Die Lebensansichten des Katers Murr

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Inhaltsverzeichnis 1 Einführung....................................................... 2 2 Die Form im Werk Lebensansichten des Katers Murr.................4 2.1 Das Verhältniss von Raum und Zeit...........................4 2.2 Intertextualität............................................. 5 2.3 Die Erzählinstanzen.......................................... 7 3 Musik im Werk Lebensansichten des Katers Murr...................10 3.1 Murr und die Musik.......................................... 10 3.2 Kreisler und die Musik......................................12 3.3 Kreisleriana................................................ 14 4 Zusammenfassung................................................. 16 5 Quellenverzechnis............................................... 19 1

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In der Arbeit handelt es sich um die Musik in Hoffmanns Werk

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Page 1: Die Lebensansichten des Katers Murr

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung..........................................................................................................................................2

2 Die Form im Werk Lebensansichten des Katers Murr.........................................................................4

2.1 Das Verhältniss von Raum und Zeit.........................................................................................4

2.2 Intertextualität..............................................................................................................................5

2.3 Die Erzählinstanzen......................................................................................................................7

3 Musik im Werk Lebensansichten des Katers Murr............................................................................10

3.1 Murr und die Musik....................................................................................................................10

3.2 Kreisler und die Musik...............................................................................................................12

3.3 Kreisleriana................................................................................................................................14

4 Zusammenfassung.............................................................................................................................16

5 Quellenverzechnis.............................................................................................................................19

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1 EinführungE.T.A. Hoffmann war einer der wichtigsten Autoren der Zeit der Romantik. Hoffmann war

talentierter Musiker und auch Literat. Er war Kapellmeister, Schriftsteller und Richter ( vgl.

Skoupa 2006: 40). Er war ein vielseitiger Künstler, dessen Wirkung auch heute sichtbar ist.

Zahlreiche Werke von Hoffmann haben ihren Weg in die modernen Künste gefunden. Sein

legendäres Werk Der Sandmann ist bis heute eine Quelle der Inspiration.

In dieser Seminararbeit wird das Werk Die Lebensansichten des Katers Murr in Augenschein

genommen. Das Werk beginnt mit der Erklärung des Herausgebers über das Entstehen des

Werkes:

Der Druck begann, und dem Herausgeber kamen die ersten Aushängebogen zu Gesicht. Wie

erschrak er aber, als er gewahrte, daß Murrs Geschichte hin und wieder abbricht, und dann

fremde Einschiebsel vorkommen, die einem andern Buch, die Biographie des Kapellmeisters

Johannes Kreisler enthaltend, angehören. Nach sorgfältiger Nachforschung und Erkundigung

erfuhr der Herausgeber endlich folgendes. Als der Kater Murr seine Lebensansichten schrieb,

zerriß er ohne Umstände ein gedrucktes Buch, das er bei seinem Herrn vorfand, und

verbrauchte die Blätter harmlos, teils zur Unterlage, teils zum Löschen. Diese Blätter blieben

im Manuskript und— wurden, als zu demselben gehörig, aus Versehen mit abgedruckt!

( Hoffmann: 19-20).

Dem Zitat zufolge handelt es sich in dem Werk Lebensansichten des Katers Murr um ein

Werk, das durch einen Zufall entstanden ist. Hoffmann, der gleichzeitig auch der Herausgeber

ist, hat zufällig die Biografie von Kreisler mit dem Roman von dem Kater Murr gedruckt. Der

Rahmen, welchen Hoffmann seinem Werk gibt, ist nicht ohne Weiteres hier. Ohne diesen

wäre der Leser, welcher schon zu Beginn des Werkes verwirrt ist durch die untypische Form,

welche Hoffmann verwendet, völlig orientierungslos.

Der Leser stößt auf zwei Geschichten, welche aus individueller Sicht der einzelnen Erzähler

gegeben wird. Der Roman besteht aus zwei Teilen. Der Biografie von Murr, welcher eine

Chronologie aufweist und dem Teil von dem Kapellmeister Kreisler, welcher aus Fragmenten,

die keine chronologische Ordnung haben, besteht.

Im Werk haben wir einen Kater, welcher als Träger der Ironie verstanden werden kann, und

auf der anderen Seite haben wir Kreisler, welcher die Ironie immer wieder verwändet, um die

Gesellschaft zu entlarven. Die zwei Hauptpersonen, falls wir sie so nenne können, im Werk

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sind sie komplex dargestellt, dass eine einheitliche Analyse fast unmöglich scheint. (vgl.

Swales : 51)

Die vorliegende Arbeit wird das Verhältnis zwischen der Musik und dem Werk analysieren.

Als erstes wird etwas über die ungewöhnliche Form des Werkes gesagt. In diesem Kapitel

wird etwas über das Verhältnis von Raum und Zeit gesagt, da sie für die Form des Werkes

sehr wichtig sind. Im Werk gibt es sehr viele Referenzen auf andere literarische Werke.

Diese werden untersucht und es werden Beispiele gegeben. Weiterhin werden die

Erzählinstanzen, welche nicht immer mit den Protagnisten gleichzustellen sind, untersucht.

Danach wird etwas über das Verhältnis der Protagonisten zu der Musik gesagt. Beide haben

ein enges Verhältnis zu der Musik, aber auf verschiedene Art. Dieses Verhältnis wird

beschrieben und es werden Beispiele gegeben. Der Zusammenhang zwischen der Musik und

der Sprache, welche von den Hauptpersonen verwendet wird, wird untersucht. Es werden

auch Beispiele der Sprache aus dem Werk gegeben. Weiterhin wird etwas über den Einfluss

des Werkes auf den Komponisten. Dieser hat das Werk Kreisleriana, nach einer der

Hautpersonen im Werk benannt.

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2 Die Form im Werk Lebensansichten des Katers Murr

Das Werk Lebensansichten des Katers Murr wird als Fragment oder auch als Doppelroman

bezeichnet. Das Werk hat eine sehr komplexe Form, welche nicht einfach zu beschreiben ist.

Es handelt sich um zwei auf den ersten Blick völlig verschiedene Geschichten die von der

Person des Meister Abracham Liscov zusammengehalten werden. Um die Form des Werkes

besser zu verstehen, ist das Verhältnis der Erzählinstanzen wichtig, wie auch das Verhältnis

von Raum und Zeit. Die Murr-Teile haben einen Anschluss an die realistische Poetik. Im

Gegensatz dazu zeigen die Kreisler-Teile Merkmale der romantischen Poetik auf. Um einen

besseren Überblick zu haben, wird die Form von dem Murr-Teil und den Kreisler-Teil separat

analysiert.

2.1 Das Verhältnis von Raum und Zeit

Der Kater Murr wendet sich schon, bevor der Roman beginnt an den Leser:

Mir der Sicherheit und Ruhe, die dem wahren Genie angeboren, übergebe ich der Welt meine

Biografie(...) ( Hoffmann: 23)

Diese Biografie sollte auch von Leser geschätzt werden, da man nicht jeden Tag auf ein

solches Genie trifft. Hoffmann gibt uns durch die Person des Katers eine neue Form des

Künstlerromans. Der Murr-Teil hat eine chronologische Narration. Er ist in der Ich-Form

geschrieben. Murr gibt uns eine detaillierte Geschichte in der er von seiner Geburt, seiner

Erziehung, der Liebe zur Kunst, seiner Freundschaft mit dem Pudel Ponto, seine ersten

Kontakte mit der Außenwelt berichtet. Murr wird von Meister Abracham großgezogen und

bei ihm erlernt er auch das Schreiben, wie auch das Lesen. Für den Teil des Romans, welcher

Murrs Abenteuer schildert ist eine lineare Narration spezifisch. Die Murr-Teile werden zwar

von den Makulatur blättern von dem Kapellmeister Kreisler unterbrochen, aber bilden

trotzdem chronologisch eine Einheit. Wenn man die Kreisler-Kapitel rausnehmen würde,

könnte man Murrs Geschichte von Anfang bis Ende ohne Zeitsprünge verfolgen.

Die Fragmente die Kreislers Geschichte beschreiben sind jedoch unorganisiert. Der Grund

dafür ist, dass Murr die Biografie Kreislers zerstört hat, indem er diese als Vorlage benutzte.

Demzufolge kann von keiner linearen Geschichte in diesem Teil des Romans nicht die Rede

sein. Der Leser wird von Geschehnis zu Geschehnis getrieben ohne eine Linearität in den

Teilen finden zu können. Der Erzähler in dem Kreisler-Teil ist ein auktorialer Erzähler. Der

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Leser wird unmittelbar, in medias res, in das Geschehen eingeführ. Sogar syntaktisch ist der

Anfang der Kreisler-Biografie nicht vollständig:

(Mak.Bl.)“- und erinnern Sie sich, gnädigster Herr, denn nicht des großen Sturms. Der dem

Advokaten, als er zur Nachtzeit über den Pantneuf wandelte, den Hut vom Kopfe herunter in

die Seine warf?[...] ( Hoffmann: 32)

In dem Kreisler-Teil verfolgt der Leser die Geschehnisse am Hof in Sieghartsveiler. Die

Zentralen Personen in diesem Teil sind Kreisler und Abraham Liscov. Diese zwei Personen

werden den Rest des Hofes gegenübergestellt. In diesem Teil gibt es Zahlreiche Analepsen.

Die Geschichte wird von kleineren Episoden unterbrochen, wie zum Beispiel die Geschichte

von Meister Abracham und Chiara. Die zeitliche Organisation ist voller Sprünge und hat

keine logische Reinfolge. Der Leser bleibt bis zum Ende des Romans gespannt, da ein

richtiger Durchblick für ihn nicht möglich ist.

Der Raum in dem sich die Hauptpersonen bewegen ist sehr unterschiedlich. Murr lebt in dem

Haus von Meister Abracham. Unser kleiner Held sieht den Dachboden als eine Räumlichkeit,

in der er seiner künstlerischen Begabung freien Lauf lassen kann. Der Raum in dem sich Murr

bewegt suggeriert Freiheit. Seine Umgebung ist urban und der Leser begibt sich von einem

Umfeld in das andere. Man findet so Teile in der Stadt, in der Oper oder auch auf den

Dächern der Häuser. Der Murr-Teil kann als ein Teil des urbanen Realismus angesehen

werden. 1

Die Umgebung in dem Kreisler-Teil ist im Gegensatz zu Murrs Umgebung viel

geschlossener. Der Raum in dem sich Kreisler bewegt ist auf den Hof, den Park und auf die

Abtei begrenzt. Der Leser hat das Gefühl, dass dieser Hof und auch die Abtei, zu einem

märchenhaften Land gehören, und das außerhalb diesem nichts besteht. Dieser Raum

suggeriert eine Isoliertheit von der Außenwelt. Dieser geschlossene Raum ist spezifisch für

die romantische Poetik. 2

2.2 Intertextualität

Das Werk weist starke Intertextualität auf. Im Werk gibt es viele Referenzen auf andere

literarische Werke. Hoffmann verwändet Textsegmente aus den Werken von Shakespear, Rabelais und

1http://thelectern.blogspot.com/2009/06/life-and-opinions-of-tomcat-murr-eta.html (9.9.2014)2 Ibd.

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Goethe. Die Intertextualität hat bei dem Kater und Kreisler nicht die gleiche Funktion. Bei dem Kater

verwendet der Autor die Referenzen, um Ironie zu erzielen. Bei Kreisler sind die Referenzen eher ein

Teil seines Wissens. Nicht nur sind die beiden Teile voller Referenzen die einen belehrten

Leser verlangen, sondern haben auch beide Teile ihren Ursprung in früheren Werken. ( vgl.

Gläser,Grittner, Hildebrandt 2009: 5) Sterki behauptet, dass sich beide Teile mit wichtigen

europäischen Werken gleichstellen können. Der Murr-Teil erinnert mit seiner Form an den

Künstlerroman, welcher sehr wichtig war in der Zeit des Romantizismus. Der Murr'sche

Künstlerroman ist eine Ironisierung von Goethes Wilhelm Meister. Hoffmann hat eine

populäre Romanform verwändet und damit einen beinahe lächerlichen Kater als Hauptperson

eingeführt. Der Kreisler-Teil erinnert an das Werk von Novalis Heinrich von Ofterdingen.

( vgl. Sterki 2006: 156)

Schon zu Beginn von beiden Teilen referiert Hoffmann auf andere Werke. Der Murr-Teil

beginnt mit einem Zitat aus Egmont:

O du süße Gewohnheit des Daseins!

Nicht nur benutzt der Kater oft Zitate aus anderem Werken, sondern modifiziert diese. Murr

verwändet Teile aus Shakespears Werken und fügt diese in seine Geschichte ein. Murr macht

sich in vielen Teilen des Plagiats schuldig.:

O Schwachheit, dein Name ist Katz!

O Appetit, dein Name ist Kater!

An manchen Stellen wird er vom Herausgeber, also Hoffmann, darauf aufmerksam gemacht:

O Murr, mein Kater. Entweder hat sich der Ehrenpunkt seit Shakespeares Zeit nicht geändert,

oder ich ertappe dich auf einer Lüge, die dazu dienen soll, der Begebenheit, die du erzählst,

mehr Glanz und Feuer zu geben!“

In dem Gespräch zwischen Abraham und Kreisler wird Rabelais und Goethes Zauberlehrling

zitiert:

Ähnliches steht im Rabelai, doch war er eigentlich der Sturm, der dem Advokaten den Hut

raubte, den er, indem er den Mantel dem Spiel dir Lüfte preisgab, mit der Hand fest auf deren

Kopf gedruckt hielt, sondern ein Grenadier riß mit dem lauten Ausruf: „Es weht ein großer

Wind, mein Herr.“ [...] (Hoffmann: 33)

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Weiterhin können Zusammenhänge zwischen Julia, welche für Kreisler eine Art Muse ist, mit

der Antike gefunden werden. ( vgl. Gläser,Grittner, Hildebrandt 2009: 5)

Das Werk weist eine hohe Intertextualität auf, welche nicht immer leicht zu erkennen ist. In

diesem Werk finden wir einen großen Anteil von literarischen Referenzen. Sterki behauptet,

dass die Intertextualität die von Hoffmann verwändet wird erst im 20. Jahrhundert anerkannt

wurde. ( vgl Sterki 2006: 159)

2.3 Die Erzählinstanzen

Im Werk finden wir verschiedene Sichtweisen. Wie es bisher schon erwähnt wurde, haben wir

zwei völlig verschiedene Erzählweisen. Swales behauptet, dass man im Werk drei

verschiedene Fiktionen findet. Die erste bezieht sich auf Hoffmann, welcher sich als

Herausgeber darstellt, obwohl es offensichtlich ist, dass dieser der Autor ist. Die zweite

Fiktion bezieht sich auf den Kater, welcher in der Ich-Form von seinem Leben berichtet. Die

dritte Fiktion ist mit Kreisler und seiner Welt verbunden.(Swales 60)

Der Murr-Teil ist in der Ich-Form geschrieben. Dies suggeriert einen unzuverlässigen

Erzähler. Beim Lesen stößt man auf Ungleichheiten zwischen der Sichtweise von Murr und

Kreisler. Der Meister Abracham wird von Murr als ein Gelehrter beschrieben, der in der Stadt

wohnt. In dem Kreisler-Teil ist er ein Orgelbauer und Magier, welcher in einem Fischerhaus

auf dem Hof lebt. Auch wird die Person von Lothario in den beiden Teilen verschieden

beschrieben. In den Murr-Teil ist er ein neidischer Universitätsprofessor, und im Kreisler-Teil

ist er ein einfacher Gymnasiallehrer. (vgl. Gläser,Grittner, Hildebrandt 2009: 6)

In dem Murr- Teil bekommen wir auch Einblick in den Schaffensprozess des Katers. Murr

versucht sich an das Schaffen der romantischen Vorbilder anzuschließen. Sein Teil ist voller

Oden, Elegien oder Sonette in welchen er seine Lebensansichten in künstlerische Form bringt:

Was ist's, das die beengte Brust,

Mit Wonneschauer so durchbebt,

Den Geist zum Himmel hoch erhebt,

Ist's Ahnung hoher Götterlust?

Ja— springe auf, du armes Herz,

Ermut'ge dich zu kühnen Taten,

Verwandelt ist in Lust und Scherz,

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Der trostlos bittre Todesschmerz,

Die Hoffnung lebt— ich rieche Braten!

(Hoffmann: 168)

In dem Roman finden man noch zahlreiche Beispiele wie diesen. Murr versucht durch seine

Kunst an die alten Meister zu knüpfen, was auch durch die zahlreichen Plagiate zu sehen ist.

Sein quasi-philosophischer Diskurs ist eine Art von Intertextualität, da es sich bei zahlreichen

Beispielen gerade um Plagiate handelt, die zweifellos an andere Autoren erinnern.

Im Gegensatz zu dem Murr-Teil in dem der Erzähler der Kater selbst ist, ist der Erzähler in

dem Kreisler Teil umso interessanter. In dem Kreisler-Teil handelt es sich um einen

auktorialen Erzähler. Swales bemerkt, dass man am Anfang der Geschichte, bzw. der

Makulatur Blätter, das Gefühl hat, dass der Erzähler Abraham Liscov ist.( vgl. Swales: 51)

Der Fürst wendet sich an dem Meister und dieser erweist sich als der Erzähler:

„Gnädigster Herr“, erwiderte ich , mich demutsvoll verbeugend „was war an allem Unheil

schuld, als der Sturm [...] ( Hoffmann: 34)

Dann aber, kommt die dritte Person ins Spiel und man vermutet den Autor, bzw. Hoffmann,

hinter den allwissenden Erzähler:

„Eben das“, fiel Meister Abraham dem Freunde ins Wort (...) (Hoffmann: 35)

Nach dem Zitat zu schließen wird Abraham von Erzähler zu einer der Personen im Werk. Der

Erzähler hat also einen Einblick in die Geschehnisse von Ausen, und weiß mehr als der Leser

und auch die Personen im Werk. ( vgl. Swales: 51). Wer hinter dem Erzähler steckt, ist jedoch

schwer zu sagen. Ob es sich um Abraham handelt, oder um Hoffmann selbst, kann man nur

vermuten.

Interessant ist, dass in beiden Teilen, den Murr'schen und den Kreislerischen, sich die Erzähler

direkt an den Leser wenden:

-Leser!- Jünglinge, Männer, Frauen, unter deren Pelz ein fühlendes Herz schlägt, die ihr Sinn

habt für Tugend- die ihr die süßen Bande erkennet, womit uns die Natur umschlingt, ihr

werdet mich verstehen und- mich lieben! (Hoffmann: 63)

Oft wendet sich Murr als unverstandener Künstler an die Leser, die seine Gleichberechtigten

sind. Die Leser verstehen den Kater und die Gesellschaft ist diese, die den Kater und sein

Genie nicht zu schätzen wissen.

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Der auktoriale Erzähler entschuldigt sich für die fehlenden Informationen über Kreislers

Leben:

Dadurch wurde es in den Stand gesetzt, dir, geliebter Leser, wenigstens ein paar Bilder aus

der frühen Jugendzeit des seltenen Männer, dessen Biographie er aufzuschreiben

gewissermaßen genötigt, vor die Augen zu bringen, und er vermeint, daß, was Zeichnung und

Kolorit betrifft, diese Bilder wohl für charakteristisch und bedeutsam genug gelten können.

( Hoffmann: 135)

Wie schon erwähnt wurde, wendet sich auch der Herausgeber an den Leser. Es scheint fast so

als versucht Hoffmann mithilfe der Erzählinstanzen, zu denen auch der Herausgeber zählen

kann, die Geschichte zu desillusionieren. Es ist, als ob Hoffmann den Leser dazu bringen will

das Werk kritischer anzusehen, sich nicht in die Geschichte einzuleben.

Die Zuverlässigkeit von beiden Erzählern ist fragwürdig. Der auktoriale Erzähler, welcher ein

zuverlässiger sein sollte, ist in diesem Werk an die märchenhafte, unwirkliche Welt von

Kreisler gebunden. In gegenübergestellt ist der Murr-Erzähler, welcher an sich wegen der Ich-

Form, als unzuverlässig angesehen werden kann, wegen der fehlenden Objektivität. Beide

Erzähler lassen den Leser an der Glaubwürdigkeit zweifeln.

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3 Musik im Werk Lebensansichten des Katers Murr

Bei seiner Analyse von dem Werken Thomas Manns, hat Žmegač zwei Arten der Musik in

den Werken festgestellt. Zum einem die Musik die der Realität angehören. Diese Musik wird

beschriebene Musik genannt. Damit ist die Beschreibung der realen Musik gemeint, der

Musik, die der musikgeschichtlichen Schöpfung ( Žmegač1959: 88) angehören. Die zweite

Gruppe bezieht sich auf die Musik die ihren Ursprung in der Fantasie des Autors hat. Diese

Musik ist beschrieben und existiert nur in dem Werk, die erfundene Musik. Diese nennt

Žmegač erzählte Musik. Er behauptet, dass diese Beschreibungen als begriffliche und

bildhafte Darstellungsweise gesehen werden können. Die begriffliche Darstellung stützt sich

an ein wahrhaftiges Werk, der Autor benutzt Wortmalerei um diese zu beschreiben. ( vgl.

Žmegač 1959 :88) Wie schon zu Beginn angedeutet wurde, ist Hoffmanns Werk eng

verbunden mit der Musik. Zahlreiche Abhandlungen über die Musik und auch über die

Komponisten haben ihren Weg in den Opus von Hoffmann gefunden. Auch das Werk

Lebensansichten des Katers Murr sind voller Referenzen auf Komponisten, aber auch über die

Musik die nur in diesem Werk entstanden sind.

3.1 Murr und die Musik

Murrs Teil ist viel weniger mit der Musik verknüpft als der Teil von Kreisler. Murr zeigt

eine große Liebe zur Musik, doch selber erschafft der Kater keine Musik. Der Murr- Teil hat

einige Referenzen auf Mozart und auch auf Händel:

Mit einer Stimme, die weit über viele Dächer hinwegdonnerte, intonierte nun der Senior Puff

das schöne Lied: Gaudeamus igitur. Mit Wonne fühlte ich mich im Innern und Äußern ganz

trefflicher Juvenis und mochte gar nicht an den tumulus denken...Noch nie hatte ich

dieses Lied gehört, dessen Komposition ebenso tief gedacht, so harmonisch und melodisch

richtig, als wunderbar und geheimnisvoll zu nennen. Der Meister ist, soviel ich weiß, nicht

bekannt geworden, doch schreiben viele dieses Lied dem großen Händel zu, andere dagegen

behaupten, daß es lange, lange vor Händels Zeit schon existiert habe, da nach der Chronik

von Wittenberg es schon gesungen worden, als Prinz Hamlet noch Fuchs gewesen. Doch

gleichviel, wer es gemacht hat, das Werk ist groß und unsterblich und vorzüglich zu

bewundern, wie die in den Chor eingeflochtenen Solos den Sängern freien Spielraum lassen

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zu den anmutigsten, unerschöpflichsten Veränderungen (Hoffmann: 278 – 279)

Dem Schluß der Rede gemäß, stimmten wir ein “De profundis” an, das womöglich noch viel

jämmerlicher, viel herzzerschneidender klang als das entsetzliche Grabeslied vor der Rede

(Hoffmann: 371)

Wenn man den Murr Teil, was die musikalische Gestaltung angeht, beschreiben wollte,

müsste man diesen Teil als beschrieben Musik. Auser der Referenzen und einigen Episoden

mit den Katzen, welche im Chor singen, ist keine Musik in seinem Teil vorhanden.

Die Musikalität in dem Murr-Teil wird durch die Sprache erreicht. Murrs Sprache ist eine

dichterische Sprache. Sie ist rhythmisch und Hoffmann verwändet in der Gestaltung seiner

Sprache viel Lautmalerei:

Bau – Bau – Mau – Miau – Blaf blaf – Auvau – Korr – Kurr – Ptsi – Pschrzi (Hoffmann: 83)

Der Rhythmus wird durch Wiederholungen erreicht:

hinaus – hinaus trieb es mich in die freie Natur, ich begab mich daher aufs Dach und

lustwandelte in den Strahlen der sinkenden Sonne. Da vernahm ich Töne von dem Boden

aufsteigen, so sanft, so heimlich, so bekannt, so anlockend, ein unbekanntes Etwas zog mich

hinab mit unwiderstehlicher Gewalt (Hoffmann: 63)

Der Ton der Gedichte, und auch seiner Sprache ist gehoben. Hoffmann erzeugt einen

feierlichen Ton mit Murrs Sprache:

Ha! – der durch den Rauchfang sausende Wind rief den Namen Mina – Mina – Mina rauschte

es in den Papieren meines Meisters, knarrte es in den gebrächlichen Rohrstühlen, Mina –

Mina – lamentierte die Ofentüre – O! (Hoffmann: 67)

O, es ist etwas Herrliches um die Wissenschaften! – Dank, glühender Dank dem edlen Mann

, der sie erfunden (Hoffmann: 79)

Die Sprache von Murr ist, wie man an den Beispielen sehen kann, eine sehr musikalische

Sprache und diese wird durch die Verwendung der Stilmittel erreicht. Jeder Satz von Murr

kann als eine kleine Komposition angesehen werden.

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3.2 Kreisler und die Musik

I will create wathevar the cost to myself, says Faust, says Beethoven, says the Romantic artist

Kreisler 3

Dieses Zitat beschreibt die Person von Kreisler sehr gut. Kreisler und die Musik sind sehr

stark miteinander verbunden. Der exzentrische Künstler liebt die Musik und sie ist ein Teil

seiner Person. Sein Sein hat ohne die Musik keinen Sinn. Kreisler ist den Lesern von E.T.A.

Hoffmann schon aus den Aufsätzen Kreisleriana bekannt. Viele autobiografische Fakten

haben ihren Ausdruck in der Person von Johannes Kreisler Gefunden. Nach der Kreisleriana,

kommt der Künstler wieder in den Lebensansichten des Katers Murr zum Vorschein.

(Skoupa 2006: 41-42)

Kreislers Sprache ist sehr interessant, da er zahlreiche Termini aus der Musiksprache

verwendet. Die Musik ist so tief verwurzelt in seinem Inneren, dass er selbst in Momenten der

Wut diese verwendet:

Holla süßer Napolitaner, du weisst nicht, daß Julien ein wackerer Kapellmeister, mit

hinlänglicher Musik im Leibe, zur Seite steht, der hält dich, sowie du dich ihr näherst, für

einen verdammten Quartquinten-Akkord, der aufgelöst werden muß.” (Hoffmann: 240)

Auch Kreisler hat viele Referenzen auf Komponisten. Besonders gern Beschreibt Hoffmann

Haydn, und beschreibt sogar einen Teil seiner Biografie:

Ein Komponist wurde von jemanden gefragt, sprach Kreisler sanft lächelnd, wie er es denn

anfange, daß seine geistlichen Kompositionen durchaus andächtige Begeisterung atmeten.

Wenn es, erwiderte darauf der fromme kindliche Meister, mit dem Komponieren nicht so recht

fort will, so bete ich im Zimmer auf und ab gehend einige Ave und dann kommen mir die Ideen

wieder (Hoffmann: 243)

Die Kunst von Kreisler wird von allen am Hof sehr anerkannt. Dennoch wird seine Beziehung

zur Musik und sein soziales Verhalten verurteilt. Die Benzon beschriebt Kreisler mit den

Worten:

Immer, nahm die Rätin das Wort, habe ich geglaubt, daß die Musik auf Sie zu stark, mithin

verderblich wirke; denn indem bei der Aufführung irgendeines vortrefflichen Werks Ihr ganzes

Wesen durchdrungen schien, veränderten sich alle Züge Ihres Gesichts. Sie erblaßten, Sie

3http://thelectern.blogspot.com/2009/06/life-and-opinions-of-tomcat-murr-eta.html (9.9.2014) Ibd.

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waren keines Wortes mächtig, Sie hatten nur Seufzer und Tränen, und fielen dann her mit dem

bittersten Spott, mit tief verletzendem Hohn, über jeden, der auch nur ein Wort über das Werk

des Meisters sagen wollte. ( Hoffmann: 66)

Es scheint fast so, als ob Kreisler keinen anderen das Recht gibt über die Musik zu urteilen.

Auch wird in diesem Zitat sichtbar, dass sich Kreisler mit der Gesellschaft nicht richtig

auseinandersetzen kann. Kreisler war immer mit Musik verbunden, er hatte musikalische

Vorfahren, und der Meister brachte ihm die Musik nahe. Kreisler war, wie die Benzon

behauptet, sehr empfindlich was Musik betrifft. Er hatte eine engere Beziehung zu der Kunst

als andere Leute. Auch hat Kreisler eine engere Beziehung zur Musik, als mit anderen Leuten.

Kreislers Erscheinen am Hof hat große Unruhe verursacht. Die Prinzessin hatte Angst vor

dem Musiker. Sie hat ihn mit dem Mahler Ettlingen verbunden. Ettlinger war Mahler auf dem

Hof, der vor Liebe wahnsinnig geworden ist. Hier kommt das Motiv des Doppelgängers zum

vorschein, welches sehr oft in romantischen Werken vorkommt. Kreisler hat Angst vor

seinem Doppelgänger, welcher das dämonische in dem Künstler symbolisiert. Nach dem

Gespräch mit Hedwig sieht er sein dämonisches in der Gestalt von dem Maler Ettlinger:

Kreisler erwachte aus dem Traume, und erblickte seine dunkle Gestalt im Wasser. Da war es

ihm, als schaue ihn Ettlinger, der wahnsinnige Maler, an aus der Tiefe. Hoho, rief er hinab,

bist Du da geliebter Doppelgänger, wackerer Kumpan?  (Hoffmann: 144)

Sterki behauptet, dass die Ängste von Kreisler nicht unbegründet sind. Kreisler zeigt

Merkmale der Schizophrenie aus. Hier stellt sich die Frage ob Kreisler wirklich Wahnsinnig

ist, oder er von der Angst getrieben wird. Er wandelt ständig zwischen der Angst vor seinen

inneren Dämonen und der Künstlichkeit der höfischen Welt. ( vgl. Skoupa 2006: 46)

Dies ist auch mit dem Verhältnis zwischen den Künstler und seiner Umwelt verbunden. Der

Künstler ist ein abstraktes Wesen, das von der Umwelt nicht gut angenommen wird. Da

Kreisler sich nicht an die Umwelt gewöhnen kann, sich ihr nicht anpassen kann, benutzt er

Ironie um diese Umwelt zu entlarven. Die Verhältnisse am Hof werden im Werk als

lächerlich dargestellt. Es handelt sich um eine gesellschaftliche Ordnung die nicht mehr

existiert, dennoch halten alle am Hof an dieser Ordnung fest. Der Fürst Iränius ist schon

längst nicht mehr der Hofherr, und doch benehmen sich alle so als ob es nicht so wäre. Der

Hof repräsentiert das bourgeoise, gegen welches Kreisler entgegenwirken will. Die Benzon

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behauptet, dass Kreisler egal wo er auftaucht, keine positiven Reaktionen erwarten kann, da

es im ständigen Konflikt mit seiner Umgebung ist:

Und immer werden Sie, erwiderte die Benzon, mit dieser phantastischen Überspanntheit, mit

dieser herzzerschneidenden Ironie nichts anstiften als Unruhe — Verwirrung — völlige

Dissonanz aller konventionellen Verhältnisse, wie sie nun einmal bestehen. ( Hoffmann: 60)

Der Schaffensprozess und die Musik werden fast zur Religion im Werk. Der Schaffensprozess

und das künstlerische Werk werden als die Annäherung an Gott gesehen. Die Musik bekommt

einen göttlichen Charakter. Die Musik vom Kapellmeister hat beinahe magische

Eigenschaften. (vgl. Skoupa 2006:59)

die herrlichsten göttlichsten Wunder geschehen in dem innersten Gemüt desMenschen selbst

und diese Wunder soll er laut verkünden, wie er es nurvermag, in Wort, Ton oder Farbe(…)

und so verkündet Ihr in mächtigenTonen das herrliche Wunder der Erkenntnis des ewigen

klarsten Lichts ausEuerm tiefsten Innern heraus.“ (Hoffmann: 33)

Eine wichtige Rolle nimmt auch die Kirchenmusik ein:

„ist es sündhaft, (…) sich auf den Seraphsfittichen des Gesanges hinwegzuschwingen über

alles Irdische und in frommer Sehnsucht und Liebe hinaufzustreben nach dem Höchsten,(…)

fest glaube, daß dem Kultus der Kirche die wahrhafte Glorie der heiligsten Begeisterung

fehlen würde, wenn der Gesang schweigen sollte.“(Hoffmann: 411)

Die Form von dem Kreisler-Teil, das Unorganisierte, die Fragmente, sind auch ein Mittel um

Kerislers Persönlichkeit zu beschreiben. Kreisler ist ein typischer romantischer Protagonist,

welcher ohne die Kunst nicht funktionieren kann. In dem Teil wird die Position in welcher

sich der Künstler befindet problematisiert.

3.3 Kreisleriana

In dem Kontext der Musik ist auch das Wirken des Werkes zu erwähnen. Das Werk

Lebensansichten der Katers Murr hatte einen großen Einfluss auf den Komponisten Robert

Schumann. Dieser hat nach dem Vorbild seine Kreisleriana Op.16 komponiert. Kautsky

behauptet, dass Schumann und Hoffmann die Leidenschaft zur Musik teilten, aber auch die

Rolle der Außenseiter in der Gesellschaft teilten. Schumann hat sich in der Person von

Kreisler erkannt. Auch der Kater Murr war für Schumann ein Grund zur Faszination. Da der

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Kater eine Parodie auf die Philister ist, gegen welche sich auch Schumann entgegensetzte, hat

der Komponist eine Inspiration in dem Werk gefunden.(vgl. Kautsky 1-2) Auch hatte der

Komponist große Achtung vor dem Schriftsteller:

„ Man kann kaum Atmen wenn man Hoffmann liest“ (Kautsky 1)4

Der Zusammenhang zwischen den beiden Werken ist sehr groß. Die zirkularische Fabel,

welche das Werk aufweist ist auch in der Komposition wiederzufinden. Auch der Dualismus

und die träumerische Welt von Kreisler haben ihren Weg in die Komposition gefunden. ( vgl.

Kautsky 2) In seiner Komposition versucht Schumann die Traditionellen Formen

auszuweichen, muss aber dafür die traditionelle Tonika auch meiden. Dieses Problem löst

Schumann wie auch Hoffmann, durch eine Dichotomie. Er Teilt seine Komposition in zwei

Teile von denen ein Teil sehr an Kreisler erinnert, während der andere mit Murr verbunden

werden kann. Diese zwei Teile unterscheiden sich in Tonart, Tempo und Stimmung. Der

Murr-Teil verlangt von dem Pianospieler katzenartige Handbewegungen. Der Teil der von

Kreisler inspiriert ist, ist voll nervöser Energie, während der Murr-Teil langsamer ist.

(Kautsky 5)

Das Werk Kreisleriana Op. 16 ist ein Beispiel für die Unzertrennlichkeit der Künste. Alle sind

miteinander verbunden und geben Inspiration für einander.

4 Zusammenfassung

Hoffmanns Werk ist ein sehr komplexes Werk. Die Form des Werkes ist sehr interessant. Es

hat eine fragmentare Form. Die beiden Erzählinstanzen haben sehr unterschiedliche

4 One can hardly breath when one reads Hoffmann.

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Konzepte von Raum und Zeit. Die Fragmente sind sehr verschieden. Murrs Teil ist linear, es

gibt keine Zeitsprünge. Kreislers Teil hingegen ist unorganisiert, der Leser kann der

Geschichte nur mit Mühe folgen. Der Raum in welchen sich Kreisler befindet ist

geschlossen. Er befindet sich nur auf dem Hof und der Abtei. Man hat das Gefühl das

auβerhalb dieser nichts existiert. Murrs Raum ist viel offener. Der Kater bwegt sich frei in

seiner urbanen Umgebung. Die Unterschiede sind so stark ausgeprägt, da Kreisler und sein

Teil mehr der romantischen Poetik angehören und der Murr-Teil, und auch Murr als Person,

der realistischen.

Wie schon in der Einführung angedeutet, hat das Werk zahlreiche Referenzen. Der Kater

verwändet Texte von Shakespear bis Goethe und gibt diese als seine eigenen aus. Hoffmann

verwändet diese Plagiate, um den Kater zu ironisieren. Aich ist sein quasi-philosophischer

Diskurs eine Art der Intertextualität. Anders ist es mit Kreisler. Kreisler zitiert Rabelais und

Goethe. Diese Zitate sollen jedoch nicht ironisieren, sondern Krieslers Wissen zeigen. Die

Intertextualität hat bei den Protagonisten eine andere Funktion.

In dem Werk finden wir drei verschiedene Erzählinstanzen. Der Kater erzählt in der ersten

Person. Wir haben nur den Standpunkt des Katers. Er ist ein unzuverlässiger Erzähler. In dem

Kreisler-Teil haben wir einen auktorialen Erzähler. Zu beginn hat man das Gefühl, dass die

Erzählinstanz der Liscov ist. Doch gleich danach, kommt eine dritte Erzählinstanz, der

allwissende Erzähler. Dieser Erzähler hat mehr Wissen über die Geschehnisse als die

Personen im Werk. Man vermutet den Autor hinter dem allwissenden Erzähler. Alle drei

Erzählinstanzen wenden sich an den Leser.

Obwohl man während des ganzen Werkes versucht die beiden Teile miteinander zu

verknüpfen, findet man keinen richtigen Zusammenhang auβer der Person Liscov. Beim

aufmerksamen Lesen kommt man aber zur Schlussfolgerung, dass das Werk eine Einheit

bildet. Das Werk hat eine zirkuläre Form. Der Anfang des Werkes ist zugleich auch das Ende.

Der Kreisler-Teil beginnt mit dem Namenstag von Julia, welcher auch am Ende seiner

Fragmente erwähnt wird. Auch der Murr-Teil hat eine zirkuläre Form. Er beginnt mit dem

Zitat aus Egmont über den Tod. Nach diesen beschreibt er seine Geburt.

Wenn man die zwei Teile von dem Standpunkt der Musik betrachtet, erinnert die Form ,

welche Hoffmann im Werk verwendet, an eine Fuge oder einen Kanon. Die einzelnen

Stimmen kommen zur verschiedenen Zeit, manchmal auch in verschiedenen Tonlagen zum

Vorschein. Doch diese Stimmen bilden, wenn man sie zusammen hört, ein harmonisches

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Ganzes. Dasselbe geschieht auch im Werk. 5 Die Musik wird zum literarischen Mittel,

welches durch die Sprache, die Form, Referenzen und auch Personen im Werk vermittelt

wird.

Žmegač benennt zwei Arten der Musik, welche im Werk vorkommen. Zum einem die Musik,

die der Realität angehören. Diese Musik wird beschriebene Musik genannt. Damit ist die

Beschreibung der realen Musik gemeint. Die zweite Gruppe bezieht sich auf die Musik die

ihren Ursprung in der Fantasie des Autors hat. Diese Musik ist beschrieben und existiert nur

in dem Werk, die erfundene Musik. Diese nennt Žmegač erzählte Musik. ( vgl. Žmegač

1959 :88) Nicht viele Beispiele der beschriebenen Musik haben ihren Weg in das Werk

gefunden. Mehr haben wir kleine musikalische Schöpfungen vor uns, die mit Hilfe der

Sprache entstehen und bildhaft dargestellt sind. Hoffmann verwendet in dem Werk zahlreiche

Musiktermini um diese zu veranschaulichen. Auch bedient er sich vieler stilistischer Mittel,

viele Inversionen, Anhäufung von Adjektiven und auch eine impressionistische

Darstellungsweise. Die Musik entsteht im Werk. Die Musik ist ein Mittel um die Charaktere

in dem Werk besser zu beschreiben. Die Natur, die Musik und die Psyche der Protagonisten,

bilden eine Einheit. Sie sind ein Ganzes und führen dem Leser die Eigenschaften von den

Personen vor Augen.

Die Sprache von beiden ist musikalisch. Kreisler verwendet musikalische Termini, sie sind

ein Teil von seinem Diskurs. Die Sprache von Murr ist musikalisch an sich durch Hoffmanns

Verwendung der Stilmittel, vor allem der Lautmalerei. Murrs Sprache kann mit der Sprache

von Diderot, Voltaire und Pascal verglichen werden. 6 In dem Murr-Teil gibt es auβer seiner

Sprache keine Musikelemente. Kreisler jedoch ist nur mit Musik verbunden. Die Musik ist ein

Teil seiner Person. Für Kriesler ist die Musik etwas Wichtiges. Wegen seiner groβen Liebe zu

der Musik und seinem Künstlertum hat Kreisler groβe Probleme mit seiner Umwelt. Kreisler

ist ein Künstler, der der Gesellschaft gegenübergestellt ist, und egal wie sehr dieser es auch

versucht, kann er keinen Anschluss finden. In den Kreisen, kreiselt sich der Kreisler...

(Hoffmann: 11) Kautsky behauptet, dass diese zwei Geschichten, die ständig einender

unterbrechen und unabhängig voneinander Funktionieren können nur in einer Fantasiewelt

existieren, die frei von Rationalität und Linearität ist. ( Kautsky 4)

Die Murr- und Kreisler Roman stehen gegeneinander wie Tragödie und Groteske. Der Kater

ist eine Karikatur, und Kreisler ist eine tragische Person. Die zwei Teile symbolisieren den

5 Vgl. http://thelectern.blogspot.com/2009/06/life-and-opinions-of-tomcat-murr-eta.html (9.9.2014.)6ibd

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Konflikt zwischen tragisch verlorener Romantik und dem Beginn des biedermeierlichen

Realismus ( Skoupa 2006: 53) Die zwei Teile wirken desillusionierend. Sie sind eine Art das

populäre Genre zu dekonstruieren. Dies erzielt er durch den Humor, welcher beide Teile auch

verbindet.

Mit den Worten von Van Rij abzuschließen: Die Fragmente sind definiert von

Kontradiktionen: es ist beides vollständig und unvollständig, in sich geschlossen und

gleichzeitig ein Teil von etwas Größerem, definiert und undefiniert. Diese Kontradiktionen

können nicht aufgelöst werden ohne die Essenz zu zerstören (vgl. Van Rij 2006: 19) 7

5 Quellenverzechnis

Literaturverzeichnis

Hoffmann, Ernst Theodor Amadeus (1994): Lebensansichten der Katers Murr. Swan Buch-

Vertrieb GmbH.Kehl

7The frahment is defined by its contradictioons: it is both complete and incomplete, self-contained and yet part of something bigger, defined but indefinit. These contradictions cannot be resolved within the work itself withou destroying its very essence.

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Žmegač, Viktor (1959): Die Musik im Schaffen Thomas Manns. Philosophische Fakultät der

Universität Zagreb.Seminar für deutsche Philologie. Zagreb

Internetquellen

Skoupá, Šárka ( 2006): „Bürger – Künstler“ Problematik in den Werken von W. H.

Wackenroder und E. T. A. Hoffmann. Brünn. (veröfentlicht). Suchen und lesen:

http://is.muni.cz/th/52978/ff_m/Diplomka-text.pdf (16.1.2014) “

Van Rij, Inge (2006) The Brahms Song Collection. Cambidge university Press. New York

Suchen und lesen: http://books.google.hr/books?

id=2BlWwVoeoQ4C&pg=PA18&dq=lebensansichten+des+katers+murr&hl=en&sa=X&ei=

DqLrUv7WF-vG7Aad3IH4Cg&redir_esc=y#v=onepage&q=lebensansichten%20des

%20katers%20murr&f=false (30.1.2014)

Sterki, Peter (2009) : Mit Narrenkappe und Lorberkranz, Die Musikfigur in der deutschen

Literatur von Reichardt bis Grillparzer. Books on demand GmbH. NorderstedtSuchen und

lesen: http://books.google.hr/books?id=xU-

u0wb4rE0C&pg=PA150&dq=lebensansichten+des+katers+murr&hl=en&sa=X&ei=DqLrUv

7WF-vG7Aad3IH4Cg&redir_esc=y#v=onepage&q=lebensansichten%20des%20katers

%20murr&f=false

Kautsky, Catherine: Music, Magic, and Madness: Tales of Hoffmann, Schumann and Kreisler.

Suchen und lesen: http://www2.lawrence.edu/fast/kautskyc/documents/Music,%20Magic,

%20and%20Madness.pdf (16.1.2014)

Weliver, Phillis; Ellis, Katharine Words and Notes in the Long Nineteenth Century. Suchen

und Lesen: http://books.google.hr/books?

id=iS0RAgAAQBAJ&pg=PA65&dq=die+musik+im+werke+lebensansichten+des+kater+mu

rrs&hl=en&sa=X&ei=PyDTUrX7OaiR7Ab-2oGQCQ&redir_esc=y#v=onepage&q=die

%20musik%20im%20werke%20lebensansichten%20des%20kater%20murrs&f=false

(16.1.2014)

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„The Life and Opinions of the Tomcat Murr" ETA Hoffmann

(25.6.2009).http://thelectern.blogspot.com/2009/06/life-and-opinions-of-tomcat-murr-eta.html

(16.1.2014)

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