city - das magazin für urbane gestaltung 2/2012

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2012 Juni magazin-city.at Nordwestbahnhof enf Architekten Wohnen im Kleingarten. SEG Hafencity Hamburg www.mediaserver.hamburg.de/T.Hampel Reservegärten der Stadt Wien MA 53 Der DC Tower 1 wird Österreichs höchstes Gebäude. WED BOOKINIST. Nils Holger Moormann GmbH

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Vertikale Stadtentwicklung / Seestadt Aspern: Die Erfindung einer Stadt / HafenCity Hamburg /

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2012Juni

magazin-city.at

Nordwestbahnhof enf Architekten

Wohnen im Kleingarten. SEG

Hafencity Hamburgwww.mediaserver.hamburg.de/T.Hampel

Reservegärten der Stadt Wien

MA 53

Der DC Tower 1 wird Österreichs höchstes Gebäude.WED

BOOKINIST.Nils Holger Moormann GmbH

City 2012-02.indd 01City 2012-02.indd 01 20.06.12 14:2520.06.12 14:25

Verwendete Acrobat Distiller 8.0/8.1 Joboptions
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02 | Editorial

liebe leserinnen und leser!Wien – Hamburg und, mit einem kleinen Ab-stecher nach Rom, wieder retour nach Wien. Und dazu viel Architektur, Kultur und Urba-nität. Das ist die Tour, auf die wir Sie mit die-ser Ausgabe von city einladen. Stadtentwicklung steht dabei ganz im Fokus. Davon haben beide Städte im Moment reich-lich. Aspern, Hauptbahnhof, Nord- und Nord-westbahnhof – mehr als 15.000 Wohnungen, Schulen, Büros und Infrastruktur inklusive, sollen in den nächsten Jahren auf den brach-liegenden Flächen Wiens entstehen. Dabei orientiert sich die Stadtplanung an den Er-weiterungen der U-Bahnlinien – oder umge-kehrt. Stadtteile wie Simmering oder Roth-neusiedl werden (mangels zahlungskräftiger Investoren – wer erinnert sich noch an Frank Stronach und seine Pläne für ein Fußballsta-dion?) dabei links liegen gelassen, wie Ilse Huber in dieser Ausgabe analysiert.Noch hat Wien also Platz, noch muss in dieser Stadt keine zweite oder dritte Ebene eingezo-gen werden, um Platz für ihre Bewohner zu

schaffen. Das Bedürfnis danach könnte ent-stehen, wenn die Prognosen der UNO stim-men und in 40 Jahren drei Viertel aller Men-schen in urbanen Räumen leben. Stadtplaner wie Michael Walraff machen sich bereits jetzt Gedanken über die vertikale Stadtentwick-lung, die Sie in unten stehendem Beitrag nachlesen können.Und Hamburg – das „Tor Deutschlands zur Welt“! Zur Zeit der Hanse einer der wichtigs-ten Handelsplätze der damaligen Welt, waren es vor 50 Jahren die Beatles, die durch dieses Tor in die weite Welt marschierten. Die Bea-tles sind Geschichte, ebenso wie die typischen Sichtziegel-Speicher. Doch anstatt sie abzurei-ßen, hat sich die Stadt entschlossen, die teil-weise denkmalgeschützten Gebäude neu zu defi nieren. Leider ist das Renommierprojekt, die Konzerthalle der Elbphilharmonie auf ei-nem solchen ehemaligen Speicher, durch Baustopps, Baukostenexplosionen und Dau-erstreit in ein schiefes Licht geraten – das Pro-jekt selbst (ein Entwurf der Schweizer Archi-

tekten Herzog & de Meuron) bleibt dennoch spektakulär. So etwas kennen wir in Wien übrigens auch!Hafencity und Speicherstadt – mit diesen Stadtentwicklungsprojekten, über die wir in dieser Ausgabe ebenfalls berichten, hat sich die Hansestadt an der Elbe jedenfalls, was moderne Architektur betrifft, ganz vorne po-sitioniert.

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen

Roland Kanfer

Arc

hiv

Aus dem Inhalt talk

Vertikale Stadtentwicklung 2

planning

Stadtentwicklung Step by STEP 5Aspern: Die Erfi ndung einer Stadt 7

architecture

Vienna DC: Fast eine Metropole 10Vertikale Stadtbauernhöfe 11

international

Hamburg: Die Waterkant boomt 13HafenCity Hamburg 18

design

Stilwerk: Zwei Welten 19 Deutsches Design: Ohne Trara 20

life

Neues Wohnen im Kleingarten 21 Neues Leben in alten Auslagen 23

oben (niemals) ohne

Natürlich geht es bei der vertikalen Stadt nicht bloß um die senkrech-ten Wände, sondern

vielmehr um die Nutzbarmachung vertikaler Strukturen. Flugs wan-dert das geistige Auge bereits nach oben, senkrecht hinauf und was sieht es da? Der Blick der Sevilla-ner erfasst etwas anderes als jener der Römer, der New Yorker oder der Wiener. So kulturell unter-schiedlich die Stadträume auch sein mögen, so einend ist doch der Umstand, dass es überall eng ist und dicht wird. Weltweit muss die Grundfläche einer Bauparzelle mehr Personen, Nutzungen und Funktionen aufnehmen können als noch vor zehn, zwanzig oder hundert Jahren. Also wächst die Stadt in die Höhe. Selbst im historischen Wien kön-nen Bewohner beobachten, wie die Gründerzeithäuser zusätzliche Geschoße aufgesetzt bekommen. Die neuen Dachausbauten bleiben aber nur einer bestimmten Klien-tel zugänglich. Mit dem entspre-chenden Kleingeld gönnt sie sich die einzigartige Lage am besten selbst. Exklusiv und privat. So ist die Rechtslage, denn in der Höhe gibt es kein „Allgemein“ oder „Öf-

fentlich“ und schon gar kein „Un-entgeltlich“. Wenigstens der Zu-gang, wenn nicht sogar die Aussicht bzw. die Konsumation müssen bezahlt werden. In den rechtlich verbindlichen Flächen-widmungs- und Bebauungsplä-nen werden nur die Kategorien festgelegt, nach denen sich das zu bebauende Objekt zu richten hat.

Mehrere FunktionsebenenDem Architekten Michael Wallraff ist das viel zu wenig. Er setzt sich nicht nur im Rahmen von Aus-stellungen (jüngst „looking up.public space“ im MAK) und Bü-chern (Vertikaler Öffentlicher Raum, Verlag für Moderne Kunst) mit der öffentlichen Raumnut-zung in der Stadt auseinander, sondern auch im Zuge seiner Pla-nungstätigkeiten: „Bis jetzt befi n-det sich der öffentliche Raum auf unterstem Niveau, nämlich jenem der Straße. Verdichtet sich die Stadt weiter, dann braucht man

auf einer zusätzlichen Ebene frei-räumliche Qualitäten.“ Walraff er-stellt mit seinem Büro städtebau-liche Leitkonzepte und städtebauliche Entwürfe, die ihn immer wieder zu den Pionieren der Stadtplanung führen: dem Bauhaus-Vertreter Ludwig Hil-bersheimer und dem Schweizer Architekten und Urbanisten Le Corbusier. Schon in den 1920er Jahren redeten beide davon, das oberste Geschoß besser zu nutzen. Dem Dachgeschoß widmete Le Corbusier besondere Aufmerk-samkeit, ist es doch eine tragende Komponente seiner Thesen zur Neuen Architektur: indem sich das Flachdach von dem übrigen Baukörper abhebt, gewinnt man Raum, sei es als Garten oder Ter-rasse oder als Atelier. Dadurch er-öffnet sich eine vielseitige Nut-zung, die übereinander stattfi nden kann.Diese Idee der „gestapelten Funk-tionalität“ lässt Michael Wallraff nicht mehr los. Schon kritisiert er die beengte Sichtweise der zwei-dimensionalen Planungsinstru-mente, die das wichtige Kriterium Luftraum völlig außer Acht las-sen. Dabei liegen dort enorme Po-tenziale, die heute größtenteils

ungenutzt bleiben und von der Stadtplanung nicht berücksichtigt werden – auch nicht berücksich-tigt werden können. Dazu wäre „eine Verfassungsgesetzesände-rung Voraussetzung“, sagt Kurt Puchinger, Planungsleiter in der Wiener Stadtbaudirektion, „denn die Öffentliche Hand kann nicht in das Privateigentum eingreifen.“

Grund und Boden reichen nichtWird ein Grundstück verkauft, wechselt es den Besitzer. Ist der neue Eigentümer ein Privater, kann er damit machen, was im Rahmen der Gesetze erlaubt ist. Das heißt: Fußgänger können nur hoffen, dass vom Eigentümer ein Durch-, Auf- oder Verbindungs-gang bis auf Widerruf gestattet ist. Die dritte Dimension des urbanen Stadterlebnisses bleibt nur weni-gen vorbehalten. Dass es punktu-elle Vorreiter zum hochlagig und öffentlich zugänglichen Raum gibt, zeigt das Beispiel Wiener Stadtbibliothek: das öffentliche Gebäude am Urban Loritzplatz am Gürtel verfügt mit seiner „Frei-treppe“ an der Südwestseite über eine freiräumliche Qualität, die allen offensteht.

Verticity Chicago/Hongkong: Die Stadt der Zukunft funktioniert auf mehreren Ebenen Visualisierung Michael Wallraff Architekten Architects

> Verdichtet sich die Stadt weiter, braucht man eine zusätzliche

Ebene. <Stadtplaner Michael Walraff

Städteplaner Michael Wallraff Nikolaus Similache

DIE VERTIKALE STADT. Bis zum Jahr 2050 rechnet die UNO mit 75% Stadtbewohnern. Das spornt zum Nachden-ken und Vorausplanen an. Die dritte Dimension einbeziehen, fordern Pla-ner aller Art. I ilse huber

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talkMehr als ein AusblickGenau um diese freiluftigen und allgemein zugänglichen Raumres-sourcen soll es künftig gehen. Schon bei der Projektentwicklung soll mit dem Investor vereinbart werden, bestimmte Etagen, Zu-gänge oder Teilräume des Gebäu-des zumindest zeitlich zu öffnen. In Wien errichtet wird die WED gerade den ersten der zwei von Dominique Perrault entworfenen Hochhäuser in der Donaucity - mit semiöffentlichen Räumlich-keiten, wie Kurt Puchinger erklärt: „Es werden Veranstal-tungsorte angeboten und auch ein Restaurant steht den Men-schen offen. Diese so genannte Innere Nutzung beruht aber auf dem Goodwill der Errichtergesell-schaft.“ Ein paar Luftkilometer stadtein-wärts gibt es bereits ein in Betrieb befi ndliches 18-stöckiges Hoch-haus mit derartigen Angeboten. Am Donaukanal steht seit 2010 der Tower des Architekten Jean Nouvel, der die Nobelhotelkette Sofi tel beherbergt. Wohl gibt es dort tatsächlich im letzten Stock ein Restaurant, allerdings eines der Luxusklasse... Für die Stadt Wien gibt es ein Hochhauskonzept, das prinzipielle Überlegungen festlegt, wo und wie hoch die einzelnen Hochhäu-ser sein dürfen. Die Umsetzung wird im Einzelfall geprüft und be-treffend der Nutzung können „am besten Wettbewerbe genauere Vorgaben machen“, sagt Puchin-ger. Diesen Schritt praktiziert man in Übersee, so Michael Wallraff: „Die öffentliche Hand ist dort zu-rückgedrängt. Sie kann sich nur Handlungsspielraum erarbeiten, indem sie Baubewilligungen an Bedingungen knüpft. So dürfen Objekte nur dann errichtet wer-den, wenn sie zum Beispiel eine Fußgängerbrücke aufweisen.“ Konkret erfordert das einen wei-teren externen Zugang durch öf-fentliche Lifte oder Stiegenhau-serschließung. Kopfzerbrechen macht den Privaten laut Michael Wallraff dabei weniger die Haf-tungsfrage als vielmehr die Erhal-tungsregelung: Wer räumt den Schnee? Wer ist für die Sauber-keit zuständig? Wer repariert Schäden? Das sind noch offene Fragen, die gelöst werden müs-sen. Für Wien ortet der Planungs-leiter Puchinger „keinen so gro-ßen Druck, auf den reagiert werden muss. Die Freiräume zu ebener Erde sind besser und auch leichter zu erreichen.“

Wo neue Qualitäten noch Platz habenDie Ideen zur vertikal nutzbaren Stadt sind, wenn man an die Vor-reiter Le Corbusier und Ludwig Hilbersheim denkt, nicht neu, aber sie bekommen immer wieder neuen Drall, wenn neue Stadt-quartiere geplant werden, die solch freiräumliche Ansätze noch

in sich aufnehmen könnten. Mi-chael Wallraff streicht hier das Viertel des Wiener Nordbahnhofes bzw. Nordwestbahnhofes hervor, wo „neue Qualitäten defi niert und auch ausgeführt werden kön-nen.“ Seiner Vorstellung nach soll spätestens in 20 Jahren die verti-kale öffentliche Stadt Wirklichkeit sein. Doch noch lassen Immobilienent-wickler das „öffentlich“ lieber weg und protzen mit Superlativen der exklusiven Art wie in London, wo gerade Europas höchstes Haus

entsteht. „The Shard“ ist ein voll verglaster Spitzbau, kreiert von Renzo Piano, der Luxus hoch drei

proklamiert: Hotel, Appartements, Gourmetrestaurants. Und zum Drüberstreuen: Galerien. Auch das nennt sich vertikale Stadt.

> Die Öffentliche Hand kann nicht in Privateigen-

tum eingreifen. <Kurt Puchinger,

Wiener Stadtbaudirektion

Wien Energie Fernwärme, ein Unternehmen von Wien Energie.

Fernkälte von Wien Energie:

ohne viell

nergie.

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Die Freitreppe der Wiener Stadtbibliothek als öffentlicher Raum der dritten Dimension Ilse Huber

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04 | talk Kaffehauskultur

vom kamelfutter zum kaffeekult„Kaffeehaus ist das Gegenteil eines Museums“ Gregor Eichinger ist Architekt, All-round-Designer und Experte für „Be-nutzeroberfl ächen“. Aber er ist auch jemand, der sich mit dem Begriff des Kaffeehauses intensiv auseinanderge-setzt hat.

City: Was bedeutet „Kaffeehaus“ für Sie?Eichinger: Stadt. Im Dorf wäre es wahrscheinlich ein überproportionales Werkzeug, während es in der Stadt die Erweiterung des öffentlichen Raumes

ist. Es ist ein Ort mit Aufenthaltsqualität, ein zur Verfügung gestellter Raum, in dem man sein kann. Das braucht im-mer eine gewisse Dimension an öffentli-chem Raum.

City: Weltkulturerbe Kaffeehaus ?Eichinger: Ich glaube, dass wir in ei-ner Zeit leben, in der es wichtig ist, Marken zu bilden. Als Marke hat das Kaffeehaus eine Nachvollziehbarkeit, die nicht nur aus den Räumen besteht, in denen etwas stattfi ndet, sondern auch aus Ritual. Im Rahmen des Welt-kulturerbes hat man genau das festge-halten.

City: Und wenn wir die Dinge, die wir angreifen können, einbeziehen?Eichinger: Musealisierung fi nde ich ka-tastrophal. Das Kaffeehaus ist genau das Gegenteil eines Museums. Dass Kaf-feehäuser so lange überleben, hat nur damit zu tun, dass sie mit hochwertigen Materialien und ihren Ritualen eine All-gemeingültigkeit haben, die auch noch in 5000 Jahren stimmt. Dass die Kaffee-häuser aufgrund ihrer Einkommenssitu-ation, die einmal sehr gut war, gute Materialien verwenden konnten, be-deutet, dass sie auch sehr langlebig sind und dass Gebrauchsspuren kein Problem darstellen. Das bedeutet aber

nicht, dass das Kaffeehaus nur als „altes“ Kaffeehaus existieren kann. Das ist ein-fach nur ein Nebenprodukt der Quali-tät. Die Kaffeehäuser sind in ihrer Ge-schichte immer sich wandelnde, den neuesten Moden und Trends folgende Institutionen gewesen.

City: Dafür muss man Bewusstsein schaffen…Eichinger: Ich glaube, wenn man so darüber spricht, ist es für jeden nach-vollziehbar. Speziell auch die junge Ge-neration weiß das, deswegen sind die Kaffeehäuser stark frequentiert. Aber alle neuen Kaffeehäuser, die jetzt entste-hen, sind im Prinzip keine Kaffeehäuser, sondern Derivate von Kaffeehäusern. Das sind Café-Bars, Lounges und eine Lobby, ein Ort des Wartens. Ein Kaffee-haus ist kein Ort des Wartens, sondern ein Aufenthaltsraum. Irgendwann wird man wieder dahin zurückkehren, denn man wird drauf kommen, dass das, was man erwartet, sich dort nicht ereignen wird. Wahrscheinlich müssen Dinge zer-stört werden, um als Sensation wieder-entdeckt zu werden. Das Kaffeehaus muss da jetzt durch.

City: Was darf bei einem Kaffeehaus-besuch nicht fehlen?Eichinger: Der Kaffee. Die Menschen. Aber auch das W-Lan. In einem Ge-spräch ist es toll, gemeinsam auf etwas zu kommen und das gemeinsam zu re-cherchieren. Oder geografi sch in eine andere Stadt zu kommunizieren. Leute gehen ins Kaffeehaus, um in die Ver-gangenheit zu fl üchten, die noch nicht elektrisch ist. Ich sehe das nicht so. Aber natürlich möchte ich gerne meine Ta-geszeitung haben.

City: Also ein bisschen Analogie darf schon sein…Eichinger: Unbedingt. Der analoge Moment ist, jemanden zu treffen in Echtzeit und in 3D. Dennoch haben wir die elektronische Ausstattung immer mit dabei. Die kann man bewusst nicht verwenden. Oder eben schon. Ich möchte gerne im Kaffeehaus sitzen kön-nen, um mit jemandem Emails austau-schen zu können, darüber zum Beispiel, wo ich gerade bin, das ist ein intimer Moment, den ich teilen kann. Ein Ge-fühl der Verbundenheit und Berüh-rung. Das Kaffeehaus ist ein Ort, wo man sich eröffnet und auch berührt werden kann. Und das möchte ich in allen Richtungen, die uns möglich sind.

Kaffeehaus mit Thonetbestuhlung. Thonet/Uschi Simon

Kaffeehauskenner Eichinger. eichinger offi ces

Wir gehen neue Wege. Mit Antworten für nachhaltige Stadtentwicklung.

Die Stadt der Zukunft ist eine, die nichts auf morgen verschiebt.

siemens.at/klimawandel

Städte sind die Impulsgeber unserer Gesellschaft. Doch auch beim Klimawandel liegen sie vorn: Auf Städte entfallen heute 75 % des weltweiten Energieverbrauchs und mehr als 80 % der CO2-Emissionen. Und die urbanen Zentren wachsen.

Geht der Klimawandel heute vielfach von Städten aus, bieten sich genau hier auch zahlreiche Möglichkeiten, ihn zu bekämpfen. So lassen sich CO2-Emissionen von Gebäuden mit energieeffi zienter Technik um bis zu 50 % senken. Aber nicht nur die Zukunft des Klimas entscheidet sich in den Städten: Als Wirtschafts- und Lebenszentren,

deren Bruttosozialprodukt dem ganzer Länder entsprechen kann, sind Städte auch Ausgangspunkt für nachhaltige Entwicklung. Überall in Österreich und im zentraleuro-päischen Raum arbeiten Planer und Entscheider daran, Konzepte für die Stadt von morgen in die Tat umzusetzen. Es geht um den Erhalt und die weitere Verbesserung unserer Lebensqualität, um steigende Energieeffi zienz und stärkere Schonung unserer Ressourcen.

Die Antworten für die Stadt der Zukunft sind da. Und die Zeit für neue Wege ist jetzt. Denn die Welt von morgen braucht unsere Antworten schon heute.

DAS WIENER KAFFEEHAUS. Diese Institution hatte es noch nie leicht mit der Konkur-renz, wie auch immer diese aussah. Doch auch in diesem Fall gilt: Echte Wiener gehen eben nicht unter. I barbara jahn

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step by step STADTENTWICKLUNG. Seit knapp dreißig Jahren wälzt Wien Pläne für eine kontrollierte Stadtentwick-lung. Mit wachsender Bevölkerung steigt jetzt der Druck, verbleibende Freiräume zu Baulandzonen zu machen. I ilse huber

Wiens Stadtgebiet umfasst 415 km2. Verglichen mit München und Budapest dehnt sich die Stadt um

100 km2 mehr respektive weniger aus. Gut – in München wohnen rund 400.000 weni-ger Menschen als in Wien, also knapp 1,3 Millionen Einwohner. Aber mit Budapest verbindet Wien nicht nur die Donau, son-dern dieselbe Anzahl der Einwohner: auch dort leben 1,7 Millionen Menschen. Die haben allerdings in Budapest mehr Platz für ihren Wohn-, Arbeits- und Lebensmittel-punkt, nämlich 525 km2. Das könnte man als reine Zahlenspielerei abtun, wenn nicht demographische, bauliche, infrastrukturelle und wirtschaftliche Konsequenzen daraus entstünden. Denn wo steht Wien und wo-hin soll sich die Stadt in Zukunft entwi-ckeln? Diese Fragen sind hochkomplex, ihre Beantwortung kann man in der räum-lichen Nutzung nachlesen. Denn wo lässt es sich am besten Wohnen, wo lassen sich am unkompliziertesten Güter umschlagen, und wie kommt man überhaupt reibungs-los von A nach B?

Die Dekaden der StadtentwicklungNach der Einführung der rechtsverbindli-chen Flächenwidmungsplanung vor knapp vierzig Jahren folgte der erste Wiener Stadtentwicklungsplan (STEP) 1984, für dessen Ausarbeitung fast 10 Jahre in An-spruch genommen wurden. Die Säulen die-ses Planungswerkes fußen auf sozialer Ge-rechtigkeit, Solidarität, städtischer Reichhaltigkeit und natürlich: Verbesserung der Lebensverhältnisse. Auch fl oss der damals neue Begriff „gesunde Umwelt“ in die Vorstel-lungen ein. Bau- und Grünzonen bilden seitdem die theoretisch paritäti-schen Waagschalen in der weiteren Entwicklung. So ist bereits im Plan von 1984 dokumentiert, dass der süd- und nordöstliche Bereich von Wien von ei-nem Grüngürtel umfasst wird, von wo keilförmige Grünschneisen in das dicht bebaute Gebiet vor-dringen. Was vor nahezu drei Jahr-zehnten skizzenhaft einge-zeichnet wurde, wird nun im Detail relevant. Denn pendelte die Einwohnerzahl zwischen 1951 und 1981 zwischen 1,5 und 1,6 Millionen Einwohner, so leben heute rund 100.000 Menschen mehr in Wien. Der Druck, ver-bleibende Freiräume zu potenziellen Bau-landzonen zu machen, steigt. Wohnraum zu schaffen ist eine der obersten Maxime - aber bis wohin darf oder soll sich das Bau-land in die Gärten, Wiesen und landwirt-schaftlichen Flächen fressen? Weil sich der Zehn-Jahres-Planungshorizont anschei-nend als geeignet erwies, haben die Verant-wortlichen diesen Rhythmus beibehalten,

so dass der STEP regelmäßig und pünktlich 1994 und 2004 herauskam und nun bald 2014 wieder der Öffentlichkeit präsentiert werden wird.

Die jüngsten EntwicklungenNoch gilt der STEP 2005. Wurden damals noch dreizehn Zielgebiete formuliert, so stellt sich das gegenwärtige Bild differen-zierter dar. Abgesehen von den bestehen-

den innerstädtischen Are-alen verblieben neun Gebiete als wirklich „neu“. Rothneusiedl stand 2005 noch als eigene Klasse ein-sam auf weiter Flur. Doch nachdem der Stadionbau im Süden der Hauptstadt abgesagt wurde, sind die weiteren Pläne ebenfalls eingefroren. Keine Sport-stätte, keine weiteren Siedlungsideen, keine U1 Verlängerung – höchst-wahrscheinlich. „Denn entgegen ursprünglicher Pläne wird diese vorerst nicht bis Rothneusiedl ge-führt, sondern ab 2017 zur Therme Wien“, schreibt die Zeitung der Wiener Wirtschaftskammer in ih-

rer Ausgabe vom 4.5.2012. Falls, unter Um-ständen, möglicherweise diese bereits voll-ständig geplante Strecke doch noch irgendwann einmal gebraucht werden würde, könne eine Gabelung der Linie in Erwägung gezogen werden.

Simmering bleibt StiefkindIm Gegensatz zum landwirtschaftlich ge-nutzten Rothneusiedl stellt sich die Situa-tion nordöstlich davon völlig konträr dar. Obwohl die Siedlungen am Leberberg und in Thürnlhof bei der Simmeringer Haupt-

designgekommenum zubleiben

Trends fallen einem nicht ein. Trends fallen einem auf.28 Interior-Shops, über 150 Marken, 2 Restaurants, 156 Zimmer, 26 Suiten, 200 Parkplätze.Exklusiv im Design Tower am Donaukanal.www.designtower.at

planning

Der Wettbewerb für den Park im Sonnwendviertel ist abgeschlossen. Die baulichen Aktivitäten ziehen erst nach. ÖBB/Stadt Wien (Aldinger & Wolf)

> Wiens Entwicklung geht streng einher mit

dem Ausbau der Öffentli-chen Verkehrsmittel. <

Kurt Puchinger, Gruppenleiter Planung der Stadt Wien. Archiv

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straße bereits bezogen wurden und der 11. Bezirk zwischen 1981 und 2008 um knapp 22.000 mehr Bewohner bekommen hat – selbst in den letzten drei Jahren hielt der Simmeringer Zuzug weiter an und weist damit wienweit das größte Bevölkerungswachstum auf – gibt es auch jetzt keine kon-kreten Ausbaupläne zur U3. Jedoch: Simmering war auch schon 2005 kein dezidiertes Ziel-gebiet der Stadtentwicklung. Traum und Wirklichkeit offenba-ren sich in der Wahrnehmung des Einzelnen, so weist der Gruppen-leiter Planung der Stadt Wien, Kurt Puchinger, darauf hin, dass „Wiens Entwicklung streng ein-hergeht mit dem Ausbau der Öf-fentlichen Verkehrsmittel.“ Zu-zügler der neuen Stadtgebiete sollten eben schon in Betrieb be-fi ndliche Massenverkehrsmittel benützen können. Die Straßen-bahnlinie 71 tut es ja auch ...

Das Glück der frei werdenden BahnhofsarealeWährend um die südliche Stre-ckenführung der U-Bahnlinie 1 noch gerungen wird, hat sich ei-nige Stationen weiter in Richtung Zentrum das Hauptbahnhofge-lände zu einer der wichtigsten Neubauzone etabliert. Inkludierte es 2005 noch das Arsenal, die As-panggründe und den Erdberger Mais, wurde die Megafläche jüngst in zwei Abschnitte geteilt: in Favoriten-Hauptbahnhof-Arse-nal und den Rest.

Smart Living im Sonn-wendviertelLangsam kristallisiert sich für das insgesamt 109 Hektar umfassende Hauptbahnhof-Gebiet eine klare Bebauungskontur heraus. Zwi-schen Sonnwendgasse, Gudrun-straße und dem Bahnkörper ent-steht bis 2019 ein Stadtteil mit 5000 Wohnungen, einem 8 Hek-tar großen Park sowie Schulen, Einkaufs- und Bürobauten. Wäh-rend es für den geplanten Park bereits einen prämierten Wettbe-werbsvorschlag vom Schweizer Landschaftsarchitekten Guido Ha-ger gibt, ziehen die baulichen Ak-

tivitäten erst langsam nach. Am 26.Juli 2012 heißt es „Abgabe für den zweiten einstufi gen offenen Bauträgerwettbewerb für 450 Wohneinheiten im Sonnwend-viertel“. Im kommenden Septem-ber sollen dann die Ergebnisse vorliegen. Bei diesem Wettbewerb soll das „smarte Wohnen“ besonders be-rücksichtigt werden, sagt Hans-Christian Heintschel vom Projekt-team Hauptbahnhof: „Hinter dem Begriff Smart verbirgt sich, dass diverse Staurauminhalte von den Wohnungen in einen gemeinsa-men spintartig verwalteten Keller-raum verlegt werden sollen.“ Das bedeutet: die Mieter zahlen tat-

sächlich nur für die bewohnten Räume. All jene Gegenstände, die man nur zeitweise braucht, aber Platz fressen, wie Winter/ Som-merkleidung oder Spielsachen für die Kinder kommen in ein Abteil, das so ähnlich funktioniert wie die Self-Storageräume am freien Markt. Nebst diesen „technischen“ Erneuerungen bei der individuel-len Wohnorganisation fi ndet in dem Viertel auch die Verfl echtung mit der angrenzenden Umgebung eine wichtige Rolle, so Heintschel: „Der Vorteil der Stadtteilplanung liegt auch darin, dass nicht auf der grünen Wiese gebaut wird, son-dern der öffentliche Raum mit dem 3. bzw.10. Bezirk abgestimmt

wird.“ Das soll durch den neuen Park geschehen, der die einst durch den Bahnhof getrennten Bezirke verbindet. Zwar kann aus technischen Gründen die vorge-schlagene parkartige Durchgän-gigkeit zwischen Gudrunstraße und Schweizerpark nicht vollzo-gen werden, aber zumindest eine Alleestraße soll die Grünzone vollenden.

Region Donauraum-Leopoldstadt-Prater Das vormalige Zielgebiet Prater-Messe-Krieau-Stadion wurde mit der Waterfront Donaukanal zur Region Donauraum-Leopoldstadt-Prater zusammengelegt. Dazu ge-hören der Nordbahnhof, der schon bebaut wird und für dessen 75 Hektar großes Areal ein neues städtebauliches Leitbild über einen Wettbewerb gesucht wird – das erste liegt schon 20 Jahre zurück. Der benachbarte Nordwest-bahnhof wird im Gegensatz zum Nordbahnhof derzeit noch von der ÖBB benutzt, allerdings laufen Planungen, den Knoten Inzersdorf zum zentralen Güterumschlag-platz für die Bahn zu machen. „Die Zeichen dazu stehen güns-tig“, sagt Gregor Puscher, zustän-diger Bearbeiter der MA 21A. Dementsprechend hat die Stadt-verwaltung für die Nachnutzung des Nordwestbahnhofgeländes planerisch vorgesorgt und 2008 einen geladenen, anonymen städ-

tebaulichen Wettbewerb ausge-schrieben, den das Architektur-büro Ernst Niklaus Fausch (ENF) aus Zürich gewann. Ein zentraler Stadtpark mit 11,5 Hektar grenzt den östlichen, von der Morgen-sonne beschienenen Parkweg von der westlichen belebten Park-Esp-lanade ab, die sich über Nachmit-tagssonne freuen darf. Drei Hoch-häuser akzentuieren die block-rand artige Bebauung für etwa 12.000 Menschen, die hier zum Leben und Arbeiten erwartet werden. Wie es konkret mit dem insgesamt 44 Hektar großen bald Ex-Areal des Nordwestbahnhofes weitergehen soll, entscheiden Bürgerbeteiligungsverfahren.

Ungeplante Schnellschüsse Wien hat sich dank vorausschau-ender Planungen so gut entwi-ckelt, dass die Stadt bei diversen Rankings (Mercer Studie, Smart City) vorderste Plätze einnimmt. Trotz dieser internationalen Aner-kennungen passieren aber auch oft ungeplante Schnellschüsse. Fast unauffällig zum Boom, neuen Wohnraum schaffen zu wollen, erfolgen Umwidmungen kleinerer Grünfl ächen wie zum Beispiel von Campingplätzen zu Bauland. Doch entgegen der viel postulierten Bürgerbeteiligung ge-schieht Derartiges weniger öffent-lich. Auch derartiges ist Stadtent-wicklung, wenn auch weniger werbewirksam.

Geplantes Wohnareal am Nordwestbahnhof enf Architekten

Nordwestbahnhof: Zentraler Stadtpark mit Hochhäusern für 12.000 Menschen enf Architekten

Stadtentwicklung fi ndet entlang des U-Bahnausbaus statt. Wiener Linien/Manfred Helmer

Im Nahbereich von Hauptbahnhof und Gürtel werden Büros errichtet. ÖBB/Stadt Wien (Aldinger & Wolf)

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die erfi ndung einer stadtSEESTADT ASPERN. Seit fünf Jahren ist die Seestadt Aspern das Stadtgespräch Nummer eins in Wien. Zu se-hen ist davon allerdings noch nicht so viel – der Motor scheint aus mehreren Gründen ins Stottern geraten. Den-noch ist das Vorhaben visionär und einzigartig, denn es bietet Platz für „Das ganze Leben“. So wird es zumindest propagiert. Wien muss nur noch auf den Geschmack kommen. I barbara jahn

Jetzt geht es wohl los mit dem „Wettrennen“ auf die Wohnungen in der See-stadt Aspern. Obwohl kei-

ner genau weiß, wie es eines der größten Stadtentwicklungsgebiete Europas eigentlich so wirklich geht. Zumindest nicht alle. Ein Hin- und Herwiegen zwischen Ratlosigkeit und Euphorie, Ver-wirrung und klarer Ansage rückt das ganze Bauvorhaben in ein ei-genes Licht. Irgendwie schräg und doch so ambitioniert, dass es mehr als ernst genommen wird. Und zwar europaweit.

Stichwort AmbitionEhrgeizig ist das Projekt allemal. Schließlich wird dort, wo einst Napoleon seine Kanonen platziert hat und Wien Luftfahrtgeschichte geschrieben hat, ein ganzer Stadt-teil aus dem Boden gestampft – mit allem, was dazu gehört. Auf 240 Hektar soll dieser entstehen, so wurde es 2007 mit einem ein-stimmigen Beschluss als Master-plan auf den Weg gebracht. Stra-ßennamen sind vielleicht schon ersonnen und irgendwo notiert, aber in Wirklichkeit sind diese ob-solet, denn wahrscheinlich wird man sich bei Wegbeschreibungen in „Blocks“ oder „Straßen“ aus-drücken. Amerikanisch sozusa-gen. Aber auch das ist immer noch ebenso fi ktiv, wie die realis-tische Vorstellung eines neuen Stadtteils, der etwas Besonderes werden könnte. Entweder gelingt es, die Seestadt Aspern zu einem Prestigeprojekt zu machen, das von der geothermischen, autar-ken Energieversorgung – ab 2014 wird die gesamte Seestadt mit

CO2-neutraler Wärme aus 5.000

Metern Tiefe versorgt - über hochwertige Vorzeigearchitektur bis hin zum soziologisch harmo-nisch lebbaren Wunder alles kann. Die Projektpartner sind je-denfalls vom Erfolg der Seestadt auf lange Sicht gesehen mehr als überzeugt - wie zum Beispiel Mi-chael Kotschan vom Geothermie-zentrum Aspern: „Umweltfreund-l iche Lösungen zur Energieerzeugung sind die Zu-kunft. Die tiefe Geothermie spielt dabei europaweit eine wichtige Rolle. Nach dem Motto Energie aus Wien für Wien setzen wir mit der Geothermieanlage Aspern/Essling einen Baustein für eine nachhaltige und unabhängige Energieversorgung Wiens.“

Prestigeprojekt oder Wohnwüste?Oder aber es wird eine Wohn-wüste ohne nennenswerten Puls-schlag, wo alle Bewohner zwar das fi nden, was sie an Infrastruk-tur brauchen, aber keine Seele, die sich hier beheimatet fühlt. Die Ampeln sind jedenfalls schon auf Grün geschaltet, eben erst fi el der Startschuss für den Baubeginn der ersten 1.600 Wohnungen, die bis 2014 / 2015 bezugsfertig sein sollen. Ausgestattet mit sämtli-chen Goodies: Angesprochen werden soll jede mögliche soziale Konstellation und Lebensform – vom Single über Familie bis hin zum generationenübergreifenden Modell sowie Wohngemeinschaf-ten. Durch die Installation von Gemeinschaftsräumen, Gemein-schaftsgärten, Spiel- und Erho-lungszonen wie auch geförderte

Hausgemeinschaften wird schon im Vorfeld dafür gesorgt, dass der neue Stadtteil nicht zum sozialen Pulverfass wird. Vom Blick auf den so genannten See, der eigent-lich derzeit noch viel zu klein ist, um so genannt zu werden, wird selbstverständlich nicht jeder pro-fi tieren, jedoch sieht das städte-bauliche Konzept eine großzü-gige, satt bepfl anzte Durchwe-gung vor, dass allen genügend Luft zum Atmen bleibt. Ob es ei-nen schlanken Fuß macht, wenn in einer Periode, in der Öster-reichs Osten unter Wasserknapp-heit stöhnt, ein künstlicher See angelegt wird, lassen wir offen. Gut ist jedenfalls, dass das Aus-hubmaterial sinnvoll weiterver-wertet wird.

Pokerspiel mit RisikoDerzeit ist das Gebiet aber groß-teils immer noch die große grüne Wiese, die bebaut werden soll. Unterteilt in etliche Bauphasen und Bauplätze wird sich das ehe-malige Flugfeld Aspern bis 2030 entwickeln. Ein fast unüber-schaubarer Zeitraum, um vorher schon detaillierte Prognosen über Erfolg oder Misserfolg abzugeben. Dennoch halten sich die Skepti-ker nicht zurück und äußern seit Bekanntwerden des Monsterpro-

jekts ihre kleinen und vor allem aber großen Bedenken. Auf den anfänglichen Enthusias-mus folgte die Phase der Ernüch-terung: Zwei Universitäten – die Wirtschaftsuniversität und die Technische Universität - haben abgesagt, die Akquisition von Be-trieben und damit von Arbeits-plätzen, die ursprünglich mit ge-planten 20.000 beziffert wurden, läuft schleppend. Der Grund da-für liegt in der Existenz zahlrei-cher Fachmärkte rund um das Gebiet, die wie die Platzhirschen eisern ihre Stellung halten. Mit dem Startschuss für die ersten Wohnungen will man nun erst einmal potenzielle Bewohner ge-winnen – unter anderem mit sehr attraktiven Angeboten wie groß-zügigem Mitspracherecht bei der Gestaltung.Fehlt also die Begeisterungsfähig-keit der Adressaten, so dass man sich bemüßigt fühlt, ständig neue Flächen auf den Plan zu bringen? Eigentlich hätte bereits ein Jahr nach dem Beschluss schon mit der Bebauung begonnen werden sollen. Bisher wurde aber nur der See zu einem Teil ausgebaggert, das – übrigens von der Stadt Wien als Bauherr getragene - Technolo-giezentrum Aspern IQ ist in Ent-stehung (siehe Seite 9) und die

Latest News

• ZT Arquitectos Lda gewinnt den ein-stufi gen Wettbewerb Bildungscam-pus aspern Seestadt Wien 22.

• Sommer 2012 Präsentation des ersten Bauträgerwettbewerbs

• In Kooperation mit dem wohnfonds_wien und der Wien 3420 Aspern Development AG wurde von der Gründstückseigentümerin GELUP GmbH bei einem zweistufi gen Be-werbungsverfahren Pegasus (ca. 25 Wohneinheiten), B.R.O.T. ASPERN (ca. 45 Wohneinheiten), JAspern (ca. 12 Wohneinheiten), Wohnprojekt Seestern Aspern (ca. 30 Wohneinhei-ten) und Orange 3 (ca. 60 Wohnein-heiten) als Baugruppen für das Bau-feld D13 ausgewählt.

Die Realität: Eigentlich hätte die Bebauung des ehemaligen Flugfelds Aspern schon 2010 begonnen werden sollen. Bisher wurde aber nur der See ausgebaggert, die U2 ist im Entstehen. Wien 3420 AG

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Selbstverwirklichung einer StadtregierungEin Kommentar von Barbara Jahn

Vor drei Jahren wurde erstmals die Di-mension der Seestadt Aspern be-kannt: Ein neuer Stadtteil für 20.000 Menschen soll entstehen, wo auf der Rennstrecke, die nun Geschichte ist, die Motoren gebrummt haben. Zu den 8.500 Wohnungen plant man 15.000 Arbeitsplätze, 160.000 Quad-ratmeter Fläche für Forschung und weitere 140.000 Quadratmeter für Einkaufs- und Übernachtungsmöglich-keiten. So lautet die Theorie. Die Praxis aber sieht leider anders aus. Die erste Frage, die sich stellt, ist, ob man in Wien mit den Stadterweiterungsideen nicht zu sprunghaft ist. Immer wieder werden neue Gebiete mit Begeiste-rung „beackert“, stattdessen sollte

man jedoch nach Meinung der Experten die begonnenen Dinge erst ein-mal zu Ende füh-ren. Gegen eine koordinierte Stadterweiterung spricht grundsätzlich nichts, da diese ver-gleichsweise immer noch besser ist als die wild wuchernde Zersiedlung am Stadtrand. Stadtverdichtung auf Brachland im Stadtgebiet sollte ebenso wie im dicht bebauten urba-nen Bereich unter guten Vorausset-zungen ohnehin die oberste Priorität haben – aber nicht aus reiner Selbst-verwirklichung einer Stadtregierung als Motivation.

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Die Vision: 2030 sollen in diesem neuen Stadtteil 20.000 Menschen leben und arbeiten. schreinerkastler

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einzige Verbindungsader zu „Wien“, die U2-Strecke, ist im Fortschritt begriffen. „Die U2-Ver-längerung ist der Motor für das Stadtentwicklungsgebiet aspern die Seestadt Wiens. In jenen Stadtteilen, wo das Öffi -Angebot wächst, entwickeln sich Lebens-räume“, ist Günter Steinbauer von den Wiener Linien überzeugt. Aber nicht nur die Bauträger und die Handelstreibenden sind vor-sichtig geworden, sondern auch die Menschen, die sich durch die Attraktivität eines solchen Pres-tige-Projekts angezogen fühlen sollen, stehen – derzeit – noch auf der Bremse. Immer noch stellen sich viele die Frage, warum man

eigentlich so weit hinaus ziehen sollte. Für die, die sich angesprochen fühlen, bleibt es ebenfalls eine Achterbahnfahrt ins Ungewisse: Ein Stadtteil wie ein Satellit, ohne gewachsene Struktur und ohne Orientierungspunkte. Und ohne Identität, also der beste Weg zur gelebten Anonymität, wenn das geplante Konzept nicht aufgeht. Also doch kein Run auf die Woh-nungen? Getan wird jedenfalls al-les von Seiten der Stadt Wien, um auf die Vorteile des Mammutpro-jekts hinzuweisen. Und derer gibt es einige, auch wenn die Kritiker nicht alle gelten lassen. So zählt beispielsweise die Seestadt Aspern

zu einem der drei Standorte Euro-pas des PROGREENcity Projekts, im Zuge dessen innovative Dach- und Fassadenbegrünungssysteme mit ökologischer Bewässerung für drei unterschiedliche europäische Klimazonen entwickelt wurden. Die so genannten PROGREEN-city-Technologien helfen sollen, den städtischen Raum an den Kli-mawandel anzupassen und Schadstoffe aus der Luft zu redu-zieren. „Es ist meine Vision, mehr Lebensqualität durch mehr Grün innerhalb von Städten zu schaf-fen. Mit vergleichbar einfachen Mitteln können große Effekte er-zielt, dass Wohlbefi nden der Be-wohner gesteigert und Wohnsitu-

ationen verbessert werden. Die Kooperation mit aspern Die See-stadt Wiens hilft uns, dieser Vi-sion näher zu kommen“ sagt Do-ris Schnepf von gruenwand.at. Weiters wird mit dem inhaltlichen Konzept die „Sowohl - Als Auch“-Strategie verfolgt, sprich es wird versucht, Elemente des Lebens in-telligent miteinander zu vereinen. So muss nicht mehr zwischen Karriere und Familie, zwischen Stadt und Land oder zwischen Lifestyle und Gesundheit ent-schieden werden, denn hier fi n-det alles seinen Platz. Und es wird in urbanen Zusammenhängen ge-dacht – das müssen selbst die schärfsten Kritiker zugeben.

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PUBLIK begleitet seit Frühling 2011 die Entwicklung von aspern Die See-stadt Wiens und stellt deren Werte und Ziele zur Diskussion. Kuratiert von content.associates kreiert das Kultur- und Kommunikationsprogramm einen öffentlichen Raum, eine Kultur des öf-fentlichen Dialogs und des künstleri-schen Experiments am Gelände von aspern Seestadt. Als Forschungsstation für urbane Zukunft funktioniert PUBLIK das Baustellenareal zu einem Ort um, an dem Menschen ihre Utopien einer neuen Stadt austauschen und auspro-bieren. Anlässlich der Architekturtage 2012 Anfang Juni 2012 im Rahmen des Salons „aspern und das Paradoxon der Roten Königin“ äußert sich Profes-sor Rudolf Scheuvens:„Qualität und Innovation entstehen nicht von allein. Will man neue For-men des Zusammenlebens in einer

Stadt entwickeln und Erneuerungspro-zesse in Gang setzen, muss man die Bevölkerung in den betroffenen Quar-tieren nicht nur informieren, sondern sie aktiv an Planungs- und Entschei-dungsprozessen beteiligen. Die „Güte“ der Stadtentwicklung misst sich damit nicht nur an der Qualität der Architek-tur und des Städtebaus, sondern auch an der Qualität der Prozesse. Um die Herausforderung der Stadtentwick-lung zu bewältigen, müssen die Ak-teure der Politik, Wirtschaft, Wissen-schaft, Kultur und der Bürgerschaft kooperativ handeln und die Ziele und Maßstäbe für Qualitäten und Innovati-onen in der Entwicklung des Stadtrau-mes, der Infrastruktur, Kultur und Wirt-schaft im Diskurs entwickeln. Hierzu braucht es geeigneter Plattformen des Dialogs und kräftiger Impulse zu einer kreativen Auseinandersetzung. Vorbei

sind daher die Zeiten eines ausgeprägt wissenschaftlich-technischen Planungs-verständnisses, als man noch davon überzeugt war, die künftige Entwick-lung mittels komplexer Modelle abbil-den zu können. Konventionelle Pläne und technokratische Prozesse verlieren mehr und mehr an Bedeutung. Infor-melle und vielschichtige Pläne werden immer wichtiger. Zu beobachten ist, wie prozessual und kommunikativ an-gelegte Planungsansätze zur Ausbil-dung neuer Instrumente führen. Mehr und mehr sind diese darauf angelegt, den Prozess des Wandels zu initiieren, zu begleiten, und diesem eine Orien-tierung zu geben – anstatt ihn über starre Pläne korsettieren zu wollen. Ge-rade in Zeiten des Wandels wird die Stadtentwicklung zu einer höchst an-spruchsvollen, kreativen und zukunfts-orientierten Angelegenheit.“

Das Areal aspern Seestadt: Bis 2015 sollen die ersten 1.600 Wohnungen bezugsfertig, das Tech-nologiezentrum fertig gestellt und die U2 an die Seestadt angebunden sein. Grafi k: Wien 3420 AG

die stadt von heute und morgen

Zum ersten Mal in der Ge-schichte lebten 2009 über 50% der Weltbevölke-rung in Ballungsräumen.

Bis 2030 wird ihre Zahl auf 60% und bis 2050 voraussichtlich auf 70% steigen. Auch der Trend in Österreich geht in diese Richtung. So sind die 72 großen Städte mit 10.000 und mehr Einwohnern zwischen 2001 und 2010 um sie-ben Prozent gewachsen. Auch in

der Zukunft werden Städte und ihre Umlandgebiete, insbesondere der Großraum Wien, an Bevölke-rung gewinnen. Bis 2030 wird Wien um 13 Prozent wachsen.Städte bieten einerseits aufgrund ihrer steigenden ökonomischen Bedeutung eine Chance für Ent-wicklung, Beschäftigung und Wohlstand. Sie stellen die Wachs-tumsmotoren der Zukunft dar und bieten ihrer Bevölkerung Be-

schäftigungschancen sowie die Aussicht auf Wohlstand und eine bessere Lebensqualität. Heute ist mehr als die Hälfte der gesamten weltweiten Wirtschaftsleistung den 600 größten Städten der Welt zuzuschreiben. Auf der anderen Seite lässt das rasante Wachstum die Kluft zwischen Gewinnern und Verlierern immer größer wer-den. Das bringt enorme gesell-schaftliche und soziale Herausfor-derungen mit sich – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der welt-weiten Veränderung der Alters-pyramide.

Picture of the FutureUm das Zusammenleben in Städ-ten zu erleichtern, den Zuzug von Menschen zu verkraften und gleichzeitig die Belastung der Um-welt zu verringern, braucht es eine energieeffi ziente und Res-sourcen schonende Infrastruktur.Der besonderen Bedeutung der urbanen Zentren Rechnung tra-gend, hat Siemens den neuen Ge-schäftsbereich „Infrastructure & Cities“ gegründet, um nachhaltige Technologien für urbane Bal-lungsräume aus einer Hand an-bieten zu können. Corporate Technology, die For-schungs- und Ideenwerkstatt des Siemens-Konzerns, hat eine Sze-

nariotechnik namens „Picture of the Future“ entwickelt, um die nächsten technologischen Schritte für Sustainable Cities vorzuberei-ten. Ausgangspunkt sind zwei ge-genläufi ge Sichtweisen, die einan-der ergänzen: Durch Diskussionen mit Experten und die Extrapola-tion von Trends aus der „Welt von heute“ wird ein möglichst breit akzeptiertes und wahrscheinliches Szenario generiert. Aus diesem Szenario lassen sich die Aufgaben und Problemstellungen identifi -zieren, die heute angegangen werden müssen, um in der Welt von morgen zu bestehen.

Intelligente Systeme im urbanen RaumKonkret werden solche Smart City-Szenarien am Projekt See-stadt Aspern durchgespielt. Der neue Stadtteil soll zum internatio-nalen Kompetenzzentrum und Vorzeigeprojekt für den Einsatz intelligenter Energiesysteme im urbanen Raum gemacht werden. „Die Seestadt Aspern bietet uns die Chance, mit hohem For-schungsaufwand neue Technolo-gien in realen Anwendungen an einem der größten Stadtentwick-lungsprojekte Europas zu erpro-ben“, so Siemens-Österreich-Chef Wolfgang Hesoun. Um das Zusammenleben in Städten zu erleichtern, braucht es energieeffi ziente Infrastrukturen. Schaub-Walzer / PID

SMART CITY. Wie die gesellschaftlichen Heraus-forderungen im Zuge des Städtewachstums in Zu-kunft gemeistert werden können, wird an Stadtent-wicklungsprojekten wie der Seestadt Aspern real getestet. I fernando klar

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architecture

intelligenter leuchtturm

Noch sind die letzten Bautätigkeiten nicht abgeschlossen, aber das Gebäude samt

Fassade steht bereits und setzt ein erstes, deutliches Zeichen auf dem noch leeren Gelände der zukünf-tigen Seestadt Aspern: aspern IQ, das Technologiezentrum der Wirt-schaftsagentur Wien, nimmt Ge-stalt an. Innovative und wachs-tumsorientierte Unternehmen aus dem Bereich der Umwelttechnik können ab September einziehen, begutachtet können die zukünfti-gen Räumlichkeiten bereits jetzt werden.aspern IQ soll als Leuchtturmpro-jekt der Stadt Wien umfassend zur Erreichung der klima- und energiepolitischen Ziele Öster-reichs und der Europäischen Union beitragen. Leitbilder wie eine nachhaltige Architektur, Energieeffi zienz und Lebenszyk-lusbetrachtung sollen neben den funktionalen und gestalterischen Ansprüchen im Vordergrund ste-hen und eine entsprechende Benchmark für zukünftige Ent-wicklungen in der Seestadt set-zen.

Integraler PlanungsprozessGeplant hat das Gebäude das Büro ATP Architekten und Ingenieure, das sich als „Büro für integrale Planung“ versteht. Der integrale Planungsprozess mit frühzeitiger Einbindung von Bauphysik, ther-mischer Gebäudesimulation, Tageslichtsimulation und Bauöko-logie ermöglicht, den Primärener-giebedarf des Gebäudes zu opti-mieren. Damit wird aspern IQ nicht nur zu einem Passivhaus, durch integrierte Photovoltaikele-mente und Kleinwindkraftanla-gen im Gebäudekonzept wird so-gar der Plus-Energie-Standard erreicht, das Gebäude erzeugt also selbst mehr Energie als es ver-

braucht. Das energetische Kon-zept sichert die Minimierung des Energieverbrauchs und schont die fossilen Energieressourcen durch den Einsatz regenerativer Ener-gien in Verbindung mit einem da-rauf abgestimmten Gebäudetech-niksystem. Der Passivhausstandard gewähr-leistet durch eine luftdichte, kom-pakte Gebäudehülle einen hohen Dämmstandard, wärmebrücken-arme Konstruktionen, eine ener-gieeffi ziente und schadstoffarme Bauweise. Die für Passivhäuser wichtige Luftdichtigkeitsprüfung – den sogenannten Blower Door Test – hat das Gebäude bereits be-standen. Diese Messung zeigt un-dichte Stellen und Kältebrücken bei Gebäuden auf und verhindert spätere Sanierungskosten.

Funktionalität und FlexibilitätDer Baukörper der ersten Baue-tappe, der im September den Nut-zern übergeben wird, ist als H-Typ entworfen, mit einer zentralen Lobby im Erdgeschoß. Der Haupt-eingang ist über einen dem Ge-bäude vorgelagerten Freiraum zu erreichen und von der Straße aus gut sichtbar. Allgemeinfl ächen wie Restaurant, Seminarzentrum sind zur Südost-Spange und zum Freiraum hin angeordnet. Von der zentralen Lobby mit Empfang ist das natürlich belichtete und zent-rale Hauptstiegenhaus mit Auf-zugsgruppe direkt zu erreichen. Über den Quergang, der eine op-timale Erschließung in allen Ge-schoßen gewährleistet, sind die Nebenstiegenhäuser, multifunkti-onale Einheiten und sämtliche Nebenräume – unter anderem auch Duschen für Fahrradbenut-zer – erreichbar.In den Obergeschoßen befi nden sich die fl exibel teilbaren Büros. Die Büros sind auf einem Ausbau-

raster von 1,30 m aufgebaut und ermöglichen so fl exible Teilbarkeit in Zellen-, Kombi-, Gruppen- und Großraumbüros. Der Stützenras-ter ist großzügig, um größtmögli-che Flexibilität herzustellen. Aus dem gleichen Grund sind Schächte und Sanitärbereiche rund um den Erschließungskern und zentral angeordnet. In jedem Geschoß gibt es am Ende der Quererschließung auch zentral zugängliche Balkone oder Terras-sen, die den Mitarbeitern als Er-holungs- und Kommunikations-zonen zur Verfügung stehen.Eine der Grundideen der Planung war es, die Gebäude nach funkti-onalen Prinzipien aufzuteilen, mit dem Ziel, optimale und fl exible Nutzungen herzustellen und eine Kleinteiligkeit der Einheiten zu ermöglichen. Somit sind die Mul-tifunktions- und Bürofl ächen in kleine Einheiten teilbar.Die repräsentativen Eingangsbe-reiche und die Allgemeinbereiche im Erdgeschoß sind zum Frei-raum und zum Straßenraum ori-entiert. Zur Anlieferungsstraße und den umliegenden Straßen sind die Multifunktionsfl ächen

mit robusteren Nutzungen orien-tiert, die durch großzügige Vergla-sung gut belichtet sind und mit dem Straßenraum kommunizie-ren.

Grüne Fassade aus SchilfNachdem alle per Auto ankom-menden Nutzer kurz nach der Grundstückseinfahrt in die Tiefga-rage abfahren können, steht der gesamte Freiraum als inszenierte Landschaft den Fußgängern und Fahrradfahrern zur Verfügung. Von hier aus sind die Zugänge der einzelnen Gebäude sowie Restau-rants und Seminarräume zu errei-chen. Somit wird der Freiraum belegt und zur Kommunikations-zone. Geplant vom Wiener Land-schaftsarchitekturbüro Idealice, wurde zusätzlich auch die Fassade in die Freiraumgestaltung mit ein-bezogen und durch einen Schilf-gürtel akzentuiert. Hintergrund dieser Idee: Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Gebiet noch eine mit Schilf bewachsene Auen-landschaft. Das verwendete Schilf erzeugt durch sein rasches Wachs-tum ein wechselndes Erschei-nungsbild über das Jahr und bleibt gleichzeitig modellier- und verformbar. Die Fassade erhält da-durch eine weiche, grüne Hülle mit kinetischen und akustischen Effekten.aspern IQ soll mit hoher Qualität des Arbeitsumfeldes sowohl für Unternehmen als auch für For-schungseinrichtungen und uni-versitätsnahe Einrichtungen mo-derne Infrastruktur und damit die Basis für Spitzenleistungen in der Forschungs- und Entwicklungsar-beit bieten. Gerhard Hirczi, Ge-schäftsführer der Wirtschaftsagen-tur Wien und Bauherr: „Mit dem Technologiezentrum aspern IQ bieten wir Unternehmen eine völ-lig neue Möglichkeit, sich zu ent-falten. Hier können sowohl Pio-niere als auch etablierte Unternehmen von der innovati-ven Aufbruchsstimmung profi tie-ren und zu neuen unternehmeri-schen Ufern aufbrechen.“

Das Technologiezentrum als klima- und energiepolitisches Leuchtturmprojekt der Stadt Wien. ATP

Die Büros sind fl exibel in Zellen-, Kombi-, Gruppen- und Großraumeinheiten teilbar. ATP

Zahlen I Daten I Fakten

Bauherr: WWFF Business & Servicecenter GmbHGeneralplaner: ATP Wien Planungs GmbH6.600 m² Gesamtnutzfl äche, davon 4.900 m² Bürofl ächen1.200 m² Produktions- und Gewerbefl ächen Restaurant mit ca. 100 Sitzplätzen Seminarraum für bis zu 120 PersonenTiefgarage mit ca. 65 Stellplätzen mit Ladestation für Elektrofahrzeuge

Infos: www.asperniq.at

ASPERN IQ. Als erstes realisiertes Projekt der See-stadt Aspern ist das Tech-nologiezentrum ab Sep-tember bezugsbereit. Moderne Infrastruktur soll dort Spitzenleistungen in der Forschungs- und Ent-wicklungsarbeit ermögli-chen. I anna klerdorf

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die wohngemeinschaft in favoriten

Mitbestimmt und so-lidarisch wohnen heißt es ab Ende 2013 im Sonn-

wendviertel, dem ehemaligen Südbahnhofareal im 10. Wiener Gemeindebezirk. In der Nähe der U1 Station Keplerplatz in der Sonnwendgasse errichtet der ge-meinnützige Bauträger BWS nach den Plänen des Wiener Architek-turbüros s & s architekten „so.vie.so“, ein Wohnprojekt, bei dem Mieter schon bei der Planung mit-reden und die spätere Nutzung selbst organisieren konnten.Ein Ziel der Mitbestimmung war es, in einem vorgegebenen Rah-men den Wünschen und Bedürf-

nissen der Bewohner zu entspre-chen und den künftigen Bewohnern schon während der Planungsphase die Möglichkeit zu geben, einander kennenlernen und miteinander zu bestimmen, welche Gemeinschaftsräume wo-für genutzt werden und wie der Betrieb dieser Gemeinschafts-räume organisiert wird.Aus einem vielfältigen Woh-nungsangebot, dem Wohnungs-katalog, konnten die Nutzer ihre Wohnung aussuchen, adaptieren und, soweit sinnvoll möglich, ih-ren Wunsch für die Lage der Wohnung innerhalb des Gebäu-des bekannt geben. In einem par-allel laufenden Prozess werden in einem vorgegebenen Rahmen Nutzungen und Ausstattungen für die Gemeinschaftsräume und Freiraumbereiche festgelegt.

Miterleben und mitgestaltenDas Passiv-Wohnhaus ist so ange-legt, dass durch das Verschwenken des Hofbaukörpers eine Eingangs-situation in das Gebiet der vier Bauplätze geschaffen wird. Gleich-zeitig entsteht dadurch ein intime-rer Teil des Hofes für die eigene Community, während eine bau-platzübergreifende übergeordnete Hierarchie entsteht. Wichtig für ein Projekt dieser Art sind sowohl die vertikale wie auch die hori-zontale Vernetzung. Die Gebäude-

teile sind über zwei Stiegenhäuser und die dazwischen gespannten Laubengänge verbunden. Die Er-schließung dient nicht nur der Be-wegung von A nach B, sondern sie ist für die Gemeinschaftsbil-dung ein stärkendes Element. Die Laubengangbalkone sind geschoß-zugehörige Aneignungsflächen, der offene Laubengang ermöglicht die Blickbeziehung in den Frei-raum. Man kann miterleben, was sich wo gerade tut.Im Erdgeschoß befinden sich hauptsächlich gemeinschaftliche Nutzungen und eine gewerbliche Sondernutzung.

Im April hat die Bauphase begon-nen, Ende 2013 sollen die Mieter einziehen. Die Wohnungen sind jetzt bereits zu 100 Prozent verge-ben. Die Mitbestimmung bei der Organisation der Gemeinschafts- und Freiräume hat begonnen und läuft über die Erstbezugsphase hi-naus bis Mitte 2014. Für die ge-förderten Mietwohnungen mit Kaufoption werden zwei Varian-ten angeboten – je nach Finanzie-rungsform sind pro Quadratmeter zwischen 310 und 520 Euro ein-malig sowie zwischen 6,20 und 6,90 Euro monatlich zu bezahlen.> Infos: www.sovieso.at

beinahe metropoleVIENNA DC. Die Donaucity ist Wiens Zentrum moderner Architektur. Dominique Perraults erster Wolkenkratzer ist dort zu zwei Dritteln fertig, demnächst kommt ein neuer Wohnbau von Baumschlager Hutter dazu. I anna klerdorf

Es wird schon!“ So wird die Reaktion eines ehe-maligen Wiener Pla-nungsstadtrates auf die

Bemerkung eines Gastes überlie-fert, der des Abends seinen Blick vom derzeit noch höchsten Ge-bäude der Donaucity über die be-leuchtete Stadt schweifen ließ und

meinte, man könne Wien beinahe für eine Metropole halten. Es wird schon – das gilt auf jeden Fall für die Donaucity. Die Bebau-ung des urbanen Zentrums am nördlichen Wiener Donauufer – offi ziell Vienna DC, im Volks-mund „die Donauplatte“ genannt - soll im Jahr 2016 abgeschlossen sein. Dann werden bis zu 15.000 Menschen auf diesem, ursprüng-lich für die Expo 1995 gedachten Areal inmitten von moderner Ar-chitektur wohnen und arbeiten. Rund 8.500 sind es heute schon, und sie können derzeit, wenn sie aus dem Fenster blicken, dem höchsten Gebäudes Österreichs beim Wachsen zuschauen.

Französischer Charme an der DonauEntworfen hat den 220 Meter oder 60 Geschoße hohen DC To-wer 1 – ein zweiter, niedrigerer Turm ist ebenfalls angedacht - der französische Architekt Dominique Perrault, der unter anderem mit seiner Pariser Nationalbibliothek

für Aufsehen gesorgt hat und auch den Zubau für das neue Innsbrucker Rathaus gestaltete. Für die Donaucity konzipierte Perrault nach einem städtebauli-chen Wettbewerb den neuen Masterplan für die noch verblei-benden Baugründe. Der DC To-wer 1 ist seit Juni 2010 in Bau, mittlerweile ungefähr 40 Stock-werke hoch und damit zu zwei Dritteln fertig gestellt. Nach seiner Vollendung 2013 soll ihm – wenn die Verwertung wie geplant läuft und die Finanzwelt nicht wieder in eine Krise schlittert – der DC Tower 2 mit 160 Metern Höhe folgen. Fix ist, dass in den unte-ren 15 Stockwerken des DC To-wer 1 ein Vier-Sterne-Hotel der spanischen Sol Meliá-Gruppe ein-ziehen wird, in einem der obers-ten Stockwerke wird ein Restau-rant eingerichtet.

Leben in DCDie Gesamtfl äche des Areals der Donaucity Vienna beträgt 18,5 ha. Insgesamt werden hier 1,93 Milli-

onen Kubikmeter verbaut; das entspricht einer Bruttogeschoßfl ä-che von rund 550.000 Quadrat-metern. Neben weiteren Büroge-bäuden sind die Ansiedelung universitärer Einrichtungen und der Aufbau eines vielfältigen Un-terhaltungs-, Kultur- und Freizeit-angebotes geplant. Aber auch Wohnen bleibt ein Thema: Auf ei-nem der letzten freien Bauplätze mitten im Zentrum ist die Errich-tung von 23.000 Quadratmetern Wohnfl äche im freifi nanzierten Eigentum geplant. Ursprünglich vom niederländischen Architek-turbüro MVRDV geplant, besteht das vom Dornbirner-Wiener Ar-

chitekturbüro Baumschlager Hut-ter neu entwickelte Projekt „DC Living“ aus einer dreiseitigen Be-bauung mit offenem Hof, wobei aufgrund unterschiedlicher Hö-hen (24m + 50m) freie Achsen und wichtige Blickkontakte zur Donau ermöglicht werden. Ziel ist die Schaffung von hochwertigen Wohnungen in einem energieeffi -zienten Gebäude, das die Vorteile des Standortes, wie Lage unmit-telbar am Wasser, Nähe zu den angrenzenden Naherholungsge-bieten, sowie Trennung von Auto- und Fußgängerverkehr po-sitiv nutzt. Die Fertigstellung ist für 2014 geplant.

Im inneren Hof ensteht Intimität für die Bewohner. BWS

Der DC Tower 1 wird Österreichs höchstes Gebäude. WED

Die Gebäudeteile sind über Laubengänge verbunden. BWS

MITSPRACHERECHT. Am Gelände des ehemali-gen Südbahnhofs ent-steht ein Wohnbau, des-sen zukünftige Bewohner schon bei der Planung mitreden konnten. I anna klerdorf

Hochwertige Wohnungen ab 2014. WED

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architecture | 11

urbane mitteQUARTIER BELVEDERE. Rund um den Hauptbahnhof entsteht nicht nur das Sonnwendviertel im Süden. Zwischen Bahnhof, Schweizer Garten und Wiedner Gürtel ist auch ein Büro-, Wohn- und Geschäftsviertel ge-plant. I anna klerdorf

An der Gestaltung des Quartier Belvedere mit 550.000 m² Bruttoge-schoßfl äche sind ge-

meinsam mit der Stadt Wien meh-rere Investoren beteiligt, darunter die Erste Bank, Strauß & Partner oder die S Immo AG. Für die Pla-nung der einzelnen Baufelder konnten neben Jabornegg & Pálffy international und national renom-mierte Architekten wie Albert Wimmer, Henke & Schreieck so-wie Renzo Piano gewonnen wer-den.Der aus einem städtebaulichen Wettbewerb hervorgegangene Siegerentwurf für das Teilprojekt Quartier Belvedere Central des Wiener Architekturbüros Jaborn-egg & Pálffy gibt dem neuen Quartier durch großzügige Fuß-gängerachsen und einem zentra-len städtischen Platz eine urbane Mitte. Geschäfte und Gastrono-miebetriebe sowie kulturelle Ein-richtungen sollen den öffentli-chen Raum beleben. Eine gemeinsame, zentrale Garage für das neue Viertel ist unterirdisch geplant. Auch notwendige Anlie-

ferungen sollen über diese zentral erfolgen. Dadurch wird das neue Quartier autofrei gemacht und eine attraktive Verbindung für Fußgänger zum Bahnhof sicher-gestellt.

JahrhundertchanceDie in der Widmung vorgeschrie-benen großzügigen Arkaden wer-den dem neuen Stadtteil ein un-verwechselbares Erscheinungsbild geben. Das Quartier Belvedere versteht sich als urbane Jahrhun-dertchance, die verbindend zwi-schen den drei Wiener Gemeinde-bezirken 3, 4 und 10 eine Dynamik schafft, die städtebauli-che Impulse hinsichtlich Kultur, Wirtschaftlichkeit, Wohn- und Arbeitsplatzqualität sowie Um-welteinbindung erzeugt. Die Wie-ner Stadtbaudirektorin Brigitte Jilka zeigte sich anlässlich der Prä-sentation der Planungen im Vor-jahr überzeugt, dass es sich beim Quartier Belvedere nicht um eine Fluchtburg handeln werde, aus der die Menschen am Abend weg-ziehen, sondern dass es jede Menge Lokale und belebte Erdge-

schoßzonen geben wird, die zum Aufenthalt einladen werden.

Kulturachse WiensPrimäres Ziel ist es, das neue Stadtgebiet mit guter öffentlicher Anbindung thematisch breit an-gelegt zu einer Kulturachse Wiens aufzubauen. Die beteiligten Part-ner arbeiten gemeinsam an der Entwicklung und qualitativ hoch-wertigen Umsetzung des neuen Quartier Belvedere. Damit sollen, so die Erwartung der Stadt Wien, zukunftsweisende Impulse für die

Aufwertung der angrenzenden Bezirke und für die gesamte Wie-ner Stadtentwicklung gesetzt werden. Der unmittelbar an den neuen Stadtteil angrenzende Schweizer Garten bildet gemein-sam mit dem Schlosspark Belve-dere eine Grünachse bis ins nur rund 1,5 Kilometer entfernte Stadtzentrum. Dieser Aspekt wird im architektonischen Konzept durch Grün- und Erholungsinseln an Plätzen entlang eines Boule-vards mit attraktiven Erdgeschoß-zonen aufgegriffen.

Das neue Stadtgebiet soll zu einer Kulturachse Wiens werden. ZOOM visual project gmbh

der stadtbauernhof von morgenVERTICAL FARMING. Hühner auf Dachfl ächen und Schweinezucht mitten in der City – die Landwirtschaft kehrt in die Stadt zurück. Eine Vision, um künftig die Lebensmittelversorgung sicher zu stellen. I barbara kanzian

Ich begleite John in die 15. Etage. Die Ernte des Feldsa-lates hat in dem Geschoß ge-rade begonnen. Als wir mit

dem Lift ankommen, ist die Ernte voll im Gang. John wirft einen prüfenden Blick auf das Gemüse in den Kisten, die anschließend über Laufbänder zu den Vertei-lungsstellen gelangen. Von dort führen kurze Wege direkt zum Verbraucher. John ist mit dem Fortgang der Ernte zufrieden, kann sich daher auf den Weg in den vierten Stock machen, wo die großen Tanks mit Fischen unter-gebracht sind. Aquaponic-Sys-teme ermöglichen hier eine Sym-biose von Fischen und Pfl anzen, deren natürliche Nährstoffe wie in der Natur zu einem geschlosse-nen Kreislauf verbunden werden. Es ist gerade Fütterungszeit; die Fische schnappen nach dem auf der Wasseroberfl äche schwim-menden Futter, das maschinell dosiert und verteilt wird. Sie ge-deihen gut, auch die jungen Fi-

sche wachsen prächtig im Tank daneben. John nennt ihn liebe-voll „den Kindergarten“. John ist seit einigen Jahren der „Chef“ der hier arbeitenden Verti-cal Farmers. „Ich liebe meinen Job, auch wenn er ganz schön stressig ist“, und ist schon wieder auf dem Weg. Diesmal geht es auf die Dachfl ächen ganz hinauf, dort sind die Hühner. „Mal schauen, wie viel Eier sie heute gelegt haben.“

Hühner auf dem DachWas sich liest wie Science Fiction, gibt es bereits in Ansätzen. Die Landwirtschaft erobert den städti-schen Raum. Gebäude werden ge-nutzt, um auf Dachfl ächen, Fassa-den sowie im Inneren Obst und Gemüse anzubauen oder Fische, Hühner und Schweine zu züch-ten. Indoor- und Vertical Farms sowie Dachgewächshäuser wer-den ausprobiert und wissenschaft-lich begleitet; Architekten und Städtebauer entwerfen ihre Visio-nen vom städtischen Bauernhof. Doch warum soll die landwirt-schaftliche Produktion in die Stadt wandern? Gibt es nicht am Land genug freie Flächen und ist die Pfl anzen- und Tierzucht dort nicht viel einfacher umzusetzen? Im Jahr 2050 soll die gesamte

Weltbevölkerung neun Milliarden Menschen umfassen, 80 Prozent davon werden in der Stadt leben. Der Pionier der Vertical Farms Dickson Despommier von der Co-lumbia University rechnet weiter: Zehn Milliarden Hektar Land würden dann zusätzlich benötigt, um alle Menschen satt zu bekom-men. In Indoor-Farms könnten das ganze Jahr über Gemüse und Früchte gedeihen, und das in Hochhäusern mitten in urbanen Zentren.

Kühne EntwürfeIn den Entwürfen der Architekten und Städteplaner hat die landwirt-schaftliche Zukunft unserer Städte längst begonnen. Vor zehn Jahren schon sorgte das holländische Büro MVRDV mit seiner Pig City – 76 Türme mit 620 Metern Höhe für Schweine – für Schlagzeilen. Weniger radikal der „Tour Vi-vante“ von SOA-Architek-ten in Paris. Ihr Entwurf zielt darauf ab, die landwirtschaft-liche Produk-tion, das Woh-nen und Freizeit-Aktivi-

täten in einem einzigen System zu kombinieren. Durch diese urbane Verdichtung lassen sich Transport- und Energiekosten reduzieren. Dass Vertical Farms durchaus keine Hirngespinste darstellen, beweisen Projekte wie „InFar-ming“, das das Fraunhofer-Insti-tut in Kooperation mit Bright Farm Systems entwickelt: Men-schen sollen mit regionalen Le-bensmitteln aus naher Umgebung versorgt werden. Dabei spielen Abwärmenutzung oder Photovol-taikanlagen eine gewichtige Rolle. Entstehendes Schmutzwasser wird beispielsweise durch die Pfl anzen gereinigt. Die Lebensmittelversorgung in den Städten zu gewährleisten und neu zu überdenken, wird eine wesentliche Aufgabe der Stadtpla-nung von Morgen sein. Farmer wie John und seine Kollegen ha-ben bald alle Hände voll zu tun.

Das Konzept Pig City sorgte für Aufsehen. © MVRDV

Tour Vivante: Landwirtschaft, Wohnen und Freizeit in einem System. © SOA Architectes

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Die Familie von Jannis und Laura wächst. Und damit auch die Ansprüche. Aber Jannis und Laura haben vorausgeplant – und eine energiesparende Wohnung mit Mietpreisbindung bezogen. Eine von mehr als 6.000 geförderten Wohnungen, die in Wien jedes Jahr errichtet werden. Die Stadt Wien schafft damit ein erschwingliches und vielfältiges Angebot. Denn nicht nur die Familie von Jannis und Laura – auch unsere Stadt wächst.

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international

boom an der waterkantB

ei der Wohnungssuche braucht man gute Ner-ven. Zentral gelegene, günstige, kleine Woh-

nungen sind nicht leicht zu fi n-den. Sehr gefragt sind Zwei-Zim-mer-Altbauwohnungen von der Alster bis hin zum Stadtpark“, er-zählt Wiebke Baumann, die vor kurzem nach Jahren im Ausland mit ihrer Familie in ihre Heimat-stadt zurückkehrte. Aus eigener Erfahrung weiß sie, wie schwierig die Wohnungssuche vor allem auch für Familien abläuft. Die Quadratmeterpreise der vier Milli-onen Einwohner-Metropole schnellen in die Höhe, besonders je näher man zur Alster kommt. Wer sich an den Toplagen wie Harvesterhuder Weg, Am langen Zug oder die Schöne Aussicht an-siedelt, muss tief in die Geldtasche greifen. Doch auch die Arbeiter-viertel Horn, Barmbek oder Fuhlsbüttel haben Charme, fi ndet Baumann: „Die Wohnungen dort sind noch erschwinglich. Kleine Parks und grüne Oasen lockern die kühle Backsteinoptik auf.“

Täglich neue BautenNicht nur steigende Mieten und Immobilienpreise verändern ra-sant das Bild und die Realität der Hansestadt im hohen Norden. Städtebauliche Großvorhaben, wie die Perlenkette, die Hafencity, die internationale Bauausstellung auf den Elbinseln und Altonas Neue Mitte bewegen die Stadt. Hinzu kommen energetische Mo-dernisierung allerorts, demografi -scher Wandel und neue Arbeits-welten.„In Hamburg entstehen täglich neue Bauten direkt vor unserer Haustür. Sie sind avantgardistisch oder traditionsbewusst, öffentlich-keitswirksam inszeniert oder ver-

steckt platziert“, erzählt Architekt Torsten Stern, Gründer von „a-tour“, die Architekturführungen anbietet. Der Hamburger stellt auf seinen ungewöhnlichen Touren im Hafenviertel, am Elbufer, rund um die Alster oder im Stadtzent-rum aktuelle Bauprojekte vor. Dabei wird zu Fuß, per Bus oder mit dem Schiff gezielt moderne Architektur ins Visier genommen.Der Architekt erläutert die städte-baulichen Zusammenhänge fach-männisch mit Fakten und Plänen. Die Hafencity-Tour etwa beginnt am Kesselhaus, inmitten der neu entstehenden Hafencity. „Anhand des Stadtmodells zeigen wir unse-ren Teilnehmern die aktuellen und zukünftigen Planungspro-zesse des 155 Hektar großen Are-als“, so Stern. Nach einer Gelän-debegehung geht es durch die Speicherstadt in Richtung Innen-stadt. „Die Innenstadt und das Gebiet der Hafencity an der Elbe wachsen immer stärker zusam-men und treten in ein reizvolles architektonisches Wechselspiel“, beobachtet der Architekt.

Hamburger PerlenketteÜber Ost-West-Straße, entlang des Domplatzes und vorbei an der Eu-ropapassage passiert man die Mönckebergstraße und erreicht schließlich Hamburgs historisches Kontorhausviertel. Kontorhäuser sind Traditionshäuser der Ham-burger Wirtschaft, die bis zum ers-ten Weltkrieg erbaut wurden. „Spannend ist dort neben den al-ten Kontorhäusern wie Messberg-hof und Chilehaus auch neue zeit-genössische Architektur, wie das Deichtorcenter“, erläutert Stern. Die Tour entlang der sogenannten Perlenkette zeigt die städtebauli-che Neugestaltung des Uferstrei-fens zwischen dem Fischmarkt

und Neumühlen. Dabei werde deutlich, so der Architekturex-perte, dass Hamburg sein Gesicht wieder zur Elbe hin orientiert. Zu Beginn der 1980er-Jahre plan-ten Stadtentwickler im westlichen Hammerbrook den Bürostandort City Süd. Der mittlerweile sehr begehrte Standort für neue Büro- und Kontorhäuser sollte ur-sprünglich den steigenden Bedarf an Bürofl ächen decken und die Hamburger Innenstadt entlasten. Die Interessengemeinschaft City Süd setzt sich seit über fünfzehn Jahren dafür ein, die Attraktivität des Standorts zu steigern. Dazu zählen nicht nur die Verbesserung der Infrastruktur, sondern auch zahlreiche Stadtteilinitiativen wie Graffi ti-Entfernung rund um den Mittelkanal und Belebung ver-nachlässigter Liegenschaften.

Umwelthauptstadt 2011Die Europäische Kommission kürte Hamburg 2011 zur Umwelt-hauptstadt Eu-ropas. Über acht Prozent der Fläche der „grünen“ Han-sestadt entfal-len auf Natur-schutzgebiete. Fast 17 Prozent des Stadtgebie-tes bestehen aus Erholungs- und Grünflä-chen sowie Wald, 20 Pro-zent sind Land-schaftsschutz-gebiete. Mehr als 245.000 Bäume säumen die Straßen und weitere 150.000

Bäume gedeihen in öffentlichen Parks und Grünanlagen. Nachhaltigkeit wird auch in der hanseatischen Bau- und Immobi-lienwirtschaft groß geschrieben. Die Vorteile von nachhaltigem Bauen liegen auf der Hand: Der Energie- und Ressourcenver-brauch wird minimiert, der Na-turhaushalt wird in allen Phasen des Lebenszyklus von Gebäuden möglichst wenig belastet. Ein gu-tes Beispiel dafür ist das Hybrid House Hamburg, das im Septem-ber 2011 eröffnet wurde. Weitere umweltfreundliche und fl exibel nutzbare Hybrid Häuser sind in Planung. Damit will sich Wil-helmsburgs Neue Mitte als Stadt-teil für zukunftsweisende Archi-tektur etablieren.

KosmopolitischEinen Besuch lohnt auch das Weltquartier, ein Modellprojekt für interkulturelles Wohnen. Die SAGA-Siedlung an der Weimarer

Städtebauliche Großvorhaben wie die Hafencity sorgen für Dynamik und den Einzug moderner Architektur in Hamburg. www.mediaserver.hamburg.de/T.Hampel

HAMBURG. An der Elbe herrscht Aufbruchstimmung: Architektoni-sche Großvorhaben und nach-haltige Modernisierungsprojekte halten die Hansestadt auf Trab. I irene mayer-kilani

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Straße im südlichen Reiherstieg-viertel stammt aus den 1930er Jahren. Baumängel und unzeitge-mäße Grundrisse machten eine Sanierung dringend erforderlich. 1.700 Bewohner aus mehr als 30 Ländern bilden eine der kulturell vielfältigsten Nachbarschaften der Elbinsel Wilhelmsburg. In einem mehrsprachigen Dialog konnte je-der seine Ideen zur Umgestaltung des Weltquartiers einbringen – sei es bei Wohnung und Wohnum-feld, oder mit Verbesserungs- und Planungsvorschlägen. Den Planern war es wichtig, alle kul-turspezifi schen Wünsche beim Umbau weitgehend zu berück-sichtigen. Die Ergebnisse fl ossen in einen Empfehlungskatalog ein, der Be-standteil des städtebaulichen Ide-enwettbewerbs zur Umgestaltung des Weltquartiers war. Die Wahl fi el auf das Lübecker Architektur-

büro kfs krause feyerabend sippel in Arbeitsgemeinschaft mit Sven Andresen und Urte Schlie Land-schaftsarchitektur. Die Bauarbei-ten begannen im Juni 2009 und dauern noch bis Sommer 2013. Das Investitionsvolumen beträgt 78 Millionen Euro. Durch öffent-liche Förderung sollen die Mieten im Weltquartier jedoch auch nach der Sanierung auf einem günsti-gen Niveau bleiben. Geplant sind 206 neue Wohnungen. 440 Wohneinheiten werden umge-baut und 77 Wohneinheiten mo-dernisiert. Der Weimarer Platz bekommt einen Pavillon, die Grünanlagen werden schicker. Der grüne, gemütliche Charakter der Siedlung soll erhalten bleiben und familienfreundlicher Wohn-raum großzügig angeboten wer-den. Die Neugestaltung mit einer Balance aus Erhalten und Ergän-zen erntet nicht nur Lob, son-dern auch Kritik. Ein bekannter Hamburger Stadtplaner räumt ein: „Es wäre billiger und ver-nünftiger gewesen, das Weltquar-tier abzureißen, als es zu moder-nisieren.“

Kunstmeile HamburgIn unmittelbarer Nähe des Haupt-bahnhofs liegt zwischen Rathaus, Glockengießerwall, Klosterwall und Steintorplatz die Kunstmeile - ein Zusammenschluss fünf re-nommierter Kunstinstitutionen:Das Bucerius Kunst Forum zeigt Werke von der Antike bis zur klassischen Moderne. Die Deichtorhallen mit dem „Haus der Photographie“ und der Ausstel-lungshalle für aktuelle Kunst zäh-len zu Europas größten Kunsthal-len. Im Museum für Kunst und Gewerbe dreht sich alles um Kunsthandwerk, Fotografi e und Design. In der Kunsthalle führt eine Sammlung durch sieben Jahrhunderte bis zu zeitgenössi-schen Kunststars wie Gerhard Richter oder Neo Rauch. Der Kunstverein ist auf zeitgenössi-sche Kunst spezialisiert.

ArchitektursommerEin Höhepunkt für Architektur-fans ist alljährlich der Architektur Sommer, der heuer bereits zum siebten Mal stattfi ndet. Bis August wird allerorts zum aktuellen Thema „Vor Ort – Aneignung und Teilnahme“ diskutiert. Museen, Hochschulen, Galerien, Architek-turbüros, Geschichtswerkstätten, Verlage, Stadtteilinitiativen, Kul-

turinstitute und die Hafencity werden zur Bühne für Debatten über Architektur und Stadtent-wicklung. Ein weiteres Stück Hamburger Architekturgeschichte wurde Ende Mai mit dem Emporio Quartier am Valentinskamp eröff-net. Herzstück des Quartiers ist das 24-geschoßige Emporio Hoch-haus mit insgesamt 40.021 Quad-ratmetern Mietfl äche. Das Hoch-haus wurde entkernt und die denkmalgeschützte Fassade er-neuert, ohne das gewohnte Er-scheinungsbild zu verändern. Architekten und Bauunterneh-men vollbrachten eine logistische Meisterleistung, auf engstem Raum gleichzeitig in die Höhe und die Tiefe zu bauen. Mit ei-nem der höchsten freistehenden Kräne Europas wurden riesige Fassadenelemente Richtung Him-mel gehievt, während im Unter-geschoß die neuen Tiefgarage aus-gebaut wurde. Das 23.800 Quadratmeter große Areal steht seit Februar für Besucher offen. Wer hoch hinaus will, fährt am besten in den 23. Stock und gönnt sich in der Lounge Bar des lichtdurchfl uteten Panoramadecks einen Feierabend-Drink.

Alternative Mobilität„Die Lebensqualität einer Stadt ist stark davon abhängig, wie der Verkehr und die Kommunikation in ihr gestaltet ist“, wissen die Ex-perten des Architektur Centrum, eines Forums für Architektur und Bauen. Verkehr galt lange als ein Symbol der Moderne. Doch längst gehe es nicht mehr nur darum, wie schnell und komfortabel wir oder der Container im Hafen von A nach B kommen. Eine Neuori-entierung der Mobilität wird in Zukunft auch in Hamburg immer wichtiger. Mobilität ist geprägt vom Stadtgefüge, von der Archi-tektur, öffentlichen Räumen und städtebaulichen Dimensionen. Natürlich spielen auch Politik und Wirtschaft in die verschiedenen Zukunftskonzepte hinein. Carsha-ring ist nur ein Beispiel dafür. Aber der Erfolg des Stadtrads in Hamburg zeigt auch deutlich, dass Alternativen zum Auto funktio-nieren. Die erste halbe Stunde ist gratis, danach fallen maximal vier Cent pro Minute an. Ein in der Innenstadt geparktes Auto ver-schlingt im Vergleich dazu weit mehr Geld.

Zahlen I Daten I Fakten

Hamburg im Überblick • Im 17. Jahrhundert war Hamburg die größte Stadt Deutschlands.

• 1913 hatte Hamburg die Millionen-grenze überschritten.

• 1964 erreichte die Freie und Hanse-stadt Hamburg mit 1.857.431 Ein-wohnern ihren höchsten Bevölke-rungs-Stand. Dann setzte eine große Abwanderung in die Randgebiete ein. Der tiefste Stand war 1986 mit 1.571.267 Einwohnern erreicht.

• Seitdem steigt die Einwohnerzahl wieder ständig. Zurzeit liegt sie bei ca. 1.760.000. Tendenz ist steigend.

• Man will in absehbarer Zeit die 2.000.000 Grenze überschreiten.

• Die Metropole Hamburg hat mit den Randgebieten ein Einzugsgebiet von ca. 4.300.000 Einwohnern.

Kontorhäuser wie das Chilehaus dienten der Wirtschaft und haben Tradition in der Handelsstadt Hamburg. iStockphoto

Ende Mai wurde das innen und außen renovierte Emporio Hochhaus eröffnet. Union Investment, Foto: Andreas Vallbracht

Speicherstadt: Alt und neu wachsen in Hamburg zusammen. mediaserver.hamburg.de

Wer Altbauwohnungen im Zentrum Hamburgs sucht, muss tief in die Tasche greifen. mediaserver.hamburg.de

Foto: Miroslav Obrycki

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deutschlands tor zur weltIMMOBILIENMARKT HAMBURG. Mit 1,75 Millio-nen Einwohnern ist die Hansestadt die zweitgrößte Stadt Deutschlands und vergleichbar mit Wien. Auch von der Dynamik und des Immobilienmarkts sind sich die beiden Städte ähnlich. I roland kanfer

Auch wenn die europä-ische Wirtschaft durch die Staatsschulden-krise verunsichert ist

und sich infolge dessen gedämpft entwickelt: Als wichtigster Hafen Deutschlands profi tiert die Hanse-stadt Hamburg vom deutschen Export und wird damit zu Deutschlands Tor zur Welt.

Kein Rekordjahr Mit dem Rekordjahr 2011 lässt sich das heurige Jahr dennoch nicht vergleichen. Damals wurden 200.000 m2 Bürofl ächen neu er-richtet und 536.000 m2 neu ver-mietet. Mit 84.500 m2 Bürofl äche im ersten Quartal 2012 liegt der Umsatz um 46% unter dem ers-ten Quartal 2011. Dennoch zei-gen sich die Marktanalysten opti-mistisch: „Nach den Spitzenumsätzen des vergange-nen Jahres hat das Jahr 2012 mit einem soliden Umsatz begonnen. Am Hamburger Büromarkt ist weiterhin eine große Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Flä-chen in besten Lagen zu beobach-ten. Für das laufende Jahr rech-nen wir mit einer positiven Entwicklung am Bürostandort Hamburg“, erläutert Heiko Fi-scher, Leiter der Hamburger Fili-ale des Immobilienbewerters CB Richard Ellis.

Wohnen und Arbeiten wird teurerUnter dem Vorjahreswert liegt die Summe, die heuer bis dato in den Hamburger Immobilienmarkt in-vestiert wurde: Mit 490 Millionen Euro waren es um rund 5 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, während der ge-samtdeutsche Markt mit 5,1 Milli-arden Euro um 7 Prozent ge-schrumpft ist.

Positiv für Investoren und Betrei-ber von Büroimmobilien entwi-ckeln sich auch die Mietpreise: Die Spitzenmiete für Bürofl ächen ist seit dem Vorjahr um 6,7% auf 24 Euro pro Quadratmeter und Monat gestiegen. Auch die Durchschnittsmiete nahm weiter zu und erreichte im ersten Quar-tal einen Höchstwert von 14,75 Euro pro Quadratmeter und Mo-nat.

Pakt für das WohnenStändig steigen auch die Wohn-kosten in der Stadt an der Water-kant: Lagen die Mieten im Jahr 2008 bei durchschnittlich 10 Euro pro Quadratmeter, sind es jetzt bereits 12 Euro – kalt, also noch exklusive Betriebskosten und Umsatzsteuer. Experten erwarten, dass die Preise noch weiter anzie-hen werden, in drei Jahren könn-ten die Hamburger bereits 13 Euro monatlich für den Quadrat-meter Wohnung bezahlen. Das liegt unter anderem daran, dass die von der Politik als Ziel vorge-gebenen 6000 Neuerrichtungen pro Jahr nicht erreicht werden – im Jahr 2010 waren es lediglich 4000 neue Wohnungen. 2000 dieser 6000 neuen Woh-nungen sollen, so hat es der Ham-burger Stadtsenat verkündet, ge-fördert errichtet werden und für Haushalte mit mittlerem Einkom-men zur Verfügung stehen. Der-zeit hat der geförderte Wohnbau ein Volumen von 1200 neuen Wohnungen jährlich. Einen „Pakt für das Wohnen“ hat der im ver-gangenen Jahr neu ins Amt getre-tene Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz mit den Wohnbauver-bänden geschlossen, der neben den erwähnten 6000 Wohnein-heiten auch energetische Stan-dard im Wohnbau, integrative Wohnbaupolitik und städtebauli-

che Ziele festlegt. Über städtebau-liche Verträge im Rahmen des Be-bauungsplanverfahrens soll auch auf privaten Flächen ein fester Anteil an gefördertem Woh-

nungsbau festgeschrieben werden – eine Idee, die der österreichi-sche Verband der gemeinnützigen Bauträger auch für Wien promo-tet.

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Robert Neumüller (38) ist Geschäftsführer der S Immo Germany. Seit 2005 baut der WU-Absolvent das deutsche Portfolio der S Immo AG auf, das rund 20 Objekte vorwiegend aus dem Wohnbereich umfasst.

City: Sie sind seit Jahren am deut-schen Wohnimmobilienmarkt tätig. Wie entwickeln sich Städte wie Ham-burg?Neumüller: Die großen Metropolen wie Berlin und Hamburg haben in den letzten Jahren massiv gewonnen. Zum einen ist das Mietniveau angestiegen, zum anderen die Transaktionspreise. Objektiver Beweis ist der Hamburger Mietspiegel, der alle zwei Jahre heraus-kommt und zwischen 2009 und 2011 eine Steigerungsrate von sechs Pro-zent zeugt. Ein weiterer Trend ist der Zuzug zum Zentrum. Zentrumsnahe Objekte ha-ben überproportional stark gewon-nen, während das Preisniveau in der Peripherie real konstant geblieben ist. Im Stadtteil Eimsbüttel etwa sind die durchschnittlichen Mieten in unseren Bestandsobjekten um neuneinhalb Prozent gestiegen und liegen bei Neu-abschlüssen knapp unter 10 Euro pro Quadratmeter.

City: Haben Stadtentwicklungspro-jekte wie die Hafencity einen dyna-misierenden Effekt auf den Immobili-enmarkt?Neumüller: Das glaube ich schon, weil die Attraktivität der Stadt, die ja auch vom Tourismus lebt, dadurch ge-wonnen hat. Die Lebensqualität, die immer schon hoch war, ist in den letz-

ten Jahren gestiegen. Dadurch halten auch der Zuzug und damit die Preis-entwicklung weiter an. Der Leerstand in Hamburg geht gegen Null.

City: Wo liegen die Unterschiede zwi-schen dem Wiener und dem Ham-burger Wohnimmobilienmarkt? Neumüller: Der Hamburger Mietpreis-spiegel ist politisch stark motiviert und bezieht sich auf die Bestandsmieten, die an eine Indexklausel gebunden sind. Der Markt für Neuvermietungen ist, anders als in Wien, hingegen völlig frei. Die hohen Mietpreissteigerungen auch im Bestand ergeben sich aus den Neuvermietungen. In Wien ist man auch bei den Neuvermietungen im Alt-baubereich sehr stark reglementiert.

City: Immobilienexperten erwarten im Wohnbereich Mietpreise von 13 Euro kalt. Wo liegt die Grenze?Neumüller: Das Limit wird erreicht werden, wenn der Anteil der Wohn-kosten zu hoch wird. Bei Neuvermie-tungen verlangen wir Einkommens-nachweise, und speziell in Berlin wundere ich mich oft, wie sich das ausgehen soll, wenn oft deutlich mehr als die Hälfte für die Miete draufgeht. In Hamburg ist das noch nicht so aus-geprägt, weil hier das Lohnniveau deutlich höher ist.

City: Ist der geförderte Wohnbau Hamburgs vergleichbar mit Wien?Neumüller: Wir haben auch ein ge-fördertes Objekt, bei dem wir sowohl eine Mietpreis- als auch eine Bele-gungsbindung haben. Dort werden uns die Mieter zugewiesen, was den Nachteil hat, dass die Miete be-schränkt ist, aber haben dafür wir we-nig Investitionskosten und keinen Leer-stand. Diese Mietbindung richtet sich in Hamburg nach der Förderhöhe und läuft nach einem bestimmten Zeitraum ab. Dann kann man den Hebel zur Marktmiete ansetzen.

City: In Wien ist das Qualitätsniveau auch im sozialen Wohnbau sehr hoch. Welche Qualität verlangen die Hamburger im Wohnbau?Neumüller: Die Ansprüche sind hoch. In Hamburg wird etwa, anders als in Berlin, eine Einbauküche erwartet. Weil in den letzten Jahren ständig in-vestiert wurde, hat Hamburg, ähnlich wie Wien, heute sehr hohe Standards, bei der Gebäudehülle und auch bei den Wohnungen. In Berlin ist die Bandbreite eine viel größere. Der Berli-ner Immobilienmarkt hat, bedingt durch seine Inselexistenz viele Jahre, verloren. Der Hamburger Markt ist da viel weiter entwickelt.

Mit dem „Pakt für Wohnen“ will Hamburg mehr geförderten Wohnbau kreiern. S IMMO

Im Hamburger Stadtzentrum werden Mieten von 13 Euro erwartet. S IMMO

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wo die kunst ein handwerk ist

1877 eröffnet, hat das Ham-burger Museum für Kunst und Gewerbe eine ähnli-che Gründungsgeschichte

wie das Wiener MAK, das einstige „Österreichische Museum für Kunst und Industrie“. Beide sind Kinder der von England ausge-henden Kunstgewerbe-Reformbe-wegung. Diese Vorläuferin des Werkbundes wollte im 19. Jahr-hundert Kunst und Kunsthand-werk mit den völlig neuen öko-nomischen und gestalterischen Herausforderungen einer billligen Massenproduktion versöhnen.

KunsthandwerkerWie das Wiener Haus sammelte auch das Museum in Hamburg positive Beispiele als Anschau-ungsmaterial und Vorbilder für (Kunst-)Handwerker, Architekten und Laien. Dem ersten Direktor des Hamburger Museums, Justus Brinckmann, verdankt sich eine von Anfang an hochkarätig und umsichtig bestückte Sammlung, die das Museum noch heute zu den führenden seiner Art in Eu-ropa zählen lässt. So wurden bei-spielsweise komplette Zimmer auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1900 angekauft. Sie bilden heute Glanzstücke der Moderne-Abteilung des Museums, das 2000 um einen Gebäudetrakt erweitert wurde. Dieses Jahr wurde die Mo-derne-Sammlung gemeinsam mit der Design-Sammlung sukzessive neu gestaltet und wiedereröffnet.

SpartenübergreifendDen Anfang der in sechs Kapitel gegliederten Präsentation der Mo-derne macht die große Zeit der Weltausstellungen mit dem Stil-pluralismus des späten 19. Jahr-hunderts. Ein einzigartiger Sammlungsschwerpunkt dieser Epoche ist der Bestand an Daguerreotypien, der das kurz „MKG“ genannte Museum auch zu einer der ältesten und bedeu-

tendsten Fotografi esammlungen der Welt macht. Ein eigener Raum ist – ganz im Sinne der spartenübergreifenden gemeinsamen Präsentation – dem aus Hamburg stammenden Maler, Architekten und Designer Peter Behrens gewidmet, dessen ab 1907 entwickeltes Corporate De-sign für den AEG-Konzern epo-chal war. Die Szenografi e führt weiter zum Neuen Wohnen der zwanziger Jahre – hier ist eine vor zwei Jahren erworbene „Frankfur-ter Küche“ von Margarete Schütte-Lihotzky zu sehen, außer-

dem frühe Möbel von Marcel Breuer und Erich Dieckmann als Vertreter des Dessauer Bauhauses. Ein Bau-haus-Erzeugnis der besonderen Art ist die Holz-Spielzeugstadt, die Lyonel Feininger für seine Söhne baute. Ein weiteres Highlight stellen die aus dem Jahr 1923 datierenden „Toboggan“-Kostüme und Ganzkörpermas-ken des Hamburger Künstlerpaars Lavinia Schulz und Walter Holdt dar.

Bauhaus, Art Déco, Nach-kriegszeit und GegenwartNeben Bauhaus-Möbeln und Ar-beiten von Le Corbusier besitzt das MKG auch ein einzigartiges 1925 entstandenes Esszimmer von Félix del Marle, das mit sei-ner Orthogonalität und Primärfar-bigkeit eine der seltenen kunstge-werblichen Umsetzungen der Maximen der niederländischen „De Stijl“-Gruppe ist. Kontrastie-rend zeigt die Neuaufstellung auch Ensembles des in deutschen Museen wenig vertretenen Art Déco Pariser Prägung.

Eames’ Möbelklassiker und Pantons Spiegel-KantineDie Design-Sammlung umfasst für die Nachkriegszeit neben Möbel-klassikern von Charles und Ray Eames und Gaetano Pesce und designkritischen Objekten von Superstudio, Archizoom, Alchi-mia und Memphis unter anderem epochemachendes Produktdesign etwa von Braun and Apple und

ist damit als „Work in Progress“ auch gegenwartsorientiert – eine Plattform für wechselnde Studio-ausstellungen the-matisiert aktuelle Strömungen wie So-cial Design, Glocal Design und Auto-rendesign. Ergänzt wird sie von einem Schaudepot mit De-signobjekten des täglichen Gebrauchs. Der unbestrittene Star der ab 20. Oktober diesen Jahres geöffneten neuen Design-Sammlung aber wird die Installation der „Spiegel-Kantine“ sein. Die Vorgeschichte: Als das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ 1969 in ein vom Ham-burger Architekten Werner Kall-morgen entworfenes Hochhaus an der Brandstwiete im Zentrum von Hamburg einzog (auf einen weiteren Werner-Kallmorgen-Bau wird übrigens gerade die Elbphil-harmonie gebaut), konnten keine baulichen Veränderungen am Ge-bäude mehr vorgenommen wer-den. Dafür leistete man sich eine exzentrische Inneneinrichtung: ein Ensemble des dänischen Ar-chitekten Verner Panton, das ne-ben einem übergreifenden Farb-

konzept Eingangshalle, Lobby, Wartebereich, Redaktionskonfe-renzen-Raum, drei in Rot, Orange bzw. Violett gehaltene Kantinen-Räumen plus Snackbar und ein Hallenbad im Souterrain um-fasste. Neben von Harry Bertoia entworfenen Stühlen verwendete Panton vorwiegend eigene Textil- und Lampendesigns, darunter die eigens entworfene „Spiegel-Leuchte“, mit der ganze Wände und Decken bestückt wurden. Seit den achtziger Jahren wurde die als unmodern empfundene

Einrichtung Pantons besonders im Eingangs- und Lobbybereich suk-zessive verändert bzw. abgebaut; das Schwimmbad wurde schon früh durch einen Brand zerstört. Bürgerinitiativen ist es zu verdan-ken, dass die weitgehend im Ori-ginalzustand erhaltene Kantine 1998 unter Denkmalschutz ge-stellt wurde. Sie ist eines der we-nigen erhaltenen Ensembles von Pantons Inneneinrichtungen und zählt unumstritten zu den bedeu-tendsten Arbeiten des 1998 ver-storbenen Designers. Als der „Spiegel“ 2011 das vom Kopenha-gener Architekturbüro Henning Larsen entworfene neue Hoch-haus in der Hafencity bezog, schenkte der Verlag die Einrich-tung der Kantine dem Museum für Kunst und Gewerbe.

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Das Museum für Kunst und Gewerbe liegt in der Hamburger Innenstadt direkt beim Hauptbahnhof. Maria Thrun/MKG

Maskenfi gur Toboggan Maria Thrun/MKG

Esszimmer von Felix del Marle Maria Thrun/MKG

Verner Pantons Kantine im alten Spiegel-Verlagshaus. Foto: Michael Bernhardi

Zahlen I Daten I Tipps

Museum für Kunst und Gewerbe HamburgSteintorplatz, HamburgT.: +49 40 [email protected]

seit 15. Mai Köpfe der Zwanziger Jahre. Werke aus der Hamburgischen Sezession

ab 19. Oktober 2012 Neueröffnung Sammlung Design und Spiegel-Kantine

MKG. Das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe zeigt spartenübergreifende Design-Klassiker. I iris meder

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hoffnung für die elbe

Als „Freie und Abriss-stadt Hamburg“ schmähte schon vor mehr als 100 Jahren

der Direktor der Hamburger Kunsthalle Alfred Lichtwark die Hansestadt. Nun scheint es aber ausnahmsweise einmal gut aus-gegangen zu sein für ein Ham-burger Baudenkmal. Der elegante Flachdachbau der Seefahrtschule in Altona, zur Nutzung passend mit großartigem Panorama direkt über der Elbe gelegen, wurde 1930 vom Gießener Hans Mayer entworfen. Nicht Gropius, nicht

Mies van der Rohe, keiner der Architektur-“Götter in Weiß“, sondern der bemerkenswerte Bau eines No-Name. Nach einer der Weltwirtschaftskrise geschulde-ten Bauunterbrechung wurde die Schule erst 1935 eröffnet. Sie galt daher in den Diskussionen der letzten Jahre als „Nazibau“. Dabei entsprang sie äußerst progressi-vem Denken. Baudirektor der erst seit 1937 zu Hamburg gehö-renden, als liberal und weltoffen geltenden Stadt Altona war der dem „Neuen Bauen“ verpfl ichtete Gustav Oelsner, der als Jude

1939 in die Türkei emigrieren musste.In der Seefahrtschule wurden derweil Nautiker ausgebildet, bis sie 2005 geschlossen wurde und fortan leerstand. Die wunderbare Lage über der Elbe weckte, auch angesichts des benachbarten Parks, Begehrlichkeiten nach ei-ner gewinnbringenden Vermark-tung durch Abbruch und neue hochpreisige Wohnbebauung. Hier wurde die Bürgerinitiative „anna elbe“ aktiv, lenkte den Blick der Öffentlichkeit auf die Qualitäten des Baus und erarbei-

tete ein an den sozialen Idealen Gustav Oelsners orientiertes Kon-zept für einen Verbleib in öffentli-chem Besitz und eine Mischnut-zung mit Künstlerateliers, Gastronomie und Kulturzentrum.

Privatschulen und LuxuswohnungenDennoch wurde der Bau mit sei-nem rund 8.000 m² großem Grundstück Anfang 2011 für eine unbekannte Summe an die Pro-jektentwickler-Gesellschaft „Ham-burg Team“ mit Beteiligung des Architekten Meinhard von Ger-kan verkauft. Endlich wurde auch der Denkmalschutz aktiv und stellte das Gebäude unter Schutz. Die Seefahrtschule werden künf-tig neben einem Restaurant mit der vom Architekten Enno Maas geleiteten und von Gerkans Ar-chitekturbüro gmp betriebenen „aac – Academy for Architectural Culture“ und der „Brand Aca-demy“ des chinesischen Künstlers Shan Fan zwei private Hochschu-len nutzen. Auf einem Teil des ei-gentlich als Park gewidmeten Baugrunds werden 50 Luxus-Wohnungen nach Entwürfen des Pariser Büros Michel Kagan ent-stehen. Den vor gut 200 Jahren vom französischen Gartenarchi-tekten Joseph Jacques Ramée ge-stalteten Heinepark plant man zu rekonstruieren.

NEUES LEBEN. Architekt Meinhard von Gerkan revitalisiert die alte Seefahrtschule in Altona. I iris meder

In die 1935 von Hans Mayer entworfene Seefahrtschule in Hamburg-Altona zieht die Academy for Architectural Culture ein. von Gerkan/Marcus Bredt

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Überall stehen Kräne Hamburg hat sich seit den 1980er Jahren sehr gewandelt. Die Stadt ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Überall in der Stadt wird gebaut, überall stehen Kräne. Wir haben hier mit der Hafencity das größte städte-bauliche Projekt Europas. Es ist sehr viel Geld in der Stadt, es entstehen viele neue Arbeitsplätze, die Nach-frage nach Bürogebäuden ist groß. Zu den Highlights auf unseren Touren zähen natürlich die Hafencity, deren Fertigstellung für 2025 geplant ist und die Elbphilharmonie. Gerade letz-tere sorgt ja für Gesprächsstoff und die Probleme rund um den Bau interessieren die Leute natürlich sehr. Es fi ndet - wie in anderen Städten auch - gerade ein Strukturwandel in der In-dustrie statt. Ehemalige In-dustriegebiete werden zu Wohngebieten umgewan-delt. Alles läuft unter dem Label: Wachsende Stadt. Die Stadt und die Bevölke-rung wachsen. Hamburg ist mit 1,8 Millio-nen Einwohnern die zweit-größte Stadt Deutschlands. Das Wachstum steht im Ge-gensatz zu der Situation in den Städten des ehemali-gen Ostens.Mein persönlicher Lieblings-platz ist die Strandperle am Elbstrand. Das ist ein klei-ner Kiosk, wo man eine Wurst bekommt und ein Bier trinken kann. Und das

Schönste: Man kann die ein- und auslaufen-den Schiffe beob-achten.

Torsten Stern (geb. 1971) be-treibt seit 2003 sein eigenes Ar-chitekturbüro Pawlik.Stern Architekten, Mitinitiator der Architekturbox zum Hamburger Architektursommer 2006, lebt und ar-beitet als freier Architekt und Architek-turführer in Hamburg.

Foto: a-tour

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Lebensgefühl Hamburg

Aus dem Bauch heraus geschrieben von Designjournalistin Sandra Cantzler

Eins gleich vorweg: Hamburg liegt nicht direkt an der Nordsee. Und die Hamburger fahren auch nicht jedes Wochenende ans Meer. Brauchen wir auch gar nicht, weil wir es in unserer Stadt ohnehin so schön haben – vor allem im Sommer. Der ist hier zwar meist kurz, wird aber umso intensiver genutzt. Sobald im Frühling die ersten wärme-ren Sonnenstrahlen da sind, geht es nach draußen, da kennen wir Ham-burger nichts. Die Cafés räumen Ti-sche und Stühle nach draußen und da sitzen wir dann, in Decken einge-wickelt, trinken unseren heißen Milch-kaffee und gucken dabei am liebsten auf die Elbe und die dicken „Pötte“, die vorbeiziehen.

Wenn es dann noch wärmer wird, zieht halb Hamburg an den Elbstrand um. Ja, wir haben tat-sächlich einen richtigen Strand – mit tollem wei-ßen Sand - und wer sich traut, geht sogar in der Elbe baden. Anschließend gibt’s ein Picknick im Schatten eines der riesigen alten Bäume, die den Strand säumen und die so typisch Hamburg sind. Bäume gibt es hier nicht nur in den Parks, sondern überall in der Stadt. In man-chen Straßen bilden sie ein so dichtes Blätterdach, dass es darunter selbst an sonnigen Tagen ein bisschen dunkel bleibt – wir Hamburger leben halt in einem echten Großstadtdschungel!

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hamburger gezeitenA

us dem jahrhunderte-alten Hamburger In-dustrie- und Hafena-real, das unmittelbar

vor der ehemaligen Speicherstadt situiert ist, soll bis zum Jahr 2025 auf 157 Hektar ein neuer Stadtteil für insgesamt 12.000 Einwohner. Die Kais, die einst nur Schiffen vorbehalten waren, mutieren zu Quartieren, die neben Wohnun-gen am Wasser auch Unterhal-tungs-, Bildungs- und Bürobau-ten am Wasser bereitstellen.

Aussichtsreiches ArbeitenSo sollen insgesamt 45.000 Ar-beitsplätze entstehen. Bereits jetzt sitzen die Mitwirkenden des Spie-gel-Verlagshauses am östlichen Ende des 1,1 Kilometer langen Hafencity-Abschnittes am Brook-torkai/ Ericusspitze. Nur wenige Schritte von Hamburgs Zentrum entfernt. Die Prominenz des Ortes machte sich auch das weltweit tä-tige Schifffahrtsunternehmen Germanischer Lloyd zu Eigen und ließ sich mit seinem Hauptsitz am Brooktorkai nieder. Einen Stein-wurf entfernt befi ndet sich die NGO Zentrale von Greenpeace. Die Nachbarschaft von Weltkon-zernen und Weltrettern birgt ja vielleicht jene Lebendigkeit, die sich die Stadtentwickler auch wünschen. Insgesamt werden fast die Hälfte aller (zukünftigen) Ge-bäude als Büro genutzt.

Baustopp mit FolgenAm westlichen Ende der Hafen-city, am Zipfel des Dalmannkais, entsteht die musikalische Variante des Arbeitens: die Elbphilharmo-nie. Auf den Backsteinmauern des ehemaligen Kakaospeichers setzen die Basler Architekten Her-zog und De Meuron einen Glas-palast drauf, der wie eine Welle geschwungen ist und Raum für drei Konzertsäle bietet. Besser ge-

sagt: Bieten soll. Denn an der Dachkonstruktion scheiden sich die Geister. Im Herbst 2011 wur-den die Arbeiten dazu eingestellt, nachdem sich die Stadt und die bauausführende Firma Hochtief um die Sicherheit des Daches stritten. Der Baukonzern weigerte sich nämlich das 2000 Tonnen schwere Dach auf die Konstruk-tion aufzusetzen, was zu einem sieben Monate lang dauernden Baustopp führte. Die Konfl ikte um den Bau fl ackern immer wie-

der auf, so dass sich der ursprüng-liche Fertigstellungszeitpunkt um mindestens fünf(!) Jahre verzö-gert. Das schlägt sich in der Folge auch in den Baukosten nieder, die von den veranschlagten 77 Milli-onen Euro auf satte 500 Millio-nen Euro angewachsen sind. Erst weil die Stadt damit drohte, von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen, kommt wieder Bewe-gung in die bauliche Welle. Ob tatsächlich in zwei bis drei Jahren philharmonische Klänge aus dem Gebäude schallen, sei dahin ge-stellt.

Beschaulichkeit in hohen RäumenEin Drittel der Gesamtfl äche ist dem Wohnen vorbehalten. Das soll sich oberhalb reich belebter Erdgeschoßzonen abspielen. Diese ebenerdigen Räume profi tieren von einer Raumhöhe von fünf Meter, was viele Nutzungen offen lässt. Ob Coworking-Space, Arzt-praxis, Galerie, Geschäft oder Nachbarschaftszentrum - alle Be-treiber können sich gestalterisch in diesen Räumen austoben, was zu einem „hochgradig diversen Standort innerhalb des Stadtvier-tels führt“, zeigt sich Jürgen Bruns-Berentelg, Geschäftsführer der HafenCity Hamburg, zuver-sichtlich. Die Entwicklungsgesell-

schaft ist eine hundertprozentige Tochter der Stadt Hamburg und durch den Verkauf etlicher Lie-genschaften hat sie genügend Geld auf der Kante, um in die öf-fentlichenRäume zu investieren.

Drei Meter auf und abLangsam werden die Vorstellun-gen Wirklichkeit und wenn auch die Elbphilharmonie noch auf ihre Fertigstellung wartet, so hat quasi hinter ihrem Rücken bereits eine neue Pontonbrücke auf der

Wasseroberfl äche Platz ergriffen. Am Rand des Schwimmkörpers können Schiffe festmachen, in ih-rer Mitte fl anieren Neuankömm-linge wie auch (künftig) Sess-hafte. Allen gemein ist, dass sie auf der schwimmenden Insel des so genannten Traditionsschiffha-fen den Tidenhub der Nordsee mitmachen- und der beträgt eben drei Meter.

Baugemeinschaften in Hamburg und WienRund 60% aller Wohnungen sind Eigentumswohnungen, die auf dem freien Markt höchstpreislich verkauft werden und dementspre-chend nur ein bestimmtes Klientel ansprechen werden. 40% der Im-mobilien sind laut Jürgen Bruns-Berentelg Mietwohnungen.Hamburg hat wie Wien auch eine Wohnbauförderung, wenn auch nicht in demselben Ausmaß. Folg-lich erfüllen auch private Bauge-meinschaften ihren Auftrag. Bei diesen fi nden sich private Leute mit einem Projektentwickler/Ar-chitekten zusammen, um sich ihr eigenes Wohnhaus zu bauen. Iris Neitmann betreut in Hamburg das Projekt Hafenliebe, das um einen grünen Innenhof 65 Wohnungen gruppiert, ihr Resümee lautet: „Je-des Baugemeinschaftsmodell braucht engagierte Teilnehmer mit langem Atem.“ Ihr Kollege, der sich mit dieser Form der Baugrup-pen in Wien auseinandersetzt, Ro-bert Temel, kommt zu einem ähn-lichen Schluss: „Bei den Menschen, die hier tätig werden, rangieren die Selbstbestimmung und die Gemeinschaftlichkeit an

erste Stelle.“ Rein ökonomische Überlegungen sind nicht das Aus-schlaggebende. Schließlich dauert so ein Bauprozess wesentlich län-ger als wenn man „bauen lässt“.

Ohne Ebbe und FlutIn der Schweiz und in Deutsch-land haben sich diese Gemein-schaften mehr durchgesetzt, weil sie eine wirklich billigere Variante zum frei fi nanzierten Wohnbau-markt darstellen. Was möchte sich wiederum der Wiener Leiter der Gruppe Planung, Kurt Puchinger, von Hamburg abschauen? „Die Überlegung, die Erdgeschoßzone mit fünf Metern Raumhöhe zu konzipieren, ist ein interessanter Ansatz.“ Andererseits hat Wien den Vorteil, sagt Puchinger, „dass sich seine neuen Stadtentwick-lungsgebiete nach dem öffentli-chen Verkehrsnetz richten.“ Im Gegensatz zu Hamburg muss sich Wien die Wohnnähe zum Wasser aber erst mit Mühe wieder zu-rückerkämpfen. Die Seestadt ist ein Beweis dafür- allerdings ohne Ebbe und Flut.

HafenCity Hamburg: Blick auf die Pontonbrücke und den Traditionsschiffhafen. Rechts die Baustelle Elbphilharmonie. mediaserver.hamburg.de/B.Kuhn

HAFENCITY. Zweimal täglich hebt und senkt sich der Hamburger Was-serspiegel um mehr als drei Meter. Ein Umstand, der sich auf die Planung des Stadtentwicklungsge-bietes HafenCity ausge-wirkt hat. Denn die Topo-graphie bleibt auch nach dem Umbau dynamisch. I ilse huber

Das neue Spiegel-Verlagshaus am Brooktorkai/Ericusspitze HafenCity Hamburg GmbH

Multifunktionsfähig: Fünf Meter hohe Erdge-schoßzonen lassen viele Nutzungen zu mediaserver.hamburg.de/T.Hampel

Baugemeinschaftsprojekt Hafenliebe: 65 Wohnungen um einen grünen Innenhof HafenCity Hamburg GmbH

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design

ein konzept - zwei weltenSTILWERK. Die Hülle ist immer eine andere, doch das Herz schlägt immer gleich – kann die gleiche Strategie an zwei völlig verschiedenen Orten Europas funktionieren? CITY hat das stilwerk Hamburg und Wien unter die Lupe genommen. I barbara jahn

Was haben die Stadt an der Elbe und die Stadt an der schönen blauen Donau gemeinsam? Den guten Geschmack, den Sinn für exklusiven Lifestyle und das stil-werk, dessen Erfolgsgeschichte 1996 begann. Der Hamburger Un-ternehmer Bernhard Garbe eröff-nete in einer ehemaligen Malzfab-rik, einem Backsteingebäude aus dem 17. Jahrhundert nahe der Elbe, das erste stilwerk seiner Art. Nein, Shoppingcenter sollte es nicht sein, vielmehr die Dreh-scheibe für Interiordesign, Inno-vation und Lebensgefühl. Was da-hinter steckt, beschreibt der Sohn des Gründers, Alexander Garbe, so: „stilwerk versteht sich als Plattform für Einrichtung, Design und Lifestyle. Ein Konzept, das die besten Marken und Produkte aus diesen Bereichen unter einem Dach vereint und damit dem Kunden die Möglichkeit gibt, alles an einem Ort zu fi nden. Unser Motto lautet „Kooperation statt Konkurrenz“.“

Nord-Süd-Wind„stilwerk hat in Hamburg vor 16 Jahren eröffnet, danach folgten die Standorte in Berlin, Düssel-dorf, und 2010 schließlich unsere erste Auslandsdependance in Wien.“ Ein guter Anlass, einmal nachzufragen, welches Résumée sich in Wien ziehen lässt. Center-managerin Karin Witasek ist von einer positiven Entwicklung überzeugt: „stilwerk Wien ist auf einem guten Weg. Im ersten Jahr musste das für Wien komplett neue Konzept einmal ankommen und auf einem lang etablierten Markt Fuß fassen. Heuer merken wir deutlich, dass sowohl das In-teresse als auch die Akzeptanz steigt. Die wunderschöne, aber für Wien auch neue Architektur des Designtowers von Jean Nou-vel ist eben eine Klasse für sich und das trendigste Ambiente, das unsere Partner aus der Einrich-tungsbranche für ihre Präsentati-onen haben können.“ Auch Ale-xander Garbe steht voll hinter

der Entscheidung, als ersten Aus-landsstandort die österreichische Hauptstadt ausgewählt zu haben: „Der Standort als Metropolregion mit internationalem Flair und hohem Designanspruch macht Wien sehr interessant. Zudem ist Österreich mit seinen traditionell guten Verbindungen zu Osteu-ropa ein Brückenschlag in Rich-tung des osteuropäischen Aus-lands.“ Ein leichter Start war es jedenfalls nicht – mit den Wie-nern muss man eben erst „warm“ werden.

Wie Äpfel und BirnenInteressant ist, dass das Konzept in beiden Metropolen auf seine eigene Art zu funktionieren scheint. Dabei kann man wirklich nicht sagen, dass die Hanseaten den Wienern auch nur annähernd ähnlich sind. Was also unterschei-det die beiden Häuser voneinan-der? In Wien waren zum Zeit-punkt der Eröffnung die meisten großen Monobrands bereits am Ring oder in der Innenstadt ver-treten, wodurch sich eine andere

Situation ergab“, erklärt Witasek. „Haben wir in Hamburg ein „Haus der Marken“, so nennen wir uns in Wien „Haus der Kompeten-zen“. Sämtliche Marken – es sind über 300 – sind bei den Partnern im stilwerk Wien genauso zu fi n-den, zudem schreiben wir das Thema „Handwerk“ groß.“

Gerüstet für die ZukunftDie Zukunft fordert Einsatz, ins-besondere auf einem hart umge-kämpften Markt. „Wir versuchen zunehmend, die reale Welt mit der virtuellen Welt zu verbinden, das heißt, wir sind dabei, stilwerk auch e-Commerce fähig zu ma-chen. Zudem sehen wir eine Zu-nahme an Single-Brand-Shops, die sich im stilwerk ansiedeln, was zur Entwicklung in der Bran-che passt“, sagt Alexander Garbe, der auch die Frage nach weiteren Dependancen ganz klar beant-wortet: „Wir haben für stilwerk ein Franchise Konzept entwickelt, das die Möglichkeit bietet, stil-werk überall auf der Welt zu im-plementieren.“

Infos

stilwerk Hamburg, Große Elbstraße 68, 22767 Hamburgwww.stilwerk.de

stilwerk Wien, Praterstraße 1, 1020 Wienwww.stilwerk.at

stilwerk Wien, Centermanagerin Karin Witasek bill lorenz + anna blau

Alexander Garbe / stilwerk Hamburg dirk dunkelberg + stefan malzkorn

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20 | design Deutsche Designer

von wegen sprödeDEUTSCHES DESIGN hat große Vorbilder. Und die Fußstapfen sind dementsprechend groß. Doch die junge Generation nimmt´s gelassen und schultert das Erbe ebenso wie die neuen Herausforderungen. Was sie beson-ders sympathisch macht: Sie kommen ohne großen Pomp und Trara aus. I barbara jahn

Fragt man nach der Asso-zia tion von Deutschland und den Begriffen Indust-rie, Wirtschaft und Gestal-

tung, kommt als Antwort meist Automobilindustrie, Ruhrgebiet und Hamburger Hafen. Doch Deutschland ist auch ein Land der schicken Architektur und eine Na-tion des guten Geschmacks. Einer-seits unterhält man ein riesiges Netzwerk zu internationalen Desi-gnern, die in den deutschen Produ-zenten einen verlässlichen und so-liden Partner fi nden, andererseits gibt es über ganz Deutschland ver-streut viele kreative und vor allem innovative Designstudios, die auf den Möbelmessen zeigen, wo es lang geht. Was den meisten Topde-signern gemein ist, ist eine fun-dierte handwerkliche Ausbildung. Keine Schaumschläger also. So spannen viceversa nicht-deutsche Unternehmen gerne die geistrei-chen und witzigen „Germanen“ ein, um ihr Portfolio um eine groß-artige Facette zu erweitern.

Von Senkrechtstartern…Im oberbayrischen Chiemgau pro-duziert und vertreibt Autodidakt Nils Holger Moormann seit 1982 einzigartige Möbelstücke, die er entweder selbst entworfen hat oder die aus der Feder eines meist jungen, eher unbekannten Desig-ner stammen. Er selbst versteht sich als Vertreter des Neuen Deut-schen Designs, verbindet das Schöne mit dem Nützlichen auf seine ganz besondere Art. Zu sei-

nen legendären „Erfi ndungen“ ge-hört zum Beispiel das Sitzmöbel Bookinist, das eine Art fahrende Bibliothek zum Sitzen mit eigener Leseleuchte darstellt. So reduziert die Formensprache der Möbel er-scheinen mag, so raffi niert sind die Details gestaltet. Es ist gerade das Unkonventionelle, das die Moor-mann´sche Ideenwerkstatt nun schon seit 30 Jahren auszeichnet. Die Kollektion wird stets erweitert, das einstige Ein-Mann-Unterneh-men ist zu einem zwanzigköpfi gen Arbeitsteam geworden. Und man ist Stammgast auf der internatio-nalen Designbühne. Fast klassisch mutet dagegen die Karriere des 1971 in Freising geborenen Desig-ners Stefan Diez an. Nach Kursen in Architektur und einer Schrei-ner-Lehre studierte er Industrie-Design und war anschließend Assistent in renommierten Design-büros, darunter jenes von Richard Sapper und von Konstantin Grcic. 2003 wagte er den großen Sprung

in die Freiheit und eröffnete sein eigenes Studio in München. Viele seiner Arbeiten wurden mit zahl-reichen Preisen ausgezeichnet, da-runter mehrere Red Dot Awards, iF product design awards und spe-zielle Preisen für Materialinnovati-onen. Dass er nicht nur spritzig-witzig sein kann, sondern sich auch sehr bedacht und behutsam alten Designtraditionen nähern kann, stellte er mit dem für Tho-net entworfenen Polstersessel 405 PF unter Beweis. Stefan Diez gilt als einer der innovativsten Desig-ner der jüngeren Generation. Auch in Wien hat man das große Talent längst erkannt – im Herbst 2011 kuratierte er gemeinsam mit seiner Frau Saskia die Designmesse blickfang.

…bis zu Global PlayernKonstantin Grcic, Jahrgang 1965, ist einer von den Ernsten, Beschei-denen und Zurückhaltenden in-mitten der Showbühne des Möbel-

zirkus. Zugleich aber ist er erfüllt von einer gesunden Portion Hu-mor und Optimismus, die sich in seinen unverkennbaren, reduzier-ten Entwürfen niederschlägt. Seine Karriere begann in England als Tischlerlehrling, mit dem De-signstudium in London legte er den Grundstein für seine Karriere. Bevor er zum endgültigen Sprung in die Selbständigkeit ansetzte – heute hat Konstantin Grcic seine eigene Landebasis Konstantin Gr-cic Industrial Design (KGID) in sei-

ner Heimatstadt München ange-siedelt – assistierte er bei Jasper Morrison, um noch den letzten Schliff zu holen. Zu seinen Auf-traggebern zählen Firmen, die die Qualität der mentalen und forma-len Schärfe seiner Entwürfe er-kannt haben. Die mit dem Com-passo D´Oro ausgezeichnete Leuchte Mayday für Flos fand so-gar ihren Platz in der permanenten Ausstellung des MoMA. Trotz des ganzen Rummels um seine Person hat er, der sich lieber gerne im Hintergrund hält, den Boden unter den Füssen nicht verloren und freut sich still, fast ein bisschen nachdenklich, über das, was er bis heute geschaffen hat. Zu seinen neuesten Würfen zählen der neue Vitra-Lounge-Stuhl Waver und die Neuinterpretation des klassischen Schüler-Stuhles Pro für Flötotto.

Bunt, aber nicht schrillGanz seinen Zukunftsvisionen ver-schrieben hat sich Werner Aisslin-ger, geboren 1964 in Nördlingen, der nach seinem Industriedesign-Studium als freier Mitarbeiter bei Ron Arad, Jasper Morrison und im Studio de Lucchi in Mailand tätig war und 1993 schließlich sein ei-genes Büro, „studio aisslinger“ gründete. Der in Berlin lebende und arbeitende Designer kommt einer ganzen Reihe von Lehrtätig-keiten an Universitäten nach und macht immer wieder mit außerge-wöhnlichen Projekten und Pro-dukten auf sich aufmerksam, un-ter anderem jüngst mit dem Hemp

Chair für Moroso, ein Stuhl, den er gemeinsam mit Basf aus den nachwachsenden Rohstoffen Hanf und Kenaf entwickelt hat. Die Na-turfasern bilden die Basis für einen Verbundwerkstoff, der durch Ver-pressen mit dem wasserbasierten und umweltverträglichen Binder Acrodur seine hohe mechanische Belastbarkeit erhält.Die deutsche Designszene ist also bunt und vielfältig, ohne schrill zu sein. Und sie beweist Kontinuität – spätestens seit es das Bauhaus gibt.

Infos

www.aisslinger.dewww.konstantin-grcic.comwww.moormann.dewww.stefan-diez.com

Waver Lemon von und mit Konstantin Gric Toscani

BOOKINIST (re.) von Nils Holger Moormann Roman Thomas + Nils Holger Moormann GmbH Hemp Chair/Moroso von Werner Aisslinger Tom Nagy

Stefan Diez (li.) und sein Thonet 405 Bilder: Robert Fischer + Constantin Meyer

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life

die neue siedlerbewegungKLEINGÄRTEN. Dort wo einst Arme ihr Gemüse pfl anzten, wohnen heute die Trendsetter, die die Nähe zur Stadt nicht missen wollen und gleichzeitig die Vor-züge des grünen Umfeldes genießen. Die einst einfa-chen Gartenhütten weichen luxuriösen Wohnhäusern. I barbara kanzian

Das Wohnen im Klein-garten ist trendy ge-worden“, erzählt Da-niel Maerki. Er und

seine Familie haben neun Jahre lang am Wiener Hackenberg ge-wohnt. In einer Gegend, wo frü-her arme Leute ihr Gemüse pfl anzten, wohnen heute viele Akademiker. Auch die jüngeren werden immer mehr, weiß Mae-rki, der sich als Studienautor mit der Bevölkerungsstruktur in Kleingärten näher befasste.Während in Deutschland Klein-gärten nach der Idee von Moritz Schreber aus gesundheitsreforme-rischen Gründen entstanden, war es in Österreich der Mangel an Lebensmitteln. Begonnen hat es 1909: Der Wiener Julius Straußghitel bat die Stadt Wien um billigen Pachtgrund aus dem Wald- und Wiesengürtel. Seine erste Gartenfl äche erhielt er aber vom Landesirrenfond (Ro-senthal). 1918 gab es bereits 16.000 Kleingärten. Bis 1955 dienten sie der Selbst-versorgung, später stand der Er-holungswert im Vordergrund. Und das machte sich im Aussehen der Gärten bemerkbar. Obst- und Gemüse machten Blumen und Ziersträuchern Platz; in die Gar-tenhütte zog erster Komfort ein. Doch die Errichtung großer Wohnbauprojekte in Wien ver-drängte viele Kleingartenfl ächen. Erst später konnte der Zentralver-band der Kleingärtner und Siedler neue Gründe für Kleingärten pachten.

Ganzjährig wohnen Eine große Veränderung brachte das Jahr 1992, als ganzjähriges Wohnen im Kleingarten – amt-deutsch als Widmung Eklw (Grünland, Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen) bekannt – möglich wurde. Damit dürfen

Wohnhäuser eine Baufl äche bis zu 50  m2 beanspruchen, eine Höhe von 5,5 Metern und eine Gesamtkubatur von maximal 250  m3. Die Widmung Ekl für Gartenhäuser, gedacht nur für die warme Jahreszeit, sieht hingegen eine Baufl äche bis zu 35 m2 vor. Diese Neuerung brachte Verdich-tung ins Grünland: „Der Hacken-berg im 19. Bezirk ist ein Parade-beispiel dafür, wie es nicht hätte passieren sollen“, so Maerki. Da wurde das verdichtete ganzjährige Bauen auch dort erlaubt, wo es nur mäßige Erschließungswege oder Straßen gibt. Um das ganz-jährige Wohnen am Hackenberg gab es ein jahrelanges Hick-Hack. 60 Prozent der Kleingärtner wa-ren für das ganzjährige Wohnen, der Rest aber sträubte sich – mit Unterstützung der Wiener Grü-nen – vehement gegen die neue Widmung. Erst 2009 konnte diese beschlossen werden.Die Nachfrage am Hackenberg zu wohnen ist sehr groß, weiß Petra Tot von der Stadterneuerungs- und Eigentumswohnungsgesell-schaft (SEG). Der Bauträger er-richtet fünf Luxusvillen nach Plänen des Architekten Peter Lo-renz.

Günstiges BaulandDoch nicht nur in dieser Nobelge-gend zwischen Sievering und Neustift wird im Grünland ge-baut. Auch auf anderen Kleingar-tenfl ächen herrscht reger Baube-trieb, denn er wird von der Stadt durch die Wohnungsförderung und zusätzlich durch günstige Kreditvergabe gefördert. Kleingar-tenpächter haben seit 1995 sogar die Möglichkeit, die Parzelle zu ei-nem bis zu 45 % vergünstigten Kaufpreis zu erstehen. „Und hier ist in den 1990er Jahren etwas geschehen, was in einem gänzli-chen Widerspruch zur bisherigen

Grünlandpolitik der Stadt Wien steht“, resümiert Alexandra Ilonka Schindelar in ihrer Dip-lomarbeit „Kleingärten in Wien, Bestandsaufnahme, gesellschaftli-che Bedeutung und stadtplaneri-sche Perspektive“.

Kapital lukrierenWarum dieser Wandel? 60 Pro-zent aller Kleingartenfl ächen ge-hören der Stadt Wien. Sie hat sie an den Zentralverband der Klein-gärtner und Siedler auf unbefris-tete Zeit verpachtet, somit sind diese Flächen für andere Nut-zungsarten blockiert. Für eine Widmung Eklw ist mehr Pacht zu bezahlen als für Ekl. Und für die Widmung GS (Gartensiedlung), weil als Bauland genehmigt, gibt es einen wesentlich höheren Pachtanteil zu bezahlen. Um zu-sätzliche Einnahmen aus diesem „toten Kapital“ zu lukrieren, wurde daher die Kaufoption für Eklw und GS eingeführt. Seit Beginn der Verkaufsaktion bis Stichtag 1.6.2012 wurden ins-gesamt 4.350 Kleingartenlose mit einer Fläche von 1.466.709  m2 ausschließlich an die jeweiligen

kaufi nteressierten Unterpächter unter bestimmten Voraussetzun-gen (entsprechende Widmung, Außen- und Innenparzellierung der betroffenen Kleingartenanla-gen) veräußert. Derzeit könnten noch 13.286 Lose mit einer Flä-che von 5.146.130  m2 an die Kleingartennutzer verkauft wer-den, heißt es aus dem Stadtrat-büro Ludwig. Ein Verkauf einer Liegenschaft habe aber keinerlei Auswirkung auf die beschriebe-nen Bebauungsbestimmungen für Kleingärten, so Sprecher Hanno Csisinko aus dem Büro Ludwig.

Hick-Hack um den Hackenberg: Umwidmung auf ganzjähriges Wohnen konnte erst 2009 beschlossen werden. Wikimedia Commons/Funke

Luxus statt Gartenzwerg: Zukünftiges Wohnhaus am Hackenberg. SEG

Selbstversorger: Kleingärtner in Stockholm um 1910. Nordiska Museet

Mit Spaß gegen langes Gras

Gartenarbeit an der frischen Luft macht Spaß. Zumindest

meistens, denn wie so oft im Leben kommt es auf die

richtigen Geräte an. Muskelschmerzen beugt der neue

Rotak-Rasen mäher mit „Ergo-Flex“- System schon im

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Die Wiener Kleingarten-Messe fi n-det heuer bereits zum neunten Mal unter der Schirmherrschaft der Bank Austria statt. Von der indivi duellen Gartengestaltung bis hin zum perfekten Kleingarten-Wohn-haus bietet die Messe auf einer nahezu ver-doppelten Veranstaltungsfl äche alles was das Herz des Kleingärtners höher schlagen lässt.

Neunte Wiener Kleingarten-MesseDie Messe für Bauen, Wohnen und Freizeit im Kleingarten22. – 23. Sep. 2012, Messe Wien – Halle C, www.kleingartenmesse.at

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nicht nur zur zierde geplant

150 Jahre wird es am 21. August her sein, dass mit dem Stadtpark die erste kommunale Grünanlage

Wiens eröffnet wurde. Was heute ein selbstverständlicher Teil städti-schen Lebens ist – öffentliche, für alle frei zugängliche Grünräume –, war damals innovativ. Die Schleifung der Basteien brachte die Chance zur Anlage eines Parks auf dem „Wasserglacis“, so ge-nannt nach dem Mineralwasser-ausschank auf dem Gelände des heutigen Kursalons. Einen gela-denen Wettbewerb gewann der Landschaftsmaler Josef Selleny, der die legendäre Weltumsege-

lung der „Novara-Expedition“ als künstlerischer Dokumentarist mitgemacht hatte. Der Park, der „den freundlichen Charakter ei-nes Ziergartens mit schönen Sträuchern, freien Durchsichten, verschlungenen Wegen und Blu-menpfl anzungen“ tragen sollte, wurde von Selleny mit dem ers-ten Wiener Gartendirektor Rudolf Siebeck realisiert, der Tag der Stadtpark-Eröffnung gilt als Grün-dungsdatum des Stadtgartenam-tes, der heutigen MA 42.Unter Siebecks Nachfolgern wie Fritz Kratochwjle brachte die Ver-waltung städtischen Grüns vor al-lem Neuanlagen von Volksparks wie Modena-, Schubert-, Haydn-, Kongreß- und Märzpark, die nicht mehr nur „zur Zierde gerei-chen“, sondern auch, in Form von Freibädern und Sportanla-gen, benutzt werden sollten. Eine bemerkenswerte Anlage der neuesten Zeit ist der nach einem europaweiten Wettbewerb vom Zürcher Büro Hager Landschafts-architektur geplante Rudolf-Bed-nar-Park in Wien 2.

Gärtnerische WissensvermittlungDas Jahr 2012 bringt nebenbei auch das 100jährige Jubiläum der Orangerie Kagran, die später Sitz

der Berufsschule für Gartenbau und Floristik war und nach dem Umzug der Schule in einen archi-tektonisch wie ökologisch bemer-kenswerten Neubau des Architek-turbüros Atelier 4 seit 2003 das Österreichische Gartenbaumus-eum aufnimmt. Neben dem Schulgarten Kagran sind auch die früheren „Reservegärten“ in Hirschstetten Teil des Stadtgarten-amtes. Als Eigenplanung der seit 2005 von Rainer Weisgram gelei-teten MA 42 wurde das 60.000 m² große Gelände mit Wassergär-ten, Bauernhof, indischem, mexi-kanischem und Wildpfl anzengar-ten als Schauanlage für gärtnerische Wissensvermittlung ausgebaut. Seit 1999 besteht der

neue Hauptsitz der städtischen Baumschule in Mauerbach, wo zur zeit ein öffentlich zugängli-ches Arboretum entsteht.1.700 Mitarbeiter betreuen vom Haupthaus am Stadtpark und drei von den Architekten Christoph Mayrhofer und Gerhard Steixner entworfenen neuen Außenstellen aus die 880 städtischen Parkanla-gen Wiens, außerdem rund 100.000 Alleebäume, jährlich 1.000.000 Frühlingsblumenzwie-beln, 1.200.000 Sommerblumen und 50.000 mehrjährige Blüten-stauden, dazu 19.000 Parkbänke, 260 „Ballkäfi ge“, 500 Spielplätze und 125 Hundezonen. Über bana-les Ziergrün geht die Arbeit der MA 42 weit hinaus.Stadtgartendirektion im Stadtpark MA 42

Josef Selleny plante den Stadtpark als „Ziergarten mit schönen Sträuchern, freien Durchsichten, verschlungenen Wegen und Blumenpfl anzungen“. MA 42

150 JAHRE STADT-GARTENAMT – eine kurze Geschichte öffentli-chen Grüns in Wien. I iris meder

bellini schlürfen mit bogie

Wundergärten in Bella Italia. Von der noblen Eingangsszenerie und den livrierten Butler vor dem Hotel Hassler in der Via del Babuino unweit der Piazza Trinità dei Monti darf man sich

nicht abschrecken lassen. Am besten man geht erhobenen Hauptes an der Rezeption vorbei und steuert direkt auf das Ziel zu: den idyllischen Garten der stylischen Stravinskij Bar. Die Ewige Stadt ist zwar reich an ro-mantischen Plätzen, aber nir-gendwo fi ndet man einen ähn-lich lauschigen Hinterhof mit Blick auf den schönsten hängen-den Garten Roms. An den über-einander gebauten, engen Ter-rassen am Abhang der antiken Mauern der Villa Medici ranken sich Efeu, Oleander, leuchtende

Bougainvillea und kleinwüchsige Palmen. Drei Gärt-ner sind rund um die Uhr damit beschäftigt die Pfl anzenpracht zu hegen und zu pfl egen.Schon Humphrey Bogart und Audrey Hepburn wussten die intime Atmosphäre des Hotels zu schät-zen und kehrten in der Bar des Hassler auf einen Bellini Cocktail ein. Wer genug vom römischen Chaos hat, dem sein ein Ausfl ug in die Villa d´ Este empfohlen, die 30 Kilo-meter östlich von Rom an der Via Tiburtina liegt. Die weitläufi ge Anlage mit den großzügigen Brun-nen, Nymphen und Wasserspielen gilt als ein Haupt-werk der italienischen Gartenkunst und diente als Vorbild für viele Barock-Gärten. Der Traum-Garten wurde im abschüssigen Hang unterhalb der Villa er-richtet. Die imposanten Fundamente und die überei-nander gebauten Terrassen werden immer wieder mit den hängenden Gärten der Semiramis von Baby-lon, eines der sieben Weltwunder der Antike, vergli-chen. (imk)

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Immobilienmesse Expo Real in München

Vom 8. bis 10. Oktober 2012 fi ndet in München wieder die Expo Real statt, die Internationale Fachmesse für Ge-werbeimmobilien und Investitionen. Die Teilnehmer der Immobilienmesse bilden das gesamte Spektrum der Im-mobilienwirtschaft ab: Projektentwick-ler und Projektmanager, Investoren und Finanzierer, Berater und Vermitt-ler, Architekten und Planer, Corporate Real Estate Manager und Expansions-leiter sowie Wirtschaftsregionen und Städte. Die Veranstaltung wird von einem umfangreichen Konferenzprogramm begleitet: In fünf Foren diskutieren 400 Referenten über aktuelle Trends und Innovationen des Immobilien-, Investitions- und Finanzierungsmarktes. Exper-ten geben ihre Einschätzung zu Themen wie demographi-sche Entwicklungen für Wohnungsmärkte, den Han-del sowie andere Nutzungs-arten ab. Hotel, Einzelhan-del, Büro und Wohnimmobi-lien sind Themen. Internatio-

nale Experten analysieren die Potenziale wie auch die Chancen und Risiken der Immobilien- und Investiti-onsmärkte in Europa, Asien und Nord-amerika. Das Planning & Partnerships Forum zeigt die Herausforderungen und Visionen aus den Bereichen des Facility Managements, der Stadtent-wicklung, der Architektur und Stadt-planung auf.

EXPO REAL 20128. bis 10. Oktober 2012Neue Messe München, Deutschlandwww.exporeal.net

Immobilienmesse Expo Real in München Alex Schelbert

Palm Court Garden im Hotel Hassler, Rom Hassler

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Verwendete Acrobat Distiller 8.0/8.1 Joboptions
Dieser Report wurde mit Hilfe der Adobe Acrobat Distiller Erweiterung "Distiller Secrets v4.0.0" der IMPRESSED GmbH erstellt.Registrierte Kunden können diese Startup-Datei für die Distiller Versionen 8.0/8.1 kostenlos unter http://www.impressed.de/DistillerSecrets herunterladen.ALLGEMEIN ----------------------------------------Beschreibung: Postyellow-PDF PDF 1.4 + Transparency Colour spaces remain as used Printing resolution for commercial printing up to 2540 dpiDateioptionen: Kompatibilität: PDF 1.4 Komprimierung auf Objektebene: Nur Tags Seiten automatisch drehen: Aus Bund: Links Auflösung: 1200 dpi Alle Seiten Piktogramme einbetten: Nein Für schnelle Web-Anzeige optimieren: NeinPapierformat: Breite: 327.002 Höhe: 450.003 mmKOMPRIMIERUNG ------------------------------------Farbbilder: Neuberechnung: Bikubische Neuberechnung auf 350 ppi (Pixel pro Zoll) für Auflösung über 571 ppi (Pixel pro Zoll) Komprimierung: Automatisch (JPEG) Bildqualität: MaximalGraustufenbilder: Neuberechnung: Bikubische Neuberechnung auf 350 ppi (Pixel pro Zoll) für Auflösung über 571 ppi (Pixel pro Zoll) Komprimierung: Automatisch (JPEG) Bildqualität: MaximalSchwarzweißbilder: Neuberechnung: Aus Komprimierung: CCITT Gruppe 4 Mit Graustufen glätten: AusRichtlinien: Richtlinien für Farbbilder Bei Bildauflösung unter: 150 ppi (Pixel pro Zoll) Ignorieren Richtlinien für Graustufenbilder Bei Bildauflösung unter: 150 ppi (Pixel pro Zoll) Ignorieren Richtlinen für monochrome Bilder Bei Bildauflösung unter: 1200 ppi (Pixel pro Zoll) IgnorierenFONTS --------------------------------------------Alle Schriften einbetten: JaUntergruppen aller eingebetteten Schriften: NeinWenn Einbetten fehlschlägt: AbbrechenEinbetten: Schrift immer einbetten: [ ] Schrift nie einbetten: [ ]FARBE --------------------------------------------Farbmanagement: Einstellungsdatei: None Farbmanagement: Farbe nicht ändern Wiedergabemethode: StandardGeräteabhängige Daten: Unterfarbreduktion und Schwarzaufbau beibehalten: Ja Transferfunktionen: Entfernen Rastereinstellungen beibehalten: NeinERWEITERT ----------------------------------------Optionen: Überschreiben der Adobe PDF-Einstellungen durch PostScript zulassen: Nein PostScript XObjects zulassen: Nein Farbverläufe in Smooth Shades konvertieren: Ja Geglättene Linien in Kurven konvertieren: Nein Level 2 copypage-Semantik beibehalten: Ja Einstellungen für Überdrucken beibehalten: Ja Überdruckstandard ist nicht Null: Ja Adobe PDF-Einstellungen in PDF-Datei speichern: Nein Ursprüngliche JPEG-Bilder wenn möglich in PDF speichern: Ja Portable Job Ticket in PDF-Datei speichern: Nein Prologue.ps und Epilogue.ps verwenden: Nein JDF-Datei (Job Definition Format) erstellen: Nein(DSC) Document Structuring Conventions: DSC-Kommentare verarbeiten: Ja DSC-Warnungen protokollieren: Nein EPS-Info von DSC beibehalten: Ja OPI-Kommentare beibehalten: Nein Dokumentinfo von DSC beibehalten: Ja Für EPS-Dateien Seitengröße ändern und Grafiken zentrieren: JaSTANDARDS ----------------------------------------Standards - Berichterstellung und Kompatibilität: Kompatibilitätsstandard: OhneANDERE -------------------------------------------Distiller-Kern Version: 8000ZIP-Komprimierung verwenden: JaASCII-Format: NeinText und Vektorgrafiken komprimieren: JaMinimale Bittiefe für Farbbild Downsampling: 1Minimale Bittiefe für Graustufenbild Downsampling: 2Farbbilder glätten: NeinGraustufenbilder glätten: NeinFarbbilder beschneiden: NeinGraustufenbilder beschneiden: NeinSchwarzweißbilder beschneiden: NeinBilder (< 257 Farben) in indizierten Farbraum konvertieren: JaBildspeicher: 1048576 ByteOptimierungen deaktivieren: 0Transparenz zulassen: JaICC-Profil Kommentare parsen: JasRGB Arbeitsfarbraum: sRGB IEC61966-2.1DSC-Berichtstufe: 0Flatness-Werte beibehalten: NeinGrenzwert für künstlichen Halbfettstil: 1.0RGB-Repräsentation als verlustfrei betrachten: NeinOptionen für relative Pfade zulassen: NeinIntern: Alle Bilddaten ignorieren: NeinIntern: Optimierungen deaktivieren: 0Intern: Benutzerdefiniertes Einheitensystem verwenden: 0Intern: Pfad-Optimierung deaktivieren: NeinENDE DES REPORTS ---------------------------------Die "Distiller Secrets" Startup-Datei ist eine Entwicklung derIMPRESSED GmbHBahrenfelder Chaussee 4922761 Hamburg, GermanyTel. +49 40 897189-0Fax +49 40 897189-71Email: [email protected]: www.impressed.de
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neues leben in alte auslagen K

lassische Hotels sind ihnen zu langweilig? Sie suchen nach einer originellen Alterna-

tive? Dann sind sie bei den ange-henden Architekten Christian Knapp, Jonathan Lutter und The-resia Kohlmayr in guten Händen. Die drei kreativen Köpfe betrei-ben das Hotelprojekt Urbanauts und bieten mit ihrem „Street Loft” in Wien eine neue Form des touristischen Wohnens an. „Mo-mentan haben wir gerade ein Pärchen aus Bremen zu Gast“, er-zählt Urbanauts-Geschäfts füh re-rin Theresia Kohlmayr. Wer sich auf das Abenteuer einlässt, in ei-nem ehemals leerstehenden Ge-schäftslokal zu nächtigen, das zum Hotelzimmer umgebaut wurde, ist kein typischer Tourist, der schnell ein Zimmer für eine Nacht sucht.Viele Gäste verschieben sogar ih-ren Urlaub, falls das 25 Quadrat-meter große Zimmer zum ge-wünschten Zeitpunkt schon besetzt ist. Sogar weitgereiste Be-sucher aus Australien und Nord-amerika testeten bereits das inno-vative Hotel und nutzten dessen Infrastruktur abseits bekannter Touristenrouten.Vor einem Jahr eröffnete das un-gewöhnliche Hotel seine Tore in der ehemaligen Schneiderei im vierten Bezirk. An das frühere Handwerk im Gassenlokal erin-nert heute nur mehr ein Wand-bild der Fotografi n Sue Sellinger. Das Konzept ist bisher einzigar-tig. Das Hotel beschränkt sich hier nicht mehr auf einen einzi-gen Gebäudekomplex, sondern

erstreckt es sich über einen gan-zen Stadtteil. In diesem Fall das Elisabethviertel im vierten Wiener Bezirk, ein paar Straßen-züge vom neuen Hauptbahnhof entfernt. Gefrühstückt wird im Kaffeehaus nebenan, das Hamam gegenüber ersetzt den Wellness-bereich und die Bar ums Eck hat länger offen als normalerweise eine Hotelbar. Das Atelier des Ingenieurbüros Kohlmayr Lutter Knapp befi ndet sich ebenfalls gleich um die Ecke vom ersten Street Loft in der Favoriten straße 17 – natürlich im Parterre.

Urbane Resträume sinnvoll nutzen„Jeder fi ndet seinen individuel-len Mix. Man muss auf nichts verzichten. Die Stadt wird zur Lobby“, so die Betreiber. Wenn alles nach Plan läuft, kommen im November 2012 zehn neue Lofts hinzu. Man will weiter im hoch-preisigen Segment bleiben. Der-zeit kostet das Vier-Sterne-Plus Zimmer 120 Euro pro Nacht. Günstigere Kategorien sind in Zukunft auch angedacht, es hänge von der Nachfrage ab. Die rechtlichen Aufl agen der Bau-

ordnung sind streng. Aber da ein Hotel als Gewerbebetrieb gilt, hatten die Urbanauts Glück. Die Bestimmungen erlauben im Ver-gleich zu den strengen Vorschrif-ten bei Wohnraum mehr Spiel-raum. Seit Studienbeginn an der TU Wien beschäftigen sich die ange-henden Architekten im Rahmen des Schwerpunkts Städtebau mit urbanen „Resträumen“. Dabei su-chen sie nach Lösungen, wie man leer stehende Gassenlokale sinn-voll nutzen und wieder beleben könnte. Die drei Kreativen legten

Typische Touristen verirren sich eher selten in das zu einem Hotelzimmer umgestaltete Geschäftslokal. Julian Mullan

ZU EBENER ERD‘. Angehende Architekten beleben leere Gassen-lokale – sei es als Hotel, Wohnung oder Guerilla-Restaurant. I irene mayer-kilani

Katharina Fohringer

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Wert darauf, nachhaltige Lösun-gen zu entwickeln, die langfristig ökonomisch auf eigenen Beinen stehen. Bei der Gestaltung eines Hotel-raums auf Erdgeschoßhöhe liegt das Hauptaugenmerk auf Sicht- und Lärmschutz. Die Auslagen-Si-tuation erfordert einen speziellen Umgang bei der Planung. „Wir haben verschiedene Ebenen der Verdunkelung zum Schutz der Privatsphäre entwickelt, etwa ei-

nen Spionspiegel, eine translu-zente Scheibe und die Möglich-keit, das Zimmer komplett zu verdunkeln“, so das Architekten-Trio. Ihr kreatives Know-how setzten sie zuletzt erfolgreich bei der Planung des japanischen Lo-kals Mochi in der Praterstraße um.

Übernachtung am Schiff, Essen in der BetonkücheJonathan Lutter startet bereits mit einer neuen Idee durch: Gemein-sam mit einem befreundeten Clubbesitzer und einem Lehrer ist die Betonküche entstanden. Sie verhilft der Erdgeschoßzone tem-porär zu neuer Urbanität. „Wir wollen die Stadt beleben und zei-gen, wie sich mit wenig Aufwand ein leeres Lokal umgestalten lässt, in dem man gerne isst“, so Lutter. Für einen Monat wird jeweils ein leerstehendes Gassenlokal ange-

mietet. Zwei große, je 70 Kilo-gramm schwere, eigens für das Projekt entworfene Betontische werden als Esstische aufgestellt. Und das Wichtigste: Es wird ex-zellent aufgekocht. Anmeldung und Infos laufen ausschließlich über Facebook. Im Rahmen eines Architekturpro-jekts für Linz als europäische Kul-turhauptstadt entstand 2009 das Pixel Hotel. Interessante, aber ungenutzte Räume wurden zu Hotelzimmern umgebaut und be-leben nun ein Wohnviertel, das Zentrum, aber auch einen Indust-rie- und Arbeiterbezirk der Voest-Stadt. Aufgeschlossene Gäste kön-nen auf einem alten Zugschiff im Hafen übernachten oder in einer riesigen Hinterhofwerkstatt schla-fen. Gefrühstückt wird ebenfalls in umliegenden Kaffeehäusern. Beisl im Viertel sorgen als Hotelbar für authentisches Lokalkolorit.

Mut zur KreativitätAngelika Psenner vom Institut für Städtebau an der Technischen Universität Wien beschäftigt sich bereits seit 2004 mit Nutzungs-möglichkeiten für leerstehendes Gründerzeit-Parterre. „Als ich in den 1980er Jahren zu studieren begann, war eine alternative Nut-zung von Erdgeschoß überhaupt kein Thema. Selbst bekannte Ar-chitekten sagten, das Parterre sei für Müllraum, Kinderwagen-Ab-stellplätze oder Garagen vorgese-hen“, erinnert sich Psenner. Die Zeiten haben sich geändert. Denn dass leerstehende Gassenlokale und Erdgeschoßräume viel Poten-zial bergen, sei nun in den Köp-fen der Stadtplaner angekommen.Das beste Beispiel ist Berlin, wo in den vergangenen Jahren in aufge-lassenen Lokalen zu ebener Erde viele Mini-Manufakturen ent-

standen. Dort siedelten sich Ein-Mann oder Ein-Frau-Betriebe mit originellen Dienstleistungen an, auch viele Künstler, die Atelier und Galerie in einem betreiben, fanden an den günstigen Loca-tions Gefallen. „Vorstellbar sind auch Praxen, Kindergärten, Yo-gastudios oder eben Projekte für Wohnen und temporäres Woh-nen, wie es die Betreiber der Wie-ner Street Lofts oder des Linzer Pixel Hotels praktizieren“, so Psenner.

Erweitertes WohnzimmerDas Projekt „Probewohnen Par-terre“ der Architekturstudentin Katharina Fohringer sorgte im Mai für Furore. Im Rahmen ihrer Diplomarbeit hat die Wienerin das Experiment gestartet, zwei Perso-nen für je eine Woche in einem Geschäftslokal in der Hernalser Hauptstraße, das Fohringer als

Atelier nützt, wohnen zu lassen. Die Erfahrungen der Probebe-wohner fl ießen in ihre Diplomar-beit zum Thema „Wohnen im Erdgeschoß“.Zwanzig Experimentierfreudige habe sich auf Fohringers Aufruf gemeldet. „Die älteste Bewerberin war eine 68-jährige Pensionistin. Ein 18jähriger Schüler wollte mit einem Freund einziehen, um schon einmal erste WG-Erfahrun-gen zu sammeln“, erzählt Fohrin-ger.Die Wahl fi el schließlich auf Ma-nuel Ortner, der vom Probewoh-nen begeistert ist. Der Architek-turstudent ist vor drei Tagen in das Gassenlokal im 17. Wiener Gemeindebezirk eingezogen und würde am liebsten bleiben: „Ich fühle mich sehr wohl hier.“ Lärm und fehlende Privatsphäre stören ihn nicht. Am meisten schätzt der

Student den kommunikativen As-pekt. Die angenehmen Tempera-turen erlauben es ihm, den gan-zen Tag die Fenster offen zu lassen, der Gehsteig wird zu ei-nem erweiterten Wohnzimmer. „Gestern am Abend hatte ich spontan Gäste, es waren unbe-kannte Leute, die vorbeigingen und meinten, es schaut bei mir so gemütlich aus, ob sie herein-kommen dürften“, erzählt Ortner.Wäre er Hausbesitzer, würde er sofort alle leerstehenden Gassen-lokale zu Wohnungen ausbauen. Außerdem möchte er am liebsten gar nicht mehr aus dem Straßena-telier ausziehen.

> Als ich in den 1980er Jahren zu studieren

begann, war eine alter-native Nutzung von

Erdgeschoß überhaupt kein Thema. <

Städtebau-Expertin Angelika Psenner unter-sucht Nachnutzungen für Gründerzeit-Par-terre. www.mediendienst.com | Foto Wilke

Die Urbanauten Jonathan Lutter, Theresia Kohlmayr und Christian Knapp (v.li.) bieten mit ihrem „Street Loft” in Wien eine neue Form des touristischen Wohnens an. Urbanauts

Architekturstudent Manuel Ortner schätzt den kommunikativen Aspekt des Wohnens im Gassenlokal. Katharina Fohringer

Impressum: Herausgeber Bohmann Druck und Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG Geschäftsfüh-rung Drin. Gabriele Ambros, Gerhard Milletich Verleger Bohmann Druck und Verlag, GesmbH & Co. KG, A-1110 Wien, Leberstraße 122 Verlagsleitung Mag. Patrick Lenhart Chefre-daktion und Lektorat Roland Kanfer. Auto-rInnen DI Ilse Huber, DI Barbara Jahn-Rösel, DI Barbara Kanzian, Anna Klerdorf, Fernando Klar, Mag. Irene Mayer-Kilani, Dr.  Iris Meder. Mediaberatung: AAC–Austria Advertising Con-sult Redaktionsassis tenz Michaela Kern ([email protected]; Tel. 740 95-556) Vertriebsleitung Angelika Stola ([email protected]; Tel. 740 95-462) Aboverwaltung [email protected]; Tel. 740 95-466 Layout & Produktion Thomas Weber Hersteller Druckerei Berger, Wienerstraße 80, A-3580 Horn. Die Zeitschrift City ist ein unab-hängiges Medium für Architektur, Stadtentwick-lung, Design und Urbanität. Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten.

Herausgeber Dr. Rudolf Bohmann gestorben

Nach schwerer Krankheit ist am 23. April 2012 Kommerzialrat Dr. Rudolf Bohmann, langjähriger Verleger, Herausgeber und Präsident des Österreichi-schen Zeitschriftenverbandes in Wien verstorben. Der Jurist und gelernte Schriftsetzer wurde 1964 Gesellschafter im väterlichen Unternehmen, begleitete den Aufbau des Druckereibetriebes und des Fachzeitschriftenverlages. Nach dem Tod des Vaters übernahm Rudolf Bohmann 1975 die Geschäftsführung. Er baute den Verlag mit neuem Standort in Wien-Simmering zu einem der erfolgreichsten, dynamischsten und zukunftsweisenden Kommunikationszentren in der österreichischen Medienland-schaft aus. Seit 2004 leiten Dr. Gabriele Ambros und Gerhard Milletich als Geschäftsführer und Eigentümer den Bohmann-Verlag mit rund 80 Fachzeit-schriften, Magazinen und Büchern.Menschlichkeit, kollegiale Zusammenarbeit und permanente Leistungsbereitschaft standen stets im Vordergrund des Schaffens von Dr. Rudolf Bohmann. Er wäre am 17. Dezember 75 Jahre alt geworden. KR Dr. Rudolf Bohmann, der Verleger,

Herausgeber und Präsident des ÖZV verstarb im 75. Lebensjahr

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Wettbewerbe sind eine Herausforde-rung zu außergewöhnlichen Leistun-gen. Seit 1977 dokumentiert dasArchitekturjournal wettbewerbeden Beitrag der österreichischen Architekten zur Baukultur und zur Qua-lität, die den Wettbewerb zur Grund-lage hat.

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