Campbericht Wangen Hanna Sommer
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Transcript of Campbericht Wangen Hanna Sommer
Wangen 24.08. – 07.09.2013
„Wenn ihr mich wählt, wird Mini-Wangen ein Kino mit gratis Popcorn bekommen….“ Schon
am zweiten Arbeitstag ging der Wahlkampf um die Stelle des Bürgermeisters in ‚Mini-
Wangen‘ los. Wangen – eine hübsches Städtchen im schönen Allgäu, das für unsere
Workcamp-Gruppe zwei Wochen Heimat sein sollte und wurde. Mini-Wangen – die
Miniaturausgabe der Stadt, die im Rahmen einer Ferienfreizeit mit rund 40 Kindern auf dem
Gelände des Jugendhauses nachgespielt und durch uns Workcampler unterstützt wurde. Fünf
städtische Bereiche standen zur Verfügung, auf die sich Kinder und Betreuer aufteilen
konnten: Küche, Bauhof, Schmückerei, Gemeindeverwaltung und Zirkus. Im Laufe der
Woche entstanden noch eine Post, eine Pressestelle, ein Frisörsalon und eine Polizei. „Antrag
von Post an Verwaltung: Wir benötigen dringend einen Briefkasten.“ „Verwaltung an Bauhof:
Bitte einen Briefkasten anfertigen für die Poststelle.“ Aufträge, Anträge, Produktion – so geht
es auch in einer richtigen Stadt zu. Mitte der Woche wurden die Oberhäupter von Mini-
Wangen gender-gerecht gewählt: Drei Kinder hatten eine Bürgermeister- bzw.
Bürgermeisterin-Kandidatur eingereicht, betrieben Wahlkampf und stellten sich schließlich
dem Urteil der Bevölkerung. Sogar der echte Wangener Bürgermeister ließ sich das Spektakel
nicht entgehen, überbrachte dem frisch gewählten Bürgermeister und der frisch gewählten
Bürgermeisterin die besten Wünsche und begrüßte mit Interesse auch unsere internationale
Truppe. Diese erste Woche war spannend und voller Überraschungen, die zweite Woche
allerdings war das Highlight!
„Oh Burgfräulein, Ihr holdes Antlitz raubt mir den Verstand….möge ich mit dem folgenden
Schwertkampf auch Ihre Gunst gewinnen…“ Eine Woche im Mittelalter verbringen - der
Traum eines jeden Kindes (und Erwachsenen) - wurde für unsere Workcamp-Gruppe in der
zweiten Woche wahr. Gewandet als edle Ritter und feine Burgdamen unterstützen wir knapp
eine Woche erneut das Jugendhaus Wangen, das erstmalig eine Ferienfreizeit mit dem Thema
Mittelalter für 30 Kinder zwischen 6 und 12 Jahren ausrichtete. Um den mittelalterlichen
Charakter zu verstärken, fand die Ferienfreizeit zu Füßen einer Burgruine aus dem 13.
Jahrhundert (Ortschaft Neuravensburg) statt. Das Thema Mittelalter bot unendlich viele
Möglichkeiten, sich kreativ und spielerisch auszutoben. In der mittelalterlichen
Schreinerwerkstatt wurden Schwerter, Schilder und Laternen angefertigt. Die Schmückerei
kreierte fleißig Gewänder - mit bunten Taschen benäht -, Lederbeutel für die Gulden der
tapferen Gefolgschaft, geflochtene Haarbänder für die schönen Burgfräulein und Orden für
die furchtlosen Ritter. Uns Betreuern stand dabei – wie auch in der ersten Woche – ein großer
Spielraum zur Verfügung, den wir selbstständig mit Ideen füllen konnten. An Materialien zur
bunten Gestaltung mangelte es dabei nicht; ein paar mehr Ideen und Anleitungen von Seiten
der Betreiber des Jugendhauses wären für uns Workcampler aber manchmal hilfreich
gewesen. Jeden Mittag rief Ritter Jörg das Volk zum offenen Feuer. Es gab deftigen Eintopf
oder über der Glut gegartes Stockbrot. An zwei Tagen bekamen wir Besuch von Kleiner
Onkel und Dixi, zwei Pferden, die die Prinzessinnen entlang der Burgruine trugen. Außerdem
organisierten wir Ritterspiele, inklusive Hufeisenweitwurf und Bogenschießen, sowie ein
Burgfest mit Tanz und Schau-Schwertkampf, zu dem Familie und Freunde eingeladen waren.
Das Thema Mittelalter ließ uns auch in der Freizeit nicht los. An einem Wochenende
besuchten wir Schloss Neuschwanstein, das zwar aus dem 19. Jahrhundert stammt, aber dem
Sinnbild einer Ritterburg nachempfunden ist. Wir bewunderten die filigranen Türmchen, die
pompöse Innenausstattung und die spektakuläre Landschaft, in die das Schloss eingebettet
liegt. Freundlicherweise hatten wir ab dem ersten Wochenende vom Jugendhaus ein Auto und
für das besagte Wochenende von der Gemeinde zwei weitere Autos zur Verfügung gestellt
bekommen. Diese Flexibilität nutzen wir und unternahmen neben dem Ausflug zum Schloss
Neuschwanstein noch einen nach Immenstadt zu Deutschlands längster Sommerrodelbahn.
Doch nicht nur Autos standen uns zur Verfügung: Im Klösterle - unserer Unterkunft in
Wangen - gab es fünf Fahrräder, die wir nutzen konnten und über Frau Braun von der
Gemeinde bekamen wir fünf weitere Fahrräder vom Bauhof gestellt. Da uns das Wetter gut
gesonnen war, unternahmen wir am ersten Samstag eine Fahrradtour nach Lindau an den
Bodensee. Die Strecke führte durch eine herrliche Landschaft - fast durchgehend bergab.
Schließlich tat sich der glitzernde See vor uns auf. Auf der Insel Lindau angekommen ließen
wir uns erst mal die Sonne auf den Bauch scheinen, einige gingen im See schwimmen, andere
machten später noch einen Ausflug mit der Fähre nach Bregenz (Österreich) und fuhren mit
der Gondel hoch auf den Pfänder – den Hausberg, von wo aus sich ein phantastischer Blick
über Bodensee und Alpen eröffnet. Von den Betreibern des Jugendhauses hatten wir erfahren,
dass abends ein kleines Oktoberfest in Lindau stattfand. Einige Feierwütige aus unserer
Truppe stürmten das Fest und fielen prompt auf: Wir waren die einzigen ohne Lederhosen
und Dirndl. Aber kein Problem, die meisten Lieder konnten wir mitsingen und das Bier
schmeckte sowieso. Zurück ging‘s mit der letzten Bahn nach Wangen.
Auch unter der Woche waren wir aktiv. Ab 14 Uhr hatten wir Freizeit und unternahmen je
nach Lust und Laune der Gruppe kleinere Radtouren, bummelten durch die Stadt, fuhren zum
Röhrenmoos-Weiher oder ins Freibad, um eine Runde zu schwimmen, stiegen auf den
Aussichtspunkt Bergerhöhe oder blieben einfach zu Hause zum Kartenspielen, Filme schauen
oder um die Heimatländer einiger Teilnehmer kulinarisch und kulturell besser
kennenzulernen. Unsere Unterbringung im Klösterle war optimal und bot alles Erdenkliche,
um nicht mal die Idee einer Langeweile aufkommen zu lassen. Es gab einen Kicker, eine
Tischtennisplatte, Federballschläger, eine umfangreiche CD- und DVD-Sammlung und
Bruder Bernhard, unser Ansprechpartner im Klösterle, stellte uns Leinwand und Beamer zur
Verfügung.
Die 15 Tage vergingen wie im Fluge und als wir am Ende gemeinsam die Fotos der
vergangenen Wochen bestaunten und am nächsten Tag der Abschied bevorstand, wurde allen
bewusst, wie viel wir in dieser kurzen Zeit erlebt haben und wie eng unsere Gruppe
zusammengewachsen war.
Insgesamt war es ein Workcamp, wie ich es mir als ‚Anfänger-Workcamp-Leiterin‘ nicht
besser hätte träumen lassen können. Die Gruppe war super! Alle waren umgänglich,
hilfsbereit, offen und einfach sehr nett. Es gab kaum Grüppchenbildung, so dass wir die
meisten Ausflüge und Aktivitäten in der großen Gruppe unternahmen. Irina, meine Co-
Campleiterin, und ich besprachen und beschlossen alle Ausflüge mit der Gruppe gemeinsam.
Jeder konnte Ideen einbringen und Wünsche äußern. Der Kontakt zum Jugendhaus war dabei
besonders hilfreich, da wir uns etliche Tipps für Ausflüge einholen konnten und die Autos
gestellt bekamen. Alle Mitarbeiter waren durchgehend nett und hilfsbereit. Einige
Campteilnehmer hätten sich allerdings noch mehr Kontakt, vor allem zu den jüngeren
Mitarbeitern des Jugendhauses gewünscht. Dieser blieb ausschließlich auf die Arbeitszeit
beschränkt. Zum Glück traten keine schwerwiegenden Probleme auf. Zwei Rückfahrten (von
Lindau und von Schloss Neuschwanstein zurück) hätten Irina und ich aber besser planen
müssen, so dass uns einige Umwege erspart geblieben wären. Finanziell kamen wir so gut
zurecht, dass wir am Ende sogar die Fahrtkosten für einen Diskobesuch in Ravensburg
übernehmen und jedem Teilnehmer einen USB-Stick mit den schönsten Fotos schenken
konnten.
Noch einen Tipp für zukünftige Campleiter in Wangen: Geht mittwochs auf den Markt kurz
bevor dieser schließt (gegen 13 Uhr), erklärt kurz was ihr macht (IBG, Jugendhaus) und
fragt, ob ihr einige der übriggebliebenen Lebensmittel für kleines Geld bekommt. Das meiste
wird euch geschenkt! Unser Bollerwagen war bis oben hin voll beladen mit Tomaten,
Bananen, Ananas, Melonen…. – for freeeeee !
Gez. Hanna Freifrau von und zu Großleuten