Die österreichischen Staatsverbrechen im Ersten Weltkrieg – ein … · 2014. 12. 22. · Dr....

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21. Jg. / Nr. 4 Dezember 2014 ALFRED KLAHR GESELLSCHAFT MITTEILUNGEN Preis: 1,25 Euro Thalerhof bei Graz starb im Winter 1914/15 von den rund 7000 Insassen ein Drittel an Flecktyphus. 6 In Doboj starben im Frühjahr 1916 8000 serbische Insas- sen an Seuchen, überwiegend Kinder, Frauen und alte Männer. 7 4) Aus Welschtirol, dem Trentino, das bei Beginn des Krieges zwischen Öster- reich-Ungarn und Italien im Mai 1915 386.000 Einwohner zählte, wurden 114.000 Italiener zwangsweise ausgesie- delt und in Lager nach dem Landesinne- ren, in die Steiermark, nach Niederöster- reich und Böhmen verbracht. 8 Als End- ziel der Vertreibung gab das k.u.k. Armeeoberkommando offen die „Ger- manisierung“ Welschtirols an. 5) Neun Abgeordnete des österreichi- schen Parlaments (fünf Tschechen, zwei Ruthenen, ein Slowene und ein Italiener), deren Immunität seit Kriegsbeginn aufge- hoben war, standen wegen Hochverrats vor Militärgerichten und wurden zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde aber nur in einem Falle vollstreckt, an dem ita- lienischen Abgeordneten Cesare Battisti. Die anderen wurden zu Kerkerstrafen be- gnadigt und 1917 amnestiert. Jeder dieser Prozesse stellte aber wegen der dünnen und zweifelhaften Beweislage eine justiz- politische Ungeheuerlichkeit dar. 9 6) Mehrere tausend Tschechen, Ruthe- nen, Serben, Slowenen und Italiener wurden von Militärtribunalen als Staats- feinde zum Tode verurteilt und hinge- richtet, wobei auch hier die Mehrzahl der Verfahren höchst fragwürdig war. 10 7) Daneben gab es tausende Verurtei- lungen zu hohen Kerkerstrafen; hunder- te dieser Delinquenten fanden in den Gefängnissen und in den beiden Militär- strafanstalten Theresienstadt und Möl- lersdorf, in denen entsetzliche Zustände herrschten, den Tod. Drei davon waren die Sarajevo-Attentäter Princip, Čabrinović und Grabež, die trotz ihres jugendlichen Alters die Haftbedingun- gen in Theresienstadt nicht überlebten. 11 In Möllersdorf in der Nähe von Baden Legen wir die wichtigsten Tatsachen offen: 1) Im Sommer und Herbst 1914 wur- den in Galizien an die 30.000 Ruthenen, darunter auch viele Frauen, exekutiert, wobei die große Mehrzahl der Erhängun- gen und Erschießungen, wie die Arbeiter- Zeitung 1924 richtig feststellte, nicht auf- grund eines Urteils in einem formellen feldgerichtlichen bzw. standgerichtlichen Verfahren erfolgte, sondern willkürlich, auf den bloßen Verdacht hin, für die Rus- sen spioniert zu haben, an Ort und Stelle, unter Berufung auf die so genannte „Kriegsnotwehr“, die den Offizieren der kaiserlichen Armee das Recht gab, solche Tötungen anzuordnen. 2 Diese Art der Hinrichtungen fand keinen schriftlichen Niederschlag in Gerichtsakten, und man wird Informationen dazu, etwa über die Namen der Opfer und Täter, in Archiven vergeblich suchen. 2) Dasselbe mit einer geschätzten Op- ferzahl von ebenfalls 30.000 geschah ge- genüber der serbischen Bevölkerung auf dem Balkankriegsschauplatz 1914, und zwar hauptsächlich auf dem Gebiet der 1908 annektieren Provinz Bosnien-Her- zegowina. 3 Von den Massenexekutionen zeugen die zahlreich überlieferten „Galgen- fotos“. 4 Die Ziffer von insgesamt 60.000 Hinrichtungen wurde von slawischen Abgeordneten im Parlament nach dessen Wiedereröffnung im Mai 1917 genannt. 5 Die kaiserliche Regierung, das Armee- oberkommando und das Kriegsministe - rium haben es stets vermieden, sie zu entkräften und eigene „offizielle“ Anga- ben vorzulegen, was ein erdrückendes Indiz dafür ist, dass die Zahl von 60.000 ziemlich genau der Wahrheit entspricht. 3) Nach dem Landesinneren wurden in Internierungslager zehntausende „poli- tisch Verdächtige“ deportiert. Ruthenen nach Thalerhof, Italiener in die Katzenau bei Linz, Serben nach Doboj in Bosnien und in Lager nach Ungarn (Arad, Peter- wardein, Szeged). Im Ruthenenlager Z um zehnten Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkrieges, am 27. Ju- li 1924, erschien in der sozial - demokratischen Arbeiter-Zeitung ein Ar- tikel unter dem Titel „Der Weltrekord an Kriegsbarbarei“. Der ungenannt geblie- bene Verfasser (möglicherweise Chef- redakteur Friedrich Austerlitz selbst) prangerte darin in schneidendem Ton Österreich-Ungarn an, „weitaus die mei- sten Gräueltaten“ verübt zu haben; es ist von „Ausmordungsexzessen“, „Massa- kern“ und „bestialischer Willkür“ des „k.u.k. Kriegsmolochs“ die Rede sowie vom „Zynismus“, der sich mit Fotos der „Galgenalleen“ und von gehängten Frau- en „zu diesen Gräueltaten offen bekann- te“. Zum Schluss hieß es, dass die „Zahl derer, die bloß die k.u.k. Feldjustiz zum Galgen geschleppt hat, in die Zehntau- sende“ gehe und dass „die Hängereien ohne vorheriges Gerichtsverfahren, auf bloßen Befehl eines Offiziers, überhaupt gar nicht abzuschätzen und mit ganz ge- ringen Ausnahmen Hinrichtungen völlig Unschuldiger“ gewesen seien. 1 Die Fra- ge, warum die sozialdemokratische Parteiführung einem solchen Regime ih- re Unterstützung lieh, indem sie im Krie- ge den „Burgfrieden“ mit den Herr- schenden proklamierte und praktizierte, blieb allerdings ausgespart. Die Fakten Die Verbrechen, die auf dem Territori- um Österreich-Ungarns und in den im Zuge der Kampfhandlungen von der kai- serlichen Armee besetzten feindstaatli- chen Gebieten begangen wurden, fallen in die Kategorie der Staatsverbrechen, d.h. Verbrechen, die von staatlichen Machtorganen zur Anordnung und Durchführung kommen. Ihr Hauptträger im Ersten Weltkrieg war das Militär: das Armeeoberkommando, das Kriegs- und Landesverteidigungsministerium, der Generalstab, das Offizierskorps und die Militärtribunale bei den Feld- und Land- wehrdivisionsgerichten. Die österreichischen Staatsverbrechen im Ersten Weltkrieg – ein Überblick Hans Hautmann

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  • 21. Jg. / Nr. 4Dezember 2014ALFRED KLAHR GESELLSCHAFT

    MITTEILUNGEN Preis: 1,25 Euro

    Thalerhof bei Graz starb im Winter1914/15 von den rund 7000 Insassen einDrittel an Flecktyphus.6 In Doboj starbenim Frühjahr 1916 8000 serbische Insas-sen an Seuchen, überwiegend Kinder,Frauen und alte Männer.7

    4) Aus Welschtirol, dem Trentino, dasbei Beginn des Krieges zwischen Öster-reich-Ungarn und Italien im Mai 1915386.000 Einwohner zählte, wurden114.000 Italiener zwangsweise ausgesie-delt und in Lager nach dem Landesinne-ren, in die Steiermark, nach Niederöster-reich und Böhmen verbracht.8 Als End-ziel der Vertreibung gab das k.u.k. Armeeoberkommando offen die „Ger-manisierung“ Welschtirols an.

    5) Neun Abgeordnete des österreichi-schen Parlaments (fünf Tschechen, zweiRuthenen, ein Slowene und ein Italiener),deren Immunität seit Kriegsbeginn aufge-hoben war, standen wegen Hochverratsvor Militärgerichten und wurden zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde abernur in einem Falle vollstreckt, an dem ita-lienischen Abgeordneten Cesare Battisti.Die anderen wurden zu Kerkerstrafen be-gnadigt und 1917 amnestiert. Jeder dieserProzesse stellte aber wegen der dünnenund zweifelhaften Beweislage eine justiz-politische Ungeheuerlichkeit dar.9

    6) Mehrere tausend Tschechen, Ruthe-nen, Serben, Slowenen und Italienerwurden von Militärtribunalen als Staats-feinde zum Tode verurteilt und hinge-richtet, wobei auch hier die Mehrzahl derVerfahren höchst fragwürdig war.10

    7) Daneben gab es tausende Verurtei-lungen zu hohen Kerkerstrafen; hunder-te dieser Delinquenten fanden in denGefängnissen und in den beiden Militär-strafanstalten Theresienstadt und Möl-lersdorf, in denen entsetzliche Zuständeherrschten, den Tod. Drei davon warendie Sarajevo-Attentäter Princip,Čabrinović und Grabež, die trotz ihresjugendlichen Alters die Haftbedingun-gen in Theresienstadt nicht überlebten.11

    In Möllersdorf in der Nähe von Baden

    Legen wir die wichtigsten Tatsachenoffen:

    1) Im Sommer und Herbst 1914 wur-den in Galizien an die 30.000 Ruthenen,darunter auch viele Frauen, exekutiert,wobei die große Mehrzahl der Erhängun-gen und Erschießungen, wie die Arbeiter-Zeitung 1924 richtig feststellte, nicht auf-grund eines Urteils in einem formellenfeldgerichtlichen bzw. standgerichtlichenVerfahren erfolgte, sondern willkürlich,auf den bloßen Verdacht hin, für die Rus-sen spioniert zu haben, an Ort und Stelle,unter Berufung auf die so genannte„Kriegsnotwehr“, die den Offizieren derkaiserlichen Armee das Recht gab, solcheTötungen anzuordnen.2 Diese Art derHinrichtungen fand keinen schriftlichenNiederschlag in Gerichtsakten, und manwird Informationen dazu, etwa über dieNamen der Opfer und Täter, in Archivenvergeblich suchen.

    2) Dasselbe mit einer geschätzten Op-ferzahl von ebenfalls 30.000 geschah ge-genüber der serbischen Bevölkerung aufdem Balkankriegsschauplatz 1914, undzwar hauptsächlich auf dem Gebiet der1908 annektieren Provinz Bosnien-Her-zegowina.3

    Von den Massenexekutionen zeugendie zahlreich überlieferten „Galgen -fotos“.4 Die Ziffer von insgesamt 60.000Hinrichtungen wurde von slawischenAbgeordneten im Parlament nach dessenWiedereröffnung im Mai 1917 genannt.5

    Die kaiserliche Regierung, das Armee-oberkommando und das Kriegsministe -rium haben es stets vermieden, sie zuentkräften und eigene „offizielle“ Anga-ben vorzulegen, was ein erdrückendesIndiz dafür ist, dass die Zahl von 60.000ziemlich genau der Wahrheit entspricht.

    3) Nach dem Landesinneren wurden inInternierungslager zehntausende „poli-tisch Verdächtige“ deportiert. Ruthenennach Thalerhof, Italiener in die Katzenaubei Linz, Serben nach Doboj in Bosnienund in Lager nach Ungarn (Arad, Peter-wardein, Szeged). Im Ruthenenlager

    Zum zehnten Jahrestag des Beginnsdes Ersten Weltkrieges, am 27. Ju-li 1924, erschien in der sozial -

    demokratischen Arbeiter-Zeitung ein Ar-tikel unter dem Titel „Der Weltrekord anKriegsbarbarei“. Der ungenannt geblie-bene Verfasser (möglicherweise Chef -redakteur Friedrich Austerlitz selbst)prangerte darin in schneidendem TonÖsterreich-Ungarn an, „weitaus die mei-sten Gräueltaten“ verübt zu haben; es istvon „Ausmordungsexzessen“, „Massa-kern“ und „bestialischer Willkür“ des„k.u.k. Kriegsmolochs“ die Rede sowievom „Zynismus“, der sich mit Fotos der„Galgenalleen“ und von gehängten Frau-en „zu diesen Gräueltaten offen bekann-te“. Zum Schluss hieß es, dass die „Zahlderer, die bloß die k.u.k. Feldjustiz zumGalgen geschleppt hat, in die Zehntau-sende“ gehe und dass „die Hängereienohne vorheriges Gerichtsverfahren, aufbloßen Befehl eines Offiziers, überhauptgar nicht abzuschätzen und mit ganz ge-ringen Ausnahmen Hinrichtungen völligUnschuldiger“ gewesen seien.1 Die Fra-ge, warum die sozialdemokratischeParteiführung einem solchen Regime ih-re Unterstützung lieh, indem sie im Krie-ge den „Burgfrieden“ mit den Herr-schenden proklamierte und praktizierte,blieb allerdings ausgespart.

    Die Fakten

    Die Verbrechen, die auf dem Territori-um Österreich-Ungarns und in den imZuge der Kampfhandlungen von der kai-serlichen Armee besetzten feindstaatli-chen Gebieten begangen wurden, fallenin die Kategorie der Staatsverbrechen,d.h. Verbrechen, die von staatlichenMachtorganen zur Anordnung undDurchführung kommen. Ihr Hauptträgerim Ersten Weltkrieg war das Militär: dasArmeeoberkommando, das Kriegs- undLandesverteidigungsministerium, derGeneralstab, das Offizierskorps und dieMilitärtribunale bei den Feld- und Land-wehrdivisionsgerichten.

    Die österreichischen Staatsverbrechen imErsten Weltkrieg – ein Überblick

    Hans Hautmann

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    bei Wien starben vom 1. Jänner bis zum1. Juli 1917 von den 470 Gefangenen120 Personen, ein Viertel der Gesamt -belegschaft.12

    8) In den von der österreichisch-unga-rischen Armee zwischen 1915 und 1918besetzten Gebieten Serbiens, Monte -negros, Albaniens und der Ukraine stan-den Vergeltungsaktionen an der Zivil -bevölkerung wegen Freischärlerwider-standes, Geiselnahmen und Geiseltötun-gen auf der Tagesordnung.13

    Was den geschätzten Gesamtumfangder Todesopfer betrifft, nannte der gutinformierte spätere Staatspräsident derTschechoslowakei, Tomáš Masaryk, derim Dezember 1914 aus Österreich emi-grierte, Ende 1916 eine Zahl von 80.000Hingerichteten.14 Diese Zahl dürfte mitgeringen Abweichungen nach unten undoben zutreffen.

    Weitere Zahlenangaben

    Eine gigantische Höhe erreichten diefeldgerichtlichen Verfahren gegen Sol-daten der kaiserlichen Armee wegenSelbstbeschädigung, Feigheit vor demFeind, Gehorsamsverweigerung undMeuterei. Einer, der es wissen musste,Dr. Georg Lelewer, Rat des OberstenGerichtshofes in Wien und im ErstenWeltkrieg als Oberst-Auditor (Militär-richter) tätig, schätzte 1927 die Zahl derfeldgerichtlich beschuldigten Personen„auf etwa 3,000.000, wobei allerdingsauch Zivilpersonen inbegriffen sind“.15

    Diese Horrorziffer findet seitens desÖsterreichischen Staatsarchivs Bestäti-gung. Es schätzt die Zahl der aus demErsten Weltkrieg überlieferten Akten des

    Zum Vergleich sei festgehalten, dasssich die Zahl der Hinrichtungen wegenmilitärischer Delikte in der Armee undFlotte des deutschen Kaiserreiches imErsten Weltkrieg auf 48 belief.

    Nicht unerwähnt darf in diesem Zu-sammenhang eine der beschämendstenErscheinungen in der k.u.k. Armee blei-ben. Denn was im Ersten Weltkrieg beisonst keiner Streitmacht mehr erlaubtwar, wurde vom Militär Österreich- Ungarns nach wie vor angewandt: dieLeibesstrafe an Soldaten auch bei leich-ten Disziplinarvergehen, etwa wenn mansein „Essgeschirr nicht in Ordnung ge-halten“ hatte. Sie reichte von fünf bisfünfundzwanzig Stockhieben auf dasGesäß bis zum „Anbinden“ und„Schließen in Spangen.“

    Das „Anbinden“ sah so aus: Der Delin-quent wurde mit einem langen Strick,den man mehrmals straff um seinen Kör-per schlang, für zwei Stunden an einenBaum gebunden, in verschärfter Formso, dass er in der Luft hing und das ganzeGewicht auf der Fesselung lastete. Beim„Schließen in Spangen“ als einer Ver-schärfung der Arreststrafe wurde um denlinken Fußknöchel und um das rechteHandgelenk ein enger Eisengürtel gelegt,dergestalt, dass beide Gürtel bloß durcheine wenige Zentimeter lange Stangemiteinander verbunden waren. Der sogefesselte Soldat musste also die rechteHand sechs Stunden beim linken Fußhalten und hocken, ohne sich bewegenzu können.

    Zeit- und Raumzonen der Verfolgung

    Bei der Handhabung des Instrumenta-riums der Kriegsdiktatur gab es auf demGebiet der österreichischen Reichshälfte(Cisleithaniens) eine zeitliche und räum-liche Abstufung. Das war von großerTragweite. Die Bevölkerung in den ein-zelnen Teilen des Reiches und unter ihrwiederum einzelne soziale Schichten ha-ben die Kriegsjustiz in verschiedenenHärtegraden erlebt, was auf die Heraus-bildung des historischen Massenbewusst -seins, auf das spätere Geschichtsbild vonder Monarchie und auf die Art, wie mannach dem Zusammenbruch 1918 diesenTeil der Vergangenheit aufarbeitete, tief-greifende Auswirkungen hatte.

    Die zeitliche Zäsur vollzog sich um dieJahreswende 1916/17. Der Großteil derVerfahren wegen politischer Delikte, derStandrechtsurteile, massenhaften Depor-tationen und Hinrichtungen fiel in dieJahre vorher (in exzessiver Weise in denZeitraum Sommer/Herbst 1914 bis Som-

    Feldgerichtsarchivs „auf etwa4.000.000“.16

    Sicherlich sind darunter auch viele Ba-gatellfälle, Verfahren, die mit Frei-sprüchen oder niedrigem Strafausmaßendeten. Trotzdem zeigt die Angabe zumeinen, dass es in der k.u.k. Armee mas-senhaft zu Fällen der Insubordination ge-kommen ist, und zum zweiten, dass dieAnklagen gegen ruthenische, serbische,italienische, tschechische, slowenischeund polnische Zivilisten vor Feldgerich-ten riesige Dimensionen angenommenhaben müssen. In diese Zahl von mehre-ren Millionen dürften auch die sicherlichnicht wenigen Verfahren eingeschlossensein, die österreichisch-ungarische Feld-gerichte auf besetztem Feindgebiet (Ser-bien, Montenegro, Albanien, Ukraine,Rumänien, Oberitalien) gegen ausländi-sche Staatsbürger einleiteten.

    Zur Zahl der Todesurteile und Hinrich-tungen von Soldaten der kaiserlichen Ar-mee machte Lelewer ebenfalls eine Anga-be – übrigens die bis heute einzig vorhan-dene. Ihr zufolge wurden von 1914 bis1918 754 Militärpersonen zum Tod verur-teilt und die Strafe an 737 vollstreckt.17 Eshandelte sich dabei ausschließlich umStandrechtsurteile von Feldgerichten, so-weit sie den Dienststellen angezeigt wur-den und in den Verzeichnissen des Militärgerichtsarchivs 1927 aufschienen.Die von Feldgerichten und Landwehrdivi-sionsgerichten im gewöhnlichen Verfah-ren verhängten Todesurteile und derenVollstreckungen sind darin nicht enthal-ten. Erwägt man das, dann gingen dieHinrichtungen über die von Lelewer ge-nannte Ziffer zweifellos hinaus.

    Die Habsburgermonarchie mit ihren drei Reichsteilen 1914

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    Dennoch ist man gut beraten, wennman sich vor den in den bisherigen Ge-schichtsdarstellungen üblichen Bagatel-lisierungen hütet. Verglichen mit derVorkriegszeit kam es auch in den öster-reichischen Kernländern zu einersprunghaften Steigerung der Strafverfah-ren und zu haarsträubend tendenziösenUrteilen der Militärgerichte. Sie richte-ten sich vorwiegend gegen die „kleinenLeute“, gegen streikende Arbeiter,Kriegsgegner, „Majestätsbeleidiger“,Defätisten und „Aufsässige“ aller Art.

    Die zweite Zone bildeten Böhmen undder südliche Teil Mährens, die gemein-sam mit Nieder- und Oberösterreich alseinzige Gebiete Cisleithaniens im Kriegdurchgehend den Status des „Hinterlan-des“ genossen. Das mag auf den erstenBlick verblüffen, war doch die Kriegs -unlust der Masse der tschechischen Be-völkerung, die sich ab dem Herbst 1914in mehreren national gefärbten Demon-strationen und 1915 im Überlaufenganzer tschechischer Regimenter derk.u.k. Armee zu den Russen äußerte, fürdas Armeeoberkommando kein Geheim-nis. Und dennoch ist es nie zu einer Än-derung des Zustandes in den tschechi-schen Gebieten gekommen, obwohl diemilitärische Führung 1914/15 hartnäckigund massiv die Aufhebung der Zivilver-waltung in Böhmen und Mähren und dieEinsetzung eines Militärbefehlshabersforderte, um auch hier ähnlich dem „Be-reich der Armee im Felde“ das Stand-recht und das feldgerichtliche Verfahrenzum Zweck des „Durchgreifens“ gegen„hochverräterische Umtriebe“ einführenzu können.19 Dieses Verlangen wurdevon Kaiser Franz Joseph und vom Mini-sterpräsidenten Stürgkh stets abgelehnt,die ansonsten den Wünschen des Militärs

    nach innenpolitisch-justiziellem Macht-zuwachs bereitwillig entgegenkamen.

    Beide hatten aber in dieser Frage einenmächtigen Partner zu Seite, die deutsch -österreichische Großbourgeoisie, dasWiener Bank- und Finanzkapital, kon-kret jene Fraktion, die mit der Industriein Böhmen aufs engste verflochten war,die dort essentielle Interessen hatte, unddie sehr genau wusste, dass ein Über-spannen des Bogens nachteilige, ja kata-strophale Folgen heraufbeschwörenkonnte. Die hoch industrialisierten tsche-chischen Gebiete waren für die Kriegs-wirtschaft Österreich-Ungarns von ent-scheidender Bedeutung, die tschechi-schen Arbeiter erzeugten einen wesent -lichen Teil der unentbehrlichen Kriegs-produkte. (Nebenbei gesagt: Genau die-selbe Erwägung bestimmte im ZweitenWeltkrieg das Verhalten der NS-Macht-haber gegenüber den tschechischen In-dustriearbeitern im „Reichsprotektorat“).

    Man erkennt daraus, dass bei der Abstu-fung der Repressionsskala der Grad derGefährlichkeit einer beherrschten Völker-schaft für den Systembestand durchausnicht an erster Stelle rangieren musste.Die nationalen Aspirationen der Tsche-chen waren für das Regime gewiss nichtweniger bedrohlich als die der Serben undRuthenen. Dennoch hat man die ersterenvorsichtiger behandelt, weil sie, sofernman ihre Geduld nicht überstrapazierte,einen entscheidenden, lebenswichtigenTeil der Kriegsindustrie in Gang hielten,was bei letzteren nicht der Fall war.

    Bei all dem Gesagten darf aber nichtübersehen werden, dass die Kriegsjustizin Böhmen und Mähren quantitativ wiequalitativ, in der Härte der Urteile, diegesamte Kriegszeit über schon weitschlimmer wütete als in den deutsch -

    mer 1915), während ab dem Frühjahr1917 eine spürbare Milderung in ganzCisleithanien eintrat. Auf die Gründedieser Veränderung ist der Verfasserschon einmal eingegangen.18 Hier seidiese Tatsache lediglich festgehalten unddazu ergänzt, dass auch nach der Wendevon penibel eingehaltenen rechtsstaatli-chen Normen in Österreich weiterhinkeine Rede sein konnte, sondern ebennur eine Abschwächung der krassestenAuswüchse der Kriegsjustiz erfolgte.

    In räumlicher Hinsicht zerfiel Cisleit-hanien in vier Zonen. Sie waren keines-wegs identisch mit den Grenzziehungenzwischen dem „Hinterland“ und dem„Bereich der Armee im Felde“. Der aufder Hand liegende Analogieschluss „Hin-terland = justizielle Normalität“, „Be-reich der Armee im Felde = justizielleHärte und Willkür“ ist zwar im Großenund Ganzen richtig, aber doch zu simpel.Die Dinge lagen komplizierter, weil einganzes Bündel an Faktoren hier hinein-spielte: Die Haltung der Bevölkerung,der einzelnen Nationen und der verschie-denen Sozialschichten von opferwilligerKriegsbejahung und Loyalität über dul-dendes Hinnehmen und Passivität bis hinzu offenem Widerstand und Regime-feindschaft; die Bemessung der durch dieKriegsdiktatur Niederzuhaltenden nachdem Grad ihrer Gefährlichkeit und nachihrer wirtschaftlichen Bedeutung; unddas Wissen der Herrschenden, was mansich gegenüber wirklichen oder vermeint-lichen Gegnern wo und in welcher Formerlauben durfte und was man aus be-stimmten Gründen besser unterließ.

    Die erste Zone bildeten die öster-reichischen Kernländer (also etwa dasGebiet unserer heutigen Republik) so-wie die geschlossen von Deutschen be-siedelten Gebiete (Sudetenland, Süd -tirol). Sie blieben die gesamte Kriegs-dauer von den Überspitzungen der Mi-litärjustiz im wesentlichen verschont,obwohl seit dem Mai 1915 Länder wieTirol, Vorarlberg, Salzburg, Kärntenund die Steiermark zum „Bereich derArmee im Felde“ gehörten, in dem dieArmeekommandanten entscheidend ver-mehrte, später noch zu beschreibendejustizielle Befugnisse besaßen. Sie wur-den hier aber im Unterschied zu anderenGeltungsgebieten des „Bereichs der Armee im Felde“ nicht oder nur seltenangewandt, weil hier ja alle politischenParteien einen „Burgfrieden“ geschlos-sen hatten, die Bevölkerung sich loyalverhielt und die Deutschen als eigentli-che „Staatsnation“ die wichtigste Stützedes Regimes im Kriege waren.

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    österreichischen Kernländern, die skiz-zierte „bessere Lage“ der Tschechen alsoein mehr als relativer Begriff war. Diebei den Verfolgungen am schärfsten insFadenkreuz genommene soziale Grup-pierung war die nationale Intelligenz.

    Die dritte Zone bildeten jene „Berei-che der Armee im Felde“, die von Italie-nern, Slowenen, Tschechen und Polenbesiedelt waren, also das Trentino, dasKüstenland und Triest, Krain und dieSüdsteiermark, der Nordteil Mährens,Westgalizien und Österreichisch-Schle-sien. Nur die Deutschen in Schlesien fir-mierten hier als „privilegierte“ Schicht.In diesen Gebieten war der Willkürcha-rakter der Kriegsjustiz durch das feldge-richtliche Verfahren und die Möglichkeitder Standrechtsverhängung seitens derArmeekommandanten bereits gegeben,aber noch nicht in voller Schärfe ausge-prägt. Dafür maßgebend waren verschie-dene Faktoren, im Kern aber die Tat -sache, dass diese Nationalitäten sich geo-graphisch, in religiöser Hinsicht wie imKulturniveau noch im „mitteleuropäi-schen Raum“ befanden. In der Zahl derVerfahren, Strenge der Urteile und imStreben, gerade die nationale Intelligenzzu treffen und unschädlich zu machen,ähnelte die dritte Zone den Verhältnissenin Böhmen und Mähren.

    Die vierte Zone bildeten die unmittel-baren Front- und Etappengebiete ge-genüber Russland und Serbien, also Mit-tel- und Ostgalizien, die Bukowina, Dal-

    Qualität der Herrschaftsausübung inÖsterreich eintrat: der Beginn der Ära ei-ner Diktatur, die bis zum Frühjahr 1917anhielt und danach in abgeschwächtenFormen bis zum letzten Tag der Monar-chie fortexistierte.

    Grundsätzlich wurde im Juli/August1914 in allen kriegführenden Ländernder „Belagerungszustand“ verhängt, indessen Gefolge es zu Einschränkungenverfassungsgesetzlich garantierter Rech-te und Freiheiten der Staatsbürger kam.Österreich ragte hier aber durch eineReihe von Besonderheiten heraus: Nir-gendwo stand den Herrschenden einereichere Palette an Not- und Ausnahme-zustandsregelungen zur Verfügung alshier. Nirgendwo kam dieses Instrumen-tarium schon in Friedenszeiten so oft zurAnwendung wie hier. Und nirgendwobestanden größere Möglichkeiten, beiWahrung eines äußerlichen legalenScheins die Ausnahmebestimmungen somiteinander zu kombinieren und zu-rechtzubiegen, dass von ihren im Geset-zestext ausdrücklich gezogenen Schran-ken kaum mehr etwas übrig blieb, derErmessensspielraum also eine Dimensi-on erhielt, die der Willkür der Macht -haber Tür und Tor öffnete.

    Was waren die Merkmale der öster-reichischen Kriegsdiktatur?

    Das erste und hauptsächliche Merkmalbestand in der Beseitigung des Parla-ments. Am 25. Juli 1914 wurde die Ses-sion der österreichischen Volksvertre-tung, des Reichsrats, aufgrund kaiser -licher Anordnung für geschlossen erklärt. Österreich war damit im ErstenWeltkrieg das einzige Land, in dem mandas Parlament ausschaltete. Selbst im zaristischen Russland amtierte die Dumaweiter, und sogar im Schwesterstaat, inUngarn, der dortige Reichstag.

    Eine Diktatur kann viele Gesichter ha-ben. Ihr Hauptmerkmal ist aber immer undüberall, dass ohne Volksvertretung regiertwird. Mit der Schließung des Reichsratsam 25. Juli 1914 bekam die exekutiveStaatsgewalt in Österreich vollkommenfreie Hand, den Ausnahmezustand auf derBasis des § 14 genau nach den schon vor-her geschaffenen Plänen umzusetzen. Die-ser berüchtigte § 14, der „Diktaturpara-graph“ der Dezemberverfassung von1867, gab der Regierung die Möglichkeit,ohne Beteiligung des Parlaments und überdessen Kopf hinweg Verordnungen mitGesetzeskraft zu erlassen.20

    Der zweite Bestandteil der Kriegsdik-tatur war die Suspendierung der wichtig-sten staatsbürgerlichen Grundrechte undFreiheiten. Es galt nun, dass Zeitungen

    matien und Bosni-en-Herzegowina,das wir in demZusammenhangals einen seit25. Juli 1914 be-stehenden „Be-reich der Armeeim Felde“ der Ein-fachheit halber zurösterreichischenReichshälfte rech-nen. Hier kamendie Kriegsjustizund das „Kriegs-notwehrrecht“ derOffiziere in vollerSchärfe, Willkürund Grausamkeitzum Durchbruch.Die hier lebendenSerben und Ruthe-nen waren in denAugen der Herr-schenden nichtsanderes als einefünfte Kolonne der

    beiden verhasstesten Feindstaaten, einehochverräterische Rotte von Spionenund Saboteuren. Im kriegerischen Kalkülgalten sie als Herde der Unruhe und Be-drohung für die kämpfende Truppe.Nach wirtschaftlichen Gesichtspunktenwaren sie als rückständige Bauernvölkerfür die Kriegsproduktion zu vernach -lässigen, und auf der sozialdarwinistisch-rassistischen Wertskala rangierten sie alsdie beiden „primitivsten“ Slawenvölkerder Monarchie an unterster Stelle.

    Die bezeichneten Umstände führtendazu, dass zum Unterschied von anderenGebieten und Völkern des Reiches dieVerfolgungen bei den Ruthenen und Ser-ben alle Schichten trafen, die Bauern, dieIntellektuellen, das städtische Kleinbür-gertum, Angehörige der Oberschicht, dieGeistlichen, Frauen, Greise und Kinder,dass sie bei ihnen massenhaften Charak-ter annahmen.

    Staatsverbrechen und diktato-rische Herrschaftsordnung

    Angesichts dieser Fakten erhebt sichdie Frage, wie so etwas möglich war, wiees in einem Staat dazu kommen konnte,der vor 1914 zwar schon an schweren in-neren Gebrechen durch die Nationalitä-tenkonflikte litt, in dem aber doch imGroßen und Ganzen geordnete, fried -liche, rechtsstaatliche Zustände herrsch-ten. Um das erklären zu können, mussman sich vergegenwärtigen, dass mitdem Kriegsausbruch 1914 eine neue

    Zwei erhängte ruthenische Frauen, Herbst 1914

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    über Angehörigen der „politisch unzuver-lässigen“ Völkerschaften des Reiches anwie den Ruthenen, Serben, Tschechen,Italienern, Slowenen und anderen.

    Das fünfte Merkmal der Kriegsdiktaturwaren die vermehrten Befugnisse dermilitärischen Kommandanten in den„Bereichen der Armee im Felde“. DieZivilbehörden, die Statthalter, Bezirks-hauptmänner, Polizeibehörden und Ge-meindevorstände, waren hier verpflich-tet, „Verordnungen und Befehle desHöchstkommandierenden genau zu be-folgen und zu vollziehen“. Unter ande-rem hatte das zur Konsequenz, dass inden genannten Gebieten Feldgerichteamtierten und die Befugnis zur Verhän-gung des Standrechts an die Armeekom-mandanten überging.

    Schlaglicht: Ein erschossenerRedakteur

    Hier sei nur ein einziges Beispiel ausdem reichen Fundus an Fällen angeführt,die der Autor eruiert hat, ein Beispieldafür, wie ein Tscheche den nichts weni-ger als zwischen Leben und Tod ent-scheidenden Unterschied von Urteils-sprüchen im „Hinterland“ und denen im„Bereich der Armee im Felde“ im Dezember 1914 zu spüren bekam.

    Josef Kotek, Redakteur des zu Kriegs-beginn wegen regierungsfeindlicherTendenz eingestellten Provinzblattes„Pokrok“, hielt am 8. Dezember 1914 ineinem Ort in der Nähe von Proßnitz inNordmähren vor den versammelten Mit-gliedern eines Konsumvereins eine Re-de. Darin sagte er, dass in Österreich„die Abgeordneten nicht zu ihrem Rechtgelangen“, der Krieg den „Bankrott ver-

    schuldet“ habe, alle Tschechen „einerGesinnung“ seien und wüssten, „dassÖsterreich geschlagen wird.“ „Sie rufenden Herrgott an, dass dies noch schärfer(sic) geschieht.“ Denn falls „Österreichsiegen sollte“, würden die Tschechen so„germanisiert werden wie die Deutsch-polen“. Er, Kotek, glaube aber, dassBöhmen, Mähren und Schlesien dereinst„als Keil zwischen Österreich undDeutschland eingeschoben werde.“21

    Kotek gab nach seiner Verhaftung zu,diese Äußerungen gemacht zu haben,und wurde wegen Störung der öffent -lichen Ruhe (§ 65 StG) angeklagt. Nachdem Strafgesetz hätte er sich in Friedens-zeiten für dieses Delikt vor einem Ge-schworenengericht verantworten müs-sen. Da die § 14-Verordnung vom25. Juli 1914 aber alle strafbaren Hand-lungen politischer Natur an die Militär-tribunale überwiesen hatte, kam er vorein Landwehrdivisionsgericht. Dieseswiederum war dazu verpflichtet, das„allgemeine Strafgesetz anzuwenden“,das heißt, nicht über das für den § 65 an-gedrohte Strafausmaß von ein bis fünfJahre schweren Kerkers hinauszugehen.Die Gegend um Proßnitz, in der die in-kriminierten Äußerungen fielen, gehörtejedoch seit dem 31. Juli 1914 zum „Be-reich der Armee im Felde“, in dem dasStandrecht – und damit einzig mehr dieAlternative Todesstrafe oder Freispruch– für alle schweren Verbrechen galt.

    So geschah es auch. Das k.u.k. Militär-kommandogericht Krakau, als erkennen-des Landwehr-Feldkriegsgericht nachdem Standrecht in Mährisch-Ostrau tagend, verurteilte am 23. Dezember1914 Kotek zum Tod durch den Strang.Der zuständige Gerichtsherr, der Generalder Infanterie Ludwig Matuschka, be-stätigte den Schuldspruch umgehend. Um16.30 Uhr wurde das Urteil kundgemachtund um 18.30 Uhr an Kotek vollstreckt.

    Die seinerzeitige amtliche Verlaut -barung vermeldete, dass „seine Exzel-lenz, der Herr Militärkommandant, dieTodesstrafe durch den Strang im Gna-denwege in eine solche durch Erschießen umgewandelt“ habe.22 Spä-ter, als der genaue Wortlaut des Urteilsauftauchte, stellte sich heraus, dass Matuschka die Exekution durch Er-schießen nur „mit Rücksicht auf dieSchwierigkeit der Herbeischaffung eines Scharfrichters“ verfügt hatte.23

    Sich mit „Gnade“ zu brüsten, weil derHenker fehlte, gehörte genau zu jenemvon der Arbeiter-Zeitung 1924 angepran-gerten „Zynismus“ des „k.u.k. Kriegs-molochs“ und war ein keineswegs un -

    und Druckschriften jeder Art der Zensurunterlagen oder ihr Erscheinen über-haupt verboten werden konnte, die Pres-se- und Redefreiheit damit aufgehobenwar; dass missliebige Vereine aufgelöstwerden konnten; dass es kein freies Ver-sammlungsrecht mehr gab; dass Briefeeröffnet und beschlagnahmt werdenkonnten; dass Hausdurchsuchungen oh-ne richterlichen Befehl vorgenommenwerden konnten; und dass Personen ohnerichterlichen Befehl verhaftet werdenkonnten, z.B. durch die Militärbehörden.

    Das dritte Merkmal mit den wohl ver-hängnisvollsten Konsequenzen war dieUnterstellung aller Zivilpersonen in dergesamten österreichischen Reichshälfteunter Militärgerichtsbarkeit bei politi-schen Delikten wie Hochverrat, Maje-stätsbeleidigung, Beleidigung der Mit-glieder des kaiserlichen Hauses, Störungder öffentlichen Ruhe, Aufstand, Auf-ruhr und anderen Fällen öffentlicher Gewalttätigkeit.

    Politische Delikte waren in Österreichnormalerweise vor Geschworenenge-richten zu verhandeln. Diese Normalitätgab es aber mit Kriegsbeginn nicht mehr,denn die Geschworenengerichte wurdenbeseitigt, und zwar ebenfalls in der gesamten österreichischen Reichshälfte.

    Der vierte Bestandteil war die Unterstel-lung aller Zivilpersonen in ganz Cisleitha-nien unter die Militärgerichtsbarkeit beiHandlungen wie Verleitung oder Hilfe -leistung zur Verletzung der eidlichen Militärdienstverpflichtung, der Aus-spähung oder anderer Einverständnissemit dem Feind. (Die so genannten „Ver-brechen wider die Kriegsmacht des Staa-tes“.) Sie wandte man besonders gegen -

    Tribunal eines Feldgerichts der k.u.k. Armee

  • 6 Beiträge

    4/14

    typischer Aspekt der Politjustiz, wie sievon den habsburgischen Militär gerichtenpraktiziert wurde.

    Eine Einschätzung

    Kehren wir zum Schluss zur Bestim-mung des Wesens der österreichischenKriegsdiktatur und zur Frage zurück,warum das Ganze in einen derart mörde-rischen Exzess ausmünden konnte.

    Der Exekutor dieser Schwertstreichewar das k.u.k. Militär. Es war indoktri-niert im übernationalen Sinn der alleini-gen Loyalität gegenüber dem Habsbur-gerkaiser. Die Machthaber erblickten da-her in der Militärkaste, konkret im Offi-zierskorps, den einzig verlässlichen Trä-ger der schwarzgelben Staatstreue. Fol-gerichtig wurde das Militär im Momentdes Kriegsbeginns 1914 als eine Art ge-schäftsführender Ausschuss der Firma„österreichisch-ungarischer Imperialis-mus“ eingesetzt. Die Härte, mit denen esdie Ausnahmeverfügungen für denKriegsfall anwandte und die zu massivenGewalttätigkeiten des Militärs gegen -über der eigenen Zivilbevölkerung führ-ten, waren keine zeitweilige Verirrung,sondern die logische Folge der innerenBrüchigkeit des Habsburgerreiches unddes Charakters eines imperialistischen

    Herrschaftssystems, das sich unter denBedingungen des Krieges seinen Fort -bestand nur auf dem Weg der Über -tragung diktatorischer Vollmachten andas Armeeoberkommando vorstellenkonnte, und das gewillt war, die Kriegs-verhältnisse für die lang ersehnte Abrechnung mit jeglicher oppositionel-len oder potenziell illoyalen Strömungauszunützen.

    Was hier 1914 mit entsetzlichen Fol-gen zum Ausbruch kam, war aber nochmehr und wurzelte auf einem umfassen-deren Nährboden. Das wirkliche Sub-strat des Massenterrors war das jeglicherimperialistischer Machtpolitik inhärentesozialdarwinistische und rassistischeWeltbild. Es hatte im k.u.k. Offiziers -korps, in dem die Deutschösterreicher,verglichen mit den anderen Nationalitä-ten, überrepräsentiert waren und domi-nierten, längst schon Eingang gefunden.Die schlimmsten Ausschreitungen fan-den deshalb gegenüber den Ruthenenund Serben statt, die man als „minder-wertig“, „primitiv“, „unzivilisiert“ und„subversiv“ ansah.

    Was geschah, war im Grunde genom-men ein Rachefeldzug gegen jene natio-nalen Bestrebungen der Völker, von denen sich die deutsche Herrschafts-schicht des österreichischen Reichsteilsbedroht fühlte. Man sah den Krieg alseinen „Endkampf zwischen Germanen-tum und Slawentum“ an. Die Frage, wieunter solchen Umständen und nach An-wendung solcher Methoden ein sieg-reich aus dem Krieg hervorgegangenesHabsburgerreich als Vielvölkerstaatweiterbestehen könnte, blieb außer Be-tracht. Als sich die Frage mit dem Ein-treten der tiefen Krise des Regimes umdie Jahreswende 1916/17 gebieterischstellte, wurde in der Ära Kaiser Karlsder verzweifelte Versuch unternommen,durch Rückkehr zum „verfassungsmäßi-gen“ Regieren, Wiedereinberufung des1914 ausgeschalteten Parlaments, justi-zielle Entmachtung des Militärs, Amne-stien für politisch Verfolgte und Be-schwichtigungsgesten gegenüber denslawischen Völkern einen Ausweg zufinden. Der Scherbenhaufen, den dieExekutoren des kriegsdiktatorisch-impe-rialistischen Herrschaftssystems hinter-lassen hatten, war aber nicht mehr zukitten. So verschwand die Donaumonar-chie im November 1918 spurlos und fürimmer aus der Geschichte der Staaten-welt, und wenn man über die Ursachennachdenkt, sollte man dieses düstere,blutige und verbrecherische Kapitel derösterreichischen Vergangenheit kennen.

    Anmerkungen:1/ Arbeiter-Zeitung, 27.7.1924, S. 8.2/ Zur Ruthenenverfolgung: Hans Hautmann:

    Habsburg-Totenrummel und vergessene Ver-

    gangenheit, in: Alfred Klahr Gesellschaft. Mittei-lungen, 18. Jg. (2011), Nr. 3, S. 1ff.; ders., Rut-henen im Ersten Weltkrieg, in: Detlef

    Brandes/Holm Sundhausen/Stefan Troebst

    (Hg.): Lexikon der Vertreibungen. Deportation,

    Zwangsaussiedlung und ethnische Säuberung

    im Europa des 20. Jahrhunderts. Wien, Köln,

    Weimar 2010, S. 565ff.; zum Themenkomplex

    insgesamt: Manfried Rauchensteiner: Der Erste

    Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonar-

    chie 1914–1918, Kapitel „Im Schatten des Gal-

    gens“. Wien, Köln, Weimar 2013, S. 271ff.;

    jüngst erschienen: Hannes Leidinger/Verena

    Moritz/Karin Moser/Wolfram Dornik: Habsburgs

    schmutziger Krieg. Ermittlungen zur öster-

    reichisch-ungarischen Kriegsführung 1914–

    1918. St. Pölten, Salzburg, Wien 2014.

    3/ Zur Serbenverfolgung: R.A. Reiss: Wie die

    Österreicher und Ungarn in Serbien Krieg führ-

    ten. Persönliche Beobachtungen eines Neutra-

    len. Lausanne 1915; Hans Hautmann: 28. Juli

    1914: Der Sonderkrieg Österreich-Ungarns ge-

    gen Serbien, in: junge Welt (Berlin), 28.7.2014,S. 10f.; ders.: Die österreichisch-ungarische

    Armee auf dem Balkan, in: Franz W. Seidler/

    Alfred M. de Zayas (Hg.): Kriegsverbrechen in

    Europa und im Nahen Osten im 20. Jahrhun-

    dert. Hamburg, Berlin, Bonn 2002, S. 36ff.;

    ders.: Serben im Ersten Weltkrieg, in: Brandes

    u.a., Lexikon, S. 577ff.; Oswald Überegger:

    „Man mache diese Leute, wenn sie halbwegs

    verdächtig scheinen, nieder“. Militärische Norm -

    übertretungen, Guerillakrieg und ziviler Wider-

    stand an der Balkanfront, in: Bernhard

    Chiari/Gerhard Groß (Hg.): Am Rande Euro-

    pas? Der Balkan – Raum und Bevölkerung als

    Wirkungsfelder militärischer Gewalt. München

    2009, S. 121ff.; Daniel Marc Segesser: Kriegs-

    verbrechen? Die österreichisch-ungarischen

    Operationen des August 1914 in Serbien in

    Wahrnehmung und Vergleich, in: Wolfram

    Dornik/Julia Walleczek-Fritz/Stefan Wedrac

    (Hg.): Frontwechsel. Österreich-Ungarns

    „Großer Krieg“ im Vergleich. Wien, Köln, Wei-

    mar 2014, S. 213ff.

    4/ Anton Holzer: Die andere Front. Fotografie

    und Propaganda im Ersten Weltkrieg. Darm-

    stadt 20072; ders.: Das Lächeln der Henker. Der

    unbekannte Krieg gegen die Zivilbevölkerung

    1914–1918. Darmstadt 2008.

    5/ Hannes Leidinger: „Der Einzug des Galgens

    und des Mordes“. Die parlamentarischen Stel-

    lungnahmen polnischer und ruthenischer

    Reichsratsabgeordneter zu den Massenhinrich-

    tungen in Galizien 1914/15, in: Zeitgeschichte,33. Jg. (2006), Nr. 5, S. 235ff.

    6/ Georg Hoffmann/Nicole-Melanie Goll/Philipp

    Lesiak: Thalerhof 1914–1936. Die Geschichte

    eines vergessenen Lagers und seiner Opfer.

    Generalstabschef Franz Conrad vonHötzendorf (1852–1925)

  • Beiträge 7

    4/14

    Herne 2010.

    7/ Hautmann, Serben im Ersten Weltkrieg,

    S. 579; allgemein zur Internierungspraxis: Mat-

    thew Stibbe: Krieg und Brutalisierung. Die Inter-

    nierung von Zivilisten bzw. „politisch Unzuver-

    lässigen“ in Österreich-Ungarn während des

    Ersten Weltkriegs, in: Alfred Eisfeld/Guido

    Hausmann/Dietmar Neutatz (Hg.): Besetzt, in-

    terniert, deportiert. Der Erste Weltkrieg und die

    deutsche, jüdische, polnische und ukrainische

    Zivilbevölkerung im östlichen Europa. Essen

    2013, S. 87ff.; Matthew Stibbe: „Ohne jede Aus-

    nahme eine Schar von Feinden Österreichs“.

    Die Internierungspolitik des Habsburgerreiches

    im europäischen und globalen Kontext, in: Jubel

    und Elend. Leben mit dem Großen Krieg 1914–

    1918. Katalog zur Ausstellung. Schallaburg

    2014, S. 338ff.

    8/ Hermann J. W. Kuprian: Flüchtlinge und Ver-

    triebene aus den österreichisch-italienischen

    Grenzgebieten während des Ersten Weltkrie-

    ges, in: Brigitte Mazohl-Wallnig/Marco Meriggi

    (Hg.): Österreichisches Italien – Italienisches

    Österreich? Interkulturelle Gemeinsamkeiten

    und nationale Differenzen vom 18. Jahrhundert

    bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Wien

    1999, S. 737ff.; Hans Hautmann: Italiener im

    Ersten Weltkrieg, in: Brandes u.a., Lexikon,

    S. 305ff.; Hermann J. W. Kuprian, Zwangs -

    migration, in: ders./Oswald Überegger (Hg.):

    Katastrophenjahre. Der Erste Weltkrieg in Tirol.

    Innsbruck 2014, S. 217ff.

    9/ Hans Hautmann: Militärprozesse gegen

    Abgeordnete des österreichischen Parlaments

    im Ersten Weltkrieg, in: Alfred Klahr Gesell-schaft. Mitteilungen, 21. Jg. (2014), Nr. 2, S. 1ff.10/ Zu den Tschechen siehe: Martin Zückert:

    Antimilitarismus und soldatische Resistenz. Po-

    litischer Protest und armeefeindliches Verhalten

    in der tschechischen Gesellschaft bis 1918, in:

    Laurence Cole/Christa Hämmerle/Martin

    Scheutz: Glanz – Gewalt – Gehorsam. Militär

    und Gesellschaft in der Habsburgermonarchie

    1800–1918. Essen 2011.

    11/ Hans Hautmann: Princip in Theresienstadt,

    in: Alfred Klahr Gesellschaft. Mitteilungen,20. Jg. (2013), Nr. 3, S. 1ff.; Gregor Mayer: Ver-

    schwörung in Sarajevo. Triumph und Tod des

    Attentäters Gavrilo Princip. St. Pölten, Salzburg,

    Wien 2014.

    12/ Hans Hautmann: Die Militärstrafanstalt

    Möllersdorf im Ersten Weltkrieg, in: Hans

    Mikosch/Anja Oberkofler (Hg.): Gegen üble

    Tradition, für revolutionär Neues. Festschrift für

    Gerhard Oberkofler. Innsbruck, Wien, Bozen

    2012, S. 51.

    13/ Zur Besatzungspraxis in der Ukraine: Wolf-

    ram Dornik/Stefan Karner (Hg.): Die Besatzung

    der Ukraine 1918. Historischer Kontext –

    Forschungsstand – Wirtschaftliche und soziale

    Folgen. Graz, Wien, Klagenfurt 2008.

    14/ Imre Gonda: Verfall der Kaiserreiche in

    Mitteleuropa. Der Zweibund in den letzten

    Kriegsjahren (1916–1918). Budapest 1977,

    S. 193. Der Artikel Masaryks erschien unter

    dem Titel „Austria under Francisco Joseph“ am

    30. November 1916 in der Zeitschrift The NewEurope, Vol. I, No. 7, S. 193ff.15/ Georg Lelewer: Die Militärpersonen, in:

    Franz Exner: Krieg und Kriminalität in Öster-

    reich, Wien 1927, S. 120.

    16/ www.archivinformationssystem.at/detail.

    aspx?ID=4808 [10.11.2014].

    17/ Lelewer, Die Militärpersonen, S. 124.

    18/ Hans Hautmann: Die Herrschenden: Auf der

    Suche nach Auswegen aus der Systemkrise

    (Österreich im Epochenjahr 1917, Teil 2), in:

    Alfred Klahr Gesellschaft. Mitteilungen, 14. Jg.(2007), Nr. 2, S. 1ff.

    19/ Ausführlich beschrieben bei: Christoph

    Führ: Das k.u.k. Armeeoberkommando und die

    Innenpolitik in Österreich 1914–1917. Wien,

    Graz, Köln 1968.

    20/ Die früheste und nach wie vor maßgebliche

    Darstellung des k.k. Kriegsregimes stammt von

    Josef Redlich: Österreichische Regierung und

    Verwaltung im Weltkriege. Wien 1925; neuer-

    dings: Hans Hautmann: Wesen und Folgen der

    österreichischen Kriegsdiktatur 1914–1917, in:

    Der Erste Weltkrieg an der „Heimatfront“.

    Tagungsband der 33. Schlaininger Gespräche

    22. bis 26. September 2013, hg. von Rudolf

    Kropf. Eisenstadt 2014, S. 67ff.; und: Christoph

    Tepperberg: Totalisierung des Krieges und Mili-

    tarisierung der Zivilgesellschaft. Militärbürokra-

    tie und Militärjustiz im Hinterland am Beispiel

    Wien, in: Alfred Pfoser/Andreas Weigl (Hg.): Im

    Epizentrum des Zusammenbruchs. Wien im

    Ersten Weltkrieg. Wien 2013, S. 264ff.

    21/ Arbeiter-Zeitung, 18.5.1918, S. 5.22/ Arbeiter-Zeitung, 8.1.1915, S. 5. Hervor -hebung H.H.

    23/ Arbeiter-Zeitung, 18.5.1918, S. 5. Hervor -hebung H.H.

    Armeeoberkommandant Erzherzog Friedrich (1856–1936)

    Hans Hautmann:

    Der Erste Weltkriegund das Entstehender revolutionären

    Linken in Österreich

    Eine kommentierte Dokumentation,hg. von der KommunistischenPartei Österreichs

    Wien: Globus-Verlag 2014118 Seiten, 5,– Euro

    Bestellmöglichkeit:[email protected]

    Buchtipp

  • 8 Beiträge

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    Erster: No das is nix gegen den Ljubicic,weißt, elftes Korps wo ich war. Der hatdoch […] zwischen Weihnachten undSilvester 1914 zwölf p. v. [politisch Ver-dächtige, CKH] hängen lassen, an einemTag sechs. Der sagt, er braucht über-haupt kein gerichtliches Urteil als K- Offizier. Er hat auch viel abstechen lassen.

    Zweiter: No und der Lüttgendorff [sic]!Der hat auch immer gsagt, er brauchtkein Gericht, dafür hat ers abgekürzteVerfahren, hat er gsagt. Einmal hat erdrei Kerle, weil s’ bsoffn warn, durch’nKorporal abstechen lassen. Das war inSchabatz, zum allerhöchsten Geburtstag,ich denk’s wie heut.

    […] weißt beim Lüttgendorff war jederFall mit einem Dienstzettel belegt: Justi-fizierung verfügt! No für eine Verhand-lung wie bei uns hier, war der Lüttgen-dorff halt zu nervös. Mit die Richter hater gschimpft, ujegerl! […] Weißt, gleichaufhängen war ihm das Liebste, natür-lich nur bei mildernde Umständ, sonsthat er hauptsächlich mit ’n Bajonett arbeiten lassen.

    Karl Kraus: Die letzten Tage derMenschheit – 4. Akt, 30. Szene

    Gegenstand des Beitrages ist die„Kommission zur Untersuchungmilitärischer Pflichtverletzungen

    im Kriege“. Sie erforschte zwischen1918 und 1922 Verbrechen und schwereVerfehlungen österreichisch-ungarischerGeneräle während des Ersten Weltkrie-ges. Die Ergebnisse sollten die Grund -lage für strafgerichtliche Sonderverfah-ren vor einem Sondersenat des OberstenGerichtshofs liefern.

    Das Gesetz vom19. Dezember 1918

    Während der letzten Tage des ErstenWeltkrieges waren hunderttausende Sol-daten in italienische Kriegsgefangen-schaft geraten. Zeitungen aller politi-scher Richtungen brachten nach der Ka-pitulation Berichte darüber, dass höhereKommandierende der k. u. k. Wehr-macht dafür die Verantwortung tragenwürden, weil sie ihre Untergebenen füh-rerlos der Gefangenschaft preisgegebenund noch vor den ihnen unterstelltenTruppen den Rückzug angetreten hät-ten.1 Sehr rasch bildeten sich im Novem-

    entgegnet, dass die Wahrheit rasch zuta-ge kommen müsse. Die Erhebungen hät-ten rasch zu geschehen, weil die Bevöl-kerung das Recht habe, über besondereFälle sogleich die Wahrheit zu erfahren.Außerdem ermögliche nur eine sofortigeTatsachenfeststellung, dass die Schuld-tragenden rasch zur Verantwortung ge-zogen werden könnten. Deshalb müsseman sich auf die wichtigsten Ereignisseund die mit größter Verantwortung aus-gestatteten Personen beschränken, umnicht an der „ungeheuren Masse der Vor-kommnisse“ zu scheitern.4

    Als Vollmitglieder der „Kommissionzur Erhebung militärischer Pflichtverlet-zungen“ ernannt wurden die beiden Uni-versitätsprofessoren Alexander Löffler,ein Jurist,5 als Kommissionsvorsitzenderund als sein Stellvertreter der MedizinerJulius Tandler, später als Reformator desösterreichischen Fürsorgesystems be-kannt. Weitere Kommissionsmitgliederwaren die beiden Rechtsanwälte JakobFreundlich und Anton Neuhauser sowieder Richter Ferdinand Fuhrmann. Ihnenzur Seite gestellt waren Sekretäre (erfah-rene Zivil- und Militärrichter), die dievom Gesetz aufgetragenen Erhebungendurchführten.

    Die den Untersuchungen der Kommis-sion folgende Gerichtsbarkeit übte einSondersenat des Obersten Gerichtshofsaus. Den Vorsitz führte der OGH-Präsi-dent oder sein Stellvertreter. WeitereMitglieder waren Richter des OberstenMilitärgerichtshofes (Auditoren). DieAnklage vertrat der Generalstaatsanwalt.Dem Angeklagten wurde ein Verteidigerbeigestellt, und das Militärstrafgesetzbzw. das allgemeine Strafgesetz bildetendie Rechtsgrundlage. Damit existierteein duales System der Auseinanderset-zung mit Verbrechen der k. u. k. Wehr-macht: auf der einen Seite eine Unter -suchungskommission, die Beweismittelsammelte, und auf der anderen Seite einSondergericht, das durch die Kommissi-on anklagereif gemachte Fälle justiz -förmig ahnden sollte.

    Der Fall Wagner-Jauregg

    Der Vorstand der „Klinik für Psychia-trie und Neuropathologie Am Steinhof“,Dr. Julius Wagner-Jauregg war ur-sprünglich als Ersatzmitglied der Kom-

    ber 1918 in der österreichischen Natio-nalversammlung Initiativen zur Auf-klärung des Verhaltens des Armeeober-kommandos. Nach einer mehrwöchigenDebatte und der Zuweisung an den Hee-resausschuss wurde am 19. Dezemberdas Gesetz „über die Feststellung undVerfolgung von Pflichtverletzungen militärischer Organe im Kriege“ verab-schiedet,2 seine Rechtswirksamkeit tratam 25. Dezember ein. Im Gegensatz zuranfänglichen Diskussion zielte aber dasGesetz nicht mehr nur auf Vergehen zuKriegsende, sondern während des ge-samten Krieges ab. Damit wurde rück-wirkend für vergangene Taten ein beson-deres Gerichtsverfahren initiiert. DasGesetz gliederte sich in neun Paragrafen.§ 1 legte fest, dass eine Kommission ein-zusetzen sei, mit der Aufgabe, grobeVerschulden der Armeeführung oder andere schwere Verstöße gegen dieDienstpflichten zu recherchieren.

    Die Kommission zur Untersuchungmilitärischer Pflichtverletzungen imKriege3 war für Untersuchungen gegenTruppenkommandanten, gleichgestellteVorstände und Leiter militärischerBehörden und Anstalten und deren Hilfs-organe sowie Abteilungskommandanten,Regiments- und höhere Kommandantenzuständig. Die Erhebungen sollten sichausschließlich auf den Verlauf des Krie-ges beschränken, mit dem besonderenAugenmerk auf die Ereignisse des Herb-stes 1918, und sie sollten Anstoß für einallfälliges Strafverfahren gegen Schuld-tragende geben. Für die Anzeige dieser„höheren Führer“ der ehemaligen k. u. k.Wehrmacht war kein Staatsanwalt zu-ständig, sondern ausschließlich die Kom-mission. Sie bestand aus fünf Mitglie-dern, die nicht der Nationalversammlungangehören durften, wohl aber waren sieVertrauensmänner der in der National-versammlung vertretenen politischenParteien. Die Kommission war der inter-essierten Öffentlichkeit berichtspflichtigund sollte dem Staatsrat fallweise überdas Ergebnis ihrer Tätigkeit und des all-fällig darauf folgenden Strafverfahrensberichten. Diese Berichte wurden an dieNationalversammlung weiter geleitet.Der vielfach geäußerten Kritik an derBeschränkung auf „höhere Führer“ derehemaligen k. u. k. Wehrmacht wurde

    Die österreichische Kommission zur Untersuchung militärischer Pflichtverletzungen im Kriege

    Claudia Kuretsidis-Haider

  • Beiträge 9

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    Alois Pokorny erging am20. November 1919 undlautete auf Freispruchvom Vorwurf des Amts-missbrauches. Nach demUrteil drohte der Kom-missionsvorsitzendeLöffler ob des aus seinerSicht eklatanten Fehl -urteiles mit Rücktritt.

    Auch der zweite Pro-zess, gegen den von KarlKraus im Prolog kari-kierten Feldzeugmeisterund ehemaligen Sekti-onschef im Ministerium für Landesver-teidigung Stefan Ljubičić (1855–1935),11

    endete am 17. April 1920 mit einemFreispruch, und zwar vom Vorwurf desMordes. Als Kommandant des 11. Korpserließ Ljubičić in der Zeit vom 12. De-zember 1914 bis 2. Jänner 1915 gegen13 Männer Hinrichtungsbefehle wegendes Verdachts der Spionage, Desertion,Feigheit oder Begünstigung des Feindesdurch hochverräterische Äußerungen.Obwohl in den meisten Fällen die Schuldder Hingerichteten nicht bewiesen wer-den konnte, ordnete Ljubićič deren Exe-kution unter Berufung auf das Kriegsnot-recht an.12 Das Kommissionsmitglied Jakob Freundlich bezeichnete den Frei-spruch als einen „Faustschlag gegen dasRechtsempfinden“, mehrere Kommissi-onsmitglieder erwogen die Zurück -legung ihres Mandates. Die Kommissionwar in eine schwere Krise geraten, unddie Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit wurdesowohl intern als auch in der Öffentlich-keit in Frage gestellt. Lediglich außen -politische Erwägungen – StaatskanzlerKarl Renner sprach von einer „argenVerlegenheit“ und Peinlichkeit – be-wahrten die Kommission vor einer früh-zeitigen Einstellung ihrer Tätigkeit.13

    Das dritte Urteil des Obersten Gerichts-hofes brachte schließlich erstmals eineVerurteilung, die aber in ihrer Milde eben-falls einem Freispruch gleichkam. Der Ge-neral der Infanterie Kasimir Freiherr vonLütgendorf (1862–1958)14 musste sich am4. Juni 1920 wegen des Vorwurfes desMordes in drei Fällen verantworten. Lüt-gendorf kommandierte die 7. Infanterie-division mit Standort Šabac/Schabatz(eine Stadt in Serbien am Fluss Save).Am Vormittag des 18. August 1914 hat-ten drei Gefreite im betrunkenen Zustandunmotiviert herumgeschossen. Lütgen-dorf ordnete deren sofortige Justifizie-rung durch Bajonettstiche an, ohne ihnenGelegenheit zur Verteidigung zu gebenund ohne zu verifizieren, ob seine Zu-

    ständigkeit überhaupt gegeben war. Die-se wäre davon abhängig gewesen, anwelchem Flussufer die Delinquenten ge-schossen hatten. Außerdem stellte sichnachträglich heraus, dass zum Tatzeit-punkt bereits das Kommando gewechselthatte, Lütgendofs Zuständigkeit dahertatsächlich nicht gegeben war.

    Der Oberste Gerichtshof sprach Gene-ral Lütgendorf schuldig, das Verbrechender öffentlichen Gewalttätigkeit verübtzu haben, und verurteilte ihn zu sechsMonaten Arrest. Bei der Strafbemessungwirkte erschwerend, dass die Tat Men-schenleben gefordert hatte. Milderndwurde dem General zugute gehalten,dass er aus „achtenswerten Motiven“(Aufrechterhaltung der öffentlichen Ord-nung) gehandelt und nach der Tat nochhervorragende Dienste für das Vaterlandgeleistet hatte. Es wurde ihm daher auchweder die Offizierscharge aberkannt,noch ihm untersagt, militärische Aus-zeichnungen zu tragen.

    Bilanz der Kommissionsarbeit

    Ein weiterer Freispruch15 sowie dieEinstellung eines Verfahrens aufgrunddes Todes des Angeklagten16 komplettie-ren die äußerst dürftige Bilanz der Kom-mission. Gemäß ihrem Schlussberichtwaren insgesamt 484 Fälle anhängig ge-worden. Bei 325 von ihnen stellte sichheraus, dass die Kommission gar nichtzuständig war. 40 Fälle wurden an denGeneralstaatsanwalt, 52 an verschiedeneStaatsanwaltschaften, 55 an die zuständi-ge Militäranwaltschaft abgetreten.17

    Lediglich vier Verfahren gelangten zueiner Hauptverhandlung. Drei Angeklag-te wurden freigesprochen, einer zu sechsMonaten Arrest verurteilt.18 Das war einhalbes Prozent der überprüften Fälle.19

    Nach einer Gesetzesnovelle vom27. Juli 192020 war der Oberste Gerichts-hof nicht mehr für allfällige Strafverfah-ren zuständig. Alle noch anhängigen Fäl-le wurden mit 1. Oktober 1920 den Straf -

    mission vorgesehen gewesen. Nachdemaber Vorwürfe bezüglich der von ihm imKrieg angewandten und von Kritikernals Folter angeprangerten elektrothera-peutischen Schockmethoden gegen denspäteren Nobelpreisträger erhoben wur-den, ließ Wagner-Jauregg sein Mandat inder Kommission ruhen, die ihrerseits imOktober 1919 Erhebungen gegen ihneinleitete.6 Sigmund Freud wurde mit ei-nem externen Fachgutachten7 beauftragt.Er lehnte zwar die „elektrische Heil -methode“ seines Kollegen Wagner-Jau-regg ab, bescheinigte ihm aber persön -liche und fachliche Integrität. FreundsGutachten bildete die Grundlage für dievollständige Rehabilitierung Wagner-Jaureggs, der schließlich auf eigenenWunsch aus der Kommission austrat.8

    Kommissionsarbeit und Prozesse

    Die Kommission begann ihre Tätigkeitmit einem Ansuchen an verschiedeneVerwaltungsstellen um Vorlage zweck-dienlichen Materials. Außerdem wurdein den großen Tageszeitungen (aller-dings an nicht sehr prominenter Stelle)eine Kundmachung veröffentlicht, in derdie Bevölkerung aufgerufen wurde, dieKommission tatkräftig zu unterstützen.Zudem wurden zwei Fragebögen erstelltund an einen ausgewählten Personen-kreis adressiert: ein Fragebogen für all-gemeine militärische Pflichtverletzun-gen und der andere für Ereignisse amEnde des Ersten Weltkrieges und demdamit verbundenen Rückzug der k. u. k.Wehrmacht. Allerdings wurden nur zehnProzent der ausgesendeten Fragebögenretourniert.9 Dennoch führten die Er -hebungen der Kommission knapp einJahr nach ihrer Einsetzung zu einem er-sten Prozess vor dem Sondersenat desObersten Gerichtshofs.

    Am 20. November 1919 fand dieHauptverhandlung gegen Feldmarschall-leutnant Alois Pokorny (1861–1936)statt.10 Er hatte laut Anklage im August1914 einem Hauptmannauditor in derNähe von Brzezany in Galizien befoh-len, einen der Spionage verdächtigenMüllergehilfen standgerichtlich zu ver-urteilen. Der Auditor verweigertezunächst die Durchführung dieses Befehls, weshalb Pokorny drohte, auchgegen ihn standrechtlich vorzugehen.Daraufhin wurde der galizische Jugend-liche zu zehn Jahren schweren Kerkersverurteilt, weil er vor der Ortsbevölke-rung am Dorfplatz in Lipica Dolna alsFeuerschlucker aufgetreten war. Das Ur-teil des Obersten Gerichtshofes gegen

    Feldmarschallleutnant Alois Pokorny (1861–1936)

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    gerichten erster Instanz übergeben. Vonda an fungierte die Kommission nurmehr als besondere Untersuchungs-behörde.21 Gerichtsverfahren fand keinesmehr statt. Am 24. März 1922 wurde sieper Bundesgesetz22 aufgelöst und das ihrzugrunde gelegte Gesetz aufgehoben.23

    Forschungsstand und Fazit

    Sieht man von Aufsätzen des ehemali-gen Hauptmanns im Generalstabskorpsund Sekretärs der Kommission Emil Rat-zenhofer24 sowie vom Rechtswissen-schaftler Georg Lelewer25 in den ausge-henden 1920er Jahren ab, verstaubten dieTätigkeitsberichte der Kommission überviele Jahrzehnte in den stenografischenProtokollen im Parlamentsarchiv. Im öffentlichen Bewusstsein war die Kom-mission nicht vorhanden. Erst der heuteals Rechtsanwalt in Wels tätige Wolf-gang Doppelbauer beschäftigte sich inseiner militär- und sozialhistorischenDissertation mit dem altösterreichischenOffizierskorps nach dem Ersten Welt-krieg, den Kriegsverbrechen im ErstenWeltkrieg und den daraus resultierendenStrafprozessen in den Anfangsjahren derErsten Republik Österreichs. Die Disser-tation wurde vom HeeresgeschichtlichenMuseum in Wien 1988 publiziert undbildet eine wesentliche Grundlage fürdiesen Beitrag. 2005 ging der Jurist undnunmehrige Leiter der Abteilung für in-ternationale Angelegenheiten und andereVerwaltungsangelegenheiten im öster-reichischen Bundeskanzleramt RonaldFaber der Frage nach, inwieweit sich die

    – Keine Beschränkung der Unter -suchungen auf Deutschösterreicher. Wieaber hätte sich die Strafgewalt der Repu-blik Deutschösterreich auf einen Staats-bürger eines nunmehr entstandenen Suk-zessionsstaates gründen können?

    – Es herrschten noch keine geordnetenVerwaltungsverhältnisse. So wusste manbei vielen Personen weder ihre Staats-bürgerschaft noch ihren Aufenthalt.

    – Die Kommission hatte zwar dasRecht, Auskunftspersonen zu laden, zuvernehmen, Erhebungen durch andereBehörden vornehmen zu lassen und dieerforderlichen Akten beschaffen zu las-sen, aber sie hatte keine Möglichkeit,Zwangsmittel gegen Zeugen (etwa wennsie einer Ladung nicht Folge leisteten)anzuwenden.

    – Die gegenüber der Öffentlichkeit be-stehende Informationspflicht konntenicht zeitnah umgesetzt werden. Es warein Kardinalproblem der Kommission,dass sie in der Öffentlichkeit zu wenigverankert war.

    – Das Kommissionsgesetz war Teil desBemühens um Bewältigung der Nieder-lage im Ersten Weltkrieg, ließ aber prin-zipielle Fragen zur Verstrickung vonPersonen und Institutionen im Hinter-land nicht zu.30

    – Die Kommission agierte zwar justiz-förmig, hatte aber keine Kompetenzendes Gerichts, sondern wenn die Kommis-sion zum Ergebnis kam, dass gegen einePerson genug Beweise vorlagen, dannmusste die Sache an den Sondersenat desObersten Gerichtshofs zur Durchführungeines Strafverfahrens übergeben werden,und sie hatte keinen weiteren Einflussauf den Fortgang des Prozesses.

    – Die (personell aus der Zeit der Mon-archie unveränderten) Staatsanwalt-schaften und Gerichte zeigten wenig In-teresse an den Verfahren, sondern viel-mehr oft politische und weltanschaulicheSympathie für die Täter.31

    Winfried Garscha kommt in einer Ana-lyse der Kriegs- und Humanitätsverbre-chen im politischen und historiographi-schen Diskurs nach dem Ersten undZweiten Weltkrieg zum Schluss: „Nichtselten gelangten die Fälle gar nicht vorGericht, sondern musste sich die Parla-mentskommission damit begnügen, Mas-senmorde als ‚grobe Pflichtverletzungen‘zu tadeln. Die Kommission scheiterte je-doch nicht nur an der Obstruktion durcheine Justiz, in der der Geist des gestürztenRegimes noch ungebrochen weiterlebte,sondern auch am Desinteresse der übri-gen Parlamentsabgeordneten und derbreiten Öffentlichkeit an einer gründ -

    1918er-Kommission mit heutigen Wahr-heitskommissionen vergleichen lässt.26

    Die gegenüber der Kommission pha-senweise äußerst kritisch eingestellte Arbeiter Zeitung stellte anlässlich derNationalratssitzung zu deren Auflösungfest: Auch „wenn man ihren Schluss -folgerungen vielleicht nicht immer bei-pflichten konnte, so muss doch aner-kannt werden, dass die Kommission im-mer bestrebt war, den Dingen auf denGrund zu gehen, dass sie nichts beschö-nigen wollte, dass in ihrer Tätigkeit einaufrechter Geist gewaltet hat.“27

    Der Staats- und Verwaltungsrechts -wissenschafter Adolf Merkel resümierte:„Wenn auch die Erhebungen der Kom-mission fast nie zu einer Verurteilung [...]geführt haben, so haben doch die gewis-senhaften Erhebungen und einlässlichenBerichte der Kommission an das Parla-ment […] reinigend gewirkt […].“28

    Für Hans Hautmann stellte jedoch „derVersuch der inneren Selbstreinigung inForm eines von der republikanischenNationalversammlung eingesetzten Gre-miums, der ‚Kommission zur Erhebungmilitärischer Pflichtverletzungen imKriege‘, einen vollkommenen Fehl-schlag“ dar, da die Verantwortlichen undAusführenden der Verbrechen ungescho-ren blieben.29

    Die Gründe für das de facto-Scheiternder Kommission sind vielfältig, einigevon ihnen seien hier kurz skizziert:

    – Beschränkung der Untersuchungenauf „höhere Führer“ bzw. diesen anMachtfülle gleichgestellten Personen.

    „Gerichts-Zeitung“ vom 25. September 1920 mit einem Beitrag von Generalstaats -anwalt Höpler über die Rechtsprechung über militärische Pflichtverletzungen

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    lichen Aufarbeitung der Verbrechen vonKommandeuren der k. u. k. Armee.“32

    Anmerkungen:1/ Wolfgang Doppelbauer: Zum Elend noch die

    Schande. Das altösterreichische Offizierskorps

    am Beginn der Republik. Wien 1988, S. 102.

    2/ StGBl. Nr. 132/1918. Als Kommentar zu die-

    sem Gesetz siehe: Ernst Lohsing, Die Verfol-

    gung von Pflichtverletzungen militärischer Orga-

    ne im Kriege, in: Gerichts-Zeitung, 70. Jg.(1919), Nr. 17 und 18, S. 138–140.

    3/ Die Akten der Untersuchungskommission be-

    finden sich im Österreichischen Staatsarchiv/

    Kriegsarchiv Wien, Feldakten – Armeeoberkom-

    mando (1914–1918), Teilbestand 16 (Parla-

    mentarische Untersuchungskommission zur

    Erhebung militärischer Pflichtverletzungen im

    Weltkrieg).

    4/ Doppelbauer, Elend, S. 112.

    5/ www.deutsche-biographie.de/sfz53707.html

    [1.12.2014].

    6/ Doppelbauer, Elend, S. 233–235.

    7/ Abgedruckt in: www.freud-edition.net/handschrif-

    ten/freud-sigmund/1955c-1920/gutachten-ueber-

    die-elektrische-behandlung-der [17.10.2014].

    8/ Siehe dazu: Kurt R. Eissler: Freud und Wag-

    ner-Jauregg vor der Kommission zur Erhebung

    militärischer Pflichtverletzungen, Wien 1979

    sowie http://wk1.staatsarchiv.at/sanitaet-und-

    hygiene/sigmund-freud-gutachten-zu-elektro -

    schocks [17.10.2014].

    9/ Doppelbauer, Elend, S. 128f. und 135–138.

    10/ Ebd., S. 161–163 und S. 170.

    11/ Ebd., S. 211–213.

    12/ Alexander Hold-Ferneck/Alexander Löffler

    (Kommission zur Erhebung Militärischer Pflicht-

    verletzungen): Gutachten über die Frage des

    Kriegsnotrechtes (Deutschösterreichische

    Staatsdruckerei). Wien 1919.

    13/ Doppelbauer, Elend, S. 213.

    14/ Ebd., S. 220–223.

    15/ Am 26.6.1920 musste sich Feldmarschall-

    leutnant i.R. Johann Fernengel wegen Miss -

    brauchs der Amts- und Dienstgewalt (er hatte

    im August 1915 im Grenzabschnitt Hermagor in

    Kärnten einen Rechtsanwalt wegen unpatrioti-

    schen Verhaltens verhaftet; nach dessen Frei-

    lassung wurde dieser aus Kärnten „abge-

    schafft“, durfte also nicht mehr an seinen Wohn-

    ort zurück kehren, weshalb in weiterer Folge

    seine berufliche Existenz ruiniert war) vor einem

    Sondersenat des OGH verantworten. Siehe:

    Doppelbauer, Elend, S. 225f.

    16/ Verfahren gegen den Feldmarschallleutnant

    Josef Teisinger von Tüllenburg wegen seines

    Verhaltens als Präses einer Musterungskommis-

    sion. Siehe: Doppelbauer, Elend, S. 178–197.

    17/ Ebd., S. 260.

    18/ Siehe den Kommentar zu den Urteilen: Die

    Tätigkeit des nach dem Gesetze vom 19. De-

    zember 1918, StGBl. Nr. 132 gebildeten oberst-

    gerichtlichen Spruchsenates (von Senatspräsi-

    dent Dr. Zwiedinek), in: Gerichts-Zeitung,72. Jg. (1921), Nr. 1, S. 7–14.

    19/ Oskar Regele: Gericht über Habsburgs

    Wehrmacht. Wien, München 1968, S. 215.

    20/ StGBl. Nr. 321/1920

    21/ Die Rechtsprechung über Pflichtverletzun-

    gen militärischer Organe im Kriege (von Gene-

    ralstaatsanwalt Dr. Höpler), in: Gerichts- Zeitung, 71. Jg. (1920), Nr. 33–36, S. 1.22/ BGBl. Nr. 203/1922.

    23/ Doppelbauer, Elend, S. 230f. und 279.

    24/ Emil Ratzenhofer: Gerichtliche Verfolgung

    militärischer Führer in Österreich, in: Viertel-jahresschrift für Politik und Geschichte,Nr. 2/1929, S. 137–151.

    25/ Georg Lelewer: Die Kriminalität der Militär-

    personen, in: Franz Exner: Krieg und Krimina-

    lität. Leipzig 1926, S. 139ff.

    26/ Roland Faber: Truth v Justice, historisch be-

    trachtet. Österreichs vergessene 1918er-Kom-

    mission, in: Juridikum, Nr. 2/2005, S. 104–108.27/ Die Untersuchung der Kriegsverbrechen, in:

    Arbeiter-Zeitung, 25.3.1922.28/ Adolf Merkl: Die Verwaltungsgesetzgebung

    der österreichischen Republik, in: Jahrbuch des

    öffentlichen Rechts der Gegenwart, Bd. XII,

    1923/24, 162 (188), zit. nach: Faber, Truth v

    Justice, S. 107.

    29/ Siehe: Hans Hautmann: Das Geschichtsbild

    über die Besatzungszeit, in: Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft, 12. Jg. (2005), Nr. 4,S. 5–7.

    30/ Doppelbauer, Elend, S. 115.

    31/ Hans Hautmann: Die Verbrechen der öster-

    reichisch-ungarischen Armee im Ersten Welt-

    krieg und ihre Nicht-Bewältigung nach 1918, in:

    http://doewweb01.doew.at/thema/thema_alt/

    justiz/kriegsverbr/hautmann.html [17.10.2014].

    32/ Winfried R. Garscha: Kriegs- und Huma-

    nitätsverbrechen im politischen und historiogra-

    phischen Diskurs nach dem Ersten und Zweiten

    Weltkrieg, in: http://doewweb01.doew.at/the-

    ma/thema_alt/justiz/kriegsverbr/kriegsverbre-

    chen.html [17.10.2014].

    15. Gedenkfahrt nach Engerau am 29.3.2015

    Zu Ostern 1945 – in der Nacht von29. auf 30. März 1945 – triebenWiener SA-Männer und „politischeLeiter“ der NSDAP Hunderte unga-risch-jüdischen ZwangsarbeiterInnenvom Lager Engerau (ungar. Pozsony -ligetfalu, heute Petržalka) über Hain-burg nach Bad Deutsch-Altenburg, wosie nach Mauthausen verschifft wur-den. Mehr als hundert Menschen wur-den erschossen, erschlagen und zu Tode misshandelt.

    Das Lager Engerau war Ende November 1944 u.a. für Schanzarbei-ten beim Bau des so genannten „Süd -ostwalles“ eingerichtet worden. Be-reits bis zur Evakuierung des Lagersvor der heranrückenden sowjetischenArmee Ende März 1945 kamen Hun-derte ungarische Juden aufgrund derunvorstellbaren hygienischen Bedin-gungen und aufgrund von Misshand-lungen ums Leben oder wurden vonder Wachmannschaft ermordet.

    Im Sommer 1945 exhumierte eineslowakische Untersuchungskommissi-on auf dem Friedhof von Engerau diesterblichen Überreste von mehr als400 Häftlingen, die in fünf Massen -gräbern an der nordöstlichen Mauerdes städtischen Friedhofs verscharrtworden waren, und errichtete einMahnmal im Gedenken an die unga-risch- jüdischen Zwangsarbeiter. Zahl-reiche österreichische SA-Männer undpolitische Leiter wurden zwischen

    1945 und 1954 in insgesamt sechs„Engerau-Prozessen“ von einem öster-reichischen Volksgericht abgeurteilt,neun von ihnen erhielten eine Todes-strafe und wurden hingerichtet.

    Programmablauf

    9.30 Gedenkkundgebung beim Mahn-

    mal auf dem Friedhof in Petržalka

    (Engerau)/Bratislava

    11.00–13.00 Fahrt zu den Gedächtnis -

    orten des ehemaligen Lagers Engerau

    in Petržalka

    13.30–15.30 Gedenkveranstaltung

    beim Gedenkstein vor der Kirche und

    in der Volksschule in Wolfsthal

    15.30–17.00 Gedächtnisort ehem.

    Reichsratstraße zwischen Wolfsthal

    und Hainburg

    Friedhof Bad Deutsch-Altenburg

    Kurpark Bad Deutsch-Altenburg

    Historische Begleitung:

    Dr.in Claudia Kuretsidis-Haider

    (Zentrale österreichische Forschungs-

    stelle Nachkriegsjustiz)

    Sonntag, 29. März 2015

    Abfahrt: 7.45, Rückkehr: ca. 18.00

    Treffpunkt: Praterstern 1, 1020 Wien(U-Bahn-Aufgang Heinestraße)

    Unkostenbeitrag: 12,– Euro

    Anmeldung: Tel.: 01/22 89 469/315

    [email protected]

    Infos: www.nachkriegsjustiz.at

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    Die Vielfalt an wissenschaftlichenStudien, Ausstellungen, medialerText- und Bilderflut über den

    Ersten Weltkrieg birgt die Versuchung,dem Gedanken zu erliegen, alles Rele-vante sei bereits gesagt, die Geschichtedamit aufgearbeitet. Immerhin gibt esmittlerweile rund 25.000 Publikationenrund um diesen Krieg. Die Erklärungen,wie und warum es zu diesem Infernokommen konnte, sind dabei äußerst viel-fältig. Teilweise widersprechen sie ein-ander in ganz wesentlichen Punkten.Zahlreiche Studien befassen sich ledig-lich mit einzelnen Aspekten, sehr vieleklammern ganze Szenarien vollkommenaus. Die unterschiedlichen Gedenk- undErinnerungskulturen in den einzelnenStaaten bilden dabei keine Ausnahme.Im folgenden Beitrag soll versucht wer-den, diese Unterschiede auf die zahlrei-chen Ausstellungen in Oberösterreich,die sich mit dem Ersten Weltkrieg aus-einandersetzen, herunter zu brechen.

    Politische Einflüsse

    Ein generelles Manko der heurigenVielfalt war und ist, dass es nicht gelun-gen ist, diese Vielfalt in irgendeiner Formzu bündeln – weder in Oberösterreichnoch im Bundesgebiet. Immerhin warendrei Ministerien (Innen-, Außen-, Wis-senschaftsministerium) damit beschäftigt,Daten zu sammeln und Listen anzuferti-gen, um die Ausstellungen in ganz Öster-reich zumindest in Form einer online zu-gänglichen Darstellung der Öffentlichkeitzu präsentieren. Alle drei Ministerienscheiterten an diesem Vorhaben. FürOberösterreich gab es ebenfalls keine ge-meinsame Präsentation aller Aktivitäten,so führten manche Ausstellungen trotzhervorragender Inhalte ein Schatten -dasein. Im Grunde ist dies eine weiterevertane Chance, die MuseumslandschaftÖsterreichs einem breiteren Publikumvorzustellen und zu vernetzen.

    Die Darstellung des Ersten Weltkriegsin all seinen Facetten ist nach wie vorpolitischen und ideologischen Deutun-gen unterworfen. Was darf wie gesagtwerden, was darf wie gezeigt oder ebennicht gezeigt werden? Häufig versuchendie politisch Verantwortlichen, ihre je ei-gene Sichtweise auf die Thematik mehroder weniger offensiv einzubringen. Hier

    zeigt sich teilweise in aller Deutlichkeit,dass die Darstellung historischer Ereig-nisse stets von den jeweils an der Machtbefindlichen Kräften beeinflusst, kon-trolliert und reglementiert wird.

    Bad Ischl ist in diesem Zusammenhangein besonders sensibler Ort, unterzeich-nete Kaiser Franz Joseph I doch hier dieKriegserklärung an Serbien und diktiertesein „Manifest an die Völker“. Der Isch-ler Bürgermeister (SPÖ) ist sich dieserTatsachen offenbar bewusst, war es ihmdoch ein Anliegen, mit gleich zwei auf-einanderfolgenden Ausstellungen,nostalgische und kaiserverherrlichendeMomente in Frage zu stellen. Kitsch undKlischees durften dabei keinen Platzmehr haben, vielmehr sollten die beauf-tragten KuratorInnen ihren Fokus daraufrichten, eine kritische und wissenschaft-lich fundierte Aufarbeitung zu leisten.Eine Erinnerungskultur ohne nationa -listische Aufladung sowie eine Vermitt-lung des Kriegsgeschehens abseitsalthergebrachter Mythen waren das Ziel.

    Bei anderen Ausstellungen musstendie KuratorInnen hingegen offensivdafür eintreten, bestimmte Aspekte desKrieges überhaupt zeigen zu dürfen. Sostellten politische Instanzen etwa in Fra-ge, dass es vor und während des Kriegesin Österreich-Ungarn Rassismus undAntisemitismus gegeben habe. Erst nachBeibringung zahlreicher wissenschaft-lich fundierter Belege wurde der Wider-stand gegen die Thematisierung dieserFakten aufgegeben.

    Auswirkungen des Kriegesauf Oberösterreich

    Das Interesse am Ersten Weltkrieg istoffenbar nach wie vor sehr groß. So wur-den in den ersten zehn Monaten allein imSchlossmuseum Linz bereits über 55.000BesucherInnen gezählt. Allgemeiner Tenor der Verantwortlichen ist, dass estrotz der sperrigen und komplexen The-matik offenbar gelungen ist, die Bevöl-kerung an diese viereinhalb schreck -lichen Jahre heranzuführen. Klar seiaber, dass Krieg an sich gar nicht odernur sehr begrenzt vermittelbar und aus-stellbar ist. Dennoch sei es notwendigund sinnvoll, behutsam und mit Gespürdiesbezügliche Versuche immer wiederzu wagen. Gelingen können solche Aus-

    stellungen eventuell dann am ehesten,wenn man nicht so sehr den Krieg ansich in den Vordergrund stellt, sondern,quasi als Vehikel, die Auswirkungen desKrieges etwa auf die Kunst oder auf dieBevölkerung zum Hauptthema macht.Angesichts der immensen medialen Auf-merksamkeit sind in diesem Fall die BesucherInnenzahlen allerdings kein alleiniges Merkmal für die Qualität deroberösterreichischen Ausstellungen.

    Gerade jenen Regionen, die, wieOberösterreich, weit abseits der Front la-gen, wurde in der Regel bisher eher we-nig Aufmerksamkeit geschenkt. Aus An-lass des Gedenkjahres 14/14 entsprangdaher der Wunsch seitens der beteiligtenMuseen, KustodInnen und politisch Ver-antwortlichen, regionale Aspekte in denFokus zu rücken. Dies ist der tiefereGrund für die Themenwahl der Ausstel-lungen in OÖ, deren vielfältige Themati-ken hier kurz vorgestellt werden sollen.

    Denkt man an Oberösterreich im Ersten Weltkrieg, so kann man zunächstdem Gedanken erliegen, hier sei nichtallzu viel passiert. Forscht man dannaber nach, kommt man rasch zu demSchluss, dass das Gegenteil der Fall ist.Zu nennen sind an dieser Stelle zunächstjene Punkte, die augenfällig sind: Ischlals Sommerresidenz des Kaisers; dieKriegserklärung wurde hier unterzeich-net; Oberösterreich als jenes Kronland,das am weitesten von der Front entferntwar, daher war es naheliegend, hier mög-lichst viele Kriegsgefangenenlager zu er-richten; die nach wie vor stark agrarischgeprägte Wirtschaft mit einer bäuerlichenBevölkerung, deren Kriegsbegeisterungvon Beginn an nicht sonderlich groß war.Hinzu kommen die allgemeinen, nichtoberösterreichspezifischen Wechsel -wirkungen zwischen der Bevölkerungund den Kriegsgefangenen sowie zwi-schen der Bevölkerung und den heimkeh-renden oder verwundeten Soldaten.

    Der Erste Weltkrieg unterschied sichvon allen vorherigen Kriegen nicht nurdurch die neuartige Form der Kriegs-führung, Stichwort Maschinenkrieg, son-dern vor allem durch die umfassendeEinbeziehung der gesamten Bevölke-rung. Zu Recht spricht man daher in die-sem Zusammenhang häufig vom erstentotalen Krieg. Die so genannten Heimat-

    Oberösterreich im KriegDer Erste Weltkrieg und seine museale Darstellung

    Peter märz

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    fronten waren nun ebenso wichtig wiedie Schlachtfelder. In der Regel steht da-her das Leben der Bevölkerung Ober -österreichs im und mit dem Krieg imMittelpunkt der Ausstellungen. DerKrieg selbst, das Kriegsgeschehen unddie Situation an der Front werden nur amRande gestreift, viel wichtiger sind diekriegsrelevanten Aspekte im Hinterland.

    An den Heimatfronten

    Kinder und Jugendliche waren auch inder Schule der Propaganda ausgesetzt.Die Lehrer sollten die Funktionen derTruppenkörper erläutern und patriotischeGefühle wecken. Die Schulkinder solltenVerwundete unterstützen, Liebesgabenfür die Soldaten sammeln, Hilfsdienstewie das Austragen von Briefen leisten undin der Landwirtschaft mithelfen. Die Lan-desschulbehörden arbeiteten eng mit Pfad-findern und anderen Organisationen zusammen. Zur vormilitärischen Ausbild -ung dienten Geländespiele und Marsch -übungen. Der Schulunterricht in der Mon-archie zielte, wie in vielen anderen Län-dern auch, bereits lange vor dem ErstenWeltkrieg auf eine Erziehung zu Gehor-sam und Unterordnung ab. Besondersdeutlich wird das in Heinrich Josefs Lese-und Sprachbuch aus dem Jahr 1902:

    „Die schönste und heiligste Pflicht desStaatsbürgers ist die Treue gegen denKaiser und Reich […] Die echte Treuegegen Kaiser und Reich ist innig ver-bunden mit dem Gehorsam […] Dertreue und gehorsame Staatsbürger ist opfermutig zu allen Zeiten. Willig undgern trägt er nach seinen Kräften dazubei, die Macht des Reichs zu stärken.Mit stolzer Lust blickt er empor zu demGlanze des Thrones, mit Liebe und Ehr-furcht erhebt sich sein Herz zu der ge-heiligten und unverletzlichen Person deserhabenen Kaisers, dessen schönes Wort,Viribus unitis‘ (Mit vereinten Kräften)ihm die Richtschnur seines Handelnszeigt. Und wenn dann jener heilige Augenblick kommt und der Kaiser alsoberster Kriegsherr feindlichen Übermutdurch das Aufgebot der bewaffnetenMacht zurückweist dann flammt es trot-zig auf in dem Auge des treuen und ge-horsamen Staatsbürgers, seines HerzensPulse schlagen schneller, die schönstenBürgertugenden werden zur Tat, er ergreift die Waffe, um eine der herrlich-sten Pflichten des Staatsbürgers zu er -füllen: für Kaiser und Reich zu siegenoder zu sterben.“

    Im Laufe des Krieges verschärfte sichder Ton der Unterrichtsmaterialien wei-ter. Die Kriegsanhänge von Franz

    Czerny und Josef Kraft, also Zusätze zuden Schulbüchern, bieten Lesestückeund Gedichte für alle Altersstufen. Eingutes Beispiel für die propagandistischeInfiltration ist Berta Silberbergs Gedicht„Gebet der Kleinen“: „Unsere Väter zogen hinaus ins FeldGegen Welsche, Russen und Serben,Im Kampfe für Kaiser und VaterlandZu siegen oder zu sterben.“

    „Das gute Kind“, eine Beilage zurZeitschrift „Die christliche Familie“wurde gerne im Unterricht als Begleit-material verwendet. Die Berichte, oft inGedichtform, erzählen von vorbildlichenHandlungen von Kindern und Jugend -lichen. Sie sollten die Schülerinnen undSchüler dazu ermuntern, selbst anKriegsdiensten teilzunehmen:

    „Und wir – was sollen wir sein?Unsere Väter sind Helden, die kämp-

    fen draußen auf den Schlachtfeldern, dieGesundheit, Blut und Leben einsetzen fürden Kaiser, für Haus und Familie, fürdes geliebten Vaterlands Ehre und Bestehen. Unsere Mütter sind Opfer -seelen, die mit Heldenmut und Ergebungdie schwersten Opfer der Trennung vonGatten und Söhnen tragen, die in Laza-retten, Spitälern und Arbeitsstätten wir-ken und arbeiten für unsere Soldatendraußen im Felde. Unsere großen Brü-der und Schwestern werden beigezogenals Helfer in Vereinen aller Art.“

    Autoritäre Herrschafts- und Erzie-hungsmethoden führten zu bedingungs-loser Unterordnung. Die Kriegsbegeiste-rung, geschürt von Medien und Obrig-keit, sollte mit Durchhalteparolen auf-rechterhalten werden. Wer nicht offenseine Begeisterung zeigte oder Kritik übte, musste mit Verachtung durch Be-kannte und Nachbarn und mit Verfolgungdurch die Kriegsjustiz rechnen. Hinzu tra-ten Nationalismus, Antisemitismus undRassismus – gegnerische Staaten dientenals Feindbilder und Sündenböcke. DieseAufhetzung funktionierte hervorragend,die Hemmung zu töten sank und es gabkaum Proteste gegen die massenhafteHinrichtung von angeblichen „Verrätern“,Spionen und Deserteuren.

    Der Informationsfluss an die Bevölke-rung war von freiwilliger und unfrei -williger Zensur geprägt. Presse und Kinobrachten zwar Berichte und Kommentareüber die Kriegsgeschehnisse, allerdingswaren die meisten Beiträge auf die eige-ne Sicht und die der Verbündeten aufden Krieg beschränkt. Kriegsschuld undKriegsverbrechen schob man den gegne-rischen Staaten zu. Während die Bevöl-kerung unter Mangelernährung, Lebens-

    mittelrationierungen und Krankheiten litt, setzte die Filmindustrie auf Roman-zen und Abenteuerfilme fern der Rea-lität. Die brutale Wirklichkeit auf demSchlachtfeld und an der Heimatfront hat-te mit dem in den Filmen gezeigten Hel-dentum wenig zu tun.

    Die Kinos reagierten rasch auf denKrieg. Neben dem üblichen Programmzeigte man, gesponsert von Kriegsfür -sorgeeinrichtungen, heroisierende Solda-tenfilme. Als Vorfilm präsentierte manzudem propagandistische und oft ver-harmlosende Kriegsberichterstattungüber Heldentaten der eigenen Armeen.Das Publikum sollte nicht mit dem Grau-en des Krieges schockiert werden, viel-mehr ging es darum, von Alltag undKrieg abzulenken oder diesen zumindestromantisch verklärt darzustellen.

    Verwundet, verroht, verschleppt, verschwunden

    Eine unmittelbare Folge des Kriegeswaren abertausende Verwundete, darun-ter immer mehr mit amputierten Glied-maßen, die versorgt werden mussten.Hinzu kamen zahllose Soldaten, die denenormen seelischen Belastungen desKrieges nicht standhielten, schwere Be-lastungsstörungen erlitten oder Selbst-mord begingen.

    Da Oberösterreich fern von allen Fron-ten lag, wurden hier zahlreiche Lager fürKriegsgefangene, Vertriebene, Flüchtlin-ge und Internierte aus allen Teilen derMonarchie errichtet. Immer wieder bra-chen Seuchen aus, die Versorgung mitLebensmitteln war schlecht, der Lager -alltag hart. Obwohl die ortsansässige Be-völkerung zunächst gegen den Bau vonLagern in ihrer Umgebung war, ent-wickelte sich bald ein reger Tauschhandel.

    Kriegsgefangenenlager für hauptsäch-lich russische, serbische und italienischeSoldaten existierten in Braunau am Inn,in Wegscheid bei Linz, Mauthausen,Marchtrenk, Aschach an der Donau undFreistadt. Die hygienischen Verhältnissewaren in der Regel desaströs, immerwieder brachen daher Seuchen wie Ruhrund Flecktyphus aus. Die EinwohnerzahlOberösterreichs stieg so von rund853.000 binnen kurzer Zeit um etwa220.600 Kriegsgefangene an.

    Der Umgang von lokaler Bevölkerungmit Kriegsgefangenen war behördlichstark eingeschränkt. Dennoch kam es im-mer wieder zu Tauschhandel und Liebes-beziehungen. Zivilpersonen mussten mitGeldstrafen und Arrest rechnen, dieKriegsgefangenen jedoch bezahlten denKontakt häufig mit Folter oder Tod.

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    Angehörige gegnerischer Staaten undPersonen, die der Spionage verdächtigtwurden, wurden in Lagern interniert.Dies traf in Oberösterreich lebende Per-sonen, die aus Italien bzw. den italie-nischsprachigen Teilen der Monarchie,aus Russ land, der Ukraine, Rumänien,Serbien, England und Frankreichstammten.

    Die Lager in Katzenau, St. Martin beiTraun und Langhalsen bei Altenfeldenbeherbergten zusammen rund 5.000 Per-sonen. Zwar herrschte keine Arbeits-pflicht, aber die meisten Insassen hattenInteresse an einer der schlecht bezahltenund zudem harten Tätigkeiten, um so dieäußerst schlechte Lebensmittelversor-gung zu verbessern.

    Die meisten „Kriegsflüchtlinge“ wur-den in Wirklichkeit planmäßig vertrie-ben. Große Lager bestanden in Braunauund Schärding am Inn sowie in Vöckla -bruck. Gegen Kriegsende kamen immermehr jüdische „Flüchtlinge“, vor allemaus Galizien und der Bukowina. Beson-ders hart traf es etwa die italienische Be-völkerung in Tirol. Zudem wurden rund115.000 Trientiner zwangsweise ausge-siedelt, da man sie während des Kriegesfür politisch unzuverlässig hielt – etwa15.000 wurden in Braunau am Inn inter-niert. Die hygienischen Bedingungen unddie Versorgungslage waren zum Teilnoch schlimmer als in den Kriegsgefan-genenlagern. Die Stadtgemeinde Braunauhat sich sehr lange mit dem Erbe aus derMonarchie schwer getan. Erst 2008 ließsie an der Stelle des ehemaligen Lager-friedhofs ein Denkmal für die umgekom-menen Zwangsumgesiedelten errichten.

    Ein weiterer Aspekt dieses Krieges istder Umgang mit den sogenannten Kriegs-zitterern. Dabei handelt es sich um Perso-nen, die auf Grund ihres Kriegseinsatzesposttraumatische Belastungssyndromezeigen. Die medizinische Behandlung derOffiziere unterschied sich von jener dereinfachen Soldaten stark. Ersteren wur-den Kuren, unter anderem in Bad Ischlverschrieben. Letztere wurden mit star-ken, oft minutenlang andauernden Elek-troschocks malträtiert – häufig brachteman die Elektroden dabei an den Hodenan. Zum einen sollte der psychischeSchmerz so durch den stärkeren physi-schen Schmerz überwunden werden.Zum anderen standen die Soldaten aberunter dem generellen Verdacht, zu simu-lieren. Viele Soldaten konnten diese bru-tale Behandlung nicht ertragen und mel-deten sich wieder zurück an die Front.Der infernalische Lärm und das tagelangeTrommelfeuer waren ihnen lieber als der

    Ernährung nicht möglich war, zudem er-hielt man kaum jemals die auf den Le-bensmittelmarken aufgedruckte Mengean Mehl, Milch, Brot etc., sondern emp-findlich weniger. Proteste und Hunger-unruhen waren die Folge, so im Septem-ber 1915 und 1916 in Steyr, im „Hunger-winter“ 1917/1918, der das ganze Landtraf, im Jänner und Mai 1918 in Linz undSteyr, diese wurden von den Behördenniedergeschlagen. In Bad Ischl kam esim Juli 1917 zu Protesten, vereinzeltwurden dabei Kurgäste attackiert. DieBevölkerung machte die Touristen fürdie Teuerung der Nahrungsmittel verant-wortlich. Das Amt für Volksernährungverbat sich in einem Aufruf an die Be-völkerung jede schikanöse Behandlungder Sommergäste. Bereits im Sommer1916 brachten Unbekannte in Umlauf,dass sämtliche Kurgäste binnen 14 Ta-gen Bad Ischl zu verlassen hätten. DieGemeindevertretung sah sich daraufhinveranlasst, den Kurgästen zu empfehlen„derartigen böswilligen Gerüchten nichtdie geringste Bedeutung zuzulegen“.

    Zusätzlich zu den zahlreichen Auf -rufen, mit Lebensmitteln zu sparen unddiverse Abfallprodukte zu verwerten, er-schienen ab 1915 etliche Kochbücher.Auch diese Publikationen strotzen vorPropaganda. So schreibt etwa Gisela Urban, die 1915 das „ÖsterreichischeKriegskochbuch“ herausgab, das „100Rezepte zur Bereitung billiger, aufGrund der kriegswirtschaftlichen Forde-rungen zusammengestellter und erprob-ter Speisen“ beinhaltet:

    „Immer klarer wird es, daß der Kriegnicht nur militärisch und finanziell, son-dern auch wirtschaftlich geführt wird.Unsere Feinde wollen uns aushungern.Sie trachten uns von jeder Nahrungsmit-telzufuhr abzuschneiden. Wir sollen wiein einer belagerten Festung leben, um eines Tages, von Not und Hunger be-droht oder schon erschöpft, um Friedenbitten zu müssen. […] Wie unsere tapfe-ren Krieger […] ihr Leben für uns […]in die Schanze schlagen, genau so opfer-freudig und zielbewußt müssen wir dazubeitragen, daß uns auch in der wirt-schaftlichen Kriegsführung der Sieg beschieden werde. […] Sparet an allenLebensmitteln, verschwendet nichts, lasset nichts zugrunde gehen, trachtet alle Nährwerte voll und ganz auszunüt-zen. […] Eine Vergeudung von Nah-rungsmitteln ist gleichbedeutend einerVergeudung von Munition.“

    Eine Reihe von Betrieben stellte dieProduktion kriegsbedingt um, Oberöster-reichische Firmen lieferten Gewehre,

    Vorwurf des Simulantentums durch Ärz-te, Behörden und Verwandte.

    Versorgungslage und Demonstrationen

    Der von vielen Politikern und Militärsschon lange gewünschte Krieg wurdevon der Bevölkerung anfangs mit großerBegeisterung aufgenommen. Die Politikversprach auf Grund der technischenNeuerungen (Eisenbahn, Automobile,Telegrafie, Waffen) einen kurzen undvor allem örtlich begrenzten Feldzug ge-gen Serbien. Die mit den Kampagneneinhergehende Propaganda nützte ge-schickt nationalistische und rassistischeVorurteile aus. Spendenaktionen wie der„Mann aus Eisen“, sollten die Moral unddas „Wir-Gefühl“ stärken. Wer nichtmitwirkte, galt als „Verräter“.

    Von Beginn an war die Versorgungs -situation – im zivilen wie im militäri-schen Bereich – schwierig. Um dieErnährungs- und Bekleidungssituationzu verbessern und die Kriegsmoral zuheben, setzten die Behörden auf Spen-denkampagnen. Zur Finanzierung desKrieges wurden acht staatliche Kriegsan-leihen ausgegeben, die in Oberösterreichalle sehr gut gezeichnet wurden. DieKampagne „Gold gab ich für Eisen“, al-so der Tausch goldener Eheringe gegeneiserne, war zunächst ein großer Erfolg.Als nichts mehr zum Tauschen vorhan-den war, nahm man alles, was verwert-bar war – Kupferdächer, Kir-chenglocken, Orgelpfeifen und Tür-schnallen. Die Kriegsfürsorgeorganisa-tionen sammelten Nahrungsmittel undSachspenden und sandten sie als „Lie-besgaben“ den Soldaten an der Front.

    Im Verlauf des Krieges verschlechtertesich die Versorgung der Bevölkerung. Damit einem kurzen Krieg gerechnet wor-den war, sorgten sich die Behördenzunächst kaum. Ab 1915 musstenZucker, Fette und Öle, Fleisch, Milchpro-dukte, Brot, Mehl, Kartoffeln, Most undKohle rationiert werden. Trotzdem tratenHunger, Mangelwirtschaft und Schwarz-markthandel immer mehr in Erscheinung.

    Die gesamte Wirtschaft produziertevorwiegend für den Kriegsbedarf, dieVersorgung mit Lebensmitteln, Kleidernund Brennholz verschlechterte sich rapi-de. Die Güter des täglichen Bedarfs wur-den immer knapper – Bier war kaummehr zu bekommen und sogar Mostmusste rationiert werden. Ab 1915 er-hielt man immer mehr Produkte nurmehr gegen Lebensmittelmarken oderauf dem Schwarzmarkt. Die Mengen waren so gering, dass eine gesunde

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    lischen Schulvereines für

    Österreich. Beilage zu: Die

    christliche Familie. Wien

    1887–1925.

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    zeugenbericht, in: Institut für

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    Heinrich, Josef: Lese- und

    Sprachbuch für die ein- bis

    vierklassigen österr. Allge-

    meinen Volksschulen. Wien,

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    Hofer, Hans-Georg: Nerven-

    schwäche und Krieg. Moder-

    nitätskritik und Krisenbewälti-

    gung in der österreichischen

    Psychiatrie (1880–1920).

    Wien, Köln, Weimar 2004.

    Huemer, Melanie: Propagan-

    da im Dienst der Erziehung –

    die Mobilisierung des Kindes

    im Ersten Weltkrieg. Diplom-

    arbeit Salzburg 2006.

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    Kronlandes Oesterreich ob

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    Rappersberger, Petra: Das

    Kriegsgefangenenlager Frei-

    stadt 1914–1918. Diplom -

    arbeit Wien 1988.

    Schwendinger, Christian:

    Kriegspropaganda in der

    Habsburgermonarchie im

    Zuge des Ersten Weltkrie-

    ges. Eine Analyse anhand

    fünf ausgewählter Zeitungen.

    Diplomarbeit Salzburg 2010.

    Urban, Gisela: Österreichisches

    Kriegskochbuch. Wien 1915.

    Walleczek, Julia: Hinter Sta-

    cheldraht: die Kriegsgefange-

    nenlager in den Kronländern

    Oberösterreich und Salzburg

    im Ersten Weltkrieg. Disser-

    tation Innsbruck 2012.

    Illustrationen aus: Weigel,Hans u.a.: Jeder Schussein Russ, jeder Stoß einFranzos. Literarische undgraphische Kriegspropa-ganda in Deutschland undÖsterreich 1914–1918. Wien 1983.

    Granaten, Bajonette, Säbel und Dolche.In der Österreichischen Waffenfabrik AGin Steyr, der größten Kriegsfabrik Euro-pas, arbeiteten bald mehr als 15.000 Be-schäftigte, die Arbeitszeit wurde auf 14Stunden von Montag bis Sonntag erhöht.

    Die harten Arbeitsbedingungen unddie schlechte Versorgung mit Lebens-mitteln führten ab 1915 zu Streiks undDemonstrationen. Die militärische Lei-tung der Betriebe bezeichnete die Prote-ste als Meuterei und Verrat am Vaterlandund drohte mehrfach mit der Verhän-gung des Standrechts.

    Durch den Kriegsverlauf bedingt mus-sten immer mehr Frauen die an der Frontstehenden Männer in den Rüstungs -betrieben ersetzen. Aber nicht nur dortdrangen Frauen in bislang männlicheDomänen vor. Vereinzelt waren sie alsSoldatinnen, teils, mit Wissen der Militärbehörden, als Männer verkleidetin der k.u.k. Armee tätig.

    Die erste Welle der Frauenbewegungbahnte sich auch in Oberö