Campus Delicti #335

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Campus Delicti Nr. 335 || 14. Oktober 2010 Die Wochenzeitung für Studierende der HHU Infiziert: Wir lieben sie - wir hassen sie: Soziale Netzwerke 4 Provoziert: Der Anchorman des Campus Channel im Porträt 7 Das angebliche Riesenloch Fehlen dem AStA wirklich 100.000 Euro? 16

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Die Wochenzeitung für Studierende der HHU

Infiziert: Wir lieben sie - wir hassen sie: Soziale Netzwerke 4

Provoziert: Der Anchorman des Campus Channel im Porträt 7

Das angebliche RiesenlochFehlen dem AStA wirklich 100.000 Euro? 16

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2 | Campus Delicti

Feature: The Social Network

Facebook wird zum Epos. Oder: Wie Zuckerberg abgefeiert wird . . . . . . . . 4

Der den Nerd macht: Im Gespräch mit Jesse Eisenberg, Hauptdarsteller von „The Social Network“ . 5

Dislike. Gibt‘s nicht. Mein Leben mit Facebook . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Universitäres

Köpfe: Der Anchorman – Jan Schönrock im Portrait . . . . . . . . . . . . . . . 7

Mein erstes Mal: Das harte Leben eines Erstis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Direkter geht‘s nicht. Wenn die U79 noch öfter führe, wären wir vollauf zufrieden . . . . . . . . . . . 9

Was hast du so in den Ferien getrieben? Eine Umfrage.. . . . . . . . . . . . . .11

Campusgeflüster. Der neueste Tratsch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Und sonst? Rattenplage an der Mensa, Mensa-Karten gibt‘s nicht mehr . . . 13

Hochschupolitik

Angerempelt: Die Referenten im Kurzportrait . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

Das angebliche Riesenloch. Zu den Vorwürfen der Opposition, der AStA arbeite intransparent. 100.000 Euro sollen fehlen . . . . . . . . . . 16

Ist der Brand bereits gelöscht? Ein Jahr nach der Hörsaalbesetzung, wie viele Versprechungen wurden eingehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Studieren Fernost: Mit dem Trabi nach Leipzig . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Politik

Serie Ost-West: Der andere Blick Mauerkinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Deep Tweet. Wenn sich investigative Journalisten von gefakten Twitter-Accounts hinter‘s Licht führen lassen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Umgeschaut: Das war‘s. Der Wochenrückblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Kultur

Sophias Welt: Die Bibel nach Biff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

„Musik gehört zu meinem Leben“: Im Gespräch mit Leiter des Uni-Orchester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Campus-Kino: Gruppenkuscheln im Dunkeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Lebensraum Universität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Eine Stimme aus dem Unichor. Im Gespräch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Putsch in Ecuador: HHU-Studierende vor Ort . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Filme von A-Z: Annie Hall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

Veranstaltungstipps + Leckerbissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Impressum

Campus DelictiDie Wochenzeitung für die HHU

Redaktion: Laura Diaz (Universitäres), Jacqueline Goebel (Politik), Selina Marx (Hochschulpolitik), Fabian Kurmann, Sophia Sotke (beide: Kultur), Timo Steppat (ViSdP)

Mitarbeit: Dennis Canaki, Nina Szynsky

Layout: Regina Mennicken

Verantwortlich: Timo Steppat

Titel:Sabine Holzke / pixelio.de

Druck: Universitätsdruckerei

Auflage:

1.500

Kontakt: AStA der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Universitätsstraße 1Mail: [email protected]: 0211 - 8113172

Campus Delicti erscheint wöchentlich an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und wird jeden Donnerstag kostenlos verteilt.

Ankündigungen für Veranstaltungen sind bis Sonntag, 24 Uhr einzureichen.

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Campus Delicti | 3

Alles neuLieber Campus!

Wir sind wieder da, Campus Delicti. Neues Semester, neues Team, neues Konzept, neues Design. Und natürlich ist unsere größte Hoffnung, dass ihr zufrieden seid. Vielleicht sogar ein bisschen mehr als im letzten Jahr. Wir wollen den Neuanfang für die gute „alte Tante“ Campus Delicti. Wir wollen, dass sie wieder mehr Studierende in die Hand nehmen und nicht bloß die Rätsel lösen (übrigens ab sofort abgeschafft), dass die Wochenzeitung an der HHU wieder näher bei den Studierenden ist, mehr über den Campus berichtet, dass die Beiträge relevanter und die Berichterstattung objektiver und listenunabhängig ist. Und ja, das ist ziemlich großkotzig.

Keiner von uns gehört einer Partei oder einer der hochschulpolitischen Listen an. Uns ist unabhängige Berichterstattung wichtig und wir verstehen uns nicht als AStA- Zeitung. Das klingt fast ein bisschen bigott. Der Druck wird aus den Mitteln des AStA finanziert, wir arbeiten im Büro des „Pressereferats“ und wir alle sind eingestellt

worden vom derzeitigen AStA-Vorstand. Allerdings machen wir das hier, weil man uns absolute Unabhängigkeit zugesichert hat. Außerdem sind wir als Campus Delicti-Redaktion nicht mehr für die Öffentlichkeitsarbeit des AStA zuständig. Das muss niemand einfach ohne Weiteres glauben und wir verlangen auch keine Vorschuss-lorbeeren. Die nächsten Wochen werden zeigen, wie sich Campus Delicti entwickelt und ob ihr uns trauen könnt.

Wir hatten sechs Tage, um diese Ausgabe aus dem Boden zu stampfen - man-chem interessanten Thema konnten wir aus Zeitgründen nicht nachgehen. Deshalb beschäftigen wir uns auch erst in der nächsten Ausgabe intensiv (und so richtig) mit der neuen AStA-Koalition, dem ziemlich schwammigen Koalitionsvertrag und unter-halten uns mit der Opposition. Anders war das bei den 100.000 Euro, die dem AStA angeblich fehlen. Eine offizielle Stellungnahme gab es bis zum Redaktionsschluss

nicht. Die Vorwürfe von LiSt und Jusos lest ihr ab Seite 16. Im neuen Feature, das auch Platz für längere Geschichten bieten soll, wollten wir uns eigentlich einem wich-tigen Unithema widmen, dem neuen Oeconomicum. Es fehlte uns die Zeit. Stattdes-sen beschäftigen wir uns mit Facebook. Kein direktes Campus-Thema, richtig. Aber Christoph Heinrichs, seit wenigen Tagen Student in Düsseldorf, bot uns ein Interview mit dem Hauptdarsteller des Films „The Social Network“ an (ab Seite 4). Da konnten wir einfach nicht nein sagen.

Schönes Wochenende!

Timo Steppat

Die Gesichter hinter der Campus Delicti (Bild: Timo Steppat)

hintere Reihe, von links nach rechts:

Dennis Canaki, Timo Steppat, Fabian Kurmann

vordere Reihe von links nach rechts:

Nina Szynalski, Sophia Sotke, Selina Marx, Jacqueline Goe-

bel, Laura Diazliegend:

Regina Mennicken

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4 | Campus Delicti4 | Campus Delicti

ThemaHarvard-Student Marc Zu-

ckerberg erfindet Facebook

und gerät wenig später deswe-gen in einen großen Rechts-streit. Darum geht es in dem neuen Film „The social net-work“. Der Computer-Nerd Zuckerberg baut eine Web-site für Harvard Studenten, auf der sie Profile und Freun-deslisten anlegen können - er nennt das ganze „The Face-book“. Das Projekt wächst rasch, Zuckerberg schaltet es für viele amerikanische Unis frei, später auch für europä-ische. Napster-Gründer Sean Parker -übrigens gespielt von Popstar Justin Timberlake- schaltet sich ein. Gemeinsam mit Zuckerberg gründet er in Kalifornien das facebook-Un-ternehmen. Mark Zuckerberg

Facebook wird zum Epos oder –

Wie Zuckerberg unreflektiert gefeiert wird

wird steinreich. Sein Kommi-litone Eduardo Severin, der an der Entstehung der sozi-alen Plattform beteiligt war, verklagt ihn daraufhin.

Zwei reiche Harvard-Kids, die behaupten, Zuckerberg habe ihre Idee gestohlen, tun das auch. Und das war´s eigentlich auch schon. Die Handlung des Films hangelt sich an den verschiedenen Gerichtsverhandlungen ent-lang, besteht aus Rückblen-den, erzählt von den jeweils befragten Zeugen. Dass der Film dadurch hin und wie-der die Perspektive wechselt, mal aus Zuckerbergs, mal aus Severins Perspektive erzählt wird, ist sein größter erfinde-rischer Kniff. Ansonsten ist der Zuschauer zu nichts an-

derem aufgefordert, als der höchst dramatischen, von Trent Reznors überflüssig

epochaler Musik begleiteten Handlung zu folgen. Es ge-lingt „Fight Club“-Regisseur David Fincher nicht, einen Spannungsbogen aufzubau-en. Denn jeder der Zuschau-er weiß, dass es Zuckerberg gelingen wird, aus facebook eine riesige Sache zu machen, die das komplette soziale Da-sein einer Generation verän-dert. Dieser Aspekt dagegen wird wenig thematisiert. Die Fragen nach Persönlichkeits-rechten, die lange diskutier-te Option aus facebook eine nichtkostenlose Plattform zu machen, der Aspekt der Überwachungsmaschinerie, die facebook mit seinem neu-

Das soziale Netzwerk: Facebook

en Feature „places“ anbietet und jedes andere kritische Thema, das wir in den letz-ten Jahren in den Medien verfolgt haben, wird links lie-gen gelassen. „The social net-work“ hätte ein Film werden können, der brisanten Fragen des 21. Jahrhunderts nach-geht; der eine Gesellschaft portraitiert, die ihr halbes Leben im Internet preisgibt.

Leider ist nicht mehr dar-aus geworden, als der Titel des dem Drehbuch zugrunde liegenden Buches von Ben Mezrich (“Die Gründung von Facebook – eine Geschichte über Sex, Geld, Freundschaft und Betrug“) verspricht. Dass Vanity-Fair schreibt „The so-cial network“ sei der Film, „der die Internet Generation definiert“, ist verwunderlich;

dass „Der Spiegel“ David Finchers Film mit „Der Pate“ gleichstellt, klingt nahezu ab-surd. Zugeben, „The social network“ kann mehr, als her-kömmliche Hollywood-Pro-duktionen. Es geht mal nicht um Mitdreißiger-Romanzen in Beverly Hills. Doch in Zeiten, in denen Filme wie „Inception“ auf den Leinwän-den zu sehen sind, steht „The social network“ nicht gut da.

Sophia Sotke

Wenn der Computer zum besten Freund wird – der spätere Milliardär bei der Arbeit

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ThemaMr. Eisenberg, Sie spielen Mark Zuckerberg, der in dem Film “The Social Net-work” teilweise nicht gerade gut wegkommt. Können Sie sich denn trotzdem mit ihm identifizieren?

Ja, absolut, ich mag Mark sehr. Es wäre auch unmög-lich, ihn zu verköpern, wenn man ihn selbst nicht sym-pathisch finden würde. Ich

glaube auch an seine Version der Story und denke nicht, dass er seinen besten Freund verraten hat. Meine Perspek-tive ist demnach total mit der Perspektive meines Charak-ters verschmolzen.

Hatten Sie denn die Mög-lichkeit, Mark persönlich zu treffen?

Leider nicht, ich hätte ihn sehr gerne mal getroffen. Aber auch so habe ich das Gefühl, mich ganz gut in ihn hineingedacht zu haben. Ich habe versucht, seine Mei-nung und seine Charakterzü-ge zu verstehen. Ich habe je-den Artikel über ihn gelesen, dutzende Videos mit ihm auf Youtube gesehen – ich habe sogar Fechtstunden genom-men, weil Mark passionierter Fechter ist.

Meinen Sie denn, dass er sich auch gut von ihnen darge-stellt gefühlt hat?

Mein Cousin arbeitet seit ei-ner Weile bei Facebook und Mark ist kürzlich zu ihm ge-gangen und hat ihm wohl gesagt, ich hätte das gut ge-macht.

Mehr hat er nicht gesagt?

Nein, das ist alles. (lacht)

Was ist Ihrer Meinung nach der besondere Reiz an die-sem Film?

Der Film handelt nicht unbe-dingt von Mark oder von Fa-

Hauptdarsteller im Interview:

Der den Nerd macht

cebook. Ich denke eher, dass dies ein Film darüber ist, wie der Erfolg einen Menschen verändern kann. Die Cha-raktere, allen voran natürlich Mark, sind total interessant. Und für mich war es eine sehr spannende Rolle, in die ich da hineinschlüpfte. Und ganz ehrlich: Wenn jemand nicht zufrieden ist, wie mein Charakter im Film agiert, dann schiebe ich einfach dem Autoren die Schuld zu. (lacht)

Im Film ist man manchmal etwas frustiert, weil man nicht in das Innere von Mark schauen kann und er nur we-nig von seinem Seelenleben nach außen zeigt. Wie sind Sie an diese verschlossene Rolle herangegangen?

Ich habe mir ihn genau ange-guckt und durch Gespräche mit seinen Bekannten in Erfahrung gebracht, wie er bei verschiedenen Gemüts-zuständen reagiert. Wenn er sich zum Beispiel unbehag-lich fühlt, igelt er sich entwe-der total ein, fährt runter und zeigt überhaupt keine Re-gung, oder er wird aggressiv und versucht, so schnippisch und arrogant wie möglich, seinen Gegenüber niederzu-machen. So macht er einen sehr unbeständigen Ein-druck auf die Zuschauer und man weiß nie so wirklich, woran man mit ihm ist. Mei-ne Mutter hat das ganz pas-send ausgedrückt, nachdem sie den Film sah. Sie meinte, man hätte manchmal das Be-dürfnis, Mark ins Gesicht zu schlagen und ihn direkt da-nach zu umarmen.

Was halten Sie persönlich ei-gentlich von Facebook?

Ich muss sagen, dass ich mei-ne Meinung gegenüber Face-book ein bisschen geändert

habe. Vor den Dreharbeiten hatte ich ehrlich gesagt eine eher zynische Einstellung – ‘das ist doch nur so etwas, wo die Jugendlichen wun-derbar ihre Zeit verschwen-den können’. Doch ich habe ein näheres Verständnis für den sozialen Nutzen von sol-chen Websites entdeckt und halte es für eine wundervolle Erfindung. Ich denke auch

nicht, dass Facebook nur so eine Modeerscheinung ist – das wird so schnell nicht wieder verschwinden. Ich hätte selbst auch definitv ein

Facebookprofil, wenn ich

nicht als Schauspieler in der Öffentlichkeit stehen würde. Da habe ich leider einfach keine Zeit für.

Dass Sie nun so in der Öffent-lichkeit stehen, muss ja auch etwas ganz Besonderes für Sie sein – denn bisher haben Sie eher in kleineren, unab-hängigen Produktionen mit-

gespielt. Jetzt handelt man Sie als den “besten Holly-wood-Nerd aller Zeiten”. Hat sich Ihr Leben verändert?

Nun ja, ich gebe seit Wo-chen jeden Tag nur noch In-terviews über meinen Film – das habe ich vorher nicht getan, insofern hat sich mein Leben also schon geändert. (lacht) Ich will aber jetzt auch nicht in irgendwelche Schubladen gesteckt werden, dieses Schubladendenken nervt irgendwie. Und wenn ich für die Darstellung des besten Nerds auf einer Büh-ne irgendeine Auszeichnung entgegennehmen muss, dann, nein danke. (lacht) Ich habe mich sehr gefreut, die Gelegenheit mit diesem Film bekommen zu haben und die Dreharbeiten haben sehr viel Spaß gemacht. Ich bin jetzt einfach gespannt, wie es wei-ter geht.

Das Gespräch führte Christoph Heinrichs

Jesse Eisenberg, geboren 1983, feiert mit

seiner Darstellung des Mark Zuckerberg im Film

“The Social Network” seinen internationalen Durchbruch. Bisher an

eher unabhängigen Filmprojekten wie “Der

Tintenfisch und der Wal”

sowie “Zombieland” be-teiligt, hat er nun erstmals

die Hauptrolle bei einem Hollywoodfilm und wird

von einigen Kinokritikern als Oscar-Favorit

gehandelt.

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6 | Campus Delicti6 | Campus Delicti

ThemaEs gab ein Leben vor Face-book. Und es war gar nicht so übel. Aber möchten wir heute ohne auskommen?

Bitte was? Ein Leben mit Facebook? Nun das ist doch jetzt wirklich übertrieben. Als könnte man mit einer Internetplattform in einer Art Beziehung stehen. Vor fünf Jahren hatte ich noch nicht einmal einen Account bei Facebook, ich war quasi Single. Wobei ich gestehen muss, dass ich im Laufe der Jahre schon Erfahrungen ge-sammelt habe, also rein vir-tuelle meine ich. Von der an-fänglichen Homepage, zum Blogging, hin zu Myspace um dann über SchülerVZ und StudiVZ doch bei Facebook zu landen. Es ist ja nicht so, als würde das Internet nicht genügend Möglichkeiten bie-ten. Aber süchtig, ich? Never ever. Und vor allem, bei was soll mir Facebook denn bitte-schön behilflich sein? Das ist

doch jetzt nur so ein Hype. Generell, wenn ich Social Networking höre, verdrehe ich die Augen. Wir sind uns doch einig, dass man nicht wirklich abhängig sein kann von so einer reinen Spaßsei-te. Und erst recht kann man mit Facebook in keiner Be-ziehung stehen, das klingt ja fast ein bisschen danach, als ersetze es meine Freunde. Außerdem, hat Facebook nun wirklich keinen Einfluss

auf meinen Alltag. Oder viel-leicht doch? Ich starte die Beobachtung. Mit mir im Selbstversuch.

Version Nummer 1Freitag. Der Wecker klin-

gelt, ich stehe auf und du-sche. Am Frühstückstisch

Dislike!? Gibt‘s nicht

starte ich den Laptop, um meine Mails zu checken. Nebenbei läuft der Kaffee. Während Outlook die vielen Spammails zieht, logge ich mich bei Facebook ein. Eine neue Nachricht von Sina, ob ich heute Lust hätte, auf die Party zu gehen. Ich antworte ihr und poste die Party di-rekt auf meiner Seite. Wäh-rend ich mein Brötchen esse, schreibe ich einen Kommili-tonen an, wo wir die Vorle-sung denn haben - 3A.

Ich mache mich auf dem Weg zum Bus. Pünktlich komme ich zur Vorlesung. Sofort finde ich meine

Freunde, da ich während der Busfahrt schon mit Sina ge-schrieben habe, sie soll mir einen Platz freihalten. Gut, dass ich Facebook auch auf dem Handy nutzen kann. Während der Dozent spricht und spricht und spricht, sur-fe ich ein bisschen und sehe, dass drei Bekannte auch auf der Party sind. Cool, denke ich mir. Nach der Vorlesung rede ich noch mit zwei an-deren Studenten wegen der Hausarbeit für nächste Wo-che. Ich frage den einen, ob wir bei Facebook befreundet sind. Er bejaht und wir ver-einbaren, dass nachher mal online zu klären. Das spart mir jetzt etwas Zeit. Zuhau-se angekommen, frage ich noch einmal bei Facebook, wer denn nun alles kommt und wo wir uns treffen. Nach einer guten halben Stunde haben alle meinen Beitrag kommentiert. Das Organi-satorische ist geklärt. In der Nacht komme ich von der Feier zurück - war richtig voll. Ja, weil voll viele den Termin geposted habe. Die Handynummer von dem schnuckeligen Typen, den

ich kennengelernt habe, ist verloren gegangen. Nicht schlimm, denke ich mir, den finde ich sicherlich bei Fa-cebook. Ich gehe zufrieden schlafen. Gefällt mir.

Version Nummer 2Freitag. Der Wecker klin-

gelt, ich stehe auf und dusche. Am Frühstückstisch starte ich den Laptop um meine Mails zu checken. Nebenbei läuft der Kaffee. Während Outlook die vielen Spam-mails zieht, schaue ich durch die Gegend und blättere in einer Zeitschrift. Langeweile. Meine Freundin Sina hat sich noch nicht bei mir gemeldet – obwohl wir doch heute auf die Party gehen wollten. Bis jetzt hatte ich noch keine Möglichkeiten, den anderen davon zu erzählen. Während ich mein Brötchen esse, fra-ge ich mich, wo wir wohl die Vorlesung haben. Ziemlich spät komme ich zur Vorle-sung und ich sehe auch kei-nen, den ich kenne. Mit Sina konnte ich mich noch nicht unterhalten - einen freigehal-tenen Platz gibt es deshalb auch nicht. Während der Do-zent spricht und spricht und spricht, denke ich an heute Abend, und frage mich, ob da irgendwer hinkommt. Blöd, wenn nicht. Nach der Vorle-sung rede ich noch mit zwei

anderen Studenten - wegen der Hausarbeit für nächste Woche. Das dauert. Wir ha-ben ja sonst keine Möglich-keit, uns zu unterhalten. Das kostet Zeit. Zuhause ange-kommen, telefoniere ich rum: Wer denn nun alles kommt und wo wir uns vorher tref-fen. Nach einer guten halben Stunde, habe noch immer nicht alle erreicht. Sagt der eine: neun, meint der ande-re: Lieber erst um zehn. Und ich bin für halb elf. In der Nacht komme ich von der Feier zurück – war ziemlich voll. Die Handynummer von dem schnuckeligen Typen, den ich kennengelernt habe, habe ich leider verloren. Was für ein Mist, denke ich mir, den treffe ich sicherlich nicht wieder. Ich gehe unglücklich zu Bett. Gefällt mir nicht

Laura Diaz

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UniversitäresJan Schönrock moderiert seit zehn Mo-naten die Campus News. Viele haben ihn dafür verrissen. In diesem Semes-ter geht es weiter – nur ganz anders.

„Nein, nein, nein, nein“, sagt Jan Schönrock. Er nimmt die Pfeife aus dem Mund. Verletzt hat es ihn nicht. Ob es ihn verändert hat? Nein. Er kann mit Kritik umgehen, sagt er, konstruk-tiv müsse sie nur sein. Gerade das war sie aber eigentlich nicht. Seit zehn Mo-naten ist er Regisseur, Moderator und Leiter der Campus News, einem Nach-richtenformat, das die Geschehnisse auf dem Campus abzubilden versucht. Während des Wahlkampfes für das Studierendenparlament hat jemand Plakate im AStA-Flur aufgehängt. Ein Fernseher mit einem großen Scheiß-haufen war da zu sehen, darunter: AStA-Channel. So hieß der Campus Channel anfangs, und die meisten nen-nen ihn noch immer so. Andere Namen sind „Juso-TV“ oder „Die große Jan Schönrock-Show“.

Die AnfängeIm Wintersemester 2009 gründete

der AStA das Multimedia-Referat. „Wir wollten die Studierendenschaft zeitge-mäß informieren“, erklärt Jan Schön-rock. „Man liest so viel im Studium. Viele haben dann einfach keine Lust mehr, Campus Delicti in die Hand zu nehmen, um sich zu informieren.“ Wer sich die Campus News anschaue, be-komme das Wichtigste mit. Ab Anfang Januar liefen diese Nachrichten alle 14 Tage. Insgesamt 36 Sendungen sind so entstanden. Zusätzlich ging einige Male der Campus-Talk auf Sendung. In diesem Format stellten sich beispiels-weise vor der SP-Wahl die hochschul-politischen Listen vor und diskutierten über ihre unterschiedlichen Zielset-zungen.

Jan Schönrock ist Mitglied der Jusos, „überzeugter Sozialdemokrat“, betont er. Als die Jusos gemeinsam mit Inter-nationaler Liste und Liberaler Hoch-schulgruppe eine Koalition bildeten, wurde er Referent, zuständig für Mul-timedia. Daher rührt der Vorwurf, das sei „Juso-TV“, was er mache. „Zweimal war eine Juso-Flagge im Bild. Als wir

über das Campus-Kino berichtet haben, war auch ein Logo der Fachschaftenlis-te im Bild“, rechtfertigt er sich. Wenn man sich die Sendungen anschaut, be-kommt man nicht den Eindruck, dass hier Propaganda gemacht wird. Wieso einige ihn so hart angegangen sind? „Neid könnte eines der Motive sein“, vermutet der Moderator.

Breaking-NewsEs ist Anfang Februar, eine der ers-

ten Sendungen. Auf einmal greift Jan Schönrock zur Seite. Beiläufi g sagt er:

„Ich bekomme gerade eine Eilmel-dung.“ Er macht das fast so gut wie Steffen Seibert oder Tom Burow, die noch kurz vorm Wetter über den Bruch der Regierungskoalition oder den Un-fall in einem weißrussischen Atom-kraftwerk berichten. Mehr Informati-onen gibt es in einer Sondersendung oder dem Nachtmagazin. Vielleicht müsste Jan etwas überraschter wirken, um die Meldung als Breaking News zu verkaufen. Eine Uni-Vollversammlung fi ndet statt, das war die Eilmeldung: Es

geht um die neuen Projekte des AStA und die angebliche Senkung der Stu-diengebühren. Es ist der Gestus einer großen Show. Seiner Show. Genauso, wie er gerne eine bestimmte Haltung einnimmt: Den linken Arm an das Pult gelegt, dreht er eine Schulter nach hin-ten, wie Peter Klöppel oder Klaus Kle-ber. Die beugen sich dann noch ein Stück vor. Möglichst locker sitzen. Wir

erklären Ihnen hier gerade die Welt. Einige Beiträge und Herangehens-

weisen sind am Anfang noch unbehol-fen und werden später immer besser. „Wir haben viel dazugelernt“, erklärt er. Jan würde die Moderation sofort je-mand anderes machen lassen. „Es will nur keiner“, beteuert er. All jene, die über seine Sendung witzeln, müssen sich fragen, ob sie es besser könnten. Wo hätten sie moderiert? Auf der grü-nen Wiese und nicht vor grauer Wand und großem Tisch? Wie hätten sie eine solche Sendung gestaltet - ohne große Erfahrung, zwei Mitarbeitern und we-nig Equipment? Sie hätten es wahr-scheinlich gar nicht versucht.

Er kann OppositionJan Schönrock ist inzwischen Mit-

glied des Studierendenparlaments. Er kann Opposition. Er verzieht das Ge-sicht, verdreht die Augen oder setzt dazu an, auf den Tisch zu hauen, wenn er merkt, dass die AStA-Koalition, sein Gegner, angreifbar ist. Aber ist das mit seiner Tätigkeit als Leiter der Cam-pus News vereinbar? Schließlich will er weitermachen: Moderieren, Regie führen und die Gesamtleitung haben. „Jeder Journalist hat eine Meinung. Es geht darum, trennen zu können“, erklärt er. Den Eindruck könne man außerdem nie verhindern. Und wenn über das StuPa berichtet wird? Dann will er so objektiv wie möglich sein. Re-ferent ist er übrigens nicht mehr. „Es

Gestatten:

Der Anchorman

Die Zeit im Nacken – bei der Arbeit (Bild: Timo Steppat)

Köpfe

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8 | Campus Delicti8 | Campus Delicti

Universitäres

Esther Irak ist 19 Jahre alt und studiert jetzt im ersten Semester Germanistik und Kommunikations- und Medien-wissenschaften. Sie hatte noch keine Vorkurse und geht in die erste Semes-terwoche, ohne zu wissen, was auf sie zukommt. Wir werden sie in ihrem ers-ten Jahr begleiten.

Wie stellst du dir das Uni-leben vor? „Ich stelle mir das Unileben sowohl gechillt (Freistunden, die ersten Se-mesterferien), als auch stressig (Haus-arbeiten, Klausurphase) oder sogar trist (von morgens bis abends in der Uni sein) vor, auch wenn es viele Par-ties und ähnliche Veranstaltungen gibt. Es sind dort zwar viel mehr Menschen auf einem Fleck, aber man kommt den meisten von ihnen nicht so schnell nahe, wie es in der Schule mehr oder weniger automatisch der Fall war. Im Durchschnitt muss man mehr lernen und hat weniger Freizeit. Im Vergleich zur Schule, obgleich der

Lernstoff natürlich viel mehr und ni-veauvoller ist. Das gibt dem Ganzen noch einen ,negativen Touch´ und da-für zahlt man (hoffentlich nicht mehr lange) auch noch Studiengebühren.“

Worauf freust du dich am meisten? „Ich freue mich darauf, neue Leute ken-nenzulernen und in den Freistunden meine Ruhe zu haben, den Stunden-plan auch ohne Hilfe zusammenstellen zu können, Klausuren zu bestehen und mein NRW-Ticket zu nutzen. Und ich freue mich sagen zu können: ,Ich stu-diere in Düsseldorf.´“

Glaubst du, die Uni wird ge-nau so einfach wie die Schule? „Ich glaube nicht, dass Uni leichter ist als Schule. Zum großen Teil fallen Fä-cher weg, die man in der Schule ha-ben musste, denn man spezialisiert sich überwiegend auf den Bereich, der einem liegt und der einem hof-fentlich auch Spaß macht. Dafür

muss man allerdings trotzdem lernen und das macht kaum jemand gerne. Und da der Stoff natürlich mehr und wahrscheinlich auch schwieriger, im Sinne von ,ausführlicher´ ist, wird das Lernen für Uni-Klausuren wahr-scheinlich auch mehr Zeit in An-spruch nehmen und letzten Endes schwieriger erscheinen, bzw. sein, als das Lernen und Leben in der Schule.“ Nina Szynalski

kommt für mich nicht in Frage, un-ter diesem AStA-Vorstand, der ohne jede Erfahrung ist, zu arbeiten.“

Im Pressereferat, wo vorher die Sendungen entstanden, ist jetzt Schluss. Man arbeite jetzt mit Green-screen - „so wie es auch Tagesthe-men und Heute Journal machen“, erfahren wir. Abgemacht ist, dass er und sein Team weiter das Equipment nutzen. Zusätzlich sollen Multimedi-areferenten ganz offiziell eingestellt

werden - und unter seiner Leitung mitarbeiten. Wo genau sie aufnehmen werden, ist geheim. „Dazu äußere ich mich nicht“, sagt er.

Wenn er aufzählt, wie viel Arbeit in einer 10-Minuten-Sendung steckt, ist man überrascht. Natürlich müs-sen Termine vereinbart werden, Geschichten gedreht und mit Text versehen werden. Das Layout muss stimmen und drei Tage bevor das Vi-deo bei Youtube online geht, muss die

Moderation gesprochen werden. Das wird ihm und Hüseyin Erkol, dem zweiten Mann im Hintergrund, zu viel. Die News soll es Ende Oktober wieder geben - von da an einmal monatlich. „Das reicht auch.“

Jan Schönrock studiert Geschichte und Politik im dritten Semester.

Timo Steppat

„Hey, kenn‘ ich dich nicht?“ „Ehm, nicht dass ich wüsste...“ „Aber ich hab mich doch letztens in der 707 mit dir unterhal-ten?“ „Nee, das war ich nicht.“

So oder so ähnliche Gespräche hört man in ersten Tagen als Studienanfän-ger öfter mit. Viele Eindrücke und dann auch noch die vielen neuen Menschen.

Totale Reizüberflutung Die erste Woche an der Uni ist stres-

sig. Der Stress beginnt, sobald man in

die Straßenbahnlinie 707 am Düsseldor-fer Hauptbahnhof in Richtung Universi-tät einsteigt:

In den Kämpfen um die begehrten Sitzplätze werden selbst die gerade neu gefundenen Freunde zu Feinden. Hat man einen Platz ergattert, kann man die nächsten 20 Minuten erstmal abschal-ten.

„Universität Ost/Botanischer Garten!“, schreit der Fahrer durch die Lautspre-cher und alle sind wieder wach. Im Halbschlaf geht es zu den Fakultäten.

Hinter mir ruft ein Kommilitone „Im-mer dieser Todesmarsch“. Ich laufe ein wenig schneller und überhole einen Studenten nach dem anderen. Endlich an der Philosophischen Fakultät ange-kommen, krame ich hektisch in meiner Tasche, um meinen Stundenplan zu finden. Ich muss zu Raum 23.21.02.26.

Okay, wie war das jetzt nochmal mit den Zahlen? Ich bin in Gebäude 23, Ab-schnitt 21. Was kam jetzt? Etage oder Raumnummer? Egal, ich habe Glück und zwei Studentinnen laufen an mir

Mein erstes MalAus dem harten Leben eines Erstis

(Bild: Privat)

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Universitäresvorbei, mit denen ich schon mal geredet habe, sie haben den gleichen Kurs. Na-türlich frage ich nicht, wo wir hin müs-sen, sondern wähle den eleganten Weg und folge ihnen unauffällig und tue so, als wüsste ich, wohin die Reise geht. Im Raum angekommen, beginnt wieder ein Kampf um die besten Sitzplätze, leider waren nur noch Plätze in der ersten Rei-he frei. Mist! Jetzt kann ich nicht mehr mit meinem Handy spielen, das würde dem Dozenten auffallen. Jetzt muss ich zwei Stunden lang aufpassen.

13 Uhr: Ich habe den Kurs gut überstan-den und befinde mich mit einer Freundin

auf den Sprint zur Mensa. Wir haben nämlich keine Lust, so lange an der Kasse zu stehen, bis unser Essen von lauwarm auf eiskalt abkühlt. Jetzt haben wir erst-mal Zeit, uns über unsere ersten Erfah-rungen auszutauschen. Es wird über Do-zenten und Kommilitonen gelästert, über das Wochenende geredet und gemeckert, wie sehr einem die 707 auf die Nerven ge-hen kann. Wie sollen wir das nur 3 Jahre überstehen, wenn diese Straßenbahn uns schon nach wenigen Tagen nervt?

Schnell auf die Uhr geschaut und es ist kurz vor zwei. Höchste Zeit für die Vorlesung. Der Hörsaal ist schnell ge-funden, jetzt werden erstmal die Sprü-che auf den Tischen gelesen. Ich finde

einen Spruch, der sehr ermutigend ist: „Scheiß Germanistik! Wenn du Germa-nistik studierst, exmatrikuliere dich so-fort!“ Gut, Gut, denke ich mir. Die erste Woche hast du heile überstanden, jetzt werde ich auch die restlichen 155 Wo-chen meines Studiums überleben.

Nina Szynalski

Lange haben die Studenten auf sie ge-wartet: die U79. Eine Bahn die uns zwi-schen Innenstadt, Hauptbahnhof und Uni verbindet. Endlich eine Alternative zur 707, die oft in den frühen Morgen-stunden kaum Kapazitäten für den ho-hen Pendlerstrom hat. Auch die Um-wege über den Bilker S-Bahnhof sollten nun vorbei sein. Doch was bringt uns die neue U-Bahn mit dem kleinen Schlenker zwischen der „Kaiserslauterner Straße“ und „Uni Ost“?

Mal abgesehen von der neu gewonnen Flexibilität und der Freiheit, nach der Vorlesung kurz an die Rheinpromena-de fahren zu können, ohne umzustei-gen, gewinnen wir bei einer Fahrt in die Stadt 10 Minuten. Klingt vielleicht nicht viel, aber für die Pendler sind das täg-lich 20 Minuten Zeitersparnis. Kalku-liert man hoch auf eine Woche, sind das knapp 100 Minuten, die nun täglich mit netteren Dingen gefüllt werden können, als in einer klapprigen Straßenbahn zu sitzen, die meist eh verspätet ankommt. Prinzipiell sind wir uns einig: eine gute Sache, so eine U-Bahn-Verlängerung. Aber nun ist nicht alles Gold, was glänzt und nicht alles prima, was in rot-weiß mit einem Rheinbahnaufkleber durch die Stadt fährt. Ziehen wir mal Bilanz. Für die U-Bahn-Verlängerung wurden 8000 Studenten-Unterschriften und 3,2 km Schienennetz gebraucht, die in einem Zeitraum von knapp 13 Monaten verlegt wurden. Außerdem haben die Studenten auch jede Menge Geduld ge-zeigt, wenn man bedenkt, dass die neue U-Bahn Strecke erst fünf Jahre nach Prüfantrag von CDU und FDP eröffnet wurde. Zwischen einigen Diskussionen

und der ersten Jungfernfahrt lagen also umgerechnet ein Bachelor und ein Mas-ter. Doch die größten Verlierer der Um-bauten waren sicherlich die Linien 711 und 716, die nun gar nicht mehr fahren. Vielleicht wäre der Verzicht auf die zwei

Straßenbahnen nicht weiter schlimm, wenn die U79 wenigstens ordentlich fahren würde. Und damit ist nicht der Fahrstil des Bahnfahrers gemeint. Ein Blick auf den Fahrplan und es wird klar, wieso Norbert Czerwinski, verkehrs-

Direkter geht´s nichtWenn die Bahn noch öfter führe, wären wir total beglückt

Die Haltestelle an der Uni

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Universitäres

politischer Sprecher der Düsseldorfer Grünen, den Takt als „nahezu universi-tätsfeindlich“ bezeichnet. Die U79 fährt nicht am Wochenende, nicht nach 19.19 Uhr und wenn sie rollt, dann nur im 20-Minuten-Takt. Ist das bei einer täglichen Pendlerzahl von etwa 20.000 Menschen zum Uni-Campus nicht doch etwas zu wenig? Nun, das liegt natürlich im Auge des Betrachters. Oberbürgermeister Dirk Elbers sieht diesen Fahrplan erst mal als ersten Grundstein, denn in den nächsten kommenden Wochen wird „aufmerksam beobachtet und ausgewer-tet, wie sich das Fahrgastaufkommen entwickelt.“ Was so viel bedeutet wie: Nutzen viele die U79, steigen die Chan-cen, dass die Bahn künftig alle 10 Minu-ten kommt. Auch Rektor Hans Micha-el Piper bezeichnet diese Strategie als „weise Entscheidung“. Zumindest ist es für die Verantwortlichen sicherlich die günstigste Variante, denn laut Martin Volkenrath, Vorsitzender des Verkehr-sausschusses, kostet der Zehn-Minu-ten-Takt in den frühen Morgenstunden 80 000 Euro, am Abend 40 000 Euro und ganztägig 300 000 Euro jährlich. Nun, Zeit ist Geld, wobei in diesem Fall letztlich das Geld entscheidet, wie viel Zeit die Studenten sparen. Aussichtslos ist es nicht: Wenn sich die Rheinbahn vor Menschenmassen nicht mehr retten kann, wird die Vernunft siegen. Hof-fentlich. Immerhin sollten wir uns nicht zu sehr beschweren, es ist wie zu Weih-nachten. Wir haben zwar das Geschenk bekommen was wir uns wünschten, doch nur in der falschen Farbe – oder

hier eben mit dem falschen Fahrplan. Letztlich stehen wir zurzeit vor der schwierigen Entscheidung: Warten wir länger für eine kurze Fahrt mit der U79, oder kürzer für eine lange Fahrt mit der 707?

U79 – Top oder Flop?Alexandra Bünck studiert Romanis-

tik und Philosophie im ersten Semester. Täglich fährt sie 45 km mit der Bahn, also je nach Zugverbindung knapp 1 ½ Stunden. Bis zum Düsseldorfer Haupt-bahnhof bleiben ihr wenig Alternativen, doch danach stellt sich die Frage: Run-ter zum U-Bahn Gleis laufen oder raus zur 707? „Auch wenn es länger dauert, meist nehme ich die 707, weil die U79 einfach zu selten fährt. Im Endeffekt, kommt´s auf´s Gleiche hinaus. Was ich nicht so optimal fi nde, ist, dass die

U79 zu keiner guten Zeiten fährt, meist bin ich viel zu früh in der Uni, so gegen 10.33 Uhr und wenn ich eine Bahn spä-ter nehme, ist mir das zu knapp.“

AStA Vorstand Yasemin Akdemir kann Alexandras Standpunkt gut nachvollziehen. Die 23-jährige Geis-teswissenschaftlerin erklärt: „ Die U79 ist schon eine Bereicherung, weil sie natürlich recht zügig fährt und man schnell am HBF und in der Innenstadt ist. Doch dass zwei Straßenbahnen da-für jetzt nicht mehr fahren, ist schlecht. Ich denke da an die armen Studenten, die morgens immer die 711 oder 716 genommen haben, die haben jetzt nicht so viel von der neuen U-Bahn, ganz im Gegenteil. Außerdem ist na-

türlich die Taktung der U79 echt mies – alle 20 Minuten nur? Als AStA-Vor-sitzende möchte ich mich, natürlich mit den anderen AStA-Mitgliedern, für bessere Fahrzeiten einsetzen. Uns ist es wichtig, dass vor allem zu den Stoßzeiten, also zwischen acht und elf Uhr morgens, die Bahn im 10-Minu-ten-Takt fährt.“ Yasemin spricht damit ein Problem an, das die meisten Stu-denten haben. Doch an wen wird sich der AStA denn nun wenden? An die Stadt, an die Rheinbahn oder doch an Rektor Piper? „Wir werden uns natür-lich explizit an die Rheinbahn wenden mit dieser Angelegenheit. Außerdem möchten wir nochmal ansprechen, dass auch die Busse morgens aus al-len Nähten platzen. Es ist wichtig, viel Druck zu machen, nur so können wir etwas erreichen.“ Die junge Studentin verrät, dass jeder Einzelne aktiv daran mitarbeiten kann, dass die Rheinbahn die Fahrzeiten ändert. Doch wie? „ Auf der Internetseite der Rheinbahn ist es möglich, einen Beschwerdebogen aus-zufüllen. Das wissen die meisten gar nicht. Aber wenn wirklich jeder sich beschweren würde, dann könnten wir schon vieles bewegen.“ Doch Hand aufs Herz, nutzt Yasemin die U79 ei-gentlich auch selber oder vertritt sie als AStA Vorstand nur die Angelegen-heiten der Studenten? „Also eigent-lich bin ich viel mit dem Fahrrad un-terwegs. Aber wenn ich in die Stadt möchte, nutze ich auf jeden Fall die U-Bahn, meist stelle ich mein Fahrrad auch einfach rein. So komm ich schnell in die Stadt und kann da dann auch noch strampeln.“

Seht ihr das anders als Yasemin und Alexandra? Oder stimmt ihr den beiden Studentinnen voll zu? Meinungen, An-regungen und Kritik nehmen wir ger-ne als Leserbrief an. Schreibt uns doch eine Mail an [email protected].

Das Beschwerdeformular der Rheinbahn fi ndet ihr übrigens auf

ww.rheinbahn.de/kontakt. Laura Diaz

Die Haltestelle an der Uni (Bilder: Laura Diaz)

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Universitäres... Fabio Knümann (BWL/ 3.Semester)?

„Ich habe ein mehrwöchiges Prakti-kum bei Amprion, das ist ein Über-tragungsnetzbetreiber der RWE AG, im Bereich Unternehmensplanung/-Entwicklung absolviert. Das habe ich freiwillig gemacht, da es für BWLer kein Pflichtpraktikum gibt. Es war

mein erstes Praktikum, und es hat mir sehr viel Spaß gemacht, nun hab ich mal erste Praxiserfahrung. Außerdem habe ich viele neue Eindrücke gewonnen und konnte mein Wissen aus dem Studium teilweise anwenden. Da ich jetzt im dritten Semester meine Studienschwerpunkte wählen muss, war das Praktikum für die Entscheidungsfindung echt hilfreich.

Vom frühen Aufstehen und dem späten Wiederkommen konn-te ich mich leider nicht erholen, da ich keinen Urlaub hatte in diesem Sommer. Aber dafür habe ich viel Klavier gespielt und bin auch mal trainieren gegangen, das hat einen guten Aus-gleich geschaffen. Außerdem sind die Ferien ja immer eine gute Gelegenheit, um alte Bekannte wiederzutreffen. Insge-samt würde ich meine Semesterferien als anstrengend, aber auch als Erfahrung bezeichnen. Aufs neue Semester freue ich nicht schon, nicht mehr so lange Arbeitszeiten, neue Kurse und einfach das ganz normale Studentenleben mit allem drum und dran genießen!“

Was hast du so in den Ferien getrieben...

... Dr. Guido Quetsch (Dozent Politikwissenschaft)?

„Wir, also Professor Hartwig Hummel, Dr. Bernhard Stahl und ich, hatten ge-nügend zu tun. Die Master-Arbeiten mussten fristgerecht abgegeben wer-den, und wir waren auf einer Exkursi-on in Straßburg. Außerdem haben wir in diesem Jahr die ersten Absolventen des Studiengangs (European Studies, Anm. d. Red.) verabschiedet und da-für eine große Abschlussfeier geplant. Administrativ gab es sehr viel zu tun: Die Studenten mussten ihre Konten auflösen und hatten uns um die Visa des nächsten

Jahrgangs zu kümmern. Das war ein harter Kampf. Gleichzei-tig musste ich meine Seminare vorbereiten und Master- oder Bachelorarbeiten Korrektur lesen. Eigentlich war ich keinen Tag wirklich weg, für Dozenten sind die Semesterferien nicht weniger stressig. Außer vielleicht, weil die Parkplätze und die Mensa leerer sind. Man hat zwar keine festen Seminarzeiten, aber dafür halt eben andere Fristen. Zeit zum Ausatmen bleibt nur am Wochenende. Ich war mit Freunden paddeln auf der Niers und bin viel Rennrad gefahren. Und bei Fortuna Düs-seldorf war ich natürlich. Aber mit der Leistung kann man ja auch nicht direkt zufrieden sein. Aber ich bin jetzt dreißig Jah-re dabei, Fortuna ist eine Herzensangelegenheit. Da ist Opti-mismus Pflicht, trotz Tabellenende.“

... Juan Felipe Garcia (Jura/ 1.Semester)

“Meine Zeit vor Semesterbeginn? Nun ja, ich war ein Jahr in Melbourne, weil ich dort ein FSJ an einer Schule ab-solviert habe. Das hat mir gut gefal-len, nur ich bin erst seit drei Wochen in Düsseldorf. Vorher war ich kurz 10 Tage zuhause, und danach ging es zu einem FSJ Seminar. War schon etwas stressig, vor allem, weil ich mir eine Wohnung von Australien aus suchen musste. Gut, dass mein Vater mir dabei unter die Arme gegriffen hat.“

... Yasemin Akdemir (Philosophie & Modernes Japan /

„hohes Semester“)?

„Puh ich hab viel gearbeitet. Seit dem 15.7 bin ich ja neuer AStA Vorsitzen-de und naja, seitdem ging es gut zur Sache. Ich war beim Studentenwerk, beim Rektor und auch beim Dekanat. Außerdem habe ich ziemlich lange die Büros im AStA aufgeräumt, die hatten es nämlich wirklich nötig. Da waren unsere Vorgänger nämlich et-was schlampig mit der Ordnung. Aber trotzdem konnte ich mir zwischen dem ganzen Stress auch eine kleine Auszeit genehmigen. Ich war nämlich zwei Wo-chen mit meiner Familie in der Türkei. In dem Urlaub konn-te ich gut Energie tanken. In den Semesterferien bin ich vor allem an den neuen Herausforderungen gewachsen. Ich bin jetzt stressresistenter und ruhiger. Wenn ich aufs nächste Se-mester schaue, bin ich jedoch zwiegespalten. Ich freue mich zwar, den AStA wieder präsenter zu machen und auch aktiv mitzuarbeiten, nur leider wird mein Abschluss bei einer 20-40 Stunden Woche wohl wieder warten müssen. Dabei fehlen mir nur noch ein paar Hausarbeiten.“

... Sven Jürgensen (Jura/ 1.Semester)

„Ich hab vor dem Semester mein Zivi gemacht und danach hab ich weiter-gearbeitet in einer Behindertenwerk-statt in Emden. Aber die letzten zwei Monate vor Studienbeginn habe ich einfach nur gechillt. Zwischendurch war ich auch zwei Wochen in Holland. Naja und jetzt haben ja die ganzen Tutorien angefangen. Ich glaube, das erste Semester wird stressig, auch weil ich schon seit einem Jahr aus der Schule raus bin. Aber was mir gut gefällt, ist, dass ich viele Leute kennengelernt, habe auch viele aus der Gegend . Das Nachtleben konnte ich gut erkunden, zum Bei-spiel mit meinen Nachbarn Juan Felipe Garcia, der auch mit mir studiert.“

(Bilder: privat)

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UniversitäresVon Laura Diaz

Paul und Sara sind Studenten an der HHU. Studenten wie du und ich, Stu-denten wie wir alle. Mit Tiefen und Höhen, mit Klausurenstress und Par-tylaune. Wer genau hinschaut sieht Paul und Sara manchmal in der Mensa zusammen sitzen. Dann tauschen sich beide aus: über Unisorgen, wichtige Ereignisse und den neuesten Tratsch. Synonym: Campusgefl üster.

Während Paul vor der Mensa auf Sara wartet, mustert er die ahnungslosen, neuen Studenten – liebevoll auch „Ers-tis“ genannt. Putzig, wie sie verzweifelt den richtigen Hörsaal suchen. Andere laufen zum Gebäude nebenan, 21.12. Das Studentenwerk. Anlaufstelle für alle, die BAFöG haben wollen oder sich hoffnungsvoll auf die langen Warte-listen der Wohnheime setzen lassen. Ob die Wartezeit nun länger ist, weil gerade die Appartements im Haus 14 der Bittwegstraße renoviert werden? Um 13.00 Uhr ist Sara da. Ungewohnt pünktlich.

Paul: Du bist ja ausnahmsweise nicht zu spät. Hast du noch die 707 um halb bekommen?Sara: 707? Paul, schon vergessen - die neue U-Bahn fährt doch jetzt. Endlich kann man von der Altstadt und vom HBF bis zur Uni durchfahren, und das nur in 10 bis 15 Minuten.

Paul: Was haben die denn da genau gemacht eigentlich?Sara: Kollege, du bekommst aber auch gar nichts mit, oder? Vorher war die „Kaiserslauterner Straße“ die Endstati-on der U79. Jetzt macht die Bahn aber noch eine Kurve über die Haltestellen Provinzialplatz Werstener Dorfstraße und zu guter Letzt… Trommelwirbel… „Uni Ost“. Das sind zwar nur drei Kilo-meter mehr, aber die haben immerhin saftige 8,6 Millionen Euro gekostet.

Paul: Starke Sache. Vielleicht ist die 707 dann endlich mal leerer. Dann

kann ich ja nun abends nach der Bib ohne Fahrrad nach Hause fahren.Sara: Ähm, nein. Das ist nämlich der Witz. Also zuerst fährt die Bahn erst mal nur alle 20 Minuten vom Hauptbahn-hof zur Uni und zurück. Wobei nach viel Kritik nun dieser Takt überdacht werden soll. Angeblich zählt die Rheinbahn jetzt wohl fl eißig, wie viele Menschen die U79

wohl nutzen. Um 19:19 macht der Fah-rer Feierabend. Wenn du daran denken solltest, nach einer SP-Party die U79 zu nehmen, da muss ich dich wohl leider enttäuschen, mein lieber Paul.

Paul: Na super. Dabei könnte die Rheinbahn oder auch der VRR ru-hig mal ein bisschen spendabler sein - nachdem die Uni denen 100.000 €

mehr überwiesen hat.Sara: Hä? Wieso das denn?

Paul: Na, das Ticket ist doch teurer ge-worden, der VRR will nun mehr Kohle haben.Sara: Wie kommst du denn auf den Schwachsinn? Davon hab ich nichts mitbekommen. Und wenn ich nicht mehr bezahlt habe, woher soll denn das angeblich mehr verlangte Geld her-kommen?

Paul: Ach kein Plan, ich hab gehört das wurde aus irgendwelchen Reserven bezahlt und jetzt hat die AStA-Kasse einen Defi zit.

Sara: Ich weiß nicht Paul, das klingt alles ziemlich spanisch.

Paul: Nene, da ist auf jeden Fall was dran. Mh, aber eine interessante Story. Gerüchte, Gerüchte. Was geht bei dir nächsten Donnerstag? Seit letzter Wo-che zeigt die Fachbibliothek Rechts-wissenschaft nämlich eine Serie von 44 Collagen des Künstlers Hans Thörner. Du magst doch Kunst, oder?Sara: Oh cool. Ja gerne, nur nächste Woche kann ich nicht, da muss ich ar-beiten.

Paul: Kein Problem, die Ausstellung ist noch bis zum 15. Dezember zu seh-en - den Bib-Zeiten entsprechend quasi rund um die Uhr. Sara: Das ist doch mal‘n Plan. Und danach ziehen wir uns eine DVD rein, denn die ULB hat jetzt ein neues Film-Sortiment. Du hast die Wahl zwischen Titanic und Little Miss Sunshine.

Paul: Ehm ja, darüber reden wir dann nochmal. Mensch, da geht die Uni ja ganz schön bunt los. Das wird ein gutes Semester, glaub ich. Ich muss los, will nicht beim ersten Mal zu spät kom-men.

Campusgefl üster...mit Paul und Sara

Zeichnung: Jacqueline Goebel

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UniversitäresSemesterstart ohne MensakartenLange Warteschlangen an den Cafétenkassen, eine Ärger-niss des Alltags. Und kein Problem, was sich in der nächs-ten Woche erledigen dürfte. Denn trotz Semesterstart gibt es an der ganzen Universität keine Mensakarten mehr zu erwerben. Somit werden alle Erstsemester sich brav an der Bargeldkasse einreihen. AStA-Vorstandsmitglied Tobias Sievert vom RCDS drückte Unverständnis aus: „Das Stu-dentenwerk weiß doch, wie viele Neulinge kommen. Wie können die da dann schon eine Woche vor Vorlesungsbe-ginn keine Karten mehr haben?“Sylviline Müller vom Mensakartenbüro des Studenten-werks stellt klar: „Es gab Lieferschwierigkeiten bei der Herrstellerfi rma. Aber wir haben die Bestätigung, dass

nächste Woche wieder Karten ankommen.“ Das Essen in der Mensa wird für die Erstsemester trotzdem nicht teurer. Das Mensakartenbüro bestätigt, dass der Bargeld-aufschlag von 50 Cent entfällt.Lisa Wendzich von campus:grün sah noch ganz andere Probleme. „In den Wohnheimen braucht man die Karte auch zum Waschen“, merkte das AStA-Mitglied an. Syl-viline Müller gab den Ratschlag, in dringenden Fällen eine Bedienstetenkarte zu erwerben. Im Studentenwerk könnten diese später wieder abgegeben werden. „Notfalls helfen aber auch die Hausmeister der Wohnheime.“ Im Namen des Studentenwerks möchte sich Sylviline Müller für die Umständlichkeiten entschuldigen. „Es tut uns sehr Leid. Es war halt höhere Gewalt.“ Jacqueline Goebel

Keinen Rattenschwanz für die GesundheitSie kommen aus der Kanalisation und sind der Inbegriff der Verunreinigung: Ratten! Zahlreiche Horrorfi lme ha-

ben bereits die Angst vor den gefährlichen Krankheits-überträgern ausgeschlachtet. Als die langschwänzigen Nager kürzlich auch in unmittelbarer Nähe der Cafete-ria gesichtet wurden, schlugen die Lokalzeitungen sofort Alarm. Völlig unbegründet, wie das Studentenwerk ver-kündet. „Die Ratten sind längst wieder weg. Die Universi-tät hat sich vorbildlich verhalten und sofort entsprechende Säuberungsmaßnahmen ergriffen. Das Ordnungsamt hat dieses Verhalten hochgelobt“, sagte Pressesprecherin Ker-stin Münzer vom Studentenwerk Düsseldorf. Auch was die Gesundheit der Studierenden betrifft, gibt sie Entwar-nung: „Die Studierenden befanden sich zu keiner Zeit in Gefahr.“Wer doch hier und da eine Ratte sieht, sollte nicht erschre-cken. Nach einer Schätzung von Michael Malaise, Ge-schäftsführer von Asgard Schädlingsbekämpfungen gibt es in Düsseldorf mindestens eine Ratte pro Einwohner. Selina Marx

In eigener Sache: Wir suchen Kritiker!

Wir möchten die Debatten in Campus Delicti stärker fördern. Ihr wollt zu einem speziellen Thema einen Beitrag verfas-sen? Meldet euch bei uns. Jederzeit könnt ihr uns Leserbriefe schicken. Wir veröffentlichen jeden Leserbrief, solange er mit

der Verfassung einhergeht. Natürlich behalten wir uns das Kürzen vor, versuchen es aber zu vermeiden. Die Meinung der Studierendenschaft zählt!Wenn ihr als freier Mitarbeiter tätig werden wollt, meldet euch per Mail bei uns. Journalistische Erfahrung ist gut, Moti-vation besser. Um das umzusetzen, was wir uns vorstellen, brauchen wir eure Unterstützung.

Die Redaktionssitzung der Campus Delicti fi ndet jeden Montag um 18 Uhr im Pressereferat (auf der AStA-Ebene) statt. In

den ersten 20 Minutensoll in jeder Woche ein Gast zu Wort kommen, unser Blattkritiker. Jeder kann diesen Job über-nehmen. Wir freuen uns über ehrliche Kritik und Anregungen.Eine Zusammenfassung jeder Blattkritik erscheint in der

Folgewoche neben dem Inhalt. Natürlich könnt ihr uns jederzeit ansprechen und uns eure Kritik unterbreiten. Aus organisatorischen Gründen können

wir aber nur einen Gast pro Sitzung begrüßen. Schickt uns eine Mail oder tragt euch in die Liste ein, die an der Tür des Pressereferats aushängt. Zusätzlich bieten wir eine Sprechstunde an. Wenn ihr ein interessantes Thema habt, das ihr per-sönlich vortragen wollt, ihr Kritik und Anregungen für uns habt oder freier Mitarbeiter werden wollt, kommt vorbei.

Immer Dienstag ab 18 Uhr.

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HoPoAngerempelt

Am letzten Samstag lud der AStA zum „Meet & Greet“ in den SP-Saal ein. Es kamen die Referenten, einige interessierte Erstis aus allen Fachbereichen und natürlich der AStA-Vorstand selbst. Mit dem Machtwechsel im Studierendenausschuss wurden neue Refe-rate geschaffen und andere aufgelöst. Bei ei-ner Bratwurst kamen die neuen und die alten Referate ins Gespräch. Unsere rasenden Re-porterinnen Selina Marx und Laura Diaz (Bil-der) haben sie angerempelt und kurz befragt.

Ausländerreferat: Anis RezguiAufgaben: „Vertretung, Hilfe und Beratung der ausländischen Studierenden, z.B. Orientieung, Formulare ausfüllen etc.“Warum hast du dich beworben: „Ich habe Spaß daran anderen Menschen zu helfen.“Was sind deine persönlichen Ziele: „Ich möchte soziale Erfahrungen für meine Karriere sammeln.“

Kulturreferat: Thomas MennickenAufgaben: Wir sind eigentlich „Mädchen für alles“. Wir stehen den Studierenden gerne mit Rat und zur Seite, übernehmen die Buchhaltung, die Anlagebetreuung und die Stromtechnik.“Warum hast du dich beworben: „Ich bin schon seit 3 Jahren dabei. Das erste allerdings nur ehrenamtlich. Davor habe ich bereits verschiedene Veranstaltungen mitbetreut und als die Stelle dann frei wurde, habe ich mich sofort beworben.“Was sind deine persönlichen Ziele: „Ich möchte unser Dienstagsprogramm populärer machen und die PR-Maschi-ne ankurbeln!“

Ökoreferat: Henning KonetzkeAufgaben: „Umweltpolitik d.h. zu 90% Wirtschaftspolitik“Warum hast du dich beworben: „Mir liegt die Nachhaltigkeit der Ressourcen am Herzen und deshalb möchte ich andere Leute darüber aufklären.“Was sind deine persönlichen Ziele: „Zum einen möchte ich das Informationsangebot zu den Themen Um-weltschutz, Nachhaltigkeit der Ressourcen und Atomkraft verbessern und zum anderen kümmere ich mich um das Serviceangebot, wie z.B. die Ökothek. Außerdem haben wir eine Recyclingstelle für Handys, Batterien, Leuchtstoffröhren, Energiesparlampen, CDs und DVDs eingerichtet.“

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HoPoPressereferat:

Jacqueline GoebelAufgaben:

„Artikel schreiben, Interviews führen, ein-fach die Campus Delicti mitgestalten“

Warum hast du dich beworben: „Ich mag die Atmosphäre, die entsteht,

wenn Gleichgesinnte zusammenarbeiten und natürlich aus Interesse am journalisti-

schen Arbeiten.“Was sind deine persönlichen Ziele:

„Ich möchte möglichst gute Arbeit machen.“

Referent der Fahrradwerkstatt: Alex Worgitzki

Aufgaben: „Ich möchte den Leuten mehr mit

auf den Weg geben als ein gut funktionierendes Fahrrad.“

Warum hast du dich beworben: „Ich interessiere mich einfach für

Fahrräder.“

IT-Referat: Ugur MacitAufgaben: „Ich kümmere mich um die AStA-Homepage und die Infrastruktur im AStA.“Warum hast du dich beworben: „Ich stelle mich gerne neuen Herausforderungen!“Was sind deine persönlichen Ziele: „Mir geht es nicht um Parteipolitik, sondern um den User an sich. Jeder soll vernünftig arbeiten können. Außerdem wollen wir neue Kommunikationswege ausprobieren z.B. mit Twitter und Facebook.“

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HoPo100.000 Euro sind eine Menge Geld.

Vor allem für einen Studenten. Man könnte mit so einer Summe aus dem muffigen Studentenwohnheim auszie-hen, ein oder zwei Auslandssemester einlegen, die BAFöG-Schulden abbezah-len oder sich einen Kleinwagen kaufen. Über Letzteres wäre die Rheinbahn wohl nicht sehr erfreut, denn dann würde sie erhebliche Verluste einbüßen. Schließ-lich ist die HHU einer ihrer größten Kunden. Auch zu Beginn dieses Winter-semesters halten wieder alle Studieren-den ein Semesterticket in den Händen mit dem sie in NRW hin- und herfahren können. Doch zu welchen Bedingungen eigentlich?

Das Studentenparlament rätselt über die Vertragsklauseln der Universität mit dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr. Der AStA soll eine Semesterticketer-höhung von Seiten des VRR und damit Mehrausgaben von 100.000 Euro in Kauf genommen haben. Und dass, ohne Rücksprache zu halten. So lauten die Hauptvorwürfe eines offenen Briefes der Opposition im Studierendenparlaments an Rektor Piper. Verfasser Carlos Cota Castro, der die Libertären Studieren-den (LiSt) im Studierendenparlament

vertritt, beschwert sich darüber, dass das Studierendenparlament zu spät und dann auch noch in einer nicht-öf-fentlichen Sitzung über die Semester-ticketerhöhung informiert worden sei. Er fordert eine Prüfung der rechtlichen Grundlage auf der die Erhöhung stattge-funden hat und eine zukünftige Ausga-bensperre bis zum Beschluss des Nach-tragshaushaltes.

In einem Interview mit Campus De-licti machte er seiner Wut erneut Luft: „Wieso kann der VRR einfach mehr Geld verlangen, ohne dass jemand et-was dagegen tut? Und wieso überweist der AStA so viel Geld und sagt dem Studierendenparlament erst hinterher Bescheid? So was muss vom Studieren-denparlament genehmigt werden.“ Un-ter diesen Umständen sieht er sich auch nicht an seine Verschwiegenheitspflicht

gebunden: „Ich hatte das Gefühl, dass der AStA einfach nur seine Fehler vor den Studierenden vertuschen will und deshalb eine nicht-öffentliche Sitzung einberufen hat. Es ging nicht um per-sönliche Belange der AStA-Mitglieder.“

Die Juso-Hochschulgruppe reagier-te ebenfalls empört auf das Verhalten der Koalition. „Warum werden die Mit-

glieder des Studierendenparlaments erst zwei Monate nachdem das Finanzreferat ein drohendes Defizit von 100.000 Euro

festgestellt hat, in einer nicht-öffent-lichen Sitzung darüber informiert?“, fragten sie vergangene Woche wütend in einer offenen Stellungnahme. Sie er-klärten weiter: „Wir halten es für unver-antwortlich, dass erst eine ganz normale Sitzung inklusive diverser Finanzanträ-ge und Bestätigung der Referenten ab-gehalten wird, um im Anschluss mitten in der Nacht mit wenigen verbliebenen Parlamentariern über ein drohendes De-fizit von 100.000 Euro zu debattieren!“

Ob die 100.000 Euro durch Rücklagen gedeckt werden konnten, und ob es Defi-zite im aktuellen Haushalt gibt, ist bislang nicht bestätigt worden. Der AStA-Vor-stand hat sich Mitte der Woche mit dem Rektorat getroffen. „Die Opposition wirft mit Halbwissen um sich. Die derzeitigen Probleme gehen auf die letzte Koalition unter Juso-Führung zurück, die wir jetzt lösen müssen“, erklärte AStA-Vorsitzen-de Yasemin Akdemir. Genauer möchte sie sich zu dem Vorgang nicht äußern. „Wir veröffentlichen im Laufe der Woche eine umfassende Stellungnahme.“ Selina Marx

Das angebliche RiesenlochZu den Vorwürfen der Opposition, der AStA arbeite intransparent. Es sollen 100.000 Euro fehlen.

Ein Jahr ist seit dem Bildungsstreik ver-gangen. Damals hat das Rektorat einige Versprechungen gemacht - was ist wirk-lich umgesetzt worden. Wir haben uns erkundigt...

Noch vor einem Jahr war der Cam-pus von den markanten Plakaten mit der Aufschrift „Hörsaal 3D ist besetzt!“ übersät. Bei dem Projekt „Uni brennt“ besetzte eine Gruppe von Düsseldorfer Studierenden ab dem 18. November des vergangenen Jahres den Hörsaal in der Philosophischen Fakultät. Doch was hat sich seit dem getan?

Die Studenten forderten „die soziale Öffnung der Hochschulen, Abschaffung von Bachelor/Master in der derzeitigen Form, Demokratisierung des Bildungs-systems und die Verbesserung der Lehr-

und Lernbedingung“. Das Rektorat ver-sprach den Studenten nachzubessern. Wir haben bei den Studiendekanen der philosophischen und der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät nach-gehakt, wie die Versprechen umgesetzt worden.

Neun Studiengänge reakkre-ditiertProrektor Ulrich von Alemann sieht

viele Veränderungen: „Generell haben wir in den Fakultäten, in denen in die-sem Sommersemester Reakkreditie-rungen anstanden, gebeten, dabei auch auf die Monita und Forderungen der Studierenden Rücksicht zu nehmen. So wurden in der Philosophischen Fakultät meines Wissens alleine in diesem Som-mer neun Studiengänge reakkreditiert.“

Die Mathematisch-Naturwissen-schaftliche Fakultät hingegen hat sich mit den Studierenden zusammengesetzt und die Probleme beredet. Zusammen erarbeitete die Runde einen Bericht an die Bologna-Kommission des Rektorats. In diesem Bericht heißt es auf Bezug zu den Protesten: „Die große Unzufrieden-heit, die im Zuge der Berichterstattung über die Studierendenproteste immer wieder attestiert wurde, war nicht aus-zumachen, vielmehr war in allen Fällen ein äußerst konstruktives Klima und – im Großen und Ganzen – Zufrieden-heit oder zumindest Akzeptanz festzu-stellen.“

Kritik am PrüfungsamtDer Bericht kritisiert nicht nur Pro-

bleme wie die Anwesenheitspflichten

Ist der Brand bereits gelöscht?

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HoPound den vielen Prüfungen sondern auch die Arbeit des Prüfungsamtes: „Von Do-zenten und Studierenden gleichermaßen wird moniert, dass das Prüfungsamt massiv überfordert wirkt. Dies mag an der – verglichen mit den Diplomstudi-engängen – wesentlich größeren Anzahl an Prüfungen liegen.“ Bei der Zeugnis-ausgabe kann es schon mal Monate dau-ern, bis das Zeugnis fehlerlos ist. Sowohl inhaltlich als auch formal entsprechen die Zeugnisse eher selten sofort den Re-geln oder der Realität.

Nicht problematisch hingegen stuft der Bericht die Anwesenheitspflicht bei

den Naturwissenschaftlern ein. Nur im Studiengang medizinische Physik muss nach gebessert werden. Obwohl viele der Studiengänge durch eine hohe Zahl an Pflichtveranstaltungen sehr stark

verschult erscheint, sei die Belastung durch die vorgeschriebenen Belegungen nicht zu hoch. Teilweise forderten die Studenten sogar, dass manche Veran-staltungen zu Pflichtveranstaltung er-klärt werden, weil der dort gelehrte Stoff wichtig sei.

Zu der Frage, ob es in den Bachelor-Studiengängen zu viele Prüfungen gibt, steht in dem Bericht: „Nach überwie-gender Ansicht ist die Anzahl der Prü-fungen im Wesentlichen in Ordnung. Für viele Professoren kam dies über-raschend: Man hatte zumeist eher das Gefühl, dass es den Wunsch zu weniger und dafür größeren Prüfungen gibt. In den Gesprächen zeigte sich aber, dass die Studierenden in den meisten Fäl-len die „kleineren Häppchen“ durchaus schätzen und für diesen Vorteil die grö-ßere Anzahl an Prüfungen in Kauf neh-men.“ Jedoch wird in dem Bericht dazu ermahnt, nicht sinnlosen Stress wie beispielsweise durch unbenotete Tests zu verursachen. Auch der Praxisbezug wurde als verbesserungsfähig eingestuft. Durch Praktikumsbüros soll dieses Pro-blem angepackt werden.

Leistungsorientiert dank numerus claususDie Besetzer forderten im vergangen

Wintersemester auch, dass der Bache-lor auf vier Jahre verlängert wird. Doch

dadurch sieht die Fakultät den Master in Gefahr, da durch das lange Bachelor-Studium der Master-Abschluss eventuell abgewertet wird und nicht mehr organi-sierbar wäre. Der Bachelor sollte lieber einen Deutschland weiten Standard er-reichen.

Für mehr Effizienz im Studium sorgt

nach Einschätzung der Fakultät die NC-Hürde. Besonders in den Studiengän-gen Biochemie, Wirtschaftschemie und Medizinische Physik sei „die Stimmung sehr konstruktiv und leistungsorien-tiert“. Studiendekan Professor Georg Pretzler kommt in dem Bericht zum Schluss, dass die Bereitschaft zu kons-truktiven Gesprächen und zur pragma-tischen Problemlösung in allen Fächern beispielhaft hoch ist. Das zeigt sich sei-ner Meinung schon daran, dass es in der kurzen gegebenen Zeit möglich war, in allen Fächern Gespräche zu führen.

In der nächsten Ausgabe beschäftigen

wir uns mit den anderen Fakultäten.

Nina Szynalski

Es kann einfach kein Spaß sein. Aber um es ernst zu nehmen, ist es dann doch zu absurd. Auf der Homepage hüpfen junge Asiaten in kolonialer Forscher-tracht durchs Bild - der eine den Mund weit aufgerissen, mit Super-Acht-Kame-ra vor dem Gesicht, der andere hat eine Landkarte in der Hand und zeigt mit dem Finger auf mich. Was ist hier los?

Ich bin auf der Homepage der „Hoch-schulinitiative Neue Bundesländer“ ge-landet. Ihr Slogan für das Jahr 2010: Studieren in Fernost. Natürlich nicht wirklich in Fernost, nein, die grauen Herren im Bundesforschungsministeri-um sind ja bekanntlich besonders wit-zig. Es geht nur um unseren Osten, die ehemalige DDR.

Pünktlich zum Tag der Deutschen Ein-heit erreichte uns eine Pressemitteilung der Initiative. Was lesen wir da: „Der Os-ten liegt vorn“. Haarklein wird beschrie-ben, wie gut die Ost-Unis im CHE-Ran-king abgeschnitten haben und dass sie selbst Bayern und Baden-Württemberg auf die hinteren Plätze verwiesen konn-ten. Allerdings geht es nicht um die Leh-

re oder die hervorragende Forschung, sondern die Ausstattung. 55 Prozent aller thüringischen Studierenden haben beispielsweise überdurchschnittliche Bewertungen für die Ausstattung ihrer Hochschule abgegeben. Dafür winkt der erste Platz. Dass das keiner weiß, findet

Annette Schavan sehr schade, heißt es beim Bundesforschungsministerium. Deshalb hat ihr Verein zehn Millionen Euro für die besonders „zielgruppenori-entierte“ Kampagne ausgegeben.

Die zwei oben genannten Asiaten rei-sen als Vampire verkleidet durch‘s Land. Der Vorspann ist im Stil alter Computer-spiele und der Rest soll an die alten Dra-

cula Filme erinnern. Wieso das alles? Westdeutsche Studienanfänger, geboren nach dem Mauerfall, assoziieren laut Forschungsministerium mit den Unis in den neuen Bundesländern die Attribute „alt“, „heruntergekommen/marode“, „arm“, „grau“, „trist“ und „trostlos“

Teil der Kampagne war übrigens auch, dass sich die Ost-Unis mit eigenen Marketing-Konzepten bewerben durf-ten. Und wer hat gewonnen? Dresden: „Westdeutsche Studienanfänger werden von der Universität Leipzig mit dem Trabi abgeholt und in eine „Abenteuer-WG“ gebracht.“ Wenn‘s hilft.

Timo Steppat

Studieren Fernost:

Mit dem Trabi nach Leipzig

(Bild: www.studieren-in-fernost.de)

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PolitikDer Fall der Berliner Mauer hat die Vor-urteile zwischen Ost- und Westdeutsch-land nicht mit zu Boden gerissen. Ein Kommentar eines Ostdeutschen, der die Folgen zu spüren bekommt.

Von Rick NoackHawaii – tausende Kilometer entfernt

von Deutschland, von Europa. Ein Tag im letzten Herbst, ich mache dort mit einer Familie aus München Urlaub. Schönes Wetter, tolle Ferien. Bis mich die zwei Jungs aus München fragen: „Gibt´s bei euch im Osten eigentlich fließendes Was-ser und Heizungen?“ Es folgt kein La-chen. Das ist kein Scherz. Das war ernst.

Ich lebe in Dresden, einer durchweg ostdeutschen Stadt. Vielleicht die Per-le Ostdeutschlands. Als einzige Stadt in Sachsen sind die Geburtenraten anstei-gend. Touristen aus aller Welt kommen nach Dresden – vor kurzem erst Obama. „Wonderful“, nannte er die Stadt.

Und nun soll es kein fließendes Was-ser geben? Ich starre die zwei Jungen an, bin sprachlos. Immer wieder. Immer öfter passiert mir so etwas. Ich kann si-cher sein: Wenn ich als Ostdeutscher nach Westdeutschland komme, höre ich mindestens drei dumme Kommentare

über mein Leben, meine Freunde oder mein Zuhause. Belastend.

20 Jahre nach der Deutschen Einheit hat sich kaum etwas geändert an den Vorurteilen. Manche versuchen Scherze darüber zu machen, manche meinen es ernst.

Vorurteile über den Osten sind lusti-ger, als solche über den Westen. Worü-ber will man beim Westen auch lachen? Dass dort alle Angeber sind, wie im Os-ten oft behauptet wird? Das ist hundert-fach weniger lustig, als die Vorstellung im tiefen Ostdeutschland die Wäsche noch im Fluss zu säubern.

Alles Quatsch! Ich habe es satt, als Ostdeutscher ständig für meine Region, aus der ich komme, beleidigt zu werden. Ich hoffe, es ist überflüssig zu erwähnen,

dass es auch in Ostdeutschland Strom und fließendes Wasser gibt. Es ist wohl

überflüssig zu erklären, dass in Dresden

nicht umsonst mit dem kalifornischen „Silicon Valley“, der Wiege von Google und anderen Software-Riesen verglichen wird. Aus Dresden kommen Computer-Chips, Roboter und vier Tageszeitungen. Das Jugendmagazin Spiesser hat sich wohl nicht umsonst Dresden als „Haupt-stadt“ ausgesucht. Nicht umsonst konn-te ein junges, kreatives Jugendmagazin hier eine bundesweite Auflagenjagd be-ginnen. Die Ostdeutschen mögen Dia-lekt sprechen. Das mag primitiv wirken.

Aber genauso eigentümlich kommen uns Ostdeutschen viele Westdeutschen vor. Oder die Bayern. Die seien zwar nett, heißt es von vielen hier. Aber doch eher ein recht eigentümliches Völkchen. Also: Lasst uns die Vorurteile begraben. Und miteinander reden – statt überein-ander lästern.

Serie Ost – West: Der andere Blick

Mauerkinder

Rick Noack ist 17 und geht in Dresden zur

Schule. Er schreibt für SpiegelOnline, Zeit.de

und Spiesser.

(Bild: privat)

(Bilder: Stephan Schütze)

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Politik„Ich habe mal testweise einen Mo-

nat lang vom Hartz4-Regelsatz gelebt. War überhaupt kein Problem! Wichtig ist nur, vorher genug einzukaufen.“ Die Nachricht leuchtet auf der Startseite von Twitter. Der Tweet wurde so oft wei-tergeleitet, dass er bei den Trends er-scheint. Kein Wunder, denn als Absen-der präsentiert sich Familienministerin Kristina Schröder.

Erst bei einem Klick auf das Profil

wird deutlich: Die echte Schröder kann es nicht sein. Der Account ist gefälscht, veröffentlicht im Namen der Ministe-rin regelmäßig sarkastische Kommen-tare. Satire auf Twitter ist mittlerweile zu einem wichtigen Mittel geworden, politische Meinung zu äußern und Luft abzulassen. Im Namen von Bahnchef Grube werden bissige Kommentare verbreitet, Ursula von der Leyen findet

gleich zwei Nachahmer, @Angie_Mer-kel hat fast 11 000 Follower.

Auch Thilo Sarrazin twittert seit An-fang September. Zum Beispiel: „Kalt ist es hier geworden. Nichts #brennbares mehr im Haus. Da brauch‘ man mal nen #Koran und es ist kein Exemplar auf-findbar. #sarrazin“ Autor dieser Zeilen

ist Daniel Philip Schuster. Der 22-Jäh-rige ahnte, dass die Thesen Deutschland beschäftigen werden. „Alle haben disku-tiert. Aber nicht über die richtigen Fra-gen“, begründet Schuster seine Aktivität. „Niemand ist aufgrund dieses Buches danach in eine Moschee gegangen oder hat endlich mal das Gespräch mit seinen Nachbarn gesucht. Deswegen halte ich Sarrazins Buch für absolut nutzlos und eher für ein Marketingprodukt, als für ei-nen sinnvollen Beitrag zur Integration.“

Satire auf Twitter ist in der Lage, den Kritisierten einen Spiegel vorzuhalten, findet Daniel Philip Schuster. Es bietet

eine breite Öffentlichkeit und Anony-mität. Und eine direkte Leitung zu den Medien, die durch Verweise auf Twitter immer wieder versuchen jüngere Leser zu binden. Ob die Journalisten jedoch die nötige Web 2.0-Kompetenz besitzen, ist fragwürdig. Das Satire-Profil Kristina

Schröders präsentierte Spiegel Online bereits als den „aktuellen Namen“ der Ministerin. Noch deutlicher jedoch zeigt die Geschichte des Profils @muente-

Deep TweetWenn sich investigative Journalisten von gefakten Twitteraccounts hinter`s Licht führen lassen

fering, wie gerne Journalisten sich auf die gezwitscherten Gerüchte einlassen. Ein Jahr lang galt der Name als offizi-eller Kontakt zu Franz Müntefering, der zu dieser Zeit SPD-Bundesvorsitzender war. In Wirklichkeit veröffentlichten jedoch Autoren des Blogs Metronaut.de die Kommentare. Und wunderten sich, dass es niemand merkte.

Ungeprüfte Zitate„Wir haben SPD-Ortsvereine an der

Nase herumgeführt, Medienforschungs-instituten die Studien versaut, Robert Basic reingelegt und zahlreichen Medi-en falsche Zitate in den Block diktiert“, schreibt Lou Canova auf metronaut.de. Der Münchener Merkur fällt auf die Blogger rein, die WAZ berichtet über eine Studie über twitternde Politiker, in der auch Müntefering aufgeführt wird. Und das, obwohl Focus Online und auch die Berliner Zeitung schon Monate zu-vor über die Fälschung berichtet hat-ten. Ende September 2009 tritt Franz Müntefering nach dem Wahl-Debakel als SPD-Vorstand zurück. N-tv, die Berliner Morgenzeitung und Welt Online zitieren dazu eine Nachricht der Metronaut-Au-toren: „Erneuerung heißt konsequent sein. Ich trage politische Verantwortung für das Ergebnis vom Sonntag und ma-che den Weg nun für andere frei.“ Es ist die vorletzte Veröffentlichung. Da-nach folgte lediglich ein Verweis auf die Homepage, wo die Geschichte des Ac-counts und sein Vorkommen in den Me-dien genau dokumentiert ist.

Der blaue Haken beweist EchtheitTwitter kennzeichnet mittlerweile ge-

prüfte Prominente mit einem blauen Ha-

ken neben dem Namen. Sich als fremde Person auszugeben ist laut Geschäfts-bedingungen verboten. Der Sarrazin-Karrikaturist Daniel Philip Schuster kennzeichnet das Profil deutlich. „Der

statistisch belegbare Twitter-Account eines Thilo Sarrazin in der dritten Per-son“, steht deutlich auf der Seite. „Ich halte es für problematisch, wenn man sich im Netz als jemand völlig anderes ausgeben kann, als man ist. Allerdings ist dies ein allgemeines Problem der In-ternetgemeinde und nicht speziell auf Twitter zurückzuführen“, erklärt Daniel Philip Schuster. Doch letztendlich sei der Fehler einer falschen Berichterstat-tung doch auf die Journalisten zurück-zuführen. „ Wer sich auskennt, sollte eine Satire von einem echten Account unterscheiden können.“

Manchmal allerdings hilft auch der Haken nicht, Politiker vor Twitter zu schützen. Der echten Kristina Schröder, beispielsweise. Sie zwitscherte unter dem geprüften Account @kristinakoehler, wie sie vor ihrer Hochzeit im Februar hieß: „Natürlich ist die Elterngeldstreichung für Hartz IV-Empfänger hart. Aber: Eine Familie in Hartz IV, zwei Kinder, erhält inklusive Elterngeld 1885 Euro vom Staat. Netto! Ist das gerecht gegenüber denen, die arbeiten?“ Prompt zog sie da-mit den Zorn der Twittergemeinschaft auf sich, eine Flut von Kritik und spitzen Sprüchen folgte auf die Meinungsäuße-rung. Doch Kristina Schröder antwortete nicht. Da entschied sich wer anderes, dies für sie zu übernehmen. Ihr erster Satire-Account war geboren. Er hält sich bis heute in den Charts der Twitterer. Zum Beispiel, weil er schreibt, dass es kein Problem ist, von Hartz IV zu leben.

Jacqueline Goebel

(Bild: www.twitter.com)

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PolitikIn Düsseldorf

Am Anfang was Ernstes: Versuchte Brandstiftung an MoscheeIn Düsseltal haben bisher Unbekannte

versucht eine Moschee an der Münster-straße in Brand zu setzen. In der Nacht zu Freitag hatte ein Taxifahrer das Feuer be-merkt und konnte es löschen. Gleichzeitig sah er einen Mann, der die Fassade her-unter kletterte. Beim Versuch diesen zu stellen, konnte der Unbekannte fl iehen.

Laut Aussagen des Taxifahrers schrie der Mann ihn dabei auf türkisch an. Da es sich möglicherweise um eine politisch motivierte Tat handelt, hat der polizei-liche Staatsschutz die Ermittlungen auf-genommen. Die Schäden konnten gering gehalten werden, die RP berichtet von verkokelten Fußmatten und Brandspuren an der türkischen Fahne, die an einem Mast neben dem Haus hängt.

Und das Leben ist doch eine CastingshowUnd Düsseldorf ist der heimliche Fina-

list. Im Wettrennen um den Austragungs-ort des Eurovision Songcontests titelte die WAZ am vergangenen Wochenende siegessicher: „Lena singt in Düsseldorf.“ Auch die NRZ will wissen, dass die Ent-scheidung des NDR eigentlich schon längst gefallen sei. Fortuna zieht für die letzten Heimspiele nach Flingern, damit sei das letzte Problem geklärt. Die süd-deutsche Zeitung allerdings sieht das noch ein wenig anders: „Mit Lust spekuliert man sich an der Düssel besoffen.“ Macht ja auch Spaß, oder nicht. Schade nur für die Süddeutsche, am Ende gewinnt das lokale Blatt. Der NDR teilte am Dienstag der dpa mit, Düsseldorf gewinnt.

In Deutschland

Immerhin, in Bayern wird vorbereitend für die Bewerbung zu den Olympischen Winterspielen 2018 direkt ein ganzes Gesetz verabschiedet, was auf solchen Spekulationen baut. München und Gar-misch-Patenkirchen haben dem Entwurf schon zugestimmt, nur der Landtag muss noch abstimmen. 160 Millionen Euro für den Bau von Sportstätten und Unter-

Umgeschaut. Das war´s.

künften plus 40 Millioneneuro für Um-weltprojekte plus 15 Millionen Euro für die Paralympics fl ießen aus öffentlichen

Mitteln in das Event, sollte Bayern den Zuschlag bekommen. Da kostet der Euro-vision Contest wenigstens nur 30 Millio-nen, meint die WAZ. Aber auch das fi ndet

die Süddeutsche ja Blödsinn. Vielleicht behält dabei ja wenigstens Recht.

Und da war ja noch was, Frau zu Gut-tenberg im Fernsehen auf Kinderschän-dersuche. Mit dem Format „Tatort In-ternet“ möchte RTL II sein Image wieder aufpolieren. Prima, das hat ja schon in den USA so gut geklappt. Unter dem Titel „to catch a predator“ wurden dort Män-ner entlarvt, die sich in Chatrooms min-derjährigen Pubertierenden näherten. Im Gegensatz zu dem Format auf RTL II

wurden diese allerdings nicht einmal ver-pixelt. Bilanz der medialen Umgehung des Rechtsstaats: Absetzung nach einem Selbstmord eines der Beschuldigten.

Ab auf die Umfrage-achterbahnNach Angaben des Spiegels will Ste-

phanie zu Guttenberg in den nächsten Sendungen nicht mehr dabei sein. Muss ja auch gar nicht mehr. Immerhin haben die Grünen bei der Forsa-Umfrage in der vergangenen Woche schon 24 Prozent er-halten. Und auch Fräulein Merkel springt gleich auf den Zug auf: Michelle Obama stößt die Bundeskanzlerin vom Thron der FORBES-Weltrangliste der mächtigsten Frauen. Was bleibt, ist Platz vier.

Jacqueline Goebel

Ästhetikund Gewalt

Ö�entliche RingvorlesungEin studentisches Projekt , organisiert vom Studium Universale

und der Fachschaft Philosophie Donnerstags, 16:00 - 18:00 Uhr | Gebäude 23.21. Hörsaal 3E

Ausgewählte Referenten: Karl Heinz Bohrer, Rudolf Heinz, Hans Körner, Thomas Sieben („Distanz“), Lothar Mikos, u.a.

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Kultur

So genannte „Literatur-Empfeh-lungen“ sind oft ein Grauen im Ohr jedes Studierenden. Denn wenn ein Dozent oder eine Dozentin von „emp-fehlenswerter Literatur“ spricht, heißt das für uns meistens nur eines: in die Bi-bliothek gehen und büffeln. Sich durch wissenschaftlich anmutende, schlange-nähnliche Satzgebilde quälen und diese dann auch noch verstehen. Aber, wie ihr sicher wisst, hat Literatur auch noch an-dere Gesichter. Die der Geschichten, der Spannung, des Abenteuers, des Humors und viele weitere. Die Literatur, von der hier die Rede ist, liest man nicht in der Bibliothek, sondern abends vor dem Schlafengehen im Bett oder an einem verregneten Sonntag im Sessel. In die-ser Rubrik werde ich euch künftig jede Woche eins dieser Bücher vorstellen. Bücher, die ihr gerne lesen werdet, weil sie euch zum Lachen, zum Weinen und zum Grübeln bringen werden.

Beginnen wir mit einem, das euch mit Sicherheit zum Lachen bringt. „Die Bibel nach Biff“ ist nämlich das lustigste Buch, das ich je gelesen habe. Und dabei geht es um eine Geschichte, die sich in ihrer originalen Fassung nicht gerade durch ihren Humor auszeichnet. Es geht um das Leben von Jesus Christus. Als das Jahr 2000 - und damit Jesus 2000. Ge-burtstag - bevorsteht, beschließt er, eine Milleniums-Bibel herauszugeben. Es soll ein Buch hinzugefügt werden. Und zwar eines über die Kindheit und Jugend Jesu Christi, die in den anderen biblischen Erzählungen bislang ausgespart wur-de. Und wer könnte dieses Buch besser schreiben als Biff, der beste von Jugend-freund von Jesus? Für dieses Vorhaben wird Biff, der seit fast 2000 Jahren un-ter der Erde liegt, von den Toten aufer-weckt und zusammen mit dem Erzengel Raziel in ein Hotelzimmer irgendwo in Amerika eingeschlossen. Während der

Sophias Welt

Christopher Moore:

Die Bibel nach Biff Die wilden Jugendjahre von Jesus, erzählt von seinem besten Freund New York 2002

herrlich naive Raziel sich nicht von den irdischen Lastern der Fernsehens und der Schokolade wegreißen kann („Scho-kolade?, „Ein Erdensnack. Du wirst sie lieben. Satan hat sie erfunden.“), lässt sich Biff Pizza aufs Zimmer bestellen und schreibt sein Evangelium. Darüber, wie er Joshua -oder kurz Josh- kennen gelernt hat, während dieser als kleiner junge Eidechsen wiederbelebte, die sein kleiner Bruder mit einem Stein zer-trümmert hatte. Darüber, wie sie Maria Magdalena -kurz

Maggie- kennen lernen und sie ihre beste Freundin wird. Darüber, wie der Engel, der eigentlich die Geburt des Heilands verkünden sollte, zehn Jahre zu spät kommt („Ich steck echt in der Klemme. Ich wollte auf dem Weg hierher kurz mit Michael plauschen und da lief gerade ein Kartenspiel. Ich wusste wohl, dass es etwas gedauert hat, aber...“) und Joshua herausfi ndet, dass er der Messi-

as ist. Darüber, wie die beiden Halbstar-ken bis in den fernen Osten ziehen, um die drei Heiligen Könige aufzusuchen. Denn von diesen erhofft sich der hoff-nungslos überforderte Joshua zu lernen, wie man Messias wird. Während Josh also von den drei weisen Männern lernt , vergüngt sich Biff mit Balthasars Kon-kubinen, mistet Melchiors Yak-Kuhstall aus und lernt von einer Prostituierten im Dorfe Kaspars das Kama Sutra.

Christopher Moore erfi ndet diese Ge-

schichte rund um den Kern der Chris-tenheit mit einem einzigartigen Humor, ohne dabei den Respekt gegenüber dem Mythos Jesus Christus zu verlieren. Wie auch Christopher Moore in seinem Vorwort, empfehle ich dieses Buch nie-manden, der es mit der biblischen Lehre allzu ernst nimmt. Für alle anderen ist „Die Bibel nach Biff“ ein wahres Lese-vergnügen. Das auf dem Buchrücken aus der amerikanischen Kritik zitierte

„one-laugh-a-page“ ist keinesfalls über-trieben. Dabei bleibt Moores Sarkasmus auf einem intelligenten Niveau und macht Die Bibel nach Biff um Klassen besser, als David Safi ers RTL2-humo-

riges „Jesus liebt mich“. Moore kreiert auf knapp 600 Seiten liebenswerte Cha-raktere rund um Persönlichkeiten, die uns im Religionsunterricht bislang nur gelangweilt haben. Dem aufmüpfi gen

Draufgänger Biff setzt er einen sensib-len, naiven Jesus-Charakter entgegen, den man stellenweise gerne in den Arm nehmen möchte, um ihm zu sagen „Du schaffst das schon, Junge“. Wem Chris-topher Moore gefällt, empfehle ich seine späteren Romane „Ein todsicherer Job“ und „Fool“. Seine frühen Werke (z.B. „Lange Zähne“) sind auch nett, kom-men aber nicht an sein Meisterwerk über „die wilden Jugendjahre von Je-sus, erzählt von seinem besten Freund“ heran.

Zur Autorin: Sophia Lisa Sotke studiert Ge-schichte und Kunstgeschichte. Sie liest unheimlich viele Bücher und redet unheimlich gerne darüber. Und so kommt es, dass sie nun darüber schreibt. Sie würde sich freuen, wenn ihr die von ihr emp-fohlenen Bücher nicht im Internet bestellt, sondern im Buchladen um die Ecke kauft. Den gibt es andern-falls nämlich nicht mehr lange.

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22 | Campus Delicti22 | Campus Delicti

KulturArnd Obert studiert im dritten Semester Physik und spielt seit einem Jahr Horn im Orchester der HHU. Obwohl er mit seinen 20 Jahren einer der jüngsten Mitglieder ist, engagiert er sich seit die-sem Semester im Vorstand des Chors.

Hallo Arnd! Wie bist du zum Unior-chester gekommen?Eigentlich wollte ich Musik studieren, ich mache auch selbst schon seit vier Jahren Musik. Als ich mich dann aber für Physik entschieden habe, war klar, dass ich auch weiter Musik machen werde, weil Musik zu meinem Leben gehört. Ich habe dann einfach nach einem Orchester an der Uni gegoogelt und es gefunden.

Was muss man tun, wenn man mit-spielen möchte?Jeder kann erst mal unverbindlich zur ersten Probe kommen, die am Semes-teranfang stattfindet und sich selbst ein

Bild vom Orchester machen. Wer dann Interesse hat, der wird zum Vorspielen eingeladen.

Vorspielen - wie kann man sich das vorstellen?Das hört sich immer so schlimm an, aber man sollte sich wirklich nicht da-von abschrecken lassen. Man spielt ein bis zwei Stücke, aber die müssen jetzt auch nicht konzertreif sein. Der Zweck ist einfach zu schauen, wo stehst du musikalisch und wie passt du ins Uni-Orchester. Zuhörer sind die Dirigen-tin, der Stimmfhrer (erste Geige, erstes Horn, etc.), der Konzertmeister (höchs-te Position im Orchester) und jemand vom Vorstand.

Auf welchem Niveau spielt das Orches-ter?Es ist ein Orchester von Studierenden für Studierende, wobei auch einige Berufstätige dabei sind. Das heißt, wir streben schon ein hohes Niveau an, weil das Spaß macht, aber wir sind kei-ne Profimusiker.

Übst du viel? Wie ist das mit dem Stu-dium vereinbar?

„Musik gehört zu meinem Leben“

Ich übe, je nach Phase, bis zu vier Mal die Woche eine Stunde lang und dann jeweils noch die zweieinhalb Stunden Probe. Aber das hängt auch von dem eigenen Interesse und dem Instrument ab. Mir macht es Spaß und ich möchte mich auch gerne am kulturellen Leben der Uni beteiligen. Mit dem Studium funktioniert das gut. Die einzige Ver-pflichtung, die man hat, ist einmal pro

Woche zur Probe zu kommen. Den Rest kann man sich frei einteilen. Meistens sind die Konzerte auch außerhalb der Klausurphasen, sodass es nicht zu viel auf einmal wird. Aber ich finde es wich-tig ab und zu etwas anderes zu machen, außer nur zu studieren.

Was sind das für Leute im Orchester und wie ist die Stimmung?Wir sind etwa 60 Musiker zwischen 20 und 50 Jahren. Die Studierenden kom-men aus verschiedensten Richtungen, wie Medizin, Pharmazie, Jura, Tonin-genieure, usw. Naturwissenschaften sind leider nicht so stark vertreten. Ich lade jeden ein, zur Probe einfach vor-beizuschauen und mit uns nach Probe-nende ein Bier im Scottis an der Chris-tophstraße trinken zu gehen. Dann kann man sich selbst von der guten Stimmung erzeugen.

Wie was steht dieses Jahr auf dem Programm des Orchesters?Wir geben im Semester drei bis vier Konzerte. Dieses Semester gibt es noch eine Kooperation mit dem Unichor für Verdis Requiem. Für Anlässe, wie den Neujahrsempfang des Rektors, sprengt das aber den Rahmen, weswegen wir noch ein paralleles Programm einstu-dieren werden.

Während der WM habt ihr im Konzert auch mal die Vuvuzelas ausgepackt. Was kommt als nächstes?Ja, da sieht man: wir sind lustig drauf und auch mal für einen Spaß zu ha-ben. Aber wir nehmen die Musik schon Ernst. Das hat eben gerade gepasst mit der WM. Jetzt konzentrieren wir uns erst mal auf das Projekt mit dem Uni-chor.

Was ist dein Appell an die Erstsemes-ter?Kommt auf jeden Fall vorbei und lasst euch nicht abschrecken! Vor allem nicht davon, dass das Studium so viel ist. Wenn ihr dann doch nicht zum Or-chester kommt, dann macht trotzdem etwas zum Ausgleich, wie Sport oder etwas Kulturelles. Das Gespräch führte Fabian Kurmann

(Bild: Archiv)

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KulturSeit einem Jahr hängen regelmäßig

Plakate an der Uni, die zum kostenlosen Kinoerlebnis einladen. Wo sonst Vorle-sungen stattfinden, amüsieren sich dann

an ausgewählten Mittwochabenden Stu-dierende bei Popkorn und Fanta.

Das CampusKino entstand ursprüng-lich aus dem Wunsch mehr Kultur an die Uni zu bringen, und zwar umsonst. „Das Studentenleben ist ja sowieso schon teuer genug“, sagt Steffi Volk von

der Fachschaftenliste, die das Event mit-betreut. Die Besucherzahlen sind noch durchwachsen: Während im Winter durchschnittlich 150 Studis auf die Lein-wand starrten, blieben die Zuschauer im Sommer aus. „Egal“, sagt Steffi, denn

erstens komme jetzt sowieso der Winter

und Aktionen zur Auweitung des Pro-gramms seien auch schon in Planung: Ein Kinotag mit Zeichentrickfilmen soll

Studierende und ihre Kindern erfreu-en. Desweiteren ist ein Mottoabend zum Thema „Ladies Night“ angedacht. Erstmal startet die Veranstaltungsreihe aber regulär am Mittwochabend, 20.Ok-tober, 19 Uhr, Hörsaal 3D (sonst im-mer 3H) mit der Komödie „Die Nackte Wahrheit“.

In dem Film geht es um die erfolg-reiche TV-Produzentin Abby Richter, die in der Liebe bisher noch kein Glück hatte. Sie glaubt an die Existenz tiefer Gefühler in Männern, ganz im Gegen-satz zu ihrem Moderatorkollegen und Macho Mike, der die inneren Werte für

Gruppenkuscheln im Dunkeln

unwichtig hält. Die beiden schließen einen Deal ab: Wenn Abby mit Mikes Methoden ihren scharfen Nachbar er-obert, behält er seinen Job, ansons-ten muss er kündigen. Wie der Film ausgeht wird natürlich nicht verraten! Wer also Mittwochabend noch nichts vor hat, begibt sich mit Getränk und Knabbereien ins Gebäude der Philoso-phischen Fakultät. Erfreulich wäre es, wenn wieder so viele Studierend ins Hörsaalkino strömen würden, wie da-mals zum Film „Hangover“, als 300 Leu-te für echte Kinoatmosphere sorgten. Denn die Lizenzgebühr der GEMA von 400 Euro pro Jahr wird sowieso ge-zahlt.

Fabian Kurmann

Dieses Jahr präsentierte sich die Uni ungewohnt früh: Am Tag der Deutschen Einheit lud sie zum „Tag der Universität“ ein. Nicht mehr die Forschung sollte im Vordergrund ste-hen, sondern der Lebensraum Universität. Dazu gehörten neben schwertkämpfenden Bärtigen und akrobatisch turndenden Studierenden auch ein Pferd, das Werbung für die Hochschulreitgruppe im Rahmen des Hochschulsports machte. Vor der Zentralbibliothek hatte das Hochschulra-dio eine Bühne aufgebaut, von der aus es den ganzen Tag live sendetee und die Medizinische Fakultät bot Gelegen-heit, sich das Ultraschallgerät mal von innen anzusehen. Die Psychologie versuchte mittels Lügendetektoren Zahlen zu erraten und die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultä glich einer Spielwiese: Hier konnte man unter an-derem mit Styropor experimentierten. Die Physiker froren die Schatten der Besucher ein und starteten Wasserrake-ten im Hörsaal. Wer seiner Verwandschaft schon mal ein Foto im Examensgewand schicken wollte, musste sich nur zwischen Urkunden des Bachelors und dem 1. Staatsexa-men entscheiden. Schwarze Hüte und Gewänder waren in allen Größen vorhanden. Für den kleinen Hunger gab es ein kulinarischens Angebot aus verschiedenen Ländern. Auch Studierende, die schon mehrere Jahre an der HHU verbracht haben, konnten noch neue Sachen entde-cken. Schade ist nur, dass er so früh stattgefunden hat, dass viele Erstsemester leider nicht teilnehmen konnten. Fabian Kurmann

Lebensraum Universität

(Bilder: Fabian Kurmann)

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KulturRoland Ursprung ist schon seit 3 Jah-ren Mitglied im Unichor der HHU und mittlerweile dessen Vizepräsi-dent. Eine Freundin hatte ihn damals zum Reinschnuppern mitgenommen und seitdem singt er begeistert mit. Auf das diesjährige Projekt mit dem Uniorchester freut er sich schon sehr. „Der Chor besteht aus etwa 80-100 Sängern von Anfang 20 bis Ende 50“, berichtet Roland. Die Zahl schwankt so, weil immer wieder neue Leute dazu kommen und alte Mitglieder den Chor verlassen, wenn ihr Studium zu Ende ist oder sie ins Ausland gehen. Das Verhältnis von Frauen und Männern ist mit zwei Dritteln zu einem Drittel aber quasi ideal. „Musikalisch sind wir eher klassisch orientiert, was aber auch vom Ort des Auftritts abhängt“, sagt der Vizeprä-sident. Letztes Jahr waren brasilia-nische Stücke mit im Programm. Es gibt nämlich einen Partnerchor in Brasilien, der letztes Jahr zu Gast in Deutschland war. „Und auch umge-kehrt sind wir schon in Brasilien zu Besuch gewesen“, erzählt Roland be-geistert. Vor 3 Jahren gab der Unichor 12 Konzerte in 9 Städten des südame-rikanischen Kontinents. Ein „irres Er-

Eine Stimme aus dem Unichor

lebnis“ sei das gewesen, und das Beste daran, dass man auch viel mit Leuten aus dem Land zu tun gehabt habe. So viele Konzerte sind es im norma-len Semesterbetrieb nicht. Die Bühne der drei bis fünf Konzerte im Halbjahr reicht dann aber von Altenheim bis zur Tonhalle mit über 1800 Plätzen. „Mit dem Studium ist der Chor gut vereinbar“, meint Roland, „denn man trifft sich nur einmal pro Woche für zweieinhalb Stunden und geübt wird eigentlich nur vor Konzerten.“ Aber Ernst nimmt er das Singen schon, schließlich ist der Düsseldorfer Uni-chor, nach dem Münnchner, der zweit-bekannteste seiner Art in Deutschland. Den Ablauf einer Probe beschreibt er so: Man beginnt mit dem Einsingen, danach gehen im Wechsel kleinere Gruppen in den Raum nebenan, in dem sie von der Stimmbildnerin Ni-cole Dreibholz in der Bildung von Tö-nen und Lauten, wie zum Beispiel von p, t und k, trainiert werden. Der rest-liche Chor studiert das aktuelle Pro-gramm mit Dirigentin Silke Löhr ein. Mitmachen kann jeder der möchte. Notenlesen ist zwar erwünscht, aber keine Voraussetzung. Wer den Chor

kennen lernen möchte, kommt ein-fach zu einer Schnupperprobe am An-fang des Semesters, jeden Mittwoch um 19 Uhr im Hörsaal 2A, vorbei. Um dann endgültig aufgenommen zu werden, muss man in Begleitung des Pianisten vorsingen. „Etwa 80% kommen beim Vorsingen durch“, er-klärt Roland, „beim Rest passt die Stimme nicht zum Chorgesang.“. Die Probe ist wichtig für den Chor, denn wenn auch nur einer schief singt, wird das Hörerlebnis deutlich getrübt. Roland hat im Unichor eine Freizei-taktivität gefunden, die ihm einen Ausgleich zum Alltagsleben bietet, wo er Freunde gefunden und so manches Abenteuer erlebt hat. Sein abschlie-ßendes Wort an die neuen Studieren-den der HHU lautet: „Wenn ich nicht wisst, ob euch Singen Spaß macht, dann kommt vorbei und danach wisst ihr, dass es euch Spaß macht!“. Weitere Infos sowie alle Probentermi-ne und Ansprechpartner findet ihr auf

der Homepage des Chors:www.unichor.uni-duesseldorf.de

Fabian Kurmann

(Bilder: privat)

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KulturNeun Wochen verbrachten Pascal

Rauch, Franziska Klappoth und Cora Nagorny in Ecuador. Beinahe wären sie nicht mehr zurückgekommen. Nur zwei Tage nach der Abreise der Düssel-dorfer Studenten besetzten meuternde Polizisten öffentliche Gebäude und den Flughafen. Der Beginn eines Putschver-suches, wie Präsident Rafael Correa spä-ter sagen wird.

Der Hintergrund: Seit Ende Septem-ber protestieren Polizisten gegen ein ge-plantes Gesetz, dass längere Dauer zwi-schen Beförderungen vorschreibt und außerdem Bonuszahlungen streichen will. Präsident Rafael Correa sprach von einem Putschversuch. Nach einem Pro-test vor einer Kaserne am 30. Septem-ber wurde der 47-jährige verletzt, eine Tränengasgranate explodierte neben ihm, woraufhin er in ein Krankenhaus gebracht worden ist. Der Präsident war wegen einer Operation am Knie auf Krü-cken unterwegs und im Krankenhaus behandelt worden. Zwölf Stunden lang war er nach eigenen Angaben nicht in der Lage, das Krankenhaus zu verlassen. Angeblich hatten meuternde Polizisten das Hospital belagert. Am Ende befrei-ten Soldaten den Präsidenten unter Schusswechsel. Die Bevölkerung konnte die Militäraktion live vor dem Fernseher miterleben.

Direkt nach seiner Befreiung sprach Correa vom Balkon des Präsidentenpa-lastes zu seinen Anhängern. „Es ist der traurigste Tag meiner Amtszeit“, erklär-te der linksorientierte Präsident. „Völlig unnötig wurde ecuadorianisches Blut vergossen“, so Correa.

Brennende Autoreifen und PlünderungenSeit dem gilt in Ecuador der Ausnah-

mezustand, das Militär soll nun die öf-fentliche Ordnung wahren.

„Wir haben davon erst wieder in Deutschland erfahren“, berichtet Pascal Rauch. Neun Wochen arbeiteten und reisten Pascal Rauch, Franziska Klap-poth und Cora Nagorny durch Ecuador. In der Hauptstadt Quito arbeiteten die beiden Sozialwissenschaftler und Cora, die soziale Arbeit an der Fachhochschule in Düsseldorf studiert, bei einer nieder-

Putsch in Ecuador:

Studierende der HHU vor Ort

ländischen Hilfsorganisation und halfen vor allem bei der Kinderbetreuung. Am Nachmittag nahmen sie Spanisch-Un-terricht bei der Privatlehrerin Silvana. Schon nach kurzer Zeit pendelt sich da der Alltag ein, auch in so einem fremden Land. Man gewöhnt sich an die Men-schen, an die Umgebung. Man kommt zurück nach Deutschland. Und erfährt von der Entführung des Präsidenten. „Ich war beunruhigt. Es ist so ein merk-würdiges Gefühl, ich war ja gerade wieder hier und dann passiert sowas“, erklärt Pascal Rauch. Doch allen lieb gewonnenen Freunden geht es gut. Die Medien berichten von brennenden Au-toreifen und Plünderungen. Die Ecua-dorianer berichten von Fahrradtouren abends durch die Altstadt von Quito, eine Aktion im Rahmen einer Umwelt-kampagne. „Es waren wahrscheinlich eher andere Viertel betroffen“, meint auch Franziska Klappoth.

Acht Präsidenten in zehn JahrenOder vielleicht waren es auch einfach

die Menschen nur nicht so sehr. Dass Correa überhaupt schon seit drei Jahren an der Macht ist, ist für das Schwellen-land Ecuador ungewöhnlich. Der Präsi-dent vermutete hinter der Meuterei der Polizisten seinen Amtsvorgänger Lucio Guitérrez, der 2005 vom Parlament ge-stürzt worden war. Von 1997 bis 2007 regierten acht Präsidenten in Ecuador. Seit dem ist Correa an der Macht.

„Man merkt schon, dass Ecuador ein Schwellenland ist“, fi ndet Franziska

Klappoth. Es gibt eine funktionierende

Infrastruktur, ein Netz von öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Armut ist nicht allgegenwertig. „Es gibt Länder, in de-nen die Situation viel schlimmer ist“, glauben die Studenten. Vor zehn Jah-ren hätten sie das vielleicht noch anders beurteilt. „Unsere Spanisch-Lehrerin Silvana hat uns von der Einführung des US-Dollars erzählt.“ Nach einer Hy-perinfl ation sollte der Währungswechsel

die Wirtschaft stabilisieren. „Die Men-schen konsumierten damals gar nichts, die konnten wirklich allerhöchstens Lebensmittel kaufen“, berichtet Pascal Rauch.

Schon vor der Eskalation beobachte-ten Franziska und Cora Proteste in der Hauptstadt Quito. Allerdings nur in kleinem Ausmaß, Studierende demons-trierten vor der Universität, eine Grup-pe von Menschen mit Plakaten vor dem Sozialamt. Nichts Ungewöhnliches, fi n-

det Franziska.Von randalierenden Polizisten keine

Spur. Anwesend sind sie, zweimal wird Pascals Visum überprüft. „Die Polizei war schon immer sehr aufmerksam“, berichtet auch Franziska. Korruption ist kein großes Thema in Ecuador.

Interviewte Ärzte vermuten InszenierungCorrea hat eine breite Anhängerschaft

in der Bevölkerung. Wenn er spricht, jubelt die Bevölkerung. Auch während die Polizisten protestierten, das Militär sprach dem Präsidenten stets seine Loy-alität aus. Während der Revolten ver-kündete auch UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon seine Besorgnis.

Doch in Ecuador kursieren auch an-

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Kulturdere Gerüchte. Nach Informationen der Nachrichtenhomepage Latina-press.de sei Correa niemals belagert gewe-sen. Ärzte des Krankenhauses hätten in einem Interview erklärt, dass es in der Entscheidung des Präsidenten lag, nicht zu gehen.

Man merkt, „dieses revolutionäre Denken ist sehr stark in der Bevölke-rung“, sagt Franziska. Aber das sei auch typisch lateinamerikanisch, meint Pas-cal. Eher typisch für diese Übergangs-phase, stellt Franziska fest.

Hauptdarsteller: Woody Allen, Diane Keaton

Die ULB verleiht nicht nur Bücher, sondern bietet uns Benutzern auch eine große Auswahl an Filmen zur Ausleihe an - unter anderem die komplette Cine-mathek der Süddeutschen Zeitung. In dieser Reihe möchten wir euch jede Wo-che einen dieser Filme vorstellen.

Beginnen wir mit A wie „Annie Hall“ oder auch „Der Stadtneurotiker“ von Woody Allen. Der Film verhalf Woody Allen 1977 zu Weltruhm, da er ihm ganze vier Oscars auf einmal einbrachte: den für den Besten Film, den für die Beste Regie, das Beste Original-Drehbuch und für die Beste Hauptdarstellerin (Diane Keaton). Gerechtfertigt, denn „Annie Hall“ zeigt Woody Allens Drehbuch-, Re-gie- und Schauspielkunst in ihrer dich-testen Form, ist Woody Allen pur. Wie so oft spielt das Universal-Talent sich selbst; einen neurotischen, leicht para-noiden, jüdischen New Yorker, der als

Filme von A-Z

Diese Woche: Annie Hall (Der Stadtneurotiker)

Stand-Up Comedian sein Geld verdient. Alvy Singer (Woody Allen) formuliert seine pessimistische Weltanschauung direkt am Anfang des Filmes, als er zum Publikum gewandt seine Lieblingswitze erzählt:

„,Zwei uralte Damen sitzen in einem Hotel mit Vollpension. Sagt die eine zur anderen: Wissen Sie, ich finde das Es-sen hier einfach katastrophal. Sagt die andere: Ja stimmt, und diese winzigen Portionen!Wenn Sie mich fragen, so sehe ich im Wesentlichen das Leben. Es ist voller Einsamkeit, voller Elend und Kummer, und doch, ist das ganze ei-gentlich viel zu schnell vorbei. Und für mich ist noch ein anderer Witz von all-ergrößter Bedeutung, er lautet so, wenn ich mich richtig erinnere: ,Ich möchte nie einem Club angehören, der Leute wie mich als Mitglieder aufnimmt.

Und das ist genau die Einstellung, die ich Frauen gegenüber habe, seit ich erwachsen bin.“ Dass Alvy Singer auf Annie Hall trifft, ändert nichts an die-

ser Einstellung. Die junge Schauspiele-rin und Sängerin kann den bereits zwei Mal geschiedenen Alvy nicht von seinen Neurosen abbringen. Am Ende verliert er sie. Das erfährt der Zuschauer aller-dings schon in der ersten Szene. Was auf diese Szene folgt, sind Episoden aus der Beziehung von Alvy Singer und An-nie Hall, die nicht chronologisch, son-dern situativ aneinander gereiht sind. Ähnlich wie in einer Gedankenkette wechseln die Szenen von „Annie Hall“ zwischen Erinnerungen, Gedankenspie-len, Trick-Film Sequenzen und Szenen im Split-Screen-Verfahren. Der Film springt ständig zwischen verschiedenen Zeit- und Sinnebenen - es bleibt dem Zuschauer überlassen, diese zu erken-nen. Trotzdem gelingt Woody Allen mit „Annie Hall“ ein flüssiger Film und dar-über hinaus ein humorvolles, herrlich sarkastisches Portrait der Lebens- und Liebesabenteuer moderner Großstadt-bewohner.

Sophia Sotke

(Bilder: privat)

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Der AStA informiert...Allgemeiner Studierendenausschuss

Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen,

mit der neuen Campus Delicti stellt sich der

neue AStA-Vorstand vor. Ab jetzt werden wir in

jeder Ausgabe auf der „der AStA informiert“-

Seite über unsere Vorhaben, Ideen, Pläne und

Aktionen berichten und können schon mal an-

deuten, dass wir ziemlich vieles vorhaben. Wir

halten euch auf dem Laufenden.

Denn am 15.7. hat ein Machtwechsel im AStA

stattgefunden und für eure Interessenwahrneh-

mung und -vertretung hat sich eine breit gefä-

cherte Koalition zusammengefunden. Fachschaf-

tenliste, Liberale Hochschulgruppe, campus:

grün, Ring Christlich-Demokratischer Studenten

und die Unabhängige Demokratische Studieren-

den bilden mit ihren Vertretern den neuen AStA-

Vorstand.

Wer wir sind? Wir sind Yasemin, Patrick, Lisa, Tobias und Nezih. Was wir machen? Uns für bessere Studienbedin-

gungen einsetzen und das Campusleben interessanter gestalten. Was wir bis jetzt gemacht haben? Präsenz zeigen,

da kein Schwein weiß, wer oder was der AStA ist.

Deshalb sind wir jetzt da, denn wir sind an eurer Meinung interessiert, für die wir gegenüber dem Rektorat, dem

Studentenwerk, der Stadt und dem Land kämpfen. Deswegen planen wir u.a. eine „Kritische Bologna Woche“ -

wahrscheinlich das größte Thema, das tagtäglich euer Studentenleben beeinfl usst.

Neues durch uns? Eine grundsätzliche Renovierung des AStA. Nicht nur des AStA-Flures (25.23.U1), sondern auch

der Zusammenarbeit innerhalb des AStA und der Kommunikation mit euch. Unser Anliegen ist, euch zu erreichen:

Freie Ausschreibungen der AStA-Referate war der erste Schritt, so dass sich jeder interessierte Studierende, im

AStA engagieren kann. Weiterhin führen wir eine Politik der offenen Tür und laden euch herzlich ein, mit Ideen,

Verbesserungsvorschlägen, aber selbstverständlich auch mit Kritik vorbeizuschauen.

Demnächst berichten wir mehr darüber, was im AStA abgeht ...

Die kommende Woche wichtig:

Die Universitätsvollversammlung am Montag,

den 18. Oktober um 16 Uhr in HS 3A.

Wir wollen wissen, was euch beschäftigt, wo Verbesserungsbedarf von Nöten ist und wofür

wir uns einsetzen können.

Unsere Feedback- Adresse: [email protected]

Ihr seid neu in Düsseldorf und sucht eine Notunterkunft?

Meldet euch unter [email protected].

Wir können euch mit einem Schlafplatz weiterhelfen.

Ihr wollt über aktuelle Ereignisse frühzeitig von uns informiert werden?

Gleich auf www.asta.uni-duesseldorf.de vorbeischauen und für den Newsletter anmelden.

„Wir haben uns mit der neuen Forschungsministerin Svenja Schulze getroffen. Die anstehende Abschaffung der Studien-beiträge, die versprochenen Kompensationszahlungen, Bo-logna und BAFöG - darüber haben wir mit ihr diskutiert.“

Dauerwerbesendung

V.i.S.d.P.: AStA-Vorstand

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Leckerbissen

Campus:

Hans Dietrich Genscher eröffnet am 19.10. um 17 Uhr die Ringvor-lesung „Staat und Recht in Teilung und Einheit“ in Hörsaal 3A. Der ehemalige Außenminister der BRD wird über seine Erfahrungen von 1945 bis zur Wiedervereinigung sprechen. Achtung: früh kommen lohnt sich, da die Vorlesung be-stimmt gut besucht sein wird. Mehr infos unter www.teilungundeinheit.de

Kultur:

Die Ausstellung „Unter dem Radar“ findet im Rahmen von „vierwaen-dekunst“, dem Festival der Düs-seldorfer Off-Szene statt. Gezeigt wird, was normalerweise nur we-nige zu sehen bekommen: junge Düsseldorfer Künstler, deren Kunst noch keine Museumswände gese-hen hat, zeigen Werke aller Art und bieten Einblick in ihre Ateliers. Das Festival geht nur noch bis zum 16. Oktober. Mehr Infos unter www.vierwaendekunst.de

Kino:

„Bal - Honig“ gewann auf der Ber-linale 2010 den Goldenen Bären. Grund genug, sich den Film über den jungen Yusuf, der zusammen mit seinem Vater Honig in der tür-kischen Rize-Region herstellt, anzusehen. Bal - Honig läuft in Düsseldorf nur noch bis zum 20. Oktober. Mehr Infos unter www.bal-der-film.de

Donnerstag, 14.10.2010

Ausstellung: „Unter dem Radar“, 15-20 h, Festival vierwaendekunst, Con-Sum, Ronsdorferstr. 77a Ringvorlesung: Gewalt und Ästhetik, 16-18 h, 22.01.HS2DBühne: Frizzles Improvisationstheater, 20 h, Jazzschmiede, Himmel-geisterstr. 107g

Freitag, 15.10.2010

Ausstellung: Im Fadenkreuz – 40 Jahre Tatort, 11-17 h, Filmmuse-um, Schulstraße 4Campus: Survivaltraining für Erstis – Bäfog, Stipendien, Jobs etc., 13-14 h, 23.21.HS3EParty: TV Eye Record Labelfest, 21 h, Pretty Vacant, Mertensgasse 8

Samstag, 16.10.2010

Stadtführung: Düsseldorf, 13.30 h, Anmeldung unter [email protected]: Hochschulsport-Party, ab 21 h, SP-SaalGay-Party: „Amitabha“, ab 23h, Berolina Bay, Berliner Allee 46

Sonntag, 17.10.2010

Kunst: „Roy Lichtenstein“ (letzter Tag der Ausstellung), Museum Ludwig, Heinrich-Böll-Platz, Köln Theater: Romeo und Julia, 19.30 h, Düsseldorfer Schauspielhaus, Gustav-Gründgens-Platz 1Poetry-Slam: POESIESCHLACHTPUNKTACHT, 20 Uhr, zakk, Fich-tenstraße 40

Montag, 18.10.2010

Workshop: Schritt für Schritt dem Abschluss entgegen, 15-17 h, Stu-dierenden Service CenterKino: “Dr. Seltsam”, Regie: Stanley Kubrick, 18 Uhr, Black Box (Film-museum), Schulstraße 4Klassik: Cello & Orgel, ido-Festival, 19.30 h, St. Lambertus, Stifts-platz

Dienstag, 19.10.2010

Vorlesung: Hans-Dietrich Genscher, Bundesminister a.D., 17 Uhr, 23.01.HS3AKonzert: Local heroes, Bogus Empire & support, 19 Uhr, SP SaalKino: „Bal – Honig“ (OmU), Regie: Semih Kaplanoglu, 21 Uhr, Bam-bi, Klosterstraße 78

Mittwoch, 20.10.2010 Seminar: Study Strategy Programm für Studierende der Phil.Fak., 16-18h, 25.13.U1.24Campus: Campus Kino, 19 Uhr, 23.21.HS3H Konzert: Donots – The long way home tour, 20 Uhr, zakk, Fichten-straße 40

Veranstaltungs-Tipps 14. Oktober – 20. Oktober