Das Welterbe in Deutschland - Kirchen und Klöster

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Die Wallfahrtskirche „Die Wies“ in Steingaden gilt als die wohl vollkom- menste Rokoko-Kirche der Welt. 36 | Trend & Tradition Deutschland ist ein Land voller Kulturdenkmäler und einmaliger Naturlandschaften. Das zeigt sich in den über 30 Stätten, die bereits zum UNESCO-Weltkultur- oder Weltnaturerbe erklärt wurden. Trend & Tradition stellt sie in den nächsten Ausgaben vor – diesmal die Kirchen in Steingaden und Wittenberg sowie die Klöster in Lorsch, Maulbronn und auf der Insel Reichenau. Wundervolles Welterbe – Kirchen und Klöster reiseziele W under gibt es immer wieder“ – mit diesem Lied trat Katja Ebstein 1970 beim Eurovision Song Contest in Amsterdam an. Wer sich der Wallfahrtskirche zum Gegeißelten Heiland auf der Wies im oberbayerischen Steingaden nähert, könnte sich leicht an diesen Schlager erinnern, denn es grenzt an ein Wunder, in einer so einsamen Gegend ganz unvermutet auf eine so ungewöhnlich prachtvolle Kirche zu stoßen. Und mit einem Wunder hat die Errichtung der gemeinhin als „Die Wies“ bekannten Kirche ja auch zu tun: Ihr Bau geht auf eine Wallfahrt zurück, in deren Mittel- punkt eine 1730 im Kloster Steingaden geschaffene Statue stand. Sie zeigte den von römischen Soldaten gegeißelten Jesus Christus und wurde zunächst bei der Karfreitags-Pro- zession des Klosters mitgetragen. Die Statue erregte je- doch so sehr das Mitleid der Gläubigen, dass sie nach 1734 nicht mehr verwendet wurde und in den Privatbesitz eines Bauern gelangte. Am 14. Juni 1738 bemerkte die Bäuerin Maria Lory in den Augen der Figur einige Tropfen, die sie für Tränen hielt, und berichtete aufgeregt dem Abt in Stein-

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Die Wallfahrtskirche „Die Wies“ in Steingadengilt als die wohl vollkom-menste Rokoko-Kircheder Welt.

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Deutschland ist ein Land voller Kulturdenkmäler und einmaligerNaturlandschaften. Das zeigt sich in den über 30 Stätten, diebereits zum UNESCO-Weltkultur- oder Weltnaturerbe erklärtwurden. Trend & Tradition stellt sie in den nächsten Ausgabenvor – diesmal die Kirchen in Steingaden und Wittenberg sowiedie Klöster in Lorsch, Maulbronn und auf der Insel Reichenau.

Wundervolles Welterbe – Kirchen und Klöster

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Wunder gibt es immer wieder“ – mit diesemLied trat Katja Ebstein 1970 beim EurovisionSong Contest in Amsterdam an. Wer sich derWallfahrtskirche zum Gegeißelten Heiland

auf der Wies im oberbayerischen Steingaden nähert,könnte sich leicht an diesen Schlager erinnern, denn esgrenzt an ein Wunder, in einer so einsamen Gegend ganzunvermutet auf eine so ungewöhnlich prachtvolle Kirchezu stoßen. Und mit einem Wunder hat die Errichtung dergemeinhin als „Die Wies“ bekannten Kirche ja auch zu tun:

Ihr Bau geht auf eine Wallfahrt zurück, in deren Mittel-punkt eine 1730 im Kloster Steingaden geschaffene Statuestand. Sie zeigte den von römischen Soldaten gegeißeltenJesus Christus und wurde zunächst bei der Karfreitags-Pro-zession des Klosters mitgetragen. Die Statue erregte je-doch so sehr das Mitleid der Gläubigen, dass sie nach 1734nicht mehr verwendet wurde und in den Privatbesitz einesBauern gelangte. Am 14. Juni 1738 bemerkte die BäuerinMaria Lory in den Augen der Figur einige Tropfen, die siefür Tränen hielt, und berichtete aufgeregt dem Abt in Stein-

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gaden davon. Eine kirchliche Untersuchung brachte zwarkeine endgültige Klärung der wundersamen Vorgänge,doch schon ein Jahr später lockte das Bildnis des Heilandsdie ersten Wallfahrer an, für die eine kleine Feldkapelle er-richtet wurde. 1744 wurde die Erlaubnis eingeholt, in derKapelle die Messe zu lesen, womit die Wallfahrten den of-fiziellen Segen der Kirche erhielten. Damit wurde Steinga-den zum Ziel zahlreicher Wallfahrer und der Bau einergrößeren Kirche notwendig.Die Bauarbeiten zur Wallfahrtskirche auf der Wies, die

1983 in die Welterbeliste aufgenommen wurde, begannen1745 unter Leitung des berühmten Architekten DominikusZimmermann und dauerten neun Jahre. Seine verschwen-derischen Stuckverzierungen und die präch-tigen Deckengemälde seines Bruders JohannBaptist Zimmermann, Hofmaler des bayeri-schen Kurfürsten, ziehen die Besucher nochheute in ihren Bann. „Die Wies“ kann vomRinghotel Parkhotel am Soier See in Bad Bay-ersoien, vom Ringhotel Landhotel Böld inOberammergau sowie vom Ringhotel Land-hotel Gockelwirt in Pfronten/Eisenberg inkurzer Fahrzeit erreicht werden.

Lutherstädte Eisleben und WittenbergEin wundervolles Zeugnis menschlicherSchaffenskraft ist auch der Petersdom inRom. Doch zu seiner Finanzierung bedientesich die katholische Kirche zu Beginn des 16.Jahrhunderts eines weniger wundervollenMittels, des Ablasshandels. Mit sogenann-ten Ablassbriefen rief die Kirche die Men-schen dazu auf, sich von ihren Sündenfreizukaufen. Dies und der weitverbreiteteÄmterkauf innerhalb der Kirche waren zwei

von zahlreichen Missständen, die Martin Lu-ther zum Reformator werden ließen. Der 1483in Eisleben geborene und 1546 dort auch ge-storbene Luther kämpfte als Theologiepro-fessor in Wittenberg vehement gegen denAblasshandel. Sein Protest gipfelte in den be-rühmten 95 Thesen, die er am 31. Oktober 1517an das Kirchenportal der Schlosskirche zuWittenberg schlug und in denen er die Re-form der Kirche einforderte. Die Städte Eisle-ben und Wittenberg, deren Gedenkstätten anden Reformator 1996 in die Welterbeliste ein-getragen wurden, führen daher beide seit

über 60 Jahren den Beinamen „Lutherstadt“.In Eisleben, das gut vom Ringhotel Schloß Schkopau er-

reicht werden kann, stehen das Geburtshaus und das Ster-behaus für die Eckdaten von Luthers Leben. Die beidenHäuser veranschaulichen nicht nur das Wirken Luthers,sondern bieten auch einen guten Einblick in dessen bür-gerliche Lebensweise. In Wittenberg steht noch heute dasLutherhaus, das ursprünglich als Augustiner-Kloster ab1504 erbaut wurde. Es war über 35 Jahre die Hauptwir-kungsstätte Martin Luthers, der dort seit seiner Ankunft inWittenberg im Herbst 1508 lebte. Dort hielt er Vorlesun-gen vor Studenten aus ganz Europa und verfasste Schrif-ten, die die Welt veränderten. Seit 1883 ist das Lutherhaus

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Wittenberg: An das Portal der Schlosskirche (li.) schlug Martin Luther 1517 seine berühmten 95 Thesen, in denen er die Kirche zur Reform aufrief. In der Stadtkirche mit ihren zwei Türmenwar er über 30 Jahre als Prediger tätig.

Die prächtige Orgel über dem Eingang der Wieskirche hat42 Register und wurde bereits mehrfach renoviert.

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als Museum für Besucher geöffnet und heute das größtereformationsgeschichtliche Museum der Welt. In der klei-nen Stadt an der Elbe, die von dem nahe gelegenen Ring-hotel Zum Stein in Oranienbaum-Wörlitz besucht werdenkann, lohnen auch die Stadtkirche, in der Luther über 30

Jahre predigte, und die Schlosskirche, an deren Por-tal er seine berühmten Thesen schlug und in dersich sein Grab befindet, unbedingt einen Besuch.

Kloster LorschDas Leben im Kloster steht praktisch als Gegen-bild zur hektischen und von ständiger Erreichbar-keit geprägten modernen Lebensweise. Einerseitswird der Mönch um die Ruhe und den Bewusst-seinszustand beneidet, die ein stark reglemen-tierter Alltag mit zahlreichen Gebetsstunden mitsich bringt, andererseits für die Abgeschiedenheitund Gleichförmigkeit des Tagesablaufs belächelt.Dabei haben Klöster einmal eine bedeutende kul-turelle Rolle gespielt: Sie waren Kommunikations-zentren in einer Zeit, in der nur wenige MenschenLesen und Schreiben und Nachrichten nur perBoten übermittelt werden konnten.Mit diesem Gedanken im Hintergrund steht

man umso erstaunter vor der berühmten Torhallein der kleinen, zwischen Worms und Darmstadtgelegenen Ortschaft Lorsch, die an die vergangeneGröße der einst mächtigen Klosteranlage erinnert.Die Anlage, die gut vom Ringhotel Siegfriedbrun-

nen in Grasellenbach, vom Ringhotel Das Lamm in Heidel-berg sowie vom Ringhotel Winzerhof in Rauenbergerreicht werden kann, ist eines der ganz wenigen Denk-mäler aus der Zeit der Karolinger, das über die Jahrhun-derte hinweg sein ursprüngliches Aussehen bewahrt hat.

Die Abtei Lorsch wurde während der Regie-rungszeit des fränkischen Königs Pippin desJüngeren (714-768, König ab 751) gegründetund erreichte ihre Blütezeit, als es nach demTod Ludwig des Deutschen (808-876, ost-fränkischer König ab 840) der Begräbnisplatzder Könige des Ostfränkischen Reicheswurde, aus dem später das Deutsche Reichentstand.Im 10. Jahrhundert immer noch wohlha-

bend, wurde das Kloster 1090 durch einenBrand verwüstet und im 12. Jahrhundert wie-der aufgebaut. In der Reformationszeit er-losch das klösterliche Leben und dieGebäude zerfielen. Nur die Torhalle, ein Teilder romanischen Kirche und die Reste desmittelalterlichen Klosters sind noch inner-halb der Ringmauern zu sehen. Die LorscherDenkmäler gehören heute zu den bedeu-tendsten Relikten vorromanischer Baukunstin Deutschland und wurden deshalb zu-sammen mit den archäologischen Überres-

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Die Welterbelisteder UNESCOIn Deutschland gibt es 38 Denk-mäler, die auf der Welterbeliste derUNESCO verzeichnet sind. Sie ste-hen damit unter dem Schutz derInternationalen Konvention für dasKultur- und Naturerbe der Menschheit. Die 1972 von der UNESCO verabschie-dete Konvention ist das international bedeutendste Instrument, um Kultur-und Naturstätten, die einen außergewöhnlichen universellen Wert besitzen,zu erhalten. Denkmäler werden nur dann in die Liste des Welterbes aufge-nommen, wenn sie die in der Konvention festgelegten Kriterien der „Einzig-artigkeit“ und der „Authentizität“ (bei Kulturstätten) bzw. der „Integrität“ (beiNaturstätten) erfüllen. Ringhotels in der Nähe von Welterbestätten finden Sie auf unserer Deutsch-landkarte, die unter www.ringhotels.de/prospektbestellung kostenlos ange-fordert werden kann.

Die Torhalle des Kloster Lorsch ist aus der Zeit der Karolinger erhalten geblieben.

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ten des nahe gelegenen Klosters Altenmünster 1991 in dieWelterbeliste eingetragen.

Kloster von MaulbronnDas 1147 gegründete Kloster von Maulbronn entstand rund400 Jahre später als das Kloster Lorsch und ist die am voll-ständigsten erhaltene Klosteranlage des Mittelalters nörd-lich der Alpen. Sie kann sowohl vom Ringhotel Mönch’sWaldhotel in Unterreichenbach als auch vom RinghotelAdler in Asperg/ Ludwigsburg gut erreicht werden. Wer die auf der weitläufigen Anlage verbundenen Ge-

bäude besucht, kann sich leicht in das Leben und die Ar-beit der Mönche des Zisterzienserordens hineinversetzen,die vom 12. bis 16. Jahrhundert die Anlage nutzten. Die Zis-terzienser idealisierten ein Leben in Abgeschiedenheit vonder Welt sowie eine einfache Lebensweise. Sie standendamit ganz in der Tradition der Benediktiner, deren Klösterjedoch im Laufe der Zeit große Reichtümer angehäuft hat-ten. Deshalb ließ der bedeutende ZisterziensermönchBernhard von Clairveaux (1090-1153), der für die Ausbrei-tung des in Frankreich gegründeten Ordens verantwort-lich war, schlichte Kirchen aus schmucklosem Steinerrichten. Das Kloster Maulbronn spiegelt die gotischeBaukunst aus Frankreich wider, die Mitte des 12. Jahrhun-derts in Europa vorherrschte. Besonders beeindruckendsind die frühgotische Kirchenvorhalle, der Südflügel desKreuzganges und das Herrenrefektorium, der wohl auf-wändigste Speisesaal dieser Zeit. Das aus der Wendezeitzur Spätgotik stammende Brunnenhaus weist zahlreichewundervolle Details auf und ziert die 30 Millionen Zwei-Euro-Münzen, die 2013 im Rahmen der Serie „Die Bundes-länder“ stellvertretend für Baden-Württemberg in Umlaufgebracht wurden.

Klosterinsel ReichenauSchon der Weg auf die größte Insel des Bodensees, die seit2000 zum Weltkulturerbe zählt, ist ein Erlebnis für sich.Über einen Damm mit einer wunderschönen Pappelalleegelangt man auf die Insel Reichenau mit ihren drei be-rühmten romanischen Kirchen: Münster St. Maria undMarkus mit Schatzkammer, St. Georg mit ottonischenWandmalereien und St. Peter und Paul. Wie in Steingadenzeigt sich auch am Bodensee, dass sich Natur und Kulturwundervoll ergänzen können. Am besten lässt sich die Inselmit dem Fahrrad oder zu Fuß erkunden – vor allem auf demUferweg, der durch Schilfgürtel und Gemüsefelder führt.Ein herrlicher Blick auf Untersee und Rhein bietet sich vonder Hochwart, dem höchsten Punkt der Insel.Die Klosterinsel Reichenau, die sehr gut vom Ringhotel

Schiff am See in Konstanz, vom Ringhotel Zum GoldenenOchsen in Stockach sowie vom Ringhotel Krone in Fried-richshafen-Schnetzenhausen zu erreichen ist, wird seit fast1.300 Jahren besiedelt: Im Jahr 724 gründete der Wanderbi-schof Pirmin das Kloster auf der „reichen Au“. Die Benedik-tinerabtei entwickelte sich bald zu einem geistigen undkulturellen Zentrum des Heiligen Römischen Reiches. DerRuhm der Klosterschule und der Bibliothek geht auf AbtWaldo (786-806) zurück, Bischof von Pavia und Regent desjungen Langobardenkönigs Pipin. Zu den bemerkenswer-testen Zeugnissen aus dem 9. bis 11. Jahrhundert gehörendie einzigartigen Handschriften, die in ganzen Bilderzyklendas das Leben Jesu und die Evangelien illustrieren. Sie wer-den heute in Bibliotheken in ganz Europa aufbewahrt undkönnen leider nicht vor Ort besichtigt werden – doch dassdie Werke der „Reichenauer Malerschule“ auch über tau-send Jahre nach ihrer Entstehung noch gut erhalten sind,ist ein Wunder für sich. Christoph Neuschäffer

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Der reich verzierte Brunnen im Brunnenhaus des Klosters Maulbronn istein Meisterwerk gotischer Baukultur in Deutschland.

Blick aus der Luft auf die im Bodensee liegende Insel Reichenau. Zahlrei-che Kirchen zeugen von der langen Besiedlung der Insel durch Mönche.