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    Rotenturmstrae 19 / 32 A-1010 Wien

    Tel | Fax: +43(0)1/533 08 50 | DW 11E-Mail: [email protected]: http://machac-kanzlei.at

    1 Grundlagen des sterreichischen Suchtmittelrechts

    Grundlagen des sterreichischen Suchtmittelrechts

    Dieser Vortrag versucht die wichtigsten Bestimmungen des SMG darzustellen, wobei auch

    auf die Rechtslage in Bezug auf Cannabis eingegangen wird. Die Entscheidungen desObersten Gerichtshof sind mit der Geschftzahl unter www.ris.bka.gv.at /JUS/ abrufbar. DieGesetzestexte sind kursivdargestellt. Wichtige Punkte des Vortrages wurden fetthervorgehoben. Weiters wird der richtige Umgang mit der Polizei erlutert und der Ablaufeines Strafverfahrens. Zwecks Veranschaulichung der Materie werden zahlreiche Beispielein den Vortrag eingearbeitet.

    1 Gerichtliche Strafbestimmungen fr Suchtgifte

    Die Strafrahmen variieren in der Praxis zwischen 3 Monaten und 15 Jahre. Das SMG ist

    nach dem Prinzip Therapie statt Strafe aufgebaut. Es wurde mit 01.01.2008 reformiert,wobei die Strafen strenger wurden. Das Gesetz wird eigentlich immer komplizierter undentwickelt sich zu einer Sondermaterie.Bedenklich ist vor allem, dass die Staatsanwaltschaften und auch Erstrichter das Gesetzteilweise fehlerhaft anwenden und es dadurch zu erheblichen Rechtsfehlern kommt - sowohlzum Vorteil als auch zum Nachteil der Tter. Das SMG unterscheidet nicht zwischenharten und weichen Drogen. Letztlich ist aber bei weichen Drogen die Grenzmenge,welche fr die Anwendung der hheren Strafrahmen nach 28 und 28a SMGrelevant ist wesentlich hher. Auch sind die Richter im Wiener Raum bei Cannabismilder. Grenzmenge ist gem 28 b SMG jene Menge an Suchtmitteln, die das Lebeneines Menschen gefhrdet; die Grenzmengen werden per Verordnung festgelegt.

    Beispiel: Die Grenzmenge fr Tetrahydrocannabinol betrgt 20 Gramm. Bei einemReinheitsgehalt von 5% entspricht das 400 Gramm Cannabiskraut. Fr Heroin betrgt dieGrenzmenge 3 Gramm. Bei einem Reinheitsgehalt von 5% (Wiener Straenqualitt) wredie Grenzmenge 60 Gramm.

    Auch kann bei einem Ersttter, welcher Cannabis ausschlielich zum persnlichenGebrauch erworben oder konsumiert, das Strafverfahren gem 35 Abs 4 Z1 SMGvereinfacht eingestellt werden.

    Das Suchtmittelgesetz kennt nur Vorsatzdelikte und keine Fahrlssigkeitsdelikte. Die

    Definitionen lauten nach dem Strafgesetzbuch:Vorsatz

    5 StGB. (1) Vorstzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbildentspricht; dazu gengt es, da der Tter diese Verwirklichung ernstlich fr mglich hlt und sich mit ihrabfindet.

    (2) Der Tter handelt absichtlich, wenn es ihm darauf ankommt, den Umstand oder Erfolg zuverwirklichen, fr den das Gesetz absichtliches Handeln voraussetzt.

    (3) Der Tter handelt wissentlich, wenn er den Umstand oder Erfolg, fr den das Gesetz Wissentlichkeitvoraussetzt, nicht blo fr mglich hlt, sondern sein Vorliegen oder Eintreten fr gewi hlt.

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    2 Grundlagen des sterreichischen Suchtmittelrechts

    Fahrlssigkeit

    6 StGB. (1) Fahrlssig handelt, wer die Sorgfalt auer acht lt, zu der er nach den Umstndenverpflichtet und nach seinen geistigen und krperlichen Verhltnissen befhigt ist und die ihm zuzumuten ist,und deshalb nicht erkennt, da er einen Sachverhalt verwirklichen knne, der einem gesetzlichen Tatbildentspricht.

    (2) Fahrlssig handelt auch, wer es fr mglich hlt, da er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihnaber nicht herbeifhren will.

    Beispiel 1: A kommt aus Thailand zurck. Am Flughafen Schwechat werden in seinemGepck 500g Heroin gefunden; diese befinden sich in einer kleinen ausgehhltenElefantenstatue. A wurde von seiner lieben Urlaubsbekanntschaft B ersucht, die Statue ihrerguten Bekannten D mitzubringen, die ein Bordell betreibt.

    Ist A strafbar? Wie ist es, wenn die Sache A komisch vorgekommen ist und er sich dachte,Na, hoffentlich ist das in Ordnung. oder wenn A sich meinte, Ich wei zwar nicht, ob

    Heroin in der Statue ist, aber wenn ist es auch egal.?

    Beispiel 2: Der Biobauer A hat Industriehanf, welcher einen THC-Gehalt von 0,2% aufweist,legal angebaut. Der Nachbar B baut ebenfalls Cannabispflanzen an, welche einen THC-Gehalt von 5% aufweisen und daher als Suchtmittel gelten. Durch Samenflug kommt es zueiner Kreuzung. Die Pflanzen von A enthalten nunmehr auch 4 % THC. A hat es bis zuseiner Gerichtsverhandlung nicht fr mglich gehalten, dass es zu Kreuzungen kommenkann. Hat sich A strafbar gemacht?

    Unerlaubter Umgang mit Suchtgiften

    27 SMG. (1) Wer vorschriftswidrig

    1. Suchtgift erwirbt, besitzt, erzeugt, befrdert, einfhrt, ausfhrt oder einem anderen anbietet, berlsstoder verschafft,

    2. Opiummohn, den Kokastrauch oder die Cannabispflanze zum Zweck der Suchtgiftgewinnung anbautoder

    3. psilocin-, psilotin- oder psilocybinhltige Pilze einem anderen anbietet, berlsst, verschafft oder zumZweck des Suchtgiftmissbrauchs anbaut,

    ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagesstzen zu bestrafen.

    (2) Wer jedoch die Straftat ausschlielich zum persnlichen Gebrauch begeht, ist mit Freiheitsstrafe biszu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagesstzen zu bestrafen.

    (3) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren ist zu bestrafen, wer eine Straftat nach Abs. 1 Z 1 oder 2gewerbsmig begeht.

    (4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren ist zu bestrafen, wer

    1. durch eine Straftat nach Abs. 1 Z 1 oder 2 einem Minderjhrigen den Gebrauch von Suchtgiftermglicht und selbst volljhrig und mehr als zwei Jahre lter als der Minderjhrige ist oder

    2. eine solche Straftat als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begeht.

    (5) Wer jedoch an Suchtmittel gewhnt ist und eine Straftat nach Abs. 3 oder Abs. 4 Z 2 vorwiegend deshalbbegeht, um sich fr seinen persnlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen, istnur mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen.

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    3 Grundlagen des sterreichischen Suchtmittelrechts

    Der 27 SMG ist das Grunddelikt des SMG. Er ist die wichtigste Regelung des SMG.Im Jahr 2009 wurden 19.735 der insgesamt 22.729 Anzeigen nach dem SMG - diesentspricht rund 87% Anzeigen - gem. 27 SMG erstattet. Bemerkenswert an dieserNorm ist, dass Konsum selbst als Tathandlung nicht genannt ist, allerdings setzt

    Konsum logischerweise einen Besitz voraus.Deliktstruktur und Erluterungen

    Anbau ist definiert als Aussetzen, Anpflanzen, Aufziehen, Zchten oderKultivieren (14Os94/08t)

    6 Monate fr den Eigenkonsum (z.B. Rauchen eines Joints) gem. 27 Abs. 2SMG; auch das uneigenntzige berlassen fr den Gebrauch eines anderenfllt unter diesen Strafrahmen (12Os83/08k, 12Os107/08i).

    1 Jahr fr die einmalige entgeltliche Weitergabe von Suchtmittel gem. 27Abs.1 SMG.

    Privilegierung fr Abhngige: 1 Jahr gem. 27 Abs. 5, falls dieseSuchtmittel gewerbsmig weitergeben oder Mitglieder einer kriminellenVereinigung sind.

    3 Jahre fr die gewerbsmige Weitergabe von Suchtmitteln bzw. dieWeitergabe von Suchtmitteln an Minderjhrige die 2 Jahre jnger als derTter sind gem. 27 Abs.4 Z.1. Gewerbsmige Weitergabe ist danngegeben, wenn jemand in der Absicht handelt, sich durch wiederkehrendeBegehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Aus Sicht der Justizund der Polizei deuten folgende Faktoren bei Cannabis auf einegewerbsmige Weitergabe hin: (instruktiv 11Os67/10b)

    1. Groe Mengen an Bargeld in typischer Stckelung/Buchhaltung.

    2. Handelsfertige sortenreine Verpackung.3. Erheblicher Telefon und e-mail Verkehr, mehrereWertkartentelefone von verschiedenen Betreibern.

    4. Einschlgige Vorstrafen.5. Gute Ertragsqualitt der Pflanzen und eine hohe Anzahl an

    weiblichen Pflanzen.6. Professionelle Indooranlage mit automatischer Bewsserung und

    gut versteckter Beleuchtung.7. Einschlgige Literatur, Fotodokumentation.8. Samen in groer Anzahl.9. Gestndnisse oder unvorteilhafte Aussagen von Mitttern.

    10. Milligramm Taschenwaage.11. Lebensstil, der im krassen Widerspruch zum legalen Einkommensteht.

    Beispiel 3:A kauft bei B 5 Gramm Cannabisharz um 30. Strafrahmen A und B?Variante 1: A ist 17, B ist 18 Strafrahmen A und B?Variante 2: A ist 13, B ist 20 und im Substitutionsprogramm Strafrahmen A und B?Beispiel 4:A betreibt eine kleine Plantage und verkauft Cannabisharz, um ein Zubrot zuverdienen. Strafrahmen?

    A findet einen Pilz im Wald, welcher Psilocin enthlt, und konsumiert diesen.Strafrahmen? Variante: Er kauft den Pilz bei B in einem Geschft. Strafrahmen A undB?

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    4 Grundlagen des sterreichischen Suchtmittelrechts

    28. SMG (1) Wer vorschriftswidrig Suchtgift in einer dieGrenzmenge( 28b)bersteigenden Menge mit dem Vorsatz erwirbt, besitzt oder befrdert, dass es in Verkehrgesetzt werde, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen. Ebenso ist zubestrafen, wer die in

    27 Abs. 1 Z 2 genannten Pflanzen zum Zweck der Gewinnung einer solchen MengeSuchtgift anbaut.

    (2) Mit Freiheitsstrafe bis zu fnf Jahren ist zu bestrafen, wer die Straftat nach Abs. 1 inBezug auf Suchtgift in einer das Fnfzehnfache der Grenzmenge ( 28b) bersteigendenMenge (groen Menge) begeht.

    (3) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu bestrafen, wer die Straftatnach Abs. 1 als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begeht.

    (4) Unter den in 27 Abs. 5 genannten Voraussetzungen ist der Tter jedoch im Falldes Abs. 1 nur mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, im Fall des Abs. 2 nur mitFreiheitsstrafe bis zu drei Jahren und im Fall des Abs. 3 nur mit Freiheitsstrafe bis zufnf Jahren zu bestrafen.

    Beispiel 5: Bei A werden bei einer Hausdurchsuchung 300 Pflanzen gefunden, welche nichtabgeerntet sind. Diese enthalten 250 g THC. Strafrahmen?Variante: A ist selber abhngig. Strafrahmen?

    28a. (1) Wer vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge ( 28b)bersteigenden Menge erzeugt, einfhrt, ausfhrt oder einem anderen anbietet,berlsst oder verschafft, ist mit Freiheitsstrafe bis zu fnf Jahren zu bestrafen.

    (2) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu bestrafen, wer die Straftatnach Abs. 11.gewerbsmig begeht und schon einmal wegen einer Straftat nach Abs. 1 verurteiltworden ist,2.als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begeht oder3.in Bezug auf Suchtgift in einer das Fnfzehnfache der Grenzmenge bersteigenden Menge

    (groen Menge) begeht.

    (3) Unter den in 27 Abs. 5 genannten Voraussetzungen ist der Tter jedoch im Falldes Abs. 1 nur mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, im Fall des Abs. 2 nur mitFreiheitsstrafe bis zu fnf Jahren zu bestrafen.

    (4) Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fnfzehn Jahren ist zu bestrafen, wer die Straftatnach Abs. 11.als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begeht und schon einmal wegen einer Straftat

    nach Abs. 1 verurteilt worden ist,2.als Mitglied einer Verbindung einer greren Zahl von Menschen zur Begehung solcher

    Straftaten begeht oder3.in Bezug auf Suchtgift in einer das Fnfundzwanzigfache der Grenzmenge bersteigenden

    Menge begeht.

    (5) Mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafeist zu bestrafen, wer eine Straftat nach Abs. 1 begeht und in einer Verbindung einergreren Zahl von Menschen zur Begehung solcher Straftaten fhrend ttig ist.

    Beachte: Bei der Erzeugung von Cannabis, muss dieses abgeerntet werdendamit dieses erzeugt ist (14 Os 94/08t). Zuvor besteht eineVorbereitungshandlung gem 28 SMG und der Strafrahmen ist geringer.

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    5 Grundlagen des sterreichischen Suchtmittelrechts

    Beispiel 6: Bei A werden bei einer Hausdurchsuchung 11 kg Cannabiskraut (Grenzmengesind ca. 400 g bei 5% Reinheit) gefunden, welches bereits abgeerntet ist. A ist selber schwerabhngig. Strafrahmen?Variante: Bei A werden bei einer Hausdurchsuchung 5,5 kg abgeerntetes Cannabiskrautgefunden und 150 Pflanzen, welche einen Ertrag von 5,5 kg abwerfen wrden. A ist selbstschwer abhngig. Strafrahmen?

    2) Ablauf eines Strafverfahrens, Behrden, Zustndigkeiten undBefugnisse

    Die strafbare Handlung wird gesetzt. Es erfolgen Ermittlungen durch die Polizei. In dieserPhase kommt es meist zum Kontakt mit der Polizei. Als Beschuldigter hat man das Rechtnicht auszusagen; dies sollte genutzt werden. Als Opfer kann man sich demStrafverfahren als Privatbeteiligter anschlieen. Mit Beendigung der Ermittlung wird Anzeigebei der Staatsanwaltschaft erstattet. Diese stellt entweder Strafantrag beim Gerichtshof oderBezirksgericht, schlgt Diversion vor - von dieser wird insbesondere bei Suchtmitteldeliktenhufig gem 35 SMG Gebrauch gemacht - oder stellt das Verfahren ein, weil sie der Ansichtist, dass keine strafbare Handlung vorliegt oder die strafbare Handlung nicht beweisbar ist.Stellt die Staatsanwaltschaft einen Strafantrag, wird eine Hauptverhandlung beimGerichtshof oder Bezirksgericht ausgeschrieben. Zu dieser werden der, Zeugen und fallsausgewiesen der Verteidiger geladen. Diese gesamte Prozedur kann von der strafbarenHandlung bis zur Hauptverhandlung bis zu einem Jahr dauern.

    Es gibt 4 verschiedene Arten von Gerichten. Das Konzept beruht darauf, dass je schwererdie Anklage ist, desto mehr Personen das Urteil fllen. Man unterscheidet:

    Bezirksgericht:ein Richter, Strafrahmen bis 1 JahrEinzelrichteram Gerichtshof: ein Richter, Strafrahmen bis 5 JahreSchffengerichtam Gerichtshof: ein Richter, 2 Schffen, Strafrahmen bis zu 15 Jahren,diese Gericht ist bei den schwersten Delikten gem SMG zustndig.Geschworenengericht (Suchtmitteldelikte werden bei den Geschworenen in der Praxis nichtangeklagt) am Gerichtshof: 3 Richter, 8 Geschworene, Strafrahmen 10 Jahre bis zulebenslanger Haft. Hier ist anzumerken, dass die Geschworenen ber die Schuldfrage alleinentscheiden. Es mssen 5 von 8 Geschworenen berzeugt sein, dass der Tter die Tatbegangen hat. ber das Strafma entscheidet der Richter mit den Geschworenengemeinsam. Ob das Geschworenenverfahren in dieser Form in sterreich erhalten bleibt, istmehr als fraglich.

    2.1 Hauptverhandlung

    Zuerst verliest die Staatsanwaltschaft oder Bezirksanwaltschaft den Strafantrag bzw. dieAnklageschrift. Auf diese kann der Verteidiger, falls einer vorhanden ist, replizieren (dieseReplik stellt die Verteidigungslinie dar und sptestens dann ist klar, ob es sich um eineKonsens-oder Konfliktverteidigung handelt).Dann wird der Beschuldigte befragt, ob er sich schuldig oder nicht schuldig bekennt. Er wirdzum Sachverhalt befragt, seine Aussagen werden ihm vorgehalten.Danach wird das Beweisverfahren erffnet, Zeugen werden befragt, Beweismittel vorgelegt,Sachverstndige erstatten Gutachten.Nachdem alles gehrt wurde, schliet der Richter das Beweisverfahren ab. Der Staatsanwalterklrt, dass er den Strafantrag aufrecht hlt und der Verteidiger hlt sein Pldoyer.

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    6 Grundlagen des sterreichischen Suchtmittelrechts

    In diesem wird nochmals dargestellt, welche Beweise gegen die Verurteilung des Mandantensprechenoder falls man sich schuldig bekennt, welche Milderungsgrnde vorliegen(Gestndnis, Schadenswiedergutmachung oder geringer Schaden).

    Der hat das letzte Wort, dann erhebt sich das Gericht und der gesamte Gerichtssaal und derRichter verkndet das Urteil. Nach der Verkndung begrndet das Gericht kurz sein Urteilund erteilt eine Rechtmittelbelehrung. Im Falle eines Schuldspruches besteht die Mglichkeitdie Strafe gem 39 SMG aufschieben zu lassen.

    2.2 Freispruch

    Bei einem Freispruch wird der Beschuldigte von den seitens der Staatsanwaltschafterhobenen Vorwrfen freigesprochen,

    2.3 Schuldspruch

    Bei einem Schuldspruch wird der Beschuldigte fr schuldig befunden, die Tat begangen zuhaben und im Normalfall eine Strafe verkndet. Es besteht die Mglichkeit, gegen das Urteilwegen Nichtigkeit (formale Fehler), Schuld (der Beschuldigte hat die Tat nicht begangen)oder Strafe (die Strafe ist zu hoch oder aus der Sicht der Staatsanwaltschaft zu niedrig) zuberufen. Diese Berufung ist binnen 3 Tagen bei Gericht anzumelden. Aus der Sicht desVerteidigers ist anzumerken, dass die Berufung eine riskante Angelegenheit ist, da dieObergerichte sehr formalistisch sind und bei einer Berufung der Staatsanwaltschaft dieStrafe auch noch erhhen knnen.

    Es gibt verschieden Folgen eines Schuldspruches:Schuldspruch ohne Ausspruch der Strafeinsbesondere bei Jugendlichen; der wird zwarschuldig erkannt, hat aber keine Strafe zu tragen.Geldstrafe, welche sich in Tagesstzen bemisst: Das Jahreseinkommen abzglich des 12-fachen Existenzminimums wird durch 360 dividiert. Dieser Betrag entspricht dann demTagessatz, der Minimalbetrag betrgt 4 Euro, der Maximalbetrag 5000 Euro.Freiheitsstrafe bedingt/unbedingt: Bei schwereren Vergehen oder Verbrechen werdenunbedingte Haftstrafen ausgesprochen. Wenn der Tter mehrfach vorbestraft ist, gibt esmeist Haftstrafen.

    2. 4 Auswirkungen einer Vorstrafe

    Eine Vorstrafe scheint auch in der Strafregisterauskunft auf. Bis zu 3 Monaten Strafeunterliegt diese der beschrnkten Auskunft; dies bedeutet, nur Behrden haben Kenntnisvon der Vorstrafe. Ab 3 Monaten sind diese auch fr einen potentiellen Arbeitgeber, der einLeumundszeugnis verlangt, ersichtlich. Bei einer Verurteilung gem 27 Abs 2 SMGverlngert sich diese Frist auf 6 Monate (gem. 42 SMG). Eine Lschung der Vorstrafen zueinem spteren Zeitpunkt ist nach dem Tilgungsgesetz mglich. Weitere Folgen einerVerurteilung knnen der Verlust der Lenkerberechtigung bzw. des Passes derGewerbeberechtigung oder Amtsverlust sein.

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    7 Grundlagen des sterreichischen Suchtmittelrechts

    Sonderteil: Umgang mit der Polizei(Wer fragt, der fhrt/ Wer schreibt der bleibt/ die 6 magischen Ws)

    Identittsfeststellung

    Die Polizei ist berechtigt gem 35 SPG die Identitt festzustellen. Daher ist es ratsam, einengltigen amtlichen Lichtbildausweis (Pass, Fhrerschein, Personalausweis) mitzufhren.Schlerausweis, e-Card, Jahreskarte oder Bankomatkarte sind keine amtlichenLichtbildausweise.

    Festnahme

    Die Polizei ist berechtigt, ohne Festnahmeanordnung eine Festnahme gem 170 StPO oder 35 VStG auszusprechen, wenn

    1. ein konkreter Tatverdacht vorliegt (Vermutung reicht nicht aus)2. ein Haftgrund vorliegt (Betretung auf frischer Tat, Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr,

    Tatbegehungsgefahr)3. Verhltnismigkeit vorliegt (Festnahme wegen geringfgiger

    Verwaltungsbertretung ist nicht verhltnismig, auch nicht bei festgestellterIdentitt und Suchtmittelkonsum zum Eigengebrauch)

    Im Umgang mit der Polizei immer die Frage stellen: Ist das eine Verhaftung?Wenn man sonst mitgeht, ist dies freiwillig erfolgt, und es besteht keine Mglichkeit, dieRechtswidrigkeit der Verhaftung beim unabhngigen Verwaltungssenat feststellen zu lassenoder einen Einspruch bei Gericht einzubringen. Binnen 48 Stunden ist der Beschuldigte dem

    Gericht zu berstellen. Weiters hat die Polizei dem Beschuldigten eine schriftliche Belehrungauszuhndigen. Eine Durchsuchung setzt eine Festnahme gem 119 Abs 2 Z 1 StPO, 40SPG voraus.Falls eine Festnahmeanordnung vorliegt, welche durch Antrag eines Staatsanwaltes beimHaft und Rechtsschutz Richter genehmigt wurde, ist die Festnahme ebenfalls zulssig. Esbesteht aber auch hier die Mglichkeit einer Beschwerde bei Gericht. DieFestnahmeanordnung muss innerhalb von 24 Stunden berreicht werden. Weiters muss derBeschuldigte ber seine Rechte aufgeklrt werden gem 49 StPO

    1. Was ist der Tatvorwurf?2. Verteidiger kontaktieren Anwaltlichen Journaldienst 0800 376 386 (im Falle von

    Verfahrenshilfe gratis)

    3. Akteneinsicht nehmen4. Nicht aussagen (Die Aussage eines Beschuldigten ist unumkehrbar!)5. Rechtsmittel ergreifen6. Beweisantrge stellen7. bersetzungshilfe verlangen.8. Von 14-21 Jahren eine Vertrauensperson beiziehen.

    In sterreich ist die Aussageverweigerung eines Zeugen gerichtlich nicht strafbar, diesekann daher maximal zu einer Geldstrafe oder Beugestrafe fhren. Diese kann aber nur imGerichtsverfahren verhngt werden, niemals von der Polizei.

    Durchsuchung, Nachschau

    Die Durchsuchung von Rumen ist gem. 119 StPO zulssig, wenn ein begrndeterVerdacht besteht, dass sich dort eine Person befindet, welche einer Straftat verdchtig ist.Die Polizei bentigt gem 120 StPO eine richterliche Genehmigung.

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    8 Grundlagen des sterreichischen Suchtmittelrechts

    Falls die Polizei fragt: Knnen wir reinkommen? und man dies bejaht, ist eine freiwilligeNachschau erfolgt und daher ist kein Rechtsschutz mehr mglich. Besser ist es, nach einerAnordnung der Durchsuchung gem 120 StPO zu fragen.

    Bei Gefahr in Verzug kann die Polizei selbst handeln. Weiters hat die Polizei die Mglichkeit,eine Durchsuchung durchzufhren gem 39 SPG, falls sie davon ausgeht, dass sich dorteine Person befindet, die Tter oder Opfer eines gefhrlichen Angriffs ist, oder sich dort eineSache befindet, die einem gefhrlichen Angriff dient. Von Dokumenten oder Unterlagen,auer Rezepten, geht generell kein gefhrlicher Angriff aus; diese knnen daher ohneDurchsuchungsbefehl auch nicht mitgenommen werden.

    Begriff des gefhrlichen Angriffs gem 16 SPG: Bedrohung eines Rechtsguts (Leben, Gesundheit, Freiheit, Eigentum) vorstzliche, rechtswidrige gerichtlich strafbare Handlung gerichtlich strafbare Handlung oder Versto gegen Verbotsgesetz oder

    Fremdengesetz Versto gegen SMG, allerdings nicht Erwerb oder Konsum eines Suchtmittels zum

    eigenen Gebrauch

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    9 Grundlagen des sterreichischen Suchtmittelrechts

    Einvernahme

    Die erste Einvernahme ist aus der Sicht der Justiz die beste, spter wird das Ergebnis

    nur durch den Verteidiger verwssert.

    Praxistipps:

    Man kann eine Vertrauensperson beiziehen, die Polizei ist aber bei einemErwachsenen ber 21 Jahren nicht verpflichtet, eine Vertrauensperson zuzulassen.

    Rechtsbelehrung genau studieren Text am Computer mitlesen; wenn mglich, sofort unrichtige Angaben beanstanden,

    so werden diese spter vom Beamten nicht mehr durchgestrichen Nicht aussagen um nur wegzukommen, keine Aussage ist besser als eine schlechte. Verteidigerphrase: Gestehen kann man noch immer in der Hauptverhandlung. Eine schriftliche Stellungnahme ist nach Besprechung mit Anwalt oder

    Verfahrenshelfer mglich Protokoll beschreibt primr die Natur des Protokollierenden, nicht die des

    Aussagenden Entschlagungsrecht beachten. Lebensgefhrten, Geschwister, Eltern, Ehegatten

    mssen nicht gegeneinander aussagen, auch bei einem gemeinsamen Kind bestehtein Schweigerecht.

    Umgang mit der Polizei und die 6 magischen Ws

    Praxistipps:

    Ruhe und Distanz bewahren, immer an Rechtsschutzmglichkeiten denken und dieseausschpfen.

    Die Polizei ist im unmittelbaren Konflikt immer in der strkeren Position. Dokumentation ist wichtig, insbesondere durch Aufzeichnungen,

    Gedchtnisprotokolle, Krankenhausberichte, unabhngige Zeugen. Polizei ist nicht immer unbedingt ein Gegner, sondern auch ein Partner. Der Ton macht die Musik. Wer ist verdchtig? Was ist der Tatvorwurf, Tatort, Tatzeit, Tathandlung?

    Welche Rechtshandlung (Festnahme, Einvernahme, Identittsfeststellung) wirdgesetzt aufgrund welcher Rechtsgrundlage (StPO, SPG, VStG)? Warum sollte ich aussagen, wenn ich ein Schweigerechthabe, wenn Druck ausgebt

    wird? Einfach die Frage stellen:Wrden Sie in meiner Situation aussagen? Wo (Unabhngiger Verwaltungssenat, Landespolizeikommando)kann ich mich ber

    Wen (Dienstnummer, Behrde) beschweren? Bei der Einvernahme:

    o Achtung vor Fangfragen (Rauchen Sie immer noch?).o Zuerst das Protokoll LESEN dann unterschreiben. Was einmal festgehalten

    wurde, bekommt man im Prozess nicht mehr weg.o Zuerst die Frage verstehen und erst dann antworten.o Man muss sich nicht selbst belasteno Bei heiklen Verhren, Rechtsbeistand hinzuholen!