CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009
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7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009
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herausgegeben vom
CCCDCentrum fr Corporate Citizenship Deutschland
CORPORATE RESPONSIBILITY UND DIE MEDIEN
Wie die Medien ber gesellschaftlicheVerantwortung von Unternehmen berichtenund wie sie ihrer eigenen Verantwortung alsUnternehmen nachkommen
DAVID GRAYSON
ebatte02
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David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
ber das CCCD:
Das CCCD ist eine gemeinntzige Organisation an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. In
Kooperation mit fhrenden Unternehmen, wissenschaftlichen Instituten und zivilgesellschaftlichen Organisationen im In-
und Ausland arbeitet das CCCD als Think Space und Kompetenzzentrum sowie als Dialogplattform, Impuls- und Gastge-
ber fr Good Corporate Citizens und diejenigen, die es werden wollen. So organisiert das CCCD Foren fr den fachli-
chen Austausch zwischen Corporate Citizens sowie zwischen Unternehmen, Wissenschaft, Politik und Brgergesellschaft,
frdert und betreibt anwendungsorientierte Forschung, ermglicht Lernprozesse durch Diskussions- und Fortbildungsan-
gebote und untersttzt die Zusammenarbeit von Unternehmen mit Partnern aus Brgergesellschaft, Wissenschaft
und/oder Politik. Mit Workshops, Publikationen und ffentlichen Veranstaltungen gibt das CCCD darber hinaus gezielteImpulse fr den Diskurs zu Corporate Citizenship in Deutschland sowie fr die Praxis gesellschaftlich engagierter Unterneh-
men.
Das CCCD ist der deutsche Partner des Boston College Center fr Corporate Citizenship, USA, Teil des GERN Global
Education and Research Network und des CSR 360-Global Partner Network von Business in the Community, UK.
Kontakt:
CCCD Centrum fr Corporate Citizenship Deutschland
Kollwitzstr. 73
D-10435 Berlin+49 (0)30 41 71 72 21
www.cccdeutschland.org
ber den Autor:
Professor David Grayson (Commander of the British Empire) kam im April 2007 nach 30 Jahren als sozialer Unternehmer
und Aktivist fr verantwortungsvolles Unternehmertum, Diversitt und die Entwicklung von mittelstndischen Unternehmenals Direktor des neuen Doughty Centre for Corporate Responsibility an die Cranfield School of Management. Er war Vor-
sitzender des britischen Disability Councils sowie verschiedener weiterer Regierungsgremien und diente als Joint Mana-
ging Director von Business in the Community. Er ist Visiting Senior Fellow der CSR-Initiative an der Kennedy School of
Government in Harvard. Er hat einen Magisterabschluss der Universitten Cambridge und Brssel und einen Ehrendoktor
der London South Bank University inne. Er war Visiting Fellow an verschiedenen britischen und amerikanischen Wirtschafts-
hochschulen. Zu seinen Bchern zhlen Corporate Social Opportunity: Seven Steps to make Corporate Social Respon-
sibility work for your business (Greenleaf - 2004 http://www.greenleaf-publishing.com) und Everybody's Business (2001)
beide mit Adrian Hodges geschrieben. Er ist auch Vorsitzender von Housing 21, einem der fhrenden Anbieter von
betreutem Wohnen und Pflegeunterknften fr ltere (http://www.housing21.co.uk).
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David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
Zusammenfassung
I. Einleitung
II. Vorbemerkungen
III. Wie berichten die Medien gegenwrtig ber CR, und wie knnte dies in Zukunft aussehen?
Was zhlt als CR-Story?
Aufforderung zum Handeln
Der Einfluss von Kosten
Ist das typisch fr CR?
Sind wir selbst unser schlimmster Feind?
Andere Medien
IV. Die Corporate Responsibility der Medien selbst
a. Redaktionelle Grundstze und Meinungsfreiheit
b. Privatsphre und ffentliche Anstandsregeln
c. Werbung
d. Bildungs- und Informationsauftrag
Fazit
V. Welche Auswirkung haben die neuen Medien?
Ein Ort des Gesprchs Brgerjournalismus
Was bedeutet das fr Unternehmen?
VI. Corporate Responsibility in den neuen Medien
VII. Handlungsoptionen: Die Rolle von Unternehmen und CR-Zusammenschlssen
a. Einzelunternehmen
b. Schnittstellenorganisationen im Bereich Corporate Responsibility
VIII. Fazit
IX. Danksagung
Inhalt
6
7
8
9
9
10
11
11
12
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15
15
15
16
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2021
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Eine neue Art des Wirtschaftens, bloe Rhetorik oder
nichts weiter als schmckendes Beiwerk? Medien
haben die Macht, Corporate Citizenship im ffentlichenDiskurs zu adeln oder aber zur Randerscheinung zu
degradieren: durch entsprechendes Agenda-Setting,
durch glaubwrdige Information fr eine kritische ffent-
lichkeit und nicht zuletzt durch die Anerkennung, die ein
Zeitungs- oder Fernsehbericht fr ein engagiertes Unter-
nehmen bedeutet. So sind sich Unternehmen und Exper-
ten in gelegentlichen Diskussionen ber die Bedeutung
der Medien fr Corporate Citizenship bzw. Corporate
Responsibility in aller Regel sehr rasch sehr einig in der
gemeinsamen Klage, dass zu selten ber diese Themen
berichtet wird.
Indessen greift diese Klage zu kurz: es gibt viel mehr zu
sagen, zu diskutieren und nachzudenken ber die Frage,
wie die Medien das gesellschaftliche Engagement von
Unternehmen, verantwortliches und nachhaltiges Wirt-
schaften und neue Kooperationen zwischen Unterneh-
men, Zivilgesellschaft und Staat befrdern knnen.
Mit der zweiten Ausgabe der CCCDebatte, die wir Ihnen
hiermit vorlegen, mchte das CCCD dieser wichtigen Dis-
kussion eine neue, weiter reichende Perspektive geben.
David Grayson, ein international renommierter CorporateResponsibility-Experte, richtet den Blick auch auf die Ver-
antwortung der Medien selbst als Unternehmen in der
Gesellschaft. Zum einen sind die Medien nicht nur Infor-
mationslieferanten, sondern immer auch Wirtschaftsunter-
nehmen bzw. im Falle der ffentlich-rechtlichen eigen-
stndige Organisationen. Als solche stehen sie selbst in
gesellschaftlicher Verantwortung fr ihre Produkte und
deren Qualitt, fr die Arbeits- und Produktionsbedingun-
gen sowie fr ihr eigenes gesellschaftliches Engagement
als Unternehmen. Zum anderen besteht die Medienland-
schaft schon lange nicht mehr nur aus den Printmedien,
Rundfunk- und Fernsehsendern, die die Generation der
Baby Boomerunmittelbar mit dem Begriff verbindet. Mit
Internet, Wikipedia, virtuellen Social Networks usw. hat sich
eine ganz neue Medienlandschaft herausgebildet, die
neue Chancen und neue Herausforderungen fr Corpo-
rate Citizenship birgt.
Kurz: Diskussion ber die Rolle und Bedeutung der Medien
fr Corporate Citizenship und Corporate Responsibility
braucht einen neuen, erweiterten Bezugsrahmen, dersowohl die Doppelrolle der Medien zwischen Berichterstat-
tung und Unternehmertum als auch die Neuen Medien
einschliet. Diesen erweiterten Bezugsrahmen bietet
David Graysons Artikel an, indem er die unterschiedlichen
Facetten des Themas Corporate Responsibility und die
Medien ausleuchtet und damit die Grundlage legt fr
eine umfassendere Debatte, die ber die landlufigen
Engfhrungen hinausfhrt.
So ist auch diese CCCDebatte erneut eine Einladung zur
Diskussion ber die Rolle(n) von Unternehmen in der
Gesellschaft im Allgemeinen, die den Kern der CorporateCitizenship-Debatte ausmacht; und ber die Rolle(n) der
Medien im Besonderen. Eine Diskussion, die im CCCD und
darber hinaus Fortsetzungen finden wird. Interessierte fin-
den auf www.cccdeutschland.org/kamingespraech2
weitergehende Informationen wie etwa die Videodoku-
mentation einer Diskussion mit David Grayson in Berlin und
einen Artikel von Kristina Lsker (Sddeutsche Zeitung), die
aus ihrer Sicht als engagierte Journalistin auf die Kritik an
der mangelnden Berichterstattung repliziert.
Fr diejenigen, die sich aktiv in die Diskussion einbringenmchten, gibt es auf www.cccdeutschland.org/cccde-
batte Raum und Gelegenheit fr eigene Beitrge.
Corporate Citizenship und Corporate Responsibility gewin-
nen fr Unternehmen, Politik und Brgergesellschaft
erkennbar immer mehr Bedeutung, werden zunehmend
diskutiert und auch zunehmend praktiziert. Gleichwohl
sprechen Wirtschaft, Brgergesellschaft und Politik in
Deutschland noch immer eher ber- als miteinander. Die
CCCDebatte will diesen unverbundenen Diskursen einen
gemeinsamen Ort geben und das Gesprch miteinander
ermglichen.
Lesen Sie selbst und teilen Sie Ihre Gedanken dazu mit
uns. See you on www.cccdeutschland.org/cccdebatte.
Ihre
- geschftsfhrendes Vorstandsmitglied -
5
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
Editorial
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Im Jahr 2001 definierte die Europische Union Corporate
Responsibility (CR) wie folgt: Ein Konzept, mit dessen Hilfe
Unternehmen auf freiwilliger Basis soziale und Umwelt-
schutzbelange in ihre Geschftsttigkeiten und ihren kom-munikativen Austausch mit Stakeholdern einbeziehen.1
Verantwortungsbewusst ist ein Unternehmen dann, wenn
es in Geschftszweck und -strategie ein Bekenntnis zu
nachhaltigen Werten gegenber der Gesellschaft als
ganzer ebenso wie gegenber den Shareholdern inte-
griert und es offene und transparente Geschftspraktiken
pflegt, die auf ethischen Werten und Respekt gegenber
Mitarbeitern, Gemeinden und der Umwelt basieren.
Dieser Aufsatz handelt von der Frage, wie in den Medien
ber CR berichtet wird und wo die gesellschaftliche Ver-antwortung der Medien selbst liegt sowohl traditionelle
als auch neue Medien.
Traditionelle Medien umfassen Nachrichtenagentu-
ren, Film, Druckmedien und Rundfunkkanle.
Neue Medien umfassen das Internet und Mobiltelefo-
ne, die aufstrebende Blogosphere und den so
genannten Brgerjournalismus.
Zwar hat die Medienberichterstattung ber CR in den letz-
ten Jahren zugenommen, doch vieles von dem, was
berichtet wird, hat keinen expliziten Bezug zum Begriff CR
auch nicht in den Unternehmenspublikationen.
Die Qualitt der Medienberichterstattung ist unterschied-
lich. Wie CR-Themen behandelt werden, differiert zwischen
Unternehmens-, Management- und allgemeinen Medien.
Bei der Beschreibung muss man darauf achten, zwischen
dem berechtigten Streben nach mehr Qualitt und
Quantitt der Berichterstattung und dem vllig unrealisti-
schen Wunsch nach unhinterfragten und unkritischen
Berichten ber Unternehmensaktivitten zu unterscheiden.
Whrend manche die begrenzte oder negative Berichter-
stattung der Medien ber CR als Feindseligkeit oder Igno-
ranz der Medien gegenber Unternehmen kritisieren,
knnte eine ausgeglichenere und anspruchsvollere Beur-
teilung zu dem Ergebnis gelangen, dass sowohl Unterneh-
men als auch Medien intensiver nach Wegen suchen
mssen, um verantwortungsbewusstes Unternehmertum
und Corporate-Sustainability-Themen so zu erklren, dass
sie fr Leser nachvollziehbar und relevant werden und
dafr ist eine bessere Unterscheidung zwischen einzelnen
Botschaften, Medien und Zielgruppen entscheidend.
Serise Journalisten sind gegenber Unternehmen, die
offen ber ihre CR-Herausforderungen und versumnisse
und darber reden, wie diese angegangen werden kn-
nen, viel aufgeschlossener als gegenber solchen Unter-
nehmen, die eine unkritische Wiedergabe von Pressemit-
teilungen erwarten.
Medienunternehmen sollten sich als Unternehmen verant-
wortungsbewusst verhalten. Wie jedes andere Unterneh-
men in jeder anderen Branche, mssen sie die substan-
tiellen und signifikanten Umwelt-, Sozial- und Fhrungsthe-
men kennen und versuchen, negative Auswirkungen zu
verhindern und positive zu vermehren. Die Kernthemen
der CR von Medienunternehmen sind: transparente und
verantwortungsbewusste Herausgeberpolit ik, unpar-
teiische und ausgewogene Berichterstattung, Presse- und
Meinungsfreiheit, mediale Orientierungskompetenz unddigitale Spaltung.
Neue Medien wie Blogs, RSS-Feeds, Google Books, Pod-
casts, Vidcasts, Online-Video (YouTube, blimptv etc.),
soziale Netzwerke, Suchmaschinen, Affiliate-Programme,
Word-of-Mouth-Marketing, Viralmarketing, Second Life,
Online-Spiele, virtuelle Verkaufsshows, Online-Communi-
ties, E-Books usw. werden weltweit immer wichtiger. Die
Grenzen zwischen traditionellen und neuen Medien verwi-
schen zusehends. Zeitungen und Rundfunksender haben
Websites, und Journalisten bloggen traditionelle Medien
erschaffen immer mehr Produkte und Formate, die ihren
Ursprung in den neuen Medien haben.
Die wachsende Bedeutung der neuen Medien erzeugt
hohen Druck zu mehr Verantwortlichkeit und Transparenz,
aber auch dazu, mehr Informationen schneller zugng-
lich zu machen.
Bestimmte CR-Themen wie Schutz der Privatsphre, Sorg-
falt und allgemeine Zugnglichkeit sowohl Freiheit der
Information in manchen Teilen der Welt als auch umge-
kehrt Schutz gefhrdeter Gruppen vor dem Zugang zubestimmten Websites und Inhalten (z. B. drfen Kinder kei-
nen Zugang zu pornographischen Websites haben) sind
fr neue Medien besonders relevant.
Globale Medien werden sich weiterhin schnell weiterver-
breiten, dies auf potentiell immer wieder neue und uner-
wartete Weise. Es ist unausweichlich, dass Unternehmen
und CR-Befrworter offensiver und aktiver Unternehmens-
ziele, die Auswirkungen verantwortungsbewussten Han-
delns sowie die Versuche, durch individuelles unternehme-
rischen Handeln die negativen Auswirkungen auf Umwelt
und Gesellschaft zu verringern, verstndlich machen.
6
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
Zusammenfassung
1 EU Commission Green Paper 2001: Promoting a European Framework
for Corporate Social Responsibility, COM (2001) 366 Final.
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Wirtschaftsunternehmen spielen in der modernen Gesell-
schaft eine bedeutende Rolle. Es ist wichtig, wie sie sich
verhalten, wie sie gefhrt werden und mit anderen Berei-
chen der Gesellschaft interagieren. Der verstorbene Clau-de-Jean Bertrand, Professor des franzsischen Presseinsti-
tuts IFP, schrieb einmal: Ohne gut informierte Brger kann
es keine Demokratie geben. Ohne qualitativ hochwertige
Medien kann es keine gut informierten Brger geben. 2
Andererseits mssen die Medien auch seris ber die
Rolle und die Verantwortung von Unternehmen berichten,
um eine vernnftige Debatte ber diese Themen zu
ermglichen. Die Rolle der Medien selbst ist jedoch zwie-
spltig: einerseits berichten sie ber Unternehmen, ande-
rerseits sind sie selbst Unternehmen. Durch ihre Mglich-
keiten der Information, der Erziehung und der Einflussnah-me haben Medienunternehmen eine weitreichende Wir-
kung auf Mrkte und Gesellschaften. Und durch ihre eige-
nen Inhalte und die Werbung, die sie schalten, haben sie
einen starken Einfluss auf globale Konsummuster. Somit
sind sie ein entscheidender Faktor bei der Frage, ob der
Planet zu einer nachhaltigen Entwicklung finden wird.
Ich mchte vier wichtige Punkte behandeln (Vgl. Abb.1):
1. Wie berichten die Medien gegenwrtig ber Corpora-
te Responsibility, und wie knnte dies in Zukunft ausse-hen?
2. Worin liegt die eigene Corporate Responsibility der
Medien?
3. Welche Auswirkungen haben die neuen Medien auf die
CR-Berichterstattung?
4. Worin liegt die eigene Corporate Responsibility der
neuen Medien?
Ich mchte abschlieen mit einigen Anmerkungen zur
Verantwortung und Rolle der Wirtschaftsunternehmen
selbst sowie von Organisationen, die an der Schnittstelle
zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft
ttig sind, z. B. das CCCD (Centrum fr Corporate Citizen-
ship Deutschland).
7
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
I. EINLEITUNG
Was zhlt als Berichterstattung: CR als
Begriff oder Thema?
Was ist mit besserer Berichterstattung
gemeint: unkritisches bernehmenvon PR oder ernsthafte Diskussion?
Was sind Hindernisse fr seriseBerichterstattung, und wie lassen sie
sich berwinden?
Fairness, Genauigkeit, freier Zugang
Stil und Anstand sowie Gleichgewicht
konkurrierender Verantwortlichkeiten in
einer multikulturellen Welt
Wer berichtet ber die CR von
Medienunternehmen, bei starkerMedienkonzentration?
Folgen der neuen medialen Revolu-
tion
Brgerjournalismus und weniger Res-sourcen fr klassischen investigativen
Journalismus
Verstndnis fr die Nutzung neuer
Medien
Wer kontrolliert die Ethik der neuen
Medien?
Ausgleich zwischen divergierendemnationalem Recht fr nationale Gren-
zen berschreitende Online-Unter-
nehmen.
Zugangskontrolle fr gefhrdeteGruppen / Digitale Spaltung.
CORPORATE RESPONSIBILITY
in den...
CORPORATE RESPONSIBILITY
der...
... Traditionellen Medien
... Neuen Medien
Abbildung 1: CR und Medien
2 Media ethics & accountability systems - von Claude-Jean Bertrand -
New Brunswick, NJ, Transaction Publishers, 2000
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Um sicherzustellen, dass die Begrifflichkeiten klar sind,
mchte ich zuerst meine Definition von Corporate
Responsibility erlutern.
Im Jahr 2001 definierte die Europische Union CR wie
folgt: Ein Konzept, mit dessen Hilfe Unternehmen auf frei-
williger Basis soziale und Umweltschutzbelange in ihre
Geschftsttigkeiten und ihren kommunikativen Aus-
tausch mit Stakeholdern einbeziehen.3 Verantwortungs-
bewusst ist ein Unternehmen dann, wenn es in Geschfts-
zweck und -strategie ein Bekenntnis zu nachhaltigen Wer-
ten gegenber der Gesellschaft als ganzer ebenso wie
gegenber den Shareholdern integriert und es offene und
transparente Geschftspraktiken pflegt, die auf ethischen
Werten und Respekt gegenber Mitarbeitern, Gemeindenund der Umwelt basieren.
Fr mich bedeutet Corporate Responsibility bzw. verant-
wortungsvolles Verhalten von Unternehmen, dass diese
versuchen, ihren negativen Einfluss auf Umwelt und
Gesellschaft zu minimieren und ihren positiven Einfluss zu
maximieren. Sie versuchen, die Interessen der Stakeholder
so auszugleichen, dass das Unternehmen zum Wohl der
Menschen und des Planeten wirtschaftet und dabei
gleichwohl profitabel bleibt.
Adrian Hodges vomInternational Business Leaders Forum
und ich argumentierten 2004 in unserem Buch Corpora-
te Social Opportunity4, dass ein Unternehmen ungeach-
tet seiner Gre CR nicht einfach als Konzept dem ope-
rativen Geschft berstlpen darf, sondern es in den
Zweck und die Strategie des Unternehmens einbinden
muss. Unternehmen sollten nicht nur die Vermeidung
mglicher Risiken bedenken, die sich durch ihr gesell-
schaftliches Engagement ergibt, sondern auch, dass ehr-
liches Eintreten fr verantwortungsvolles Unternehmertum
eine Quelle der Kreativitt und Innovation sein kann. Kurz
und knapp: Corporate Social Opportunity durch Corpora-te Social Responsibility durch die bernahme gesell-
schaftlicher Verantwortung erffnen sich einem Unterneh-
men neue Mglichkeiten!
Corporate Social Opportunity beschreibt sowohl eine
unternehmerische Mentalitt als auch spezifische Produk-
te und Dienstleistungen. Ich definiere Corporate Social
Opportunities als kommerziell attraktive Aktivitten, die
zugleich kologische und/oder soziale Nachhaltigkeit
befrdern. Drei solcher Aktivitten lassen sich unterschei-
den:
neue Produkte und Dienstleistungen;
neue oder noch unentwickelte Mrkte bedienen;
Entwicklung neuer Geschftsmodelle in F&E
(Forschung und Entwicklung), Finanzierung, Marketing
und Vertrieb hufig im Rahmen von Partnerschaften
mit kommunalen Organisationen, nicht-staatlichen
Organisationen oder selbst dem ffentlichen Sektor.
Ein gutes Beispiel fr eine solche Corporate-Social-Oppor-
tunity-Mentalitt ist der britische Fruchtsmoothie-Produzent
innocent drinks, der sein Engagement fr Nachhaltigkeit
zu einem festen Bestandteil seiner Marke gemacht hat.
Seit der Verffentlichung unseres Buchs Corporate Social
Opportunity ist die Zahl der Beispiele beachtlich gestie-
gen:
die grnen Produkte der Ecomagination-Reihe vonGE,
die Initiative Patrimonio Hoy des mexikanischen
Zementherstellers Cemex, der in Lateinamerika einen
innovativen und rentablen Weg im Wohnungsbau fr
einkommensschwache Familien aufgezeigt hat,
Accenture Development Partnerships, die internatio-
nale Nichtregierungsorganisationen im Entwicklungs-
bereich beraten,
BTs Vermarktung seines eigenen internetbasierten
Umweltmanagementsystems.
Die neuesten Berichte globaler Beratungsunternehmen
und Investmentbanken besttigen, dass es ein Potenzial
fr rentable Produkte und Dienstleistungen im Nachhaltig-
keits- und Corporate-Responsibil ity-Sektor gibt. So bieten z.
B. im SUSTAIN-Bericht von Goldman Sachs (2007) die
Investmentanalysten der Bank eine nach Sektoren aufge-
schlsselte Liste der Unternehmen, die sie fr gut aufge-
stellt halten, um ihren Vorsprung im Bereich Nachhaltigkeit
gegenber den Nachzglern auszuspielen.5
8
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
II. VORBEMERKUNGEN
3 vgl. Anm. 1
4 Corporate Social Opportunity: making Corporate Social Responsibility
work for your business Grayson and Hodges (Greenleaf 2004)
5 Weiteres Material zu Corporate Social Opportunity siehe: http://
www.doughtycentre.info
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Der Bericht des Beratungsunternehmens SustainAbility
Good News and Bad The Media, Corporate SocialResponsibility and Sustainable Development stellt 2002
fest:
Jeder, der heute die Berichterstattung ber CSR und
nachhaltige Entwicklung mit der Berichterstattung vor
einem oder zwei Jahrzehnten vergleicht, muss einen
enormen Fortschritt feststellen. 6
Sieben Jahre spter trifft diese Feststellung noch mehr zu.
Einfache Statistiken zeigen, dass die Berichterstattung
zugenommen hat auch wenn nicht klar ist, wie viele der
Fundstellen in den Medien tatschlich Nachrichten ber
CR-Aktivitten sind oder von Unternehmen finanzierte Zei-
tungsbeilagen (Vgl. Abb.2).
Meine persnliche Erfahrung belegt dies. Ich werde regel-
mig von Journalisten aus der ganzen Welt zum Thema
CR interviewt, und normalerweise sind deren Fragen
uerst kompetent und grndlich.
Was zhlt als CR-Story?
Von allen Artikeln in den Medien ber Unternehmen in der
Gesellschaft, die ich als CR-Stories zhlen wrde, wird nur
ein kleiner Anteil so erfasst, weil dabei die Begriffe CRbzw. CSR nicht explizit verwendet werden. Ebenso zeigen
viele vor allem mittelstndische Unternehmen ein Verhal-
ten, das man als verantwortungsvoll bzw. als CR bezeich-
nen wrde, obwohl sie das selbst nicht so beschreiben
bzw. nicht diesen Begriff verwenden wrden. Viele Artikelbehandeln Themen wie die Auswirkung unternehmeri-
schen Handelns auf den Klimawandel oder Wasserman-
gel oder die Rolle eines Unternehmens bei der Bekmp-
fung von Fettleibigkeit oder Altersdiskriminierung. Die jng-
ste, umfangreiche Berichterstattung ber die Finanzkrise
und das damit verbundene Verhalten von Unternehmen
(man denke z. B. an exzessive Managergehlter und
Bonuszahlungen fr Misserfolge) ist beispielhaft fr Berich-
te ber CR, die diesen Begriff nicht explizit verwenden.
Und in der Tat sagen manche Kommentatoren, dass die
Diskussion ber CR als CR auf die Management-Seiten
begrenzt bleiben sollte, weil CR ein Management-Prozess
und eine Frage der Geschftsmentalitt sei. Giles Gib-
bons vom CR-Berater Good Business sagt:
Abgesehen von der Diskussion um CR als Management-
Idee sollte die Mediendiskussion nicht CR als Ganzes
behandeln, sondern sich darum drehen, wie z. B. Nike
oder Coca Cola ihre Produktionskette gestalten oder wie
sie ihren Anteil an der Umweltzerstrung verringern kn-
nen.
9
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
III. WIE BERICHTEN DIE MEDIEN GEGENWRTIG BER CR, UND WIE
KNNTE DIES IN ZUKUNFT AUSSEHEN?
6 Good News and Bad The Media, Corporate Social Responsibility and
Sustainable Development. SustainAbility erstellte diesen Bericht zusammen
mit UNEP and Ketchum, 2002.
7 Daten von Covalence: http://www.covalence.ch.
3500
3000
2500
2000
1500
1000
500
0Jan Apr Jul Oct Jan Apr Jul Oct Jan Apr Jul Oct Jan Apr Jul Oct Jan Apr Jul Oct Jan Apr Jul Oct Jan
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009
Abbildung 2: Convalence EthicalQuote news volume (12 months moving average)
Source: Covalence, Switzerland 7.
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Giles nennt das Beispiel einer Titelschlagzeile des Boule-
vardblatts The Sun, das ber Starbucks-Coffeeshops
berichtet, die ihre Wasserhhne permanent laufen lassen,
um den Abwasch zu beschleunigen: Das war keine Story
in der Kategorie CR, aber sie handelte von CR. Giles Gib-
bons argumentiert und ich stimme ihm zu , dass der
Begriff CR in den Publikumsmedien nicht auftauchen
muss.
Doch ist das zentrale Argument der vorliegenden Arbeit,
dass die traditionellen Medien mit einigen namhaften
Ausnahmen dem Thema CR nicht die Bedeutung und
Ernsthaftigkeit zukommen lassen, die es meiner Meinung
nach verdient. Zu oft wird CR noch immer mit Dienst an
der Gesellschaft und wohlttigen Gaben gleichgesetzt.
Zu den namhaften Ausnahmen zhle ich die Financial
Times, die sich dem Thema CR regelmig mit beispiel-
hafter Seriositt und in beispielhaftem Umfang widmet.Soweit ich wei, hat die International Herald Tribune CR
ebenfalls zum Schwerpunktthema gemacht. Auch neue
Fachmedien sind entstanden, z. B. Ethical Corporation
(http://www.ethicalcorp.com), Corporate Citizenship Brief-
ing (http://www.ccbriefing.co.uk) undEthical Performance
(http://www.ethicalperformance. com). Es gibt mittlerweile
auch spezialisierte Mediendienste wie ENDS Daily
(http://www.endseurope. com) und CSRWire (http://
www.csrwire.com).
Aufforderung zum Handeln
Obwohl ich heute eine Professur fr Corporate Responsibi-
lity innehabe, bin ich kein unvoreingenommener, unpar-
teiischer wissenschaftlicher Beobachter! Seit langem
schon trete ich fr das Prinzip des verantwortungsbewuss-
ten Unternehmens ein und wnsche mir deswegen seri-
sere, besser informierte, tiefergehende und hufigere
Berichte ber CR, die Folgendes beinhalten:
Was CR fr Unternehmen bedeutet;
Warum dieses Thema fr Unternehmen wichtig ist;
Warum es fr die Gesellschaft wichtig ist fr Leser,Zuschauer und Zuhrer, die auch Arbeitnehmer, Kun-
den, Teilhaber an Unternehmen (durch Rentenanspr-
che und Spareinlagen) oder ganz normale Brger
sind.
Mein Interesse gilt also mehr und besserer Berichterstat-
tung ber CR. Dabei ist mir klar, dass manche der Forde-
rungen nach mehr und besserer Berichterstattung
eigentlich bedeuten: Warum drucken die Medien denn
nicht unsere Presseerklrungen und schreiben nette
Geschichten ber die Groherzigkeit unseres Unterneh-mens, anstatt sich auf unsere bedauernswerten morali-
schen Verfehlungen zu konzentrieren! Die Medien dek-
ken in ihrer Berichterstattung eher die Verantwortungslosig-
keit von Unternehmen auf als deren verantwortungsvolles
Verhalten. Das ist eine wichtige Rolle der Medien in der
Gesellschaft gem den traditionellen Fleet-Street-Prin-
zipien die Gesellschaft vor Verfehlungen zu schtzen,
Fehlverhalten aufzudecken und publik zu machen und
ein wachsames und kritisches Auge auf gesellschaftliche
Autoritten zu halten. Die drohende Blostellung durch
die Medien ist ein mchtiges Gegenmittel gegen
schlechtes Verhalten wie die politische Klasse Grobri-
tanniens im Sommer 2009 mit Hilfe der Medienberichte
ber die Spesenpraxis von Parlamentariern feststellte.
Es geht also nicht um unkritische Berichterstattung ber CR.
Fr gute Journalisten ist gesunde Skepsis uerst wichtig
sie darf nur nicht zu Zynismus werden. Ich meine vielmehr
serise Berichte, die das Dilemma beleuchten, in dem
sich Unternehmen befinden. Ich bin der Meinung, dass es
Aufgabe der Medien ist, zu erklren und zu informieren.
Man muss jedoch festhalten, dass auer ffentlich-recht-
lichen Anstalten wie derBBC oderPBS in den USA,ABC in
Australien oderARD undZDF in Deutschland die meisten
Medien Unternehmen sind und wenn sie nicht dauerhaft
liefern, was ihre Kunden nachfragen, werden sie nicht
bestehen knnen.
Es heit, dass die Aufmerksamkeitsspanne der ffentlich-
keit immer kleiner werde, dass wir Nachrichten und Mei-
nungen in einfach verdaulichen Hppchen verpackt
haben wollten und dass dies zum allgemeinen Niveau-
verfall in den Medien gefhrt habe. Ich will an dieser Stel-
le nicht errtern, ob daran das Bildungswesen oder die
allgemeine Beschleunigung des modernen Lebens
schuld ist oder ob die Medien Mitlufer oder Vorlufer bei
diesem Hppchen-Journalismus sind. Das Resultat die-
ser Entwicklung ist jedoch, dass die Berichterstattung ber
CR in den Redaktionssitzungen zu kurz kommt, da sie Ana-
lyse und Kontextualisierung erfordert und eher Prozesse als
handfeste Ereignisse zum Gegenstand hat, kurz: da sie
nicht zum Hppchen-Journalismus passen mag.
Im schon erwhnten Sustainability-Bericht steht:
Es berrascht nicht, dass CSR und nachhaltige Entwick-
lung oft zu kurz kommen. Diese Themen passen einfach
nicht zu den Vorlieben und Berichterstattungsmustern der
etablierten Nachrichten. blicherweise handelt es sich
eher um Prozesse als um Ereignisse und von Frank Allen
wissen wir, dass 'diese Geschichten nicht pltzlich hervor-
brechen, sondern langsam durchsickern!' Solche
Geschichten erfordern oft mehr Platz als andere The-
men. So erinnert uns John Nielsen, Korrespondent fr
Umweltthemen bei NPR (National Public Radio) daran,
dass 'man die Zuhrer bei Umweltthemen wirklich bildenmuss. Wenn man ber Kriminalitt berichtet, muss man
den Zuhrern nicht erst erklren, was ein Raubberfall ist.'
Und hufig sind CR- und Nachhaltigkeitsthemen eher
komplex und vielschichtig als klar und einfach. Dazu
10
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kommt das Fehlen des Sex- und Promifaktors, und man
hat eine Nachricht, die gerne bersehen wird. 8
Der erfahrene frhere Journalist Roger Cowe, der jetzt fr
die Beratungsfirma Contextarbeitet, behauptet, dass es
heute mehr Geschichten darber gibt, wie Unternehmen
mit dem Klimawandel umgehen und wie sie zur gesell-
schaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung sowie den
Debatten ber Zugang zu Produkten und Dienstleistungen
beitragen, und dass die wirkliche Schwierigkeit darin
besteht, dass es sich bei diesen Themen um Material fr
Reportagen und nicht um eine Nachricht handelt. Dazu
kommt, dass es meistens auch noch positive Nachrich-
ten sind, ber die die etablierten Medien ohnehin ungern
berichten. 9
Der leitende Rabbiner Grobritanniens, Sir Jonathan
Sachs, stellt fest:
Die Medien sind ein wenig wie eine griechische Trag-
die. Sie leben von Dramen und Konflikten; sie sind vom
Wesen her auf Gegenstzen aufgebaut, was das Pro-
blem manchmal vergrert anstatt der Lsung dienlich
zu sein [...] Manchmal funktionieren sie sehr simpel. Klei-
ne Gruppen mit dem Wunsch nach Publicity knnen
unfassbare Dinge tun, die dann mehr Berichterstattung
erhalten als es ihre Stellung eigentlich rechtfertigt [...] Wie
geht man damit um? Man kann die Medien nicht ein-
fach auffordern, 'zum Wohl der Menschheit bitte langwei-
lig zu sein und nur ber gute Nachrichten zu berichten.'10
Der Einfluss von Kosten
Der Zwang zu Kostenreduzierungen in den Medien hat
das Problem der Ressourcenknappheit fr grndliche
Berichterstattung noch intensiviert. 2006 war ich bei einem
Vortrag eines erfahrenen Fernsehnachrichtensprechers. Er
berichtete ber den subtilen Kostendruck, der auf die Pro-
duzenten von Fernsehnachrichten lastet: bernimmt man
den Live-Bericht eines Meetings in New York, der gnstig
nach London bertragen werden kann oder bernimmtman einen Bericht aus z. B. Kinshasa, fr den die Kosten
betrchtlich hher sind und wo die technische Verbin-
dung problematisch sein kann. Was fr uns zu einer Nach-
richt wird, hngt zum groen Teil davon ab, wie teuer es
fr das Medienunternehmen ist, uns diese Geschichten zu
liefern.
Und Aidan White, Generalsekretr der Internationalen
Journalisten-Fderation, sagte 2003 beim Weltwirtschafts-
forum in Davos:
Journalismus basiert auf Nachforschungen ber das,
was Menschen sagen und tun. Investigative Nachfor-
schungen leiden jedoch unter zurckgehenden Investi-
tionen und Konzentrationsbewegungen im Nachrichten-
wesen. Die Medien sind zu oft ihrer Zeit hinterher, obwohl
sie eigentlich die Debatten anfhren sollten.
In seinem Buch Blessed Unrest11vergleicht der langjhri-
ge Umweltaktivist Paul Hawken den Platz, den die Los
Angeles Times einer Zerstrungstour von drei Studenten
einrumte, die 125 Gelndewagen beschdigten bzw.
zerstrten, mit dem Platz, den sie fr den wegweisenden
Weltkosystem-Bericht der Vereinten Nationen aufbrach-
te. Hawkens Berechnungen zufolge berichtete die LA
Times 100 mal mehr ber die randalierenden Studenten
als ber den Weltkosystem-Bericht.
Ist das typisch fr CR?
Im selben Buch beschreibt Hawken auch, wie ihn ein
Reporter von Newsweek nach den fhrenden Persnlich-
keiten in der globalen Umweltbewegung fragte. Hawkensbegann, eine Liste von Namen aufzuzhlen, doch nur,
um unterbrochen zu werden: Stopp! Damit kann ich
nichts anfangen. Kein Amerikaner hat je von denen
gehrt!, zitiert er den Reporter.12
Inwieweit liegt die relativ geringe Anzahl an Medienberich-
ten spezifisch am Thema CR? Oder ist sie symptomatisch
fr die Medien, die oft seitenlange Geschichten ber Pro-
minente einer serisen Debatte vorzuziehen scheinen?13
In manchen Lndern hat man den Eindruck, dass die feh-
lende serise Berichterstattung ber CR auch das wider-
spiegelt, was einige die allgemein negative Einstellung
gegenber Wirtschaftsunternehmen bei einem Groteil
der Medien nennen. Der ehemalige Vorsitzende der briti-
schen Arbeitgebervereinigung CBI, (jetzt Lord) Digby
Jones wandte sich sogar einmal an die Macher der
erfolgreichen britischen Seifenoper Coronation Street, um
sich darber zu beschweren, dass sich ein Manager in der
Serie als Serienkiller entpuppt hatte. Jeder hasst Mana-
ger, war die Antwort. Und fr Jones war das genau die Art
irrationaler Voreingenommenheit, welche die Mitglieder
seiner Organisation tagtglich erleben.
11
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
8 SustainAbility. Good News and Bad - The Media, Corporate Social
Responsibility and Sustainable Development. 2002.
9 Bemerkung dem Autor gegenber im Mai 2009
10 The dignity of difference how to avoid the clash of civilisations
Jonathan Sacks Continuum 2002
11 Blessed Unrest: How the Largest Movement in the World Came into
Being and Why No One Saw It Coming von Paul Hawken: Erstverf-
fentlichung 2007 bei Viking Penguin, Teil von Penguin (USA) Inc. ISBN: 978-
0-670-03852-7 (2007)
12 Blessed Unrest S. 19
13 Natrlich nutzen einige Prominente ihren gesellschaftlichen Status, um
uerst effektiv Einfluss zu nehmen auf politische/CR-Themen; z. B. Sir Ian
McKellen (Rechte von Homosexuellen), Bob Geldof (Hunger/Afrika), Bono
(AIDS/Armut), Joanna Lumley (Gurkas).
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7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009
12/28
Andererseits stellte Roger Alton (The Editor, The Observer)
in seiner Erffnungsrede beim jhrlichen PR Week PR
Forum in Chepstow am 23. November 2005 fest:
Diese Generation ist marken- und medienbewusst. Und
je mchtiger Unternehmen werden, desto mehr Druck
liegt auf den Medien, deren Schwchen und Misserfolge
ans Tageslicht zu bringen, so wie sie es heute schon mit
Politikern machen. Wie stellen die Medien das an, wo sie
doch selbst Teil dieser multinationalen Unternehmen
sind? 14
Vielleicht haben ja Teile der Medien auer ihrer Feindse-
ligkeit den Wirtschaftsunternehmen gegenber nicht
genug Interesse an bzw. zu wenig Wissen ber das
Geschftsleben. Ist das nicht zumindest teilweise eine
Erklrung fr die uerst eingeschrnkte Berichterstattung
im Vorfeld der globalen Finanzkrise? Ich wei, dass sicheinige Journalisten als Folge der Weltfinanzkrise jetzt dafr
kasteien, dass sie zu wenig ber die Welt des Business wis-
sen und schwren, in Zukunft mehr ber unternehmeri-
sches Handeln zu lernen. In Grobritannien haben wir
eine extensive und exzellente Sportberichterstattung, weil
wir Sportjournalisten mit einer echten Liebe zum Sport
haben. Haben wir auch viele Wirtschaftsjournalisten, die
Wirtschaft wirklich lieben?
Natrlich sind die Medien keine homogene Einheit, und
Leser bzw. Zuschauer whlen unterschiedliche Medienar-
ten auf der Grundlage ihrer Wnsche und Bedrfnisse aus.
Die einzelnen Medienunternehmen mssen ihre Kunden
verstehen. Im Nachhaltigkeitsbericht der britischen Zei-
tung The Guardian aus dem Jahr 2008 findet man eine
interessante Leserbefragung, die das Interesse aufzeigt,
das die Leser des Guardian daran haben, dass CR in die
Reihe der von der Zeitung behandelten Themen aufge-
nommen wird.15
Unternehmen sind im Allgemeinen zurckhaltend, wenn
es darum geht, ber ihre Probleme und Fehlschlge zu
reden. Sarah Murray, Journalistin bei der Financial Times,die regelmig ber CR schreibt, rt:
Unternehmen mssen sich darauf einstellen, offener
dafr zu sein, wie sie ihre CR-Stories erzhlen, nmlich
ungeschnt. Die Financial Times, die weder mit Alarmi-
sten noch mit PR-Texten nachsichtig ist, sondern ber CR
in Begriffen von Unternehmenschancen und risiken und
Managementherausforderungen berichtet, wird stets
mehr Interesse fr eine Firma zeigen, die ehrlich ber
ihre Schwierigkeiten und ber den Weg, diese zu ber-
winden, als fr ein Unternehmen, das einfach eine Good-News-Geschichte erzhlen will. 16
Um die Worte eines frheren Journalisten zu benutzen:
Wenn ein Unternehmen ganz augenscheinlich versucht,
sich ein grnes Mntelchen umzuhngen, wrden wirklich
groe Journalisten versuchen, die Wahrheit ans Licht zu
bringen, anstatt ber all die tollen Taten des Unterneh-
mens zu schreiben.
Auch wenn es nur ein technisches Detail zu sein scheint:
Viele Kritiker derFinancial Times haben die Bedeutung der
Redakteure und den Einfluss der Besitzer auf die Berichter-
stattung kommentiert. Ein schlecht informierter oder nach-
lssiger Redakteur kann eine gute Story verbiegen, indem
er den Artikel krzt oder mit einer sensationslsternen
Schlagzeile versieht.
Ebenso wenig sollte man unterschtzen, dass wichtige
Einzelpersonen in den Medien teilweise ber viel Macht
verfgen, um die Haltung des jeweiligen Mediums zu
einem bestimmten Thema berproportional stark zu
beeinflussen. Schon seit meiner Jugend bin ich Abonnentdes Economist. Leider waren dessen Berichte ber CR-
Themen jahrelang sehr einseitig negativ nicht nur in den
Leitartikeln, sondern auch auf den gesamten Nachrich-
tenseiten. Ich habe erfahren, dass diese starke Beeinflus-
sung an der Einstellung lag, die ein bestimmter Journalist
zu diesem Thema hatte. Seit er das Magazin 2005 verlas-
sen hat, ist die Berichterstattung ausgeglichener am 18.
Januar 2008 erschien eine gut recherchierte und ausge-
glichene Beilage, und am 14. Mai 2009 ein neuerer
Bericht im Nachrichtenteil.
Sustainabilitystellt fest:
CSR und nachhaltige Entwicklung sind fr die Leser und
Zuschauer nicht automatisch abschreckend und lang-
weilig. Man kann informieren und eingreifen, ohne dabei
zu predigen oder Informationen mit dem Holzknppel zu
vermitteln. Das Material fr gute und wichtige Geschich-
ten selbst fr guten Journalismus ist vorhanden. Anstatt
abzuschalten oder kein Interesse zu zeigen, begrt das
Publikum Berichte zu CSR und nachhaltiger Entwicklung.
Aber die Zuschauer geben sich nicht mit weniger Quali-
tt zufrieden, nur weil das Thema einen Bericht wert ist. 17
Sind wir selbst unser schlimmster Feind?
Professor Michael Porter von der Harvard Business School18
stellt die Frage, ob es uns die Unternehmen und die Ent-
wickler von CR-Kampagnen nicht auch schwer machen,
bei den Medien mehr Verstndnis fr Berichterstattung zu
12
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
14 Quelle: Autor
15 http://image.guardian.co.uk/sysfiles/Guardian/docments/2008/12/03/
report2008.pdf
16 Gesprch mit dem Autor, Juni 2009.
17 UNEP and Ketchum. Good News and Bad The Media, Corporate
Social Responsibility and Sus-tainable Development. 2002.
18 Rede beim Kolloquium der European Academy for Business in Society
(www.eabis.org), gehalten an der Copenhagen Business School im Sep-
tember 2003.
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7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009
13/28
gewinnen, da die Begrifflichkeiten nicht klar genug defi-
niert sind. Sicherlich wre ein grerer Konsens hinsichtlich
der Bedeutung von Begriffen wie Corporate (Social)
Responsibility, Corporate Sustainability, moralisch korrektes
Verhalten, Corporate Accountability und deren wechsel-
seitiger Beziehungen hilfreich. Vielleicht zeigt diese
Begriffsverwirrung aber auch eine grundlegendere Unei-
nigkeit bezglich der Rolle auf, die Unternehmen in der
modernen Gesellschaft spielen sollten eine Debatte,
die als Folge der Weltwirtschaftskrise wieder neu belebt
wurde.
In manchen Lndern wie Deutschland werden die defini-
torischen Probleme umgangen, indem Autoren in Erman-
gelung angemessener deutscher Begriffe englische
Begriffe wie C(S)R oder Corporate Citizenship benutzen.
Andere Medien
Die Medien umfassen natrlich auch Bcher, Fernsehen
und Kino. Man darf nicht vergessen, dass es in den ver-
gangenen Jahren eine ganze Reihe von Filmen gab, die
sich dem Thema gesellschaftliche Verantwortung oder
vielmehr gesellschaftliche Verantwortungslosigkeit von
Unternehmen gewidmet haben (siehe Kasten). Das ist
insofern bedeutend, als dass
Filmemacher einen Weg gefunden haben, Stories
ber Wirtschaft und Gesellschaft fr ein Mainstream-
Publikum zu erschlieen entgegen der Behauptung,
CR sei fr das groe Publikum nicht interessant;
der Umstand, dass die meisten Filme die gesellschaft-
liche Verantwortungslosigkeit thematisieren, den Punkt
von Digby Jones besttigen, demzufolge Medien die
Wirtschaft negativ betrachten;
die Liste der Filme zeigt, dass viele Leute ihre Einscht-
zung der Wirtschaft nicht durch Faktendarstellungen,
sondern fiktionale Geschichten erlangen.
Jeff Skoll (Mitbegrnder von eBay und anschlieend der
Skoll Foundation: www.skollfoundation.org) hat die Macht
des Kinos erkannt, Debatten ber gesellschaftliche und
Umweltthemen auszulsen und hat geholfen, verschiedeneFilme aus der untenstehenden Aufzhlung zu finanzieren.19
Ich gebe zu, dass diese Liste nur anglo-amerikanische
Filme und beispielsweise keine Filme des indischen Sub-
kontinents (Bollywood) enthlt.
13
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
In Silkwood (1983) mit Meryl Streep geht es um ein Leck
in einem Atomkraftwerk und den Versuch, die Verantwor-
tungslosigkeit der Betreiber zu enthllen, die den Vorfall
vertuschen wollen.
Zivilprozess ist ein Film von 1998, in dem John Travolta als
Anwalt fr die Familien verstorbener Kinder gegen einen
groen Nahrungsmittelkonzern antritt. Dem Konzern wird
vorgeworfen, fr eine Vergiftung der Kinder und die damit
verbundene Krebserkrankung mit Todesfolge verantwort-
lich zu sein.
Erin Brockovich aus dem Jahr 2000 erzhlt die wahre
Geschichte des Kampfes gegen die Machenschaften
des amerikanischen Energieriesen PG & E.
The Corporation ist ein kanadischer Dokumentarfilm von
Joel Bakan von 2003, der moderne Unternehmen kritisch
betrachtet. Er kategorisiert sie als Personentyp und bewer-
tet ihr Verhalten der Gesellschaft und der Welt gegenber
so, wie ein Psychologe dies mit einem Menschen tun
wrde.
Der Dokumentarfilm Super Size Me aus dem Jahr 2004
von und mit dem unabhngigen Filmemacher Morgan
Spurlock folgt einer Zeitspanne von 30 Tagen, in denen
sich Spurlock ausschlielich von McDonalds Fast Food
ernhrt und keinen Sport mehr treibt. Der Film dokumen-
tiert die drastischen Auswirkungen dieses Lebensstils auf
Spurlocks krperliches und geistiges Wohlbefinden und
beleuchtet den Einfluss, den die Fast-Food-Industrie auf
unser Leben ausbt, indem sie schlechte Ernhrung frdert.
The Day After Tomorrowvon 2004 befasst sich mit den
Auswirkungen der Erderwrmung.
Der ewige Grtner ist ein Film aus dem Jahr 2005, derauf dem gleichnamigen Roman von John le Carr
basiert. Darin geht es um groe Pharma-Unternehmen,
die ohne Skrupel neue Medikamente an ahnungslosen
Patienten in Afrika testen.
In Syriana aus dem Jahr 2005 mit George Clooney und
Matt Damon geht es um lunternehmen, die sich in die
inneren Angelegenheiten des fiktiven Staats Syriana ein-
mischen, um einen Herrscher, der ihre Interessen nicht
teilt, durch einen gefgigeren zu ersetzen.
>>
19 http://www.ft.com/cms/s/2/9bdfb524-56dd-11de-9a1c-00144feab-
dc0.html
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14/2814
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
Good Night, And Good Luck(2005) unter der Regie von
George Clooney erzhlt die Geschichte eines Fernseh-
senders und seiner Bemhungen, die Hexenjagd von
Senator McCarthy in den USA der 50er-Jahre aufzudecken
und beleuchtet den kommerziellen Druck und die mora-
lischen Dilemmata, denen sich das TV-Unternehmen
dabei ausgesetzt sah.
Kaltes Land (2005) basiert auf einer wahren Geschichte
des Kampfes um die Anerkennung der Rechte weiblicher
Angestellter im Bergbausektor.
Blood Diamond ist ein Film mit Leonardo DiCaprio aus
dem Jahr 2006 und thematisiert den Abbau von Diaman-
ten in Kriegsgebieten zur Finanzierung derselben Kriege.
Thank You for Smoking ist eine Filmsatire von 2006, in der
die Macht des Konzernlobbyismus im Allgemeinen und
der Tabakindustrie im besonderen aufs Korn genommen
wird.
Eine unbequeme Wahrheit ist der mit einem Oscar pr-
mierten Dokumentarfilm des frheren amerikanischen
Vizeprsidenten Al Gore aus dem Jahr 2006 ber Klima-
wandel und Erderwrmung.
In The Age of Stupid (2008) unter der Regie von Franny
Armstrong geht es ebenfalls um den Klimawandel.
-
7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009
15/28
Medienunternehmen sind selbst Unternehmen. Das hat
nicht nur Auswirkungen auf ihre Rentabilitt, sondern im
weitesten Sinne auch auf ihre unternehmerische Verant-
wortung. Wie jedes andere Unternehmen mssen sie
erkennen, wo ihre grten Einflussmglichkeiten auf die
Umwelt, die Gesellschaft und die Fhrung ihres Unterneh-
mens liegen. Den grten Einfluss ben die Medien durch
die Art und Weise aus, wie sie Quellen belegen und Mate-
rial prsentieren:
a) Redaktionelle Grundstze und Meinungsfreiheit
Wie berprfen Journalisten verantwortungsbewusst
Fakten besonders im stark umkmpften 24-Stunden-
Nachrichten-Rhythmus auf multiplen Medienkanlen,in dem der Druck, eine neue Story als erster zu brin-
gen, enorm hoch sein kann?
Wie prfen Redakteure, ob eine Geschichte wahr ist?
Die New York Times wurde 2003 weithin kritisiert und
ausgelacht, als herauskam, dass ihr Reporter Jayson
Blair Teile seiner Berichte plagiiert oder komplett erfun-
den hatte. Als Konsequenz aus der Affre traten der
damalige Chefredakteur Howard Raines und der lei-
tende Redakteur Gerald M. Boyd zurck. Selbst der
erfahrene Fernsehjournalist Dan Rather wurde ertappt,
wie er 2004 ber Unterstellungen bezglich des Natio-
nalgardendienstes von Prsident Bush berichtete. Als
Konsequenz verlngerte CBS seinen Vertrag nicht.
Wie knnen Redakteure Transparenz bezglich der
redaktionellen Grundstze sicherstellen? Wie ist es zu
bewerten, wenn die Redaktionsmeinung von den
Kommentarseiten einer Zeitung auf die Nachrichten-
seiten hinber schwappt und Meinungen als Fakten
prsentiert werden?
Wie viel Freiheit drfen Redakteure und Herausgeberhaben, die Tendenz und Ausrichtung der Berichterstat-
tung aufgrund ihrer persnlichen Meinung zu beein-
flussen? Viele Zeitungen sind bekannt fr ihre Prferen-
zen fr oder gegen bestimmte politische Parteien, und
die Besitzer einiger groer Medienunternehmen
haben klare politische Haltungen, die die redaktionel-
le Arbeit beeinflussen.
b) Privatsphre und ffentliche Anstandsregeln
Wie finden die Medien einen Ausgleich zwischen demRecht der ffentlichkeit auf Information und dem
Recht des Einzelnen auf Privatsphre? In Frankreich
gibt es z. B. weitreichende Gesetze zum Schutz der Pri-
vatsphre. In Grobritannien gab es jngst eine ganze
Reihe von Ereignissen, die in den Medien groe
Beachtung fanden, da aus vermeintlich ffentlichem
Interesse die Privatrechte von Prominenten verletzt wur-
den. Wo ist hier die Grenze? Das tragische Beispiel des
Todes von Prinzessin Diana zeigte, dass Paparazzi-Foto-
grafen auer Kontrolle geraten waren. Es sieht so aus,
dass die Medien nur dann ber ihr Verhalten bei der
Nachrichtenproduktion und verbreitung nachden-
ken, wenn sie selbst zur negativen Nachricht werden.
Eine Reaktion auf die Ereignisse um Diana bestand
darin, dass man sich darauf einigte, die Kinder von
Prominenten und ffentlichen Personen aus der
Berichterstattung herauszuhalten. Dennoch wird die
Privatsphre nach wie vor auch fr vllig unwichtige
Nachrichten verletzt: Beispielhaft sei hier der Fall desPrsidenten des Formel 1-Verbandes, Max Mosley,
erwhnt, ber dessen Privatleben eine Geschichte
verbreitet wurde, die eher kommerziellen als Nachrich-
tenwert hatte.
Inwieweit stehen die Medien in der Verantwortung,
gewisse Informationen oder Bilder aus Grnden des
Anstands und des ffentlichen Geschmacks nichtzu
verffentlichen? Bei allen filmischen Wiedergaben der
terroristischen Grueltaten vom 11. September 2001
haben sich die Medien dagegen entschieden, die
entsetzlichen Bilder der Menschen in den Zwillingstr-
men zu zeigen, die eher in den Tod sprangen, als im
Gebude darauf zu warten, bei lebendigem Leibe zu
verbrennen. Andererseits haben die Medien weltweit
die mit einem Mobiltelefon aufgenommenen Bilder
der Hinrichtung Saddam Husseins immer wieder
gezeigt.
Wie sollten die Medien mit schutzlosen Menschen
umgehen, die nicht in der Lage sind zu entscheiden,
ob intime Informationen ber sie verbreitet werden dr-
fen? In Grobritannien gab es den Fall eines 12-Jhri-gen, der seine 14-jhrige Freundin schwngerte und
als Grobritanniens jngster Vater prsentiert wurde.
Seine Eltern und die seiner Freundin waren damit einver-
standen, die Geschichte an die Medien zu verkaufen.
Prompt entstand eine Debatte ber Kinder, die Kinder
bekommen und ob Grobritannien eine zerfallende
Gesellschaft sei. Der Fall wurde zur Metapher fr sozia-
le Exklusion. (In Wirklichkeit ergab eine DNA-Analyse,
dass der 12-Jhrige gar nicht der Vater war stattdes-
sen wurde ein 14-jhriger Junge ausgemacht.) War es
seitens der Medien richtig, diese Story zu kaufen und dieBilder der Kinder auf den Titelseiten zu verffentlichen?
Wie sollten Medien die Balance zwischen der Ver-
pflichtung zur Berichterstattung ber Fehlverhalten und
15
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
IV. DIE CORPORATE RESPONSIBILITY DER MEDIEN SELBST
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7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009
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moralischer Scheinheiligkeit wahren? Einige Medienor-
ganisationen in Europa fordern ein Gesetz, das sich an
Megans Law anlehnt einem Gesetz in Kalifornien,
das der ffentlichkeit per Internet Zugang zu detaillier-
ten Informationen ber registrierte Sittlichkeitsverbre-
cher gewhrt.20 Den Wohnsitz von Pdophilen zu verf-
fentlichen mag als Dienst an der ffentlichkeit betrach-
tet werden, kann aber auch zur Selbstjustiz fhren.
Michael R. Evans, Professor an der Indiana University
School of Journalism, nennt als Mastab fr den
Umgang mit schwierigen Entscheidungen die Golde-
ne Regel (im Kantischen Sinne): Was Du nicht willst, das
man Dir tu, das fg auch keinem andern zu. Dennoch
rumt er ein, dass bei der Frage, ber welche Details
einer Story man berichten soll, Spannungen entste-
hen. Worin liegt die moralische Verpflichtung, wenn
man wei, dass eine Story den Opfern und Betroffe-nen mehr Schaden zufgt, als sie hilft, die Schuldigen
ffentlich anzuklagen? Und wie geht man mit dem
Widerspruch zwischen der nchternen Darstellung von
Fakten und der Tatsache um, dass sich eine Zeitung
auch verkaufen muss?
c) Werbung
Welche Verantwortung erwchst fr Medien aus dem
Umstand, dass sie auf kommerzielle Werbung ange-
wiesen sind? Die CR- Beratungsagentur Context spricht
hier von Verantwortung hinter der Kamera und vor der
Kamera, die TV-Sender bernehmen mssen.
Welche Verantwortung haben Medienunternehmen
im Konflikt zwischen Werbung fr Konsumzwecke und
der Verpflichtung zu nachhaltiger Entwicklung?
d) Bildungs- und Informationsauftrag
Wie knnen Medien Zusammenhnge und Sachver-
halte fr ein groes Publikum erklren und darstellen,
ohne sie andererseits berzuvereinfachen? An wel-
cher Stelle wird aus einem deutlichen Kommentar
Demagogie? In den USA ben die so genannten
Shock-Jocks im Radio eine enorme Macht aus. Einer
von ihnen, der Konservative Rush Limbaugh, wurde
vom Weien Haus krzlich als der wahre Fhrer der
amerikanischen Opposition bezeichnet.
Wenn es tatschlich einen Bildungs- und Informations-
auftrag der Medien gibt, welche Verantwortung
haben sie dann gegenber medialen Analphabeten
(Leute, die nicht zwischen Fakten, Meinung, Unterhal-
tung und Werbung unterscheiden knnen) und ihrer
sozialen Ausgrenzung?
Welche Verantwortung haben Medien bei der Ein-
schtzung der voraussichtlichen Folgen ihrer Berichter-
stattung? Der folgende Kasten mag als Beispiel dienen.
16
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
Ein strittiges Thema in den vergangenen Jahren war
die Frage, ob sich Medienunternehmen, die dnische
Karikaturen wiedergaben, die so viele Muslime erzrn-
ten, verantwortungsvoll verhalten haben.
Es ist immer eine Gratwanderung, wenn Medienbesit-
zer ihren Redakteuren vorschreiben, was sie verffent-
lichen drfen und was nicht. Aber es ist die Verantwor-tung des Besitzers, sicherzustellen, dass fhige Redak-
teure beschftigt werden, dass stabile Mechanismen
fr die berprfung von Inhalten existieren und dass
sein Medium eine verantwortungsvolle redaktionelle
Linie verfolgt. Die Kontroverse um die Karikaturen hat
gezeigt, dass Medienbesitzer auf der ganzen Welt
gemeinsam mit ihren Redakteuren regelmig die
Richtlinien fr das berprfen mssen, was sie publizie-
ren bzw. was sie nicht publizieren.
Die Meinungs- und Pressefreiheit ist ein mhsam
erkmpftes Gut und ein wichtiger Wert in vielen Ln-
dern dieser Welt. Aber sie war nie absolut. Sie unterliegt
den Anti-Verleumdungsgesetzen und vielerorts auch
den Gesetzen gegen Diskriminierung und Volksverhet-
zung. In der Praxis mssen Redakteure tagtglich
einen Ausgleich finden zwischen Redefreiheit und
gutem Geschmack, den Befindlichkeiten der Leserund dem gesunden Menschenverstand, etc. Man
bedenke nur, wie sich die Darstellung der Afroamerika-
ner in den amerikanischen Medien seit den 1960er-
Jahren gendert hat. Unsere Vorstellung des Akzepta-
blen und des Nicht-Akzeptablen ndert sich je nach
den vorherrschenden gesellschaftlichen Konventionen
und Sichtweisen. Meiner Meinung nach wurde die New
York Post Anfang des Jahres vllig zurecht aufs heftig-
ste kritisiert, als sie Prsident Obama als toten Schim-
20 http://www.meganslaw.ca.gov
>>
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7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009
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SustainAbility, das schon erwhnte fhrende Beratungsun-
ternehmen im Bereich Corporate Responsibility und
Nachhaltige Entwicklung, hat 2005 in einer Partnerschaft
mit der Umweltorganisation WWF einen Bericht zur
Medienindustrie erarbeitet. In seiner Studie zu Corporate
Responsibility im globalen Medien- und Unterhaltungssek-
tor rangiert die Guardian Newspapers Ltd (GN) an ersterStelle vor der BBC, Pearson und Reuters in Grobritannien
sowie den internationalen Medien- und Unterhaltungskon-
zernen wie z. B. News International, Time Warner und
Vivendi Universal.
Viele Medienunternehmen versuchen, den Status der
CO2-Neutralitt zu erreichen und gehen andere Umwelt-
fragen an: wie CDs, DVDs und Zeitungspapier hergestellt
und entsorgt werden. Unternehmen wie BskyB in Grobri-
tannien spielen z. B. im Bereich Klimawandel eine fhren-
de Rolle: BskyB verpflichtete sich zu CO2-Neutralitt undberzeugte sein Mutterunternehmen NewsCorp, es ihm
gleichzutun. Dennoch befasste sich der letzte Nachhaltig-
keitsbericht von Sky (2007) nicht mit der Wirkung der
redaktionellen Inhalte, wie sie oben diskutiert wird.22
An meiner Universitt Cranfield berlegt man, wie
man den Carbon Brainprint messen kann, d. h. wie
man anderen Organisationen helfen und sie darin
untersttzen kann, ihre CO2-Bilanz zu verbessern,
indem ihre Fhigkeiten entwickelt und Forschungs-
und Beratungsprojekte durchgefhrt werden. Knnen
Medienunternehmen eine hnliche Folgenabscht-zung fr ihren Carbon Brainprint durchfhren?
17
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
pansen karikierte (ein Schimpanse war von der Polizei
erschossen worden, und die Zeitung verband diese
Geschichte mit dem erfolgreichen Versuch des Prsi-
denten, ein Konjunkturpaket einzubringen).21
Ich glaube fest an den alten Grundsatz: Ich halte
nichts von dem, was Du sagst; aber Dein Recht, es zu
sagen, werde ich mit meinem Leben verteidigen!
Dennoch htte ich persnlich Zurckhaltung gezeigt
und mich nicht dazu entschlossen, die ursprnglichen
Mohammed-Karikaturen zu verffentlichen. Denn ich
erinnere mich auch noch an das alte Sprichwort Sie
sprechen von Freiheit, meinen aber Lizenzen! Die
erste dnische Zeitung, die die Karikaturen verffent-
lichte, machte in ihrer spteren Entschuldigung klar,
dass sie niemanden hatte beleidigen wollen. Wahr-
scheinlich war ihr zum Zeitpunkt der Verffentlichungnicht klar, dass diese Bilder irgendjemanden beleidi-
gen knnten. Die Medien, die die Karikaturen nach
Beginn der Kontroverse wiedergaben (soweit ich wei,
nicht die etablierten britischen Medien), htten es hin-
gegen wissen mssen. Das Handeln eines ehemali-
gen italienischen Ministers, der die Karikaturen bei
einem Auftritt auf seinem T-Shirt trug, war ganz klar
unverantwortlich.
Die Welt ist heute auf eine noch nie da gewesene Art
und Weise miteinander verbunden mit Zugang zum
Fernsehen, dem Internet, Mobiltelefonen, etc. Das
bedeutet, dass dramatische Bilder in Echtzeit um den
Erdball gesendet werden knnen. So wie in der Ver-
gangenheit eine erfolgreiche Gesellschaft auf Ebene
des Nationalstaats lernen musste, zu leben und leben
zu lassen und die berzeugungen des jeweils ande-
ren zu respektieren, so trifft dies jetzt, wo wir in einem
globalen Dorf leben, auf die Weltgemeinschaft zu.
Aber es trifft auf beide Seiten gleichermaen zu. Die
gewaltttigen Proteste und Todesdrohungen gegen
die Karikaturisten sind falsch. Wir brauchen viel mehr
Respekt und wechselseitige Toleranz zwischen Men-
schen unterschiedlichen Glaubens und denen, die
keinem Glauben anhngen. Das kann nur auf der
Grundlage eines Dialogs passieren. Laut Winston Chur-
chill ist quasseln immer noch besser als Krieg fhren!
Zurzeit ist es fr den Westen ebenso einfach, den Islam
als gewaltttigen Glauben zu karikieren wie fr die
muslimische Welt, den Westen als aggressiv anzuse-hen.
Auerdem habe ich erfahren, dass die dnischen
Muslime offensichtlich mehrere Monate lang versucht
hatten, mit den dnischen Medien und Politikern in
einen Dialog ber die Karikaturen zu treten und abge-
wiesen wurden. Also suchten sie internationale Hilfe
mit dem Resultat, das wir alle gesehen haben. Es stn-
de den Unternehmen gut an, davon zu lernen: eine
lokale Community oder eine Nichtregierungsorganisa-
tion, die legitime Bedenken gegen das Verhalten eines
Unternehmens haben, knnen irgendwann wenn
man sie ignoriert auch die schweren Geschtze der
globalen NROs und Medien auffahren.
21 Die New York Post verffentlichte am 18. Februar eine provokative und
uerst aufwieglerische politische Karikatur. Dabei brachte sie zwei Tages-
geschehnisse miteinander in Verbindung: einmal die Geschichte von
Charla Nash, einer Frau aus Connecticut, die von ihrem zahmen Schim-
pansen angegriffen wurde. Dieser htte ihr fast das Gesicht zerfetzt und
musste von der Polizei erschossen werden, als er sich auf die Polizisten
strzte. Das zweite Ereignis war, dass Prsident Barack Obama ein Gesetz
zu einem uerst umstrittenen, aber dringend bentigten Konjunkturpaket
unterzeichnete noch whrend seines ersten Monats im Amt, was auf-grund der groen Kluft zwischen den beiden groen Parteien im Kongress
ein fast unmgliches Kunststck war. Der Besitzer der New York Post, Rupert
Murdoch, hat sich spter fr die Karikatur entschuldigt.
22 Das Berichtswesen soll jetzt in die Darstellung der Finanzsituation
eingegliedert werden.
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7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009
18/28
In Grobritannien hat eine Gruppe von Medienunterneh-
men ein Medienforum eingerichtet, um ber medienspe-
zifische CR zu diskutieren und gute Praxisbeispiele bekannt
zu machen (http://www.mediacsforum.org). Die CR-Bera-
tungsfirma Acona, die das Forum koordiniert, unterschei-
det zwischen
CR-Themen, die fr alle Unternehmen relevant sind,
allgemeinen CR-Themen, die im Mediensektor beson-
dere Bedeutung haben (z. B. der Umgang mit freien
Mitarbeitern)
und CR-Themen, die spezifisch fr den Mediensektor
relevant sind (siehe Abb. 3).23
Haben die Medien beispielsweise eine Verantwortung,
eine kologisch und sozial nachhaltigere Gesellschaft zu
untersttzen? 24
Wer berichtet ber das Verhalten und die Verantwortung
der Medien selbst? Oder ber das Verhalten der Besitzer
von Medienunternehmen? Das ist im Fall einer starken
Medienkonzentration besonders wichtig:
z. B. in Italien, wo Silvio Berlusconi in seiner doppelten
Rolle als Premierminister und Geschftsmann mittelbar
und unmittelbar einen Groteil des italienischen Fern-
sehens kontrolliert;
oder in Brasilien, wo sechs Unternehmen 80% der Fern-
sehproduktionen kontrollieren und sieben von zehn
Tageszeitungen demselben Unternehmen gehren.
Ein ehemaliger Journalist sagte mir einmal: Fr Medien-
unternehmen werden Defizite bei ihrem Verhalten schnell
peinlich, da sie als Heuchler dastehen. Aber in den eta-
blierten Medien werden die Defizite dieser Unternehmen
dennoch selten aufgezeigt, da die Arbeitspltze vieler
Journalisten von ihnen abhngen.
Wenn in vielen Lndern die CR der Medienunternehmen
wenig fortgeschritten ist, dann ist es auch schwieriger,
anspruchsvoll ber die gesellschaftliche Verantwortung
anderer Unternehmen zu berichten.
Fazit
Ich hoffe, dass wir in Zukunft ein greres Interesse an der
unternehmerischen Verantwortung der Medien sehen
18
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
Supply chainintegrity
Communityinvestment
Staffinvestment
Climate change
Community investment
Staff diversity
Corporate governance
Customerrelationship
Plurality
Promotion of causes
Data protection
Entertainment and gaming
Treatment of freelancersIP and copyright
Health, safety and security
Transparent ownershipCompliance
Digital divide
Education
Awareness of theimpacts of com-
munication
Promotion of sustainabledevelopment
Human rights
Information integrity
Citizenship
Valuing creativity
Creativeindependance
Diversityof output
Media literacy
Transparent andresponsible editorial
policies
Freedom of expression
Impartial andbalanced output
CSR issues common
to all sectors
Common CSR issu-
es with distinct impli-
cations fpr media
Unique CSR issues
for media
Fettdruck: Neue Probleme, die 2008 identifiziert wurden
Abbildung 3: Drei Bereiche von CR-Themen
23 Mapping the Landscape: CSR Issues for the Media Industry 2008.
http://www.mediacsrforum.org
24 Mapping the landscape: CSR issues for the media sector 2008. Brain
print the residual influence of output on audiences: CSR Media Forum
2008.
www.mediacsrforum.org/_media/documents/Media_CSR_Map_2008.pdf.
p4.
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7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009
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werden. In Grobritannien war die BBC bei der Umsetzung
vieler CR-Themen fhrend z. B. organisiert sie Sustainabi-
lity Talks fr die Redaktionsmitarbeiter, tritt fr Vielfalt unter
den eigenen Mitarbeitern ein und denkt kreativ ber die
Mglichkeiten nach, die das Unternehmen hat, um
Zuschauer zu bilden und zum Handeln zu aktivieren. So
hat die BBC z. B. sehr gute Programminhalte zum Thema
Klimawandel produziert. Nachrichtenagenturen produzie-
ren eine zunehmende Menge an Nachrichten fr die
Medien, und diese Rolle nimmt im gleichen Mae zu, wie
in den Medien selber in der Rezession Einsparungen erfor-
derlich werden. Die Nachrichtenagentur Reuters verwen-
det Unternehmensprinzipien, um richtiges Verhalten im
Unternehmen zu definieren. Diese Unternehmensprinzi-
pien sind etwa Schutz der Integritt, Seriositt von Nach-
richten, Entwicklung des Nachrichtengeschfts u. a.
19
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
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Bis jetzt habe ich ber die konventionellen Medien
gesprochen hauptschlich Zeitungen, Magazine, das
Fernsehen und den Rundfunk. Mit dem Internet und den
damit verbundenen Entwicklungen wie Blogs und lei-stungsstarken Suchmaschinen wie Google erleben wir
jedoch eine Revolution. Die Zahl der Internetnutzer ist von
60 Millionen im Jahr 1996 auf 600 Millionen im Jahr 2002,
eine Milliarde im Jahr 2005 und unglaubliche 1,6 Milliar-
den im Mrz 2009 angestiegen. Allein in China gibt es
schon ber 300 Millionen Internetnutzer (Ende 2008).25
In seiner Arnold-Schwarzenegger-Biographie Fantastic
zeigt der amerikanische Schriftsteller Laurence Leamer
auf, wie sowohl Prsident Bush als auch Gouverneur
Schwarzenegger die sinkende Bedeutung der traditionel-len Medien erkannt und statt der traditionellen Organe
immer hufiger neue Medien verwendet haben. Die
amerikanischen Prsidentschaftswahlen 2008 haben die
wachsende Bedeutung des Internets gegenber den tra-
ditionellen Medien deutlich gemacht. Barack Obama
konnte in seinem Wahlkampf Millionen von Untersttzern
ber das Internet gewinnen nicht nur als Geldgeber,
sondern auch als Wahlkmpfer.
Schon 2005 warf Rupert Murdoch der amerikanischen
Organisation der Zeitungsjournalisten (ASNE) vor, ange-
sichts der Auswirkungen der steigenden Internutzung auf
die Zeitungen eine bemerkenswert unerklrliche Selbst-
geflligkeit zu zeigen.26 Junge Menschen stellte er fest
nutzen Nachrichten auf eine vllig andere Art:
Sie wollen sich nicht auf ein gotthnliches Wesen von
oben verlassen, das ihnen sagt, was wichtig ist.
DasPew Internet & American Life Project, das die Auswir-
kungen der Technik auf die amerikanische Gesellschaft
untersucht, ist eine Initiative des Pew Charitable Trust,
einer gemeinntzigen Organisation aus Philadelphia. Sei-nem Bericht zufolge haben 2008 64% der online aktiven
Teenager eigene Inhalte verffentlicht.27
Neue Medien wie Blogs, RSS-Feeds, Google Books, Pod-
casts, Vidcasts, Online-Video (YouTube, blimptv etc.),
soziale Netzwerke, Suchmaschinen, Affiliate-Programme,
Word-of-Mouth-Marketing, Viralmarketing, Second Life,
Online-Spiele, virtuelle Verkaufsshows, Online-Communi-
ties, E-Books usw. werden weltweit immer wichtiger. Mobil-
telefone haben neue Funktionen bekommen, mit ihrer
Hilfe hat man Zugang zum Internet und kann Musik oder
Filme kaufen. Man bedenke auch:
Amerikanische Teenager sehen 60% weniger fern als
ihre Eltern und verbringen 600% mehr Zeit online.
In den USA liegt das Durchschnittsalter der Zuschauer
von Fernsehnachrichten bei 63.
Die Mitgliedszahlen bei Twitter stiegen im Jahr 2008um 1.400%.
Die Mitglieder von Facebook wren zahlenmig das
fnftgrte Land der Erde.28
ber 30% der Internetnutzer in China nutzten fr den
Netzzugang ihr Mobiltelefon das sind 84,5 Millionen
Nutzer (2008).29
Laut einer Studie des Center for the Digital Future
geben 22% der Internetnutzer in den USA an, ihr Abon-nement einer gedruckten Zeitung bzw. Zeitschrift
gekndigt zu haben. Warum? Da derselbe Inhalt auch
online zugnglich ist.30
Ein Ort des Gesprchs
Rupert Murdoch verlangt, dass die traditionellen Medien,
zu denen auch seine eigenen gehren, das Internet
schnell begreifen, ihrem Publikum nicht lnger Vortrge
halten, sondern zu einem Ort des Gesprchs bzw. zu
Orten werden sollten, an denen sich Blogger und Podca-
ster einfinden, um unsere Reporter und Redakteure in aus-
gedehnte Diskussionen zu verwickeln. Dies kulminiert laut
John Seely Brown, dem ehemaligen Direktor von Xerox
Park, darin, dass
sich in einer Welt, in der jeder zum Journalisten oder
Kommentator im Web wird, ein Zwei-Wege-Journalismus
entwickelt. Der Journalist wird zum Forumsleiter bzw. Ver-
mittler, anstatt einfach nur Lehrer bzw. Vortragender zu
sein. 31
In Die Suche Geschftsleben und Kultur im Banne von
Google & Co beschreibt John Battelle, mitbegrndenderHerausgeber des Magazins Wired sowie Mitbegrnder
von The Industry Standard, wie er feststellte, dass er keine
traditionellen Medien wie den Economist oder das Wall
20
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
V. WELCHE AUSWIRKUNG HABEN DIE NEUEN MEDIEN?
25 Soulstates (2009) www.soul-states.com
26 Washington DC, 13. April 2005
27 Quoted in Washington DC, April 13th 2005. Siehe http://news.bbc.
co.uk/1/hi/business/4697671.stm.
28 http://www.newspaperdeathwatch.com/ New Communications Forum
San Francisco 2009 - World without media what will fill the void
[email protected] und www.gillin.com Autor von The New Influencers
29 http://english.people.com.cn/90001/90776/90882/6516299.html
30 http://annenberg.usc.edu/AboutUs/News/090429CDF.aspx
31 The Media Centre, American Press Institute. We media: How audiences
are shaping the future of news and information. http://www.hypergene.
net/wemedia/download/we_media.pdf
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Street Journalmehr liest obwohl diese Presseorgane in
der Vergangenheit die Standards guten Schreibens defi-
niert haben. Seine Erklrung ist sowohl faszinierend als
auch wichtig:
In der gedruckten Welt las jeder Mensch seine eigene
Zeitung, und dann unterhielt man sich auf der Arbeit
oder im Caf mit anderen Menschen darber. Im Web
jedoch werden Nachrichten an sich schon zum
Gesprch dank Blogs, E-Mails und der Cut-and-paste-
Kultur. Kurz gesagt: Selbst wenn ich dasWall Street Journal
oderThe Economist lesen wrde, knnte ich nicht so lok-
ker darber diskutieren wie ber einen Artikel aus Yahoo
oder Google News, weil meine Freunde und Kollegen
nicht das Gleiche lesen knnen wie ich [wegen der
Abonnementbedingungen]. Ich habe zunehmend das
Gefhl, dass Dingemeine Zeit nicht wert sind, wenn ich
sie nicht mit anderen teilen kann. [Hervorhebung von mir][...] In der heutigen Nachrichtenwelt besteht die grte
Snde darin, sich vom Gesprch auszuschlieen. The
Economist und das Wall Street Journal tun aber genau
das. 32
Es ist beachtenswert, dass Murdoch, Seely Brown und Bat-
telle erkennen, dass jngere, vernetzte Menschen anders
mit Nachrichten und Medien interagieren interaktiv in
Form eines Dialogs.
Der Economist schrieb in einem Artikel mit dem Titel
Yesterday's papers - the future of journalism:
Dem digitalen Brger von heute ist es ein Gruel, nur Vor-
trge gehalten zu bekommen. Vielmehr erwartet er im
Rahmen eines online gefhrten Dialogs informiert zu wer-
den. Einerseits ist es weniger wahrscheinlich, dass er einen
traditionellen Leserbrief schreibt, andererseits postet er
seine Antwort eher im Web und fhrt die Diskussion dort
fort. Eine Leserbriefseite, die ausschlielich vom Redak-
teur ausgewhlte Leserbriefe abdruckt, ist fr ihn sinnlos;
die besten Antworten mit Hilfe der spontanen Abstim-
mungssysteme des Internets zu finden, ist es nicht. 33
Die gegenwrtige Wirtschaftskrise beschleunigt einen
ohnehin schon starken Abwrtstrend in der Entwicklung
gedruckter Zeitungen, in dessen Folge in den USA und in
Grobritannien viele etablierte lokale und regionale Zei-
tungen entweder schlieen, bernommen werden, von
Tages- zu Wochenzeitungen werden oder nur noch als
Internetausgabe erhltlich sind. In der Zeit von Oktober
2008 bis Mrz 2009 ist die Auflagenzahl amerikanischer
Zeitungen um 7,1% zurckgegangen der strkste Rck-
gang bis jetzt.
34
Die Grenzen zwischen traditionellen und neuen Medien
verwischen zusehends. Zeitungen und Rundfunksender
haben Websites, und Journalisten bloggen traditionelle
Medien erschaffen immer mehr Produkte und Formate,
die ihren Ursprung in den neuen Medien haben. Etliche
kleinere Medienunternehmen schlagen Kapital aus der
Nutzung traditioneller Medien (Film), um ihre Nachhaltig-
keitsbotschaften ber Internet, Netzwerkseiten und viral
messaging zu streuen. www.onemoreproduction.com
und www.freerangestudios.com produzieren kurze Filme,
um das Publikum fr Themen wie nachhaltige Landwirt-
schaft, Recycling, Regenwasseraufbereitung und Nutzung
von Rohstoffen zu sensibilisieren.
Brgerjournalismus
Wir sehen eine Zunahme des Brgerjournalismus. Jeder,
der eine Kamera oder ein digitales Telefon besitzt, kann
rund um die Uhr zum Medienfotograf werden. Jeder kennt
die dramatischen Bilder des Flugzeugs, das vor einigen
Monaten auf dem Hudson notlandete, ebenso die Fotos,die von Fllen angeblicher Polizeibrutalitt whrend der
Proteste zum G20-Gipfel in London auftauchten. Offen-
sichtlich war das Erdbeben von LAquila in Italien bereits
auf Twitter, bevor es zur Nachricht in den Mainstream-
Medien wurde!
Universal McCann Erickson fragt sich, wie die Mglichkei-
ten zur Einflussnahme mit anderen geteilt werden vom
prmedialen Zeitalter ber die Massenmedien hin zum
sozialen Medienzeitalter. Werden neue Schnittstellenorga-
nisationen entstehen?
21
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
Die ersten Bilder der dramatischen Notlandung eines Flugzeugs auf
dem Hudson River in New York wurden von Amateurfotografen gelie-fert, die das Ereignis mit Mobiltelefonen festgehalten hatten.
Photo: Janis Krums via Twitpic.
32 John Battelle. The Search: How Google and its rivals rewrote the rules of
business and transformed our culture. Portfolio Hardcover 2005. Seepages 173-4.
33 The Economist, 21. April 2005
34 http://finance.yahoo.com/news/US-newspaper-circulation-sees-apf-
15039695.html?.v=6
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Der Commonwealth Club of California hat jngst eine
Initiative gestartet, bei der alle dort gehaltenen Vortrge
live ins Internet bertragen und dann archiviert werden.
Das Carnegie Centre for Ethics in New York verfhrt eben-
so. Beide Initiativen bieten sich als Informationsquellen fr
informierte und aktive Brger an. Diese beiden hochre-
spektierten Institutionen nutzen also gewissermaen ihre
Marke, um vertrauenswrdige Wissensquellen zu werden
Wissensmakler sozusagen.
Giles Gibbons vom CR-Beratungsunternehmen Good
Business ist der Auffassung, dass die Revolution der neuen
Medien Organisationen und Unternehmen dazu antreibt,
transparenter zu werden und weniger Kontrolle auszu-
ben, weil es einfach keine Alternative gibt:
Man kann heute die Debatte ber die eigene Marke
nicht mehr kontrollieren. 35
Was bedeutet das fr Unternehmen?
Unternehmen und ihre PR-Berater mssen lernen, dass
Verlsslichkeit und Transparenz deswegen wichtig sind,
weil Nachrichten das Publikum heute so leicht erreichen
der Aufstieg der neuen Medien machts mglich. Mani-
pulationsversuche in den Medien (traditionell oder neu)
knnen dank der neuen Medien leichter aufgedeckt wer-
den.
Sind Unternehmen und CR-Berater dazu berhaupt
bereit? Wer verfgt ber eine interaktive Website, die Dis-
kussionen und Dialoge ermglicht? Der ausgezeichnete
Artikel Campaigns 2.0 von Oliver Balch im Magazin Ethi-
cal Corporation (Mai 2009) zeigt, dass Wirtschaftsunter-
nehmen im allgemeinen sehr viel konservativer sind und
weniger Erfahrung und Organisationsvermgen mit Social
Networking und den Websites der neuen Medien haben
als viele ihrer Kritiker. Balch merkt dazu an:
Alles deutet darauf hin, dass e-Communities und soziale
Medien nicht so schnell wieder verschwinden werden.
Und das ist nicht der einzige Grund, warum sich Unter-
nehmen darber klar werden mssen, wie sie Teilhabe
organisieren wollen []. Wenn Unternehmen sich fr web
2.0 entscheiden, dann mssen sie offenherzig hinsichtlich
ihres Kerngeschfts und ehrlich hinsichtlich ihrer Ziele
sein. Integritt kann man nicht vortuschen. Die echten
Online-Communities funktionieren genau deshalb, weil
sie echt sind.
Ein Unternehmen, das sich experimentierfreudig zeigt, ist
der Fruit-Smoothies-Produzent Innocent Drinks, der seineKunden dazu einldt, sich an der Online-Debatte ber die
Unternehmensstrategie zu beteiligen, etwa ob die Produk-
te in McDonalds-Restaurants angeboten werden sollten.
Fr Balch sind die Konsequenzen fr die Unternehmen
klar:
Es muss erkennbar sein, dass Unternehmen zuhren,
dass sie als Schnittstelle fungieren, um gleichgesinnte
Personen zusammenzubringen. Ebenso unerlsslich ist es,
aktiv zu sein. Unternehmen knnen nicht anfangen,
soziale Medien zu nutzen und sich dann wieder ausklin-
ken. Genauso wenig knnen sie die Bandbreite ihrer Akti-
vitten einfach einengen. Erfolgreiche soziale Networker
sind berall [...]. Darber hinaus mssen sich Unterneh-
men von Anfang an ber die Zielsetzung ihres Online-
Engagements im Klaren sein. 37
22
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
35 Im persnlichen Gesprch mit dem Autor
37 http://www.ethicalcorp.com/content.asp?ContentID=6458&ContType
ID=
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Auch im Cyberspace besteht die Gefahr der Unverant-
wortlichkeit:
Gerchte knnen durch die Blogosphre verbreitetwerden wo kommen harte Nachrichten her?
Welche Verantwortung haben die Host-Sites eines
Blogs fr die verffentlichten Inhalte, da sie ja nur die
technische Untersttzung liefern?
Wie kann der Brgerjournalismus kontrolliert werden?
Welchen nationalen Gesetzen sollten Internetfirmen
folgen? In Deutschland gab es z. B. Probleme mit
Suchmaschinen, die Links zu Websites mit rechtsradi-kalem Inhalt zeigten.
Natrlich wird ein Verfechter des web 2.0 immer sagen,
dass die Selbstregulierung der Blogosphre verlsslicher ist
als die der traditionellen Medien. Wikipedia, die Online-
Enzyklopdie, wird gern als Beispiel fr eine wirksame
Qualittskontrolle durch die Nutzer selbst genannt. Ich bin
mir da nicht so sicher. Sobald ein Gercht erst einmal imUmlauf ist, kann die Wahrheit es nur schwer wieder einho-
len!
Tim Berners-Lee hufig als Vater des Internets bezeich-
net, ist der Auffassung, dass es so etwas wie ein weltwei-
tes Komitee zur Etablierung ethischer Prinzipien im World-
wide Web geben sollte. Die weitere Entwicklung des Inter-
nets und sein starker Einfluss auf die Welt mache es erfor-
derlich, dass die Verbreitung falscher Informationen wirk-
sam vermieden werden muss.
Auch Unternehmen der neuen Medien knnen in Schwie-
rigkeiten geraten. Es war ja z. B. nicht geplant, dass Goo-
gle, Yahoo, Microsoft, Cisco etc. auf dem chinesischen
Markt mit Zensurbedingungen konfrontiert wurden.
23
David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien
Fr den Bereich CR ist das Neuland - und ich habe
keine definitive Antwort parat. Also gibt es nur eine
ambivalente Antwort! Einerseits wird argumentiert, dass
ein Unternehmen, das in einem bestimmten Land ttig
ist, den Gesetzen dieses Landes folgen sollte unddass dies ein wichtiger Teil des Selbstverstndnisses
eines verantwortungsbewussten Unternehmens ist.
Andererseits entwickelt sich in der Welt ganz langsam
das Verstndnis, dass nationale Souvernitt in der
heutigen verbundenen, globalen Wirtschaft und
Gesellschaft nicht mehr lnger absolut ist. Umweltver-
schmutzung in einem Land betrifft schnell auch ande-
re Lnder. Das Unterdrcken von Informationen ber
eine Pandemie oder deren nachlssige Bekmpfung
in einem Land betrifft schnell auch andere Lnder.
Regierungen drfen keine Vlkermorde begehen.
Menschenrechte sind grenzberschreitend. Die Infor-
mationsfreiheit ist ein grundlegendes Menschenrecht.
In der Praxis wird die Technologie in Zukunft vielleicht
neue Voraussetzungen schaffen. Es ist sehr viel
schwieriger, Millionen von Websites und persnlichen
Blogs zu zensieren als ein paar vereinzelte Zeitungen,
Magazine und Fernsehsender. Ende 2008 gab es
schon 300 Millionen Internetnutzer in China. ber 30
Millionen Chinesen haben ihre eigenen Blog-Sites.38
Software zur Umgehung der Zensuren ist immer weiter
verbreitet. ber zwei Millionen Menschen haben schon
einmal ein kostenfreies Programm heruntergeladen.
Eine Studie des Berkman Centre for Internet and Socie-
ty an der Harvard Law School hat herausgefunden,
dass China erfolgreich 90% der Websites ber das
Massaker am Platz des Himmlischen Friedens, 31%der Websites ber die Unabhngigkeitsbewegung in
Tibet und 83% der Sites, auf denen eine herabwrdi-
gende Version des Namens des ehemaligen Prsiden-
ten Jiang Zemin zu finden ist, gesperrt hat. Anders aus-
gedrckt: Vieles wird gestoppt, manches kommt aber
auch durch.
Googles Vizeprsident Elliot Schrage gab bei den
Anhrungen zum Internet und China vor dem US Kon-
gress am 15.02.2006 zu, dass dies nicht Googles hell-
ste Stu