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www.publicus-boorberg.de Der Online-Spiegel für das Öffentliche Recht 8. GWB-NOVELLE – Kartellrechtliche Privilegierung der öffentlichen Hand KINDERBETREUUNG – Brauchen wir eine ZVS für KITA-Plätze? VERGABERECHT – Preiskampf um Schul- und Kita-Verpflegung NSU-PROZESS – Der Öffentlichkeitsgrundsatz 2013.8

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Der Online-Spiegel für das Öffentliche Recht

8. GWB-NOVELLE – Kartellrechtliche Privilegierung der öffentlichen Hand

KINDERBETREUUNG – Brauchen wir eine ZVS für KITA-Plätze?

VERGABERECHT – Preiskampf um Schul- und Kita-Verpflegung

NSU-PROZESS – Der Öffentlichkeitsgrundsatz

2013.8

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Seite 2 PUBLICUS 2013.8 INHALT editorial

BESSER BETREUT

Liebe Leserin, lieber Leser,

seit 1. August besteht Anspruch auf einen Kita-Platz für unter dreijährige Kinder. Trotz Kraftakt seitens der Kommu-nen – dies verdeutlicht der Beitrag von Dr. Gerd Landsberg in dieser Ausgabe – sind Lücken bei der Kinderbetreuung auch für die Zukunft nicht auszuschließen. Dass ideenreiche Lösungsansätze für Städte und Gemeinden existieren, ent-nehmen Sie dem lesenswerten Beitrag von Sibylle Schwarz.

Auch für die Auswahl von Essenslieferanten der Kitas sind Kommunen verantwortlich. Wenn Sie wissen wollen, welche vergaberechtlichen Fragen der Wunsch nach Qualitäts-standards von Kita-Essen aufwirft, sollten Sie sich den Beitrag von Anna Burmeister und Dr. Henning Holz nicht entgehen lassen.

Der NSU-Prozess in München ist inzwischen in der Normalität angekommen: Der richtige Zeitpunkt, um nach den turbulent geführten Diskussionen um die Platzvergabe von Pressevertretern den Grundsatz der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung zu beleuchten. Hierfür empfehlen wir Ihnen den Beitrag von Dr. Jürgen Graf, Richter im 1. Straf-senat des Bundesgerichtshofs.

Neben obligatorischen Kommentierungen aktueller Ge-setzgebung – in dieser Ausgabe mit Blick auf die kommunale Wasserversorgung – werden zwei bereits in vorhergehenden Ausgaben begonnene Artikelserien zu zwei ganz unter-schiedlichen Themenfeldern fortgeführt: Dr. Wolfgang Sannwald widmet sich mit einem weiteren Beitrag der Be-deutung von Dokumentenmanagementsystemen und Prof. em. Dr. G.M. Obermair und Prof. Dr. L. Jarass vertiefen ihre in der Juni-Ausgabe vorgebrachte Kritik an den offiziellen Netzausbauplanungen.

IhrJohannes Buschbeck

Johannes Buschbeck

Redaktion PUBLICUS

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Seite 3 PUBLICUS 2013.8 INHALT

INHALT

EDITORIAL

Besser betreut 2

SOZIALES/GESUNDHEIT/KINDER UND JUGEND

Kita-Anspruch für unter dreijährige Kinder – Brauchen wir eine Zentrale Vergabestelle für Kita-Plätze? 4Sibylle Schwarz, Wiesbaden

Ausbau der Kinderbetreuung – Enorme Anstrengungen der Städte und Gemeinden zeigen Wirkung! 6Dr. Gerd Landsberg, Berlin

VERGABERECHT

Ende des Preiskampfes in Schul- und Kitaverpflegung? – Vergaberechtliche Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Qualitätsstandards bei der Ausschreibung 8Anna Burmeister und Dr. Henning Holz, Hannover

WIRTSCHAFT/GEWERBE/FREIE BERUFE

Die 8. GWB-Novelle – Was sich für Bund, Länder und Kommunen ändert (und was nicht!) 11Dr. Stefan Meßmer und Dr. Jochen Bernhard, Stuttgart

ÖFFENTLICHER DIENST/PERSONAL

Lebenspartnerschaft und Familienzuschlag –Die zeitnahe Geltendmachung im Lichte des Europarechts 25Dr. Kai Schollendorf, Berlin

rechtsprechungsspiegel 29

Gesetzgebungsspiegel 31

eU-Spiegel 33

Veranstaltungsspiegel 34

literaturspiegel 36

Strategische Partner 37

impressum 38

ABGABEN/FINANZEN/STEUERN

Rücklage für Sanierungen! –Bayerisches KAG: Abschreibung von Wiederbeschaffungszeitwerten 13Martin Kronawitter, Untergriesbach

BUND/LäNDER/KOMMUNEN

Akten- oder Produktplan – ein Plädoyer –Produktorientierte Aktenpläne als „Heilmittel“? 15Dr. Wolfgang Sannwald, Tübingen

NATUR/UMWELT/ENERGIE

Stromnetzausbau – wofür und für wen? –Teil 1: Der Umbau der Elektrizitätsversorgung 18Prof. em. Dr. G.M. Obermair, Regensburg, und Prof. Dr. L. Jarass, Wiesbaden

SICHERHEIT UND ORDNUNG

Die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung –Mehr Plätze im Verhandlungssaal oder Videoübertragung erforderlich? 22Dr. Jürgen Graf, Karlsruhe

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Seite 4 KINDER UND JUGEND U3-Kita-anSPrUchPUBLICUS 2013.8 INHALT

Kita-Platz oder Tagesmutter? Diese Frage stellt sich seit 01. 08. 2013 für Eltern.

Viel war schon zu lesen zum neuen Rechtsanspruch auf Betreuung für unter dreijährige Kinder. Sechsstellige Zah-len, die angeben, wie viele Kita-Plätze noch fehlen, schauten uns aus Zeitungen an. Klagewellen wurden befürchtet. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) schlug vor, arbeitslos gewordene Schlecker-Mitarbeiterinnen zu Erzie-herinnen umzuschulen. Teilnehmer von Protestaktionen machten ihrem Unmut über vermeintlich verschlechterte Qualitätsstandards Luft und zogen in Sternmärschen zu Rathäusern. Wie erleben anspruchsberechtigte Familien die rechtliche Neuerung?

Seit bald zwei Jahrzehnten gibt es den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Kinder ab drei Jahren bis zum Schuleintritt. Ab dem 1. August 2013 sollen auch Kinder im Alter von 1 bis 3 Jahren gefördert werden. Der bisher ein-schlägige § 24 Sozialgesetzbuch VIII gilt fortan in textlich neuer Fassung. Ab diesem Stichtag hat jedes Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege, d. h. das Recht auf einen Betreuungsplatz in einer Kindertages-einrichtung oder in Kindertagespflege.

Frühkindliche Förderung ist SozialleistungDer Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tagesein-richtung oder in Kindertagespflege in § 24 Sozialgesetzbuch VIII stellt durch seine Einbettung in die Sozialgesetzbücher eine Sozialleistung dar. Auf Sozialleistungen besteht grund-

zu nennen, auch die Gleichstellung von Mann und Frau in der Teilhabe am Arbeitsleben.

Diese Sozialleistung ist überwiegend in den §§ 22 bis 26 Sozialgesetzbuch VIII geregelt. Im Sozialgesetzbuch VIII finden sich weitere einschlägige Vorschriften, in § 5 (Wunsch- und Wahlrecht), in § 36 a (Steuerungsverantwor-

sätzlich ein Rechtsanspruch. Dem Anspruch auf frühkindli-che Förderung liegt auch eine verfassungsrechtliche Dimen-sion inne, einmal als Verfassungsauftrag an den Staat, zum anderen als Gewährleistung grundrechtlich geschützter Positionen von Kindern und Eltern. Das allgemeine Persön-lichkeitsrecht und das elterliche Erziehungsrecht sind hier

Brauchen wir eine Zentrale Vergabestelle für Kita-Plätze?

KITA-ANSPRUCH FüR UNTER DREIJäHRIGE KINDER

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Seite 5 KINDER UND JUGEND U3-Kita-anSPrUchPUBLICUS 2013.8 INHALT

tung, Selbstbeschaffung) sowie in § 43 (Erlaubnis zur Kinder tagespflege) und § 45 (Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung).

Tageseinrichtungen oder Kindertageseinrichtungen sind Einrichtungen, in denen Kinder sich für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten und in Gruppen gefördert werden. Kindertageseinrichtungen, abgekürzt Kitas, stellen den Oberbegriff dar, zu ihnen gehören Kinderkrippen, Krabbel-stuben, Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorte. Zwischen den Bundesländern, teils auch innerhalb eines Bundeslandes, variieren die Begriffe. überwiegend werden Kinderkrippen und Krabbelstuben von Kindern bis zu drei Jahren (U3), Kindergärten von Kindern ab drei Jahren (ü3) und Kinderhorte von Kindern im Grundschulalter besucht. Kindertagespflege hingegen wird von einer geeigneten Tagespflegeperson in ihrem Haushalt oder im Haushalt des Personensorgeberechtigten geleistet.

Unter Förderung ist Betreuung, Bildung und Erziehung zu verstehen, es geht um die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes.

Wie erleben anspruchsberechtigte Familien den sog. rechtsanspruch U3?Der Anspruch auf frühkindliche Förderung der unter Drei-jährigen ist den Familien längst bekannt, nicht zuletzt auf-grund vieler Berichte in Zeitungen und anderen Medien in den letzten Jahren. Diese haben sicherlich dazu geführt, dass Familien bereits um den Zeitpunkt der Geburt sich um einen Kita-Platz bemühen, sei es, dass sie in Betracht kom-mende Kitas kontaktieren oder besichtigen oder dort sogar schon ausgefüllte Formulare abgeben. Um den Zeitpunkt der Geburt herum wird unstreitig als rechtzeitiges Bemühen der Eltern aufzufassen sein. Vielerorts wird die Sicht vertreten, ungefähr 6 Monate vor gewünschtem Betreuungsbeginn sei eine Anmeldung erforderlich. Manchmal nimmt es unweiger-lich tragisch-komische Züge an, wenn auf ein frühzeitiges Bemühen der Eltern die Kita zunächst nur antworten kann: „Nach der Geburt können Sie dann das Geburtsdatum und den Namen nachreichen.”

Nach Vornahme der Anmeldungen durch übergabe ausge-füllter Formulare beginnt das Warten auf Antwort, mitunter auch das Bangen und Zittern. Beispielsweise die Landes-hauptstadt Stuttgart (Baden-Württemberg) gibt an, „dass

Probleme im Anmeldeverfahren und verringerte Rechts-schutzmöglichkeiten sind deutlich geworden. Zeit, auf einen schriftlichen Ablehnungsbescheid der Kita zu warten, bleibt den Familien nicht. Pädagogischen Mitarbeitern einer Kita können Verwaltungsaufgaben nicht zugemutet werden. Städte und Gemeinden tun daher gut daran, ähnlich der ehemaligen Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS), heute Stiftung für Hochschulzulassung (SfH), Abtei-lungen in ihren Rathäusern zu schaffen, um Kita-Plätze auf Bewerber zu verteilen. Familien melden sich mit ausgefüllten Formularen ungefähr 6 Monate vor Betreuungsbeginn bei der „Kita-Platz-ZVS” an, die mit Verwaltungsstruktur und ausgebildeten Verwaltungsmitarbeitern ausgestattet in der Lage ist, Platzvergaben vorzunehmen und Bescheide zu verschicken. Pädagogische Mitarbeiter kümmern sich aus-schließlich um die sog. Förder-„Trias”, nämlich Betreuung, Bildung und Erziehung.

Die Nichtzurverfügungstellung eines Platzes ist als Nicht-erfüllung des Rechtsanspruchs zu qualifizieren mit der Folge der Kostenerstattung selbst beschaffter Leistungen (privat organisierter Ersatzplatz). Nachrangigkeit ist ein Grundsatz des Sozialrechts, auch ausdrücklich in § 36a Sozialgesetz-buch VIII geregelt. Der Grundsatz der Nachrangigkeit wird den Familien aber nicht geläufig sein. Es besteht für sie daher die Gefahr, dass sie nach vorgenommenen Anmeldun-gen von den Kitas nichts hören, sie es als faktische Nicht-erfüllung auffassen und von ihrer jeweiligen Stadt oder Gemeinde Kostenerstattung für den Ersatzplatz fordern – allerdings vergeblich. Denn Städte und Gemeinden könn-ten mit der Sicht davonkommen, dass eine Nichtzurverfü-gungstellung eines Platzes nicht in schriftlicher Form vorlie-ge, Nichterfüllung nicht sicher feststehe (Beweislast), eine Kostenerstattung wegen des Grundsatzes der Nachrangig-keit folglich verneint werden müsse.

Platzzusagen bis zum 1. April von der Einrichtung mitgeteilt werden”. In einer anderen Landeshauptstadt, Wiesbaden (Hessen), hörte eine Familie nach vorgenommenen Anmel-dungen von den Einrichtungen überhaupt nichts. Auf telefo-nische Nachfrage erhielten sie die Bemerkung, „man könne ja nicht 140 Ablehnungen verschicken”.

Fragen, Besichtigungen, Formulare austeilen, Nachfragen, Formulare entgegennehmen, Plätze zuteilen, Absagen erteilen, Bescheide versenden, Wartelisten führen, Betreu-ungsverträge schließen – alles Aufgaben der einzelnen konkreten Kita. Alles Aufgaben mit keinem pädagogischen Bezug. Hier scheint ein zentrales Problem zu liegen. Auch der Umstand, dass Städte und Gemeinden Listen von Kin-dertageseinrichtungen oder Online-Suchen bereitstellen und Beratung anbieten, verkleinert das Problem nicht, denn die Anmeldungen gehen an die Kita, von ihnen kommen die Entscheidungen. Pädagogische Mitarbeiter einer Kita sind aber nicht ausgebildet und nicht eingestellt, um Verwal-tungsaufgaben zu erledigen. Vielerorts verfügt eine Kita nicht über eine Verwaltungsstruktur, die Organisation der Platzvergabe und vor allem der Versand ablehnender Be-scheide können nicht oder nur unter Mühen erledigt werden.

Familien werden auch viele verschiedene Kitas kontaktie-ren und dort ihre Anmeldungen vornehmen. Es ist anzuneh-men, dass Kitas mit Anmeldungen befasst sind, die etwaig nicht ernsthaft gemeint sind, sondern nur dem Gedanken entspringen, zur Sicherheit wurde auch dort ein Anmelde-formular abgegeben.

rechtsschutzmöglichkeitenGegen einen ablehnenden Bescheid ist der Widerspruch möglich und setzt den Rechtsschutz in Gang, in der Folge ist bei weiterer Ablehnung eine Klage in der Hauptsache möglich. Wenn pädagogische Mitarbeiter in Kitas ohne Ver-waltungsstruktur Anmeldungen nicht bescheiden, nichts von sich hören lassen, sind die Rechtsschutzmöglichkeiten man-gels schriftlichen Bescheids zunächst eingeschränkt. Es bleibt, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO beim Verwaltungsgericht zu stellen. Eine einstweilige Anordnung ist zu erlassen, ein Obsiegen in der Hauptsache angesichts des bestehenden Rechtsanspruchs sicher, die Eilbedürftigkeit offensichtlich, denn der Anspruch auf frühkindliche Förderung ist zeit gebunden.

Sibylle Schwarz, Rechtsanwältin, else.schwarz Rechtsanwälte Partnerschaft, Wiesbaden

[email protected] www.else-schwarz.de

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Seite 6 KINDER UND JUGEND aUSbaU der KinderbetreUUnGPUBLICUS 2013.8 INHALT

Der Ausbau qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung geht weiter.

Vor einigen Tagen, zum 1. August 2013, trat der Rechtsan-spruch auf einen Krippenplatz in Kraft. Seitdem haben alle Kinder, die das erste Lebensjahr vollendet haben, einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kindertageseinrich-tung oder bei einer Kindertagesmutter bzw. einem Kinderta-gesvater entsprechend ihrem Bedarf.

beispielloser KraftaktIn den vergangenen 18 Monaten haben die Städte und Ge-meinden unter enormen Anstrengungen den Krippenausbau zu ihrer Priorität gemacht. Es war und ist immer noch eine unglaubliche Dynamik im Ausbau festzustellen. Zum Stich-tag 30. Juni 2013 standen nach Meldungen der Länder über 710.000 Plätze für Kinder unter drei Jahren zur Verfügung. Knapp 100.000 zusätzliche Plätze befinden sich in Planung und werden in den nächsten Monaten schrittweise zur Verfügung stehen.

Danach werden im Kindergartenjahr 2013/2014 nach Angaben der Länder über 810.000 Plätze vorhanden sein. Somit wird die auf dem Krippengipfel im Jahr 2007 gesetzte Zielmarke von 780.000 Plätzen übertroffen werden. Im Vergleich zum Jahr 2006 sind bis heute annähernd 425.000 Betreuungsplätze geschaffen worden.

Die Städte und Gemeinden haben einen beispiellosen Kraftakt hingelegt, auch Bund und Länder haben sich orga-nisatorisch und finanziell zusätzlich engagiert. So hat der Bund den Ländern für Investitionen einmalig 580,5 Mio. € zur Verfügung gestellt und ihnen zur Finanzierung der

Problemlagen trotz bedarfsdeckung möglichObwohl somit weitestgehend die Bedarfe der Eltern gedeckt werden können, kann nicht ausgeschlossen werden, dass insbesondere in einigen Groß- und Universitätsstädten, bzw. in wirtschaftlich stark prosperierenden Regionen, Lücken bei der Kinderbetreuung bleiben. Wo Plätze kurzfristig

Betriebskosten weitere 75 Mio. € jährlich aus dem Umsatz-steueraufkommen überlassen. Auch die Wirtschaft erkennt zunehmend, wie wichtig es bei der Gewinnung von Arbeits-kräften ist, selbst familienpolitische Maßnahmen zu ergrei-fen. Die Zahl der Betriebskindergärten steigt, auch stellen kleinere Unternehmen gemeinsam Tagesmütter fest an.

Enorme Anstrengungen der Städte und Gemeinden zeigen Wirkung!

AUSBAU DER KINDERBETREUUNG

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Seite 7 KINDER UND JUGEND aUSbaU der KinderbetreUUnGPUBLICUS 2013.8 INHALT

fehlen, werden die Städte und Gemeinden gemeinsam mit den Eltern nach individuellen Lösungen suchen und sich bemühen, Alternativen anzubieten, wie zum Beispiel Platz-angebote in angrenzenden Stadtteilen oder in Spielgruppen. Darüber hinaus könnten beispielsweise Gruppen für eine übergangszeit um ein oder zwei Kinder vergrößert oder altersgemischte Gruppen auch mit älteren Kindern ab drei Jahren eingerichtet werden.

Selbstverständlich wollen die Städte und Gemeinden so vielen Eltern wie möglich ihren Betreuungswunsch erfüllen. Der Rechtsanspruch erstreckt sich aber nicht auf einen bestimmten Platz in einem bestimmten Viertel. Wenn kein Platz in einer Kindertageseinrichtung frei ist, müssen die Eltern auch eine Tagesmutter akzeptieren bzw. kurze Fahr-zeiten in Kauf nehmen.

ausbau ist nicht abgeschlossenAuch nach dem 1. August 2013, dem Inkrafttreten des Rechtsanspruchs, muss und wird der Ausbau der Kinder-tagesbetreuung mit Hochdruck weitergehen. Das ist nötig, zumal die hochwertige Betreuung offensichtlich auch immer mehr Eltern überzeugt. Mit immer mehr qualitativ anspre-chenden Betreuungsangeboten steigt in vielen Städten und Gemeinden die Nachfrage. Die Zahl der jungen Mütter, die nach einer Babypause schnell wieder arbeiten wollen, wird weiter ansteigen.

Qualifiziertes Fachpersonal zu finden ist neben den fehlen-den Räumlichkeiten das Hauptproblem des Ausbaus. Die Anzahl der Erzieherinnen und Erzieher konnte in den ver-gangenen Jahren nicht entsprechend der Nachfrage gestei-gert werden. Hier müssen die für die Ausbildung zuständi-gen Länder mehr tun. Die Ausbildung ist qualitativ sehr hochwertig und dauert mit den Praxisphasen 3 bis 5 Jahre je nach Bundesland. Um kurzfristig Engpässe zu überwinden, wird verstärkt auf Tagesmütter und -väter gesetzt werden müssen. Auch muss der Quereinstieg in den Erzieherberuf erleichtert werden. Und es muss Fachkräften aus dem Aus-land erleichtert werden, dass ihre ausländischen Abschlüsse leichter in Deutschland anerkannt werden.

Um die geschaffenen Betreuungsplätze zu erhalten und weiter auszubauen, sind langfristig finanzielle Mittel des Bundes und der Länder notwendig. Insbesondere die Länder müssen ihrer Aufgabe und ihrer Finanzierungspflicht nach-

kommen. Das gebietet das Konnexitätsprinzip, zu dem sich die Länder in ihren Verfassungen bekannt haben.

auch künftig hohe PrioritätFür die Kommunen wird auch in Zukunft der weitere Ausbau der Kinderbetreuung hohe Priorität haben und erhebliche Finanzmittel binden. Die teilweise in der Politik geforderte Abschaffung der Kita-Beiträge ist ein falsches Signal. Ge-ringverdiener müssen ohnehin keine Elternbeiträge zahlen. Die rund 3 Mrd. Euro Einnahmen jährlich brauchen die Städte und Gemeinden dringend, um eine gute Kinder-betreuung zu gewährleisten und die Qualität weiter zu verbessern.

Dr. Gerd Landsberg, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Berlin

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Seite 8 VERGABERECHT SchUl- Und KitaVerPFleGUnGPUBLICUS 2013.8 INHALT

Kita- und Schulessen: Qualität beginnt bei der Ausschreibung.

chinesische erdbeeren und dumpingpreiseIm Herbst 2012 erkrankten Tausende ostdeutscher Schüler und Kita-Kinder an Brechdurchfall. Auslöser für die Epidemie waren mit Noroviren verseuchte tiefgefrorene Erdbeeren aus China. Der Vorfall löste eine heftige Diskussion um die Quali-tät von Kantinenessen in Schulen und Kitas bei Eltern und Politikern aus. Im März dieses Jahres startete die Berliner Schulsenatorin eine Initiative unter dem Titel „Das Mittages-sen in den Berliner Grundschulen soll besser werden”.

Der Senat will ein Gesetz auf den Weg bringen, das die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) als verbindliche Mindestanforderung eines einheitli-chen berlinweit gültigen Ausschreibungsverfahrens festlegt.

Ab dem 01. 02. 2014 soll ein Schulessen mindestens 3,25 € kosten. Bisher waren Preise von lediglich 2,00 € pro Mittags mahlzeit in Berlin üblich. Dabei sind sich Experten einig, dass dieser Preis viel zu niedrig ist, um alle Quali-tätsanforderungen an eine ausgewogene und gesunde Verpflegung der Kinder zu erfüllen.

Diese Entwicklung wirft eine Reihe vergaberechtlicher Fragen auf. Wie können Qualitätsanforderungen bei der Ausschreibung von Schulverpflegung angemessen berück-sichtigt werden? Bisher war meist der Preis das einzige Zuschlagskriterium. Ist die Vorgabe eines Mindestpreises vergaberechtlich zulässig? Dieser Beitrag beantwortet diese Fragen und zeigt Wege für die rechtssichere Ausgestaltung von Ausschreibungen auf, die die vielfach politisch ge-wünschten Qualitätsverbesserungen berücksichtigen.

lenwertes von 200.000 € grundsätzlich zur europaweiten Ausschreibung dieses Dienstleistungsauftrags im Offenen Verfahren verpflichtet. Mancherorts wird die Schul- und Kitaverpflegung jedoch nicht im Wege eines Dienstleis-tungsauftrags, sondern in Gestalt einer Dienstleistungs-konzession vergeben. Der Unterschied zwischen den beiden

erste Weichenstellung: dienstleistungsauftrag oder dienstleistungskonzessionDie Entscheidung über die Auswahl eines Essenslieferanten für Schulen und städtische Kinderbetreuungseinrichtungen treffen die Kommunen. Als klassische öffentliche Auftragge-ber sind sie bei überschreitung des maßgeblichen Schwel-

Vergaberechtliche Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Qualitätsstandards bei der Ausschreibung

ENDE DES PREISKAMPFES IN SCHUL- UND KITAVERPFLEGUNG?

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Seite 9 VERGABERECHT SchUl- Und KitaVerPFleGUnGPUBLICUS 2013.8 INHALT

Modellen liegt darin, dass der Anbieter beim Konzessions-modell seine Vergütung nicht von der Stadt, sondern direkt von den Eltern bekommt und das wirtschaftliche Risiko seiner Leistungserbringung selbst trägt. Für die Annahme dieses Betriebsrisikos ist es ausreichend, wenn die Eltern die Essensbeiträge aufgrund individueller privatrechtlicher Verträge direkt an den Anbieter zahlen und die Kommune dem Anbieter weder eine Mindestabnahmemenge noch Portionszahlen garantiert (VK Sachsen, Beschl. v. 13. 08. 2009, 1 SVK 034-09; bestätigt durch OLG Dresden, Beschl. v. 08. 10. 2009, WVerg 5/09).

Dieses Modell der Organisation von Kantinenverpflegung wird auch häufig in städtischen Krankenhäusern gewählt. Für Dienstleistungskonzessionen gilt das GWB-Vergaberecht nicht. Das hat zur Folge, dass der vergaberechtliche Rechts-schutz nach §§ 102 ff des Gesetzes gegen Wettbewerbsbe-schränkungen (GWB) keine Anwendung findet und keine Verpflichtung zur Durchführung eines förmlichen Vergabe-verfahrens besteht.

Allerdings ist die Kommune auch bei der Vergabe der Schulverpflegung in Gestalt einer Dienstleistungskonzession nicht völlig frei: Für Dienstleistungskonzessionsverträge mit eindeutig grenzüberschreitendem Interesse gelten die Grundregeln des Vertrages über die Arbeitsweise der Euro-päischen Union (AEUV), insbesondere das Gebot der Trans-parenz und das Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit (vgl. EuGH, Urteil vom 10. 03. 2011, Rs. C-274/09, „Rettungsdienst Stadler”). Aus der Bindung an die Grundsätze des AEUV resultiert nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH eine Pflicht zur europaweiten Ausschreibung und zur Durchführung eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens.

Ì Es bleibt abzuwarten, wie das geplante Berliner

Ausschreibungsmodell in der Vergabepraxis

aufgenommen wird.

kocht sind und weniger Nährstoffe enthalten. Sinnvoll ist es daher, als Mindestanforderung in den Vergabeunterla-gen festzulegen, dass eine bestimmte Warmhaltezeit von der Fertigstellung der Mahlzeiten bis zur Auslieferung, z. B. 60 Minuten, nicht überschritten werden darf. Aus-weislich der DGE-Qualitätsstandards für die Schul- und Kitaverpflegung ist die Warmhaltezeit so kurz wie möglich zu halten; sie darf maximal 3 Stunden von der Beendigung des Garprozesses bis zur Ausgabe der Speisen betragen. Insofern handelt es sich bei der Vorgabe einer bestimmten Warmhaltezeit erwiesenermaßen um ein sachgerechtes, durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigtes Kriteri-um. Indem die Vergabestelle den Bietern verbindlich vorgibt, dass sie eine bestimmte Warmhaltezeit nicht überschreiten dürfen, verschafft sie faktisch regionalen Anbietern mit eigenen Küchen vor Ort und mit kurzen Transportwegen zu den zu versorgenden Einrichtungen – auf vergaberechtlich unbedenkliche Weise – den ge-wünschten Wettbewerbsvorteil.

3. Anteil von Zutaten aus kontrolliert ökologischem Anbau Die Herkunft und Qualität der vom Anbieter verwendeten Zutaten bestimmt naturgemäß ganz wesentlich die Quali-tät und den gesundheitlichen Wert der fertigen Mahlzei-ten. Insofern stellt sich die Frage, wie bestimmte Anforde-rungen der Vergabestelle an die Qualität der Ausgangs-produkte effektiv umgesetzt werden können. Gewünscht wird häufig die bevorzugte Verwendung von regionalen Produkten. Es dürfte allerdings kaum möglich sein, eine präzise und abschließende Definition von Zutaten aus regionalem Anbau zu bilden. Wie weit darf der geographi-sche Umkreis sein, aus dem die Produkte stammen? Wie ist mit dem Regionalitätskriterium in Bezug auf Fleisch-produkte umzugehen? Stammt Schweinefleisch aus der Region, wenn zwar der Schweinemäster im Umkreis sitzt, die Schweine jedoch als Ferkel von einem weit entfernten Züchter gekauft wurden? Zuschlagskriterien müssen stets transparent und diskriminierungsfrei sein. Es bietet sich daher an, als Kriterium für die Herkunft der Produkte die im Markt und bei Verbrauchern anerkannte Eigenschaft der Zutaten aus kontrolliert ökologischem Anbau gem. EU Bio-Siegel oder Siegeln mit vergleichbarem Standard (z. B. Demeter oder Bioland) zu wählen. Beispielsweise könnte den Bietern die Mindestvorgabe gemacht werden,

berücksichtigung von Qualitätsanforderungen in den VergabeunterlagenBei der Durchführung der Ausschreibung steht die Kommu-ne vor der Frage, welche Zuschlagskriterien sie für die Auswahl des wirtschaftlich günstigsten Angebots zu Grunde legen will. Bisher war häufig der Preis das alleinige Zu-schlagskriterium, so dass sich stets der günstigste Anbieter durchsetzte, der jedoch nicht unbedingt die beste Qualität lieferte. Eltern und Kommunalpolitiker fordern daher, künftig bei Ausschreibungen die Qualität der Versorgung sowie ein Speisenangebot aus regionalen und saisonalen Produkten verstärkt zu berücksichtigen. Solche Qualitätsanforderungen können durch eine sinnvolle Gestaltung der Vergabeunterla-gen vergaberechtskonform umgesetzt werden. Taugliche Unterkriterien für die Qualitätswertung werden im Folgen-den dargestellt:1. Einhaltung der DGE-Qualitätsstandards für Schul- und

Kitaverpflegung als Mindestanforderung Die DGE hat in Zusammenarbeit mit den Bundesländern Qualitätsstandards für die Schulverpflegung und für die Verpflegung von Kindern in Tageseinrichtungen entwi-ckelt. Die Standards enthalten Kriterien zur optimalen Lebensmittelauswahl, der Häufigkeit der Verwendung sowie der Speisenplanung und -herstellung bis hin zum nährstoffoptimierten Verpflegungsangebot. Sie sind damit ein hilfreiches Instrument zur Sicherung der Qualität bei der Essensversorgung. Die in den Qualitätsstandards vorgegebenen Rahmenbedingungen können als Mindest-anforderung in den Vergabeunterlagen festgelegt werden.

2. Berücksichtigung regionaler Versorger durch Vorgabe einer maximalen Warmhaltezeit Der häufig geäußerte Wunsch nach einer Versorgung durch kleine, bevorzugt regionale Anbieter ist vergabe-rechtlich nicht ganz einfach umzusetzen. Bekanntlich darf kein potentieller Bieter aufgrund seiner Ortsansässigkeit bevorzugt werden. Insofern wäre ein Zuschlagskriterium „Ortsnähe des Leistungserbringers” in jedem Fall unzuläs-sig. Hinter dem Anliegen, möglichst einen Anbieter aus der Region zu beauftragen, steht der Gedanke, dass in zentralen Großküchen großer Cateringunternehmen gekochtes Essen häufig über große Entfernungen trans-portiert und daher zu lange warmgehalten werden muss. Bei den Kindern kommen dann Mahlzeiten an, die ver-

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Seite 10 VERGABERECHT SchUl- Und KitaVerPFleGUnGPUBLICUS 2013.8 INHALT

dass der Anteil der Bio-Zutaten bei der Herstellung ihrer Mahlzeiten mindestens 10 Prozent des geldwerten Anteils gemessen am Wareneinsatz eines Monats betragen muss. Positiv bewertet werden können zudem verbindlich ange-botene überschreitungen des 10 Prozent-Mindestanteils.

4. Abfrage eines konkreten Versorgungskonzepts Zur umfassenden Beurteilung der Qualität und der Organi-sation des künftigen Versorgers bei der Herstellung der Mahlzeiten und Belieferung der Einrichtungen bietet es sich an, bei den Bietern die Abgabe eines auftragsbezoge-nen Versorgungskonzeptes abzufragen. Das Versorgungs-konzept sollte Angaben enthalten zur Art und Weise der Herstellung der Speisen, Aussagen über Produktverwen-dung und -verarbeitung, über die Bezugsquellen der Produkte, über Ort und Zeit der Speisenzubereitung, Lieferzeiten zu einzelnen Leistungsorten, Art und Weise der Essensausgabe vor Ort, Angaben zum eingesetzten Personal, zum Gesundheits- und Hygienekonzept etc.

durchführung eines ProbeessensNeben den genannten Gesichtspunkten Warmhaltezeit, Bio-Anteil und Versorgungskonzept verbleibt die Frage, wie die Qualität der Speisen im Hinblick auf Geschmack, Geruch, Aussehen und Konsistenz im Rahmen der Ausschreibung vergaberechtskonform beurteilt werden kann. Schließlich soll das Essen des zukünftigen Versorgers den Kindern ja auch gut schmecken, es sollte gut riechen und ansprechend aussehen. Hierfür bietet sich die Durchführung eines Pro-beessens an. Die Bieter, deren Angebote aufgrund einer vorläufigen Auswertung für den Zuschlag in Betracht kom-men, werden zu diesem Probeessen eingeladen. Da nur eine begrenzte Anzahl von Bietern am Probeessen teilnimmt, hält sich der Aufwand bei der Vergabestelle in Grenzen.

Die „Jury” sollte sinnvollerweise ausgewogen besetzt und unvoreingenommen sein. Sie könnte z. B. aus Vertretern der zu versorgenden Einrichtungen, Schulkindern und Elternver-tretern bestehen. Zur fachmännischen Beurteilung von Geschmack, Geruch, Aussehen und Konsistenz der Speisen könnte zudem ein ausgebildeter Koch Mitglied der Jury sein. Die Durchführung eines Probeessens durch eine Jury, beste-hend aus Schülern, Eltern und Vertretern der Einrichtungen, wurde in der Nachprüfungspraxis bereits als vergaberecht-lich zulässiges Verfahren zur Beurteilung des Zuschlagskri-

die transparente Integration von Qualitätsanforderungen in den Vergabeunterlagen in der dargelegten Weise. So kann eine rechtssichere Vergabe von Schul- und Kitaverpflegung und ein besseres Mittagessen für die Kinder gewährleistet werden.

teriums „Qualität” beurteilt (VK Berlin, Beschluss vom 28. 08. 2009, VK-B 1-25/09).

Die Durchführung eines Probeessens kann auch zur Erhöhung der Akzeptanz der Vergabeentscheidung in den zuständigen politischen Gremien sowie bei Eltern und Schü-lern führen. Um sachfremde Erwägungen der Jurymitglieder bei ihrer sensorischen Prüfung des Essens von vornherein auszuschließen, empfiehlt es sich, das Probeessen als sog. Blindverkostung durchzuführen. Es sollte für die Jury nicht erkennbar sein, welche „Testmahlzeit” von welchem Bieter stammt. Ein solches Verfahren stellt sicher, dass die Jurymit-glieder die Person des Bieters bei ihrer Prüfung des Essens außer Acht lassen. Eine etwaige Auslese über die Person des Bieters bei einer Qualitätsüberprüfung der zu liefernden Mahlzeiten wäre vergaberechtswidrig (VK Berlin, Beschluss vom 28. 08. 2009, VK-B 1-25/09).

Vereinbarung von KontrollrechtenUm sicherzustellen, dass die Qualitätsanforderungen im Hinblick auf Warmhaltezeit und Bio-Anteil der Speisen in der täglichen Praxis der Essensversorgung auch tatsächlich eingehalten werden, sollte die Kommune mit dem Versorger im Dienstleistungsvertrag entsprechende Kontrollrechte vereinbaren. Der Auftraggeber sollte sich das Recht einräu-men lassen, die Räume, in denen die Mahlzeiten hergestellt werden, nach kurzfristiger Ankündigung zu besuchen, um dort Stichproben durchzuführen.

ist die Vorgabe eines Mindestpreises vergaberechts-konform?Die Initiative der Berliner Schulsenatorin sieht vor, dass bei Ausschreibungen künftig ein Mindestpreis von 3,25 € pro Mittagessen gilt. Es ist allerdings zweifelhaft, ob eine solche Vorgabe vergaberechtlich zulässig wäre. Das OLG Düssel-dorf (Beschluss vom 22. 12. 2010, VII-Verg 33/10) geht davon aus, dass in einer Ausschreibung grundsätzlich keine Anfor-derungen an die Preishöhe gestellt werden dürfen. Die Kalkulationsfreiheit der Bieter müsse grundsätzlich erhalten bleiben. Der Auftraggeber könne daher für die Leistungen keine Mindestpreise festsetzen. Insofern bleibt abzuwarten, wie das geplante Berliner Ausschreibungsmodell in der Vergabepraxis aufgenommen wird. Vorzugswürdig ist aus unserer Sicht gegenüber der Vorgabe eines Mindestpreises

Dr. Henning Holz, LL.M., Rechtsanwalt, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hannover

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Anna Burmeister, Rechtsanwältin, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hannover

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Seite 11 PUBLICUS 2013.8 INHALT WIRTSCHAFT /GEWERBE/FREIE BERUFE GWb-noVelle

Öffentlich-rechtliche Gebühren unterliegen nicht der kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle .

Die seit über zwei Jahren vorbereitete Neufassung des deut-schen Kartellrechts, weithin bekannt als 8. GWB-Novelle, wäre beinahe auf den letzten Metern gescheitert. Im Vermitt-lungsausschuss wurde kontrovers diskutiert, ob öffentlich-rechtliche Gebühren ausdrücklich von der Anwendung der kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle ausgeschlossen werden sollen. Vorangegangen war eine zunehmende Aus-dehnung kartellbehördlicher Ermittlungen wegen angeblich überhöhter Wasserpreise. Der Bundesgerichtshof hatte zuletzt offengelassen, ob auch die Höhe öffentlich-rechtlicher Gebühren einer kartellbehördlichen Prüfung zugänglich ist (BGH, Beschl. v. 18. 10. 2011, KVR 9/11 – Niederbarnimer Wasserverband). Zumindest diese Frage ist durch die gesetz-liche Neuregelung von § 130 Abs. 1 Satz 2 GWB geklärt: Auf öffentlich-rechtliche Gebühren und Beiträge findet das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung nach nationalem Recht keine Anwendung. Der deutsche Gesetzgeber rückt damit die ehemals klaren Verhältnisse wieder gerade: Gebühren als Ausgleich für die Erbringung hoheitlicher Leistungen fallen nicht ins Kartellrecht, während die Preishöhe in privatrechtlichen Leistungsbeziehungen der kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle unterliegt. Das neue deutsche Kartellrecht ist seit dem 30. Juni 2013 in Kraft.

rechtsklarheit: Keine Kontrolle des bundeskartellamts über GebührenDie Befürchtung kommunaler Wasserversorger, dass die Landeskartellbehörden oder das Bundeskartellamt ihre

Argument angegriffen werden, dass das äquivalenzprinzip, also der Grundsatz der Ausgewogenheit der Gebühren im Einzelfall, gröblich verletzt ist (grundlegend BVerwG, Urt. v. 24. 3. 1961, VII C 109.60). Das im Kartellrecht vorherrschen-de Vergleichsmarktprinzip, d. h. der Vergleich mit der Preis-höhe anderer Wasserversorger, findet keine Anwendung.

Wassergebühren einer eingehenden Effizienzkontrolle unterziehen könnten, ist vom Tisch. Wassergebühren sind somit grundsätzlich nur am kommunalen Abgabenrecht zu messen, wofür die Kommunalaufsicht zuständig ist. Eine weitergehende rechtliche Kontrolle erfolgt durch die Verwal-tungsgerichte. Dort können Gebührensatzungen mit dem

Was sich für Bund, Länder und Kommunen ändert (und was nicht!)

DIE 8. GWB-NOVELLE

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Seite 12 WIRTSCHAFT /GEWERBE/FREIE BERUFE GWb-noVellePUBLICUS 2013.8 INHALT

Maßgeblich ist allein, ob die Gebührenhöhe in einem nach-vollziehbaren Verhältnis zu den tatsächlichen Kosten der Leistungserbringung steht. Der Nachweis einer willkürlichen überschreitung des behördlichen Gestaltungsspielraums gestaltet sich somit weitaus schwieriger als im Kartellrecht.

anreize zur rekommunalisierung – risiken bleibenFür öffentlich-rechtliche Einrichtungen mit unternehmeri-scher Tätigkeit, die sich der strengen Kontrolle der Kartellbe-hörden entziehen wollen, besteht daher auf den ersten Blick ein erheblicher Anreiz zu einer (Re-)Verstaatlichung ihrer Rechtsverhältnisse. Zur Verringerung der Kontrolldichte liegt es nahe, bislang privatrechtlich ausgestaltete Leistungsbezie-hungen in öffentlich-rechtliche Gebühren- und Abgabenver-hältnisse umzuwandeln. Denn der Ausschluss der Preismiss-brauchskontrolle durch die nationalen Kartellbehörden gilt umfassend – und somit nicht nur für Wassergebühren, son-dern auch für Straßenreinigungsgebühren, die Autobahn-maut oder Start- und Landegebühren an Flughäfen.

Vor verfrühter Freude über den Wegfall der Gebührenkon-trolle sei allerdings ebenso gewarnt wie vor der Behauptung einer angeblich drohenden Ausbeutung der Verbraucher durch staatliche Monopole. Einer überzogenen Gebührener-hebung steht schon die verwaltungsgerichtliche Inzident-kontrolle entgegen. Im übrigen ist auch keineswegs sicher-gestellt, dass Gebühren und Beiträge vollumfänglich der kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle entzogen sind. Eine wichtige „Ausnahme von der Ausnahme” enthält § 31 Abs. 3 GWB. Hiernach dürfen horizontale Vereinbarungen mit anderen Wasserversorgern oder Gebietskörperschaften nicht zu einem Marktmachtmissbrauch gegenüber Abneh-mern führen. Diese Regelung ist nicht von der Tatbe-standsausnahme des § 130 Abs. 1 Satz 2 GWB umfasst.

europäisches Kartellrecht bleibt unberührtUnliebsame überraschungen drohen auch, falls sich das Bundeskartellamt entschließen sollte, für künftige Ermittlun-gen die Vorschriften des europäischen Kartellrechts heran-zuziehen. Den nationalen Kartellbehörden steht es nach Art. 3 Abs. 1 VO 1/2003 offen, bei Sachverhalten mit Zwi-schenstaatlichkeitsbezug auch das Europäische Kartellrecht anzuwenden. Ausgeschlossen ist dies nur, wenn es an einer spürbaren Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Han-

Gebietsreformen beruhen. Dadurch entfällt das Erfordernis einer Genehmigung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt, so etwa im Fall von Krankenhausfusionen oder der Zusammenlegung mehrerer Stadtwerke als Folge einer kommunalen Gebietsreform. Eine Untersagung des Zusammenschlusses kommt dann nicht in Betracht – und zwar auch nicht bei überschreiten eines Marktanteils des fusionierten Unternehmens von 40 % oder anderweitiger Anhaltspunkte für das Entstehen einer marktbeherrschen-den Stellung. Solche Fälle sind zwar bislang nur vereinzelt vom Bundeskartellamt behandelt worden. Angesichts des Bevölkerungsrückgangs dürften sie aber zunehmen. Letzt-lich geht es darum, künftige kommunale Gebietsreformen unbelastet von unangenehmen kartellrechtlichen Folge-wirkungen umsetzen zu können.

dels fehlt. Dies ist nach der Bekanntmachung 2004/C 101/07 der Europäischen Kommission bei vertikalen Beschränkun-gen jedenfalls dann der Fall, wenn der Lieferant einen Jah-resumsatz von unter 40 Mio. Euro aufweist und sein Markt-anteil 5 % nicht überschreitet. Nur dann kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass Gebühren und Beiträge der kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle auch unter europäischem Blickwinkel entzogen sind.

In allen anderen Fällen, in denen Unternehmen aus ande-ren EU-Mitgliedstaaten als potentielle Wettbewerber in Betracht kommen, ist ein Zwischenstaatlichkeitsbezug gegeben. Zwar sollen auch hier die kartellrechtlichen Vor-schriften nicht für hoheitliche Maßnahmen gelten. Allerdings reicht die hoheitliche Erhebung von Gebühren und Beiträgen für sich genommen nicht aus, um auch die zugrundeliegende Leistungserbringung als „hoheitlich” im europarechtlichen Sinne zu qualifizieren. Maßgeblich ist nach der Rechtspre-chung des EuGH vielmehr, ob die öffentlich-rechtliche Leis-tungserbringung mit der Ausübung von Befugnissen zusam-menhängt, die „typischerweise” hoheitlicher Natur sind (EuGH, Urt. v. 19. 1. 1994, Rs. C-364/92 – SAT Fluggesell-schaft). Gerade hinsichtlich der Trinkwasserversorgung in den einzelnen Bundesländern ist eine eindeutige Einordnung in diese Kategorien auf Basis der gegenwärtigen Gesetzesla-ge aber nicht möglich.

Weitergehende kartellrechtliche Privilegierung der öffentlichen handDie Neuregelung des § 130 Abs. 1 Satz 2 GWB im Zuge der 8. GWB-Novelle stellt klar, dass die Kontrolle öffentlich-rechtlicher Gebühren und Beiträge jedenfalls vom deutschen Kartellrecht weitgehend ausgenommen ist. Rechtssicher-heit, dass Gebühren und Beiträgen auch nicht der Miss-brauchskontrolle nach Europäischem Kartellrecht unterlie-gen, bietet die Regelung hingegen nicht. Dennoch kann sich die öffentliche Hand als Sieger des Gerangels im Vermitt-lungsausschuss um kartellrechtliche Privilegierungen füh-len. Denn eine weitere gesetzliche Ausnahme für kommu- nale Unternehmen wurde in § 35 Abs. 2 Satz 2 GWB aufgenommen.

Danach finden die nationalen Fusionskontrollvorschriften künftig keine Anwendung mehr auf Zusammenschlüsse öffentlicher Unternehmen, wenn diese auf kommunalen

Dr. Jochen Bernhard, Rechtsanwalt, Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart

[email protected] www.menoldbezler.de

Dr. Stefan Meßmer, Rechtsanwalt, Partner, Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart

[email protected] www.menoldbezler.de

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Seite 13 ABGABEN/FINANZEN/STEUERN GebührenrücKlaGe Für SanierUnGenPUBLICUS 2013.8 INHALT

Mehr Spielraum bei Abschreibungen von Wasserversorgungs- und Entwässerungseinrichtungen.

Bei den kostenrechnenden Einrichtungen soll das Gebühren-aufkommen die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten decken. Hierzu zählen gemäß Art. 8 Abs. 3 Bayerisches Kommunalabgabengesetz (KAG) auch angemessene Abschreibungen von den Anschaffungs- und Herstellungskosten. Mit der aktuellen änderung des KAG wird den Einrichtungsträgern ermöglicht, alternativ von Wiederbeschaffungszeitwerten abzuschreiben, mit der Folge, dass sie Rücklagen für künftige Sanierungen anspa-ren können.

Sanierungsstau bei einrichtungen der Wasserversorgung und entwässerungNach bisheriger Rechtslage konnten Träger kommunaler Wasserversorgungs- und Entwässerungseinrichtungen bei der Gebührenfinanzierung für diese kostendeckenden Bereiche kaum finanzielle Reserven für künftig entstehenden Kostenaufwand bilden. In die Kalkulation der Benutzungsge-bühren durften nach Art. 8 Abs. 3 Satz 1 und 3 KAG lediglich die Abschreibungen von den Anschaffungs- und Herstel-lungskosten einfließen, die nicht bereits über Beiträge oder sonstige Entgelte gedeckt sind. Die Gebühreneinnahmen

Ì Bildung finanzieller Reserven für künftige

Investitionen wird ermöglicht.

Wahlrecht zur abschreibung von Wiederbeschaffungs-zeitwertenUm den Handlungsspielraum der Einrichtungsträger zu erweitern, wird ihnen durch die Anpassung des Art. 8 Abs. 3 KAG die Möglichkeit an die Hand gegeben, die

orientierten sich eher an den Kosten der Vergangenheit als nach den aktuellen oder künftigen Kosten. Demgegenüber sind viele Gemeinden mit hohen Aufwendungen für dringend notwendige Sanierungen von Anlagen zur Wasserversor-gung und Entwässerung konfrontiert.

Bayerisches KAG: Abschreibung von Wiederbeschaffungszeitwerten

RüCKLAGE FüR SANIERUNGEN!

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Seite 14 ABGABEN/FINANZEN/STEUERN GebührenrücKlaGe Für SanierUnGenPUBLICUS 2013.8 INHALT

Abschreibungen von den Anschaffungs- und Herstellungs-kosten oder neuerdings von den jeweiligen Wiederbeschaf-fungszeitwerten zu berechnen. Während der Abzug von Beiträgen und ähnlichen Entgelten bei beiden Abschrei-bungsmethoden angeordnet ist, können die Anschaffungs- und Herstellungskosten bzw. die Wiederbeschaffungszeit-werte bei der Bemessung der Abschreibungen um Zuwendungen gekürzt werden, müssen es aber nicht.

Mehrerlöse, die sich aus einer Abschreibung von Wieder-beschaffungszeitwerten gegenüber einer Abschreibung von Anschaffungs- und Herstellungskosten oder dadurch erge-ben, dass Zuwendungen nicht in Abzug gebracht werden, sind der Einrichtung nach dem neuen § 8 Abs. 3 Satz 4 KAG einschließlich einer angemessenen Verzinsung wieder zuzuführen.

Indem weiterhin eine Gebührenbemessung nach dem Anschaffungs- und Herstellungskostenprinzip zugelassen ist, werden Einrichtungsträger, die über ausreichend finanzi-elle Mittel verfügen, um künftige Sanierungen durchzufüh-ren, nicht zu abschreibungsbedingten Gebührenerhöhungen gezwungen. Die Bildung von finanziellen Reserven ist viel-mehr freiwillig und den kalkulierenden Personen freigestellt. Zwischen den beiden Abschreibungsmethoden kann prob-lemlos zu Beginn eines jeden neuen Kalkulationszeitraumes gewechselt werden. Ein Stetigkeitsgebot gilt insoweit nicht. Ebenso zulässig ist eine Festlegung unterschiedlicher Ab-schreibungsmethoden für Teileinrichtungen (LT-Drs. 16/15922, 4).

Der bayerische Gesetzgeber verspricht sich vom Wahl-recht, die Abschreibung nach den Wiederbeschaffungszeit-werten zu berechnen, dass die erforderlichen (Investitions- und) Sanierungsmaßnahmen zeitnah durchgeführt und nicht aus Furcht vor massiven Gebührenerhöhungen hinausge-schoben werden. Daneben sollen durch ein angespartes Finanzpolster insbesondere bei kostenintensiven Maßnah-men hohe Gebührensteigerungen vermieden oder zumindest reduziert werden, womit sich das Gebührenaufkommen insgesamt verstetigt.

Wiederbeschaffungszeitwerte als MaßstabDer Begriff „Wiederbeschaffungszeitwert” kennzeichnet den Betrag, um den ein Anlagegut gegenwärtig neu zu erwerben wäre. Entsprechend der allgemeinen Preissteigerungen ist

stellen wäre, dass es nicht zu ungerechtfertigten Ansparun-gen kommt (Varianten 2 und 3).

Keine eingrenzung auf bestimmte einrichtungenWie in der Gesetzesbegründung ausdrücklich erwähnt, beschränkt sich die Möglichkeit einer Abschreibung von Wiederbeschaffungszeitwerten nicht auf Einrichtungen der Wasserversorgung und Entwässerung. Zwar wird in erster Linie das öffentliche sanierungsbedürftige Leitungsnetz durch die ansparenden Rücklagen profitieren, gleichwohl ist auch bei anderen Einrichtungen Bedarf für eine Abschrei-bung von Wiederbeschaffungszeitwerten zu erkennen.

Folgen für die PraxisFür die kostenrechnenden Einrichtungen zieht die Wahl der Abschreibung von Wiederbeschaffungszeitwerten einen höheren Verwaltungsaufwand nach sich. Neben einem Anlagennachweis, der z. B. nach der Eigenbetriebsverord-nung aufzustellen ist und die historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten enthalten muss, wird für Kalkulati-onszwecke ein eigener Anlagennachweis vorausgesetzt, aus dem die aktuellen Zeitwerte aller Anlagegüter hervorgehen. Dies macht teils zeitaufwändige Recherchen und Preisabfra-gen bei (potentiellen) Lieferanten notwendig. Dass kleinere und mittlere Aufgabenträger den neu geschaffenen Spiel-raum nicht nutzen werden, wie es der Bayerische Gemeinde-tag in der Pressemitteilung vom 06. 03. 2013 befürchtet, bleibt erst abzuwarten. Jedenfalls steht den Kommunen gegenüber den definitiven Anschaffungs- und Herstellungs-kosten ein größerer Spielraum hinsichtlich der Preisfindung und Bewertung einzelner Anlagen zu Zeitwerten zu.

der Wiederbeschaffungszeitwert i.d.R. höher als die histori-schen Anschaffungs- und Herstellungskosten. Dies gilt erst recht bei Anlagegütern wie Leitungsnetzen oder Kanälen, die vor Jahrzehnten angeschafft wurden. Beträgt die durch-schnittliche Inflationsrate z. B. 2 % für das betreffende Sanierungsobjekt, welches vor 40 Jahren für 100.000 Euro erworben wurde, errechnet sich ein Wiederbeschaffungs-zeitwert von rund 220.000 Euro. Angesichts solcher Bewer-tungsunterschiede liegt ein stetig steigendes Ansparvolu-men infolge einer Abschreibung von Zeitwerten auf der Hand. Der Landesgesetzgeber (LT-Drs. 16/15922, 4) emp-fiehlt zur Ermittlung der Wiederbeschaffungszeitwerte bei Entwässerungseinrichtungen, aber auch bei Wasserversor-gungsunternehmen, die Heranziehung des Arbeitsblattes DWA-A 133 „Wertermittlung von Abwasseranlagen – Syste-matische Erfassung, Bewertung und Fortschreibung” der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V.

Keine tragfähigen alternativenDie jetzige änderung des KAG geht auf einen Antrag der Regierungsfraktionen im Jahr 2010 (LT-Drs. 16/6915) bzw. auf einen Beschluss des Landtages im Jahr 2011 (LT-Drs. 16/8008) zurück, wonach die Staatsregierung zur Prüfung aufgefordert wurde, „ob gesetzgeberischer Handlungsbe-darf für die Bildung von zweckgebundenen ‚Rückstellungen‘ zur Finanzierung von wirtschaftlich vernünftigen Sanie-rungs- und Verbesserungsmaßnahmen der örtlichen Abwas-serentsorgung besteht”.

Mit Bericht an den Landtag vom 19. 7. 2011 hat das Staats-ministerium des Innern vier denkbare Lösungsmöglichkeiten dargestellt, nämlich eine Verbreiterung der Bemessungs-grundlage (Variante 1), einen prozentualen Gebührenzu-schlag (Variante 2), angemessene Rückstellungen (Variante 3) und schließlich die Abschreibung von Wiederbeschaf-fungszeitwerten (Variante 4), wie sie auch in anderen Bun-desländern geregelt ist. Die Varianten 1 bis 3 erschienen dem Gesetzgeber (LT-Drs. 16/15922, 4) allerdings insofern ungeeignet, als das Ansparvolumen im Wesentlichen abhän-gig ist vom Ausmaß einer vorherigen Beitragsfinanzierung (Variante 1) bzw. die Bemessungsgrundlagen nicht in einem direkten Sachzusammenhang mit dem künftigen Investiti-onsbedarf stehen und folglich in jedem Einzelfall sicherzu-

Martin Kronawitter, Dipl.-Bw. (FH) / Dipl.-Vw. / Dipl.-Hdl., Untergriesbach

[email protected]

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Seite 15 BUND/LäNDER/KOMMUNEN ProdUKtorientierte aKtenPlänePUBLICUS 2013.8 INHALT

Ist der Produktplan das richtige Ordnungssystem zur Unterstützung der Kommunen?

Derzeit wird immer wieder die Frage aufgeworfen, ob der Kommunale Aktenplan nicht durch einen völlig neuen ersetzt werden könnte, der auf dem Produktplan aufbaut. Aktuell wird die Frage meist, wenn die Einführung eines Dokumen-tenmanagementsystems (DMS) bevorsteht. Dann stellen manche Verwaltungen fest, dass der eingeführte Kommuna-le Aktenplan (0 bis 9 Aktenplan) bei ihnen keine Anwendung und Pflege mehr findet und wenig Akzeptanz genießt. Da sich diejenigen, die mit dem Kommunalen Aktenplan gut oderzumindest einigermaßen zu Recht kommen, selten positiv äußern, könnte man mitunter auf den ersten Blick meinen, dass alle die fundamentale Kritik am Kommunalen Aktenplan teilen.

Vor allem jene Verwaltungen, die die Ablage ihres Schrift-guts in früheren Zeiten vernachlässigt haben, erscheint die Hinwendung zu einem neuen System der Schriftgutablage als nahe liegendes Heilmittel. In ihren Augen schimmert ein produktorientierter Aktenplan besonders verlockend, weil er sich dasjenige Ziffernsystem zunutze machen würde, das die Verwaltungen derzeit mit großer Mühe für den Haushalts-plan einführen. Sie weisen auf Syner gieeffekte hin.

Würde der Ersatz des bestehenden kommunalen Akten-plans durch einen produktorientierten Aktenplan die Proble-me in der Schriftgutverwaltung tatsächlich lösen? Das ist eher unwahrscheinlich, es gibt gute Gründe, von einem solchen Lösungsansatz abzuraten.

unnötig sind. Viel sinnvoller ist es, den Ansatz zu einem pro-duktorientierten Aktenplan mit dem Kommunalen Aktenplan zu vergleichen, zunächst strukturell, dann hinsichtlich des Erstel-lungs- und Umstellungsaufwands. Manches ist schlichte Ma-thematik, anderes betriebswirtschaftlich kalkulierbar, mitunter muss auch einfach ein Fragezeichen unterstrichen werden.

Produktorientierter aktenplan als lösung?Sicherlich, prinzipiell wäre ein produktorientierter Aktenplan machbar. Ein Aktenplan ist stets ein kunstvoll geschaffenes Ordnungssystem für Schriftgut, das einen gewissen Abstrakti-onsgrad hat. Wer sagt denn, welcher Art die Abstraktion sein muss? An dieser Stelle setzen mitunter Glaubenskriege ein, die

Produktorientierte Aktenpläne als „Heilmittel“?

AKTEN- ODER PRODUKTPLAN – EIN PLäDOyER

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Seite 16 BUND/LäNDER/KOMMUNEN ProdUKtorientierte aKtenPlänePUBLICUS 2013.8 INHALT

externe orientierung des ProduktplansIn der aktuellen Diskussion sind Aktenplanalternativen, die auf dem 2006 landesweit eingeführten baden-württembergi-schen Produktplan aufbauen. Zweck des Produktplans ist, „dass die Leistungen der Verwaltung unter den Gesichts-punkten Mengen, Kosten, Zeit und Qualität betrachtet und über Ergebnisse des Verwaltungshandelns gesteuert werden können”. Ein wesentliches Instrument zur Erreichung des Ziels soll der angestrebte interkommunale Vergleich sein, ein Wettbewerb unter den Kommunen, der einen Prozess des „Voneinander-Lernens” in Gang setzen sollte. Der Pro-duktplan dient gleichzeitig in hohem Maße Zwecken der Finanzstatistik, was in Baden-Württemberg schon hinsicht-lich der Verwaltungssteuerung „einige schmerzhafte Kom-promisse”, so das Vorwort des Produktplans, erforderlich machte. Zusätzlich engten Anforderungen der IT-Technik den Spielraum bei der Gestaltung des Produktplans ein.

Allen genannten Zwecken dient der Produktplan dadurch, dass er standardisierte Kennziffern für eine vergleichende Betrachtung des Verwaltungshandelns erhebt. Weil viele Verwaltungen die ihnen übertragenen Aufgaben mit sehr unterschiedlichen Personen, Standards und Methoden erledigen, sind sie auf der Tätigkeitsebene nur schwer miteinander vergleichbar. Deshalb wurde als Beobachtungs- und Vergleichsstandard beim Produktplan das gewählt, was beim Verwaltungshandeln herauskommt. Unabhängig davon, wie eine Verwaltung beispielsweise eine Kraftfahrzeugzulas-sung durchführt, egal ob sie davon große Teile elektronisch, mit einem oder mehreren Sachbearbeitern erledigt, am Schluss hält der Antragsteller doch immer einen Bescheid über Zulassung oder Nichtzulassung in der Hand. Auf die-sem Phänomen baut die Systematik des Produktplans auf. Er stellt also die Ergebnisse des behördlichen Handelns in den Mittelpunkt, die externen Ausprägungen des Verwal-tungshandelns. Das Denken hinter dem Produktplan lässt sich ein Stück weit mit dem vom Front-Office beim Unter-nehmensmanagement vergleichen. Die Ergebnisse des Verwaltungshandelns sind vor allem jene Produkte, die die Kunden im Front Office nachfragen können.

Das Back-Office hingegen, das sich mit allen Vorgängen, die für die Erstellung des Produkts erforderlich sind, befasst, bleibt im Schatten. Aufgrund der externen Produktorientie-rung spielen zunächst alle internen Vorgänge, die zur Erstel-

Auch Verwaltungsgerichte müssen in aller Regel der Frage nachgehen, wie eine Verwaltungsentscheidung zu Stande kam. Deshalb wird bei ihrer Entscheidungsfindung der Back-Office-Bereich eine große Rolle spielen und muss sorgfältig dokumentiert werden.

hierarchisch flach oder starkNeben ihrer Orientierung unterscheiden sich der Produkt-plan und der Kommunale Aktenplan auch grundsätzlich durch ihre hierarchische Struktur.

Wie im bundesweiten Rahmenplan vorgesehen, werden auch im Produktplan Baden-Württemberg die sechsziffrigen Produkte zu vierziffrigen Produktgruppen zusammenge-fasst, diese wiederum in zweiziffrige Produktbereiche. Wechsel zwischen den Hierarchiestufen werden durch Punkte (jeweils nach 2 Ziffern) gekennzeichnet. Der Pro-duktplan benötigt somit sechs Ziffern und zwei Punkte zur Kennzeichnung von 3 Hierarchiestufen. Die Produktbereiche stellen im Ergebnis ein relativ flaches hierarchisches System dar, das – bei voller Nutzung – aus bis zu 100 (0 bis 99) gleichwertigen Produktbereichen bestehen kann. Derzeit sind deutlich weniger als die verfügbaren Stellen durch entsprechende Produkte, Produktgruppen oder Produktbe-reiche belegt.

Der kommunale Aktenplan und der KGSt-Aktenplan stellen hingegen prinzipiell bis zu sechs Hierarchiestufen zur Verfü-gung, die durch jeweils eine Ziffer gekennzeichnet sind. In jeder Gliederungsebene stehen hier maximal zehn gleich-wertige Positionen (0 bis 9) zur Verfügung. Der Kommunale Aktenplan und der KGSt-Aktenplan sind somit deutlich stärker hierarchisiert als der Produktplan.

Diese stärkere Hierarchisierung verschafft dem kommuna-len Aktenplan eine deutlich größere übersichtlichkeit und Merkfähigkeit als dem Produktplan. Dieser Vorteil lässt sich berechnen. Um circa eine Million Ablagestellen (oder Akten-stellen) zur Verfügung zu stellen, benötigt der Produktplan drei Hierarchiestufen mit jeweils zwei Ziffern, das führt zu den gewünschten 100 hoch drei Ablagestellen. Um das System herzustellen, werden auf jeder der drei Hierarchie-ebenen jeweils 100 Schalter benötigt, im Gesamtsystem also 300 Schalter. Der Kommunale Aktenplan benötigt auf sechs Hierarchieebenen jeweils 10 Ziffern je Ebene, um dieselbe Zahl von Ablagestellen, nämlich zehn hoch sechs, zur Verfü-

lung des Produktes führen und die für die Tätigkeit der Behörde an sich erforderlich sind, eine untergeordnete Rolle.

Die Orientierung des Produktplans auf externe Produkte führt zu seiner relativen thematischen Schwäche hinsichtlich mancher Tätigkeiten des Verwaltungshandelns. Für interne Vorgänge, die Kosten produzieren und nicht einzelnen Produkten zugeordnet werden können, hat der bundesein-heitliche Produktrahmenplan als Behelf einen eigenen Produkt bereich „11 Innere Verwaltung” eingefügt. Dieses Hilfskonstrukt umfasst Steuerungs-, Steuerungsunterstüt-zungs- und Serviceleistungen. Daneben bildet dieser Pro-duktbereich noch weitere Leistungen ab, die nicht einmal „klassische” interne Produkte darstellen, etwa die Aufgaben der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die Kommunal-aufsicht, das Abgabenwesen und Aufgaben des Grundstück-verkehrs und der Grundstückverwaltung. Kann dieses Kon-glomerat mit allen Themen aus den Bereichen des kommunalen Verfassungsrechts, des Verwaltungsaufbaus, der Verwaltungsorganisation oder der Beziehungen zu staatlichen Organen oder übergreifenden Fachfragen zu- rechtkommen? Sicherlich lassen sich die Produktpläne bei der Weiterentwicklung zu Aktenplänen um Stellen ergänzen, denen diese Aufgaben zugeordnet werden können. Hilfskon-strukte laufen jedoch stets große Gefahr, zu Systembrüchen und strukturellen Mängeln zu führen.

interne orientierung des aktenplansDer Aktenplan hat eine andere Grundorientierung als der Produktplan. Er wird aus den Aufgaben einer Behörde entwi-ckelt und orientiert sich an den internen Verwaltungsvorgän-gen, unabhängig davon, ob diese eher einem „Front-office”-Bereich oder einem „Back-office”-Bereich zuzuordnen wären. Er hat damit aber auch den „Back-office”-Bereich im Blick, in dem die Mehrzahl der Verwaltungsvorgänge, bei denen Schriftgut anfällt, stattfinden. Damit zielt er sehr stark auf die Art und Weise, in der eine Kommunalbehörde ihre Aufgaben wahrnimmt, unabhängig davon, ob Bürger die Ergebnisse nachfragen. Da das Schriftgut in einer Verwal-tung bei allen Vorgängen im Back-Office-Bereich ebenso wie derjenigen im Front-Office-Bereich entsteht, kann es leich-ter mit Hilfe eines Aktenplans organisiert werden, der beide Bereiche im Blick hat als einem, der sein Hauptaugenmerk auf den Front-Office-Bereich legt.

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Seite 17 BUND/LäNDER/KOMMUNEN ProdUKtorientierte aKtenPlänePUBLICUS 2013.8 INHALT

gung zu stellen. Der Kommunale Aktenplan verwendet auf sechs Hierarchiestufen jeweils 10 Schalter, insgesamt ledig-lich 60 Schalter zur Etablierung seines Systems. Das ver-schafft ihm eine deutlich größere übersichtlichkeit.

In der Praxis führt die unterschiedliche Struktur dazu, dass der Produktplan sechs Gliederungsziffern benötigt, wo der Aktenplan häufig noch mit drei oder vier Gliederungszif-fern auskommt.

anpassungsbedarf eines produktorientierten aktenplansDer oben angestellte Vergleich ist insofern banal, als der Produktplan eben kein Aktenplan ist. Er wurde nicht zur Ablage von Schriftgut entwickelt. Prinzipiell wäre es aller-dings durchaus möglich, den Produktplan zu einem Akten-plan weiterzuentwickeln. Man muss sich allerdings klar- machen, dass zwischen dem Produktplan und einem zu entwickelnden produktorientierten Aktenplan ein ähnlicher Unterschied wie zwischen dem kameralistischen Haushalts-plan und dem klassischen Kommunalen Aktenplan besteht.

Während der Produktplan seine Gliederung – aufgrund seiner Zielsetzung – noch auf der Ebene der Produkte und damit in einem relativ groben Bereich beendet, folgen im Kommunalen Aktenplan noch zwei bis drei weitere bereits ausentwickelte Hierarchiestufen, die es erlauben, Akten viel systematischer einzuordnen. Um ähnliches mit dem Pro-duktplan tun zu können, muss dieser erst durch Einführung weiterer Gliederungsebenen – mit entsprechenden Num-mernbereichen – zu einem Schriftgutablagesystem ausge-baut werden. Das könnte zu vielstelligen, in untersuchten Praxisbeispielen bis zu 10-stelligen und 12-stelligen Akten-planzeichen führen, die relativ unübersichtlich sind. Für die Entwicklung des Produktplans zu einem Aktenplan ist in jedem Fall Zeit und Personal aufzuwenden. Strukturell dauerhaft von Nachteil und die Akzeptanz gefährdend blie-ben das erforderliche Ziffernsystem mit seinem Mehr an Schaltern und die thematische Inkonsistenz.

Um einen landeseinheitlichen produktorientierten Akten-plan zu erstellen, müsste zudem ein Abstimmungsprozess zwischen Entwicklern, kommunalen Spitzenverbänden und deren Facharbeitskreisen durchgeführt werden, wie er beim Kommunalen Aktenplan bereits erfolgt ist. An die Erarbei-tung eines produktorientierten Aktenplans schlösse sich sodann eine jahrzehntelange intensive Optimierungsphase

eines produktorientierten Aktenplans beschäftigt, die Ein-führung in Kommunen und Landkreisen würde enorme Ressourcen binden. Das Ergebnis dieser Arbeit würde auf-grund der strukturellen Gegebenheiten jedoch eine hohe Gefahr bergen, unbefriedigender und ungeeigneter zu sein, als der bestehende Kommunale Aktenplan. Ob ein solcher neuer, produktorientierter Aktenplan größere Akzeptanz finden würde als der eingeführte Kommunale Aktenplan, erscheint sehr fraglich. Jedenfalls rechtfertigt eine Akzep-tanzprognose nach dem Prinzip Hoffnung den Aufwand nicht. Statt der aufwändigen Entwicklung neuartiger pro-duktorientierter Aktenpläne sollten deshalb die Anstrengun-gen auf eine Verbesserung und überarbeitung des im Grun-de genommen bewährten und über Jahrzehnte entwickelten Kommunalen Aktenplans zielen. Eine solche Erarbeitung bereiten der Landkreistag und der Gemeindetag Baden-Württemberg mit dem Verlag Richard Boorberg derzeit vor.

hinweis der redaktion: Der Beitrag wird in der nächsten Ausgabe mit einem Artikel zur Bedeutung des Aktenplans für das Management elektronischer Akten fortgesetzt.

an, so wie sie auch der Einführung des Kommunalen Akten-plans nachging.

hoher UmstellungsaufwandGesondert abzuschätzen bleibt der Aufwand für die tatsäch-liche Einführung eines produktorientierten Aktenplans in den Verwaltungen. Wollen die Kommunen und Landkreise an einem einheitlichen Aktenplan in Baden-Württemberg festhalten, dann müssten auch bestehende funktionierende Schriftgutverwaltungen auf den produktorientierten Akten-plan umstellen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus über 1000 Kommunen und Landkreisen in Baden-Württemberg müssten zunächst geschult werden. Danach erst könnten sie ihre Akten umformieren, umsignieren, gegebenenfalls deren Standorte ändern. Vor der Entscheidung für ein Projekt zur Einführung eines produktorientierten Aktenplans sollte dieser Aufwand unbedingt vorher landesweit ermittelt werden.

Variabilität des aktenplansSchließlich ist darauf hinzuweisen, dass den Kommunen und Landkreisen große Gestaltungsspielräume bei der Anpas-sung des Produktplans eingeräumt sind. Diese gehen deut-lich über die Gestaltungsspielräume hinaus, die das hierar-chische System des Kommunalen Aktenplans bei der Ablage von Schriftgut eigentlich lässt. Dass es in der Praxis durch Falschinterpretation des Aktenplans zu Fehlentwicklungen gekommen sein mag, widerspricht dieser Feststellung nicht. Ein produktorientierter Aktenplan liefe deshalb von vornehe-rein ein hohes Risiko, landesweit deutlich uneinheitlicher umgesetzt zu werden, als der Kommunale Aktenplan. Ver-heerend wird es vollends, wenn sich zwei Aktenplansysteme nebeneinanderher entwickelten, einerseits der neue produk-torientierte für alle, die bisher den Aktenplan vernachlässigt haben, andererseits der fortgeführte Kommunale Aktenplan, den wohl die meisten beibehalten würden, die bisher gut mit ihm gefahren sind. Damit wäre die bisher doch einigermaßen gewährleistete Landeseinheitlichkeit des Kommunalen Aktenplans massiv gefährdet.

Garantiert hoher aufwand bei ungewissem ausgangInsgesamt wäre ein vielköpfiges Projektteam unter Einbezie-hung weiterer Fachleute längere Zeit mit der Erarbeitung

Dr. Wolfgang Sannwald, Öffentlichkeitsarbeit, Archiv und Kultur Abteilungsleiter, Kreisarchivar, Tübingen

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Seite 18 NATUR/UMWELT/ENERGIE StroMnetzaUSbaUPUBLICUS 2013.8 INHALT

Geplanter Netzausbau und nachhaltige Energiewende – ein Widerspruch?

Mit dem Wort „Energiewende” verbindet sich die optimisti-sche Vorstellung von einer Hinwendung der Gesellschaft in Richtung freundlicherer Gestaltungen. Im Bereich der Ener-gie also: Weniger verschmutzte Luft und vergiftetes Wasser, weniger Verschwendung der Geschenke der Natur, mehr Schutz für ein gesundes Leben, kurzum: mehr Nachhaltig-keit. Hält diese Wende aber, was sie uns verspricht? Weniger poetisch ausgedrückt: Sind die wirtschaftlichen und politi-schen Akteure bereit und in der Lage, ihre partikulären Interessen soweit zurückzustellen, dass Kompromisse für eine nachhaltige ökonomische Entwicklung im Energiesektor möglich werden?

In Fortführung und Vertiefung der in der Juni-Ausgabe (Ausgabe 2013.5, Seiten 12 ff.) vorgebrachten Kritik an den offiziellen Netzausbauplanungen und der einschlägigen Netzausbaugesetze soll im Folgenden ein Bericht über den Stand des Konflikts zwischen Gemeinwohl und Gewinnstre-ben im Sektor der Energieversorgung (immerhin 2,5 % der deutschen Bruttowertschöpfung) gegeben und die wesentli-chen Defizite der Netzausbauplanung herausgestellt werden.

Szenarien der Stromerzeugung in deutschland, 2010 bis 2050 (leitstudie 2011)Die Anfang 2012 veröffentlichte „Leitstudie 2011” zeigt, wie die energiewirtschaftlichen Ziele des Energiewirtschaftsge-setzes im Einzelnen in den nächsten Jahrzehnten verwirk-licht werden sollen. Die Studie verdeutlicht den drastischen Wandel der hier projektiert wird:

– Kernenergie, die 2010 noch fast ein Viertel des Strom-bedarfs deckte, wird ab 2023 überhaupt keinen Beitrag mehr leisten.

– Der Beitrag der Kohle zur Stromerzeugung, 2010 noch fast die Hälfte, soll bis 2030 auf knapp ein Siebtel und bis 2050 auf ein Zwanzigstel gesenkt sein.

Dominieren die Nichterneuerbaren 2010 bei der installier-ten Leistung noch mit 65 %, bei der erzeugten Energie sogar mit 80 %, so soll ihr Anteil bei Leistung und bei Energie bis 2030 schon auf unter 40 % und bis 2050 auf unter 20 % gesenkt werden. Dabei stechen drei Merkmale dieses drasti-schen Wandels hervor:

Teil 1: Der Umbau der Elektrizitätsversorgung

STROMNETZAUSBAU – WOFüR UND FüR WEN?

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Seite 19 NATUR/UMWELT/ENERGIE StroMnetzaUSbaUPUBLICUS 2013.8 INHALT

– Die installierte Leistung der Photovoltaik soll bis 2050 auf ein Drittel der insgesamt installierten Generatorleistung ansteigen, während ihr Beitrag zur Energieerzeugung allerdings weniger als ein Zehntel beträgt.

Die Konsequenzen für das übertragungsnetz sind offen-sichtlich: – Die starken Höchstspannungsleitungen, die vor wenigen

Jahren noch 17 Kernkraftwerke mit dem übertragungs-netz verbanden, werden schrittweise frei für andere übertragungsaufgaben.

– Für Kohlekraftwerke sollten längerfristig keine über-tragungskapazitäten geplant werden.

– Die Entwicklung der Photovoltaik mit ihrem sehr geringen spezifischen Energieertrag von weniger als 1.000 Volllast-stunden pro Jahr und nur im nachfrageschwachen Sommer günstigstenfalls 4 Volllaststunden pro Tag, und deshalb einem unverhältnismäßig großen Bedarf an schnell regelbaren Reservekraftwerken, ist trotz des freien Guts Strahlungsenergie keinesfalls nachhaltig. Die bisheri-gen volkswirtschaftlichen Fehlinvestitionen würden durch den projektierten weiteren massiven Ausbau ohne ent-sprechende Maßnahmen zur Speicherung noch verstärkt werden. Für die Netzplanung auf Höchst- und teilweise auch auf Hochspannungsebene wirken die Anlagen jedoch neutral bis positiv: Die Einspeisung erfolgt meist auf Mittelspannungsebene und kann relativ preiswert und umweltschonend über kurze Kabelverbindungen zum 110-kV-Netz erfolgen. Aus Klima- und Wettergründen liegt ein erheblicher Teil der Anlagen außerdem im südli-chen Deutschland, was den Bedarf an Fernübertragung von Nord nach Süd verringert.

– Für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere auch der Windenergie, ist der Bau von Gas-Reservekraftwerken im südlichen Deutschland drin-gend erforderlich, um die hohen Fluktuationen – Stark-windphasen und Flauten in häufigem Wechsel – aus-zugleichen.

erweiterung der netzkapazitäten nur bei (volks-)wirtschaftlicher zumutbarkeitSowohl im Energiewirtschaftsgesetz wie im Erneuerbare-Energien-Gesetz wird die Verpflichtung der Netzbetreiber zu Optimierung, Verstärkung und Ausbau des Netzes ausdrück-

Anders als für fossil befeuerte Kraftwerke, die abgesehen von seltenen Störungen kontinuierlich in das Netz einspei-sen können, gilt für Energieanlagen mit zeitlich sehr stark fluktuierender Leistungsabgabe, wie insbesondere für die zahlreichen Windenergieanlagen einer Region, die gemein-sam in das Netz einspeisen, das Folgende: Nur für seltene kurze Momente von gleichzeitigem Starkwind im gesamten Einzugsgebiet wird, wenn überhaupt, annähernd die Summe aller Nennleistungen aller angeschlossenen Anlagen er-reicht. Der Grenznutzen eines Netzausbaus sinkt deshalb mit wachsendem Netzausbau schnell gegen Null ab. Ein Ausbau in Höhe von fast der gesamten in der betreffenden Region installierten Windgeneratorleistung, um auch sehr seltene Windenergiespitzen gesichert übertragen zu können, wie in den offiziellen Netzentwicklungsplänen vorgesehen, wider-spricht deshalb dem Gebot der wirtschaftlichen Zumutbar-keit und auch dem gesunden Menschenverstand: Es müssten für eine solche Erhöhung der übertragungsleistung Millio-nen von Euro zusätzlich investiert werden, um zusätzlich erneuerbare Energie im Wert von einigen Tausend Euro gesichert übertragen zu können.

Eingehende Untersuchungen haben gezeigt, dass für die großen Windenergieparks, die im Norden und Nordosten Deutschlands in das Höchstspannungsnetz Richtung Süden einspeisen, die optimale übertragungsleistung und damit der optimale Netzausbau schon bei etwa zwei Drittel der gesamten in der betreffenden Region installierten Wind-generatorleistung erreicht ist. Die für das ferngesteuerte Herunter regeln der Einspeiseleistung erforderliche techni-sche Ausstattung der Anlagen und die Entschädigungen für die wegen eines Netzengpasses nicht eingespeisten Energie-mengen sind gesetzlich unter dem Stichwort „Einspeise-management” geregelt [§§ 11, 12 EEG]. Die Untersuchungen zeigen auch, dass durch dieses „Einspeisemanagement” bei einem nur bis zur wirtschaftlichen Zumutbarkeit ausgebau-ten Netz weit weniger als 1 % der erzeugbaren Energie ausgesperrt werden muss.

Vom netzentwicklungsplan zum bundesbedarfsplanFür den Netzumbau sind besonders relevant das Netzaus-baubeschleunigungsgesetz übertragungsnetz [Art. 1 Netz-ausbauG; NABEG] sowie das Gesetz zur Neuregelung ener-giewirtschaftsrechtlicher Vorschriften [Art. 2 NetzausbauG;

lich beschränkt durch den Teilsatz: „… soweit es wirtschaft-lich zumutbar ist, …” [§ 11 (1) S. 1 EnWG] bzw. aufgehoben: „… soweit es wirtschaftlich unzumutbar ist.” [§ 9 (3) EEG].

„Wirtschaftlich zumutbar oder unzumutbar” – aber für wen? – Die einzelwirtschaftlichen Kosten für die genannten Netzausbaumaßnahmen werden von den übertragungsnetz-betreibern in voller Höhe auf die Endverteilungsunterneh-men überwälzt; als Netznutzungsentgelte werden sie dann letztendlich zum Teil der Stromrechnung, und somit werden sie direkt und voll den Stromverbrauchern in Rechnung gestellt. Zudem werden die sozialen Kosten des Netzausbaus wie Landschaftsinanspruchnahme etc. ohnedies von der Allgemeinheit getragen.

Es sind also nicht die Netzbetreiber, die die Kosten des Netzausbaus tragen müssen, sondern die Stromverbraucher. Es ist damit offensichtlich, dass es bei der Abwägung der Höhe der wirtschaftlichen Zumutbarkeit nicht etwa um eine einzelwirtschaftliche (und zudem nicht vorhandene) Belas-tung der Netzbetreiber geht, sondern um das Verhältnis von volkswirtschaftlichem Nutzen und volkswirtschaftlichen Kosten des Netzausbaus und eine Abwägung von volkswirt-schaftlichen Nutzen und Kosten.

Das EEG sieht das Instrumentarium hierfür ausdrücklich vor unter dem Stichwort „Einspeisemanagement”: Bei Netz-engpässen muss ein Teil der möglichen Einspeisung durch Zurückregelung der erneuerbaren Kraftwerke ausgesperrt werden. Der volkswirtschaftliche Nutzen einer Netzerweite-rung ist durch die dadurch ermöglichte Verringerung der ausgesperrten Energiemenge bestimmt, monetarisiert mit der EEG-Vergütung oder den Marktpreis der Energie. Die Kosten sind die bei den Netzbetreibern aller Ebenen anfal-lenden Kosten für Bau und Betrieb der Netzerweiterung zzgl. deren von der Allgemeinheit zu tragenden sozialen Kosten.

Nutzen wie Kosten sind bei gegebener übertragungstech-nologie (Freileitung oder Erdkabel) überwiegend von der Höhe der zusätzlich maximal übertragbaren elektrischen Leistung abhängig, also von der Größe der Netzerweiterung. Gemäß der Grundregel der ökonomischen Optimierung liegt das Optimum der Netzerweiterung dort, wo ihr Grenznutzen (also zusätzlicher Nutzen pro zusätzliche Netzerweiterung) gleich ihren Grenzkosten ist (also zusätzliche Kosten pro zusätzliche Netzerweiterung).

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Seite 20 NATUR/UMWELT/ENERGIE StroMnetzaUSbaUPUBLICUS 2013.8 INHALT

EnWGändG]; beide sind am 05. 08. 2011 in Kraft getreten. Hierdurch ergeben sich folgende wesentliche änderungen: – Szenariorahmen: Die übertragungsnetzbetreiber müssen

jährlich einen Szena riorahmen für die Netzentwicklungs-planung im übertragungsnetz (Spannungsebene > 110 kV) erarbeiten, den die Bundesnetzagentur veröffentlicht und anschließend, ggf. nach änderungen, genehmigt [§ 12a EnWG]. Erstmalig wurde Anfang Dezember 2011 ein Szenariorahmen von der Bundesnetzagentur genehmigt.

– netzentwicklungsplan: Auf der Basis dieses genehmigten Szenariorahmens müssen die übertragungsnetzbetreiber jährlich, erstmals spätestens zum 03. 06. 2012, einen Netzentwicklungsplan erarbeiten und veröffentlichen [§ 12b EnWG]. Anschließend prüft die Bundesnetzagentur den Netzentwicklungsplan und bestätigt ihn, gegebenen-falls mit änderungen [§ 12c EnWG].

– bundesbedarfsplan: Die Bundesnetzagentur legt diesen Netzentwicklungs plan dann als Entwurf für einen Bundes-bedarfsplan der Bundesregierung vor und kennzeichnet Stromleitungen mit überregionaler oder europäischer Bedeutung [§ 12e EnWG]. „Mit Erlass des Bundesbedarfs-plans durch die Bundesregierung wird für die darin ent-haltenen Vorhaben die energiewirtschaftliche Notwendig-keit und der vordringliche Bedarf festgestellt” [§ 12e EnWG].

Für ausgewählte Höchstspannungsleitungen mit überregio-naler oder europäischer Bedeutung [§ 2 Abs. 1 NABEG], soweit sie nicht bereits im Energieleitungsausbaugesetz aufgeführt sind [§ 2 Abs. 4 NABEG], wird eine Bundesfach-planung eingeführt:

„Die Bundesnetzagentur bestimmt in der Bundesfach-planung zur Erfüllung der in § 1 Absatz 1 des Energiewirt-schaftsgesetzes genannten Zwecke Trassenkorridore von im Bundesbedarfsplan aufgeführten Höchstspannungs-leitungen.” [§ 5 Abs. 1 NABEG].

Für Stromleitungen mit überregionaler oder europäischer Bedeutung kann die Bun des regierung mit Zustimmung des Bundesrats die Bundesnetzagentur auch mit der Planfest-stellung beauftragen [§ 2 Abs. 2 NABEG], ansonsten wird das Planfeststellungsverfahren wie bisher durch die zustän-digen Länderbehörden durchgeführt.

Durch eine bundeseinheitliche Verwaltungsvorschrift zur Ausgestaltung der Planfeststellungsverfahren in den

dert und darüber hinaus noch eine Reihe von weiteren neuen Leitungen, vor allem für einen verstärkten Export von Strom.

Der Bundesbedarfsplan Strom 2012 ist Ende April 2013 als Gesetz verabschiedet worden und erklärt alle dort ausge-wiesenen Stromleitungen für energiewirtschaftlich zwin-gend erforderlich. Die Realisierung der für „länderüber-greifend” oder „grenzüberschreitend” erklärten Leitungen wurde der Bundesnetzagentur übertragen.

In dankenswerter Klarheit stellt der Gesetzentwurf gleich zu Beginn fest, dass der Netzausbau keinesfalls nur für die Integration erneuerbarer Energien gedacht ist, sondern vor allem auch für die Integration neuer konventioneller Kraft-werke und für den internationalen Stromhandel: „Insbeson-dere der im Norden Deutschlands erzeugte Strom aus Wind-energieanlagen und neuen konventionellen Kraftwerken muss zu den Verbrauchsschwerpunkten im Süden und Westen Deutschlands geleitet werden. Es gilt, Engpässe in der Stromversorgung innerhalb des deutschen Netzes zu beseitigen und die technischen Voraussetzungen für den zunehmenden grenzüberschreitenden Stromhandel zu schaffen. Daraus resultiert ein Netzausbaubedarf insbeson-dere in der Höchstspannungsebene.”

… und die FolgenDer von der Bundesregierung geplante Netzausbau ermög-licht, dass auch bei sehr hohem Angebot an erneuerbarem Strom alle konventionellen Kraftwerke, die das wollen, gesichert in das Netz einspeisen können. Zudem sollen auch sehr seltene erneuerbare Stromspitzen nicht abgeregelt, sondern gesichert in das Netz eingespeist werden können: – Zuerst bezahlen die deutschen Stromverbraucher für den

Ausbau der erneuerbaren Energien über eine EEG-Um-lage, anschließend über Erhöhungen der Netzentgelte einen völlig überdimensionierten Netzausbau, der auch bei Starkwindlagen die gesicherte Einspeisung von vielen Kohlekraftwerken ermöglicht.

– Der überschüssige Kohlestrom wird dann in wachsendem Umfang exportiert: 2012 hatte Deutschland den höchsten je erzielten Nettostromexport trotz endgültiger Abschal-tung von sieben Kernkraftwerken. Die hierfür erforder-lichen Verstärkungen des Netzausbaus, insbesondere der Netzkupplungen mit dem Ausland, bezahlt ebenfalls der deutsche Stromverbraucher.

Ländern wird das Verwaltungsverfahren in den Ländern für die Genehmigung von Stromleitungen vereinheitlicht.

Die gemäß den offiziellen Netzausbauplanungen bei Schwachwindlagen zu erwartenden Stromdefizite in Süd-deutschland führen gemäß diesen offiziellen Netzausbau-planungen zu einem beträchtlichen Leitungsausbaubedarf von den ost- und westdeutschen Kohlekraftwerksstandorten sowie den norddeutschen Windkraftwerksstandorten nach Süddeutschland. Der für den wirtschaftlich optimalen Ein-satz der stark fluktuierenden Windenergieerzeugung und für die angestrebte Minimierung des CO2-Ausstoßes dringend erforderliche Neubau von schnell regelbaren Gaskraftwer-ken in Süddeutschland ist bei der Netzausbauplanung offen-sichtlich nicht berücksichtigt worden. Stattdessen wird ausdrücklich – in klarem Widerspruch zu den Zielen der Energiewende – davon ausgegangen, dass – wie im nächsten Abschnitt beschrieben – viele der großen vor allem mit Braunkohle befeuerten Grundlastkraftwerke in NRW und in der ostdeutschen Lausitz für die nächsten Jahrzehnte am Netz bleiben und weitgehend unabhängig von der jeweiligen Einspeisung erneuerbarer Energien vielfach durchgehend mit Volllast betrieben werden. Die Kosten für den Export dieses so anfallenden überschussstroms bezahlt der Strom-kunde, ohne davon zu profitieren.

aktuelle ausbauplanungen für das Stromnetz …Der von den übertragungsnetzbetreibern vorgelegte „Ent-wurf des Netzentwicklungsplans Strom 2012” sieht sowohl in der Fassung vom 30. 05. 2012 als auch in der überarbeite-ten Fassung vom 15. 08. 2012 im jeweiligen Leitszenario einen Leitungsneubau von 6.600 km vor mit rund 20 Mrd. Euro Investitionskosten.

Von diesen Neubauplanungen wurden von der Bundes-netzagentur im Entwurf des Bundesbedarfsplans 2012 mit über 4.500 km gut zwei Drittel bestätigt, davon 2.800 km komplette Neubautrassen, z. B. auch die weiterhin beklagte 380-kV-Leitung Erfurt–Altenfeld–Redwitz. Dieser Entwurf ist Grundlage für das „Zweite Gesetz über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze”, das alle dort ausgewiesenen Stromleitungen für zwingend erfor-derlich erklären soll.

Im 1. Entwurf des Netzentwicklungsplans Strom 2013 werden viele der nicht bestätigten Leitungen wieder gefor-

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Seite 21 NATUR/UMWELT/ENERGIE StroMnetzaUSbaUPUBLICUS 2013.8 INHALT

Durch den im Bundesbedarfsplan vorgesehenen überdimen-sionierten Netzausbau werden also eine Verminderung des Einsatzes fossil befeuerter Kraftwerke und eine Reduzierung der CO2-Emissionen behindert und die Verwirklichung der Energiewende in Frage gestellt.

Dies setzt sich fort: In dem seit Anfang März 2013 vorlie-genden 1. Entwurf des Netzentwicklungsplans Strom 2013 werden dementsprechend viele der in 2012 von der Bundes-netzagentur noch nicht bestätigten Leitungen wieder gefor-dert und darüber hinaus noch eine Reihe von neuen Leitungen.

Fazit: – Der Bevölkerung, die diesen unnötigen und für die

Energie wende sogar schädlichen Netzausbau bezahlt, wird erklärt, der Netzausbau sei durch die erneuerbaren Energien wesentlich verursacht.

– In Wirklichkeit wird der Netzausbau wesentlich verursacht durch den geplanten Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken auch bei starker Einspeisung von erneuerbaren Energien.

– Der geplante überdimensionierte Netzausbau steht im Widerspruch zu einer nachhaltigen Energiewende.

hinweis der redaktion: Der Beitrag wird fortgesetzt.

Prof. Dr. Lorenz Jarass, M.S. (Stanford University, USA), Hochschule RheinMain, Wiesbaden

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Prof. em. Dr. Gustav Obermair, Universität Regensburg

[email protected]

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Seite 22 SICHERHEIT UND ORDNUNG der ÖFFentlichKeitSGrUndSatzPUBLICUS 2013.8 INHALT

Das Verhältnis (Straf-)Justiz – Medien ist nicht immer einfach.

Der NSU-Prozess in München ist inzwischen in der Normali-tät angekommen. Vorbei, aber nicht vergessen, sind die Wochen vor Beginn des Prozesses, als in der Öffentlichkeit und vor allem in den Medien unablässig die Frage diskutiert wurde, ob und wie eine zutreffende Öffentlichkeit für das Strafverfahren hergestellt werden könnte, und ob die Kriteri-en, nach denen die Plätze für Pressevertreter vergeben worden waren, nicht besser durch andere ersetzt werden könnten.

Weiterhin wurde oft die Frage gestellt, ob es nicht andere Auswege aus der damals gegebenen „reichlich verfahrenen Situation” geben könnte.

Auch wenn die nach der Entscheidung des Bundesverfas-sungsgerichts vom 12. 04. 2013 (BverfG, Beschl. 12. 04. 2013, 1 BvR 990/13 u. a.) gewählte neue Vergabe praxis für Presse-plätze unter ausdrücklicher Berücksichtigung ausländischer Pressemedien ebenfalls in die Kritik geriet, ist inzwischen eine Beruhigung der Diskussionen eingetreten und jeden-falls im Ergebnis die Bericht erstattung über den Prozess durch die anwesenden Pressevertreter gesichert.

In dieser nun beruhigten Situation soll noch einmal die Rechtslage dargelegt werden, anhand derer Strafprozesse stattfinden, und zugleich die Frage geklärt werden, wie der Grundsatz der Öffentlichkeit eingehalten und zugleich das Recht der Medien auf Berichterstattung gewahrt werden kann.

kann die Öffentlichkeit während Teilen der Hauptverhand-lung ausgeschlossen werden (§§ 171 a, 171 b, 172 GVG).

Der Grundsatz der Öffentlichkeit verlangt, dass die Haupt-verhandlung in einem Raum stattfindet, in dem ausreichend Zuhörer Platz finden können. Dabei ist es jedoch nicht erforderlich, dass je nach Andrang der größte vorhandene

Grundsatz der ÖffentlichkeitDie Hauptverhandlung im Strafprozess ist das Kernstück des Strafverfahrens. Gemäß § 169 GVG müssen die Verhandlung vor dem Gericht und gemäß § 173 GVG die Verkündung des Urteils grundsätzlich öffentlich sein. Nur ausnahmsweise und bei Vorliegen bestimmter Ausnahmevoraussetzungen

Mehr Plätze im Verhandlungssaal oder Videoübertragung erforderlich?

DIE ÖFFENTLICHKEIT DER HAUPTVERHANDLUNG

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Seite 23 SICHERHEIT UND ORDNUNG der ÖFFentlichKeitSGrUndSatzPUBLICUS 2013.8 INHALT

Verhandlungssaal benutzt wird oder gar in öffentliche Ver-sammlungsräume oder Hallen ausgewichen werden muss. In diesem Zusammenhang ist nämlich auch zu berücksichtigen, dass Fragen der Sicherheit einer Hauptverhandlung und insbesondere von Prozessbeteiligten genauso zu berücksich-tigen sind wie Gründe der Prozessökonomie und der Be-schleunigung eines Verfahrens, insbesondere wenn es sich um ein Strafverfahren handelt, bei dem Angeklagte sich in Untersuchungshaft befinden.

Diese überlegungen zugrunde gelegt, kann auch ein Verhandlungssaal mit 100 Sitzplätzen ohne weiteres ausrei-chend sein, zumal immer bedacht werden muss, dass gerade bei längeren Hauptverhandlungen die Zahl der interessier-ten Zuhörer vielfach schon nach wenigen Verhandlungs-tagen abnimmt und die zur Verfügung stehende Zahl an Sitzplätzen dann meist mehr als ausreichend ist.

Keinesfalls ist es erforderlich, für ein bestimmtes Verfah-ren einen eigenen großen Verhandlungssaal zu bauen, wie dies im Wesentlichen aus Sicherheitsgründen für die RAF-Prozesse in den siebziger Jahren in Stuttgart-Stammheim erfolgte.

Diese möglichen Beschränkungen gelten nicht für Betrof-fene oder Opfer von Straftaten bzw. bestimmte Angehörige, sofern diese unter den Voraussetzungen des § 395 StPO zum Anschluss als Nebenkläger am Strafverfahren berechtigt sind (insbesondere bei bestimmten Sexualdelikten, Tötungs- und Körperverletzungstaten) und damit an der Haupt-verhandlung teilnehmen können, worauf sie dann auch Anspruch auf einen Platz im Verhandlungssaal haben.

Grundrechtsschutz der PressevertreterDie vorgenannten Grundsätze gelten dem Grunde nach auch für die Zulassung von Pressevertretern zu einer Hauptver-handlung. Für die Berichterstattung der Presse ist jedoch

Ì Die Frage der Zulassung und die Art und Weise

einer Akkreditierung von Pressevertretern ist

gesetzlich nicht geregelt.

ton- und Filmaufnahmen prinzipiell verbotenSoweit im NSU-Verfahren konkret angeregt wurde und dies teilweise auch in anderem Zusammenhang diskutiert wird, Videoübertragungen aus der Hauptverhandlung zuzulassen, ist festzustellen, dass hierauf weder ein Anspruch besteht, noch das Gerichtsverfassungsgesetz überhaupt diese Mög-lichkeit vorsieht. Im Gegenteil sind gemäß § 169 Satz 2 GVG Ton- und Filmaufnahmen einer laufenden Hauptverhandlung grundsätzlich verboten. Filmaufnahmen sind nur vor und nach der Verhandlung oder in den Verhandlungspausen, im übrigen nur außerhalb des Sitzungssaals erlaubt.

Dies gilt allerdings nicht für Aufnahmen, welche vom Gericht selbst veranlasst sind und der Dokumentation von Aussagen und der Verhandlung dienen; erlaubt sind auch Videoaufnahmen der Vernehmung eines Zeugen, welcher sich hierbei in einem anderen Raum aufhält, und dann die Aussage gemäß § 247 a StPO in Bild und Ton zeitgleich in den Sitzungssaal übertragen wird.

Die Möglichkeit, per Video die gesamte Hauptverhandlung in einen anderen Raum zu übertragen, um dort weiteren Zuhörern oder Pressevertretern die Gelegenheit zu geben, die Hauptverhandlung auf diese Weise „live” mitzuverfolgen, ist vom Gesetz nicht vorgesehen und lässt sich auch aus der von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gewährleisteten Pressefreiheit und dem Recht auf freie Berichterstattung nicht herleiten (BVerfG, Beschl. v. 11. 11. 1992 – 1 BvQ 19/92).

Im übrigen stehen einem solchen Verfahren erhebliche Nachteile gegenüber, auch wenn auf diese Weise relativ einfach die Zahl der Zuhörer vergrößert werden könnte. Insbesondere kann letztlich nicht sichergestellt werden, dass gerade angesichts der heute nahezu allgegenwärtigen Aufnahmemöglichkeiten durch Smartphones, Tablets oder PCs sowie durch Miniaturaufnahmegeräte unter Zuhilfe-nahme der Videoübertragung keine unerlaubte Aufnahmen von der Gerichtsverhandlung gefertigt und verbreitet werden.

Fazit und ausblickEs bleibt festzuhalten, dass es keinen Anspruch der Öffent-lichkeit oder Presse gibt, dass ein Gericht den Hauptver-handlungssaal allein danach bestimmt, ob viele oder wenige Zuschauer zu erwarten sind. Dies gilt nicht für Betroffene oder Opfer von Straftaten, welche als Nebenkläger am

zusätzlich der freie Zugang zur Information – und damit die Grundrechtsbetätigung – eines Pressevertreters zu berück-sichtigen.

Die Frage der Zulassung und die Art und Weise einer Akkreditierung von Pressevertretern ist gesetzlich nicht geregelt. Die Entscheidung über die Zugänglichkeit zu Gerichtsverhandlungen, die Reservierung einer bestimmten Anzahl von Plätzen für Medienberichterstatter und auch die Verteilung knapper Sitzplätze an diese ist gemäß der Unab-hängigkeit der Gerichte zunächst der Prozessleitung des Vorsitzenden in dem jeweiligen Gerichtsverfahren zugewie-sen (BVerfGE, Beschl. v. 12. 04. 2013 – 1 BvR 990/13). In-soweit hat dieser einen weiten Entscheidungsspielraum, welcher nur einer eingeschränkten verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die Vergabegrundsätze müssen jedoch in Berücksichtigung des grundsätzlichen Anspruchs der Presse auf Zugang für eine freie Berichterstattung sachlich ausgestaltet sein und dem subjektiven Recht der Medien-vertreter auf gleiche Teilhabe an den Berichterstattungs-möglichkeiten Rechnung tragen (vgl. BVerfGE 80, 124, 133 f.). Danach ist zwar grundsätzlich auch eine Vergabe im sogenannten „Windhundprinzip” (nur die ersten erhalten die vorhandenen Plätze) zulässig; allerdings bedarf auch dieses Prinzip einer Ausgestaltung, die die Chancengleichheit realitätsnah gewährleistet und auch die tatsächliche Situation der vorhersehbar Interessierten hinreichend be-rücksichtigt.

Dies gilt insbesondere dann, wenn, wie im NSU-Verfahren, zahlreiche Opfer einer bestimmten Bevölkerungsgruppe ausländischer Herkunft angehören und damit gerade Medien vertreter dieses Landes ein besonderes Interesse an einer vollumfänglich eigenständigen Berichterstattung über diesen Prozess geltend machen können. Gegebenenfalls muss diesen Medienvertretern dann ein kleiner Teil der übrigen Sitzplätze im Verhandlungssaal zugewiesen werden, auch wenn  dadurch ein Nachteil für die allgemeine Öffent-lichkeit eintritt, weil infolge des erforderlichen Zusatzkontin-gents einige wenige Plätze der ansonsten öffentlichen Plätze den genannten Medienvertretern zur Verfügung gestellt werden – jedenfalls solange nach wie vor ein angemessener Teil der im Sitzungssaal verfügbaren Plätze dem allgemeinen Publikum vorbehalten bleibt.

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begründet von Manfred Schmeckenbecher, fortgeführt von Dipl.-Rechtspflegerin (FH) Karin Scheungrab, Leipzig/München, und Rechtsfachwirtin Carmen Rothenbacher, Stuttgart

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Seite 24 SICHERHEIT UND ORDNUNG der ÖFFentlichKeitSGrUndSatzPUBLICUS 2013.8 INHALT

Strafverfahren teilnehmen können und damit auch Anspruch auf einen Platz im Verhandlungssaal haben.

Bei Pressevertretern muss das Verfahren einer Platzver-gabe nach gleichen Grundsätzen erfolgen. In besonderen Fällen, insbesondere bei Tatopfern einer bestimmten Natio-nalität, ist jedoch zu gewährleisten, dass zumindest einige Medienvertreter aus diesem Land Presseplätze erhalten können.

Dr. Jürgen Graf, Richter am Bundesgerichtshof, 1. Strafsenat, Karlsruhe

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Seite 25 ÖFFENTLICHER DIENST/PERSONAL FaMilienzUSchlaG bei lebenSPartnerSchaFtenPUBLICUS 2013.8 INHALT

Keine Nachzahlung erhöhten Familienzuschlags ohne zeitnahe Geltendmachung?

Die zunehmende Europäisierung der Rechtsordnung macht auch vor dem deutschen Beamtenrecht nicht Halt. Immer häufiger ergeben sich vermeintliche oder tatsächliche Wi-dersprüche zwischen dem über Jahrzehnte gewachsenen deutschen Beamtenrecht und europäischem Primär- oder Sekundärrecht. Dies hat in der jüngeren Vergangenheit zu einer Reihe von Vorabentscheidungsersuchen deutscher Verwaltungsgerichte an den Europäischen Gerichtshof geführt. Dabei steht unter anderem die Frage zur Klärung an, ob der vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung von Besoldungs-ansprüchen auch vor dem Europarecht Bestand hat. Die nachstehenden Ausführungen bejahen dies für den An-spruch auf Familienzuschlag von Beamten in eingetragenen Lebenspartnerschaften. Die Erwägungen gelten aber glei-chermaßen für andere besoldungsrechtliche Ansprüche, etwa für Ansprüche im Zusammenhang mit der vermeintlich altersdiskriminierenden Wirkung des früheren Besoldungs-dienstalters (BDA).

ProblemaufrissIn seinem Beschluss vom 19. 06. 2012 hat das Bundesverfas-sungsgericht festgestellt, dass die Nichtberücksichtigung von Lebenspartnern beim Familienzuschlag der Stufe 1 seit Einführung des Instituts der Lebenspartnerschaft zum August 2001 gegen Artikel 3 Absatz 1 GG verstoßen hat. Hinsichtlich der in diesem Zusammenhang relevanten

Situation befanden, sodass Besoldungsempfängern in einer Lebens partnerschaft in Folge des Beschlusses des Bundes-verfassungsgerichts vom 19. 06. 2012 für den Zeitraum ab Dezember 2003 ein unmittelbarer europarechtlicher Anspruch auf Zahlung des Familienzuschlags in seiner jeweiligen Höhe zusteht.

(vgl. dazu Schollendorf, § 17 b Rn. 4 ff. in Clemens/Millack/Lantermann/Henkel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar) EU-Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG bedeutet dies, dass sich verheiratete und ver-partnerte Beamte bereits seit Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie zum 03. 12. 2003 in einer vergleichbaren

Die zeitnahe Geltendmachung im Lichte des Europarechts

LEBENSPARTNERSCHAFT UND FAMILIENZUSCHLAG

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Seite 26 ÖFFENTLICHER DIENST/PERSONAL FaMilienzUSchlaG bei lebenSPartnerSchaFtenPUBLICUS 2013.8 INHALT

Hinsichtlich dieses Anspruchs stellt sich die Frage, ob er, ebenso wie der Anspruch aus § 74 a Abs. 3 BBesG, vom Besoldungsempfänger zeitnah geltend gemacht werden muss bzw. ob ein solches Erfordernis europarechtlich zuläs-sig ist. Wäre dies nicht der Fall, wäre der europarechtliche Anspruch insofern weitergehend als der Anspruch nach § 74 a Abs. 3 BBesG und die vom Bundesverfassungsgericht unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Beamten-verhältnisses und die Eigenart der Alimentation eingeführte Beschränkung des Anspruchs hinfällig.

europarechtliche bewertungNach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es grundsätzlich Sache der Mitgliedstaaten, die Verfahrens-modalitäten für Klagen festzulegen, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Modalitäten den äquivalenz- und Effektivitätsgrund-satz wahren (vgl. EuGH, Urt. v. 25. 11. 2010 – C-429/09 [Fuß II], juris Rn.72, m. w. N.).

äquivalenzprinzip Das äquivalenzprinzip fordert, dass die Voraussetzungen für die Durchsetzung europarechtlicher Ansprüche nicht weni-ger günstig sein dürfen als bei ähnlichen Ansprüche, die nur nationales Recht betreffen (EuGH, Urt. v. 24. 3. 2009 – C-445/06 [Danske Slagterier] = NVwZ 2009, 771, 773,Rn. 31, m. w. N.).

Im Kern ist hier die Frage zu beantworten, ob die Rechtsfi-gur der zeitnahen Geltendmachung, die das Bundesverfas-sungsgericht zunächst im Zusammenhang mit seiner Recht-sprechung zur Unteralimentierung kinderreicher Beamter entwickelt hat und die das Bundesverwaltungsgericht in diesem Kontext aufgegriffen hat, auf den unmittelbar auf die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie gestützten Anspruch übertragbar ist.

Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 19. 06. 2012 in Erinnerung gerufen hat, ist der Grund-satz der zeitnahen Geltendmachung auf einige zentrale Argumente zu stützen (vgl. zum Folgenden BVerfG, Beschl. v. 22. 3. 1990 – 2 BvL 1/86 = BVerfGE 81, 363, 384 f.): – Das Beamtenverhältnis ist ein wechselseitiges Treuever-

hältnis, in dem beiden Seiten füreinander Verantwortung

der vom Verfassungsgericht gesetzten Frist keine verfas-sungskonforme Rechtslage schaffen würde (a.a.O. S. 304). Nachdem das Bundesverfassungsgericht dabei die Frage, ob auch dieser Anspruch unter der Bedingung einer zeitnahen Geltendmachung steht, unbeantwortet gelassen hat, hat das Bundesverwaltungsgericht dies bejaht und dabei ausführlich dargelegt, dass die vom Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf den Gesetzgeber angestellten überlegungen auch für die Durchsetzung der Vollstreckungsanordnung durch die Fachgerichte gelten (BVerwG, Urt. v. 13. 11. 2008 – 2 C 16/07 = NVwZ-RR 2009, 249 = BeckRS 2009, 30114).

Grundsätze anwendbar auf eU-richtlinieDie den Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung stützen-den Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts sind auch anwendbar auf die gerichtliche Durchsetzung des unmittelbar auf die – nicht umgesetzte – Richtlinie 2000/78/EG gestützten Anspruchs auf Familienzuschlag von Beamten in einer Lebenspartner-schaft (vgl. VG Frankfurt, Urt. v. 05. 03. 2013 – 9 K 4475/12.F, juris Rn. 47): Dienstherr und Beamter stehen in einem wechselseitigen Treueverhältnis, das den Beamten zur Rücksichtnahme auf den Dienstherrn verpflichtet, die sich darin manifestiert, dass der Dienstherr erwarten darf, dass der Beamte ihm den vermeintlichen Anspruch inner-halb des Haushaltsjahres, in dem dieser Anspruch entsteht, auch anzeigt. Dies wird unterstützt durch die Erwägung, dass Alimentation (auch der Familienzuschlag der Stufe 1 für den Besoldungsempfänger in einer Lebenspartnerschaft ist eine Besoldungsleistung und Teil der Alimentation) die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln ist. Aus dem Aspekt der Gegenwärtigkeit resultiert die Verpflichtung, den Anspruch im zeitlichen Zusammenhang zu der vermeintlich zu geringen Besoldungsleistung geltend zu machen. Den zeitlichen Rahmen dafür gibt der Grundsatz der Jährlichkeit des Haushalts vor. Der hinreichende zeitliche Zusammen-hang ist nur dann gegeben, wenn der Anspruch innerhalb der Geltungsdauer des jeweiligen Haushalts angemeldet wird.

Darüber hinaus zeigen sich auch Parallelen zu den weite-ren Gründen, die das Bundesverwaltungsgericht seinerzeit bewogen haben, den aus der Vollstreckungsanordnung des

tragen und einander zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet sind. Die Verantwortung des Beamten auch für den Dienstherrn und die Pflicht, auf dessen Belange Rücksicht zu nehmen, sprechen gegen die Annahme, dass der Dienstherr voraussetzungslos verpflichtet ist, für beliebig weit in die Vergangenheit reichende Zeiträume Nachzahlungen zu leisten.

– Die Alimentation dient der Befriedigung des jeweils ge-genwärtigen Bedarfs. Der Beamte kann nicht erwarten, dass er ohne eigenes Zutun, d. h. ohne dass er dem Dienst-herrn angezeigt hat, dass er die Alimentation zum Bestrei-ten seines Bedarfs für zu niedrig erachtet, rückwirkend von verfassungsrechtlich gebotenen Korrekturen profitiert.

– Beamte, Richter und Soldaten werden aus staatlichen Mitteln alimentiert. Der Gesamtumfang der Mittel wird jährlich im Haushaltsplan festgelegt und vom Haushalts-gesetzgeber beschlossen. Der Grundsatz der Jährlichkeit des Haushaltsplans (Art. 110 Abs. 2 GG) spricht dagegen, aus dem Haushalt, in den nur Mittel für die Besoldung im laufenden Haushaltsjahr eingestellt sind, auch Zahlungen für die je nach Fallgestaltung weit zurückliegende Vergan-genheit zu leisten, soweit diese nicht vom Anspruchsteller angemeldet worden sind, so dass insoweit Haushaltsvor-sorge hätten getroffen werden können.

– Schließlich schafft der Grundsatz der zeitnahen Geltend-machung wie alle Verjährungs- und Ausschlussfristen binnen kurzer Zeit Rechtssicherheit und Rechtsfrieden, indem er langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden hilft.

Während das Bundesverfassungsgericht den Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung zunächst auf die Verpflichtung des Gesetzgebers zur rückwirkenden Korrektur verfassungs-widriger Besoldungsvorschriften beschränkt hat, hat das Bundesverwaltungsgericht diesen Grundsatz auch auf Ansprüche von Besoldungsempfängern gegen den Dienst-herrn auf Grund der Vollstreckungsanordnung des Bundes-verfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 24. 11. 1998 (BVerfG, Beschl. v. 24. 11. 1998 – 2 BvL 26/91 u. a. = BVerfGE 99, 300) übertragen. Dort hatte das Bundesverfassungsge-richt Besoldungsempfängern einen unmittelbaren Anspruch auf erhöhten Familienzuschlag für das dritte und jedes weitere Kind zugesprochen, falls der Gesetzgeber innerhalb

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Seite 27 ÖFFENTLICHER DIENST/PERSONAL FaMilienzUSchlaG bei lebenSPartnerSchaFtenPUBLICUS 2013.8 INHALT

Bundesverfassungsgerichts resultierenden Zahlungsan-spruch der Bedingung einer zeitnahen Geltendmachung zu unterwerfen. Insoweit war Ausgangspunkt der überlegun-gen des Bundesverwaltungsgerichts die unbestrittene Tatsache, dass der Grundsatz der zeitnahen Geltendma-chung nicht für gesetzliche Ansprüche gilt, was sich aus dem Umstand begründet, dass der Haushaltsgesetzgeber für im Besoldungsgesetz festgeschriebene Ansprüche Haushalts-vorsorge treffen kann. Bei nicht gesetzlich festgeschriebe-nen Ansprüchen ist Haushaltsvorsorge hingegen kaum möglich, jedenfalls dann nicht, wenn der Haushaltsgesetzge-ber – mangels Anzeige der Betroffenen – die Anzahl der Zahlfälle und die Höhe der vermeintlichen Ansprüche nicht kennt.

Vor dem Hintergrund dieser Differenzierung hat das Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt, dass die Vollstre-ckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts Ansprü-che jenseits des gesetzlichen normierten Besoldungsrechts begründe, ohne den Gesetzgeber aus der Pflicht zu entlas-sen, eine gesetzliche Regelung zu treffen. Ziel der Vollstre-ckungsanordnung sei es gewesen, den Besoldungsempfän-gern für den Fall der Untätigkeit des Gesetzgebers ein Instrument an die Hand zu geben, mit dessen Hilfe sie ohne erneute Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu ihrem Recht gelangen könnten (BVerwG, Urt. v. 13. 11. 2008 – 2 C 16/07 = NVwZ-RR 2009, 249 = BeckRS 2009, 30114).

Parallen zu VollstreckungsanordnungDer aus der unmittelbaren Wirkung der nicht umgesetzten Richtlinie 2000/78/EG resultierende Anspruch weist starke Parallelen zur Vollstreckungsanordnung auf. Ebenso wie die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts zielt die vom Europäischen Gerichtshof entwickelte unmittel-bare Wirkung nicht umgesetzter Richtlinien darauf ab, dem Einzelnen ein Instrument zur effektiven gerichtlichen Durch-setzung seiner Rechte zu geben. Auf diese Weise soll verhin-dert werden, dass dem Einzelnen aus der Untätigkeit des Gesetzgebers – sei es, dass dieser den Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts unbeachtet lässt, sei es, dass dieser die Verpflichtung zur Umsetzung einer Richtlinie nicht oder nicht zeitgerecht erfüllt – ein Nachteil erwächst. Ebenso wenig wie die Vollstreckungsanordnung an die Stelle des vom Gesetzgeber geschuldeten Gesetzes tritt, tritt der

zuschlag zu verweigern (in diesem Sinne VG Frankfurt, Urt. v. 20. 08. 2012 – 9 K 1175/11.F = BeckRS 2012, 55917 sowie Urt. v. 05. 03. 2013 – 9 K 4475/12.F, juris Rn. 49). Unabhän-gig von der Frage, ob sich eine unterbliebene Neuregelung überhaupt als ein die Berufung auf das Treueverhältnis ausschließendes treuwidriges Verhalten werten lässt (dage-gen OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 11. 12. 2012 – 1 L 188/11, juris Rn. 92), war verfassungsrechtlich ungeklärt, seit wann sich verheiratete und verpartnerte Beamte im Hinblick auf den Familienzuschlag in einer vergleichbaren Situation befanden. Noch im Oktober 2010 hatte das Bundesverwal-tungsgericht insofern den Juli 2009 für entscheidend erach-tet (vgl. dazu Schollendorf, § 17 b Rn. 12 ff. in Clemens/Millack/Lantermann/Henkel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar). Angesichts der Unsicherheit der Rechtslage kann es dem Gesetzgeber auch kaum als treuwidrig angelastet werden, eine im Hinblick auf die Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie möglicherweise über-obligationsmäßige Regelung nicht getroffen zu haben.

effektivitätsprinzip Nach dem Grundsatz der Effektivität dürfen nationale Rege-lungen wie der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (vgl. EuGH, Urt. v. 08.07.2010 – C-246/09 [Bulicke] = NZA 2010, 869, 870; BVerwG, Urt. v. 31. 01. 2013 – 2 C 10/12, juris Rn. 29 m. w. N.).

Im Recht der Mitgliedstaaten geregelte Ausschlussfristen – als eine solche ist der Grundsatz der zeitnahen Geltendma-chung rechtstechnisch zu behandeln – sind nach der Recht-sprechung des Europäischen Gerichtshofs grundsätzlich mit EU-Recht vereinbar,

„weil eine solche Festsetzung ein Anwendungsfall des grundle-genden Prinzips der Rechtssicherheit ist. Denn derartige Fristen sind nicht geeignet, die Ausübung der durch die Uni-onsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren. Mit diesem Vorbehalt ist es den Mitgliedstaaten unbenommen, mehr oder weniger lange Fristen festzulegen. Der EuGH hat zu Ausschlussfristen außerdem entschieden, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, für nationale Regelungen, die in den Anwendungsbereich des

unmittelbar auf die Richtlinie gestützte Leistungsanspruch an die Stelle der weiterhin geschuldeten Richtlinienumset-zung (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 11. 12. 2012 – 1 L 9/12, juris Rn. 182).

Insgesamt sprechen daher gute Gründe dafür, dass auch unmittelbar auf die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG gestützte Ansprüche auf Familienzuschlag für Beamte in einer Lebenspartnerschaft dem Erfordernis einer zeitnahen Geltendmachung unterliegen (im Ergebnis eben-so: OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 11. 12. 2012 – 1 L 9/12, juris Rn. 182; VG Trier, Urt. v. 25. 9. 2012 – 1 K 858/12.TR, juris Rn. 35 ff; beide Urteile im Hinblick auf einen Anspruch aus der Richtlinie wegen vermeintlicher Altersdiskriminierung).

Gegenansicht VGh bW

Gegen diese Auffassung hat der VGH Baden-Württemberg (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 06. 11. 2012 – 4 S 797/12, juris Rn. 48 f.) eingewendet, dass es bei der Frage der Ge-währung des Familienzuschlags an Beamte in einer Le-benspartnerschaft anders als in den der Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht zugrunde liegenden Fällen nicht um die Geltendmachung einer Unteralimentierung gehe, sondern um das Vorenthal-ten eines dem Kläger zustehenden Besoldungsanspruchs. Dieser Einwand erscheint primär semantischer Natur zu sein. Er verkennt im übrigen insbesondere, dass die Interes-senlage – bezogen auf die Fundierung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung – vergleichbar ist. Der Besol-dungsempfänger verlangt von seinem Dienstherrn ein Mehr an Besoldung. Diesen Besoldungsbestandteil hat der Dienst-herr in Gestalt der Exekutive nicht zum Gegenstand seines Vorschlags des Haushaltsplans gemacht, so dass der Haus-haltsgesetzgeber darüber nicht entschieden hat.

Wenig überzeugend ist auch die Ansicht, dass der Gesetz-geber sich seinerseits treuwidrig verhalten habe, indem er es unterlassen hat, den Besoldungsempfängern in einer Lebenspartnerschaft den Familienzuschlag für den Zeitraum ab Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie durch eine entsprechende gesetzliche Regelung zu gewähren, und dass er wegen dieser (angeblichen) Treuwidrigkeit nicht berech-tigt sei, dem Beamten unter Hinweis auf den aus diesem Treueverhältnis entwickelten Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung den rückwirkend beanspruchten Familien-

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Besoldungsrecht des Bundes und der Ländervon Dr. Martin Hillebrecht, Regierungsdirektor im Bundesministerium der Finanzen, Dr. Kerstin Löhr Regierungsdirektorin im Bundesministerium der Finanzen, Uta von Kiedrowski, Regierungsdirektorin im Bundesministerium des Innern, Maik Polte, Amtsrat im Bundesministerium des Innern, Dr. Kai Schollen-dorf, Oberregierungsrat im Bundesministerium des Innern und Dr. Stefan Werres Oberregierungsrat im Bundesministerium des Innern

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Seite 28 ÖFFENTLICHER DIENST/PERSONAL FaMilienzUSchlaG bei lebenSPartnerSchaFtenPUBLICUS 2013.8 INHALT

Unionsrechts fallen, Fristen festzulegen, die insbesondere der Bedeutung der zu treffenden Entscheidungen für die Betroffe-nen, der Komplexität der Verfahren und der anzuwendenden Rechtsvorschriften, der Zahl der potenziell Betroffenen und den anderen zu berücksichtigenden öffentlichen oder privaten Belangen entsprechen” (EuGH, Urt. v. 08. 07. 2010 – C-246/09 [Bulicke] = NZA 2010, 869, 871).

In der Rechtssache Bulicke hat der Europäische Gerichtshof schließlich sogar eine zweimonatige Ausschlussfrist als ausreichend erachtet. Vor diesem Hintergrund ist der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung mit den Vorgaben des Effektivitätsgrundsatzes vereinbar.

FazitAuch der unmittelbar auf die EU-Antidiskriminierungsrichtli-nie 2000/78/EG gestützte Anspruch von Besoldungsempfän-gern in einer Lebenspartnerschaft auf Zahlung des Familien-zuschlags unterliegt dem Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung. Der Anspruch ist mithin nicht weiterge-hend als der vom Gesetzgeber in Umsetzung des Beschlus-ses des Bundesverfassungsgerichts vom 19. 06. 2012 ge-schaffene Anspruch aus § 74 a Abs. 3 BBesG.

hinweis der redaktion: Bei dem Beitrag, der die persönli-che Auffassung des Autors wiedergibt, handelt es sich um einen Auszug aus der Kommentierung zu § 74 a BBesG in Clemens/Millack/Lantermann/Henkel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, herausgegeben vom Richard Boorberg Verlag, edition moll. Weiterführende Hinweise und Erläuterungen finden Sie dort.

Dr. Kai Schollendorf, Oberregierungsrat im Bundesministerium des Innern, Berlin

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Seite 29 PUBLICUS 2013.8 INHALT rechtSPrechUnGSSPieGel

Streit über den abriss von Verkehrs-insel-Skulpturen

Im Streit über den Abriss einer Verkehrsinsel-Skulptur in Löchgau, Baden-Württemberg, gab der VGH in einem aktu-ellen Beschluss das Startsignal für die inhaltliche Auseinan-dersetzung vor Gericht. Eigentlich geht es der Gemeinde Löchgau um die Frage, ob das Landratsamt die Entfernung der auf einer Verkehrsinsel aufgestellten Skulptur verlangen darf. Geklärt werden musste aber zunächst, welches Gericht für diese Frage überhaupt zuständig ist: das Amts- oder das Verwaltungsgericht. Die Richter des VGH in Mannheim entschieden sich für den Verwaltungsrechtsweg (Az. 5 S 595/13).Das Landratsamt begründet seine Aufforderung zur Entfer-nung der Skulptur in Löchgau mit der „Wiederherstellung der Verkehrssicherheit”. ähnliche Aufforderungen mit derselben Begründung erhielten in letzter Zeit mehrere Gemeinden in Baden-Württemberg mit entsprechenden, im Land inzwischen häufig anzutreffenden Kreisel-Kunstwer-ken. Grund dafür ist eine Initiative des Verkehrsministeri-ums, das die Kunstwerke auf ihre Verkehrssicherheit prüfen ließ. Die entsprechenden Aufforderungen der Landratsämter treffen aber auf Widerstand. So auch in Löchgau, das sich an das Verwaltungsgericht wandte. Zu Recht, wie der VGH entschied: Wenn eine Straßenbaubehörde die Entfernung einer Skulptur von einer Kreisverkehrsinsel verlangt, um die Verkehrssicherheit wiederherzustellen, dann handelt diese typischerweise in Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben. Darauf, dass eine Vereinbarung zwischen der Straßenbau-verwaltung und der Gemeinde über die Benutzung der Grünfläche des Kreisverkehrs existiert, kommt es dagegen laut VGH-Beschluss nicht an. (jb)

61-jährige analphabetin muss nicht am integrationskurs teilnehmen

Eine seit 30 Jahren in Deutschland lebende Türkin hat sich mit Erfolg gegen die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs gewehrt. Die Ausländerbehörde hatte die Verpflichtung gegenüber der 61-jährigen Frau ausgespro-chen, weil diese kein Deutsch spricht. Die Entscheidung der Behörde hat der VGH Baden-Württemberg jetzt mit Urteil vom 12. 06. 2013 (Az. 11 S 208/13) aufgehoben.

Auf die Idee, die Frau zur Teilnahme am Integrationskurs zu verpflichten, war das Landratsamt anlässlich einer Vor-sprache wegen der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gekommen. Die Einwände der Frau, sie sei Analphabetin und „seelisch sehr angespannt und mitgenommen”, ließ die Behörde nicht gelten.

Ebenso wenig überzeugte sie das Argument der Türkin, sie habe ihre Integration durch ihren langjährigen Aufenthalt in Deutschland unter Beweis gestellt. Ihre sechs Kinder seien gut ausgebildet und zahlten Steuern.

Anders als das VG wertete der VGH die Verpflichtung zur Teilnahme als „unverhältnismäßig”. Die heute 62-jährige Türkin, so die Richter, habe nie eine Schule besucht und habe immer ein „familienkonzentriertes” Leben geführt, so dass davon auszugehen sei, dass sie den Intergrationskurs über einen mehrjährigen Zeitraum besuchen müsste. Dies bedeute für die Klägerin – ohne die Ausdauer und Belastbar-keit sowie Flexibilität, die ein junger oder „in der Mitte des Lebens stehender” Mensch gewöhnlich habe – eine erhebli-che Beschränkung. Und als jüngerer Mensch habe die Frau einen Kurs gar nicht belegen können. Kurse gab es nämlich die weitaus überwiegende Zeit des legalen Aufenthaltes der Klägerin, nämlich etwa 25 Jahre, überhaupt nicht. (jb)

Skulpturen | Analphabeten | Jugendzentren | Container | Schwarzbauten

RECHTSPRECHUNGSSPIEGEL

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Seite 30 rechtSPrechUnGSSPieGelPUBLICUS 2013.8 INHALT

VG Sigmaringen stuft Jugendzentrum in reutlingen als Gewerbebetrieb ein

Im Streit zwischen der Stadt Reutlingen und dem Jugendzen-trum „Zelle” um das Erfordernis einer Gaststättenerlaubnis hat das Verwaltungsgericht in Sigmaringen der Stadt Reut-lingen laut aktueller Pressemeldung Recht gegeben (Az. 1 K 3921/11). Danach darf im Jugendzentrum ohne Gaststätten-konzession kein Alkohol ausgeschenkt werden. Laut der Pressemitteilung haben die Richter aber ausdrücklich die Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim zugelassen.

Die Zelle, ein eingetragener Verein, betreibt seit vielen Jahren mit Erfolg ein Jugend- und Kulturzentrum in Selbst-verwaltung. Dazu gehört, dass dort bei Musikveranstaltun-gen Alkohol ausgeschenkt wird. Die Stadt steht auf dem Standpunkt, dass der Verein damit – trotz Gemeinnützigkeit – ein Gaststättengewerbe betreibt. Weil sich das Jugendzen-trum weigerte, eine entsprechende Erlaubnis zu beantragen, untersagte das Ordnungsamt den Gaststättenbetrieb im Jugendzentrum.

Die Richter aus Sigmaringen bestätigten die Entscheidung der Stadtverwaltung und bejahten insbesondere die Gewinn-erzielungsabsicht. Eine solche läge beim Getränkeverkauf im Jugendhaus vor, „wenn ein überschuss der Einnahmen über die Ausgaben erstrebt werde”. Und da der Verein seine Tätigkeit nachhaltig ausübe, reiche auch ein geringer über-schuss aus. Ein solcher, so die Richter weiter, werde vom Verein im Fall auch erzielt. Berufung ließen die Richter aber ausdrücklich zu. Dass der Gewinn beim Getränkeverkauf für gemeinnützige Vereinszwecke verwendet werde, sei nicht entscheidend. Der Rechtsstreit wird aller Voraussicht nach weitergeführt. (jb)

Schwieriger Umgang mit Schwarzbauten

Dass es sich bei der Aufgabe, einen gültigen Rechtsrahmen für ein zum Teil illegal bebautes Gebiet zu schaffen, eine Herausforderung darstellen kann, zeigt sich in einem Fall in Baden-Württemberg u. a. daran, dass der dortige VGH bereits zwei Entscheidungen zu den entsprechenden Bebau-ungsplänen gefällt hat. Jetzt befasste sich auch das BVerwG mit dem Plangebiet.

Der aktuelle Streit dreht sich um die Zulässigkeit der erfolgten Festsetzungen, mit denen der seit den 1930iger Jahren erfolgten baulichen Wildwuchs begegnet werden soll. Die Stadt hat das Plangebiet zu zwei Sondergebieten, eines davon als Wochenendhausgebiet, das andere als „Einge-schränktes Wohngebiet” erklärt. D. h., nach den Festsetzun-gen sind geduldete Wohnhäuser weiterhin ausnahmsweise zulässig; andererseits soll das Plangebiet mit diesen Ein-schränkungen „der Erholung dienen” (§ 10 BauNVO). Der VGH sah diese Rechtsgrundlage aber nicht als erfüllt an.

Das BVerwG gab dem VGH zum Teil Recht: die Baunut-zungsverordnung lasse eine Kombination von Wochenend-hausgebiet und Dauerwohngebiet grundsätzlich nicht zu.

Sie ließen aber eine Hintertür offen: bei bloßer Bestands-sicherung von Wohnbebauung könnten die Festsetzung zulässig sein. Voraussetzung nach dem Urteil: die Bestands-sicherung muss quantitativ und qualitativ so in den Hinter-grund treten, „dass die Wochenendhausbebauung das Bild prägt und das Baugebiet nicht als Mischung aus einem Wochenendhausgebiet und einem Wohngebiet in Erschei-nung tritt” (Az. 4 CN 7.12).

Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, wird der Verwaltungs-gerichtshof nun zu prüfen haben. (jb)

Sondernutzungserlaubnis für container

Das Aufstellen von Container zur Altkleidersammlung bedarf der Sonder nutzungs erlaubnis. Dies gilt auch, wenn Contai-ner auf einem Privatgrundstück aufgestellt sind. Auch hier muss das Unternehmen Gebühren zahlen, da die Benutzer der Container die Altkleider nur von der öffentlichen Straße aus einwerfen können. Hier handelt es sich um eine gebüh-renpflichtige Sondernutzung, so das VG Kassel (2 K 1582/12, 2 K 1581/12 und 2 K 410/13).

Ein Unternehmen hatte Container aufgestellt, für die keine Sondernutzungserlaubnis der Stadt vorlag. Der Firma wurde daher eine Gebühr in Höhe von 95 Euro auferlegt (für 19 Tage x 5 Euro). Zudem verfügte die Stadt, die illegal aufgestellten Container zu beseitigen. Zukünftig dürften keine Container ohne Erlaubnis aufgestellt werden.

Die Firma begründete die daraufhin erhobene Klage damit, dass sie die Container nicht im öffentlichen Straßen-raum, sondern auf Privatgrundstücken neben der Straße aufgestellt habe. Unbekannte hätten die Container dann auf die Grünfläche versetzt, die zur öffentlichen Straße gehöre. Letzteres spielte für die Entscheidung des Gerichts keine Rolle, denn bereits das Einwerfen von der öffentlichen Straße stellt eine gebührenpflichtige Sondernutzung dar.

Zudem darf nach der Satzung eine Gebühr auch dann erhoben werden, wenn die Sondernutzung ohne Erlaubnis erfolgte.

Beweis für aufgestellte Container auf Privatgrundstücken konnte nicht erbracht werden, die Firma konnte nicht nach-weisen, dass ihr die Eigentümer der Privatgrundstücke gestattet hatten, die Container auf ihren Grundstücken aufzustellen. Darum ging das Gericht davon aus, dass die Firma ihre Container selbst im öffentlichen Straßenraum aufgestellt hatte. (ck)

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Seite 31 PUBLICUS 2013.8 INHALT GeSetzGebUnGSSPieGel

rauchwarnmelderpflicht weitet sich ausImmer mehr Bundesländer führen eine Rauchwarnmelder-pflicht ein. Im November 2012 hatte Niedersachsen sich für die Rauchwarnmeldepflicht entschieden, Bayern folgte im Dezember 2012 und Nordrhein-Westfalen im März 2013. Jetzt trat auch in Baden-Württemberg als 13. Bundesland eine entsprechende Regelung in Kraft (Gesetz vom 16. 07. 2013, GBl. S. 209). Damit haben fast alle Bundesländer die Rauchwarnmelderpflicht eingeführt. Brandenburg und Berlin erwägen ebenfalls deren Einführung.

Der Einbau von Rauchwarnmeldern gilt nach der neuen Regelung in Baden-Württemberg für Aufenthaltsräume, in denen bestimmungsgemäß Personen schlafen, sowie für Flure, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen füh-ren. Erfasst werden damit insbesondere Schlaf- und Kinder-zimmer in Wohnungen sowie etwa bei Beherbergungsstät-ten, Gemeinschaftsunterkünften, Heimen, Kliniken etc.

Der Einbau wird laut Gesetzesbegründung als sachgerech-te und kostengünstige Lösung angesehen, um im Brandfall eine rechtzeitige „Selbstrettung von schlafenden Personen” zu ermöglichen. Die Einführung einer Pflicht zum Einbau soll zu einer flächendeckenden Vorhaltung von Rauchwarn-meldern führen.

Die Pflicht gilt für neu zu errichtende bauliche Anlagen ab sofort. Eigentümer bereits bestehender Gebäude, in denen sich entsprechende Aufenthaltsräume befinden, sind ver-pflichtet, diese bis zum 31. August 2014 entsprechend auszustatten. Die Regelungen anderer Bundesländer sehen hier großzügigere Fristen vor. „Angesichts der geringen Kosten für den Einbau”, so die Gesetzesbegründung, und der Chance, Menschenleben zu retten, sei die kurze Frist gleichwohl angemessen. (jb)

PartGG mbb auf der zielgeradenNachdem der Bundestag das Gesetz über die Einführung der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (Part mbB) am 13. 06. 2013 beschlossen und nun auch der Bundesrat dem „Gesetz zur Einführung einer Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung und zur änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuer-berater und Wirtschaftsprüfer” am 05. 07. 2013 zugestimmt hat, kann das Gesetz nach langem Vorlauf in Kraft treten.

Anwaltliche Kanzleien hatten aus haftungsrechtlichen sowie aus steuerrechtlichen Gründen immer häufiger die Rechtsform der Limited Liability Partnership (LLP) nach englischem Recht angenommen. Als eine Art Gegenmittel gegen die LLP wird nun eine alternative Rechtsform angebo-ten, so dass Angehörige Freier Berufe sich für eine Partner-schaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (mbB) entscheiden können. Im PartGG wurde eine entsprechende Haftungsbeschränkung geschaffen.

Die bisherige Partnerschaftsgesellschaft bleibt neben dieser Rechtsform weiter bestehen.

Mit dem Gesetz werden ferner Regelungen zur Berufshaft-pflichtversicherung der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung für Rechtsanwälte sowie Patent-anwälte eingeführt. Die Mindestversicherungssumme soll dem Schutz der Rechtsuchenden dienen und die fehlende persönliche Haftung ausgleichen.

Für Steuerberater, -bevollmächtigte und -gesellschaften werden die änderungen im PartGG dadurch nachvollzogen, dass die Rechtsform der bisherigen und der neuen Partner-schaftsgesellschaft in die Regelungen zur Berufshaftpflicht-versicherung einbezogen werden. (jb)

Rauchwarnmelder | PartGG mbB

GESETZGEBUNGSSPIEGEL

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Seite 32 GeSetzGebUnGSSPieGelPUBLICUS 2013.8 INHALT

Solidaritätsumlage in nrWDas Kabinett des Landes Nordrhein-Westfalen hat kürzlich – nach erheblichen Protesten – beschlossen, ab 2014 eine sogenannte Solidaritätsumlage einzuführen. Danach zahlen steuerstarke Städte für die ärmeren Kommunen in Nord-rhein-Westfalen mit.

Die Umlage ist zunächst auf sieben Jahre angelegt und soll 182 Millionen Euro jährlich einbringen. Herangezogen werden die Kommunen, deren Steuereinnahmen in drei von den vergangenen fünf Jahren höher waren als ihr Bedarf. Welche Kommune dies konkret sein wird, ist voraussichtlich Ende August klar, da die nötigen Steuerkraftdaten aufberei-tet und bewertet werden. (ck)

abfallverbringungsverordnungNach der Abfallverbringungsverordnung der EU sind alle Ausfuhren von gefährlichen Abfällen in Nicht-OECD-Länder sowie alle Ausfuhren von Abfällen zur Entsorgung außerhalb der EU-/EFTA-Länder verboten. Nach einem Vorschlag der EU-Kommission zur Europäischen Abfallverbringungsver-ordnung sollen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass ihre national zuständigen Behörden Kontrollen nach vorher festgelegten Plänen und darin niedergeschriebenen Prioritä-ten durchführen. Sie sind öffentlich zu machen und jährlich zu aktualisieren. Damit soll die illegale Abfallverbringung insbesondere in Drittstaaten unterbunden werden. Zudem könnten die Kontrollen verhindern, dass in den Abfällen enthaltene wertvolle Rohstoffe (zum Beispiel wertvolle Mineralien wie Kobalt und Indium in Elektroschrott) verloren gehen, da diese Stoffe recycelt und dem Markt wieder zuge-führt werden können. (ck)

einspeisevergütung angepasstZum 1. August hat die Bundesnetzagentur die Sätze für die Einspeisevergütung von Strom aus Photovoltaik-Anlagen angepasst.

Die sinkende Vergütung bewirkt aber, dass der Eigen-verbrauch des erzeugten Stroms immer attraktiver wird, insbesondere wenn die PV-Anlage mit einem Speicher ausgerüstet ist.

Diese Entwicklung sieht der Bundesverband Solarwirt-schaft (BSW). Nach einer Umfrage beabsichtigt inzwischen

jeder Zweite, der sich PV anschaffen will, auch die Anschaf-fung eines Speichers.

Bis zu 25 Cent (netto) muss der private Endverbraucher für eine kwh zahlen. Für kleine und mittlere Unternehmen liegt der Preis bereits bei 15 oder mehr Cent/kWh. (ck)

änderung des VergaberechtsDas Bundeskabinett hat am 31. 07. 2013 die Siebte Verord-nung zur änderung der Vergabeverordnung beschlossen. Laut Pressemitteilung des BMWi können damit, vorbehalt-lich der erforderlichen Zustimmung des Bundesrats künftig bei bestimmten Vergaben im Dienstleistungssektor Kriterien wie die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Erbringung der Dienstleistung eingesetzten Personals herangezogen werden.

Nach dem deutschen Vergaberecht ist es derzeit nicht möglich, bei der Angebotswertung zur Auswahl des wirt-schaftlichsten Angebots bieterbezogene Qualitätskriterien zu berücksichtigen. Diese Kriterien werden bisher bei der Eignungsprüfung abgefragt, die sich allein auf den Bieter selbst, nicht aber sein Angebot bezieht. (jb)

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Seite 33 PUBLICUS 2013.8 INHALT eU-SPieGel

Europawahl | Solidaritätsfonds

Kritik an drei-Prozent-Klausel bei europawahlen

Das Europawahlgesetz wird geändert. Die Fünf-Prozent-Klausel im Europawahlgesetz wird gestrichen und durch eine Drei-Prozent-Klausel ersetzt. Am 05. 07. 2013 stimmte der Bundesrat dem entsprechenden Gesetzesbeschluss im Deutschen Bundestag zu. Der Gesetzgeber reagiert damit auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das im November 2011 festgestellt hatte, dass die Fünf-Prozent-Klausel bei der Europawahl nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist (Siehe dazu ausführlich Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim in Publicus 2012.1, S. 4 f.).

Der Bundestag hatte das änderungsgesetz am 13. 06. 2013 in zweiter und dritter Lesung mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen (17/13705) gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke beschlossen. Kritisch sieht die Einführung der Drei-Prozent-Klausel auch Hans Herbert von Arnim sowie weitere kleinere Parteien mit dem Argument, die Fünf-Prozent-Klausel sei vom Bundes-verfassungsgericht grundsätzlich verworfen worden. Den Eingang einer erneuten Klage gegen die Sperrklausel zur Europawahl in Deutschland hat das Bundesverfassungsge-richt inzwischen bereits offiziell bestätigt.

In der im Bundestag zu dem Gesetzgebungsvorhaben abgehaltenen Anhörung hatten mehrere Experten die ände-rung als verfassungsrechtlich zulässig beurteilt. Bereits das Bundesverfassungsgerichtsurteil zur Fünf-Prozent-Klausel – eine Mehrheitsentscheidung mit Minderheitenvotum – war unter Experten heftig umstritten. Näheres zu dem Streit lesen Sie im oben genannten Beitrag von Prof. Dr. Hans Herbert Arnim. (jb)

reform des eU-Solidaritätsfonds (eUSF)

Einfachere und schnellere Hilfe nach Katastrophen ist das Ziel der Reform des Soliadritätsfonds der Europäischen Union (EUSF). Den entsprechenden Vorschlag des EU-Kom-missar für Regionalpolitik, Johannes Hahn, hat die Europäi-sche Kommission am 25. 07. 2013 angenommen. Der Fonds soll reaktionsfähiger und sein Einsatz leichter gemacht sowie die Kriterien dafür, wem der Fonds zugute kommen kann, vereinfacht werden.

Der EUSF wurde im Jahr 2002 nach mehreren schweren überschwemmungen in Mitteleuropa eingerichtet. Seitdem kam er bei 52 Katastrophen in Europa zum Einsatz, u. a. bei Erdbeben, Waldbränden, Dürren, Stürmen und über-schwemmungen.

23 Länder wurden mit insgesamt mehr als 3,2 Mrd. Euro unterstützt.

Mit dem neuen Legislativvorschlag werden die bestehen-den Vorschriften vereinfacht, sodass die Hilfen schneller als bisher ausgezahlt werden können. Ferner wird es zum ersten Mal die Möglichkeit von Vorschusszahlungen geben. Es wird klarer festgelegt, wer und was förderfähig ist – insbesondere bei regionalen Katastrophen. Gleichzeitig werden die Mit-gliedstaaten aufgefordert, Strategien für Katastrophenprä-vention und -management mehr Aufmerksamkeit zu schen-ken. Die Grundsätze des Fonds und seine Finanzierungsmethode – außerhalb des regulären EU-Haus-halts – bleiben unverändert.

Grundsätzlich beschränkt sich die Hilfe aus dem EUSF auf Notfallmaßnahmen der öffentlichen Stellen. Schäden, die Einzelpersonen erleiden, und Einkommensausfälle können nicht durch den Fonds gedeckt werden.

Der Vorschlag muss vom Europäischen Parlament und von den EU-Mitgliedstaaten gebilligt werden. (jb)

EU-SPIEGEL

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Seite 34 PUBLICUS 2013.8 INHALT VeranStaltUnGSSPieGel

bundesprüfertagungVeranstalter: Kommunales Bildungswerk e. V.termin: 22. und 23. August 2013 Veranstaltungsort: BerlinBei dieser Fachtagung stehen aktuelle Fragestellungen im Prüfungsalltag im Vordergrund. Der Fokus liegt auf der kommunalen Rechnungsprüfung und der staatlichen Schul-denbremse und welche Folgen sich daraus in der Praxis ergeben.

Es werden aus der Sicht der Rechnungsprüfung vergabe-rechtliche Fragen, IT-gestützte Datenanalysemöglichkeiten und die Implementierung eines internen Kontrollsystems in der Praxis behandelt.

Die Experten vermitteln, wie die Rechnungsprüfer/innen den immer komplizierter werdenden Prüfungsaufgaben und -anforderungen gerecht werden. Die beiden Kongresstage bieten die Möglichkeit zum intensiven Erfahrungsaustausch und zur Diskussion.Mehr infos: http://www.bundespruefertagung.de/index.html

8. demographie-Kongress Veranstalter: dbb Forum Berlintermin: 27. und 28. August 2013 Veranstaltungsort: BerlinIm Mittelpunkt dieser Tagung zum demographischen Wan-del stehen die Kommunen. Kooperationspartner ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju-gend, das viele Themen, auch mit Blick auf die kommunale Ebene, beisteuert. Auch die beiden kommunalen Spitzenver-bände Deutscher Landkreistag und Deutscher Städte- und Gemeindebund treten als Partner auf.Es geht unter anderem um folgende Themen:

– Altenbericht: Sorge und Mitverantwortung in der Kommune – Engagementbericht: Demographischer Wandel und

bürgerschaftliches Engagement – Familienfreundlichkeit vor Ort

Mehr infos: http://www.best-age-conference.com/Kongress/

den Wandel gestalten – change-Management in der öffentlichen Verwaltung

Veranstalter: Deutsches Institut für Urbanistiktermin: 12. und 13. September 2013 Veranstaltungsort: BerlinDiese Seminar widmet sich den Fragen, welche Rahmen-bedingungen kommunales Handeln beeinflussen, unter welchen Prämissen in Wirtschaftsunternehmen erprobte Change-Managementansätze auch in Kommunalverwaltun-gen eingesetzt werden können, welche auch im Rahmen der umfangreichen Binnenmodernisierung eingeführten Steurungs instrumente sinnvoll für nachhaltige Verände-rungsprozesse eingesetzt werden können, wie die Beschäf-tigten am besten in die Lage versetzt werden können, Chancen zu erkennen und wahrzunehmen, die sich aus den Veränderungen ergeben, welche erfolgskritischen Faktoren bei der Planung von Veränderungsprozessen berücksichtigt werden müssen.

Führungs- und Fachpersonal aus den unterschiedlichsten Fachbereichen aus Steuerungsdiensten und Beteiligungsge-sellschaften sowie Ratsmitglieder erfahren, wie Change-Ma-nagementprozesse organisiert und umgesetzt werden kön-nen und wie die Nachhaltigkeit von Veränderungsprozessen sichergestellt werden kann.Mehr infos und anmeldung: http://www.difu.de/ veranstaltungen

Rechnungsprüfung | Demographie | Change-Management | Erneuerbare Energien

VERANSTALTUNGSSPIEGEL

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Seite 35 VeranStaltUnGSSPieGelPUBLICUS 2013.8 INHALT

5. Kongress „100 % erneuerbare-energie-regionen”Veranstalter: deENet, Agentur für Erneuerbare Energien, Deutscher Landkreistag, Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband, Klima-Bündnis termin: 24. und 25. September 2013 Veranstaltungsort: KasselAls Planungs- und Genehmigungsinstanz kommt den Kom-munen, Landkreisen und Regionen beim Ausbau erneuerba-rer Energien und dem Heben von Energieeffizienzpotenzia-len eine Schlüsselrolle zu. Als Ansprechpartner großer Energieverbraucher, als Grundstückseigentümer und vor allem Vorbild für die Bürger beeinflussen sie maßgeblich die zukünftige Energieversorgung.

Bei diesem Netzwerktreffen informieren Fachvorträge, Diskussionsrunden, Fallbeispiele und die Ausstellung „Markt der Möglichkeiten” über Themen rund um erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Bürgerbeteiligungsmöglich keiten und vieles mehr.Mehr infos und anmeldung: http://www.100-ee-kongress.de/

1. Speyerer Führungsdialog Veranstalter: Deutsche Universität für Verwaltungswissen-schaften Speyer mit Unterstützung des Wittenberg-Zent-rums für Globale Ethik termin: 14. Oktober 2013, 13:30 Uhr bis 15. Oktober 2013, 15:15 Uhr tagungsort: Deutsche Universität für Verwaltungswissen-schaften Speyer Ziel des 1. Speyerer Führungsdialogs unter der wissen-schaftlichen Leitung von Prof. Dr. Michèle Morner und Prof. Dr. Andreas Suchanek ist es, den Austausch zwischen Ver-waltung, Politik und Wirtschaft zu fördern, um komplexe Führungsaufgaben sektorenübergreifend zu handhaben. Es soll eine Arena entstehen, die ein besseres Verständnis für die jeweils andere Sichtweise zu verantwortungsvoller Führung unterstützt und Wege zur Bewältigung aktueller Herausforderungen eruiert. Dabei widmet sich der Speyerer Führungsdialog im Gegensatz zu existierenden Formaten den speziellen Ansprüchen und Erfordernissen von Füh-rungskräften aus der Verwaltung.

Im Mittelpunkt des Dialogs stehen: – Aktuelle Herausforderungen in der Zusammenarbeit von

Verwaltung, Politik und Wirtschaft

– Austausch gegenseitiger Erwartungen an verantwor-tungsvolle Führung

– Möglichkeiten zu einer besseren Kommunikation und konstruktiver Zusammenarbeit

– Diskussion über sektorenübergreifende Führungsaufga-ben

In Rahmen von Impulsreferaten durch namhafte Referenten aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft (u. a. mit Beteili-gung der BASF SE und der Bertelsmann SE & Co. KGaA) sowie von Workshops mit Vertretern namhafter deutscher Unternehmen, wird breiter Raum zum Dialog gegeben. Dabei werden gemeinsam Aspekte verantwortungsvoller Führung aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, auf den Umgang mit zunehmend komplexen Führungsaufgaben vorbereitet und die Möglichkeit gegeben, sich mit hochrangi-gen Entscheidungsträgern aus allen Sektoren zu vernetzen.

Die Tagung richtet sich an Führungskräfte aus der Verwal-tung. Weitere informationen und anmeldungen sind u. a. mög-lich im internet unter www.uni-speyer.de/Weiterbildung/Jahresprogramm.htm ansprechpartner für teilnehmer: Lioba Diehl, Tel.: 06232/654–226 und Edith Göring, Tel.: 06232/654–269, Fax: 06232/654–488, E-Mail: [email protected], http://www.uni-speyer.de

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Seite 36 PUBLICUS 2013.8 INHALT literatUrSPieGel

das WerkDas Instrument des städtebaulichen Ver-trags gewinnt immer mehr an Bedeutung. Es eröffnet die Möglichkeit, Bauwillige von vornherein in den Planungsprozess einzube-ziehen, indem Erschließung, Bodenordnung, Finanzierung und Abrechnung »privatisiert« werden.

Anwendung und Umsetzung dieser städte-baulichen Verträge werfen aber zahlreiche Fragen und Probleme auf. Hier setzt die umfassende Darstellung an, um den Beteilig-ten den Weg zu einer rechtssicheren Ver-tragsgestaltung zu ebnen.

Durch die »Innenentwicklungs-Novelle« ist es zu änderungen des BauGB gekommen, die auch tief in die Systematik der städtebau-lichen Verträge eingreifen. Die Neuauflage berücksichtigt diese Novellierung. Da wäh-rend einer übergangszeit aber sowohl altes wie auch neues Recht anzuwenden sind,

werden an den entsprechenden Stellen jeweils beide Rechtslagen erläutert.

der autorProfessor Dr. Hans-Jörg Birk, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Stuttgart/Dresden, Honorarprofessor an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg und an der Techni-schen Universität Kaiserslautern

Städtebauliche Verträge Inhalte und Leistungsstörungen Erschließungsvertrag, Städtebaulicher Vertrag, Vorhaben- und Erschließungsplan/vorhabenbezogener Bebauungsplan 2013, 5., vollständig neu bearbeitete Auflage, 483 Seiten, € 34,80 ISBN 978-3-415-04892-8 Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG

das WerkDie Novellierung der HOAI bringt grundle-gende Neuerungen mit sich: – Kern ist die baufachliche überarbeitung

der Leistungsbilder und die Aktualisierung der Honorartafelwerte.

– Der Katalog der einzelnen Teilleistungen eines Leistungsbildes wird erheblich erweitert, sowohl bei den Grundleistungen als auch bei den besonderen Leistungen.

– Die Honorare steigen im Mittel um rund 17 Prozent.

– Der Umbauzuschlag und die Bewertung der mitzuverarbeitenden Bausubstanz werden auf den Stand vor der letzten HOAI-Reform zurückgeführt.

In einer praxisorientierten Einführung erläutert der Autor die wesentlichen Neue-rungen der novellierten Honorarordnung. Seine langjährigen Erfahrungen als Berater, Referent und Seminarleiter auf dem Gebiet

des Architektenrechts, des Ingenieurrechts und des Vergaberechts fließen in die Ausfüh-rungen ein.

Die Textausgabe, mit amtlicher Begrün-dung und detailliertem Stichwortverzeichnis, verschafft einen schnellen Einstieg in die HOAI 2013!

der autorJohann Rohrmüller, Revisionsdirektor beim Bayer. Kommunalen Prüfungsverband

HOAI Honorarordnung für Architekten und Ingenieure 2013 Textausgabe mit Einführung und amtlicher Begründung 2013, 8. Auflage, ca. 236 Seiten ca. € 17,50 ISBN 978-3-415-05133-1 Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG

hoai 2013

rohrmüller: hoai honorarordnung für architekten und ingenieure 2013

Wegweiser

birk: Städtebauliche Verträge

Städtebauliche Verträge | Die neue HOAI

LITERATURSPIEGEL

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Seite 38 ÌiMPreSSUMPUBLICUS 2013.8

IMPRESSUMredaktionSusanne Sonntag (so), Rechtsanwältin (verantw.)Sandra Balk (sb)Johannes Buschbeck (jb)Franz Königsperger (fk)Christine Kreitmeier (ck)E-Mail: [email protected]

VerlagRichard Boorberg Verlag GmbH & Co KGGeschäftsführung: Dr. Berndt Oesterhelt, RA Markus OttScharrstr. 2, 70563 StuttgartAG Stuttgart HRA 3076Telefon: (0711) 7385 – 0 /Fax: (0711) 7385 – 100E-Mail: [email protected]: www.publicus-boorberg.de

Wissenschaftlicher beiratProf. Dr. Martin Burgi, Lehrstuhl für Deutsches und Europäisches Öffentliches Recht, Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschafts-verwaltungsrecht, Ruhr-Universität Bochum

Prof. Dr. Christoph Degenhart, Richter am Verfassungsgerichtshof des Freistaats Sachsen, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Direktor des Instituts für Rundfunkrecht, Universität Leipzig

Prof. Dr. Dirk Heckmann, Mitglied des Bayerischen Verfassungs-gerichtshofes, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Sicherheitsrecht und Internetrecht, Forschungsstelle für IT-Recht und Netzpolitik, Universität Passau

Prof. Dr. jur. Peter M. Huber, Minister a. D., Richter des Bundes-verfassungsgerichts, Universitätsprofessor, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Staatsphilosophie, Forschungsstelle für das Recht der Europäischen Integration, Ludwig-Maximilian-Universität München

Prof. Dr. Markus Möstl, Lehrstuhl für Öffentliches Recht II, Universität Bayreuth

Prof. Dr. Ulrich Stelkens, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere deutsches und europäisches Verwaltungsrecht, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer

Prof. Dr. iur. Jan Ziekow, Direktor des Deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung, Mitglied des United Nations Committee of Experts on Public Administration, Präsident der Deutschen Sektion des International Institute of Administrative Sciences, Mitglied des Beirats Verwaltungsverfahrensrecht beim Bundesministerium des Innern, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere allgemeines und besonde-res Verwaltungsrecht, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaf-ten Speyer

FachbeiratDr. Günter Burmeister, Stellv. Vorsitzender Richter am BVerwG

Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Landkreistages (DLT)

Georg Herbert, Vorsitzender Richter a. D. am BVerwG

Dr. Alexander Jannasch, Richter am BVerwG

Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer und Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes

Professor Klaus Notheis, Präsident der Gemeindeprüfanstalt Baden- Württemberg

Dr. Klaus Schönenbroicher, Referatsleiter Ressortübergreifende Normprüfung Verwaltungsrecht, Justiziariat usw., Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen

Dr. Andreas Zuber, Verband kommunaler Unternehmen (VKU), Geschäfts-führer Abteilung Recht, Steuern, Finanzen

ManuskriptangeboteManuskriptangebote werden an die Redaktion erbeten. Für unaufgefor-dert eingesandte Manuskripte wird keine Gewähr übernommen.

Graphische KonzeptionThomas Scheer

ProduktionChristine Stanger, Stefanie Wisse

anzeigenverkaufRoland SchulzRichard Boorberg Verlag GmbH & Co KGScharrstr. 2, 70563 StuttgartTelefon: (0711) 7385–238E-Mail: [email protected]

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