöffentlicheBibliotheken 110Euro (seither105Euro)

Alle Preise verstehen sich netto zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer.

Wir bitten Sie sehr herzlich um Verständnis für diesen Schritt und hoffen, dass Sie auch künftig den Informationsgehalt unserer BWGZ schätzen und uns als Leserin und Leser treu bleiben. Unsere Abonnenten bilden das Fundament unserer Verbandszeitschrift und eine ökonomisch verlässliche Basis, die eine gleich bleibende qualitätvolle Arbeit erst möglich macht. Dafür ein herzliches Dankeschön!

Roger KehlePräsident

Sehr geehrte Leserinnen und Leser, Abonnentinnen und Abonnenten,leider hat sich in die letzten zwei Ausgaben der BWGZ bei den neuen Bezugspreisen ein kleiner Fehler bei den Abonnement-kosten für „Sonstige Bezieher“ eingeschlichen. Der neue Preis für das Jahresabonnement dieser Gruppe beträgt 175 Euro.

4 Gemeindetag Baden-Württemberg

Pressemitteilungen BWGZ 1 | 2016

Pressemitteilung des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft

Land fördert Initiative „Städte und Gemeinden 4.0“ des GemeindetagsNeues Konzept gibt den Städten und Gemeinden Bausteine zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit an die Hand

schen Wohnungsbau haben sich zuletzt so starke Preisentwicklungen ergeben, dass die Frage der Bezahlbarkeit von Wohnraum immer drängender wird.

Das Land fördert die Initiative, um die Zu-kunftsfähigkeit des Standorts auszubauen. „Den Städten und Gemeinden Baden-Württembergs geht es gut. Sie sind Wohn-ort für eine außerordentlich aktive und engagierte Bürgerschaft. Nicht zuletzt deshalb haben sich zahlreiche Unterneh-men Baden-Württembergs zum Welt-marktführer in ihrer Branche entwickelt. Die Folge: Innovationskraft und Wirt-schaftsstärke sind über das ganze Land verteilt und die Arbeitslosenquote ist mit die niedrigste im gesamten Bundesgebiet. Gleichzeitig stellen aber der demografi-sche und gesellschaftliche Wandel neue Herausforderungen für die Zukunft dar. Damit Baden-Württemberg auch künftig prosperiert, ist es wichtig, die Städte und Gemeinden als Dreh- und Angelpunkte des Gemeinwesens zu stärken“ sind sich Nils Schmid, Dr. Herbert O. Zinell und Roger Kehle einig.

Im Entwurf des zweiten Nachtragshaus-halts hat das Land Baden-Württemberg für 2016 Fördermittel und eine Personalstelle veranschlagt, um Modellprojekte aus die-sen Bereichen zu fördern.

2. Dezember 2015

Das Land fördert die Initiative „Städte und Gemeinden 4.0 – Future Communities“ des Gemeindetags mit 940.000 Euro und stellt dem Gemeindetag einen Beschäftig-ten der Landesverwaltung für die Bearbei-tung der Initiative zur Verfügung. Die Stadt Ludwigsburg übernimmt für den Gemeindetag eine entscheidende Pilot-funktion. Dies gaben Finanz- und Wirt-schaftsminister Nils Schmid, Dr. Herbert O. Zinell, Ministerialdirektor im Innen-ministerium, und der Präsident des Ge-meindetags Baden-Württemberg, Roger Kehle, am Mittwoch, 2. Dezember 2015, in Stuttgart bekannt.

„Mit der Finanzierung des Projekts wollen wir die Gemeinden auf ihrem Weg zur 'Zu-kunftsstadt' unterstützen. Wir wollen damit die Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger erhöhen und den Wirtschaftsstand-ort Baden-Württemberg auch auf kommu-naler Ebene zukunftsfähig und attraktiv halten. Die Kommunen können aus ver-schiedenen Projekten einzelne Teile aus-wählen und so sicherstellen, dass das Ange-bot auch zu ihnen passt“, sagte Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid.

„Die Initiative 'Städte und Gemeinden 4.0' gibt wertvolle Impulse für die Gemeinden von morgen. Mit der Förderung ermögli-chen wir, dass leistungsfähige Städte und Gemeinden auch zukünftig bei der Gestal-tung eines lebenswerten Baden-Württem-bergs mitwirken“, bekräftigte Dr. Zinell.

„Der Gemeindetag versteht sich als Vor-denker und Motor, wenn es um die Gestal-tung der Zukunftsfähigkeit auf kommuna-ler Ebene geht. Mit unserer Initiative 'Städ-te und Gemeinden 4.0 – Future Commu-nities' geben wir den Städten und Gemeinden mit verschiedenen Produkten, Projekten und Ideen einen Baukasten an die Hand. Sie können somit auswählen, welche Maßnahme vor Ort am besten passt, um ihre Stadt oder Gemeinde gut für die Anforderungen der Zukunft zu rüs-ten“, erläuterte Präsident Kehle den An-satz der Initiative. Besonders wichtig ist dem Gemeindetag die unmittelbare Zu-sammenarbeit mit verschiedenen Unter-nehmen. „Wir haben in Baden-Württem-

berg starke Kommunen und starke Unter-nehmen. Diese beiden Partner können gemeinsam viel bewegen", ergänzte Kehle. Die Initiative „Städte und Gemeinden 4.0 – Future Communities“ fasst unterschiedliche Projekte zu einem Konzept zusammen, um das bürgerschaftliche Engagement, die Breitbandversorgung, klimafreundliche Technologien zur Speicherung von Energie, Dorfgasthäuser mit Raum für Handel und Kunst sowie Angebote in den Bereichen Mo-bilität und Logistik auszubauen. Nach dem Baukastenprinzip kann jede Stadt und jede Gemeinde einen oder mehrere Bausteine vor Ort umsetzen.

Die Initiative steht allen Städten und Ge-meinden offen. Deshalb legen die Projekt-beteiligten auch großen Wert auf die Ein-beziehung des baden-württembergischen Städtetages. Diese soll in einem weiteren Schritt erfolgen.

Die Stadt Ludwigsburg, Mitglied des Städ-tetags, gehört bei der Initiative bereits heu-te zu den führenden Städten. Ludwigsburg erhielt 2014 den Deutschen Nachhaltig-keitspreis für das Konzept der integrierten nachhaltigen Stadtentwicklung. Seit einem Jahr betreibt die Stadt das Projekt Li-vingLab. Mit Partnern aus der Industrie so-wie der Universität Stuttgart, dem Fraun-hofer Institut, der Hochschule für Technik und der Landesagentur für E-Mobi lität bringt Ludwigsburg technologische Inno-vationen und Dienstleistungen in der Praxis erprobung zur Anwendungsreife. „Diese Praxiserfahrungen möchten wir in enger Kooperation mit dem Gemeindetag und dem Städtetag Baden-Württemberg möglichst schnell in die Breite tragen, auch Netzwerkpartnerschaften zwischen ver-schiedenen Städten sollen entstehen“, er-klärte Ludwigsburgs Oberbürgermeister Werner Spec. Neben den komplexen Innovationsthemen in den Bereichen Mobilität und IT stellt sich unter anderem die Frage, wie es künftig besser gelingen kann, zukunftsorientiertes und energieeffizientes Bauen zu bezahl-baren Preisen zu ermöglichen. Im klassi-

5Gemeindetag Baden-Württemberg

Allgemeiner TeilBWGZ 1 | 2016

Städte und Gemeinden 4.0 – Future Communities:

Batteriespeichersysteme von ads-tec: Zweiter erfolgreicher Workshop des Gemeindetags in Nürtingen

Batteriespeicher werden im Rahmen der Energiewende immer attraktiver. Ihre Einsatzfelder sind vielfältig: dezentral in Haushalten, oft in Verbindung mit Photovoltaikanlagen, als größere zentrale lnstallationen am Ort der Erzeugung, an wichtigen Knotenpunkten oder auf Quartiersebene.

Die kommunalen Gäste erhielten inte-ressante Informationen zu intelligen-ten Großspeicherlösungen und Batte-riespeichersystemen. Fabian Kehle von MHP und Dr. Peter Eckerle von StoRE-gio stellten zu Beginn anhand von Pra-xisbeispielen das Projektkonzept vor, das sie in Kooperation mit ads-tec aus-gearbeitet haben. Thomas Speidel, Ge-schäftsführer von ads-tec, und seine Mitarbeiter präsentierten im Anschluss den Workshop-Teilnehmern, was ihre Firma bietet: Ein modulares Produkt-konzept und die Wahl der passenden Zellchemie ermöglichen maßgeschnei-derte Speicherlösungen passend zu den jeweiligen Kundenanforderungen und Anwendungszwecken. Ob Indust-rie-PCs oder intelligente Batteriesyste-me, ads-tec entwickelt zu 100% im eige-

nen Haus, und alle Produkte werden in Deutschland gefertigt. Das Unterneh-men hat über 30 Jahre Erfahrung und Fachkompetenz in der Systementwick-lung.

Der Gemeindetag Baden-Württemberg hat inzwischen vom Land eine Förder-zusage für Projekte der Initiative „Städ-te und Gemeinden 4.0“ erhalten (siehe Pressemitteilung S. 4). Damit können u.a. die ingenieurtechnischen Untersu-chungen für Batteriespeicher finanziell gefördert werden. Weitere Interessen-ten für die Batteriespeichersysteme können sich gerne mit dem Gemeinde-tag in Verbindung setzen.

Im Rahmen der Initiative „Städte und Gemeinden 4.0 – Future Communities“ fand bei der Nürtinger Firma ads-tec Anfang Dezember ein Workshop statt, bei dem das Unternehmen Vertreterin-nen und Vertretern der Mitgliedskom-munen des Gemeindetags seine Batte-riespeichersysteme vorstellte. ads-tec bietet Speichersysteme für unterschied-liche Zielgruppen an, darunter auch größere Häuser, Mehrfamilienhäuser sowie Betriebe, Gewerbe und öffentli-che Einrichtungen. Große Anlagen und Infrastrukturen werden von ads-tec nicht nur mit Batterien, sondern auch mit kompletten Anlagen samt Wechsel-richter, Klimatechnik und gegebenen-falls mit erforderlichen Containerge-häusen sowie der benötigten Software beliefert.

Oliver Seeger, Produktmanager bei ads-tec präsentiert den Teilnehmern einen Energiespeicher für den Bereich „Home & small Business“.

Die Teilnehmer diskutierten mit ads-tec Geschäftsführer Thomas Speidel den detaillierte Umsetzungsmöglichkeiten und Anwendungsfragen

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Bilanz und Perspektiven

Bilanz 2015 und Ausblick 2016zum Jahresende noch ein weiteres Mal erheblich zugenommen. Allein in den Monaten September, Oktober und No-vember 2015 wurde in Baden-Württem-berg ein Zugang von 105.408 Menschen registriert. Bei einem anhaltenden Zu-strom in dieser Größenordnung würde dies für 2016 nochmals einen erhebli-chen Anstieg der Flüchtlingszahlen be-deuten. Es bleibt abzuwarten, ob es auf europäischer und bundespolitischer Ebene gelingen wird, die angestrebte Reduzierung der Zugangszahlen zu er-reichen. Aus kommunaler Sicht ist dies dringend geboten. Denn hier endet die Aufgabe nicht damit, den Menschen ein Dach über dem Kopf zu sichern. Vor Ort geht es um die Integration der bleibebe-rechtigten Menschen. Neben diesen durch die weltpolitische Entwicklung auf die gemeindliche Ebe-ne getragenen Herausforderungen, gilt es aber auch die übrigen, für die kom-munale Weiterentwicklung maßgebli-chen Zukunftsthemen im Blick zu be-halten. Denn trotz der Flüchtlingskrise, die ein hohes Maß unserer Kräfte for-dern wird, muss es den Städten und Ge-meinden gelingen, die richtigen Wei-chen für die Zukunft zu stellen. Wir be-finden uns inmitten einer digitalen Re-volution und zugleich durchleben wir einen rasanten gesellschaftlichen Wan-del. Beides führt dazu, dass sich die Le-benswelt der Menschen grundlegend verändern wird – auch in unseren Städ-ten und Gemeinden. Es ist daher die kommunale Herausforderung schlecht-hin, dafür schon heute die richtigen Weichen zu stellen. Denn nur wenn es uns gelingt, das Steuer auch auf dem Weg in die Zukunft in kommunalen Händen zu halten, werden wir auch auf Dauer erfolgreich sein können.

Im Folgenden werden wir Ihnen die Bilanz und die Perspektiven der drei aktuell bedeutendsten Themen aus kommunaler Sicht darstellen. Diese sind:

1. Flüchtlinge2. Finanzen3. Zukunftsthemen

Flüchtlinge

Schnellere Asylverfahren eingeleitet

Die Flüchtlingszahlen sind auf einem in der Bundesrepublik nie da gewese-nen Niveau angelangt. Die Politik hat im Rahmen des Asylverfahrensbe-schleunigungsgesetzes darauf reagiert. Allerdings ist die Zielrichtung dieses Beschleunigungsgesetzes letztlich nur darauf ausgerichtet, die Asylverfahren der ankommenden Flüchtlinge schnel-ler einer Entscheidung zuzuführen. So soll durch eine Personalaufstockung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie bei den maß-geblichen Länderbehörden künftig die Bescheidung schon innerhalb weniger Monate erfolgen. Das Drehkreuz Hei-delberg macht deutlich, dass die Ver-fahren sogar noch schneller abge-schlossen werden können. So haben jüngst Ministerpräsident Kretschmann und der Leiter des BAMF Frank-Jürgen Weise im Rahmen eines Ortstermins in Heidelberg angekündigt, dass künftig eine Vielzahl der Anträge innerhalb von 48 Stunden erledigt werden kön-ne. Soll dies zu Beginn des Jahres 2016 noch für rund 400 Anträge am Tag gel-ten, so hat BAMF-Chef Weise von einer Erhöhung im Laufe des Jahres 2016 auf bis zu 1.000 Bescheidungen am Tag ge-sprochen.

Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Denn nur ein stringentes und schnelles Asylverfahren eröffnet auch die Mög-lichkeit, die notwendigen Schritte da-nach konsequent und zeitnah voranzu-bringen. Klar muss sein, dass diejenigen Asylbewerber, deren Antrag als unbe-gründet abgelehnt wird, direkt aus den Erstaufnahmeeinrichtungen wieder in ihre Herkunftsländer rückgeführt wer-den. Eine Verfahrensbeschleunigung in diesem Sinne bedeutet aber auch, dass diejenigen Asylbewerber, die eine Aner-kennung finden, auf der geltenden Rechtslage unmittelbar in die An-schlussunterbringung und damit in die Zuständigkeit der Städte und Gemein-den übergeleitet werden. Das heißt, in

Das Jahr 2015 liegt hinter uns. Hat an dessen Anfang noch die gesetzliche Ver-ankerung der schulischen Inklusion, das neue Jagd- und Wildtiermanagem-entgesetz oder das Kartellverfahren zur Forstverwaltung die landespolitische Großwetterlage geprägt, so ist im weite-ren Jahresverlauf immer mehr die Frage der stetig steigenden Flüchtlingszahlen zum alles bestimmenden Thema gewor-den. Der Gemeindetag hat sich dieses Thema schon früh und intensiv ange-nommen. So haben wir bereits im März eine Ausgabe dieser Zeitschrift unter den Schwerpunkt der Asylthematik ge-stellt. Zu dieser Zeit bewegte sich die offizielle Prognose für 2015 noch in der Größenordnung von 300.000 Zugängen nach Deutschland. Der Gemeindetag hat angesichts der sich abzeichnenden Entwicklungen schon damals von mehr als einer halben Million Menschen ge-sprochen. Dass auch diese Zahl noch deutlich zu niedrig sein würde, zeigte sich spätestens mit dem nochmaligen Anstieg der Zugangszahlen in den Som-mermonaten. So hat der Bundesinnen-minister im August die Prognose auf 800.000 Personen erhöht. Zwischen-zeitlich wissen wir, dass schon Mitte De-zember die Marke von einer Million Menschen im maßgeblichen Registrier-system erreicht war. Und der Blick auf 2016 macht wenig Hoffnung auf Entlas-tung. Der Flüchtlingsstrom hat gerade

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Roger KehlePräsident des Gemeindetags Baden-Württemberg e. V.

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Bilanz und PerspektivenBWGZ 1 | 2016

unseren Städten und Gemeinden kommt eine große Zahl an Menschen, die zumindest für einige Jahre, viele ver-mutlich aber auch länger, bei uns blei-ben werden. Darauf gilt es sich zu vor-zubereiten.

Integration vor Ort gelingt nur durch Fördern und Fordern

Angesichts dieser Entwicklung hat der Gemeindetag im Schulterschluss mit Städte- und Landkreistag ein Konzept für einen möglichst strukturierten und geordneten Integrationsprozess erarbei-tet. Maßgeblicher Ansatz dieses Konzep-tes ist es, den Integrationsprozess vom gewünschten Ende her zu denken. Ziel muss es dabei sein, die anerkannten Asylbewerber und ggf. die nachgezoge-nen Angehörigen möglichst bald in die Lage zu versetzen, für den eigenen Le-bensunterhalt zu sorgen und einen eige-nen Beitrag zum Wohle unserer Gesell-schaft zu leisten. Allerdings wird dies auch bei optimalem Verlauf in den meisten Fällen erst nach einigen Jahren gelingen können.

Neben der Frage der Unterbringung müssen dabei auch frühzeitig weitere Integrationsschritte bedacht werden. Hier muss es jedoch unzweifelhaft auch für die Asylberechtigten selbst ei-ne Pflicht zur Integration geben. Der Spracherwerb, die Orientierung inner-halb unseres Rechts- und Wertesystems und die Vorbereitung auf eine berufli-che Integration setzen maßgeblich die Mitwirkung der Asylberechtigten vor-aus. Es wäre hilfreich, wenn diese Pflichten auch in einem auf Bundes-ebene zu erlassenden Integrationsge-setz verankert würden. Denn nur durch das Prinzip Fördern und Fordern wird es uns gelingen, diese große Zahl an Menschen verträglich in unsere Gesell-schaft zu integrieren.

Fundierte Zugangsprognosen für die Anschlussunterbringung stützen Integrationsprozesse vor Ort

Zahlenmäßige Grundlage für dieses In-tegrationskonzept ist eine Zugangspro-

gnose für die Anschlussunterbringung auf Grundlage der Ende des Jahres 2015 bekannten Fakten sowie der sich ab-zeichnenden Entwicklungen.

Dies bedeutet eine angenommene jährliche Zugangsrate nach Baden-Württemberg in der Größenordnung von 130.000 Asylbewerbern/Flücht-lingen. Diese Zahl ist für das Jahr 2015 realistisch und stellt aus heutiger Sicht auch für die kommenden Jahre eine fundierte Größenordnung dar. Aller-dings kann für das Jahr 2016 auch eine höhere Zugangszahl nicht ausge-schlossen werden.

Auf Grundlage der Hochrechnung ver-schiedener Szenarien ergibt sich landes-weit eine Quote der in der Anschlussun-terbringung ankommenden Menschen von zwischen 0,6 Prozent und 1,1 Pro-zent. Diese Prozentzahlen beziehen sich auf die Einwohnerzahl der Städte bzw. Gemeinden. Für eine 5.000 Einwohner-gemeinde würde dies einen Zugang von 30 bis 55 Personen bedeuten. Diese Zahl dürfte sich aufgrund des erwarteten Familiennachzug jedoch noch deutlich erhöhen. Experten gehen davon aus, dass sich die Zahl der zu integrierenden Personen zumindest um den Faktor vier erhöhen wird. Auch ein höherer Faktor kann nicht ausgeschlossen werden.

Dieser errechnete Korridor kann als Hilfestellung für die Berechnung der erwarteten Zugänge in der Anschluss-unterbringung dienen. Allerdings soll-te von der örtlichen Kommunalpolitik bei den darauf gründenden Maßnah-men unbedingt auch berücksichtigt werden, dass es durch die rechtlich ga-rantierte Freizügigkeit der anerkannten Asylbewerber zu regionalen Verschie-bungen kommen wird. Es ist daher nach den bisher gemachten Erfahrun-gen davon auszugehen, dass anerkann-te Asylbewerber nicht immer in den ihnen für die Anschlussunterbringung zugewiesen Kommunen verbleiben werden. Erste Erfahrungswerte zeigen, dass es einen Trend in Richtung der Ballungsräume gibt. Die ländlich ge-prägten Gebiete erfahren einen tat-sächlichen Zugang, der – z.T. deutlich – unter der errechneten Größe liegt.

Gleichmäßige Verteilung der anerkannten Asylbewerber über ganz Baden-Württemberg sinnvoll

Diese Entwicklung ist besorgniserre-gend, denn den großen Städten droht damit eine Überlastung, da sie mit der Integrationsaufgabe von mehreren zehntausend Menschen schlicht über-fordert wären. Zugleich blieben die In-tegrationskapazitäten der übrigen Städ-te und Gemeinden in großem Maße ungenutzt. Es muss daher das Ziel sein, die Integrationskapazitäten, die es ge-rade in Baden-Württemberg flächende-ckend gibt, auch zu nutzen. Es bedarf deshalb einer möglichst gleichmäßigen Verteilung der anerkannten Asylbewer-ber. Auch diesbezüglich böte ein Integ-rationsgesetz die Grundlage für die ent-sprechende Verankerung einer solchen Residenzpflicht bzw. Wohnsitzauflage. Neben einer entsprechenden Vertei-lung muss dann die unmittelbare Teil-nahme an einem Integrations- und Sprachkurs, bei dem auch die klare Ver-mittlung der in Deutschland und Baden-Württemberg vorherrschenden Werte und Normen erfolgt, verbindlich werden.

Immenser Bedarf an neuem und zusätzlichem Wohnraum

Angesichts der aktuellen Flüchtlings-zahlen und aufgrund des in Baden-Württemberg gleichzeitig stattfinden-den Bevölkerungswachstums (+2,7 Pro-zent bis 2020) sowie des steigenden Zu-zugs außerhalb des Asylrechts (ca. 85.000 Menschen jährlich) wird es zu einem immensen Bedarf an neuem und zusätzlichem Wohnungsbau, vor allem im sozialen Segment, kommen. Schon ohne die Flüchtlingszugänge gibt es in Baden-Württemberg in den nächsten Jahren einen Bedarf für 45.000 neue Wohnungen pro Jahr. Es ist davon aus-zugehen, dass jährlich zusätzlich rund 30.000 Wohnungen für die anerkann-ten Asylbewerber und deren nachge-zogene Familien erforderlich werden.

Allein diese Zahl macht deutlich: In der Kürze der Zeit ist ein solches Wohnungs-bauprogramm nicht realisierbar. Es ist

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Frühjahr 2016 zu einem politischen Er-gebnis in dieser Fragestellung zu kom-men. Angesichts des sich kurzfristig abzeichnenden Anstiegs der Zugangs-zahlen in der Anschlussunterbringung ist eine solch schnelle politische Ver-ständigung über die Finanzierung der in der Anschlussunterbringung anfal-lenden Kosten auch dringend geboten. Der Gemeindetag wird diese Finanzver-handlungen im Schulterschluss mit den anderen kommunalen Landesver-bänden mit hohem Engagement und Einsatz vorantreiben.

Rechtliche Rahmenbedingungen müssen kurzfristige und pragmatische Lösungen vor Ort ermöglichen

Neben der Frage einer auskömmlichen Finanzierung dieser kommunalen Integ-rationsaufgabe ist es jedoch auch drin-gend geboten, die rechtlichen Rahmen-bedingungen so anzupassen, dass die Verantwortlichen vor Ort die notwendi-gen Entscheidungen kurzfristig, pragma-tisch und rechtssicher treffen können. Es ist daher zwingend angezeigt, etablierte Standards in der Flächennutzung bzw. im Bauleitplanverfahren, aber auch im sozialen Bereich, auf den Prüfstand zu stellen. Die Städte und Gemeinden be-finden sich im Krisenmodus und bis sie diesen überwunden haben, brauchen sie auch Instrumente, die krisengeeignet sind. Denn sowohl der Aufgabe, mög-lichst kurzfristig baureifes Land zur Ver-fügung zu stellen als auch dem Druck, ankommende Flüchtlingskinder in Kin-derbetreuungseinrichtungen mit zu ver-sorgen, können die Städte und Gemein-den auf Grundlage das aktuell geltenden Rechtsrahmens nicht gerecht werden. Aus Sicht des Gemeindetags ist es daher unausweichlich: Ohne eine grundlegen-de Veränderung der geltenden Rahmen-bedingungen wird sich vor Ort eine rechtliche und tatsächliche Unmöglich-keit für die Bewältigung der täglich wachsenden Unterbringungs- und Inte-grationsaufgabe ergeben.

jedoch auch nicht angezeigt, nun in einem ad hoc-Verfahren einen isolier-ten Wohnungsbau für die anerkannten Asylbewerber und Flüchtlinge zu betrei-ben. Denn es ist weder abzusehen, ob diese Menschen tatsächlich auch an dem Ort ihrer Anschlussunterbringung sesshaft werden oder sie aufgrund einer beruflichen Perspektive bzw. sonstiger Gründe an anderer Stelle ihren dauer-haften Wohnsitz nehmen wollen. Zu-gleich ist es auch aus sozialen Gesichts-punkten geboten, zunächst einmal den bisher nicht erfüllten Wohnungsbedarf der einheimischen Bevölkerung zu de-cken. Für die Anschlussunterbringung scheint es daher angezeigt, eine alterna-tive, den örtlichen Gegebenheiten an-gepasste Strategie zu verfolgen. So ist es sicherlich ratsam, verfügbare Wohnka-pazitäten durch Kauf oder Miete nutz-bar zu machen. Gerade für Familien scheint diese Form der Unterbringung vorzugswürdig zu sein.

Kann durch solche Maßnahmen der Un-terbringungsbedarf jedoch nicht voll-ständig gedeckt werden oder sind die zu tätigenden Investitionen unverhältnis-mäßig hoch, so ist die Schaffung eines Wohnheims bzw. einer Gemeinschafts-unterkunft auch in der Anschlussunter-bringung eine sinnvolle Option. Solche Wohnheime sollten dann gerade für Ein-zelpersonen der Ausgangspunkt sein, um von dort aus einen möglichst stringen-ten Integrationsprozess auf regionaler Ebene zu starten.

Mit der Anschlussunterbringung sollten möglichst nachstehende Schritte ein-hergehen:

a) Erwachsene:1. Schritt:Teilnahme an einem möglichst verbind-lichen Integrations- und Sprachkurs 2. Schritt:Teilnahme an einer möglichst verbind-lichen beruflichen Qualifizierung bzw. Übernahme einer Beschäftigung

3. Schritt:Prüfung des Familiennachzugs und Be-rücksichtigung bei der Wohnungsbau-planung

b) Kinder:1. Schritt:Integration in Schul- bzw. Kindergarten-alltag

2. Schritt: Möglichst verbindliche Einbindung in örtliche Vereinsstrukturen

Die Umsetzung eines solchen Integrati-onskonzeptes stellt nach geltender Rechtslage keine kommunale Aufgabe dar. Dennoch ist es angesichts der unab-sehbaren Folgen einer nicht gelingen-den Integration dieser großen Zahl an Menschen geboten, zu prüfen, inwie-weit die Kommunalverwaltung hier schon heute einen Beitrag leisten kann, um diesen Integrationsprozess mög-lichst stringent und verbindlich zu ge-stalten. Dies wird jedoch nicht ohne zusätzliche finanzielle Ressourcen mög-lich sein.

Verhandlungen mit der Landes-regierung über die Erstattung der Mehrkosten für die Kommunen

Die Geschäftsstellen von Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag haben daher eine grobe Kostenberechnung für die zu erwartenden Mehraufwendungen in den kommunalen Haushalten erstellt. Diese Grobkostenberechnung fußt dabei auf dem konzeptionellen Ansatz, dass bei der Begleitung von Integrationswegen gerade der lokalen Ebene unausweich-lich eine maßgebliche Rolle zukommen wird. Allerdings bilden weder die rechtli-chen noch die finanziellen Rahmenbe-dingungen diese kommunale Hauptrolle auch nur annähernd ab.

Die Kommunalen Landesverbände sind auf Grundlage dieser Grobkostenbe-rechnung in politische Verhandlungen mit dem Land Baden-Württemberg ein-getreten. Ziel dieser Verhandlungen ist es, über eine Erstattung dieser auf kom-munaler Ebene entstehenden Mehrkos-ten zu verhandeln.

Zwischen Land und Kommunalen Landes verbänden wurde vereinbart, die Verhandlungen in hohem Tempo voranzutreiben, um möglichst im

Bilanz und Perspektiven

9Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2016 Bilanz und Perspektiven

Finanzen

Wie unschwer an der beschriebenen Aufgabe der Flüchtlingsintegration er-kennbar, wird der Strauß an kommuna-len Aufgaben immer größer und bun-ter. „Die Gemeinden sind der Ort der Wahrheit, weil sie der Ort der Wirklich-keit sind“, stellte der ehemalige Präsi-dent des Deutschen Städte- und Ge-meindebundes Hermann Schmidt-Vo-ckenhausen einst treffend fest.

Nur selten zuvor hatte diese Aussage so viel Wahrheitsgehalt wie zu Beginn des Jahres 2016. Viele neue Aufgaben müs-sen von den Kommunen erledigt wer-den, ohne dass damit eine kostende-ckende Finanzausstattung einherginge, von der Breitbanderschließung bis hin zur Inklusion behinderter Menschen. Hinzu kommen neue Themenfelder, die der kommunalen Ebene schlicht zuwachsen. Die ärztliche Versorgung oder die geplante Stärkung der Rolle der Kommunen in der Pflege sind nur zwei Beispiele.

Zugleich steigen die Personalaufwen-dungen in erheblichem Maße an. Das neue Landespersonalvertretungsgesetz, wie auch das im Jahr 2015 verabschiede-te Bildungsurlaubsgesetz, verursachen durch die gesetzlich nun zwingenden Freistellungen einen erheblichen Mehr-aufwand für die Städte und Gemeinden. Auch der Tarifabschluss im Erziehungs-bereich verursacht einen Anstieg der Personalausgaben.

Zu alledem kommt die Erkenntnis, dass der Investitionsbedarf auf kommunaler Ebene ebenfalls auf Rekordniveau ange-kommen ist.

Folglich lässt sich ohne Übertreibung feststellen: Ohne zusätzliche Finanzmit-tel sind auch die baden-württembergi-schen Städte und Gemeinden nicht in der Lage, ihre stetig zunehmenden Auf-gaben erfolgreich zu bewältigen.

Ein hoffnungsvoller Blick muss daher hin zu den Bund-Länder-Finanzver-handlungen gehen. Hier gab es zum En-de des Jahres tatsächlich eine bemer-kenswerte Entwicklung.

Ländereinigung über Bund-Länder-Finanzausgleich

Die Bundesländer haben sich am 3. De-zember 2015 nach langen und zähen Verhandlungen auf ein gemeinsames Modell für die Neuordnung der födera-len Finanzbeziehungen geeinigt. Danach soll der bisherige Länderfinanzausgleich zwischen „reichen“ und „armen“ Län-dern abgeschafft und im Wesentlichen durch eine neue Umsatzsteuerverteilung ersetzt werden. Die 16 Regierungschefs und Regierungschefinnen der Länder fordern vom Bund ab dem Jahr 2020 jährlich knapp 9,7 Milliarden Euro, um das beschlossene neue Modell umsetzen und finanzieren zu können.

Bei der Bewertung dieser Ländereini-gung gilt es den kommunalen Blickwin-kel zwischen der bundesweiten und der spezifisch baden-württembergischen Sicht zu differenzieren.

Die kommunale Sicht auf Bundesebene:

Der Deutsche Städte- und Gemeinde-bund (DStGB) hat die Einigung und die mit ihr einhergehende Tatsache, dass die Länder nun eine gemeinsame Grundlage gefunden haben, begrüßt. Er sieht darin die Gelegenheit, die zukunftsweisende Reform der föderalen Finanzbeziehun-gen zu einem Erfolg zu führen und um-zusetzen. Der Bund sei nun gefordert, das neue Finanzierungsmodell auch finanziell auszustatten, zuletzt hatte er bereits 8,5 Milliarden Euro dafür ange-boten. Eine auskömmliche und ausge-wogene Finanzausstattung der Länder sei wichtig, um gleichwertige Lebensver-hältnisse überall im Bundesgebiet zu wahren, Zukunftsinvestitionen angehen zu können und die Migration zu einem Erfolg für unser Land zu machen.

Mehreinnahmen der Länder im neuen Finanzausgleich müssten diese nicht zu-letzt dazu einsetzen, um zu einer nach-haltig aufgabengerechten Finanzaus-stattung der Kommunen zu kommen. Dafür sei nun eine besondere Chance eröffnet. Die Stärkung der kommunalen Finanz- und Investitionskraft würde entscheidende Impulse für den Erfolg

und die Zukunftsfähigkeit Deutsch-lands bringen. Darüber hinaus müsse der Bund seine Zusage umsetzen, die Kommunen um 5 Milliarden Euro jähr-lich zu entlasten. Auf der Agenda müsse zudem bleiben, dass die Gewerbesteuer-umlage wieder abgesenkt wird.

Der DStGB begrüßt außerdem, dass auch in dem gemeinsamen Reformmo-dell der Länder die sogenannten Ent-flechtungsmittel erhalten bleiben. Die-se Mittel, zuletzt rund 2,6 Milliarden Euro jährlich, werden für den kommu-nalen Wohnungsbau, den Nahverkehr sowie Hochschulen ausgegeben.

Die fünf zur Konsolidierung verpflichte-ten Länder Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein würden nach dem beschlossenen Mo-dell bereits ab 2016 die Möglichkeit be-kommen, bei Verlängerung von Kredi-ten Gemeinschaftsanleihen mit den Bund vorzunehmen. Dies würde zu Zinsersparnissen führen. Wichtig sei es, den höchst verschuldeten Gebietskör-perschaften eine Lösung des Altschul-denproblems soldarisch zu ermögli-chen. Nicht nur den Ländern, sondern auch den Kommunen müsse die Mög-lichkeit eröffnet werden, im Rahmen von Gemeinschaftsanleihen von der besten Bonität und damit verbundenen Finanzierungskonditionen des Bundes profitieren zu können.

Das bisherige mehrstufige System des Finanzausgleichs inklusive des soge-nannten Umsatzsteuervorwegausgleichs soll über ein einstufiges Mehrwert-steuerverteilsystem ersetzt werden. Für die Verteilung der Umsatzsteuervertei-lung soll die kommunale Finanzkraft zukünftig mit 75 Prozent gewichtet werden, anstatt mit 64 Prozent wie bis-lang. Zum Ausgleich von Finanzkraft-unterschieden auf Gemeindeebene sol-len insgesamt 1,54 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Diese kämen vor allem den ostdeutschen Ländern zu Gute. Unter dem Strich würden in dem Reformmodel jedoch alle Länder finan-ziell besser dastehen, als zuvor. Dabei sollen die bisherigen Geberländer um etwa 2,5 Milliarden Euro im Jahr ent-lastet werden.

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fähige Telekommunikationsinfrastruk-tur das zentrale Nervensystem. Schließ-lich ist die digitale Infrastruktur zwi-schenzeitlich längst zu einem dringen-den Grundbedürfnis unserer Wirtschaft geworden. Sowohl für große Unterneh-men als auch für kleinere Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe ist ein ent-sprechend breitbandiger Zugang ins Telekommunikationsnetz zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit unabdingbar. Und auch für die Privathaushalte ist ei-ne zukunftsfähige Anbindung an die Datenautobahn schon heute ein grund-legender Standortfaktor, wenn es um die Festlegung des Wohnortes geht. Für den Gemeindetag Baden-Württemberg ist die Zielrichtung für einen zukunfts-weisenden Breitbandausbau daher klar: Zur Sicherstellung einer zukunftsfähi-gen Breitbandinfrastruktur braucht es flächendeckend Glasfaseranschlüsse in die einzelnen Haushalte (FTTB).

Neue Förderrichtlinien von Bund und Land

Die neu aufgelegten Förderrichtlinien in Bund und Land eröffnen diesbezüglich nun neue Finanzierungsmöglichkeiten, auch für einen kommunal vorangetrie-benen Ausbau. So können aus beiden Töpfen auch baden-württembergische Kommunen eine Förderung beantragen. Zudem sind die bereit gestellten Sum-men sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene durchaus geeignet, um den flächendeckenden Ausbau ein gutes Stück voran zu bringen. Allerdings ist die inhaltliche Ausgestaltung der beiden Förderprogramme nicht aufeinander ab-gestimmt. Während das baden-württem-bergische Förderprogramm die seit vie-len Jahren eingeschlagene Richtung ei-nes kommunalen Breitbandausbaus mit nochmals verbesserten Fördermöglich-keiten festgeschrieben hat, spielt das Sco-ringmodell des Bundesförderprogram-mes eher dem Wirtschaftlichkeitslücken-modell in die Karten. Und genau dieser Umstand ist aus Sicht der Städte und Gemeinden nicht nachzuvollziehen. Es kann nicht sein, dass der Bund „Hü“ und das Land „Hott“ sagt und die Städte und Gemeinden dann den Karren in die rich-tige Richtung steuern sollen.

Die Verteilung der Mittel soll zukünftig nicht mehr „nach Himmelsrichtung“, sondern nach Strukturschwäche ausge-richtet werden. Dies hatte der DStGB schon lange Zeit gefordert. Allerdings soll das sogenannte Stadtstaatenprivileg er-halten bleiben, das bedeutet, dass die Ein-wohner von Berlin, Bremen und Ham-burg in ihrer Einwohnerwertung gegen-über den Flächenländern weiterhin mit einem Faktor von 1,35 gezählt werden.

Der Bund sei nun gefordert, das von den Ländern gemeinsam vorgelegte Reform-modell abschließend zu verhandeln. Der DStGB fordert eine erfolgreiche Beendi-gung dieses Reformprozesses, um finanz-politische Planungssicherheit und Grundlagen für die Bewältigung der Zu-kunftsherausforderungen zu schaffen.

Die kommunale Sicht in Baden-Württemberg:

Es liegt in der Natur der Sache, dass ein solcher Kompromiss, der zwischen 16 Bundesändern zu schließen war, Inhalte umfasst, die nicht in jedem Bundesland auf Begeisterung stoßen können. Aus Sicht der baden-württembergischen Kommunen hat die Tatsache, dass für die Verteilung der Umsatzsteuerverteilung die kommunale Finanzkraft zukünftig mit 75 Prozent gewichtet werden soll, anstatt mit 64 Prozent wie bislang, einen äußerst bitteren Nachgeschmack. War es doch gerade Ausdruck eines Anreizes, dass eben ein gutes Stück des kommuna-len Erfolges dann auch vor Ort verblei-ben konnte. Die Reduktion dieses für die Finanzverteilung unberücksichtigten Teils der kommunalen Finanzkraft min-dert damit auch die Motivation der Kom-munalpolitik – mitunter auch gegen Widerstände – Standortentscheidungen immer auch unter dem Gesichtspunkt einer eigenständigen wirtschaftlichen Verantwortlichkeit zu sehen. Eine immer stärker aus Umverteilungssystemen resul tierende Finanzierung schmälert den Leistungsanreiz und muss daher immer kritisch begleitet werden.

Auch die Tatsache, dass Baden-Würt-temberg mit 89 Euro Netto-Pro-Kopf-Gewinn deutlich unter dem Durch-

schnitt von 109 Euro und sogar noch unterhalb des Durchschnitts der West-Flächenländer von 92 Euro liegt, kann in den Südwestkommunen keine allzu große Begeisterung auslösen.

Die Landesregierung bewertet die Län-dereinigung durchweg positiv. Minister-präsident Winfried Kretschmann und Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid haben die Einigung der Länder über eine Reform der Bund-Länder-Fi-nanzbeziehungen ausdrücklich be-grüßt. In einer Pressemitteilung vom 8. Dezember 2015 heißt es wörtlich: „Wir haben im Länderkreis gemeinsam einen guten und ausgewogenen Kompromiss erreicht“. In dieser Pressemitteilung wird auch von einem Profit der Kom-munen gesprochen. Der Gemeindetag wird sich dafür einsetzen, dass dieser Profit vom Land im Rahmen der Finanz-verhandlungen mit den Kommunen auch an diese weitergegeben wird.

Insgesamt betrachtet muss man auch aus baden-württembergischer Sicht an-erkennen, dass mit dieser Ländereini-gung nun erstmals ein Vorschlag auf dem Tisch liegt, der die über Jahre schwelenden Auseinandersetzung zum Länderfinanzausgleich nun in die Zu-kunft hinein befrieden könnte.

Es gilt jedoch zunächst abzuwarten, in-wieweit sich der Bund den vorliegenden Ländervorschlag zu Eigen machen wird. Wenn es auch mit dem Bund zu einer Einigung kommen sollte, so wird es für die baden-württembergischen Städte und Gemeinden darum gehen, dass bei den weiteren Verhandlungen auf Bun-des- und insbesondere auf Landesebene sichergestellt wird, dass auch die baden-württembergischen Städte und Gemein-den von diesem Mehr an Geld profitie-ren können.

Zukunftsthemen

Zukunftsfähiges Internet geht nur mit flächendeckenden Glasfaseran-schlüssen

Für eine wirtschaftsstarke Gesellschaft des 21. Jahrhunderts ist eine leistungs-

Bilanz und Perspektiven

11Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2016 Bilanz und Perspektiven

Der Gemeindetag hat vor diesem Hin-tergrund im November 2015 einen kommunalen Breitbandkongress in Ehingen durchgeführt. In der Anwesen-heit von rund 140 kommunalpoliti-schen Entscheidungsträgern wurde mit den Vertretern von Bund und Land über einen zukunftsfähigen Breitbandausbau diskutiert. So konnte der Gemeindetag auch Notwendigkeiten für einen zu-kunftsweisenden Glasfaserausbau defi-nieren und den politischen Akteuren mitgeben. Im Rahmen des Kongresses wurde auch über den Beschlussentwurf der Bundesnetzagentur zum beantrag-ten Exklusivrecht der Telekom Deutsch-land GmbH zum Vectoring-Ausbau in-tensiv diskutiert.

Der Gemeindetag wird hierzu im Januar 2016 ein weiteres Mal die kommunalen Interessen für die Erreichung eines flä-chendeckenden Glasfaserausbaus ge-genüber der Bundesnetzagentur vertre-ten, denn zum Ende des Jahres 2015 scheint eines unzweifelhaft: Ohne die maßgeblichen Gestaltungskompeten-zen der baden-württembergischen Kommunalpolitik lässt sich ein flächen-deckender Glasfaserausbau in unserem Bundesland nicht realisieren. Der Ge-meindetag wird sich mit Nachdruck da-für einsetzen, dass die Rahmenbedin-gungen dafür auch weiterhin stetig ver-bessert werden.

Städte und Gemeinden 4.0 – Future Communities: Land fördert die Initiative des Gemeindetags finanziell und personell

Eine flächendeckende Glasfasererschlie-ßung ist jedoch „nur“ die notwendige Grundlage für die Gestaltung einer kommunalen Zukunftsfähigkeit im Flä-chenland Baden-Württemberg. Darauf gründend braucht es konkrete Weichen-stellungen hin zu einem zukunftsfähi-gen Arbeits- und Lebensumfeld für Mensch und Wirtschaft. Und dies muss für Stadt und Land in gleichem Maße gelten.

Der Gemeindetag hat vor diesem Hinter-grund das Projekt „Städte und Gemein-den 4.0 – Future communities“ entwi-

ckelt, das die Städte und Gemeinden in unserem Land dabei unterstützen soll, sich fit für die Zukunft zu machen.

Die meisten Gemeinden und Städte in Baden-Württemberg beschäftigen sich bereits intensiv mit der Frage der Zu-kunftsfähigkeit. Aus Sicht des Gemein-detags Baden-Württemberg ist es jedoch notwendig, bereits erprobte oder neu entwickelte, innovative Maßnahmen auf unterschiedlichen kommunalen Zu-kunftsfeldern zu einem integrierten und in sich schlüssigen Gesamtkonzept zu-sammenzufassen.

Der Gemeindetag hat es sich daher zum Ziel gemacht, hierzu ein baden-würt-tembergisches Modellprojekt zu etablie-ren. Die Idee der „Städte und Gemein-den 4.0“ besteht darin, die Kommune von „übermorgen“ nicht nur zu den-ken, sondern durch eine Kooperation zwischen Wirtschaft, Bürgern und Kom-munalverwaltung bereits jetzt konkrete Projekte umzusetzen und Produkte zu entwickeln, die die Lebensqualität vor Ort erhalten oder steigern und die Wett-bewerbsfähigkeit unserer Kommunen als Wirtschaftsstandorte und Wohnorte sichern.

Die Initiative „Städte und Gemeinden 4.0“ verfolgt dabei folgende Ziel setzungen:

• sie macht unsere Gemeinden undStädte bereit für die Zukunft.

• siebringtvonAnfanganWirtschafts-

unternehmen und Kommunen zu-sammen, die gemeinsam innovative Projekte umsetzen.

• siesammeltProjekteausdenunter-schiedlichen Bereichen, die interes-sant für Gemeinden und Städte sind.

• sie ist nach dem Baukastenprinzipaufgebaut: jede Gemeinde und Stadt sucht sich einen oder mehrere Bau-steine aus, die sie je nach Bedarf vor Ort umsetzen kann.

• siesolldurchdasLandBaden-Würt-temberg gefördert werden, um den Wirtschafts- und Industriestandort

Baden-Württemberg bereits auf der kommunalen Ebene auch weiterhin zukunftsfähig und nachhaltig zu ge-stalten.

Auf diesem Wege sollen die Städte und Gemeinden in die Lage versetzt wer-den, die bestmögliche Lebensqualität für alle Bürgerinnen und Bürger zu ge-währleisten und gleichzeitig die lang-fristige Finanzierbarkeit der Maßnah-men zu erhalten.

Anfang Dezember 2015 hat das Land öf-fentlich bekannt gegeben, die Initia tive „Städte und Gemeinden 4.0 – Future Communities“ des Gemeindetags mit 940.000 Euro zu fördern. Zusätzlich stellt es dem Gemeindetag einen Be-schäftigten der Landesverwaltung als Mitarbeiter für die Initiative zur Verfü-gung. Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid wird in der Pressemittei-lung mit folgenden Worten zitiert: „Mit der Finanzierung des Projekts wollen wir die Gemeinden auf ihrem Weg zur `Zukunftsstadt` unterstützen. Wir wol-len damit die Lebensqualität für die Bür-gerinnen und Bürger erhöhen und den Wirtschaftsstandort Baden-Württem-berg auch auf kommunaler Ebene zu-kunftsfähig und attraktiv halten.“

Dieser Zwischenerfolg ist für uns die Be-stätigung, den richtigen Weg einge-schlagen zu haben. Er ist aber umso mehr Ansporn, unsere Anstrengungen in diesem Zukunftsfeld noch weiter zu intensivieren. Im zweiten Halbjahr 2015 haben bereits zwei Workshops stattgefunden, an denen interessierten Städten und Gemeinden die Bürger-App des Heidelberger Unternehmens Sovan-ta und die Batteriespeichersysteme der Firma ads tec aus Nürtingen vorgestellt wurden. Weitere Workshops werden fol-gen. 2016 wird der Gemeindetag darü-ber hinaus für die Koordinierung der Initiative ein eigenes Zukunftsbüro er-öffnen. Dieses hat den Auftrag, den Städten und Gemeinden eine Hilfestel-lung bei der Gestaltung ihrer Zukunfts-fähigkeit zu geben und diese bei der Umsetzung konkreter Zukunftsprojekte zu begleiten.

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BWGZ 1 | 2016Bilanz und Perspektiven

Bilanz und Perspektiven – Inhaltsverzeichnis

• Am 13. März 2016 ist Landtagswahl

• Schulentwicklung muss verlässlich sein!

• Kitas erneut bestreikt

• Bildungsurlaub

• Grundgesetz der Städte und Gemein-den, die Gemeindeordnung, geändert – mehr Vertrauen in die kommunale Ebene wäre angezeigt gewesen

• Flüchtlinge

• Hausärztliche Versorgung in Baden-Württemberg

• Ausbau der Pflegestützpunkte in Baden-Württemberg

• Fachstelle Inklusion erfolgreich etabliert

• Breitband Bundesrichtlinie

• Änderung des Bauplanungsrechts

• Neue Struktur für kommunale Datenverarbeitung

• Chancengleichheitsgesetz wirkungslos

• Konzessionsvergabe: Novellierung des § 46 EnWG

Der sechszehnte Landtag von Baden-Württemberg wird am 13. März 2016 gewählt. Rechtsgrundlagen der Wahl sind die Verfassung des Landes Baden-Württemberg, das Landtagswahlgesetz und die Landeswahlordnung. Der Land-tag setzt sich aus mindestens 120 Abge-ordneten zusammen; durch Überhang- und Ausgleichsmandate kann sich die Zahl der Abgeordneten erhöhen. Im 15. Landtag sind 138 Abgeordnete vertreten:

CDU 60 AbgeordneteGRÜNE 36 AbgeordneteSPD 35 AbgeordneteFDP 07 Abgeordnete.

Gewählt wird aufgrund von Wahlvor-schlägen in 70 Wahlkreisen. Wahlvor-schläge können vor Parteien oder vor Wahlberechtigten für Einzelbewerber eingereicht werden. Parteien können in jedem Wahlkreis einen Bewerber und einen Ersatzbewerber aufstellen. Jeder Wähler hat eine Stimme.

Bei der Sitzverteilung werden nur Partei-en berücksichtigt, die mindestens fünf Prozent der im Land abgegebenen gülti-gen Stimmen erreicht haben.

Von den ca. 10,8 Mio. Einwohner wer-den bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg rund 7,7 Millionen Bür-gerinnen und Bürger wahlberechtigt sein, darunter auch ca. 520.000 Erst-

wählerinnen und Erstwähler, die seit der letzten Landtagswahl volljährig wurden bwz. werden und somit erst-mals an einer Wahl zum baden-würt-tembergischen Landtag teilnehmen können. Die Zahl der Wahlberechtig-ten würde somit nach den Vorrausbe-rechnungen des Statis tischen Landes-amtes über dem Niveau der letzten Landtagswahl im Jahr 2011 liegen (7,62 Millionen Wahlberechtigte).1

Wahlberechtigte sind Deutsche,die am Wahltag das 18. Lebensjahr voll-endet haben und seit mindestens drei Monaten in Baden-Württemberg ihre (Haupt-)Woh-nung haben.

Nichtwahlberechtigte sind Deutsche, die in einem anderen Bundesland oder im Ausland leben. Im Unterschied zur Europa- und zu den Kommunalwah-len sind Staatsbürger anderer Mit-gliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger) mit Wohnsitz in Ba-den-Württemberg bei der Landtags-wahl nicht wahlberechtigt, es sei denn sie besitzen zugleich die deutsche Staatsangehörigkeit.

Parteien und andere müssen ihre Wahl-vorschläge bis spätestens 14. Januar 2016 bei dem zuständigen Kreiswahllei-ter schriftlich einreichen. Am 19. Januar

2016 entscheiden die Kreiswahlaus-schüsse in den einzelnen Wahlkreisen über die Zulassung der eingereichten Wahlvorschläge. In der ersten Februar-woche wird mit der Bekanntmachung der zugelassenen Wahlvorschläge in den Wahlkreisen zu rechnen sein.

Fußnote1 Pressemitteilung Statistisches Landesamt Baden-

Württemberg vom 29.12.2015, Nr. 346/2015.

Am 13. März 2016 ist Landtagswahl

Angesichts der seitens der Landesregie-rung nach Auffassung des Gemeinde-tags unsachgemäß definierten Min-destschülerzahlen und der aktuellen schulpolitischen Entwicklung in Ba-den-Württemberg ist kurzfristig ein Schulsterben insbesondere in kleineren Städten und Gemeinden zu befürchten.

So bedarf es zur Errichtung einer Ge-meinschaftsschule, wie auch einer Real-schule, einer prognostizierten Mindest-schülerzahl von 40 Schülern. Diese Min-destschülerzahl soll eine langfristige Zweizügigkeit dieser Schularten gewähr-leisten. Aus Sicht der Landesregierung ist eine solche aus pädagogischen Gründen erforderlich, um die notwendigen Diffe-renzierungen vornehmen zu können.

Die Mindestschülerzahl führten vor allem im Bereich der Gemeinschaftsschulen, die sich zum weit überwiegenden Teil aus den Werkrealschulen weiterentwickeln, zu einer grundlegenden Veränderung der Bildungslandschaft. So kann davon aus-zugegangen werden, dass bis zu der Hälfte der seitherigen Werkrealschulstandorte ersatzlos wegfallen wird.

Der Gemeindetag akzeptiert nicht, dass Mindestschülerzahlen letztendlich nur ein Instrument für Schulschließungen sind; erst recht nicht, wenn man die neuesten Entwicklungen der Schüler-zahlen betrachtet und die wachsende Zahl an Flüchtlingskinder einbezieht. Hier kann sich eine grundlegende Trendwende der Schülerzahlen ergeben und damit die Frage, wie sich dies auf

Schulentwicklung muss verlässlich sein!

13Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2016 Bilanz und Perspektiven

die Schulstrukturpolitik des Landes aus-wirken wird. Nicht zuletzt deshalb muss über die Anpassung von Mindestschü-lerzahlen stärker nachgedacht und über Regionale Schulentwicklungsprozesse auch unter Einbeziehung dieser neuen Situation diskutiert werden.

Grundschulen müssen weiterhin eine Bestandsgarantie haben und sich unab-hängig von einer Mindestschülerzahl zu Ganztagsschulen weiterentwickeln können. Die organisatorische Zusam-menlegung kleiner Grundschulstandor-te innerhalb der Zuständigkeit eines Schulträgers kann eine Option sein. Da-mit muss auch die erforderliche Lehrer-zuteilung einhergehen.

Zu den bildungspolitischen Reformen und den Schulgesetznovellen und ihren Auswirkungen auf kommunale Schul-träger wurde in BWGZ 19/2015, Seite 898 ff ausführlich berichtet. Zudem hat der Landesvorstand ein Positionspapier verabschiedet. Es wird auf diese Materi-alien verwiesen.

Nach 2009 wurden 2015 wieder viele kommunale Kindertagesstätten be-streikt. Auch nicht dem Kommunalen Arbeitgeberverband angehörende Städ-te und Gemeinden waren teilweise Zielscheibe der Arbeitskämpfe. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat den Vorschlag des Gemeindetags aufgegriffen, im Zusammenhang mit dem Tarifeinheitsgesetz eine Regelung des Verfahrens bei Streiks in Betrieben der Daseinsvorsorge gegenüber dem Bundesarbeits ministerium zu vertre-ten. Es geht insbesondere um eine an-gemessene Ankündigungsfrist und die Gewährleistung einer über eine Mini-malversorgung hinaus gehenden Be-triebsfähigkeit.

Die Initiative war sofort umstritten. Die Bundesregierung verweigert auch in diesen Fragen eine gesetzliche Regelung des Streikrechts. Jedoch verlangen in-zwischen auch andere eine verlässliche Verfahrensregelung für den Streikfall.

Gegen das Votum der kommunalen Landesverbände und der Wirtschaft hat der Landtag im März 2015 ein Bildungs-zeitgesetz beschlossen, das Beschäftig-ten bezahlte Freistellung für berufliche und politische Weiterbildung oder Qualifizierung für ein Ehrenamt ge-währt. Der Anspruch auf Bildungsmaß-nahmen nach Wahl der Beschäftigten besteht im Umfang von fünf Arbeitsta-gen pro Jahr. Die Erfahrung aus drei-

zehn Bundesländern zeigt, dass eine gesetzliche Regelung der Weiterbildung sich nicht bewährt hat und in Einzelfäl-len zu unsinnigen Konflikten führt. Dem zunehmenden Fachkräftemangel kann man mit Bildungsurlaub nicht be-gegnen. Die Weiterbildung ihrer Be-schäftigten ist den Städten und Ge-meinden wichtig, so der Gemeindetag. Er hält das „Bildungszeitgesetz“ daher für völlig unnötig.

Kitas erneut bestreikt

Bildungsurlaub

Der Landtag hat am 14. Oktober 2015 das Gesetz zur Änderung kommunalver-fassungsrechtlicher Vorschriften be-schlossen, mit dem im wesentlichen die Gemeindeordnung und die Landkreis-ordnung geändert und ergänzt werden. Das Gesetz ist im Gesetzblatt vom 30. Oktober 2015, Seite 870 ff verkündet worden. In großen Teilen ist das Gesetz am 1. Dezember 2015 in Kraft getreten. Allerdings müssen eine ganze Reihe von Übergangsbestimmungen und besonde-re Regelungen über das Inkrafttreten berücksichtigt werden. Einzelheiten zu den Änderungen sind bereits in BWGZ 19/2015, Seite 978 ff sowie im Positions-papier des Gemeindetags Nr. 1/2015 dargestellt worden.

Die Änderung der Gemeindeordnung ist in weiten Teilen unnötig. Pauschal wer-den per Gesetz detaillierte organisatori-sche Regelungen für alle 1.101 Städte und Gemeinden getroffen, die jahrzehn-telang zufriedenstellend von den Ge-meinderäten selbst geregelt worden sind. Exemplarisch sei hierzu genannt die Ein-führung einer starren Sieben-Tages-Frist für die Einladung und den Versand von Unterlagen an den Gemeinderat und an-dere Gremien der Gemeinde, einzelne Regelungen über Fraktionen und ihre besonderen Rechte sowie die Regelun-gen über Beteiligung Jugendlicher.

Der Gesetzgeber begründet diese Ein-griffe in das Geschäftsordnungsermes-sen eines Gremiums mit einer „Stärkung der kommunalen Demokratie“. Der Ge-

meindetag sieht das entschieden an-ders: Mit den Neuregelungen werden unnötige Vorgaben gemacht, anstatt auf die Entscheidungsfähigkeit der kommunalen Hauptorgane zu vertrau-en. Dabei ist es doch immer wieder die Kommunalpolitik, die unter Beweis stellt, dass es ihr gelingt, orientiert an den örtlichen Bedürfnissen und Gege-benheiten, sachgerechte und zukunfts-weisende Entscheidungen zu treffen. Gemeinderäte können ihre Geschäfts-abläufe selbst vereinbaren. Was durch Geschäftsordnungen jahrzehntelang zufriedenstellend geregelt war, muss nicht durch den Landtag bestimmt wer-den. Mehr Bürokratie hindert die erfolg-reiche Arbeit der Gemeinderäte.

Die mit der Gesetzesänderung erfolgte Ausweitung des Bürgerentscheids auf den Aufstellungsbeschluss in der Bau-leitplanung wird vom Gemeindetag ab-gelehnt. In einer Phase der Höchstbelas-tung der Städte und Gemeinden mit neuen, unter Zeitdruck zu erledigende Aufgaben im Bereich der Ausweisung und Erschließung von Flächen für Ge-meinschaftsunterkünfte und den Woh-nungsbau, ist dies ein völlig falsches Si-gnal zum falschen Zeitpunkt.

Der Gemeindetag wird seine Muster, die durch die Neuregelungen betroffen sein können (Geschäftsordnung, Redakti-onsstatut, Satzung über die ehrenamt-liche Entschädigung), in den nächsten Wochen überarbeiten und seinen Mit-gliedern zur Verfügung stellen.

Grundgesetz der Städte und Gemeinden, die Gemeindeordnung, geändert – mehr Vertrauen in die kommunale Ebene wäre angezeigt gewesen

14 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2016Bilanz und Perspektiven

Die Krisen im Nahen und Mittleren Osten, die Bürgerkriege im Norden Afrikas haben weltweit zu einem erheb-lichen Anstieg der Zahl an Menschen auf der Flucht geführt. Auch in der Bunderepublik Deutschland hat sich die Zahl der ankommenden Flüchtlin-ge und Asylbewerber gravierend er-höht. Die offizielle Prognose liegt für Deutschland für das Jahr 2015 zwi-schenzeitlich bei 800.000 Menschen. Inzwischen wird hingegen öffentlich sogar von weit mehr als einer Million Menschen gesprochen. Nach einem auf Bundesebene festgelegten Vertei-lungsschlüssel werden von diesen Menschen 12,9 Prozent auf Baden-Württemberg verteilt. Für 2015 bewegt sich die Prognose des BAMF (Bundes-amt für Migration und Flüchtlinge) demnach bei rund 104.000 ankom-menden Menschen. Die aktuellen Zah-len sprechen aber eine andere Sprache: So muss mittlerweile von 200.000 Menschen ausgegangen werden, die im Jahr 2015 asylsuchend in Baden-Würt-temberg ankommen. Damit ist eine Di-mension erreicht, deren Unterbrin-gung, Begleitung und Versorgung alle Beteiligten vor eine kaum zu bewälti-gende Herausforderung stellen wird.

Städte und Gemeinden stehen zu ihrer humanitären Verantwortung

Zur Sicherung des sozialen Friedens vor Ort stehen die Städte und Gemeinden unter einem erheblichen Druck, diese humanitäre Aufgabe in im gemeinsa-men Schulterschluss mit allen sonstigen Akteuren zu bewältigen. Um dies zu ge-währleisten, werden auf kommunaler Ebene größte Anstrengungen unter-nommen. Nur auf diese Weise konnte es gelingen, in der breiten Mitte der Ge-sellschaft eine bemerkenswert positive und hilfsbereite Grundstimmung zu schaffen und bisher auch zu erhalten.

Nicht zuletzt können wir daher zum heutigen Tage feststellen, dass es in Ba-den-Württemberg trotz zwischenzeitli-cher Hürden mit großem Erfolg gelun-gen ist, die Menschen, die in den Jahren

2014 und 2015 hilfesuchend bei uns angekommenen sind, unterzubringen und zu versorgen. Die Städte und Ge-meinden haben maßgeblich dazu beige-tragen, diesen Zustrom an Flüchtlingen auf dem Niveau eines Zehnjahreshochs zu bewältigen.

Dieser Erfolg darf jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass der weiter stei-gende Flüchtlingszustrom alle gesell-schaftlichen Akteure in Zukunft noch in viel größerem Maße fordern wird, als dies im vergangenen Jahr der Fall war. Und klar ist auch: Die Leistungsfähig-keit der Städte und Gemeinden ist end-lich. Es bedarf daher einer Steuerung der Zugangszahl. Auch die Fluchtursachen müssen verstärkt in den Blick genom-men und durch gezielte Unterstützung der (insbesondere sicheren) Herkunfts-länder der Flüchtlinge behoben werden.

Tatsächliche kommunale Betroffenheit

Die Flüchtlingsversorgung und -betreu-ung hat bereits mit dem Ankunftstag der Menschen in Baden-Württemberg einen unmittelbaren kommunalen und kom-munalpolitischen Bezug. Sowohl die Erstaufnahmestellen des Landes, als auch die vorläufigen Unterbringungs-stätten der Landkreise liegen in Städten und Gemeinden. Land und Landkreise können die in ihre Zuständigkeit fallen-den Aufgaben deshalb nur in Kooperati-on mit den Städten und Gemeinden er-füllen. Kommunen haben eine Schlüs-selfunktion in der Bewältigung der vie-len Aufgaben, von der Bauleitplanung, über Kinderbetreuung und Schule, bis hin zum Wohnungsbau und der Integra-tion der Menschen vor Ort. Umso wich-tiger ist es, dass sie dabei von Bundes- und Landesebene unterstützt werden.

Aktuelle Situation erfordert Maßnahmenpaket von Bundes- und Landesebene

Aktuell sind die verfügbaren Kapazitä-ten in den Landeserstaufnahmestellen aber auch der vorläufigen Unterbrin-

gung hoffnungslos überlastet. Es entste-hen Zeltstädte und sonstige Behelfsun-terkünfte. Aufgrund dieses Notstandes werden auch in großem Umfang asylbe-gehrende Menschen ohne Identitätsklä-rung, ohne gesundheitliche Untersu-chung und ohne Asylantragstellung in die Stadt- und Landkreise verlegt. Dies bringt die Sicherheitsbehörden wie auch die Kommunen unverschuldet un-ter einen immensen Handlungsdruck. Die gegenwärtige Situation, gründend auf den beschriebenen, unkoordinier-ten Abläufen der Asylverfahren, wird angesichts des weiteren Anstieges der Flüchtlingszahlen alle Beteiligten in ab-sehbarer Zeit überfordern.

Der Landesvorstand des Gemeindetags hat daher bereits Ende September 2015 im Rahmen seiner Klausurtagung in As-pach gefordert, dass die von staatlicher Seite bereits ergriffenen und noch zu ergreifenden Maßnahmen zielgerichte-ter aufeinander abgestimmt werden müssen.

Nach dem Aspacher Beschluss des Lan-desvorstands des Gemeindetags müssen folgende Zielsetzungen erreicht werden:

• Flüchtlinge und Asylsuchende, dienach Europa kommen, müssen in-nerhalb der EU-Mitgliedstaaten soli-darisch verteilt werden.

• Die Zahl ungerechtfertigter bzw.missbräuchlicher Asylantragsteller muss deutlich verringert werden.

• BundundLänderhabenzugewähr-leisten, dass eine Verteilung der Asyl-bewerber auf die Kommunen erst nach positiver Entscheidung über den Asylantrag erfolgt.

• Bundund Länder habendenKom-munen für eine erfolgreiche Integra-tion der dort ankommenden, aner-kannten Asylbewerber die notwendi-gen Rahmenbedingungen zu ge-währleisten.

• BundundLändersteheninderdrin-genden Pflicht einen strategischen

Flüchtlinge

15Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2016 Bilanz und Perspektiven

Masterplan zu erarbeiten und den Bürgerinnen und Bürgern diesen so-wie die dafür notwendigen Einzel-maßnahmen zur Bewältigung der Flüchtlingsherausforderung nach-vollziehbar zu erläutern.

Zwar konnten in der Zwischenzeit eini-ge dieser Forderungen vom Bund bzw. Land erfüllt werden, andere blieben je-doch unberücksichtigt. Aufgrund des vom Bundesgesetzgeber im Oktober be-schlossenen Asylverfahrensbeschleuni-gungsgesetzes können unter anderem die Asylverfahren von Flüchtlingen aus sicheren Herkunftsstaaten nun schnel-ler abgeschlossen werden. Außerdem sieht das Gesetz auch eine Kostenerstat-tung des Bundes für die Zeit des Asylver-fahrens vor. Hier gilt es nun weiterhin, die Asylverfahren zu beschleunigen und den immensen Antragsstau zeitnah zu beseitigen. Auf europäischer Ebene muss sich die Bundesregierung noch-mals nachdrücklich für eine solidari-sche Verteilung der Flüchtlinge auf alle Mitgliedstaaten einsetzen.

Auf Landesebene wurden zwar wichtige Maßnahmen wie die Kapazitätserweite-rung der Erstaufnahmestellen oder die Einrichtung einer Lenkungsgruppe mit den betroffenen Ministerien und den kommunalen Landesverbänden verab-schiedet sowie die Kostenerstattung mit den Stadt- und Landkreisen im Rahmen der vorläufigen Unterbringung geklärt. Allerdings sind noch viele Fragen zur Anschlussunterbringung unbeantwor-tet. Allen voran die Finanzierung der Unterbringung und Integration der Bleibeberechtigten kann nicht allein den Kommunen aufgebürdet werden. Daher sind die Kommunalen Landes-verbände auf Grundlage einer Grobkos-tenberechnung in politische Verhand-lungen mit dem Land Baden-Württem-berg eingetreten. Ziel dieser Verhand-lungen ist es, über eine Erstattung dieser auf kommunaler Ebene entstehenden Mehrkosten zu verhandeln. Die Kosten-berechnung wurde mit Schreiben vom 20.11.2015 an Herrn Ministerpräsiden-ten Kretschmann MdL sowie an Herrn Finanz- und Wirtschaftsminister

Schmid MdL adressiert. Zudem wurde die Kostenberechnung auch in die Sit-zung der „Lenkungsgruppe Flüchtlinge“ am 26.11.2015 eingebracht.

Im Rahmen der Lenkungsgruppensit-zung wurde seitens des Landes klar arti-kuliert, dass auch von dortiger Seite die Notwendigkeit solcher Finanzverhand-lungen gesehen wird, da die Kommu-nen bei der gesamtstaatlichen Aufgabe der Integration der anerkannten Asylbe-werber nicht alleine gelassen werden sollen. Allerdings wurde seitens des Lan-des ebenfalls deutlich gemacht, dass nicht alle aufgeführten Mehrkosten an-erkannt werden könnten.

Auf dieser Grundlage wurde zwischen Land und Kommunalen Landesverbän-den vereinbart, die Verhandlungen in hohem Tempo voranzutreiben, um noch im Januar 2016 zu einem politischen Er-gebnis in dieser Fragestellung zu kom-men. Angesichts des sich kurzfristig ab-zeichnenden Anstiegs der Zugangszah-len in der Anschlussunterbringung ist eine solch schnelle politische Verständi-gung über die Finanzierung der in der Anschlussunterbringung anfallenden Kosten auch dringend geboten.

Handreichung des Gemeindetags für die Anschlussunterbringung

Der Gemeindetag will sich jedoch nicht darin erschöpfen – zweifellos erforderli-che – politische Forderungen zu erhe-ben, er will den Städten und Gemein-den auch eine Hilfestellung bei der Be-wältigung dieser Jahrhundertaufgabe bieten. Hierzu hat der Gemeindetag Anfang November 2015 die Handrei-chung „Anschlussunterbringung von A bis Z“ – von „A“ wie Arbeitsmarktinteg-ration bis „Z“ wie Zugangsrate“ erarbei-tet und an seine Mitgliedsstädte und Gemeinden versandt.

Mit dieser Handreichung wurde den Städten und Gemeinden eine fundierte Grundlage für ihre tägliche Arbeit und für eigene lokale Handlungsstrategien an die Hand gegeben. Kern dieses kom-

munalen Ratgebers ist die Bewertung der aktuellen Lage sowie die daraus er-warteten Auswirkungen auf die Städte und Gemeinden. So wird darin bei-spielsweise auf Grundlage zweier Szena-rien landesweit die zu erwartende Quo-te der in der Anschlussunterbringung ankommenden Menschen berechnet.1

Fazit

Die aktuellen Flüchtlingszahlen, aber auch die Prognosen für das Jahr 2016, erfordern ein erweitertes Maßnahmen-bündel von allen staatlichen Ebenen. Den Kommunen obliegt als unterste staatliche Ebene die dauerhafte Versor-gung und Unterbringung der Flüchtlin-ge im Rahmen der kommunalen An-schlussunterbringung. Damit werden sie aufgrund der immer weiter steigen-den Zahl an Ankommenden sehr bald überfordert sein. Was passiert, wenn die Integration der Menschen in die örtli-che Gemeinschaft nicht gelingt, lässt sich leicht ausmalen. Um dies zu ver-hindern, bedarf es dringend eines stra-tegischen Masterplans von Bundes- und Landesseite.

Fußnote1 Den Mitgliedsstädten und -gemeinden des Ge-

meindetags steht die Handreichung im Mit-gliederbereich unserer Homepage unter dem direkten Link

https://www.gemeindetag-bw.de/system/files/downloads_materialien/fluechtlinge_Handreichung-desGemeindetagsBaden-Wuerttemberg.pdf

zum kostenlosen Download zur Verfügung. Fo

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16 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2016Bilanz und Perspektiven

Die Sicherung der Grundversorgung stellt im niedergelassenen hausärztli-chen Bereich – gerade im ländlichen Raum – eine zunehmend anwachsende Problematik dar. Schon heute gibt es, trotz großer kommunaler Anstrengun-gen, in 172 Städten und Gemeinden in unserem Bundesland keinen niederge-lassenen Hausarzt mehr. In weiteren 198 Städten und Gemeinden beträgt der Versorgungsgrad unter Berücksichti-gung aller Hausärzte weniger als 75 %. Die für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung zuständige KVBW sowie die Krankenkassen (gemäß § 72 SGB V), se-hen allerdings weniger sich selbst in der Pflicht, stattdessen sollen nach dortiger Ansicht die Kommunen als Lückenbü-ßer in die Bresche springen.

Der Landesvorstand des Gemeindetags hat deshalb bereits im Herbst 2014 im Rahmen seiner Klausurtagung in Bad Wildbad grundlegende Forderungen zur Sicherstellung einer flächendeckenden,

hausärztlichen Versorgung in Baden-Württemberg formuliert:

– Der Gemeindetag misst der Sicherstel-lung einer flächendeckenden ärztli-chen Versorgung höchste Bedeutung bei. Er fordert daher die Einführung eines Rechtsanspruchs für eigenstän-dige Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg auf mindestens einen niedergelassenen Hausarztsitz.

– Auf dem Weg zur Realisierung dieses Anspruchs fordert der Gemeindetag zum Zwecke einer homogenen und stabilen medizinischen Versorgung die Festlegung einer abweichenden Raumgliederung nach § 99 Absatz 1 Satz 3 SGB V. So sollen auf dieser Grundlage die Planungsbereiche ge-meindescharf bemessen werden.

– Der Mindestbedarf an Hausarztsitzen einer Gemeinde ergibt sich aus der Verhältniszahl nach der Bedarfs-

planungsrichtlinie zur hausärztli-chen Versorgung. Nach dieser soll je 1.671 Einwohner eine Hausarztpra-xis vorgehalten werden.

Diese politische Initiative des Landes-vorstandes des Gemeindetags brachte Bewegung in die Diskussion der sozia-len Selbstverwaltung. Seitdem konnten folgende Ergebnisse erzielt werden:

Vor-Ort-Dialoge zu Abweichungs-möglichkeiten von der Bedarfsplanung

Seit Inkrafttreten des Versorgungsstruk-turgesetzes (GKV-VStG) 2013 gibt es die Möglichkeit, in der Bedarfsplanung von den für die ärztliche Versorgung gelten-den Planungsbezirken bei regionalen Be-sonderheiten abzuweichen. Um etwaige Abweichungen auch in Baden-Württem-berg zu prüfen, hat der sektorenübergrei-fende Landesbeirat auf Initiative von Ge-meinde- und Landkreistag eine Arbeits-gruppe „Bedarfsplanung“ zu diesem The-ma eingerichtet, die sich seither mit der Thematik, vor allem bezogen auf die hausärztliche Versorgung, befasst hat. Nach einigen Versuchen des Gemeinde-tags sowie des Landkreistags, die beteilig-ten Akteure zu einer solchen Abweichung zu bewegen, hat sich die kassenärztliche Vereinigung BW (KVBW) erst in einer Sit-zung im Herbst 2014 dazu bewegen las-sen, Vor-Ort-Gespräche in drei Landkrei-sen (Schwarzwald-Baar-Kreis, Rems-Murr-Kreis, Ostalbkreis) durchzuführen, um Kriterien zu entwickeln, unter wel-chen Voraussetzungen Abweichungen von der Bedarfsplanung denkbar wären.

Diese Vor-Ort-Gespräche fanden im Frühjahr und Sommer 2015 in den ge-nannten Landkreisen unter Beteiligung aller relevanten Akteure vor Ort, auch der Städte und Gemeinden, statt. Die Er-gebnisse wurden zunächst in der Arbeits-gruppe „Bedarfsplanung“ ausgewertet.

Der Gemeindetag setzte sich in diesen Gesprächen, gemeinsam mit dem Landkreistag, zur Prüfung einer etwai-gen Abweichung für ein Zwei-Stufen-Modell ein:

Hausärztliche Versorgung in Baden-Württemberg

Fördertatbestand ZuZ-Förderung

Hausärztliche Praxen/Nebenbetriebsstätten

Neugründung/Übernahme einer Praxis

• biszu60.000EuroInvestitionskostenzuschuss

• 10EuroFallwertzuschlagproBehandlungsfall für 5 Jahre

Errichtung einer Nebenbetriebsstätte • biszu40.000EuroInvestitionskostenzuschuss

• ggf.einmaligbiszu5.000Euro bei Kooperation mit geförderter fachärztlicher Nebenbetriebsstätte

• 10EuroFallwertzuschlagproBehandlungsfall für 5 Jahre

Fachärztliche Nebenbetriebsstätten

Errichtung einer Nebenbetriebsstätte

• biszu15.000EuroInvestitionskostenzuschuss bei Kooperation mit Hausärzten, ansonsten einmalig bis zu 40.000 Euro, falls eine Kooperation mit Hausärzten nicht möglich ist

• 10EuroFallwertzuschlag pro Behandlungsfall für 5 Jahre

Anstellung

Anstellung von Ärzten/Psychotherapeuten • 1.000EurojeMonatundAngestelltem• ggf.biszu5.000Euroeinmalig

für Anstellungsaufwand• 10EuroFallwertzuschlag

pro Behandlungsfall für 5 Jahre

Förderung angestellter Ärzte/Psychotherapeuten

• 750EurojeMonat

17Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2016 Bilanz und Perspektiven

1. Auslösekriterien

• EntfernungdesnächstenHausarztes(mit freien Kapazitäten) nach Berech-nung des Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) max. 1,8 km (Luftlinienentfernung anhand der Mitte des Postleitzahlbezirks).

• Abweichung in einem raumordne-risch relevanten Planungsraum (ggf. auch der Kreisentwicklungsplanung) vom im jeweiligen Mittelbereich vor-herrschenden Einwohner-/Arztver-hältnis um > 20%.

• Abweichung in einem raumordne-risch relevanten Planungsraum (ggf. auch der Kreisentwicklungsplanung) vom im jeweiligen Mittelbereich vor-herrschenden Durchschnittsalter der Ärzte um > 20%.

• Abweichung in einem raumordne-risch relevanten Planungsraum (ggf. auch der Kreisentwicklungsplanung) vom im jeweiligen Mittelbereich vor-herrschenden „Menschen mit Behin-derung-/Arztverhältnis“ um > 20%.

• Abweichung in einem raumordne-risch relevanten Planungsraum (ggf. auch der Kreisentwicklungsplanung) vom im jeweiligen Mittelbereich vor-herrschenden Pflegebedürftigen/Arztverhältnis“ um > 20%.

• AbweichungimjeweiligenMittelbe-reich von dem – bezogen auf das Land Baden-Württemberg und die entsprechende Raumkategorie nach Landesentwicklungsplan (Ländlicher Raum im engeren Sinne, Verdich-tungsbereich im ländlichen Raum, Randzone um die Verdichtungsräu-me, Verdichtungsraum) – durch-schnittlichen Einwohner-/Arztver-hältnis oder durchschnittlichen Menschen mit Behinderung-/Arzt-verhältnis oder durchschnittlichen Pflegebedürftigen-/Arztverhältnis oder von dem Durchschnittsalter der Ärzte um jeweils > 20%.

2. Prüfverfahren

• AusgehendvondengenanntenAus-lösekriterien prüft die KVBW die Möglichkeit einer regionalen Abwei-chung nur auf substantiierten Antrag eines Stadt- oder Landkreises, ggf. nach Beteiligung einer kommunalen Gesundheitskonferenz, oder der Mehrheit der Städte und Gemeinden, auf deren Gemeindegebiet sich der Mittelbereich erstreckt.

• Ist wegen der Anzahl der Abwei-chungsbegehren abwicklungstech-nisch eine Priorisierung erforderlich, erfolgt diese nach der Anzahl der er-füllten Auslösekriterien.

• DieEntscheidungüberdas„Ob“und„Wie“ einer allfälligen Abweichung erfolgt unter Einbindung des Antrag-stellers und aller betroffenen kom-munalen Gebietskörperschaften so-wie der Landesverbände der Kran-kenkassen und Ersatzkassen.

• SofernimWegederregionalenAbwei-chung für den Bereich der hausärztli-chen Versorgung kleinere Planungs-räume geschaffen werden, besteht Einvernehmen, dass die Planungsbe-reiche im Verdichtungsbereich im Ländlichen Raum bzw. im Ländlichen Raum im engeren Sinne in der Regel nicht mehr als 50.000 Einwohner, in den Randzonen um die Verdichtungs-räume sowie in den Verdichtungsräu-men in der Regel nicht mehr als 80.000 Einwohner umfassen sollen.

Die AG Bedarfsplanung hat in ihrer Sit-zung am 13.10.2015 dieses zweistufige Verfahren dem sektorenübergreifenden Landesbeirat zur Beschlussfassung emp-fohlen. Dieser hat am 23.11.2015 die endgültige Entscheidung getroffen, die-ses Verfahren so durchzuführen. Neben dem Zwei-Stufen-Modell wurde be-schlossen, im Ostalbkreis und in den Landkreisen Schwarzwald-Baar, Rottweil und Tuttlingen im Rahmen des Projektes „Sektorenübergreifende Versorgung“ Modellvorhaben für eine kleinräumigere Bedarfsplanung durchzuführen.

Förderprogramm ZuZ – Ziel und Zukunft: Wir – die Ärzte und Psycho-therapeuten in Baden-Württemberg

Mit dem Projekt „Ziel und Zukunft: Wir – die Ärzte und Psychotherapeuten in Baden-Württemberg“ hat nun die mit dem Sicherstellungsauftrag betraute KVBW den Grundstein gelegt, in ausge-wiesenen Fördergebieten die Niederlas-sung freiberuflicher Ärzte sowie die Tä-tigkeit angestellter Ärzte in diesen Pra-xen, Kooperationen und Nebenbe-triebsstätten zu fördern.

Gefördert werden die• Neugründungeinerhausärztlichen

Praxis,• Übernahmeeinerhausärztlichen

Praxis,• ErrichtungeinerZweigpraxis/

Nebenbetriebsstätte oder• AnstellungvonÄrzten.

Die aktuellen Fördergebiete des Pro-gramms sind die fünf Mittelbereiche in Baden-Württemberg, die nach der aktu-ellen Bedarfsplanung den schlechtesten Versorgungsgrad in der hausärztlichen Versorgung aufweisen: Eberbach, Horb, Öhringen, Vaihingen und Bietigheim-Bissingen/Besigheim. Alle Städte und Gemeinden in diesen Mittelbereichen sind demnach Fördergebiete. Hinzu kommen auch besonders schlecht ver-sorgte Gemeinden in anderen geöffne-ten Mittelbereichen, die nach einer ge-meindescharfen Versorgungsanalyse ebenfalls als Fördergebiet eingestuft werden.

Die KVBW gewährt auf Antrag der För-derberechtigten, also der Ärzte, die in der ZuZ-Richtlinie festgelegten Förder-beträge. Die Richtlinie und der Antrag sind auf der Homepage der KVBW zu finden. Die KVBW gibt auch Auskunft, ob eine Gemeinde im Rahmen einer ge-meindescharfen Versorgungsanalyse als För dergebiet in Betracht kommt. Die Fördermöglichkeiten im Falle einer För-derwürdigkeit haben wir in der Tabelle links dargestellt.

18 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2016Bilanz und Perspektiven

Nach zahlreichen Gesprächen und Dis-kussionsrunden im Vorstand der Lan-desarbeitsgemeinschaft Pflegestütz-punkte als auch der Spitzen der beteilig-ten Verbände untereinander, konnten im Vorstand Ende November 2015 fol-gende Konkretisierungen, die sich auf die bisherigen Anforderungen bezie-hen, beschlossen werden:

Konkretisierung der Anforderungen der Landesarbeitsgemeinschaft Pflege-stützpunkte Baden-Württemberg e.V. für die Weiterentwicklung der Pflege-stützpunkte in Baden-Württemberg vom 04.06.2014

„Der Ausbau der Pflegestützpunkte soll bedarfsgerecht erfolgen. Die LAG schätzt den Bedarf aktuell auf insgesamt 72 Pflegestützpunkte in Baden-Würt-temberg. Dies bedeutet einen Ausbau um 24 zusätzliche Pflegestützpunkte. Diese Konkretisierungen spezifizieren die in den „Anforderungen“ getroffe-nen Festlegungen, nach denen dieser Ausbau erfolgen soll.

Ausgangspunkt hierfür ist die gesetzliche Grundlage der Pflegestützpunkte, die in § 92c SGB XI geregelt ist. Demnach rich-ten die Pflege- und Krankenkassen Pflege-stützpunkte zur wohnortnahen Beratung, Versorgung und Betreuung der Versicher-ten ein, sofern die zuständige oberste Lan-desbehörde dies bestimmt. Als Aufgaben der Pflegestützpunkte sind normiert:

1. Umfassende sowie unabhängige Aus-kunft und Beratung zu den Rechten und Pflichten nach dem Sozialgesetz-

buch und zur Auswahl und Inan-spruchnahme der bundes- oder lan-desrechtlich vorgesehenen Sozialleis-tungen und sonstigen Hilfsangebote.

2. Koordinierung aller für die wohnort-nahe Versorgung und Betreuung in Betracht kommenden gesundheits-fördernden, präventiven, kurativen, rehabilitativen und sonstigen medi-zinischen sowie pflegerischen und sozialen Hilfs- und Unterstützungs-angebote einschließlich der Hilfestel-lung bei der Inanspruchnahme der Leistungen.

3. Vernetzung aufeinander abgestimm-ter pflegerischer und sozialer Versor-gungs- und Betreuungsangebote.

Auf dieser Grundlage legt der Vorstand der LAG die folgenden Konkretisierun-gen für den weiteren Ausbau der Pflege-stützpunkte fest:

1. Der Vorstand entscheidet unter Berücksichtigung der Gesamt- situation im Stadt- und Landkreis. Eine effiziente Gestaltung der Arbeitsabläufe wird erwartet.

Dabei dienen die von den Stadt- und Landkreisen erarbeiteten und von kom-munalpolitischen Gremien verabschie-deten Fach-Konzepte sowie die vorlie-genden Informationen und Daten als Grundlage.

Zur Effizienz gehört u.a. auch, die An-zahl der Case-Managementfälle auf Ein-zelfälle zu beschränken, da diese Aufga-

be im Rahmen der Pflegeberatung grundsätzlich den Pflegekassen zuge-ordnet ist.

2. Die Aufgaben der Pflegestütz- punkte (PSP) sind Beratung, Koordinierung und Vernetzung

Die Beratungsleistungen im Einzelfall (umfassende Auskunft und Beratung nach § 92c SGB XI) bilden dabei die Kernaufgabe der Pflegestützpunkte. In die statistische Erfassung (Pflichtenheft) der umfassenden Auskunft und Bera-tung (vgl. § 92c SGB XI) ist demnach einzubeziehen:

• Einzelgesprächemit Pflegebedürfti-gen oder deren Angehörigen (im PSP)

• Hausbesuche bei Pflegebedürftigenoder deren Angehörigen (außerhalb PSP)

• VorbereitungderGespräche• Nachbereitungeinschl.Dokumenta-

tion der Gespräche• FahrzeitenzuHausbesuchen• Beratung von Gruppen in unter-

schiedlichen Settings• DurchführungvonVeranstaltungen

mit Bezug zur Auskunft und Bera-tung

• VorbereitungdieserVeranstaltungen• NachbereitungdieserVeranstaltungen• ÖffentlichkeitsarbeitimKontextdie-

ser Veranstaltungen

Nicht einzelfallbezogene Aktivitäten der Pflegestützpunkte werden systema-tisch der Netzwerkarbeit zugerechnet, die pauschal bemessen wird.

Netzwerkarbeit und Koordination sind weitere wesentliche Aufgaben der Pfle-gestützpunkte. Die Koordination findet jedoch im Wesentlichen im Rahmen der Beratungen im Einzelfall statt und ist deshalb bereits in deren Dokumentati-on entsprechend enthalten.

Netzwerkarbeit sowie der allgemeine Verwaltungs- und Organisationsauf-wand sind rechnerisch schwer ermittel-bar und werden deshalb pauschal mit einem Ansatz von 30 Prozent der Kapa-zität (Vollzeitkraft-VZK) eines Pflege-stützpunktes angesetzt.

Ausbau der Pflegestützpunkte in Baden-Württemberg

Der Gemeindetag begrüßt die beschrie-benen Ergebnisse, die sich sowohl in der Abweichungsmöglichkeit von der haus-ärztlichen Bedarfsplanung als auch im Förderprogramm der kassenärztlichen Vereinigung zur Ansiedelung von Ärzten in schlecht versorgten Gebieten wider-spiegeln. Sie bedeuten einen weiteren Schritt in Richtung einer, wie vom Lan-desvorstand gefordert, gemeindeschar-fen hausärztlichen Bedarfsplanung.

Festzuhalten ist allerdings auch, dass eine solche Änderung der Bedarfspla-nung zwar eine notwendige, jedoch keine hinreichende Maßnahme zu ei-ner flächendeckenden hausärztlichen Versorgung ist. Deshalb wird der Ge-meindetag zukünftig verstärkt auch weitere mögliche Versorgungsstruktu-ren für die Städte und Gemeinden in den Blick nehmen.

19Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2016 Bilanz und Perspektiven

Die Berechnung der Auslastung des Pfle-gestützpunktes erfolgt nach den ge-nannten Gesichtspunkten. Ein Ausbau kommt erst dann in Betracht, wenn die Auslastung des Pflegestützpunktes bei mindestens 90 Prozent liegt.

3. Konzepte zur Weiterentwicklung der Pflegestützpunkte müssen stets die gesamte Fläche eines Kreises umfassen.

Das bedeutet, dass diese Konzepte so-wohl den Ist-Zustand als auch eine zeit-nahe Perspektive für den Ausbau zur Versorgung des gesamten Kreisgebietes beschreiben. Voraussetzung für die An-tragstellung zum weiteren Ausbau ist der Nachweis des Bedarfs.

4. Durch die Finanzierung der Pflegestützpunkte in Höhe von 84.000 Euro wird eine Personal- ausstattung von 1,5 VZK abgedeckt. Soweit Pflegestützpunkte unter den Bestandsschutz fallen, sind abweichende Regelungen akzeptiert.

Die Erhöhung der Finanzierung der Pflegestützpunkte auf 84.000 Euro wird

ab 01.01.2016 umgesetzt. Die Finanzie-rung wird weiterhin zu je einem Drittel von den Kranken- und Pflegekassen so-wie dem jeweiligen Stadt- oder Land-kreis aufgebracht.“

Aktuelle Situation und Ausblick

Diejenigen Stadt- und Landkreise, die bereits einen Antrag bei der LAG Pflege-stützpunkte gestellt haben, können nun ihren Antrag gemäß dieser beschlosse-nen Konkretisierungen anpassen. Über die Anträge entscheidet der Vorstand dann auf dieser Grundlage. Gleichzeitig beabsichtigt der Vorstand, nach Vorlage des Qualitätssicherungskonzepts (vor-aussichtlich im Frühjahr 2016), das der-zeit vom Institut für angewandte Sozial-wissenschaften an der DHBW Stuttgart (IfaS) entwickelt wird, ein neues Aus-baukonzept für die Pflegestützpunkte in Baden-Württemberg zu erarbeiten. Da-her haben Stadt- und Landkreise aktuell die Wahlmöglichkeit, ihren Antrag auf der Grundlage der derzeitigen Vorgaben zu bearbeiten und entscheiden zu lassen oder aber auf der Grundlage des künfti-gen Ausbaukonzeptes.

Nach der Startphase konnte das Projekt „Fachstelle Inklusion beim Gemeindetag Baden-Württemberg“ 2015 maßge-schneidert für unsere 1.058 Mitglieds-städte und -gemeinden auf den Weg ge-bracht werden. Die Fachstelle hat ein breites Spektrum an Aktivitäten initiiert, um die Städte und Gemeinden in ihren Bemühungen um mehr Teilhabe für Menschen mit Behinderung zu unter-stützen. Das Angebot wurde sehr gut an-genommen. Anfragen nach Beratungen und Vorstellungen in Kreisverbänden sind bereits bis Mitte 2016 vorgemerkt.

Dieser eingeschlagene Weg soll weiterhin beschritten und das Angebot und die Ak-tivitäten der Fachstelle ausgeweitet wer-den. Da gleichberechtigte Teilhabe für alle Bürgerinnen und Bürger vor allem durch nachhaltige Bemühungen und durch Ak-tionen auf kommunaler Ebene gelingen

kann, sollen die Mitgliedsstädte und -ge-meinden des Gemeindetags langfristig begleitet und beraten werden. Dabei muss allen Beteiligten klar sein, dass das Einbe-ziehen des Grundgedankens der Inklusi-on in die Entscheidungen auf kommuna-ler Ebene nicht durch rechtliche Vorga-ben oder das Abarbeiten von Checklisten erreicht werden kann. Vielmehr handelt es sich um einen Prozess, dessen Tempo von den gegebenen Rahmenbedingun-gen abhängt. Dazu gehören neben der gesamten Palette mit Aufgaben, die von der kommunalen Ebene wahrgenommen werden, auch die zur Verfügung stehen-den personellen und finanziellen Mittel und die örtlichen Gegebenheiten.

Da die finanziellen Mittel im Verhältnis zu den Aufgaben grundsätzlich knapp sind, ist es wichtig, dass die Kommunen „Inklusion“ nicht als zusätzliche und be-

Fachstelle Inklusion erfolgreich etabliert

lastende Aufgabe wahrnehmen. Das viel-seitige und flexible Beratungsangebot der Fachstelle soll dazu beitragen, dass es selbstverständlich wird, den Grundge-danken der Inklusion bei der kommuna-len Aufgabenerfüllung "mitzudenken". Eine besondere Herausforderung wird dabei sein, bei einem ständigen wach-senden Strauß an kommunalen Aufga-ben die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen angemessen zu berück-sichtigen. Hierfür wird sicherlich eine weitere finanzielle Unterstützung seitens des Landes notwendig.

Am bisherigen Angebot der Fachstelle wird besonders die Praxisbezogenheit geschätzt und als hilfreich erachtet. Vie-les von dem, was die Fachstelle im ver-gangenen Jahr auf den Weg gebracht hat, lebt von einer weiteren Fortführung und Begleitung. Letztlich basiert das Konzept der Fachstelle darauf, dass es stetig ausge-baut wird und langjährige Erfahrungen darin aufgenommen werden. Ziel ist es, den Kommunen ein Gerüst zu bieten, entlang dessen sie ihre eigenen, den örtlichen Gegebenheiten angepassten Lösungen entwickeln können.

Beratungsschwerpunkte für 2016 – 2018

Inklusion ist eine Querschnittsaufgabe, die bei der Wahrnehmung aller anstehen-den Aufgaben auf kommunaler Ebene mitberücksichtigt werden sollte. Selbst-verständlich wird die Fachstelle Inklusion die Mitgliedsstädte und -gemeinden des Gemeindetags weiterhin auf allen nach-gefragten Gebieten beraten. Folgende Themen sollen dabei schwerpunktmä-ßig aufgearbeitet werden:

• SensibilisierungEs soll das Verständnis vermittelt wer-den, dass es sich bei Inklusion nicht um eine zusätzliche, belastende Aufgabe handelt. Vielmehr soll das Bewusstsein gefördert werden, wonach die Teilhabe von Menschen mit Behinderung für die gesamte Kommune einen enormen Mehrwert mit sich bringt. Dieser Mehr-wert wird zum Beispiel erlebbar im sozi-alen Miteinander aller Bürgerinnen und Bürger einer Kommune.

20 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2016

• Inklusioninnerhalb der Verwaltung selbstStädte und Gemeinden können mit ih-rer Verwaltung und mit ihrer Entschei-dungskultur die Inklusion beispielge-bend befördern. Große Unternehmen machen dies vor. Hier werden Mitarbei-ter regelmäßig in Kontakt mit sozialen Themen gebracht. Das Ergebnis kann als win-win Situation in mehrfacher Hinsicht bezeichnet werden. Neben der Vorbildfunktion und dem offenen Auf-treten nach außen profitiert die Verwal-tung von einer erweiterten sozialen Kompetenz und einem Motivations-schub bei den Beschäftigten. Der Mehrwert inklusiven Handelns wird so innerhalb der Verwaltung für die Mitar-beiter selbst erfahrbar. Diese transpor-tieren den Inklusionsgedanken mitsamt seinen positiven Auswirkungen nach außen und wirken als Multiplikatoren.

Darüber hinaus können die Kommunen in vielen Bereichen (z.B. Grünpflege, Ki-ta- und Schulmensaverpflegung, Flücht-lingsverpflegung, Catering bei Veran-staltungen, Gebäudereinigung etc.) in-klusive Unternehmen bei der Auftrags-vergabe berücksichtigen und so die Bewusstseinsbildung für das Thema, aber auch die Chancen für Menschen mit Behinderungen auf dem Ersten Ar-beitsmarkt verbessern. • BarrierefreierZugang zu kommunalen InformationenKommunalverwaltungen geben im All-tag eine Vielzahl von Informationen für die Bürgerinnen und Bürger nach au-ßen. Der ungehinderte Zugang zu die-sen Informationen ist eine Grundvor-aussetzung, um am öffentlichen Leben teilhaben zu können. Er ist zudem not-wendige Voraussetzung um selbst aktiv zu werden, beispielsweise durch die Übernahme eines Ehrenamtes. Der Zu-gang zu Informationen in Zusammen-hang mit öffentlichen Gemeinderats- oder Ausschusssitzungen, aber auch die Informationen auf der gemeindlichen Homepage oder die Inhalte des Amts-blattes kann durch Barrieren unter-schiedlicher Art erschwert werden. Dies können einerseits Barrieren sein, die technische Hilfsmittel und Lösungen erforderlich machen. Andererseits kann

der Inhalt selbst ein Hindernis darstel-len, beispielsweise durch komplizierte sprachliche Formulierungen. Diese Bar-rieren sollen systematisch zusammen-getragen werden um anschließend so-wohl technische als auch inhaltliche Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

• MitarbeitvonMenschen mit Behinderung im Ehrenamt bei gleichzeitiger Vernetzung innerhalb der GemeindeDie Möglichkeiten in kommunalen Gremien aktiv mitwirken zu können oder selbst ein Ehrenamt zu überneh-men sind wesentliche Indikatoren für echte Teilhabe.

Es ist sinnstiftend und fördert die Zu-sammengehörigkeit, wenn Menschen mit und ohne Behinderung ganz selbst-verständlich miteinander und fürein-ander aktiv werden können. Hierfür sind barrierefreie Begegnungs- und Mit-machmöglichkeiten erforderlich. Diese Aufgabe kann eine Kommune nicht al-leine schultern, vielmehr ist ein enges Zusammenspiel zwischen Kommune, Zivilgesellschaft sowie den örtlich an-sässigen Vereinen, Unternehmen und den Kirchen notwendig. Je enger hier Netzwerke geknüpft werden, desto mehr wird es gelingen, das Thema In-klusion in der Mitte der Gesellschaft zu verankern. Die Effektivität und Effizienz von örtlichen Projekten vergrößert sich in dem Maße in dem es gelingt, das Wis-sen und die Anstrengungen der Bürger, der Verwaltung, der Vereine, der Kir-chen und der lokalen Wirtschaft im Hinblick auf Inklusion bündeln. Städte und Gemeinden können hier als Im-pulsgeber und Moderator fungieren.

Es erscheint lohnenswert, diesen Schwerpunkt herauszuarbeiten und den Kommunen konkrete Umsetzungsmög-lichkeiten aufzuzeigen. Wenn Men-schen mit Behinderung sich durch bür-gerschaftliches Engagement in das örtli-che Gemeinwesen einbringen können, bringt dies in vergleichsweise kurzer Zeit und eindeutig ablesbar ein Mehr an Teilhabe für diese Menschen. Außer-dem ist das örtlich vorhandene Budget hierbei allein nicht entscheidend, so-dass auch in finanzschwächeren Zeiten

die Chance besteht, Aktionsmöglichkei-ten umzusetzen. Eine Verzahnung mit Projekten aus den "Impulsen Inklusi-on“, die Menschen mit Behinderung bei der Übernahme eines Ehrenamtes un-terstützen, erscheint äußerst erfolgver-sprechend. Die Teilhabe wird so von zwei Seiten befördert.

Die dargestellten Schwerpunkte werden wie folgt umgesetzt:

• AngebotaufderHomepageDie Beratungsbausteine auf der Home-page sollen entsprechend der oben dar-gestellten Schwerpunkte stetig ausge-baut werden. Die bestehende Liste der Best-Practice-Beispiele soll fortgeführt werden. Sie dient als Ideengeber für Kommunen, die sich für Inklusion im Allgemeinen oder für konkrete Aktio-nen interessieren.

• WorkshopsWeitere Workshops oder Seminare für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kommunalverwaltungen sollen an-geboten werden. Im Idealfall nehmen die Workshopteilnehmer nach der Ver-anstaltung bereits einen ersten Ansatz zur Umsetzung von Inklusion in ihrer Kommune mit.

• Modellkommunen4-5 Städte und Gemeinden sollen für drei Jahre auf ihrem Weg zu einer inklu-siven Kommune begleitet werden. Die Modellkommunen weisen idealerweise einen unterschiedlichen Stand auf, was ihre bisherigen Aktivitäten zur Förde-rung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung angeht. Es sollen sich möglichst viele Städte und Gemeinden mit einer der Modellgemeinden identi-fizieren können. Die Aktivitäten dieser Modellkommunen sollen dokumentiert und allen Mitgliedern zugänglich ge-macht werden.

Dies ist als Anreiz gedacht, sich als Kom-mune aktiv und stetig, aber entspre-chend der örtlichen Möglichkeiten und dem örtlich möglichen Tempo auf den Weg hin zu einer inklusiven Gesell-schaft zu machen. Es konnten bereits die Gemeinde Leutenbach (Rems-Murr-

Bilanz und Perspektiven

21Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2016 Bilanz und Perspektiven

Das Bundeskabinett hat am 22.10.2015 die Richtlinie „Förderung zur Unterstüt-zung des Breitbandausbaus in der Bun-desrepublik Deutschland“ beschlossen. Die vom Bundesminister für Verkehr und Infrastruktur am 22.10.2015 unter-zeichnete Richtlinie ist mittlerweile ver-öffentlicht.

Die Richtlinie sieht folgende Eckpunkte vor:

Das Ziel ist, eine flächendeckende Ver-sorgung mit 50 Mbit/s (Ziffer 5.1) zu gewährleisten.

Der Basisfördersatz liegt bei 50% der im Rahmen eines Projektantrags erforderli-chen Kosten, im Einzelfall kann eine den Höchstbetrag der Bundesförderung von 10 Mio Euro übersteigende Einzel-fallförderung max. 15 Mio Euro betra-gen, ein Eigenmittelanteil von 10% ist zu gewährleisten (Ziffer 6.4, 6.5).

Die Förderanträge werden nach einem Punktesystem beurteilt und beschieden, wobei jedes dieser Kriterien mit einer Reihe Unterkriterien versehen ist, die wiederum einzeln gewichtet werden und in die Gesamtbeurteilung einflie-ßen (siehe Scoring-Modell).

Es erfolgt einer technologieoffene Be-wertung der Förderanträge (Ziffer 1.1).

Sowohl die Wirtschaftlichkeitslückenför-derung und als auch das Betreibermodell sind förderfähig (Ziffern 3.1 und 3.2).

In Ziffer 4.1 wird die Aufzählung poten-tieller Zuwendungsempfänger durch den Klammerzusatz (auch Stadtstaaten) ergänzt.

In Ziffer 6.2 Satz 2 wird nun klargestellt, dass die Reduzierung der zuwendungs-fähigen Einnahmen des Förderempfän-gers bezogen auf den Bundesanteil der Förderung sich nach dem Barwert der aus dem geförderten Gegenstand ent-stehenden Einnahmen richtet.

In Ziffer 7.5 ist bestimmt, dass die nach Ziffer 3.1 der Richtlinie (Wirtschaftlich-keitslückenförderung) geförderte Breit-bandinfrastruktur für einen Zeitraum von mindestens sieben Jahren ab Inbe-triebnahme dem Zuwendungszweck entsprechend zu verwenden ist (Zweck-bindungsfrist).

Ein Beirat aus Vertretern des Bundes und der Länder, der mindestens zwei-mal im Jahr tagt, begleitet das Bundes-förderprogramm im Hinblick auf seine erreichten Ergebnisse und seine Fortent-wicklung, Ziffer 8 Buchstabe A Nr. 5.

In Ziffer 8 Buchstabe G wird die Rück-forderungsschwelle im Rahmen der Wirtschaftlichkeitslückenförderung auf einen Verringerungswert der im Aus-schreibungsverfahren zugrunde geleg-ten Wirtschaftlichkeitslücke von 20 % nach sieben Jahren und ein Rückforde-rungsbetrag von 250.000 Euro festgelegt (vormals 30 % / 1.000.000 Euro).

Fazit

Die Bundesrichtlinie ist technologieof-fen ausgestaltet und ermöglicht auch die Förderung nach der Vectoring- Methode unter der Bedingung, dass das dafür notwendige Zugangsprodukt ein-gesetzt wird. Dies ist insofern schwierig, als dass sich die wettbewerbsbezogene Frage einer Einschränkung des open-access-Betriebs mit der EU noch nicht geklärt hat. Da sowohl die Wirtschaft-lichkeits lückenförderung als auch das Betreibermodell förderfähig sind, ist fraglich, wie diese beiden Modelle inner-halb der Scoringbewertung gewichtet werden.

Breitband Bundesrichtlinie

Kreis), die Stadt Holzgerlingen (Land-kreis Böblingen) und die Gemeinde Dusslingen (Landkreis Tübingen) als Modellkommunen gewonnen werden.

• AustauschmitVerbändenDer Kontakt mit Vertretern von Interes-sensverbänden für Menschen mit Be-hinderung soll erweitert werden. Dieser Austausch hat sich in den vergangen Monaten auf zweierlei Weise bewährt. Einerseits sind Informationen aus erster

Hand darüber erhältlich, was für Men-schen mit ihrer jeweiligen Behinderung in einer bestimmten Situation hilfreich sein kann. Andererseits können den Be-troffenen die Rahmen bedingungen, un-ter denen die Kommunen ihre Aufgaben zu bewältigen haben, verdeutlicht wer-den. Das gegenseitige Verständnis wird dadurch enorm gefördert, und es kön-nen gemeinsam pragmatische und um-setzbare Lösungen erarbeitet und an die Kommunen weitergegeben werden.

• AktivitätenderGeschäftsstelle desGemeindetags Baden-WürttembergSowohl was die Förderung der sozialen Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch die Berücksichti-gung inklusiver Unternehmen angeht möchte der Gemeindetag mit bestem Beispiel vorangehen. Entsprechende Aktionen sind in Planung.

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22 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2016Bilanz und Perspektiven

Zum 24.10.2015 sind zahlreiche Ände-rungen durch das Asylverfahrensbe-schleunigungsgesetz in Kraft getreten. Das Paket beinhaltet in Artikel 6 die Än-derungen zum Baugesetzbuch (BauGB), die wie folgt aussehen:Bis zum 31.12.2019 soll im nichtbeplan-ten Innenbereich vom Erfordernis des Einfügens bei der Nutzungsänderung zu-lässigerweise errichteter baulicher Anla-gen in Anlagen, die der Flüchtlingsunter-bringung dienen, abgewichen werden können (§ 246 Abs. 8 BauGB).

Um die Bedeutung des Belangs der Flüchtlingsunterbringung noch stärker zu betonen, wird § 31 Abs. 1 BauGB bis zum 31.12.2019 mit der Maßgabe gel-ten, dass dort die Genehmigung in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 7 Bau-NVO „in der Regel erteilt werden soll“. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass bei Zulassung der genannten Ein-richtungen in der Regel kein Wider-spruch zur Zweckbestimmung des je-weiligen Baugebiets besteht. Darüber hinaus zielt die jetzt gewählte Formu-lierung „sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende“ – wie auch in § 246 Abs. 10 und allen Folge-absätzen – auf dezentrale, kommunale Einrichtungen (vgl. § 246 Abs. 11 bis 17 BauGB). Der kommunalen Forderung nach einer Aufweitung der Zulassungs-tatbestände sowie der Anwendbarkeit der Regelungen auch auf „sonstige Un-terkünfte für Flüchtlinge oder Asylbe-gehrende“ wurde nachgekommen.

Für die auf längstens drei Jahre zu befris-tende Errichtung von mobilen Unter-künften oder die ebenfalls auf drei Jahre zu befristende Nutzungsänderung zulässi-gerweise errichteter baulicher Anlage in Gewerbe- und Industriegebieten sowie auch in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 BauNVO in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonsti-gen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende soll bis zum 31.12.2019 eine Befreiung auch dann möglich sein, wenn die Grundzüge der Planung berührt werden. Die Regelung findet auch in rei-nen Wohn-, Gewerbe- oder Industriege-bieten Anwendung (§ 246 Abs. 12 BauGB).

Für die auf längstens drei Jahre zu befris-tende Errichtung mobiler Unterkünfte sowie für die Umnutzung bestehender Gebäude in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge und Asylbe-gehrende soll – nach dem Vorbild des § 246 Abs. 9 BauGB – die Rechtsfolge des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB („begünstigte Vorhaben“) bis zum 31.12.2019 entspre-chend gelten. Im Ergebnis ist somit eine räumliche Nähe zu nach § 30 Abs. 1 oder § 34 BauGB zu beurteilenden Flächen nicht erforderlich. Mit Blick auf das Rückbaugebot ist zudem zu berücksichti-gen, dass bei entsprechender Anwen-dung des § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB eine Baulast oder vergleichbare Form der Si-cherstellung des Rückbaus verzichtbar sein kann, wenn unmittelbarer Vorha-benträger ein Land oder eine Gemeinde ist (§ 246 Abs. 13 BauGB). Gemäß § 246 Absatz 13 Nr. 1 BauGB hat zukünftig ein Rückbau grundsätzlich nach Ablauf der dreijährigen Befristung zur Errichtung mobiler Unterkünfte zu erfolgen. Dieser Zeitpunkt kann also auch nach der Ter-min des 31.12.2019 liegen. Nach § 246 Absatz 13 Nr. 2 BauGB wird ein Rückbau zudem nach dauerhafter Aufgabe der zu-lässigen Nutzung (vgl. insoweit § 35 Ab-satz 5 BauGB) zu erfolgen haben. Inso-weit muss im Einzelfall geprüft werden, wann eine Nutzung als Flüchtlingsunter-kunft dauerhaft nicht mehr erfolgt.

Gemäß § 246 Abs. 14 BauGB wird gere-gelt, dass für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftseinrichtungen oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum 31.12.2019 von den Vorschriften des BauGB oder den aufgrund des BauGB erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden kann. Dies gilt auch, wenn die Einrichtung von einem Dritten betrieben wird. Die Regelung gilt auch für Einrichtungen, die auf-grund von Regelungen nach § 50 Abs. 2 des Asylgesetzes von einer Gemeinde im übertragenen Wirkungskreis betrieben werden. Zuständig ist die höhere Ver-waltungsbehörde. Die Ausgestaltung des Verfahrens obliegt den Ländern. Die weitreichende Abweichungsbefugnis ist

an die Voraussetzung gebunden, dass auch bei Anwendung von § 246 Abs. 8 bis 13 BauGB dringend benötigte Unter-kunftsmöglichkeiten in einem Gemein-degebiet nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können. Eine sich aus der örtli-chen Situation ergebende Plausibilität der Erforderlichkeit eines Vorhabens sollte zur Vermeidung eines ausufern-den Gebrauchs der Abweichungsbefug-nis regelmäßig ausreichend sein. In An-lehnung an § 37 Abs. 2 Satz 2 BauGB soll in der vorstehend beschriebenen Neure-gelung an die Stelle des Einvernehmens die Anhörung der Gemeinde treten.

Nach § 18 Abs. 3 Satz 2 des Bundesna-turschutzgesetzes kann zukünftig die Genehmigungsbehörde in den Fällen des § 34 BauGB davon ausgehen, dass Naturschutzbelange und Belange der Landschaftspflege von einem Vorhaben nicht berührt werden, wenn sich die für Naturschutz und Landschaftspflege zu-ständige Behörde nicht binnen eines Monats äußert (§ 246 Abs. 16 BauGB).

In Absatz 17 ist geregelt worden, dass sich die in den Abs. 8 bis 16 vorgesehene Befristung nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum bezieht, in dem insbesondere im bauaufsichtlichen Zulassungsverfah-ren von den Vorschriften Gebrauch ge-macht werden kann.

Die Änderungen des EEWärmeG (Art. 9 des Asylverfahrensbeschleunigungs-gesetz vom 20.10.2015 BGBl. S. 1722) sowie der EnEV (Art. 3 der Verordnung zum Asylverfahrensbeschleunigungs-gesetz vom 24.10.2015 BGBl. S. 1789) erleichtern die Unterbringung von Flüchtlingen. Die Regelungen betref-fen sowohl die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden in zeitlich befristet errichteten Unter-künften sowie auch die Änderung, Er-weiterung, den Ausbau und die Nach-rüstung bereits bestehender Gebäude. Positiv ist zudem die in beiden Rege-lungen enthaltene „Härtefallklausel“, die im Einzelfall eine zügige Bereitstel-lung von Unterkünften unterstützen kann.

Änderung des Bauplanungsrechts

23Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2016 Bilanz und Perspektiven

Neue Herausforderungen veranlassen auch die Kommunalen Rechenzentren und die Datenzentrale, eine neue Struk-tur des kommunalen Datenverarbei-tungsverbunds anzustreben.

Ein neues, alle bisherigen Dienstleister umfassendes Unternehmen soll sich dem Wettbewerb am IT-Markt stellen und sich als wirtschaftlich erfolgrei-cher Partner der Städte und Gemein-den im Land präsentieren.

Die angebliche Erfolgsbilanz des Chan-cengleichheitsgesetzes und seiner Vor-läufer hat der Gemeindetag angezwei-felt. Die Gesetze und Förderpläne hätten nichts bewirkt. Dagegen missachte das Sozialministerium den Beitrag der Städte und Gemeinden zur gesellschaftlichen Gleichstellung, vor allem durch den bei-spiellosen Ausbau von Bildungs- und Be-treuungsangeboten. Das Gesetz solle, zumindest was den kommunalen Be-reich betreffe, aufgehoben statt novel-

liert werden. Nach dem Gesetzentwurf des Sozial ministeriums sollen Städte und Gemeinden ab 50.000 Einwohner ver-pflichtet werden, Gleichstellungsbeauf-tragte zu bestellen, alle anderen müssen Stellen oder Personen benennen, die ent-sprechende Aufgaben wahrnehmen. Gleichwohl berücksichtigt das Ministeri-um in seiner Kostenberechnung nur Städte über 50.000 Einwohner. Der Ge-meindetag sieht darin eine Verletzung des Konnexitätsprinzips.

Neue Struktur für kommunale Datenverarbeitung

Chancengleichheitsgesetz wirkungslos

Wie zuletzt im Rahmen des Geschäfts-berichts 2014/2015 der Geschäftsstelle beschrieben (vgl. BWGZ 19/2015, S. 956), tut sich bei der Festlegung des Rechts-rahmens zur Vergabe von Konzessionen für Strom- und Erdgasnetze mittlerweile etwas. So hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) am 2. Dezember 2015 einen Referentenent-wurf zum „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungs-gebundenen Energieversorgung“ – kon-kret des § 46 EnWG - an den Deutschen Städte- und Gemeindebund zur Anhö-rung gegeben.Der Referentenentwurf enthält Rege-lungen zur Festlegung des objektiven Ertragswertverfahrens als maßgebliche Vergütung für die Netzübertragung. Da-von unberührt soll die Freiheit der Ver-tragsparteien bleiben, sich auf eine an-derweitig basierte Vergütung zu einigen.Die Verpflichtung der Gemeinde zu den Kriterien des § 1 EnWG beim Auswahlver-fahren bleibt bestehen. Jedoch wird einer langjährigen kommunalen Forderung nach der Möglichkeit der Berücksichti-gung von Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne des Artikels 28 Absatz 2 des Grundgesetzes im Entwurf ebenfalls entsprochen, allerdings unter den Vorbehalt der Wahrung netzwirt-schaftlicher Anforderungen gestellt.Darüber hinaus hat die Gemeinde ent-sprechend des Referentenentwurfs die Unternehmen, deren Angebote nicht

angenommen werden sollen, über die Gründe der vorgesehenen Ablehnung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des beabsichtigten Vertrags-schlusses in Textform zu informieren.

Nach § 46 sollen nach dem Entwurf ein § 46a (Auskunftsanspruch der Gemein-de) sowie ein § 47 eingefügt werden. § 46a EnWG-E würde den Umfang der Datenherausgabe des Altkonzessionärs spätestens ein Jahr vor der Bekannt-machung der Gemeinde, also drei Jahre vor Auslaufen des Konzessionsvertrags, regeln.Ein neuer § 47 würde Einzelheiten zu einer Rügeobliegenheit sowie einer Prä-klusion enthalten. So könnte ein unter-legenes Unternehmen eine Rechtsver-letzung aufgrund der Nichtbeachtung der Grundsätze eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens nur geltend machen, wenn es zuvor im Verfahren eine entsprechende Rüge ausgesprochen habe. Eine Rüge wäre im Nachgang schriftlich innerhalb von 30 Kalendertagen nach Zugang der In-formation gegenüber der Gemeinde zu erklären und zu begründen. Hierzu könnte das entsprechende Unterneh-men bei der Gemeinde dann die Akten des Verfahrens einsehen, sofern nicht Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse offengelegt würden.

Darüber hinaus würde in § 48 Absatz 4 geregelt, dass die Pflicht zur Zahlung der

Konzessionsabgabe durch den Altkon-zessionär bis zur Übertragung der Ver-teilungsanlagen auf einen neuen Ver-tragspartner fortbesteht. Dies allerdings nur, wenn die Kommune ein Verfahren nach § 46 Abs. 3 bis 5 EnWG-E durchge-führt hat.

Der Referentenentwurf des BMWi ist grundsätzlich zu begrüßen, da hiermit endlich nicht nur einer maßgeblichen Bestimmung des Koalitionsvertrags der Bundesregierung entsprochen wird, sondern die bereits seit Jahren beste-hende Rechtsunsicherheit bei der Ver-gabe von Wegenutzungsrechten im Strom- und Erdgasbereich behoben und höchstrichterliche Rechtsprechung ko-difiziert wird.

Allerdings ist auch im vorliegenden Ent-wurf nicht alles Gold, was glänzt. Ein-zelne Bestimmungen, auf die wir an dieser Stelle nur ganz grob eingehen konnten (s.o.), enthalten durchaus wi-dersprüchliche und zuweilen gar expli-zit nachteilige Regelungen für Kommu-nen, die es zu verhindern gilt. Vor die-sem Hintergrund wird sich die Ge-schäftsstelle im Anhörungsverfahren mit dem Referentenentwurf auseinan-dersetzen und das Augenmerk auf die angesprochenen Bestimmungen rich-ten. Angesichts des fortgeschrittenen Jahres 2015 dürfte mit einer Beschluss-fassung auf Bundesebene nicht vor dem Frühjahr 2016 zu rechnen sein.

Konzessionsvergabe: Novellierung des § 46 EnWG

24 Gemeindetag Baden-Württemberg

Allgemeiner Teil

Dr. Martin Silzer *

Digitaler Binnenmarkt, Kreislaufwirtschaft und Steuerpolitik: Schwerpunkte der Europaarbeit der Kommunalen Landesverbände und des Europabüros

Das Europabüro der baden-württembergischen Kommunen legt, entlang der Prioritäten der Europäischen Kommission, seine Schwerpunkte auf Bereiche, in denen besonders kommunal-relevante Rechtsetzungsaktivitäten zu erwarten sind. Für 2016 sind dies insbesondere drei Themen: der digitale Binnenmarkt, die Neuauflage eines Rechtsetzungspakets zur Kreislaufwirtschaft sowie eine Reform des Mehrwertsteuersystems.

sie Ende des Jahres in zahlreichen und zum Teil sehr umfangreichen Fragebö-gen die interessierte Öffentlichkeit. Der dritte Schritt besteht dann in der Vorla-ge detaillierterer programmatischer und von Rechtsetzungsinitiativen. Die ers-ten davon werden für das erste Halbjahr 2016 erwartet. So wird u.a. ein eGovern-ment-Aktionsplan mit konkreten Vor-schlägen zu einer Verbesserung digitaler Behördendienstleistungen vorgelegt werden. Die Konsultation zum eGovern-ment-Aktionsplan ist bis Ende Januar 2016 geöffnet. Zusammen mit den Ge-schäftsstellen der Kommunalen Landes-verbände Baden-Württembergs arbeitet das Europabüro der baden-württember-gischen Kommunen an einer Stellung-nahme (Stand: November 2015). Ein Beispiel für einen längerfristigen Ansatz der EU-Kommission war die Konsultati-on zum „Geschwindigkeits- und Quali-tätsbedarf im Internet nach 2020“, die Bedarfsabfragen enthielt.

Leider steht nicht zu erwarten, dass die EU in größerem Umfang frische Mittel bzw. zusätzliche Fördertöpfe über die bereits bekannten hinaus für den flä-chendeckenden Ausbau der Breitband-versorgung zur Verfügung stellen wird. Der sog. Juncker-Fonds oder EFSI be-steht im Wesentlichen aus Risikokredit-garantien und hat zudem dezidiert kei-nen kommunalen Fokus.

Ein weiterer Aspekt besteht in der euro-paweiten Angleichung der Daten-

schutzstandards im Rahmen der Erar-beitung einer Datenschutz-Grundver-ordnung. Dieses Großvorhaben ist be-reits seit 2012 in der intensiven Bearbeitung und befindet sich Ende des Jahres 2015 derzeit in den sog. Tri-log-Verhandlungen zwischen Vertre-tern von Rat der EU, Europäischem Parlament und Kommission.

Kreislaufwirtschaftspaket: Neuer Anlauf in Brüssel

Die EU-Kommission sah sich veranlasst, ihren 2014 vorgelegten Entwurf für ein Kreislaufwirtschaftspaket wieder zu-rückzunehmen. Ende 2015 soll nun ein neuerer, wie es heißt: „ehrgeizigerer“ Vorschlag folgen.

Noch (Stand: November 2015) sind die Einzelheiten wie z. B. Recyclingquoten nicht bekannt, doch ist inzwischen eine Schwerpunktsetzung bei erweiterter Herstellerverantwortung absehbar. Auch beim Ökodesign soll ein Neuan-lauf erfolgen, der zusätzliche Aspekte neben der Energieeffizienz berücksichti-gen soll. Dem Vernehmen nach steht – wie in mehreren anderen Politikberei-chen der EU – das Thema Innovations-förderung weit oben auf der Prioritäten-

Schaffung eines digitalen Binnenmarkts

Der digitale Binnenmarkt kann als Teil eines strategischen und wirtschaftspoli-tischen Aufholprozesses Europas im Be-reich der digitalen Wirtschaft gelten, wie der zuständige EU-Kommissar Gün-ther Oettinger nicht müde wird zu be-tonen. Aus den vielen Facetten des Großprojekts sind einige von erhebli-cher kommunaler Relevanz. Prominent zu nennen sind Aspekte der Breitband-versorgung, des eGovernment sowie des Datenschutzes und der Rahmenge-setzgebung für elektronische Geschäfts-tätigkeit. Die „Software“ des digitalen Binnenmarkts besteht in einer Förde-rung der digitalen Kompetenzen in der europäischen Bevölkerung. Hierzu braucht es einerseits einschlägig ausge-bildete Absolventen, und andererseits müssen in der Breite der berufstätigen Bevölkerung digitale Kompetenzen noch viel stärker verbreitet werden, um den Anforderungen einer globalisier-ten, schnellen und zunehmend inter-netbasierten Arbeitswelt gerecht zu werden. Auch für kommunale Verwal-tungen und Gremien stehen hier Ver-änderungen an, die bereits heute sicht-bar werden – beispielsweise bei papier-losen und digital-basierten Gemeinde-ratssitzungen.

Nachdem die EU-Kommission im Mai 2015 eine Strategie zum digitalen Bin-nenmarkt vorgelegt hatte, konsultierte

BWGZ 1 | 2016

* Dr. Martin Silzer leitet das Europabüro der baden-württembergischen Kommunen in Brüssel.

25Gemeindetag Baden-Württemberg

Allgemeiner Teil | ImpressumBWGZ 1 | 2016

liste Dies könnte sich auch auf das öffentliche Beschaffungswesen auswir-ken (Stichwort „green procurement“). Der Rechtsetzungsprozess eines großan-gelegten Kreislaufwirtschaftspakets wird das Europäische Parlament und den Rat der EU im Jahr 2016 stark be-schäftigen.

Mehrwertsteuer: IKZ unter Beschuss?

Für 2016 plant die EU-Kommission eine Reform der Mehrwertsteuerrechtset-zung. Für Kommunen ist die insbeson-dere im Hinblick auf die Steuer-Befrei-ung der Interkommunalen Zusammen-arbeit (IKZ) von großer Bedeutung. Die Frage ist von herausragender fiskalpoli-tischer Bedeutung. Daher ist die kom-munale Familie in Brüssel seit geraumer Zeit hierzu aktiv: Die Kommunalen Landesverbände Baden-Württembergs hatten sich gemeinsam mit den Kom-munalen Spitzenverbänden aus Bayern und Sachsen zu dieser Thematik an ei-ner öffentlichen Konsultation beteiligt. Anfang 2015 fand zudem ein Fachge-spräch der Finanzdezernenten der ba-den-württembergischen Kommunalen Landesverbände mit zuständigen Ver-tretern aus der Generaldirektion Steu-ern und Zollunion (GD TAXUD) statt. Im Sommer 2015 organisierten die Eu-ropabüros der kommunalen Spitzenver-bände (Bund) eine Podiumsdiskussion in Brüssel, an der ebenfalls Kommissi-onsbeamte teilnahmen. Die kommuna-le Familie ist in dieser Frage besonders geschlossen und vertritt die Auffassung, dass die bisherigen Regelungen der kommunalen Realität wie auch den Be-dürfnissen der Erbringung von Leistun-gen der Daseinsvorsorge gut entspre-chen. Die von der EU-Kommission vor-gestellten (bisher nur grob augearbeite-ten) Reformoptionen entsprechen nicht den Anforderungen der Praxis. Ein Ver-änderungsbedarf kann daher nur aus rein binnenmarktdogmatischen Grün-den gesehen werden. Eine Wettbewerbs-situation existiert jedenfalls in der Inter-kommunalen Zusammenarbeit und in der Abwasserbeseitigung gerade nicht.

Noch ist offen, in welche Richtung sich die EU-Kommission bewegen wird. Auf-merksamkeit und ggf. Interessenvertre-tung mit größtem Nachdruck ist hier ebenso geboten wie bei den anderen Schwerpunktthemen.

Ausblick

Dass darüber hinaus noch weitere Poli-tikfelder in den Fokus rücken können, sei nur der Vollständigkeit halber er-wähnt. Fragen der Verkehrs-Infrastruk-tur sowie neuartiger Verkehrskonzepte sind hierbei beispielhaft zu nennen. Die wöchentlich erscheinende Informati-onsschrift Brüssel Aktuell, die von der Bürogemeinschaft der bayerischen, ba-den-württembergischen und sächsi-schen Kommunen erarbeitet wird, be-richtet über alle kommunalrelevanten Entwicklungen auf EU-Ebene.

Natürlich stehen die Kommunen nicht nur in Baden-Württemberg angesichts der Migrationskrise (übrigens auch ei-ner der zehn Schwerpunkte der EU-Kommission unter Jean-Claude Jun-cker) vor größten Herausforderungen. Daneben dürfen jedoch die oben ausge-führten mittel- bis langfristigen Recht-setzungsprozesse nicht in Vergessenheit geraten. Ein langer Atem war noch im-mer ein europapolitisches Erfolgskriteri-um.

Auch im Jahr 2016 wird die Europaar-beit der Kommunalen Landesverbände sehr aktiv, inhaltlich vielfältig und um-fangreich sein. Die in den letzten Jahren stark gestiegene und auch vergleichs-weise sehr hohe Anzahl an kommuna-len Besuchergruppen beweist, dass die Amts- und Mandatsträger in den Ge-meinden, Städte und Landkreise in Ba-den-Württemberg mit großem Engage-ment und Nachdruck Europaarbeit be-treiben und zu Recht großes Interesse an aktuellen Entwicklungen „in Brüssel“ zeigen. Das Europabüro steht hier als Dienstleister und Partner parat.

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Die Gemeinde (BWGZ):Zeitschrift für die Städte und Gemeinden, Stadträte, Gemeinderäte und Ortschaftsräte; Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg (Herausgeber – Eigenverlag)

Verantwortlich für den Herausgeber:Roger Kehle, Präsident (V.i.S.d.P.)

Verlags- und Schriftleitung/Redaktion:Silke Gerboth-Sahm E-Mail: [email protected]

Anschrift:Gemeindetag Baden-Württemberg Panoramastraße 31, 70174 Stuttgart Tel. 0711 22572-0, Fax 0711 22572-47 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.gemeindetag-bw.de

Die Gemeinde (BWGZ)erscheint zweimal monatlich.

Bezugspreise (zzgl. MWSt.):– für Mitgliedsstädte und Mitgliedsgemeinden: Jahresabonnement 154 Euro– für sonstige Bezieher: Jahresabonnement 175 Euro– für Stadt-, Gemeinde- und Ortschaftsräte, Studenten und öffentliche Bibliotheken: Jahresabonnement 110 Euro Bei Mehrfachabnahme Sonderrabatte möglich.Alle Preise einschl. Versand- und Zustellgebühren.

Einzelhefte: 9,35 Euro zzgl. MWSt. Bestellungen: Schriftlich an den Gemeindetag. Margot Tschentscher E-Mail: [email protected]

Abbestellungen: Schriftlich an die Geschäfts-stelle des Gemeindetags vier Wochen vor Halb- jahresende, Abbestellungen werden nur zum 30. Juni und zum 31. Dezember wirksam.

Nachdrucke und Kopien: Nur mit ausdrück- licher Genehmigung des Gemeindetags (dies gilt nicht für Mitgliedsstädte und Mit-gliedsgemeinden); Quellenangabe erforderlich.Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder. Für die inhaltliche Richtigkeit von Fremdbeiträgen ist der jeweilige Verfasser verantwortlich.Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bildmaterial übernimmt der Herausgeber keine Verantwortung. Die Redaktion behält sich Kürzungen und Überarbeitung vor.

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Impressum

Silke Gerboth-Sahm Redaktion

Margot TschentscherVertrieb

26 Gemeindetag Baden-Württemberg

Allgemeiner Teil

Natalie Häusler und Caroline Bogenschütz*

Veranstaltung: „Zu Hause in Europa – Bewältigung kommunaler Herausforderungen“

Am 15. September 2015 lud die Bürogemeinschaft der Europabüros der bayerischen, baden-württembergischen und sächsischen Kommunen in Kooperation mit dem Europabüro des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) zu einer politischen Diskussion in die Vertretung des Landes Baden-Württemberg bei der EU ein. Im Fokus standen der starke Flüchtlingszustrom sowie weitere kommunale Herausforderungen im größeren Kontext der Daseinsvorsorge, für deren Bewältigung ein gutes Zusammenspiel zwischen der europäischen und der kommunalen Ebene erforderlich ist. Dass dieses Zusammenspiel im Zusammenhang mit den Bemühungen um eine „bessere Rechtsetzung“ noch weiter optimiert werden kann, wurde im Austausch zwischen den Vertretern der Kommunen, des Ausschusses der Regionen und der EU-Kommission deutlich.

Migration

Entlastende, unterstützende Rahmen-bedingungen seien insbesondere in Hinblick auf die Daseinsvorsorge im weitesten Sinne für die derzeit in Mas-sen zuströmenden Flüchtlinge und die damit verbundenen kommunalen Her-ausforderungen dringend erforderlich. Die Flüchtlingsproblematik hatte be-reits am Vorabend die Gespräche der Kommunalen Landes- und Spitzenver-bände mit den bayerischen, baden-württembergischen und sächsischen Abgeordneten des Europäischen Parla-ments dominiert. Nun überlagerte sie weitgehend die übrigen Themenfelder der politischen Veranstaltung.

Landrat Dr. Karl Döhler, Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge (Bayern), schilderte in seinem Impulsreferat die dramatische Situation vor Ort – von der mangelnden Planbarkeit bei der Zahl der ad hoc bereitzustellenden Notunter-künfte bis zum Balance-Akt bei der Su-che nach gangbaren Kompromisslösun-gen. Das ehrenamtliche Engagement der Bürger sei enorm, doch komme die

Bandbreite der Daseinsvorsorge

Josef Mend, Erster Bürgermeister von Iphofen (Bayern), machte auf die große Bandbreite und Wichtigkeit der Da-seinsvorsorgeaufgaben der Kommunen aufmerksam. Die Daseinsvorsorge, bei der kein Unterschied zwischen arm und reich gemacht wird und bei der demo-kratische Einwirkungsmöglichkeiten für die Bürger bestehen, sei einem stän-digen Wandel unterworfen. Mend hob in Anbetracht des starken Einflusses des EU-Rechts auf die kommunale Ebene hervor, dass die Kommunen bei der Er-füllung der Daseinsvorsorgeaufgaben auf verlässliche, förderliche Rahmenbe-dingungen angewiesen seien.

BWGZ 1 | 2016

* Natalie Häusler ist Leiterin der Bürogemein-schaft der Europabüros der bayerischen, baden-württembergischen und sächsischen Kommunen, Caroline Bogenschütz ist stellvertretende Leiterin des Europabüros der baden-württembergischen Kommunen.

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Johannes Jung, Leiter der Landesvertretung Baden-Württemberg, begrüßt die Gäste.

Prof. Eberhard Trumpp, Landkreistag Baden-Württemberg, referiert zur Digitalen Agenda für Europa.

27Gemeindetag Baden-Württemberg

Allgemeiner TeilBWGZ 1 | 2016

Frage auf, wie es weitergehen soll und wie eine angemessene Flüchtlingsunter-bringung in Europa zu schaffen sei. Ein unzulänglicher EU-Rahmen für die Be-wältigung dieser gemeinsamen Heraus-forderung könnte am europäischen Ge-danken und Gesellschaftssystem nagen. Im Rahmen der von Ottmar Berbalk moderierten Podiumsdiskussion richte-ten die Kommunalvertreter den Appell an die EU-Institutionen, sich gemein-sam für solidarische, wirkungsvolle und weitsichtige Maßnahmen zur Bewälti-gung der Flüchtlingskrise einzusetzen, mehr EU-Mittel für die Flüchtlingspoli-tik bereitzustellen, zur Stabilisierung der Herkunftsregion beizutragen und die Kommunen nicht im Stich zu lassen. Angesichts des fortwährend enormen Flüchtlingszustroms stieß etwa die Mühseligkeit der Verhandlungen im Rat der EU (Ministerrat) bezüglich der Um-verteilung von einigen tausend Flücht-lingen auf wenig Verständnis. Ferner gelte es, bestehendes Recht anzuwen-den d. h. Rückführungen von Personen ohne Bleiberecht durchzuführen und Standards für die Aufnahme und Unter-bringung der Flüchtlinge EU-weit zu gewährleisten. Da es gerade auch in Zei-ten der Krisenbewältigung erforderlich sei, dem „Bürokratismus“ ein Ende zu setzen, begrüßten die Kommunalvertre-ter die Mitteilung über die öffentliche Auftragsvergabe als wichtigen Schritt.

Digitales

Auf die Erforderlichkeit einer kommu-nalfreundlichen Ausgestaltung der Di-gitalen Agenda für Europa ging Prof. Eberhard Trumpp, Hauptgeschäftsfüh-rer des Landkreistags Baden-Württem-berg, in seinem Impulsreferat näher ein. Diese spielten nicht nur bei der flächen deckenden Versorgung mit hochleistungsfähigen Internetan-schlüssen – einem neuem Daseinsvor-sorge-Bereich – eine Rolle. So seien für die elektronischen/internetbasierten Dienstleistungen öffentlicher Behör-den z. B. eine widerspruchsfreie Ab-stimmung von eGovernment-Bestim-mungen und Datenschutzvorschriften auf EU-Ebene erforderlich. Zur Errei-

chung von eGovernance-Anforderun-gen, die für die Kommunalverwaltun-gen handhabbar sind, sei eine starke Einbeziehung kommunaler Expertise wichtig. Des Weiteren müssten die Vorschriften der Datenschutz-Grund-verordnung mit den praktischen Erfor-dernissen für die Kommunalverwaltun-gen vereinbar sein. Ein koordiniertes Vorgehen auf allen Ebenen sei gefragt.

Internationale Handelsabkommen

Dr. Jürgen Busse, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bayerischen Ge-meindetags, machte auf das Anliegen der Kommunen aufmerksam, dass die kommunale Daseinsvorsorge nicht in-folge von Freihandelsabkommen beein-trächtigt wird. Grundsätzlich nehmen die Kommunen ansonsten eine positive Haltung gegenüber der Transatlanti-schen Handels- und Investitionspart-nerschaft (TTIP) ein. Bedauerlich sei, dass die Kommunen weder offiziell als staatliche Akteure eingebunden wer-den, noch zu Beratungsgruppen der Zivilgesellschaft zugelassen sind. Dass die Kommunen auf dem Laufenden ge-halten werden, ist dem freundlichen Entgegenkommen der Arbeitsebene der EU-Kommission zu verdanken. Die lan-ge Zeit der intransparenten TTIP-Ver-handlungen habe zu Misstrauen in der Bevölkerung geführt. Bei stärkerer Ein-

bindung der kommunalen Ebene durch die EU-Kommission könne Erstere ihrer Multiplikatorenfunktion gegenüber den Bürgern besser gerecht werden und zu einem offenen Klima beitragen.

Unterstützung der Kommunen nach dem Subsidiaritätsprinzip

Bezüglich des Wunsches nach verlässli-chen Rahmenbedingungen für die Da-seinsvorsorge kam Uwe Zimmermann, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des DStGB, zu folgender Feststellung: Dem ersten Teil des Subsidiaritätsprin-zips, wonach Aufgaben so weit wie möglich vom Einzelnen bzw. von einer kleinen, bürgernahen Einheit erfüllt werden sollten, werde zwar mehr und mehr Beachtung geschenkt. Der zweite Teil des Subsidiaritätsprinzips komme jedoch zu kurz: Danach sollen sukzessi-ve größere Gruppen bzw. höhere Ebe-nen subsidiär, d. h. unterstützend aktiv werden, wenn die Aufgabenerfüllung durch kleinere Einheiten nur mit erheb-lichen Hürden verbunden ist. Gleiches gilt, wenn die Zusammenarbeit ge-wünscht und ihr Mehrwert offensicht-lich ist. Zimmermann rief daher alle Ebenen – gerade auch im Bereich der Migrationspolitik – dazu auf, politische Verantwortung im Sinne des Subsidiari-tätsgedankens zu übernehmen und nicht nur auf die Zuständigkeiten

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enPräsident Roger Kehle äußert sich zum Grundverständnis der Kommunen im politischen Mehrebenensystem.

28 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 1 | 2016

„Bessere Rechtsetzung“ – Rolle der Kommunen im Mehrebenensystem

Roger Kehle, Präsident des Gemeinde-tags Baden-Württemberg, mahnte an, den Formalismus beiseite zu schieben: Insgesamt gehe es um das Grundver-ständnis, dass es sich bei Kommunen nicht um Vertreter von Partikularinter-essen handelt, sondern um eine weitere politische Ebene, die dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Den Kommunen sei nicht daran gelegen, die EU ständig zu kritisieren. Vielmehr wollten sie die po-litischen Ebenen zusammenbringen, ihre Betroffenheit deutlich machen und auf die Notwendigkeit des Bottum-up-Ansatzes hinweisen.

Mend hatte in seiner Einführung ver-deutlicht, dass die Kommunen meist von den Bürgern – unabhängig von tat-sächlichen politischen Zuständigkeiten – vertrauensvoll als erste Ansprechpart-ner gesehen werden. Landrat Bernd Lange, Landkreis Görlitz (Sachsen), be-tonte, dass die kommunale Ebene vor diesem Hintergrund zur Stärkung der Akzeptanz für Europa beitragen könne. Entsprechend bedauerte Busse, dass hochrangige Kommissionsvertreter für die kommunale Ebene teils sehr schwer zugänglich seien und eine Ungleichbe-handlung unter den Akteuren des poli-tischen Mehrebenensystems z. B. auch in Hinblick auf den Anwendungsbe-reich des Transparenz-Registers bestehe.

Fazit

Gudrun Heute-Bluhm, Geschäftsführen-des Vorstandsmitglied des Städtetags Ba-den-Württemberg, fasste zusammen, dass es den Kommunen angesichts der gegenwärtigen großen Herausforderung der Flüchtlingsunterbringung auf Signale der Solidarität ankomme. Es sei unglück-lich, einerseits die Kommunen mit der Bewältigung des Flüchtlingszustroms weitgehend alleine zu lassen und sie an-dererseits wie beliebige Lobbyisten zu behandeln. Die Botschaften der Kommu-nen möchte Schaefer ins Generalsekreta-riat der EU-Kommission mitnehmen.

Az. 036.91

gemäß den Rechtstexten zu verweisen. Nationale Egoismen müssten dabei zu-rückgestellt werden.

„Bessere Rechtsetzung“ – Beteiligung des AdR

In der Podiumsdiskussion führte Dr. Jirí Buriánek, Generalsekretär des Ausschus-ses der Regionen (AdR), zur Agenda für eine bessere Rechtsetzung bzw. zur Ein-bindung der Kommunen näher aus, dass der AdR als EU-Organ der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erfreulicherweise nicht mehr nur for-mal konsultiert wird. Vielmehr arbeiten mittlerweile alle EU-Organe über die ganze Entscheidungsachse hinweg zu-sammen. Allerdings sieht sich der AdR bei der EU-Diskussion zur Migrations-politik noch nicht stark vertreten und er habe nach wie vor keinen Zugang zu den Trilog-Verhandlungen von EU-Kommission, Rat und Parlament.

Dass die Anerkennung der Kommunen als Teil des politischen Mehrebenensys-tems teilweise nicht sehr ausgeprägt ist, zeige die sog. REFIT-Plattform, die dem Bürokratieabbau dienen soll. Der AdR ist dort nicht der Gruppe der Sachver-ständigen aus den Mitgliedstaaten, son-dern – wie Vertreter der Tabakindustrie – der Gruppe der Vertreter der Wirt-schaft, der Sozialpartner und der Zivil-gesellschaft zugeordnet. Dr. Annette

Schaefer, Koordinatorin der Angelegen-heiten der besseren Rechtsetzung aus dem Generalsekretariat der EU-Kom-mission, entgegnete, dass die EU-Kom-mission die Beiträge aus den beiden Gruppen nicht unterschiedlich werte.

„Bessere Rechtsetzung“ – Sprachpolitik bei Konsultationen und Fahrplänen

Im Hinblick auf die Einbindung der Kommunen in den Rechtsetzungspro-zess begrüßte Dr. Paul Kruck, Erster Bürgermeister von Karlstadt (Bayern), die Möglichkeit zur Beteiligung an Konsultationen und Fahrplänen. Aller-dings bat er darum, dass diese (z. B. im Bereich der Daseinsvorsorge) auch auf Deutsch bereitgestellt werden. So seien bei technischen Details sprachliche Feinheiten entscheidend. Außerdem machte er darauf aufmerksam, dass ei-nige kommunalrelevante Konsultati-onsbögen schlichtweg nicht den kom-munalen Realitäten sektorenübergrei-fender Betätigungsfelder Rechnung trügen. Schaefer führte aus, dass bei Konsultationen der Spagat nicht im-mer leicht zu meistern sei: Einerseits sollten die Fragebögen gut ausgewertet werden können. Andererseits müsse eine gewisse Flexibilität bleiben. Es stelle sich die Frage, ob die Beteili-gungsmöglichkeiten weiter ergänzt werden könnten.

Allgemeiner TeilFo

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Dr. Jirí Buriánek, Generalsekretär des AdR, erläutert die Einbindung der kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften in die EU-Entscheidungsprozesse

29Gemeindetag Baden-Württemberg

RechtsprechungBWGZ 1 | 2016

Werden im Verfahren um die Verbindlichkeit Standorte für Windenergieanlagen beanstandet, ist eine erneute Konzentrationszonenplanung erforderlich

in der Gesamtkarte (M 1 : 100 000) ausgewiesenen Eignungsgebieten für Windenergieanlagen im Regionalen Raumentwicklungspro-gramm Vorpommern (RREP VP), wie sie durch die Landesverordnung vom 19. August 2010 (RREP VP-LVO) Verbindlichkeit erlangt hat, sei weder in formeller noch in materieller Hinsicht zu beanstanden. Die Planung sei abwägungsfehlerfrei erfolgt; hierdurch werde der Wind-energienutzung substanziell Raum verschafft. Diese Annahme steht mit Bundesrecht nicht im Einklang.

SchlüssigesgesamträumlichesPlanungskonzept fürKonzentrationsflächen

1. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG 2008/§ 7 Abs. 7 ROG 2004 sind bei der Aufstellung der Raumordnungspläne die öffentlichen und priva-ten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwä-gen. Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Raumordnungsplan maßgebend (§ 12 Abs. 3 Satz 1 ROG 2008).

Soll eine planerische Entscheidung die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auslösen – hiernach stehen öffentliche Belange u.a. einem Vorhaben zur Nutzung der Windenergie in der Regel entge-gen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist -, verlangt das Abwägungsgebot die Entwicklung eines schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzepts (stRspr, vgl. BVer-wG, Urteil vom 13. März 2003 – 4 C 3.02 – Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 356). Um den Anforderungen gerecht zu werden, die an den Abwägungsvorgang zu stellen sind, muss das Konzept nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch die Gründe für die beabsichtigte Freihaltung des übrigen Planungsraums von Wind-energieanlagen aufzeigen (BVerwG, Urteil vom 11. April 2013 – 4 CN 2.12 – Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 391 Rn. 5). Denn der Ausschluss der Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur rechtfertigen, wenn der Plan sicher-stellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegen-über konkurrierenden Nutzungen durchsetzen; die negative und die positive Komponente der festgelegten Konzentrationszonen bedin-gen einander (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 2002 – 4 C 15.01 – BVerwGE 117, 287 <294>, vom 13. März 2003 – 4 C 4.02 – BVerwGE 118, 33 <37> und vom 21. Oktober 2004 – 4 C 2.04 – BVer-wGE 122, 109 <111>; Beschlüsse vom 26. April 2006 – 4 B 7.06 – Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 371 Rn. 6 und vom 23. Juli 2008 – 4 B 20.08 – BauR 2008, 2009).

VeränderungdesgesamträumlichenPlanungskonzepts erforderterneuteAbwägung

Konzentrations- und Ausschlussflächen stehen damit in einem kom-plementären Verhältnis dergestalt zueinander, dass die Erhöhung der Positivflächen ohne weiteres zu einer Reduzierung der Ausschlussflä-chen führt und umgekehrt. Der Geltungsbereich der Ausschlusswir-kung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB wird dabei – negativ – über die Konzentrationsflächen definiert (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – 4 CN 1.12 – BVerwGE 146, 40 Rn. 22). Jede Veränderung des Ver-hältnisses von Positiv- oder Negativflächen stört folglich das im Wege der Abwägung gefundene gesamträumliche Planungskonzept und macht eine erneute Abwägungsentscheidung erforderlich. Das gilt

Leitsatz

WerdenimVerfahrenumdieVerbindlicherklärungeinesZielsderRaumordnungmitdenWirkungendes§35Abs.3Satz3BauGBvon der Aufsichtsbehörde einzelne ausgewiesene Standorte für Windenergieanlagenbeanstandet,musssichderPlanungsträgererneut mit seiner Konzentrationszonenplanung befassen und hie-rüber abwägend entscheiden, bevor eine Verbindlicherklärungerfolgen kann.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18.08.2015 – 4 CN 7.14 (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19.06.2013 – 4 K 27/10)

Aus den Gründen

I.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Wirksamkeit von Festset-zungen zur Windenergienutzung im Regionalen Raumentwicklungs-programm Vorpommern.

Das Programm ordnet in Abschnitt 6.5 Abs. 7 Satz 1 als Ziel der Raum-ordnung an, dass die Errichtung von Windenergieanlagen, der Ersatz sowie die Erneuerung bestehender Anlagen ausschließlich innerhalb der in der Gesamtkarte (M 1 : 100 000) ausgewiesenen Eignungsgebie-te für Windenergieanlagen zulässig sind. Die Landesverordnung vom 19. August 2010 (GVOBl. M-V S. 453), mit der das Programm festge-stellt wurde, bestimmt in ihrem § 1 Abs. 2 Satz 1, dass sich die ver-bindliche Wirkung des Programms auf die Ziele, Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung und die raumordnerischen Festlegungen der Karte erstreckt. § 1 Abs. 3 der Landesverordnung nimmt einige Eignungsgebiete von der Verbindlichkeit aus.

Die Antragstellerin, eine Firma, die als Tochterunternehmen eines großen deutschen Energieversorgers Windenergieanlagen projektiert und betreibt, plant die Errichtung derartiger Anlagen im Gebiet der Gemeinde P. Sie hat für eine Reihe von Grundstücken zu diesem Zweck bereits Pachtverträge abgeschlossen. Die Standorte der projek-tierten Anlagen liegen im Eignungsgebiet P., das § 1 Abs. 3 Nr. 1 der Landesverordnung von der Verbindlichkeit ausgenommen hat.

Mit ihrem Normenkontrollantrag wendet sich die Antragstellerin dagegen, dass das Eignungsgebiet P. nicht für verbindlich erklärt wor-den ist. Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Die Konzentrationsflächenplanung sei insofern nicht zu beanstanden. Sie beruhe namentlich nicht auf einem beachtlichen Verstoß gegen das Abwägungsgebot. Die Landesregierung habe ihre Kompetenzen nicht dadurch überschritten, dass sie das Eignungsgebiet P. nicht für ver-bindlich erklärt habe. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision. Die Antragsgegnerin vertei-digt das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Revision der Antragstellerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ent-scheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist begründet.

Das Normenkontrollgericht hat angenommen, die gesamträumliche Gebietskulisse Windenergie in Abschnitt 6.5 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. den

30 Gemeindetag Baden-Württemberg

Rechtsprechung BWGZ 1 | 2016

namentlich dann, wenn im Verfahren um die Genehmigung oder die Verbindlicherklärung eines Ziels der Raumordnung mit den Wirkun-gen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB von der Aufsichtsbehörde einzelne ausgewiesene Standorte für Windenergieanlagen – aus welchen Grün-den auch immer – beanstandet werden mit der Folge, dass diese nicht in Geltung versetzt werden (dürfen). In einem solchen Fall muss sich der Planungsträger erneut mit seiner Konzentrationszonenplanung befassen und hierüber abermals entscheiden. Das kann in der Weise geschehen, dass er sich die Beanstandungen der Aufsichtsbehörde zu Eigen macht und eine entsprechend reduzierte Konzentrationszonen-planung beschließt (vgl. Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 1. Aufl. 2010, § 7 Rn. 34). Er kann die Beanstandung aber auch zum Anlass nehmen, erneut in den Planungsprozess einzutreten, eine neue Konzentrationszonenausweisung zu erarbeiten und diese zu beschließen. Diese rechtlichen Maßstäbe hat das Oberverwaltungsge-richt verkannt.

Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt, bei der gesamträumli-chen Gebietskulisse „Windenergie“ im RREP VP in der Gestalt, in der sie durch die Landesverordnung Verbindlichkeit erlangt hat, handele es sich um ein vertretbares Abwägungsergebnis und damit ein insge-samt taugliches Planungsinstrument mit Zielqualität, um für den Bereich der Windenergienutzung die Konzentrationswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeizuführen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Landesregierung in Ausübung der ihr im Zusammenhang mit der Verbindlicherklärung nach § 9 Abs. 5 LPlG M-V eingeräumten Kontrollbefugnis zwei Eignungsgebiete gänzlich (P. und Po./Gemeinde A.) und eines teilweise (I./Sp.) von der Verbind-lichkeit ausgenommen habe (UA S. 39). Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn Grund für die Annahme bestehe, dass darin eine so einschneidende Reduzierung der insgesamt für die Windenergie-nutzung zur Verfügung gestellten Eignungsfläche im Verhältnis zur tatsächlich vorhandenen Potenzialfläche liege, dass der gesamträum-lichen Gebietskulisse „Windenergie“ letztlich nur noch die Wirkung einer „Feigenblattplanung“ im Sinne einer Verhinderungsplanung zugesprochen werden könne und deren Fehlerhaftigkeit nur durch eine erneute Abwägungsentscheidung über die gesamte Gebietskulis-se hätte überwunden werden können (UA S. 39). Das Gericht sehe bei näherer Betrachtung der Gesamtheit der in der Festsetzung verbliebe-nen Eignungsgebiete keine Anhaltspunkte dafür, dass von einem „der Windenergienutzung substanziell Raum geben“ nicht mehr gespro-chen werden könne (UA S. 39). Die Landesregierung habe sich mit der Herausnahme des Eignungsgebiets P. auch im Rahmen der ihr durch § 9 Abs. 5 LPlG M-V eingeräumten Kontrollbefugnisse gehalten (UA S. 40). Sie sei nicht in der Art einer aktiv planenden Behörde tätig geworden. Weder habe sie von sich aus den Sachverhalt weiter aufge-klärt noch sich als zweite oder übergeordnete Planungsbehörde ge-riert (UA S. 45). Die mit der Herausnahme des Eignungsgebiets P. aus der Verbindlichkeit verbundene Rechtsfolge, dass einer Realisierung der von der Antragstellerin geplanten Windenergieanlagen am Stand-ort P. grundsätzlich öffentliche Belange entgegenstehen, sei nicht Regelungsinhalt der Entscheidung der Landesregierung, sondern die Konsequenz aus der gesetzlichen Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB gewesen (UA S. 45). Diese Auffassung wird den Anforderungen an eine Konzentrationsflächenplanung nicht gerecht.

ReduzierungderEignungsflächeschlägt aufAbwägungsergebnisdurch

Jede Reduzierung der Eignungsflächen schlägt auf das Abwägungser-gebnis durch, weil sie unmittelbar das Verhältnis zwischen Positiv- und Negativflächen beeinflusst. Hierin liegt eine planerische Entscheidung. Ob durch eine Konzentrationszonenplanung der Windenergie noch substanziell Raum verschafft wird, stellt sich lediglich als unterste Grenze dessen dar, was planerisch noch vertretbar ist, um einen Abwä-gungsergebnisfehler zu vermeiden, nicht aber als Maßstab dafür, ob die Landesregierung selbst (unzulässig) planerisch tätig geworden ist.

In Auslegung des § 9 Abs. 5 LPlG M-V kommt das Oberverwaltungs-gericht zu dem Ergebnis, dass es Sache des Regionalen Planungsver-bandes ist, die nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG 2008/§ 7 Abs. 7 ROG 2004 erforderliche (abschließende) Abwägungsentscheidung zu treffen (UA S. 42, 45). Hieran ist der Senat gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO gebunden. Nachdem die Landesregierung das vom Pla-nungsverband beschlossene Windenergiekonzept nur mit Einschrän-kungen für verbindlich erklären wollte, hätte sie das Verfahren zur Überprüfung des Planungsergebnisses an den Regionalen Planungs-verband zurückgeben können. Das ist nicht geschehen. Weder hat der Regionale Planungsverband die Konzentrationsflächenentscheidung der Landesregierung in der RREP VP-LVO vor Inkrafttreten gebilligt, noch hat er später einen Beitrittsbeschluss gefasst (siehe z.B. BVerwG, Beschluss vom 26. Juli 2011 – 4 B 23.11 – BauR 2012, 53 Rn. 3 zum ähnlichen Problem bei einem Bebauungsplan).

VerändertesPlanungskonzepterfordert erneutenBeschlussdeszuständigenOrgans

Alternativ hätte sie die Verbindlicherklärung der Gebietskulisse Windenergie insgesamt ablehnen können. Das ist ebenfalls nicht er-folgt. Vielmehr hat die Landesregierung die RREP VP-LVO ohne er-neute Befassung des Planungsverbandes mit den genannten Ein-schränkungen erlassen. Da sie aber landesrechtlich – wie das Oberver-waltungsgericht in Auslegung des irrevisiblen § 9 Abs. 5 LPlG M-V festgestellt hat – keine Planungsbefugnisse besitzt, war ihr damit bundesrechtlich ein solches Vorgehen verwehrt, denn ein Windener-giekonzept, das die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auslösen soll, ist nicht teilbar; wird es verändert, ist hierüber vom zuständigen Organ erneut zu beschließen. Die Landesregierung hat folglich nicht nur die ihr nach § 9 Abs. 5 LPlG M-V eingeräumten Befugnisse über-schritten, weil sie planerisch tätig geworden ist, sondern sie hat auch ein nicht abschließend abgewogenes Ziel der Raumordnung i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für verbindlich erklärt. Damit erweist sich Ab-schnitt 6.5 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. den in der Gesamtkarte (M 1 : 100 000) dargestellten Eignungsgebieten in der Fassung durch § 1 RREP VP-LVO als insgesamt abwägungsfehlerhaft (§ 7 Abs. 2 Satz 1 ROG 2008/ § 7 Abs. 7 ROG 2004).

Das Ergebnis ändert sich durch den Erlass der Landesverordnung zur Feststellung der ersten Änderung des Regionalen Raumentwicklungs-programms Vorpommern (1. Änd. RREP VP-LVO) vom 7. Oktober 2013 (GVBl. M-V S. 560) nicht. Gegenstand der Änderung ist die Überarbeitung des durch die Landesverordnung von der Verbindlich-erklärung ausgenommenen Eignungsgebiets Po., Gemeinde A. Dieses wurde nunmehr in die Gebietskulisse Windenergie aufgenommen, allerdings mit der Maßgabe, dass die maximal zulässige Gesamthöhe von Windenergieanlagen in diesem Gebiet 70 Meter über gewachse-nem Grund nicht überschreiten darf. Hierdurch kann jedoch das Abwägungsdefizit der RREP VP-LVO in der Ursprungsfassung nicht geheilt werden, da nach § 7 Abs. 7 ROG 2008 die Vorschriften des Raumordnungsgesetzes über die Aufstellung von Raumordnungsplä-nen auch für deren Änderung und Ergänzung gelten. Bereits dies steht der Annahme entgegen, die Beschlussfassung durch den Regionalen Planungsverband über diese Änderung könnte konkludent als Billi-gung der von der Landesregierung getroffenen Planungsentschei-dung zum Ursprungsplan verstanden werden (BVerwG, Beschluss vom 26. Juli 2011 – 4 B 23.11 – BauR 2012, 53 Rn. 3 zur vergleichbaren Situation bei einem Bebauungsplan).

ErheblicherAbwägungsfehlerliegtvor

Der Abwägungsfehler ist i.S.v. § 12 Abs. 3 Satz 2 ROG erheblich, weil er offensichtlich (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 21. August 1981 – 4 C 57.80 – BVerwGE 64, 33 <38>) und auch auf das Abwägungsergeb-nis von Einfluss gewesen ist (siehe BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober

31Gemeindetag Baden-Württemberg

RechtsprechungBWGZ 1 | 2016

den Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht teilbar ist. Das Oberverwaltungsgericht hat allerdings – insoweit unbeanstandet von der Revision – ausgeführt, dass es sich hierbei inhaltlich um einen sachlichen Teilplan Windenergienutzung im Sinne des § 4 Abs. 3 LPlG M-V handele (vgl. auch § 7 Abs. 1 Satz 2 ROG 2008), der selbständig angreifbar sei (UA S. 19). Damit können die Unwirksamkeitsfolgen nach den Regeln über die Teilunwirksamkeit (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 19. September 2002 – 4 CN 1.02 – BVerwGE 117, 58 <61>) auf diese Zielfestlegung begrenzt bleiben.

BWGZ Nr. 1 vom 15. Januar 2016 Az. 621.10

2003 – 4 BN 47.03 – BauR 2004, 1130). Denn es lässt sich nicht aus-schließen, dass der Planungsverband versucht hätte, die (vollständige/ teilweise) Herausnahme der drei Eignungsgebiete durch die Auswei-sung neuer oder die Erweiterung schon bestehender Eignungsgebiete zu kompensieren oder, entsprechend den Vorgaben der Landesregie-rung, deren Nutzbarkeit einzuschränken, wie dies nunmehr durch die Ausweisung des Eignungsgebiets Po. unter Festsetzung einer Höhenbe-grenzung von 70 Metern durch die 1. Änd. RREP VP-LVO geschehen ist.

Der Abwägungsfehler führt zur Gesamtunwirksamkeit von Abschnitt 6.5 Abs. 7 Satz 1 der RREP VP-LVO, weil ein Windenergiekonzept mit

Bücher und ZeitschriftenBWGZ 15-16 | 2015 Bücher und Zeitschriften

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Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg

D I E G E M E I N D ED I E G E M E I N D EZeitschrift für die Städte und Gemeinden

Sport und Bewegung

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