Das Welterbe in Deutschland - die Altstädte

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Deutschland ist ein Land voller Kulturdenkmäler und einmaliger Natur- landschaften. Das zeigt sich in den über 30 Stätten, die bereits zum UNESCO-Weltkultur- oder Weltnaturerbe erklärt wurden. Trend & Tradi- tion stellt sie in den nächsten Ausgaben vor – diesmal die sieben Alt- städte in Bamberg, Goslar, Lübeck, Quedlinburg, Regensburg, Stralsund und Wismar. Das Welterbe in Deutschland – die Altstädte reiseziele Regensburg: Die Steinerne Brücke und die beiden Türme von St. Peter sind nur zwei von zahlreichen mittelalter- lichen Bauwerken in der Altstadt D ie historischen Stadtkerne in Deutsch- land sind heute noch in einer Vielzahl mittelgroßer Städte weitgehend erhal- ten geblieben. Die Großstädte, die im Verlauf des Zweiten Weltkrieges zum Ziel der alli- ierten Bomberflotten wurden, haben dagegen ihre Altstädte entweder nur zum Teil wieder er- richten können oder unwiederbringlich verloren. In Köln und Dresden, zwei besonders arg getrof- fenen Städten, sind die Spuren der Zerstörung bis heute unübersehbar. Das liegt vor allem an den vielen, architektonisch eher schlichten Bauten der Nachkriegszeit. Gerade deshalb hatte der durch weltweite Spenden ermöglichte Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden einen so großen Sym- bolcharakter für den Frieden und die Versöhnung in Europa. Die ältesten Städte in Deutschland gehen auf die Römerzeit zurück, wie etwa Trier, Augsburg, Bonn und Regensburg. Nach dem Ende des Römi- 14 | Trend & Tradition

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Deutschland ist ein Land voller Kulturdenkmäler und einmaliger Natur-landschaften. Das zeigt sich in den über 30 Stätten, die bereits zumUNESCO-Weltkultur- oder Weltnaturerbe erklärt wurden. Trend & Tradi-tion stellt sie in den nächsten Ausgaben vor – diesmal die sieben Alt-städte in Bamberg, Goslar, Lübeck, Quedlinburg, Regensburg, Stralsundund Wismar.

Das Welterbe in Deutschland– die Altstädtereiseziele

Regensburg: Die Steinerne Brücke unddie beiden Türme von St. Peter sindnur zwei von zahlreichen mittelalter-lichen Bauwerken in der Altstadt

Die historischen Stadtkerne in Deutsch-land sind heute noch in einer Vielzahlmittelgroßer Städte weitgehend erhal-ten geblieben. Die Großstädte, die im

Verlauf des Zweiten Weltkrieges zum Ziel der alli-ierten Bomberflotten wurden, haben dagegenihre Altstädte entweder nur zum Teil wieder er-richten können oder unwiederbringlich verloren.In Köln und Dresden, zwei besonders arg getrof-fenen Städten, sind die Spuren der Zerstörung bis

heute unübersehbar. Das liegt vor allem an denvielen, architektonisch eher schlichten Bauten derNachkriegszeit. Gerade deshalb hatte der durchweltweite Spenden ermöglichte Wiederaufbauder Frauenkirche in Dresden einen so großen Sym-bolcharakter für den Frieden und die Versöhnungin Europa.Die ältesten Städte in Deutschland gehen auf

die Römerzeit zurück, wie etwa Trier, Augsburg,Bonn und Regensburg. Nach dem Ende des Römi-

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schen Imperiums und der Zeit der Völkerwanderung kames erst unter den Karolingern ab dem 8. Jahrhundert sowieden Ottonen ab dem 10. Jahrhundert zur Gründung vonStädten in Deutschland. Diese entstanden oft in der Nähevon Bischofssitzen oder Pfalzen, also Stützpunkten für diereisenden Könige, wie etwa Goslar. Erst der im 12. Jahrhun-dert einsetzende wirtschaftliche Aufschwung, der fast 250Jahre anhielt, sowie die weitgehende Befriedung Mittel-europas sorgten für die Gründung zahlreicher Städte inDeutschland, wie etwa Lübeck (1143) und Leipzig (1165).Diese Städte wuchsen im Laufe der Zeit zu Zentren mit

einer wechselvollen politischenund wirtschaftlichen Geschichte.Einige von ihnen konnten dabei ihrhistorisches Gesicht bewahrenund gehören heute zum Weltkul-turerbe.

Bamberg – größter unversehrterhistorischer StadtkernDer deutsche König und spätereKaiser Heinrich II. (973-1024) ver-folgte den Plan, das ihm am Her-zen gelegene Bamberg zu seinerweltlichen Hauptstadt zu machenund so einen politischen Gegenpolzu Rom zu schaffen. Im Jahr 1007gründete er auf dem heutigenDomberg das Bistum Bamberg,das er mit reichen Schenkungenausstattete. Der Dom St. Peter und

St. Georg – in dem mit Clemens II. der einzige Papst nörd-lich der Alpen seine letzte Ruhestätte fand – beherrschtmit seinen vier Türmen noch heute die Bamberger Altstadt.Anlässlich der Weihe des ersten Domes an dieser Stellewird in Bamberg 2012 die 1000-Jahr-Feier des Domes be-gangen.Die Altstadt von Bamberg, die auf

einer Insel zwischen zwei Armen derRegnitz liegt, kann sich des größten un-versehrt erhaltenen historischen Stadt-kerns in Deutschland rühmen. Die AlteHofhaltung, die Neue Residenz sowiezahlreiche Kirchen und ehemalige Klös-ter prägen ihre Silhouette, darunter dieKlosteranlage St. Michael oder auch diegotische Obere Pfarrkirche. Das Wahr-zeichen der Stadt, das inmitten der Reg-nitz stehende Alte Rathaus, bildet dieGrenze zwischen geistlicher Berg- und

bürgerlicher Talstadt. Die bürgerliche Bebauung wird durchFachwerk und Barockbauten bestimmt, wie etwa die ehe-malige Fischersiedlung „Klein Venedig“.

Goslar – Altstadt, Bergwerk und WasserregalMit seinem Reichtum von fast 30 Millionen Tonnen Erz hatder Rammelsberg die Geschichte und Entwicklung derStadt Goslar geprägt. Der Reichtum an Silber- und vorallem Kupfererz war Anfang des 11. Jahrhunderts Ursachefür die Gründung der Pfalz durch Kaiser Heinrich II., derdort 1009 die erste Reichsversammlung in Goslar abhielt.Goslar war Residenzstadt deutscher Könige und Kaiser bis1253. Durch den Metallhandel hatte die Stadt später einebedeutende Stellung innerhalb der Hanse. Das Oval des Altstadtkerns von Goslar wurde auf engs-

tem Raum von einem Quadratkilometer angelegt. Dermächtige Pfalzbau wurde im romanischen Stil errichtet.Sie war über Jahrhunderte hin die größte und sicherstePfalzanlage sächsischer und salischer Kaiser. Goslar wurdeein Zentrum des christlichen Glaubens, das „nordischeRom“. Die Türme der 47 Kirchen und Kapellen bestimmennoch heute die einzigartige Silhouette der Stadt. Das ge-schlossen erhaltene Stadtbild wird durch die Gildehäuser,

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Die Kaiserpfalz in Goslar – hier residierten Kaiser und Könige auf ihren Reisen durch das Reich

Der Bamberger Reiter – eine be-rühmte Steinskulptur aus derStauferzeit am Bamberger Dom

Die ehemalige Fischersiedlung „Klein Venedig“ am Regnitzufer in Bamberg

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das historische Rathaus und eine große Zahl an Bürger-häusern mit kunstvoll beschnitztem Fachwerk geprägt.Das 1988 stillgelegte Erzbergwerk Rammelsberg bei Goslar,das als einziges Bergwerk der Welt kontinuierlich über1000 Jahre in Betrieb gewesen ist, wurde 1992 zusammenmit der mittelalterlichen Altstadt Goslars und ihrer Kai-serpfalz in die Welterbeliste der UNESCO eingetragen. 2010wurde die Welterbestätte um das südwestlich von Goslargelegene Oberharzer Wasserregal erweitert, das als einesder weltweit größten vorindustriellen Energieversor-gungssysteme gilt.

Lübeck – die Hansestadt an der TraveMit dem mittelalterlichen Stadtkern der Hansestadt Lü-beck wurde 1987 erstmals in Nordeuropa eine ganze Alt-stadt von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt.Lübeck ist ein hervorragendes Beispiel für eine typischeHansestadt im Ostseeraum. Die Stadt wurde 1143 gegrün-det und 1159 unter Heinrich dem Löwen in den bis heutefortwirkenden Grundlinien angelegt. Die früh ausgeprägtewirtschaftliche und gesellschaftliche Differenzierung in-nerhalb des Stadtgefüges – im Westen die Kontor- undWohnhäuser der wohlhabenden Kaufleute, im Osten dasKleingewerbe und die Handwerker – ist noch heute erleb-bar. Besonders deutlich wird sie in der Anordnung der„Gangbuden“, Werkstätten auf dem rückwärtigen Grund-stück der Kaufmannshäuser, zu denen ein enges Netz von„Gängen“ führt.Der von der UNESCO geschützte Bereich bezieht die

wichtigsten Bauwerke Lübecks ein: den Baukomplex desRathauses, das Burgkloster, den Koberg – ein vollständigerhaltenes Viertel des späten 13. Jahrhunderts – mit Ja-

kobskirche, Heiligengeist-Spital und den Baublöcken zwi-schen Glockengießer- und Aegidienstraße, das Viertel derPatrizierhäuser des 15. und 16. Jahrhunderts zwischen Pe-trikirche und Dom, das Holstentor und die Salzspeicher amlinken Traveufer.

Quedlinburg – jahrhundertealte FachwerkhäuserQuedlinburg, in der Nähe des Brockens auf der östlichenSeite des Harzes gelegen, bietet ein außergewöhnlichesBeispiel für eine mittelalterliche Stadt, die aus einem Burg-dorf und mehreren Ansiedlungen entstanden ist. Altstadtund Neustadt verschmolzen 1330 zu einer Doppelge-meinde mit gemeinsamer Stadtmauer. Dieses zusam-menhängende städtische Gefüge mit vier alten Pfarreienund den alten Fachwerkhäusern bestimmen den Charakterdes Ortes. Vom Schlossberg aus schaut man auf ein schiefverwinkeltes Spitzgiebel- und Türmchengewirr. Mit seinenrund 1300 Fachwerkhäusern aus sechs Jahrhunderten undeiner Reihe von Jugendstilbauten gilt Quedlinburg alseines der größten Flächendenkmäler Deutschlands. Kurzvor dem Fall der Mauer verhinderte der Widerstand derQuedlinburger großräumig geplante Abrisse im Nordteilder Altstadt. Nach der Wende wurden mithilfe von Förder-programmen Fachwerkhäuser repariert und modernisiert.Als architektonisches Meisterwerk der Romanik erachtet

die UNESCO, die die Quedlinburger Altstadt 1994 in dieWelterbeliste aufnahm, die Stiftskirche St. Servatii. Sie istein sichtbares Zeugnis der sächsisch-ottonischen Dynas-tie. In ihrem Gründungsbau wurden König Heinrich I. (936)und später auch seine Frau Mathilde (968) beigesetzt.Neben Aachen und Halberstadt beherbergt sie den wert-vollsten Kirchenschatz des Mittelalters.

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Lübeck: Das im Winkel stehende, historische Rathaus neben der Marien-kirche kündet vom Stolz der hanseatischen Kaufleute auf ihre Stadt

Das Quedlinburger Schloss (oben) mit der romanischen Stiftskirchethront über der Altstadt. Rechts: Das Rathaus von Stralsund

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Regensburg – mittelalterliche GroßstadtDie vorzügliche Lage an kontinentalen Verkehrssträngenmachte Regensburg, dessen Geschichte mit einem Rö-merkastell begann, schon im 8. Jahrhundert zu einemwichtigen Treffpunkt der Großen des karolingischen Reichs.Später wurde Regensburg für Jahrhunderte zu einem derpolitischen Versammlungsorte des Heiligen RömischenReichs Deutscher Nation. Mit dem Immerwährenden

Reichstag in Regensburg (1663-1806)bildete sich ein politisches Instru-ment heraus, das als einziges nebendem Kaiser selbst das Heilige Römi-sche Reich in seiner Gesamtheit re-präsentierte. In dem hervorragenderhaltenen Reichstagskomplex lassensich die politischen und transnatio-nalen Strukturen dieser Epochenachvollziehen.Die Altstadt von Regensburg

hat den Umfang bewahrt, densie um 1320 angenommenhatte. Die Patrizierfamilien Re-gensburgs manifestierten dortihren Reichtum in den bis heuteerhaltenen prächtigen, durchGeschlechtertürme ausgezeich-neten Handelshäusern des 11.bis 14. Jahrhunderts. Die Patri-

zier stifteten außerdem gewaltige Kirchenbauten. Soist der Regensburger Dom das einzige Beispiel fran-zösischer Kathedralgotik östlich des Rheins, sein Be-stand an mittelalterlicher Glasmalerei ist einzigartigin Deutschland. Als überragende Ingenieurleistungaus dem 12. Jahrhundert gilt die Steinerne Brückeüber die Donau, die die Altstadt mit dem Stadtteil

Stadtamhof verbindet. Beide wurden gemeinsam2006 in die Welterbeliste aufgenommen.

Stralsund und Wismar – Perlen an der OstseeDie Altstädte von Stralsund und Wismar – seit 2002Teil des Welterbes – repräsentieren idealtypisch dieentwickelte Hansestadt während der Blütezeit desStädtebundes im 14. Jahrhundert. Die historischenStadtkerne haben ihren mittelalterlichen Grund-riss nahezu unverändert bewahrt und zeigen diepolitische Bedeutung und den außerordentlichenReichtum der Ostseestädte im Mittelalter. Wismar

ist die einzige in dieser Größe und Geschlossenheit erhal-tene Hansestadt im südlichen Ostseeraum. Das alte Hafen-becken vermittelt ein authentisches Bild von demeigentlichen Rückgrat der Seehandelsstadt. Stralsunds ein-malige Insellage zwischen dem Strelasund und den im 13.Jahrhundert aufgestauten Teichen betont den mittelalter-lich geprägten Stadtkörper. So war Stralsund neben Lübeckdie bedeutendste Stadt im gesamten Ostseeraum undwurde 1370 als Ort für die Friedensverhandlungen mit Dä-nemark (Stralsunder Friede) ausgewählt. Von dieser Zeit zeu-gen die aufwändig gestalteten Kaufmannshäuser und dashistorische Rathaus. Im 17. und 18. Jahrhundert standen Stral-sund und Wismar unter schwedischer Herrschaft. Aus die-ser Zeit stammen einige herausragende Barockbauten wiedas Zeughaus in Wismar oder das Schwedische Regie-rungspalais in Stralsund. Christoph Neuschäffer

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Die Welterbelisteder UNESCOIn Deutschland gibt es 36 Denkmäler,die auf der Welterbeliste der UNESCOverzeichnet sind. Sie stehen damit unterdem Schutz der Internationalen Konvention für das Kultur- und Naturerbe derMenschheit. Die 1972 von der UNESCO verabschiedete Konvention ist das in-ternational bedeutendste Instrument, um Kultur- und Naturstätten, die einenaußergewöhnlichen universellen Wert besitzen, zu erhalten. Denkmäler wer-den nur dann in die Liste des Welterbes aufgenommen, wenn sie die in derKonvention festgelegten Kriterien der „Einzigartigkeit“ und der „Authentizi-tät“ (bei Kulturstätten) bzw. der „Integrität“ (bei Naturstätten) erfüllen. Ringhotels in der Nähe von Welterbestätten finden Sie auf unserer Deutsch-landkarte, die unter www.ringhotels.de/prospektbestellung kostenlos ange-fordert werden kann.

Der Hafen von Wismar (links) – die Ostseestadt verdankteihren Aufstieg der Mitgliedschaft in der Hanse

Prächtig geschmückte Fassade inder Regensburger Altstadt