Cahiers de l'autonomie n26 - Ich vergesse? Ja, aber ich lebe

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Ich vergesse ? Ja, aber ich lebe LES CAHIERS DE L’AUTONOMIE N° 26 • November 2012 Jeder Tag ein guter Tag

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Cahiers de l'autonomie n26 - Ich vergesse? Ja, aber ich lebe

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Ich vergesse ?Ja, aber ich lebe

LES CAHIERSDE L’AUTONOMIE

N° 26 • November 2012

Jeder Tag ein guter Tag

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Inhalt Edito

Catherine Gapenne,Direktorin der Abteilung „ Aides et Soins “ des Luxemburger Roten Kreuzes

Demenz ist ein Syndrom, das das Erinnerungsvermögen, die gedanklichen Abläufe und die Fähigkeit alltägliche Aktivitäten zu bewältigen, beeinträchtigt. Die Zahl der an Demenz erkrankten Personen wird weltweit auf 35,6 Millionen geschätzt, wobei diese Zahl sich bis zum Jahr 2030 verdoppeln wird. Es ist eine sozialpolitische Herausforderung und eine Priorität der öffentlichen Gesundheit.

In dieser Ausgabe des Cahier de l’Autonomie wollten wir Informationen für die Betroffenen sowie deren Angehörige zusammenstellen und sie über die derzeit bestehenden Lö-sungen aufklären. Eine frühzeitige Diagnose, eine interdis-ziplinäre Begleitung, spezialisierte Dienste, Vereinigungen, der politische Aktionswille, die Ausbildung des Pflegeperso-nals, die Unterstützung für die Angehörigen und die neuen Technologien sind heute weit entwickelt und können die Le-bensqualität merklich verbessern. Es bleibt noch genug zu tun aber der Wille und die Erkenntnisse sind da.

Demenz ist kein Stigma sondern ein Grund zu handeln und die sozialen, politischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Mittel zu mobilisieren.

Weil den an Demenz Erkrankten ihre emotionalen Erinne-rungen erhalten bleiben, ist es unsere Aufgabe auch ihre Menschlichkeit zu erhalten... die Demenz zu leben !

Catherine GAPENNE

Interview 3

Familien -und Integrationsministerin Frau Jacobs

Artikel

Eine Herausforderung für die Pflege 5

Caroline Caudmont, Ergotherapeutin 7

Luxemburger Alzheimervereinigung 9

Dr. Elisabeth Höwler, Altempflegerin,

Dipl. - Pflegepädagogin, Pflegewissensschaftlerin 11

Lösungsansätze

Häuslichen Technologien 14

HELP 24 - Bedürfnisse Lösungen 15

Auslandsreisen, Ausflüge, ... 16

Redaktionsvorstand :

Die Mitarbeiter des Netzwerkes HELP

Verantwortlicher Herausgeber :

José Luxen, Generalkoordinator des Pflegenetzes HELP

Adresse der Redaktion :

54, rue Emile Mayrisch

L-4240 Esch-sur-Alzette

tel. 26 70 26

Ausführung : Alternatives Communication S.à r.l.

Druckerei : Imprimerie Centrale

Fotos : HELP, images bank

Auflage : 7 000 Exemplare

Die „ Cahiers de l’autonomie “ erscheinen 4 Mal pro Jahr.

Die Veröffentlichung der Texte geschieht mit

Verantwortung der verschiedenen Autoren.

Demenz – Eine sozialpolitische Herausforderung

Demenz-Erkrankungen nehmen keine Rück-sicht, sie treffen heute den Sportler oder den Künstler, morgen den Politiker, unsern Nach-barn oder aber auch uns selbst. Hugo Claus, Rudi Assauer, Margareth Thatcher um nur diese Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu nennen, sie alle mussten, müssen sich mit ihrer Diagnose „ Demenz “ auseinandersetzen, ihr Leben neu gestalten. Aber nicht nur sie selbst sind betroffen, auch ihre Familien und Freunde.

Die Zahl derjenigen die an einer Demenz erkranken, wird in den nächsten Jahren, mit der zunehmenden Alterung der Bevölkerung in allen europäischen Ländern stark zunehmen, auch in Luxemburg. Geht man heute davon aus, dass etwa 5000 Personen in Luxemburg betroffen sind, so werden es deren womöglich 9000 im Jahr 2025 sein.

Auch wenn die Forschungsindustrie verstärkt investiert, um Gegenmittel zu finden, so wird dies sicher noch Zeit brauchen.

Seit vielen Jahren gibt es in unserem Land Organisationen und Gesundheitsberufler die sich für das Wohlergehen der an einer Demenz leidenden Personen einsetzen. In dem Zusammenhang seien beispielsweise die Validation von Naomi Feil, das „ Böhm Modell “ sowie das „ Viandener Projekt “, eine luxemburgische Initiative des genannten Pflegeheim die in Kooperation mit dem RBS-Center für Altersfragen entstanden war und über die Grenzen des Landes bekannt wurde, erwähnt. In den letzten Jahren haben viele Alten- und Pflegeheime spezifische Lebensbereiche sowie Gartenanlagen für an Demenz Erkrankte eingerichtet.

Ein weiterer Ansatz ist die Gestaltung von therapeutischen Rampen in neueren Gebäuden welche dem Bewegungsdrang der Bewohner Rechnung tragen sollen. Besonders hervorheben möchte ich in diesem Rahmen auch die Pilotprojekte der „ Pflegeoasen “.

Ich möchte mich sehr herzlich beim Redaktionsteam der „ Cahiers de l’Autonomie “ dafür bedanken, dass sie sehr unterschiedliche Ansätze zum Thema „ Umgang mit dementiellen Erkrankungen “ in diesem Heft vorstellen.

Auf meine Initiative hin wurden, Ende 2010, gemeinsam mit dem Gesundheitsminister, vier Arbeitsgruppen ins Leben gerufen, um sich mit dem Thema „ Demenz “ auseinanderzusetzen.

Zwei Themen wurden in je zwei Arbeitszirkeln mit verschie-denen Schwerpunkten diskutiert.

Das erste Thema, „ Die Lebensqualität der erkrankten Personen und ihrer Familienhelfer verbessern “ wurde aus folgenden Blickwinkeln heraus analysiert : Der Bestand von medizinischen, pflegerischen und sozialen Dienstleistungen in der Zeit mit einem besonderen Augen- merk für Präventionsmaßnahmen und Frühdiagnostik, und die Unterstützung der Familienhelfer.

Am zweiten Thema „ Demenz – eine sozialpolitische Herausfor-derung an unsere Gesellschaft “ wurde über folgende Aspekte diskutiert : die Rechte und der Schutz der erkrankten Personen und die soziale Verleugnung der Krankheit.Im Herbst erwarten wir den Abschlussbericht dieser Arbeiten.

So wie ich es vorhin angedeutet habe, haben in den letzten Jahren die meisten professionellen Dienste für pflegeabhängige Personen spezifische Konzepte entwickelt, um auf die besonderen Bedürfnisse bei fortgeschrittener Demenz einzugehen. Meistens ist es auch dieses Bild von schwer hilfe- und pflegebedürftigen Personen das unser Denken beeinflusst. Demenz-Erkrankungen machen uns allen Angst, weil sie nicht heilbar sind und uns progressiv unserer kognitiven Funktionen und unserem Denkvermögen berauben. Viele wissen jedoch nicht, dass die emotionalen Kompetenzen der Person erhalten bleiben.

Marie-Josée Jacobs,Familien- und Integrationsministerin

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Interview

Seite 4

Hier sind wir alle gefordert – in unserer Menschlichkeit !

Durch einen verständnisvollen Umgang mit den erkrankten Personen, durch kleine Hilfestellungen in der Orientierung können Personen die im Anfangsstadium der Krankheit sind, sehr wohl in ihrem normalen Umfeld leben. Viele Familien, Partner, Kinder, unterstützen ihre Kranken liebevoll, sie trauen sich jedoch nicht unbedingt über die Krankheit öffentlich zu sprechen, aus Angst, dass die betroffene Person und / oder sie selbst zurückgewiesen oder ausgeschlossen werden. Dabei verdienen sie eigentlich Anerkennung und menschliche Unterstützung.

Seit einer Reihe von Jahren gibt es, unter anderem in Deutschland und in Belgien, Personen des öffentlichen Lebens und Vereine, die sich für Menschen mit Demenz einsetzen. So unterstützt die Aktion Demenz e.V. in Deutschland Projekte unter dem Label „ demenzfreundliche Kommunen “. In Belgien geschieht dies durch die Stiftung König Baudouin unter dem Titel „ communes Alzheimer admis “. Erklärtes Ziel aller Initiativen ist es über die

Krankheit zu informieren, für einen solidarischen Umgang mit den betroffenen Personen und ihren Familien zu sensibilisieren und erste konkrete Schritte zur Beteiligung der Betroffenen in der Gesellschaft zu machen.

Demenz erkrankte Personen und ihre Familien brauchen die soziale Gemeinschaft. Nehmen wir doch diese Herausforderung gemeinsam an !

Artikel

Diagnose Demenz – Eine Herausforderung für die Pflege

Demenzielle Erkrankungen treten in verschiedensten Formen auf, haben aber alle eines gemeinsam, den Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit beim Betroffenen. Demenz, aus dem Lateinischen abgeleitet, bedeutet „ ohne Geist “ und verdeutlicht so was mit den Erkrankten tatsächlich geschieht: Sie verlieren die Kontrolle über ihr Denken und damit auch über sich selbst, aber auch die Persönlichkeit leidet. Das Verhalten, sowie die grundlegenden Wesenseigenschaften verändern sich. Diese Veränderungen machen den Umgang mit dem Betroffenen gerade für seine Familienangehörige schwierig.

Diagnose : DemenzDie Medizin definiert Demenz als eine fortschreitende Erkrankung des Gehirns, die das Gedächtnis, das räumliche Orientierungsvermögen, sowie auch die Sprache zusehends beeinträchtigt. Am Anfang der Krankheit machen sich Störungen des Kurzzeitgedächtnisses und der Merkfähigkeit bemerkbar, später verlieren die Betroffenen zusehends die, im Laufe ihres Lebens erworbenen Fähigkeiten. Darüberhinaus verändert sich auch die Wahrnehmung, das Verhalten und das Erleben der Betroffenen.

Bereits zur Diagnostizierung einer Demenz, sowie später in der Betreuung spielen die Angehörigen eine wichtige Rolle. So sind sie in der Lage Veränderungen in den Verhaltensweisen ihrer Angehörigen frühzeitig zu erkennen ( Vergesslichkeit, Konzen-trationsschwierigkeiten, Fehlbeurteilung von Situationen, zu-nehmende Schwierigkeiten bei der Alltagsbewältigung ). Es ist oft nicht einfach einen vermeintlich demenzerkrankten Ange-hörigen zu einem Arztbesuch zu überreden. Sie reagieren ag-gressiv oder ablehnend, wenn man sie auf ihre Schwierigkeiten anspricht, dies gerade in der Anfangsphase der Erkrankung. Dennoch sollte man den Verdacht auf Demenz nicht verdrän-gen, da gerade eine frühzeitige Diagnose den Betroffenen und den Angehörigen Zugang zu diversen Hilfsangeboten eröffnet.

Der Anfang der Demenzerkrankung, gekennzeichnet durch beginnende Vergesslichkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Fehlbeurteilungen von Situationen, wird meist bewusst von den Betroffenen erlebt, sie können aber die Schwere der Beeinträchtigung, bzw. die Auswirkungen auf ihren Alltag nicht mehr beurteilen. Mit Fortschreiten der Krankheit nehmen die

Erkrankten ihre Störungen immer weniger wahr oder leugnen sie. Sie erleben die Unfähigkeit, den Alltag eigenständig zu bewältigen und auch einfache Tätigkeiten stellen sie vor eine Herausforderung. Im letzten Krankheitsstadium sind die verbalen Kommunikationsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Trotz allen Einschränkungen bleiben dem Demenzkranken aber die Fähigkeiten im emotionalen Bereich erhalten.

Betreuung und PflegeangeboteDa der Krankheitsprozess nicht aufgehalten werden kann und eine Heilung nicht möglich ist, sollte jede Behandlung die Ver-besserung der Lebensqualität der Betroffenen und deren Ange-hörigen zum Ziel haben.

Drei Bereiche lassen sich bei den Therapien von Demenz unter-scheiden : Die medikamentöse Therapie Psychosoziale Interventionen Ökologische und soziale Interventionen

Medikamente können das Fortschreiten der Krankheit und ihrer Symptome verzögern, allerdings können sie die Krankheit weder aufhalten noch Probleme, die mit einer

Warnsignale erkennen* :

Vergessen kurz zurückliegender Ereignisse Schwierigkeiten, gewohnte Tätigkeiten auszuführen Sprachstörungen Nachlassendes Interesse an Arbeit, Hobbys und

Kontakten Schwierigkeiten sich in einer fremden Umgebung

zurechtzufinden Verlust des Überblicks über finanzielle Angelegen-

heiten Fehleinschätzung von Gefahren Bislang nicht gekannte Stimmungsschwankungen,

andauernde Ängstlichkeit, Reizbarkeit und Misstrauen Hartnäckiges Abstreiten von Fehlern, Irrtümern oder

Verwechslungen *Bundesministerium für Gesundheit. Wenn das Gedächtnis nachlässt – Ratgeber: von der Diagnose bis zur Betreuung. Deutschland. 2010.S.15

Seite 5Les cahiers de l’autonomie - n° 26 - November 2012

Koordinaionskomitee HELP

Seite 6

Demenzerkrankung einhergehen beheben. Daher ist die Einbindung von psychosozialen und verhaltenstherapeutischen Behandlungsmethoden in die Pflege sehr wichtig, um den Patienten soweit wie möglich mobil und aktiv zu halten, z.B. durch Beschäftigungstherapie, Förderung der kreativen Eigenschaften, z.B. durch Musik, Malen, Bewegung oder Tanz.

Wichtig bei den verschiedenen Methoden ist es, sie an die ver-bleibenden Fähigkeiten des Betroffenen anzupassen. Dabei sollte auch der lebensgeschichtliche Hintergrund berücksichtigt und die Würde des Menschen geachtet werden sowie Leis-tungsdruck und Überforderung vermieden werden. Aufgrund ihrer Erkrankung sind die Betroffenen immer weniger in der Lage sich an ihre Umgebung anzupassen, bzw. ihren Alltag selbstständig zu gestalten. Insofern hängt ihr Wohlbefinden maßgeblich davon ab wie das Umfeld sich auf ihre Beeinträchti-gungen einstellen kann. Darüber hinaus ist ein klar strukturier-ter Tagesablauf mit festen Bett- und Essenszeiten von großer Bedeutung in der Betreuung von Demenzkranken.

Es fällt den betreuenden Familienangehörigen mitunter schwer Hilfe anzunehmen, da sie die Stigmatisierung oder Zurückweisung des Betroffenen oder ihrer selbst fürchten. Es ist aber dennoch für alle Beteiligten wichtig sich Hilfe von außen zu holen, um eine optimale Betreuung des Demenz-Patienten zu gewährleisten und eine übermäßige Belastung der Pflegenden zu vermeiden.

Das Hilfs- und Pflegenetzwerk HELP bietet eine ganze Reihe von Entlastungsmöglichkeiten an, so z.B. eine individuelle Beratung und Betreuung, häusliche Pflegedienstleistungen, einen technologischen Begleitdienst ( Help24 ) bis hin zur Betreuung und Pflege in seinen spezialisierten Tagesstätten. Bei einer individuellen Beratung durch Krankenpfleger, Sozi-al- und Familienhelfer, sowie Psychologen können betroffene Pflegeangehörige über geeigneten Unterstützungsmöglichkei-ten sprechen. Da die meisten Demenzkranken zu Hause von Fa-milienangehörigen gepflegt werden, ist es wichtig von Beginn an häusliche Pflegedienste einzubinden, um so die Pflegenden entsprechend zu entlasten. Die häusliche Pflege besteht aus der Grundpflege ( z.B. Körperpflege, Ernährung und Mobilität ) und der Behandlungspflege die medizinische Handgriffe, wie z.B. Verbandswechsel, Verabreichung von Medikamenten, Blut-druckmessungen usw. umfasst. Neben der ambulanten Pflege werden noch weitere Hilfen angeboten : Essen auf Rädern, Hilfe bei der Haushaltsführung, Reinigungs- und Reparaturdienste, Fahrdienste und Transport, Help24 – Ruf- und Begleitsystem.

Außerdem bietet HELP auch Dienstleistungen im Bereich der neuen Technologien für zu Hause an. Mit dem Dienst Help24 wird eine, den Umständen entsprechende Anpassung der Le-

bensräume des Betroffenen möglich. Das Angebot ist breit ge-fächert und geht von der Stimme, die einen an eine eingeschal-tete Herdplatte erinnert, über Bewegungsmelder bis hin zur Geolokalisierung außerhalb des häuslichen Umfelds. All diese Lösungen sollen viel weniger den Demenz-Patienten überwa-chen, denn den Angehörigen, sowie dem Betroffenen selbst die Möglichkeit geben die Betreuung zu vereinfachen und Ängste über vergessene Herdplatten, offene Türen, und das „ Ausbuch-sen “ zu verringern.

Die spezialisierten Tagesstätten fungieren als Bindeglied zwischen der häuslichen und der stationären Pflege und stellen ein wichtiges Element in der Betreuung von Demenzpatienten und der Entlastung ihrer Familienangehörigen dar. Sind die spezialisierten Tagesstätten des Hilfs- und Pflegenetzwerks darauf ausgerichtet Demenzpatienten aufzunehmen und, an die Fähigkeiten des Patienten angepasste Aktivitäten zu bieten. Hilfsbedürftige Personen werden unter der Woche dort versorgt. Inkludiert sind ein Fahrtendienst, eine soziale Betreuung, Mahlzeiten, sowie Pflege- und Therapiedienstleistungen. Ziel ist es die häusliche Pflege zu unterstützen, pflegende Familienangehörige tagsüber zu entlasten und auch eine stationäre Versorgung zu verhindern, bzw. hinauszuzögern.

Erklärtes Ziel jeder Therapie und Betreuungsform sollte die Lebensqualität und das Wohl des Menschen mit Demenz sein, ohne dabei die physische und psychische Gesundheit der pflegenden Familienangehörigen außer Acht zu lassen. So sollte die Gemeinschaft vermehrt auf Information und Sensibilisierung zum Thema Demenz setzen, Stigmata verringern und Maßnahmen zur Beteiligung der Betroffenen und ihrer Angehörigen am gesellschaftlichen Leben erarbeiten.

Weitere Angebote : Eng Hand fir déi Krank

Freiwillige mit einer Fortbildung zur Interaktion

mit Demenz-Patienten leisten Betroffenen

stundenweise Gesellschaft, um sie so aus der

Einsamkeit herauszuführen.

Seniorenheim CIPA ( Junglinster )

Das Seniorenheim CIPA in Junglinster bietet seinen

Bewohnern eine individuelle Betreuung sowie

Pflege durch qualifiziertes Betreuungspersonal,

das speziell auf die besonderen Bedürfnisse vom

Menschen mit Demenzsymptomen ausgerichtet ist.

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Artikel

Intervention bei älteren Menschen mit Demenzerkrankungen oder einer fortgeschrittenen Demenz

Der Platz des Ergotherapeuten und der Aktivität im Alltag

„ Die Maßnahmen des Ergotherapeuten sind umfassend: Die Intervention besteht in erzieherischen Aktivitäten, Ratschlägen und der Betreuung des Patienten, aber auch seiner Pfleger zu Hause. Der Ergotherapeut und die Person werden zusammenarbeiten und die Aktivitäten oft wiederholen.

Es ist erforderlich außerdem eine umfassende Bewertung der Wohnung, der Lebensgewohnheiten zu machen und gegebenenfalls auch technische Mittel einzusetzen (wie z.B. die Haustechnik, die von Help24 angeboten wird). In jedem Fall, baut der Ergotherapeut auf dem Diptychon ‚Person – Umfeld‘ auf. Wenn man eine, an Demenz erkrankte Person pflegt, pflegt man eine Person, die ein Leben, Erinnerungen, Erlebnisse und vor allem ein Umfeld hat. (Haus, Dorf, Familie, Nachbarn, Freunde, Aktivitäten usw.) “, erklärt Caroline Caudmont.

Anwendung der „ mentalen Orthese “Die „ mentale Orthese “ sieht eine Anpassung des Umfelds vor, um der Person zu helfen ihre kognitiven Störungen auszugleichen. Ziel ist es die Person zu stimulieren aber auch in der Wirklichkeit zu halten und das Erleben des Patienten zu verbessen. Der Ergotherapeut unterstützt den Patienten bei der Benutzung von Gedächtnisstützen und passt diese an die Entwicklung der Krankheit an.

Wenn ihr Angehöriger Schwierigkeiten hat, die Namen bei Familientreffen wiederzufinden: benutzen Sie Fotos mit dem Namen oder einer Eigenschaft, die er gefunden hat. Wenn die Person Schwierigkeiten hat, sich im Haus wiederzufinden: Kleben Sie Schilder an die Türen, damit sie sich besser im Haus zurecht findet ohne Angstgefühle zu haben. Benutzen sie Gedächtnisstützen. Machen Sie eine Liste der Dinge, die während dem Tag zu erledigen sind, um eine zeitliche Orientierung zu ermöglichen ohne Angst etwas zu vergessen. Bringen Sie der Person bei, aufzuschreiben, wenn die Aufgabe erledigt ist.

Die Umgebung und die Pfleger darauf aufmerksam machen, dass die Gegenstände nach Möglichkeit stets an einem Ort abzulegen sind, der an ihre Funktion erinnert. Zum Beispiel wenn Herr Albert seine Brille nicht findet, diese auf den Tisch legen wo er jeden Morgen seine Zeitung liest. Sie können auch, als Gedächtnisstütze, das Brillenetui auf den Tisch legen.

Die Arbeit in der GruppeDie therapeutischen Sitzungen erfolgen in Einklang mit den Fähigkeiten in Form von täglich stattfindenden Ateliers, z.B. für Personen die Tagesstätten besuchen. Sie werden von Therapeuten abgehalten. Hauptziel ist es das Gedächtnis zu aktivieren, sowie die Aufmerksamkeit und die Resozialisierung zu fördern. Man kann alle Sinne und alle Gegenstände aus dem täglichen Leben einsetzen. Die Kommunikation wird stark beansprucht. Die Verbesserung der sozialen Beziehungen erlaubt es der Person die sich abschottet, wieder in das wirkliche Leben zurückzufinden und die Wichtigkeit ihrer Fähigkeiten zu erkennen anstatt nur ihre Schwierigkeiten zu sehen.

Die Aktivität als Interventionsmittel bei Personen mit fortgeschrittener DemenzDie Person mit fortgeschrittener Demenz wird oft als eine Person betrachtet, die nicht mehr in der Lage ist alleine zu handeln oder für sich zu entscheiden. Die physische, materielle und menschliche Umgebung hat einen Einfluss auf ihr tägliches Leben. Sie muss sich hier wohlfühlen und identifizieren können. Die Beteiligung an den Aktivitäten muss das Ziel einer Zugehörigkeit zu dieser Umgebung fördern. Nach dem Motto, wir „ machen “, wir handeln, also sind wir. Die Aktivität muss sich an die Fähigkeiten der dementen Person anpassen, jedoch durch Aktivitäten, die der Person die Möglichkeit geben zu handeln und somit zu leben.Die therapeutische Vorgehensweise in der Ergotherapie beschränkt sich nicht nur auf Beratung oder Gedächtnisstützen mit Hilfe von angemessenen Aktivitäten. Die Unterstützung bei Gedächtnisstörungen ist eine Etappe unter vielen anderen systematischen Aktionen bei älteren Menschen, ob sie an Demenz leiden oder nicht. Sie zielt auf die Lebensqualität hinaus sowie das Wohlergehen der Person und ihrer Angehörigen.

Caroline Caudmont,Ergotherapeutin

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Die Ergotherapie zuhause:Die Ergotherapeuten haben zum Ziel die Person mit einer Demenzerkrankung so lange wie möglich in ihrer Umgebung zu halten und ihr und ihren Angehörigen eine gewisse Lebensqualität zu gewährleisten.

Die Ergotherapie ermöglicht: Die Fähigkeiten der Person zu stimulieren und dies auf körperlicher, geistiger und sozialer Ebene. Die Angehörigen über die Entwicklung und die Folgen zu informieren. Dabei helfen die Aktivitäten des täglichen Lebens anzupassen. Die Umgebung an Personen anzupassen, die die Orientierung verloren haben.

Die grundlegenden Prinzipien der Ergotherapie :

Die menschliche Aktivität ändert und transformiert sich um den internen und externen Erfordernissen des Menschen gerecht zu werden (Hasselkus, 2002) Der Bedarf zu Handeln für den Menschen : es handelt sich

um die Natur selbst des Menschen in Aktivitäten, die einen Sinn und ein Ziel für ihn haben (Wilcock, 2006) Die menschliche Aktivität kann strukturiert, transformiert

und benutzt werden, um Störungen zu beheben und/oder zu kompensieren oder einfach nur eine Aktivität zu erhalten. Sie kann angepasst werden und therapeutisch wirken (Kielhofner, 2002)

KontaktCaroline CaudmontErgotherapeutinLeiterin der Ergotherapie Abteilung HELP – Croix-Rouge luxembourgeoiseTel : 27 55-3502GSM : 691 88 70 39

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25 Jahre Luxemburger AlzheimervereinigungKernelemente einer entsprechenden Betreuung für

Demenzerkrankte

Artikel

Durch die ansteigende Lebenserwartung der Bevölkerung nehmen auch die Demenzerkran-kungen weiter zu. 2010 wurde die Anzahl von an Demenz erkrankten Personen auf 35.6 Mil-lionen weltweit geschätzt. In einem Artikel der deutschen Alzheimer Gesellschaft liest man für das Jahr 2050 eine vorläufig geschätzte Zahl von 115 Millionen Demenzerkrankungen.

Alzheimer – Die häufigste Form von DemenzDie am häufigsten auftretende Form von Demenz ist die Alzheimer-Demenz. Sie ist gekennzeichnet durch einen steten Abbau der kognitiven Funktionen. Im Verlauf der Krankheit werden die Nervenzellen des Gehirns irreversibel zerstört.

Erste Anzeichen einer Demenz sind demzufolge eine langsam fortschreitende Minderung der geistigen Leistungsfähigkeiten, wie z.B. Gedächtnis, Orientierung, Denkvermögen, Sprachver-ständnis, sprachlicher Ausdruck und Aufmerksamkeit. Diese ersten Anzeichen können sich bei klarem Bewusstsein in Beein-trächtigungen der Alltagstätigkeiten zeigen.

Allgemein nimmt man eine Einteilung der Demenzerkrankung in 3 Schweregraden vor :

1. Schweregrad : leichte DemenzEs beginnt kaum spürbar : Leichte Vergesslichkeit, nachlassen-de Urteilsfähigkeit, Orientierungsprobleme, Sprachschwierig-keiten, öftere Geistesabwesenheit, lassen ahnen, dass etwas mit dem Betroffenen nicht stimmt. Die Merkfähigkeit lässt zunehmend nach und die Speicherung von neuen Informatio-nen ( Kurzzeitgedächtnis ) ist oft nicht mehr möglich. In diesem Schweregrad bleiben die auftretenden Symptome für Außen-stehende oft noch unbemerkt, der Betroffene selbst jedoch re-gistriert bewusst diese Veränderungen. Meist reagiert er darauf mit Beschämung, Angst, Wut oder Niedergeschlagenheit.

2. Schweregrad : mittelgradige DemenzIn diesem Schweregrad erfolgt der Abschied vom Ich und bestimmte Bereiche des Lebens können nicht mehr bewältigt werden. Das Merken von Namen vertrauter Personen fällt schwer, die örtliche Orientierung lässt immer mehr nach, der Betroffene erkennt seine Umgebung und mitunter selbst seinen Partner nicht mehr. Er findet sich nicht zurecht, die Aktivitäten des täglichen Lebens sind eingeschränkt ( z.B. Körperpflege, An- und Auskleiden, Essen ). Die Sprache wird von Floskeln und Wiederholungen geprägt. Der geistige und körperliche Verfall ist jetzt für alle sichtbar.

3. Schweregrad : schwere DemenzAb jetzt ist für den Demenzerkrankten eine selbstständige Lebensführung unmöglich. Zu den hochgradigen Störungen der geistigen Leistungen kommen jetzt körperliche Symptome hinzu, wie z.B. Blasen- und Darminkontinenz, der Verlust von Fähigkeiten wie Lächeln oder Schlucken und kompletter Sprachzerfall.Der Krankheitsverlauf kann Jahre dauern, fünf, sechs, sieben Jahre und erst der Tod setzt der Entmündigung und Entwürdigung einer einstmaligen Persönlichkeit ein Ende.

Die beschriebenen Veränderungen, die eine Demenzerkrankung für den Betroffenen mit sich bringt, dieses ganze Wissen um die Komplexität dieser Krankheit, lassen uns den Demenzerkrankten besser verstehen, helfen uns auf seine Bedürfnisse einzugehen und zu reagieren. Sie bilden letztendlich die Grundvoraussetzungen des Pflege- und Betreuungskonzeptes der Luxemburger Alzheimervereinigung ( ala ).

Das Pflege- und Betreuungskonzept der „ ala “

Für die Angehörigen des Betroffenen ist es oftmals schwer, sich mit der besonderen Situation, die mit der Pflegebedürftigkeit eines Familienmitgliedes einhergeht, auseinanderzusetzen. Erkrankt ein Familienmitglied an Alzheimer oder einer anderen Form von Demenz, besteht zuerst meist der Wunsch den

Jean-Marie Desbordes,Direktionsmitglied der Alzheimervereinigung Luxemburg

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Association Luxembourg Alzheimer45, rue Nicolas Hein L-1721 Luxembourg Tel : 26 007-1 - Fax : 26 007-205

Helpline SOS Alzheimer : 26 43 24 32

Pflegebedürftigen so lange wie möglich allein zu versorgen. Schnell wird die intensive Betreuung zu einem 24-Stunden-Job und dies 365 Tage im Jahr. Die ganze Zeit steht der an Demenz erkrankte Mensch im Mittelpunkt und das Familienleben leidet. Die Entscheidung den geliebten Menschen letztendlich in fremde Hände zu geben fällt den Angehörigen schwer. Sie ist öfters auch mit Schuldgefühlen, Angst, Trauer und dem Gedanken etwas „ falsch gemacht “ zu haben, verbunden. Hier steht die „ ala “ den betroffenen Familien und Angehörigen mit Rat und Hilfe zur Seite und nimmt sich ihrer Sorgen an. In Beratungs- und Informationskursen beantworten Mitarbeiter des Sozial- und Koordinationsdienstes Fragen rund um die Erkrankung, die bestehenden Hilfsangebote und helfen Anträge bei der Pflegeversicherung zu stellen. Die Mitarbeiter des psychologischen Dienstes helfen bei der emotionalen Bewältigung der Erkrankung und bei der Lösung zwischenmenschlicher Konflikte, welche durch die Demenzerkrankung entstehen können.

In 6 Tagesstätten ( Esch-Alzette, Rumlange, Dudelange, Bonnevoie, Dommeldange und Dahl ) bietet die „ ala “, als Hilfs- und Pflegenetz, landesweit alle, von der Pflegeversicherung vorgesehenen Leistungen an. Die Tagesstätten sind darauf spezialisiert Menschen mit einer Demenz, insbesondere der Form „ Alzheimer “ auf menschenwürdige Weise, sowohl körperlich als auch geistig angemessen zu betreuen. Individuell oder in kleinen Gruppen erkennen und fördern die geschulten Mitarbeiter die beim Erkrankten noch vorhandenen Fähigkeiten. Der strukturierte Tagesablauf und die Alltagsroutine soll den Betroffenen Sicherheit und Vertrautheit vermitteln. Durch demenzgeeignete und zielorientierte Aktivitäten sollen die Leistungsfähigkeit, Selbstständigkeit und Lebensfreude der Demenzerkrankten erhalten und verbessert werden. Darüber hinaus spielen nicht nur die Biographie des Demenzerkrankten, sondern auch Langzeitgedächtnis und Selbstwahrnehmung eine wesentliche Rolle im „ ala “ Betreuungskonzept. Beschäftigungen unterschiedlichster Art, Bewegung, Motivation und Sensibilisierung sollen dem Demenzerkrankten Geborgenheit und Sicherheit bieten. Die gute Zusammenarbeit und Einbindung der Hilfs- und Pflegenetzwerke kompetenter Partner, wie z.B. HELP ermöglichen und garantieren den Demenzerkrankten und ihren Angehörigen die qualitative Versorgung in den Zeiträumen, in denen die Tagesstätten geschlossen sind.

Grundsätzlich fühlen sich Demenzerkrankte in einer ihnen vertrauten Umgebung am sichersten. Allerdings stellt die Pflege zu Hause – auch unter Zuhilfenahme von den Angeboten der „ ala “-Tagesstätten und der ambulanten Pflegedienste wie denen von HELP – eine enorme körperliche und seelische Belastung für den Betreuenden dar. Das weitere Fortschreiten

Siehe auch :

Weyerer, Siegfried. Heft 28 Altersdemenz – Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Robert Koch Institut – Statistisches Bundesamt. 2005. Deutschland

Bundesministerium für Gesundheit. Wenn das Gedächtnis nachlässt – Ratgeber : von der Diagnose bis zur Betreuung.

der Erkrankung bedingt ab einem gewissen Zeitpunkt die Unterbringung in einem Pflegeheim.

Seit Juli 2007 kann das Wohn- und Pflegeheim „ Beim Goldknapp “ in Erpeldange / Ettelbruck älteren Menschen, die an Demenz leiden, ein neues Zuhause bieten. Bei der Planung des Gebäudes wurde besondere Aufmerksamkeit auf eine, mit dem Einrichtungskonzept abgestimmte und demenzgerechte bauliche Konzeption gelegt. In kleinen Wohngruppen ( bis zu 12 Bewohner ) oder der Pflegeoase können somit die Betreuungsangebote der „ ala “ den besonderen Bedürfnissen demenzerkrankter Menschen besser gerecht werden. Basis der professionellen Rund-um-die-Uhr Betreuung ist auch hier das bewährte Betreuungskonzept der „ ala “, das an die stationäre Betreuung angepasst wurde.

Dank seiner 25-jährigen Geschichte kann die „ ala “ heute auf einen bedeutenden Erfahrungsschatz zurückblicken. Sein bewährtes Betreuungs- und Pflegekonzept soll Demenzerkrankten die Gewissheit vermitteln, bei Bedarf die nötigen Hilfeleistungen und die fachgerechte Pflege bis ans Lebensende zu erhalten.

Seite 11Les cahiers de l’autonomie - n° 26 - November 2012

Die Situation der Angehörigen bei Menschen mit demenziellen Erkrankungen: Herausforderungen

und Chancen der ambulanten Pflegedienste

Artikel

Pflegende Angehörige von demenziell er-krankten Personen haben einen Pflegeauftrag übernommen, der sich ohne fachliche Kennt-nisse unmöglich auf gute Weise bewältigen lässt. Es ist keine Aufgabe, für die der Mensch ausgebildet wurde.

Handelnde Akteure, zu 90 % sind das Frauen zwischen 40 und 75 Jahren können in der Regel nicht auf theoretische Grundlagen zum Krankheitsbild und Möglichkeiten zur psycho-sozialen Entlastung zurückgreifen (Boerger et al. 2001). Somit stellen häusliche Entlastungsangebote in Form von niederschwelligen Angeboten sowie geschultem Wissen für Laien, die mit demenziell Erkrankten umgehen, eine bedeutsame Maßnahme dar, um die ambulante Pflege zu stärken.

Eine besondere Belastung ergibt sich nicht primär aus der alltäglichen pflegerischen Arbeit, sondern aus den psychischen und emotionalen Situationen, die der fortschreitende demenzielle Prozess mit sich bringt. Insbesondere herausforderndes Verhalten, wie z.B. Pflegeabwehr, aggressive körperliche oder verbale Verhaltensweisen überfordern und können die Lebensqualität der Angehörigen sehr beeinträchtigen.Aus dieser Erkenntnis heraus sind die Chancen einer guten Bewältigung des Pflegeauftrags am größten, wenn pflegende Angehörige zum Krankheitsbild Demenz und zum interaktiven Umgang mit den Kranken gezielt in Gruppen von gerontospychiatrisch ausgebildeten Pflegemitarbeitern eines ambulanten Pflegediensten angeleitet werden, damit es ihnen gelingt, ihre psychischen und physischen Kräfte einzuschätzen und im fortgeschrittenen Stadium professionelle Hilfe von den Pflegediensten einbeziehen.

Die Geduld die aufgebracht werden muss, sowie das Hineinversetzen in die Erkrankten, während des Umgangs, sind Anforderungen, die auf theoretischer Ebene in Schulungen zunächst plausibler erscheinen, als wie sie sich in der Praxis zeigen.

Schulungsinterventionen

Zwei Themenbereiche sind bei der Basisvermittlung bedeutsam:

1. Psychologisches Wissen

Inhaltlich geht es um die Befähigung zum Umgang mit wechselseitigen Projektionen und unberechtigten Schuldzuweisungen zwischen Kranken und Angehörigen und die Bereitschaft sich davon zu lösen. Unausgesprochene, tabuisierende, schamauslösende Themen werden von den Kranken auf die pflegenden Angehörigen übertragen. Ins Unterbewusstsein verdrängte biografische Themen können unter einem demenziellen Prozess als verbale Bruchstücke hervortreten und bei Kindern bzw. Ehepartnern Verletzungen und Konflikte auslösen. Eine Versöhnung mit unbewältigten Daseinsthemen, die in der Regel lange Jahrzehnte verdrängt, oftmals verhärtet sind, kann auf kognitiver Ebene von den Erkrankten nicht mehr geleistet werden. Angehörige berichten immer wieder davon, dass unausgesprochene Themen die Atmosphäre der (Pflege) Beziehung negativ färbt und ihnen im Alltag viel Energie abverlangt. In Selbsthilfegruppen berichten Angehörige davon, dass die Betroffenen klare Momente erleben und dann orientierte Gedanken äußern. Wenn Anforderungen an sie gestellt werden, sie z.B. nach einem Spaziergang zurück in das Pflegeheim oder in ihr häusliches Umfeld gebracht werden, tauchen sie erneut ab in ein Meer des Vergessens. Oftmals fragen sich die Angehörigen ob das Vergessen eine Schutzfunktion ist, um die im demenziellen Prozess unerträgliche einsame Situation zu ertragen. Angehörige erhalten in einer vertrauten Gruppe, durch die Begegnung mit Gleichgesinnten, die ähnliches Leid erleben, Antworten auf z.B. folgende Fragen: „ Was erlebe ich in verwirrten Momenten meiner Eltern bzw. meines Ehepartners ? ”,” Was kann ich an mir und dem Erkrankten Neues und Altbekanntes entdecken ?”, “ Wie kann ich Quälendes aus der Vergangenheit loslassen und befriedigend bewältigen ?”

Dr. Elisabeth Höwler, Altenpflegerin, Dipl. - Pflegepädagogin, Pflegewissenschaftlerin

Seite 12

2. Sinn und Zweck der Biografie

Angehörige müssen dafür sensibilisiert werden, aus welchen Gründen die Biografie, besonders kritische Lebensthemen und erlittene Traumatisierungen für einen strategischen interaktiven Umgang, z.B. beim herausforderndem Verhalten, von Bedeutung ist. Die Durchführung von Verhaltensanalysen, Ursachenanalysen, Bedürfnisanalysen sowie schriftlichen Umgangsempfehlungen sind mit professionellen Pflegediensten einzuüben. Pflegeziele zum erwünschten Verhalten und zum interaktiven bedürfnisgerechten tagesstrukturierten Umgang sind nicht nur verrichtungsorientiert formuliert, sondern liegen mehr auf der psychosozialen Ebene und berücksichtigen vorwiegend den biografischen Hintergrund eines Erkrankten.

Hilfsangebote in der KommuneEs gibt in Deutschland vielzählige Projekte von Hilfen für pflegende Angehörige. Mittlerweile wurden in den vergangenen Jahren zehn Mehrgenerationenhäuser in Ost- und Westdeutschland von der Deutschen Alzheimer Stiftung ausgewählt und ausgezeichnet. Neun von den Projekt-Häusern befinden sich in den westlichen Bundesländern. Derzeitig wird nur ein Haus im Bundesland Sachsen, in Radebeul,

geführt. Diese Projekte werden von der Robert Bosch-Stiftung finanziell mit gefördert. Mehrgenerationenhäuser bilden eine Plattform für pflegende Angehörige und ehrenamtliche Helfer und ein Netzwerk in der Gemeinde. In den Häusern arbeiten Ehrenamtliche und Professionelle gemeinsam für die Demenzproblematik in der Kommune. In Radebeul sind im Familienzentrum unter einem Dach vereint: Schülerhilfe, offenes Café, Angehörigenberatung, Selbsthilfe-gruppe für pflegende Angehörige, Fortbildungsangebote.

Im Familienzentrum in Radebeul werden Seniorenbegleiter im niedrigschwelligen Bereich, nach § 45c SGBXI mit einem Stundenumfang von 80 Unterrichtseinheiten, ausgebildet. Seniorenbegleiter betreuen im häuslichen Bereich die Betroffenen und entlasten die pflegenden Angehörigen. Ein weiteres Unterstützungsangebot im Zentrum sind Pflegebegleiter. Sie helfen im Rahmen von Enpowerment und sind persönliche Ansprechpartner für die pflegenden Angehörigen bei häuslichen Problemen. Pflegebegleiter sind für die Demenzproblematik sensibilisiert und organisieren im Sinne von Brückenbauern geeignete Entlastungsmöglichkeiten. Auf diesem Weg wird versucht die Pflege der Erkrankten im häuslichen Bereich möglichst lange aufrechtzuerhalten.

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Literatur

Boerger, A. Pickartz, A. (2001): Bewältigungsstrategien bei pflegenden Angehörigen. In: Report Psychologie, Vol. 26, Seite 4. Höwler, E. (2007): Interaktionen zwischen Pflegenden und

Personen mit Demenz. Ein pflegedidaktisches Konzept für Ausbildung und Praxis, Kohlhammer Verlag Stuttgart. Höwler, E. (2008): Herausforderndes Verhalten bei Menschen

mit Demenz. Erleben und Strategien Pflegender, Kohlhammer Verlag, Stuttgart. Höwler, E. (2011): Biografie und Demenz. Grundlagen und

Konsequenzen im Umgang mit herausforderndem Verhalten, Kohlhammer Verlag, Stuttgart. Höwler, E. (2012): Gerontopsychiatrische Pflege. Lehr- und

Arbeitsbuch für die geriatrische Pflege. Brigitte Kunz Verlag, Hannover. Höwler, E. (2012) : Auslöser erkennen. Gerontopsychiatrie.

Altenpflege Titelthema. In: Altenpflege, Vincentz-Verlag Hannover, Heft 8, Seite 23-27, 2012. http://demenzfreundliche-kommunen.de

Autorenkontakt:Dr. rer. cur. Elisabeth Höwler Altenpflegerin, Dipl.-Pflegepädagogin, Pflegewissenschaftlerinelisabethhoewler@yahoo.dewww.gerontopsychiatrie-net.de

Pflegebegleiter ersetzen nicht die professionelle Pflege durch ambulante Pflegedienste.Pflegebegleiter werden mit einem Umfang von 60 Stunden geschult in: wertschätzender Haltung gegenüber den betroffenen Familien, demenzspezifischem Wissen, psychologisches Basiswissen sowie Kennenlernen von Unterstützungsangeboten in der Region.

FazitDie gelebte Vielfalt in den Schulungsmaßnahmen durch regelmäßigen Praxisaustausch und Supervisionen ist genauso wichtig, wie das aktive Leben mit dem Erkrankten in der Gemeinde, damit sich die Betroffenen und ihre Angehörigen gleichermaßen wohl- und wertgeschätzt fühlen. Wenn pflegende Angehörige präventive Angebote in Anspruch nehmen, werden sie für sich selbst mehr Lebensqualität gewinnen können. Nur psychisch gesunde und motivierte Angehörige können den erhöhten Anforderungen der Pflege standhalten und bei den Erkrankten auf lange Sicht eine gute Versorgungsqualität umsetzen. Pflegende Angehörige leisten „ symbolische Sorgearbeit “ für die Erkrankten, indem sie die mit den Bedeutungen ihrer Lebenswelt, ihrer Normen, Werte sowie Gewohnheiten vertraut sind. Sie kennen Rituale der Selbstpflege aus gesunden Tagen und können Abneigungen bzw. Vorlieben in der Pflege berücksichtigen. Damit ist gewährleistet, dass der demenzielle Prozess langsamer fortschreitet.

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Oft gehen wir das Thema Demenz auf negative und stigmatisierende Weise an. Wie viele Perso-nen, die ihnen nahe stehen, erzählen Ihnen von einem Fall, von der Erfahrung einer betroffenen Person. Und häufig fällt auch das Wort Problem. Auch wenn ein Zusammentreffen der Prob-leme bei der Betreuung von Demenzkranken und der neuen Technologien vielversprechend klingt, so können doch Abkürzungen, Ver-wechslungen und Vergessen die tatsächlichen Herausforderungen der gegenwärtigen Tech-nologien außer Acht lassen.Es erscheint uns daher wichtig die Entwicklung der neuen Technologien im häuslichen Umfeld aus drei Blickwinkeln zu betrachten : 1. Die bestehenden, bekannten und im Handel erhältli- chen Produkte Ein Beispiel hierfür ist sicherlich das „ Telealarm “-System das vor rund 22 Jahren in Luxemburg eingeführt wurde.Diese erste Ära betraf insbesondere die Sicherheit. Die Person betätigt einen Teleüberwachungsknopf und wird mit einer

Rufzentrale verbunden. Das System ist zuverlässig, jedoch auf den Innenbereich begrenzt und von der Fähigkeit der Person, den Notruf auszulösen, abhängig. Zu diesem Basisgerät kommen nach und nach weitere Funktionen hinzu und außer der Sicherheit werden vorbeugende Funktionen relevanter. Seit zwei Jahren funktionieren die Rufsysteme auch außerhalb des häuslichen Umfelds, die Person bewegt sich in einer bestimmten Umgebung und kann jederzeit mit der Zentrale in Verbindung treten ( Help24 ).

2. Die Funktionalitäten und Entwicklungen im Ein- führungsstadium ( Haussysteme, intelligentes Haus usw. )Seit einiger Zeit nehmen die Haussysteme einen immer größeren Platz ein. Die bekanntesten Beispiele sind die Fernsteuerung der Heizung und die Öffnung der Fensterläden. Zusätzlich zu einem größeren Komfort für die Bewohner, ermöglichen Haussysteme eine bessere Verwaltung der Energiekosten. Die Pfleger werden diese Technologie dank der Fernsteuerungsfunktion in Zukunft vermehrt einsetzen. Diese Technologien werden vermehrt auch in der Betreuung von Demenzpatienten zum Einsatz kommen und dazu beitragen, dass offene Türen, eingeschaltete Herdplatten oder Medikamente usw. nicht vergessen werden.

3. Aussichten und Überlegungen zu den neusten techno- logischen EntwicklungenIn Zukunft wird die Bedeutung von Nanotechnologien1 und Biotechnologien2 ohne Zweifel zunehmen. Auch ihr Zweck ist es das Leben des Menschen zu vereinfachen und Lösungen, bzw. Gegenmittel für zahlreiche Probleme, die sich uns heute stellen, zu finden: Ursachen für Demenzerkrankungen, Mittel, um die Auswirkungen der Krankheit zu minimieren, oder sogar Heilungswege für die kommenden Generationen zu finden.

Lösungsansätze

Technologien im häuslichen Umfeld :Unterstützung für die pflegenden Familienangehörigen

1 Nanotechnologien vereinen Gestaltung, Merkmale,

Produktion und Anwendung von Strukturen und Systemen

in Größe und Form auf kleinster Ebene. Nanotechnologien

kommen in zahlreichen Gebieten der Wissenschaft zum

Einsatz, so z.B. Chemie, Mechanik oder auch noch Biologie.

2 Der Gesundheitsbereich wendet sich vermehrt den

Biotechnologien zu mit dem Ziel die Beschaffenheit von

Organismen zu verstehen, um so Gegenmittel für zahlreiche

Krankheiten zu finden, zu testen und zu produzieren (z.B.

Impfstoffe, Zell- und Gentherapie).

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Es ist wichtig die Probleme im häuslichen Umfeld mit dem Patienten, seinen Ange-hörigen, dem Arzt, sowie dem Pflegepersonal zu besprechen, um dem Patienten bestmöglich zu helfen. Das Gespräch, die Bewertung und die Koordinierung sind grundlegend, um die Lösungen an die individuellen Bedürfnisse der dementen Person anzupassen. Die Auswahl der eingesetzten Mittel ist entsprechend dem Verlauf des Gesundheitszustandes des Betroffenen wiederholt anzupassen.Der Demenzkranke bevorzugt ein Leben in seinem gewohnten Umfeld, muss aber notwendigerweise vermehrt in seinem Alltag betreut werden. Es wird für ihn zunehmend schwieriger soziale Aktivitäten zu planen und sich an die entsprechenden Aktivitäten zu erinnern.

Hier kann ein intelligentes Zuhause durchaus helfen :Um nur ein Beispiel zu geben :Das intelligente Zuhause nimmt die Handlungen des Bewohners wahr und untersucht die Übereinstimmung zwischen den unternommenen und den auszuführenden Handlungen. Diese Unterstützung kann Risiken vorbeugen ( wie Stürze, Wasserschäden oder Feuer ), kann aber auch die Person in den alltäglichen Handgriffen unterstützen.

Hier einige Beispiele : Die Person kommt nach einem Spaziergang nach Hause.

Eine Stimme sagt ihr, dass die Schlüssel auf der Tür stecken geblieben sind und diese nicht zu ist. Die Kochplatte ist nicht abgeschaltet Nach 5 Minuten infor-

miert eine Stimme die Person, dass die Kochplatte noch immer an ist. Geolokalisation, die es ermöglicht eine verirrte Person zu

orten.

Ziel ist es in jedem Fall die Autonomie der betroffenen Personen zu begünstigen, die Kommunikation zwischen den Personen zu unterstützen und soziale Interaktion zu wahren und nicht den menschlichen Kontakt durch Roboter zu ersetzen.Die angestellten Überlegungen sollten die Besonderheiten

von Demenzerkrankungen berücksichtigen und sich nicht auf eine „ Krankheit des Alters “ reduzieren. Zum Schluss dieses Artikels möchten wir noch auf die Problematik des Privatlebens eingehen : Im Rahmen der Geolokalisierung sowie im Bereich der Haussysteme und des intelligenten Zuhauses, das Informationen weiterleitet ( Aktivität, Bewegung ) um den Patienten zu unterstützen, werden folgende Fragen aufgeworfen: Wer erhält diese Informationen, welche Auswirkungen hat das auf die betroffene Person, hat dies eine problematische Wirkung auf ihr Privatleben ?

Es scheint dass sich diese Fragen, auch wenn sie von unterschiedlicher Art sind, mit der Entwicklung und der Verfügbarkeit der Technologien verändern.

Help24 – An die Bedürfnisse von dementenPersonen angepasste Lösungen

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November 22. November - 14.30 : Kino mat Härz a mat Kaffi.

„ Perl oder Pica “. Die Jugend in den 60er Jahren in Esch : eine ergreifende und poetische Chronik aus dem Leben des Norbi Welscheid. Nach einem Roman von Jhemp Hoscheit. Preis pro Person : 8,50 e. Cinémathèque ( Luxemburg-Stadt ).

29. November - 14.30 : Kino mat Häerz a mat Kaffi. „ Perl oder Pica “. Preis pro Person : 8,50 e. Cinémathèque Cloche d’Or ( Zugänglich für Personen mit eingeschränkter Mobilität ).

Dezember 4.-5. Dezember : 2-Tägiger Aufenthalt zum

Weihnachtsmarkt in Maastricht. Hôtel NH. Abfahrt am 4. Dezember 8 Uhr, Ankunft am 5. Dezember gegen 20 Uhr in Luxemburg. Preis pro Person : 235 e. Preiszuschlag für Einzelzimmer : 35 .. Halbpension, Service und Gebühren, Reiseversicherung, sowie Betreuung sind im Preis inbegriffen.

13. Dezember - 14.00 - 17.00 : Kino a Kaffi. „ Les Intouchables ”. Sondervorstellung am Nachmittag im historischen Rahmen der Kulturfabrik in Esch. Preis pro Person : 8,50 e. Anschließend an den Film gibt es Kaffee und Kuchen im Literaturcafe „Ratelach“. Kinosch / Kulturfabrik, route de Luxembourg à Esch / Alzette.

20. Dezember - 14.30 : Kino mat Härz a mat Kaffi. „ Rendez-vous nach Ladenschluss ”. Ein Weihnachtsklassiker mit Witz, Romantik und dem Traumpaar Sullavan & Stewart. Preis pro Person : 8,50 e. Cinémathèque ( Luxemburg-Stadt ).

24.-27. Dezember : 4-Tägiger Aufenthalt über die Weihnachtsfeiertage. „ Victor’s Residenz-Hotel Schloss Berg ”, Perl-Nennig an der Mosel ( Deutschland ). Abfahrt am 24. Dezember gegen 11 Uhr, Ankunft am 27. Dezember gegen 16 Uhr in Luxemburg. Preis pro Person : 845 e. Einzelzimmerzuschlag : 135 .. Im Preis inbegriffen sind : 3 Nächte in Halbpension, ein Weihnachtsgeschenk, Weihnachtsessen im Restaurant „ Bacchus “, die Abendessen am 24., 25. und 27., sowie der Brunch am 26., Service und Gebühren, die häusliche Pflege, die Reiseversicherung und die Betreuung sind im Preis inbegriffen.

Für weitere Informationen zu unseren Ausflügen und Freizeitaktivitäten oder um Ihre Teilnahme an einer unserer Freizeitaktivitäten zu bestätigen, kontaktieren Sie uns über unsere Helpline HELP 26 70 26.

Auslandsreisen, Ausflüge und Freizeitaktivitäten November - Dezember 2012

Wichtig : Änderungen der Zeiträume und Aufenthaltsorte in Folge nichtvorhersehbarer Umstände sind vorbehalten.