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Der Begriff Customer Journey wurde bereits in den 50er-Jahren im Zusammenhang mit dem Point of Sale (POS)-Mar- keting verwendet und für die Konzeption der optimalen Orientierung des Kunden im Ladengeschäft eingesetzt. Mit dem Aufkommen des Internets und des E-Commerce wurde das Konzept auf das World Wide Web übertragen und erweist sich speziell in der Kombination aus Online- und Offline-Touch Points als Herausforderung für das Marketing. Die Customer Journey ist der Prozess, den Kun- den mit einem Unternehmen, seinen Marken und Produkten an den jeweiligen Kommunikations-, In- teraktions- oder Kontaktpunkten (Customer Touch Points) durchlaufen. Dieser Kontakt kann z.B. beim Besuch der Website oder auf Facebook, im Laden- geschäft, beim Sehen einer Anzeige, eines Plakats oder Flyers oder am Telefon, bei der Benutzung des erworbenen Produktes oder bei einer Beschwerde über dasselbe erfolgen. Wie bei vielen Themen im modernen Marketing, ist auch für eine erfolgreiche Kommunikation ent- lang der Customer Journey ein enges Zusammen- wirken zwischen der fachlich verantwortlichen Marketingseite und der für die technische Um- setzung zuständigen IT-Seite notwendig. Daher wollen wir im Folgenden die Sichtweise und den jeweiligen Beitrag dieser beiden Seiten separat betrachten. CUSTOMER JOURNEY – DIE MARKETING SICHTWEISE Die Customer Journey als linearer Prozess oder Zy- klus durchläuft üblicherweise sechs Phasen. Er be- ginnt mit der Awareness (dt. Aufmerksamkeit), die durch einen Impuls zustande kommt. Das können Werbemaßnahmen im On- und Offline-Bereich, aber genauso die Empfehlung eines Bekannten sein. Es folgt die Favorability (dt. Vorteilhaftig- keit), die positive Bewertung der Interaktion. Sie führt zur Consideration (dt. Erwägung) der jewei- ligen Situation und des Angebots und steht für eine aktive Evaluierung. Der Konsument ist ge- neigt, sich mit einem möglichen Angebot ausein- anderzusetzen, so dass als nächstes die Intent to Purchase (dt. Kaufabsicht), also die Phase, in der aktiv erwogen wird, eine Transaktion zu tätigen, eintritt. Im Prozess geht es weiter mit der Conver- sion (dt. Umwandlung), was der Kauf eines Pro- duktes oder die Eingabe einer Adresse sein kann. Der Prozess wird schließlich finalisiert mit der Loyalty (dt. Treue), die z.B. auf einem reibungs- los ablaufenden Kaufprozess und gutem Service beruht. Die Customer Journey wird häufig als Zyklus dar- gestellt, da sie mit dem Kauf nicht endet, sondern weitergeht. Es wird unterschieden zwischen pas- siver Loyalty (die Kunden behalten einen guten Eindruck, können sich aber Marktbegleitern jeder- zeit zuwenden) und aktiver Loyalty, die die Kunden vom Unternehmen so überzeugt, dass ein Wechsel zu Wettbewerbern eher unwahrscheinlich wird. Die Sicht auf diesen Prozess und auf die vielfäl- tigen Interaktionspunkte führt zu einem veränder- ten Marketing. Anstelle herkömmlicher Kampag- nen denken Marketingverantwortliche vermehrt in Customer Journeys. Sie evaluieren die Customer Experience (dt. Kun- denerfahrung) als ganzheitlichen Eindruck vor, während und nach dem Kauf. Hierzu wird die Cus- tomer Journey-Analyse bzw. das Customer Jour- ney-Tracking häufig in Echtzeit eingesetzt. Die Analyse erfasst die Werbebotschaften des Unter- nehmens und überprüft die Wirkung auf die Kun- den in den Business Analytics. Grundsätzlich ist die Customer Journey-Analyse in digitalen Medien einfacher abzubilden, weil jede Aktion, zumindest theoretisch, direkt erfassbar ist. Sie wird durch Entwicklungen, wie z.B. das mobi- le Internet auch immer mehr auf die Interaktions- punkte in der realen Welt übertragen. Anstelle von Reichweitenwerbung erfolgt eine gezielte Steue- rung und Gestaltung der Interaktionspunkte, die es ermöglicht, die Kunden- und Unternehmenserwar- tungen zu harmonisieren und aus einer Customer 64 Expertenwissen » Customer Journey – der rote Faden für die Personalisierung Customer Journey Der rote Faden für die Personalisierung

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Der Begriff Customer Journey wurde bereits in den 50er-Jahren im Zusammenhang mit dem Point of Sale (POS)-Mar-

keting verwendet und für die Konzeption der optimalen Orientierung des Kunden im Ladengeschäft eingesetzt. Mit dem

Aufkommen des Internets und des E-Commerce wurde das Konzept auf das World Wide Web übertragen und erweist

sich speziell in der Kombination aus Online- und Offline-Touch Points als Herausforderung für das Marketing.

Die Customer Journey ist der Prozess, den Kun-den mit einem Unternehmen, seinen Marken und Produkten an den jeweiligen Kommunikations-, In-teraktions- oder Kontaktpunkten (Customer touch Points) durchlaufen. Dieser Kontakt kann z.B. beim Besuch der Website oder auf Facebook, im Laden-geschäft, beim Sehen einer anzeige, eines Plakats oder Flyers oder am telefon, bei der Benutzung des erworbenen Produktes oder bei einer Beschwerde über dasselbe erfolgen.Wie bei vielen themen im modernen Marketing, ist auch für eine erfolgreiche Kommunikation ent-lang der Customer Journey ein enges Zusammen-wirken zwischen der fachlich verantwortlichen Marketingseite und der für die technische Um-setzung zuständigen It-Seite notwendig. Daher wollen wir im Folgenden die Sichtweise und den jeweiligen Beitrag dieser beiden Seiten separat betrachten.

CUSTOmER JOURNEy – DiE maRkETiNg SiCHTwEiSEDie Customer Journey als linearer Prozess oder Zy-klus durchläuft üblicherweise sechs Phasen. Er be-ginnt mit der awareness (dt. aufmerksamkeit), die

durch einen Impuls zustande kommt. Das können Werbemaßnahmen im on- und offline-Bereich, aber genauso die Empfehlung eines Bekannten sein. Es folgt die Favorability (dt. vorteilhaftig-keit), die positive Bewertung der Interaktion. Sie führt zur Consideration (dt. Erwägung) der jewei-ligen Situation und des angebots und steht für eine aktive Evaluierung. Der Konsument ist ge-neigt, sich mit einem möglichen angebot ausein-anderzusetzen, so dass als nächstes die Intent to Purchase (dt. Kaufabsicht), also die Phase, in der aktiv erwogen wird, eine transaktion zu tätigen, eintritt. Im Prozess geht es weiter mit der Conver-sion (dt. Umwandlung), was der Kauf eines Pro-duktes oder die Eingabe einer adresse sein kann. Der Prozess wird schließlich finalisiert mit der Loyalty (dt. treue), die z.B. auf einem reibungs-los ablaufenden Kaufprozess und gutem Service beruht. Die Customer Journey wird häufig als Zyklus dar-gestellt, da sie mit dem Kauf nicht endet, sondern weitergeht. Es wird unterschieden zwischen pas-siver Loyalty (die Kunden behalten einen guten Eindruck, können sich aber Marktbegleitern jeder-zeit zuwenden) und aktiver Loyalty, die die Kunden

vom Unternehmen so überzeugt, dass ein Wechsel zu Wettbewerbern eher unwahrscheinlich wird.Die Sicht auf diesen Prozess und auf die vielfäl-tigen Interaktionspunkte führt zu einem veränder-ten Marketing. anstelle herkömmlicher Kampag-nen denken Marketingverantwortliche vermehrt in Customer Journeys. Sie evaluieren die Customer Experience (dt. Kun-denerfahrung) als ganzheitlichen Eindruck vor, während und nach dem Kauf. Hierzu wird die Cus-tomer Journey-analyse bzw. das Customer Jour-ney-tracking häufig in Echtzeit eingesetzt. Die analyse erfasst die Werbebotschaften des Unter-nehmens und überprüft die Wirkung auf die Kun-den in den Business analytics.Grundsätzlich ist die Customer Journey-analyse in digitalen Medien einfacher abzubilden, weil jede aktion, zumindest theoretisch, direkt erfassbar ist. Sie wird durch Entwicklungen, wie z.B. das mobi-le Internet auch immer mehr auf die Interaktions-punkte in der realen Welt übertragen. anstelle von Reichweitenwerbung erfolgt eine gezielte Steue-rung und Gestaltung der Interaktionspunkte, die es ermöglicht, die Kunden- und Unternehmenserwar-tungen zu harmonisieren und aus einer Customer

64 Expertenwissen » Customer Journey – der rote faden für die Personalisierung

Customer JourneyDer rote Faden für die Personalisierung

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Journey eine Customer Decision Journey zu ma-chen. Dabei gibt es zwei wesentliche vorausset-zungen für ein erfolgreiches Begleiten des Kun-den entlang seiner Customer Journey: Zum einen muss dieser an allen Kontaktpunkten wiederer-kannt werden, um bei der weiteren Kommunika-tion seine bisherigen Interaktionen berücksichti-gen zu können. Zum anderen muss man dem Kunden dort Con-tent anbieten, der für ihn in seiner aktuellen Situa- tion eine möglichst hohe Relevanz hat, also so-wohl zu seinen Interessen als auch zu seinen bis-herigen Stationen auf seiner Customer Journey passt. Während letzteres insbesondere das Mar-keting fordert, sind für das Wiedererkennen eines Kunden meist technische Lösungen notwendig.

CUSTOmER JOURNEy – DiE SiCHTwEiSE DER iTDer Beitrag der It zum thema Customer Journey besteht vor allem darin, die nötigen Systeme für die analyse des Kundenverhaltens bereitzustel-len. Die Herausforderungen sind zum einen, im Idealfall an allen touch Points Daten hierüber zu sammeln, und zum anderen, den Kunden an allen touch Points zu identifizieren.Im online Marketing ist dies über Web analytics recht leicht möglich. Bereits die verbreiteten tracking-Lösungen wie Google analytics, ado-be analytics oder etracker bieten tools, um die Customer Journey darzustellen sowie Conversi-ons bzw. den Sales Funnel zu analysieren. auch hier ist es nicht immer einfach, den Kunden über mehrere touch Points hinweg zu identifizieren, z.B. wenn er verschiedene Endgeräte nutzt. Dabei ist es hilfreich, wenn der Kunde sich für den Zugriff auf die eigenen online-angebote re-gistrieren und einloggen muss. So kann seine Cus-tomer Journey über verschiedene Geräte hinweg beobachtet werden, da er sich jeweils dort neu einloggt. Dabei werden in der Regel auf den Endgeräten Cookies abgelegt und einem Kundenprofil zuge-ordnet. anhand dieser Cookies kann der Kunde

auch auf Seiten erkannt werden, für die er sich nicht einloggen muss.Deutlich schwieriger ist es, auch offline touch Points zu analysieren. Dort können Daten vor al-lem durch Kassensysteme gesammelt werden, wobei sich der Kunde z.B. durch eine Kundenkar-te oder Coupons identifiziert. Ein neuer Gedanke ist, den stationären Handel mit lokalen touch Points auszustatten, die den Kun-den identifizieren, indem sie eine Interaktion mit dem Mobilgerät des Kunden erlauben, z.B. über kostenloses WLan, Bluetooth (iBeacon) oder nFC (near Field Communication). Ein weiterer ansatz ist die Identifikation des Kun-den über Location Based Services, sei es über apps oder im Rahmen sozialer netzwerke, wie z.B. Facebook, Google+ oder Foursquare, die orts-basierte Meldungen ermöglichen, die dann aus-gewertet werden können.Ein vom Marketing gelegentlich übersehener touch Point ist das Servicezentrum, sei es in Form eines Callcenters oder einer Self-Service-Plattform. Hier gibt es die tendenz, die bisher häu-fig nur an die Kundenstammdaten angebundenen Softwarelösungen mit weiteren Informationen aus der Customer Journey anzureichern, um den Kunden optimal zu unterstützen.Wo auch immer die Daten gesammelt werden, müssen sie für die analyse der Customer Journey in einer Datenbank, einem Data Warehouse oder einer Data Management-Platform zusammenge-führt werden. außerdem muss gewährleistet sein, dass der Kunde über alle touch Points identifiziert werden kann. Dazu ist in der Regel eine zentrale Datenbank not-wendig, in der für jeden Kunden die so genann-ten Identifier der unterschiedlichen touch Points (Kundennummern, tracking Cookies, Benutzer- namen im Social Web, E-Mail-adressen usw.) konsolidiert werden. Das alles muss natürlich unter Beachtung der ge-setzlichen vorgaben zum Datenschutz sowie der E-Privacy-Richtlinie der EU erfolgen (in Deutsch-land durch das telemediengesetz umgesetzt).

ERfOlg DURCH ENgE ZU SammENaRBEiT VON maRkETiNg UND iTnun ist es mit der Bereitstellung von Systemen für Marketing analytics durch die It allein noch nicht getan. Das Marketing muss mit Hilfe der It auch lernen, diese zu nutzen und aus den analy-sen entsprechende Schlüsse zu ziehen. Dies gilt sowohl für die analyse des Kundenverhaltens und die ableitung der Kundenbedürfnisse als auch für die Entwicklung und optimierung des für die Kun-den jeweils relevanten Contents.Insgesamt erfordert also ein für den Kunden rele-vantes und personalisiertes angebot entlang sei-ner Customer Journey eine enge Zusammenarbeit zwischen Marketing und It. Dazu müssen sich in vielen Unternehmen meist beide Seiten fachlich und prozessual weiterentwickeln: Das Marketing braucht mehr verständnis für technologie und die auswertung von Daten, die It muss sich an die deutlich kürzeren Entwicklungszyklen und schnel-len Reaktionszeiten gewöhnen, die für ein erfolg-reiches Marketing nötig sind.

faZiTDie Erfolgsfaktoren für eine optimale Begleitung des Kunden entlang der Customer Journey sind: � Erkennen des Kunden an möglichst vielen touch Points

� analyse des Kundenverhaltens an diesen touch Points

� Prognose des für ihn als nächstes relevanten Contents anhand seines bisherigen verhaltens und weiterer Informationen (Kaufhistorie, de-mografische Daten, etc.)

� verfügbarkeit eines großen Pools an rele-vantem Content für die unterschiedlichsten Situationen

� Bereitstellung des für den Kunden in seiner speziellen Situation relevanten Contents an seinem nächsten touch Point

Erst die – idealerweise in Echtzeit durchgeführ-te – verknüpfung dieser Faktoren ermöglicht eine optimale Personalisierung der Kundenkommuni-kation. rst

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Personalisierte Kommunikation entlang der Customer Jour-

ney ist das Ziel modernen Marketings. Dafür sind eine Rei-

he von Komponenten wichtig: Man braucht umfangreiche

Kundendaten, um die Bedürfnisse der Kunden zu erkennen.

Man benötigt außerdem Content, der zu diesen Bedürfnis-

sen passt. Schließlich ist ein Mechanismus notwendig, der

dem einzelnen Kunden den für ihn relevanten Content an

den touchpoints der Customer Journey anbietet. Um die

Kundendaten weiter anzureichern und den Content kon-

tinuierlich zu verbessern, ist außerdem eine analyse des

Kundenverhaltens und des Contents (ggf. über a/B testing)

unverzichtbar.

DER aUTORDr. Rene Steiner 2014 gründete der promovierte Physi-

ker die erste auf den Einsatz von tech-

nologie im Marketing spezialisierte

Unternehmensberatung Deutschlands, Dr. StEInER & CaRRE-

tERo. (www.drs-c.de) Seine Erfahrungen an der Schnittstel-

le zwischen Marketing und It sind auch intensiv in das Buch

„Marketing – It / It – Marketing – Eine verständigungshilfe“

eingeflossen, in dem er als Co-autor für die It-Seite verant-

wortlich war.