Digitaler Nachschlag 03/2010

5
Die Zeitung für Medizinstudenten und junge Ärzte ZEITUNG Digitaler Nachschlag der Ausgabe 03/10 Juni/Juli 2010 ∙ In Kooperation mit dem Georg Thieme Verlag ∙ www.medi-learn.de Digitaler Nachschlag Akademisches i-Tüpfelchen Das „Dr.“ auf dem Kittel wollen die meisten Medizinstu- denten. Sadia Rehmann stellt Vor- und Nachteile der un- 04 05 HIV-Patienten besser versorgen Die Uni Würzburg entwickelte eine Analytik, mit der sich die Kombination von HIV-Medikamenten aussteuern lässt. 03 Davon soll Südafrika profitieren: Forscher hel - fen, die Methodik auf das Land zu übertragen. terschiedlichen Promotionsformen vor und gibt zahlreiche Tipps für die Doktorvatersuche. Hände schmutzig machen, bitte! Nordamerika steuert viele Studenten an, um sich die ge- ballte Ladung Praxiswissen einzuholen. Josefines Erfah- rung: Wer kräftig drum bittet, darf im OP auch mal Messer und Kauter in die Hand nehmen. In heimischen Gefilden Reha-Famulatur in Bad Driburg von Christiane Dröge I ch studiere seit zwei Semestern im österreichischen Graz, daher hatte ich schon jetzt die Möglich- keit zu famulieren. Als gebürtige Westfälin leistete ich meine erste Famulatur in der Nähe meiner Hei- mat ab, zwei Wochen in der Caspar Heinrich Klinik, einer Fachklinik für Rehabilitation in Bad Driburg. Sie ist eine von vier Kliniken der Unternehmensgruppe Graf von Oeynhausen-Sierstorpff und ver- fügt über 269 Betten für die Indi- kationen Innere Medizin und Or- thopädie. Die Patienten wohnen während ihres Aufenthaltes in Ein- zelzimmern. Doppelzimmer stehen für die Patienten zur Verfügung, die mit einer Begleitperson anreisen. Die Zimmer haben hotelähnlichen Charakter und tragen dazu bei, dass sich die Patienten wohlfühlen und erholen können. Bad Driburg liegt in Ostwestfalen im Natur- park Eggege- birge/Südlicher Teutoburger Wald, einer ländlich geprägten Gegend. Die kleine Kurstadt mit 20.000 Einwohnern bietet grundlegende Einkaufsmöglichkeiten, den wun- derschönen gräflichen Park, zu dem ein exklusives Wellness-Hotel ge- hört sowie vielfältiges Sportange- bot. Wenn einem dann doch einmal die Decke auf den Kopf fällt, lohnt sich ein Besuch in Paderborn. Die Universitätsstadt ist gut mit öffent- lichen Verkehrsmitteln zu erreichen und bietet alles, was man auch von „seiner Unistadt“ so gewohnt ist. Warum eine Reha-Klinik? Für meine Famulatur meldete ich mich circa einen Monat vor Antritt im Sekretariat von Chefarzt Dr. Wrenger an und reichte eine schrift- liche Bewerbung ein. Alle weiteren Verwaltungsangelegenheiten konn- ten problemlos erledigt werden. Eine Rehabilitationsklinik für die erste Famulatur auszuwählen, erscheint vielleicht etwas unge- wöhnlich. Ich habe mich bewusst dazu entschieden, um mich Pa- tienten und Personal langsam anzunähern und nicht gleich in die Hektik der Akutmedizin zu verfallen. Die Innere Medizin der Caspar Heinrich Klinik behan- delt vor allem Patienten aus den Bereichen der Kardiologie, An- giologie und Gastroenterologie. Die Patienten der Kardiologie kommen vor allem im Zustand nach Herzinfarkt, koronaren By- pass- und Herzklappenoperationen wegen schwerer Herzinsuffizienz und arteriellem Hypertonus. Die gastroenterologischen Patienten leiden unter chronischen MDT- Erkrankungen und haben teilweise Stomata. Eine besondere Koopera- tion besteht zwischen den Leber- transplantationszentren in Hanno- ver und Essen, so dass man immer wieder Patienten nach einer Trans- plantation zu sehen bekommt. DER CHEFARZT ÜBERGAB MIR EINEN KITTEL AUS SEI- NER ASSISTENZARZTZEIT An meinem ersten Tag wurde ich von der Sekretärin, dem Chefarzt und den übrigen Kollegen herz- lich willkommen geheißen. Als Zugabe gab es gleich einen Kit- tel aus der Assistenzarztzeit vom Chef persönlich. Da spürt man förmlich das Wissen und die Erfahrung des Kittels auf einen überspringen – eine schö- ne Geste! Und schon vor meinem Antritt zur Famulatur hatte er sich damit auseinandergesetzt, Naturdenkmal in Westfalen: Die Externsteine im Teutoburger Wald Fortsetzung auf Seite 2

description

DNS zur MLZ

Transcript of Digitaler Nachschlag 03/2010

Page 1: Digitaler Nachschlag 03/2010

Die Zeitung für Medizinstudenten

und junge Ärzte ZEITUNGDigitaler Nachschlag der Ausgabe 03/10 Juni/Juli 2010 ∙ In Kooperation mit dem Georg Thieme Verlag ∙ www.medi-learn.de

DigitalerNachschlag

Akademisches i-TüpfelchenDas „Dr.“ auf dem Kittel wollen die meisten Medizinstu-denten. Sadia Rehmann stellt Vor- und Nachteile der un-

04 05

HIV-Patienten besser versorgen Die Uni Würzburg entwickelte eine Analytik, mit der sich die Kombination von HIV-Medikamenten aussteuern lässt.

03 Davon soll Südafrika profitieren: Forscher hel-fen, die Methodik auf das Land zu übertragen.

terschiedlichen Promotionsformen vor und gibt zahlreiche Tipps für die Doktorvatersuche.

Hände schmutzig machen, bitte!Nordamerika steuert viele Studenten an, um sich die ge-ballte Ladung Praxiswissen einzuholen. Josefines Erfah-

rung: Wer kräftig drum bittet, darf im OP auch mal Messer und Kauter in die Hand nehmen.

In heimischen GefildenReha-Famulatur in Bad Driburg von Christiane Dröge

Ich studiere seit zwei Semestern im österreichischen Graz, daher

hatte ich schon jetzt die Möglich-keit zu famulieren. Als gebürtige Westfälin leistete ich meine erste Famulatur in der Nähe meiner Hei-mat ab, zwei Wochen in der Caspar Heinrich Klinik, einer Fachklinik für Rehabilitation in Bad Driburg. Sie ist eine von vier Kliniken der Unternehmensgruppe Graf von Oeynhausen-Sierstorpff und ver-fügt über 269 Betten für die Indi-kationen Innere Medizin und Or-thopädie. Die Patienten wohnen während ihres Aufenthaltes in Ein-zelzimmern. Doppelzimmer stehen für die Patienten zur Verfügung, die mit einer Begleitperson anreisen. Die Zimmer haben hotelähnlichen Charakter und tragen dazu bei, dass sich die Patienten wohlfühlen und erholen können. Bad Driburg liegt in Ostwestfalen im Natur-park Eggege-

birge/Südlicher Teutoburger Wald, einer ländlich geprägten Gegend. Die kleine Kurstadt mit 20.000 Einwohnern bietet grundlegende Einkaufsmöglichkeiten, den wun-derschönen gräflichen Park, zu dem ein exklusives Wellness-Hotel ge-hört sowie vielfältiges Sportange-bot. Wenn einem dann doch einmal die Decke auf den Kopf fällt, lohnt sich ein Besuch in Paderborn. Die Universitätsstadt ist gut mit öffent-lichen Verkehrsmitteln zu erreichen und bietet alles, was man auch von „seiner Unistadt“ so gewohnt ist.

Warum eine Reha-Klinik?Für meine Famulatur meldete ich mich circa einen Monat vor Antritt im Sekretariat von Chefarzt Dr. Wrenger an und reichte eine schrift-liche Bewerbung ein. Alle weiteren

Verwaltungsangelegenheiten konn-ten problemlos erledigt werden. Eine Rehabilitationsklinik für die erste Famulatur auszuwählen, erscheint vielleicht etwas unge-wöhnlich. Ich habe mich bewusst dazu entschieden, um mich Pa-tienten und Personal langsam anzunähern und nicht gleich in die Hektik der Akutmedizin zu verfallen. Die Innere Medizin der Caspar Heinrich Klinik behan-delt vor allem Patienten aus den Bereichen der Kardiologie, An-giologie und Gastroenterologie. Die Patienten der Kardiologie kommen vor allem im Zustand nach Herzinfarkt, koronaren By-pass- und Herzklappenoperationen wegen schwerer Herzinsuffizienz und arteriellem Hypertonus. Die gastroenterologischen Patienten leiden unter chronischen MDT-Erkrankungen und haben teilweise Stomata. Eine besondere Koopera-tion besteht zwischen den Leber-

transplantationszentren in Hanno-ver und Essen, so dass man immer wieder Patienten nach einer Trans-plantation zu sehen bekommt.

Der Chefarzt übergab mir einen Kittel aus sei-

ner assistenzarztzeit

An meinem ersten Tag wurde ich von der Sekretärin, dem Chefarzt und den übrigen Kollegen herz-lich willkommen geheißen. Als Zugabe gab es gleich einen Kit-tel aus der Assistenzarztzeit vom Chef persönlich. Da spürt man förmlich das Wissen und die Erfahrung des Kittels auf einen überspringen – eine schö-ne Geste! Und schon vor meinem Antritt zur Famulatur hatte er sich damit auseinandergesetzt,

Naturdenkmal in Westfalen: Die Externsteine im Teutoburger Wald

Fortsetzung auf Seite 2

Page 2: Digitaler Nachschlag 03/2010

Juni/Juli 20102Seite MLZDigitaler Nachschlag

Reha-Famulatur in Bad DriburgFortsetzung von Seite 1

was ich lernen soll und mir dem-entsprechend einen Terminka-lender „gestrickt“. Es war immer ausreichend Zeit auch für ein per-sönliches Wort vorhanden, und nicht selten gab es auch etwas zu lachen. Alles in allem ein großar-tiger Arzt, der seinen Beruf liebt und dieses authentisch vermittelt. Es machte große Freude, jemanden wie ihn als Mentor zu haben.

Visite im ArztzimmerEin typischer Tag beginnt um acht Uhr mit der morgendlichen Be-sprechung beider Fachbereiche. Der diensthabende Arzt der vo-rangegangenen Nacht macht eine kurze Übergabe, interessante Fäl-le werden vorgestellt oder organi-satorische Dinge geklärt.Dann beginnt die Visite, aber nicht wie sonst üblich auf der Sta-tion, sondern die Patienten kom-men zum Arztzimmer. Eingeplant sind zehn Minuten pro Patient. Es blieb ausreichend Zeit, sich mit dem aktuellen Befinden des Patienten zu beschäftigen, sowie Probleme, oder Fortschritte an-zusprechen. Oft habe ich diese Visite beim Chefarzt verbracht, wobei zusätzlich der Stationsarzt und jemand vom Pflegepersonal anwesend waren. Während dieser Visiten kann man eine Menge lernen. Bevor der Pati-ent hereinkam, stellte ihn der Sta-tionsarzt kurz vor. Bei mir unbe-kannten Krankheitsbildern wurde mir sofort eine kurze Erklärung geliefert. Man sah alle Befunde (EKG-, Labor-, Sono- und Echo-befunde, die mir erklärt wurden, wann immer es möglich und nötig war) sowie die Fortschritte im Be-reich der Krankengymnastik.

Soziale WiedereingliederungDa in der Klinik auch eine psy-chologische und sozialmedi-zinische Betreuung stattfindet, können Patienten auf eine soziale Wiedereingliederung vorbereitet werden und erhalten konkrete Un-terstützung. Viele Patienten habe ich mehrmals in den Visiten oder

Untersuchungen gesehen, sodass ich mir ein Bild über ihren Krank-heitsverlauf machen konnte.

Das Wissen aus Den spe-zialaufträgen habe iCh immer noCh gut im Kopf

Ein Steckenpferd des Chefarztes ist die Pharmakologie, sodass ich besonders in dem Bereich habe viel lernen können und begriffen habe. Pharma lernen lohnt sich wirklich, nicht nur oberflächlich, sondern richtig!

SelbststudiumNach der Visite war meist schon Mittags- und somit Essenszeit. Danach war immer Zeit für das Selbststudium vorhanden. Mir wurde ein eigener Raum zur Ver-fügung gestellt, in dem ich alle dort vorhandenen Bücher nutzen konnte. Oftmals habe ich mich mit meinen Spezialaufgaben be-schäftigt, die ich vom Chef er-hielt. Diese bestanden aus der Re-cherche von Krankheitsbildern, Differenzialdiagnosen oder Be-fundkonstellationen. Anschließend haben wir sie immer diskutiert. Da es sich hier um Patienten handelte, die ich wirklich gesehen habe, war der Ansporn natürlich größer als bei den Fällen, die man aus dem üblichen fallbasiertenLernen an der Uni kennt. All mein Wis-sen aus diesenSpezialauf-trägen habe ich immer noch gut im Kopf. Je nachdem, wie es sich ergab, verbrachte ich den Rest des Tages bei Aufnah-meuntersu-chungen auf den Stationen

oder bei Untersuchungen in den diagnostischen Ateil ungen. Ich hörte mir Vorträge für Patienten an oder verfolgte Beratungsgespräche. Bei den Aufnahmen wurde ich von den Stationsärzten immer herzlich willkommen geheißen, habe viel Handwerkszeug mit auf den Weg bekommen. Es blieb immer Zeit für die Klärung von Fragen oder Miss-verständnissen.

Diagnostische AbteilungenIn den diagnostischen Abteilungen findet morgens eine einstündige Wundsprechstunde statt, die von einem Chirurgen durchgeführt wird. Dort habe ich viel über Wundversorgung gelernt und auch einige Handgriffe selber durchfüh-ren dürfen. Im EKG und der (Spi-ro-)Ergometrie wiesen mich die Assistentinnen perfekt ein. Man zeigte mir alle Programme, ich erlernte Handgriffe zum Anlegen eines EKGs und man verriet mir kleine Tricks und Kniffe, die man nur nach jahrelanger Erfahrung kennen kann. Jetzt wird mich nie-

mand mehr scho-cken, wenn ich

allein bin und ein EKG

benötigt wird! Donnerstag und Freitag war großer So-no-Vormittag, wo vor allem Lebertransplantierte geschallt, aber auch Ergüsse diagnostiziert bzw. kontrolliert werden. Die Oberärztin hieß mich jederzeit willkommen, erklärte mir, was man in diesem Grau-Schwarz-Weiß alles sehen kann (wenn man es denn sieht) – und nach ein paar Stunden hatte ich tatsächlich eine Ahnung, was in dieser Untersu-chung alles steckt.

Patienten-AufklärungIn der Klinik wird viel Wert auf eine umfassende Aufklärung des Patienten gelegt, damit eine hö-here Compliance erreicht werden kann. So war es für mich interes-sant in den Vorträgen und Bera-tungen der Ärzte viele Fragen und Probleme aus Sicht des Patienten kennen zu lernen. Vieles, was dem Mediziner (oder mir als ange-hender Medizinerin) klar scheint, ist im Alltag doch mit einigen Schwierigkeiten verbunden.Insgesamt habe ich zwei sehr in-terdisziplinäre Wochen in der Re-ha-Klinik verbracht. Und wenn-gleich ich vielleicht nicht so viel Praktisches gelernt habe, kann ich doch sagen, dass sich diese Famu-latur absolut gelohnt hat und ich sie gerne wiederholen würde.

Reha-Patienten in Bad Driburg erhalten viel persönliche Betreuung und Beratung

Page 3: Digitaler Nachschlag 03/2010

Juni/Julil 2010 3SeiteMLZDigitaler Nachschlag

Auch HIV-Patienten in Südafrika sollen künftig von dieser Methode profitieren. Doch eins zu eins ist das nicht möglich: „Einfach auf die dortigen Verhältnisse über-tragen lässt sich die hier übliche Dosierung der Anti-HIV-Medika-mente leider nicht“, sagt Klinker. Der Grund: Das Wissen über die Wirksamkeit und Dosierung der Anti-HIV-Medikamente wurde fast nur in den USA und Europa gewonnen, und zwar überwie-gend an erwachsenen Männern. In Afrika sind aber wesentlich mehr Frauen von der Infektion betroffen, und es müssen dort auch viele Kinder und Schwan-gere behandelt werden. Zudem haben die Patienten andere Be-gleitkrankheiten. Eine weitere Unsicherheit: Möglicherwei-se verstoffwechselt der Organismus von Afri-kanern die Medika-mente anders, als es bei Euro-päern und Nord-

a m e r i -kanern der

Fall ist. Des-halb ist bei Pati-

enten in Südafrika die Untersuchung der

Medikamentenspiegel besonders wichtig.

Südafrikanerin zu Gast in WürzburgForscher aus Südafrika und Würz-burg kooperieren, um die hier etablierte Analytik der Anti-HIV-Medikamente in gemeinsamen Projekten weiterzuentwickeln. Die Pharmakologin Desiré Fou-

ché, die an der Universität Stellen-boschzurzeit ihren

M a s t e r macht, war

in Würzburg zu Gast. Die junge Wissen-

schaftlerin untersucht mög-liche Wechselwirkungen zwischen den Anti-HIV-Medikamenten und dem Arzneimittel Flucona-zol, das in Südafrika häufig verschrieben wird. Fluconazol be-kämpft einen Pilz, der Hirnhautent-zündungen auslöst und HIV-Patienten häufig zu schaffen macht. Ziel der deutsch-südafr ikanischen

Kooperation: Die spezielle Analytik

und die damit mög-liche Anpassung der

Dosierung der Anti-HIV-Medikamente soll sich auch

in Südafrika etablieren – mit Blick auf die dortigen spezi-fischen Bedürfnisse. HIV-infizierte Kinder, Schwan-gere und Menschen mit bestimmter Begleitmedi-kation stehen im Mittel-punkt des Projekts, das Teil des Internationa-len Graduiertenkollegs „HIV/AIDS and as-sociated infectious diseases in Southern Africa“ der Uni-versitäten Würz-burg, Kapstadt und Stellen-bosch ist.

Die Therapie für HIV-Patienten ist in den ver-

gangenen Jahren deutlich effek-tiver geworden. Dazu hat auch Professor Hartwig Klinker vom Universitätsklinikum Würzburg beigetragen. Bald sollen von sei-ner Methodik auch Patienten in Südafrika profitieren. Klinker leitet den Bereich Infektiologie an der Medizinischen Klinik II der Universität Würzburg. Mit seinem Team betreut er dort seit vielen Jahren auch HIV-infizierte Patienten. Derzeit sind es rund 300 bis 350 Personen, die regel-mäßig in die Ambulanz kommen.In Deutschland sind zur Be-handlung der HIV-Infektion 22 Arzneistoffe zugelassen, die grundsätzlich in Kombination eingenommen werden müssen. Dadurch kann bei vielen Infi-zierten die Virenmenge im Blut stark gesenkt werden. Gleichzei-tig steigt in der Regel die Zahl der für das Immunsystem wichtigen T-Helferzellen und der Gesund-heitszustand verbessert sich. Wichtig: Blut-spiegel überwachen„Langfristig hat die Therapie nur Erfolg, wenn die Medikamente im Organismus kontinuierlich in ausreichender Konzentration vorhanden sind“, sagt Pro-fessor Klinker. Das aber sei nicht immer gewähr-leistet. Denn viele Fak-toren, wie zum Beispiel gleichzeitig eingenom-mene andere Arzneimittel oder die Art der Ernährung, können sich ungünstig auf die Konzentration der Me-dikamente auswirken. Wichtig ist es darum, den Blutspiegel der Anti-HIV-Medikamente bei den Pa-tienten zu überwachen. Die Würzburger Mediziner haben die dafür nötige Analytik entwickelt: Mit ihr lassen sich Me-dikamentenkombination und Dosis so gut auf jeden Patienten anpassen, dass die Effizienz der Therapie deut-lich besser wurde.

Medizinische Repetitorien

Elisabethstraße 935037 Marburg064 21/62015-0

[email protected]

Es gibt ein Leben nach dem Examen.MEDI-LEARN wünscht viel Spaß.

www.medi-learn.de - das Portal für junge Mediziner

HIV-Patienten besser versorgenSüdafrika soll von Würzburger Methodik profitieren Öffentlichkeitsarbeit Uni Würzburg

Page 4: Digitaler Nachschlag 03/2010

Juni/Juli 20104Seite MLZDigitaler Nachschlag

Darf ich mir die Hände schmutzig machen?Ein halbes Thoraxchirurgie-Tertial in Hamilton, Kanada von Josefine Theresia Maier

In der Hoffnung, gute Erfah-rungen vor allem praktischer

Art zu sammeln, entschied ich mich dazu, einen Teil des Chi-rurgie-Tertials an der McMaster University in Hamilton, Ontario zu machen. Außerdem gefällt mir Kanada als Land sehr gut und ich wollte die Chance nutzen ein we-nig Zeit in einem anderen Land zu verbringen. Thoraxchirurgie wählte ich, weil ich mir ausge-malte, dass dieses Spezialgebiet recht vielseitig ist (Lunge, Media-stinum und Ösophagus) – und das sollte sich auch bewahrheiten.

Komplizierte BewerbungBeworben habe ich mich für das halbe Tertial schon im Dezember des Vorjahres, rund neun Monate vor Beginn. Die Bewerbung an ka-nadischen Universitäten ist etwas kompliziert und aufwendig, so muss man für die McMaster University folgende Formulare einreichen bzw. Voraussetzungen erfüllen:1. Bewerbung nur über das Elec-

tives Office“ ([email protected])

2. 6 bis 8 Monate vor Beginn be-werben

3. mit dem Brief muss ein Scheck über 450 kanadische Dollar (rund 350 Euro) eingesendet werden; der Betrag wird zurück-gezahlt, sollte kein Platz gefun-den werden

4. eine ausgefüllte „health form“ muss mit eingereicht werden

5. Beleg über den abgelegten TOE-FL-Test mindestens 237 Punkten oder ein Brief, der bestätigt, dass du gutes Englisch sprichst

6. Bestätigung über eine Haft-pflichtversicherung

Weitere Informationen sind un-ter www.fhs.mcmaster.ca/mdprog/international_schools.html zu finden. Zur Absicherung habe ich eine Haft-pflichtversicherung über den Mar-burger Bund beantragt, außerdem eine Auslandsversicherung über die Allianz, die sich PRO3 nennt. Sie hat eine Grundgebühr von zehn Euro pro Jahr und kostet monatlich elf Euro. Auf die englische Dienstsprache

habe ich mich nicht besonders vorbereitet. Die medizinischen Begriffe sind etwas anders, aber ähnlich, meist kommt man drauf. Am Besten ist es, ein englisches Fachbuch aus dem Bereich zu lesen, in dem man sein Elective machen möchte. So habe ich ein dickes Buch über „Thoracic Surge-ry“ gelesen. Für die Chirurgie kann ich „Surgery Recall“ empfehlen, ein sehr gutes, stichpunktartiges, auf Fragen basierendes Buch. Um Sachen nachzulesen, kann man auch auf der Medizin-Community www.uptodate.com nachgucken, die vom Krankenhaus zugreifbar ist – oder einfach auf Wikipedia.

Vorbereitung auf die ArbeitAls ich meine Bestätigung für die Thoraxchirurgie erhielt, wurde mir auch gleich mitgeteilt, wer mein Betreuer ist: Dr. Young, ein sehr erfahrener Thoraxchirurg und Uni-versitätsprofessor. Als Vorberei-tung sollte ich ihm meinen Lebens-lauf und dazu meine „Objectives“ schicken, also meine Erwartungen an die Arbeit im Krankenhaus und meine Lernziele.

sehr abWeChslungs- reiChe arbeit

Am ersten Tag stellte ich mich, wie vereinbart, morgens um acht in seinem Büro vor. Dr. Young machte dann persönlich einen kleinen Rundgang durch das St. Joseph’s Krankenhaus mit mir. Die Arbeit in der Thoraxchirurgie ist sehr abwechslungsreich. An zwei bis drei Wochentagen wird nur operiert, dann gibt es Kli-niktage an denen man Patienten zum „Consult“ oder „Follow-Up“ sieht. Diese Tage können recht lang sein und von sieben Uhr morgens bis sechs Uhr abends gehen. Man muss nicht unbedingt den Nachtdienst machen („be on call“), kann sich aber freiwillig mit anderen „residents“ dazu ver-abreden. Meine Tätigkeiten ka-men dem eines „junior residents“ recht nahe: An Kliniktagen habe

ich die Patienten als erste gese-hen, Anamnese erhoben, unter-sucht und Labor- oder Röntgen-, CT- oder PET-Befunde rausge-sucht. Dann wird der Patient dem jeweiligen Arzt vorgestellt und es wird gemeinsam entschieden, was zu machen ist. Nach dem Be-such muss für jeden Patienten ein Arztbrief erstellt werden. Dieser wird diktiert. Das ist am Anfang schwer, aber man gewöhnt sich daran und wird immer besser.

Drum bitten, siCh Die hänDe sChmutzig maChen zu Dürfen

Im OP ist natürlich Hakenhalten angesagt. Manchmal kann man auch das Messer oder Kauter in die Hand nehmen und den Hautschnitt machen oder kleine Sachen im OP-Feld schneiden bzw. kauteri-sieren. Danach kommt natürlich das Zunähen der Wunde. Abschlie-ßend muss man einen kleinen OP-Bericht schreiben. Diese ganzen Dinge werden natürlich nicht von vorneherein erwartet und angebo-ten. Man muss schon ein bisschen darum bitten, sich die „Hände schmutzig zu machen“ zu dürfen! In der Thoraxchirurgie lernt man auch, Thoraxdrainagen zu legen und zu ziehen. Das ist sehr hilf-reich. Ich war ganz zufrieden mit meinen Aufgaben und hatte das Gefühl, dass die Hilfe sehr will-kommen ist. Das Verhältnis mit den Ärzten war recht gut und persön-

lich. Viele Fragen wurden mir ge-stellt über unsere Ausbildung, aber auch über Deutschland allgemein.

Lebhaftes HamiltonManchmal wird man auch am Wo-chenende im Krankenhaus benöti-gt. Es ist aber auch kein Problem, wenn man mal keine Zeit hat und die Gegend erkunden „muss“. Und das lohnt sich: Von Hamilton kann man ganz leicht nach Toronto fa-hren, die Stadt ist natürlich wunder-bar, riesig groß und lebhaft. Auch in Hamilton selbst gibt es viel zu sehen. Am besten bewegt man sich mit dem Fahrrad fort, zum Beispiel zu den Wasserfällen, ans Ufer des Lake Ontario, nach Escarpment Hill mit tollem Blick auf Hamil-ton downtown, die Innenstadt, die Art Gallery of Hamilton und viel mehr. Ich hätte mir gern noch die Ostküste angeschaut, Nova Scotia und Prince Edward Island. Doch leider musste ich dann wieder nach Deutschland zurück, um dort mein PJ weiterzumachen.

FazitDie Zeit in Hamilton war wunder-bar und ganz einmalig. Ich hatte viel Glück mit meiner Unterkunft – ein sehr schönes Haus mit Garten, einer lieben Mitbewohnerin und zwei Katzen – und mit den Kolle-gen im Krankenhaus. Sollte ich in der Nähe sein, werde ich immer vorbeikommen und meine Freunde besuchen. Ob ich dieses Praktikum wieder machen würde? Natürlich!

Nächtlicher Blick über den Ontariosee auf die Skyline von Hamilton

Page 5: Digitaler Nachschlag 03/2010

Juni/Julil 2010 5SeiteMLZDigitaler Nachschlag

IMPRESSUM

Herausgeber: MEDI-LEARN Verlag GbRElisabethstraße 9, 35037 Marburg/LahnTel: 04 31/780 25-0, Fax: 04 31/780 25-29E-Mail: [email protected], www.medi-learn.de

Redaktion: Jens Plasger (Redaktionsleitung), Christian Weier (V.i.S.d.P.), Trojan Urban, Dr. Marlies Weier, Dr. Lilian Goharian, Dr. med. Dipl.-Psych. Bringfried Müller, Thomas Brockfeld

Lektorat: Jan-Peter Wulf

Layout & Graphik: Carina Wild, Bennet Drapatz, Kristina Junghans

Berichte: Christiane Dröge, Josefine Theresia Maier, Sadia Rehmann,Öffentlichkeitsarbeit Uni Würzburg

Bildnachweis: www.photocase.com, www.istockphoto.com, www.sxc.hu, Artikelautoren, www.flickr.com, David Cotterrell, canvascanoe

Erscheinungsort: Marburg, ISSN 1860-8590 Der digitale Nachschlag erscheint zu jeder MEDI-LEARN Zeitung als Ergänzung, die du dir als PDF auf der MEDI-LEARN Seite herunterladen oder online anschauen kannst. Er beinhaltet Fortsetzungen von Artikeln aus der aktuellen Zeitung sowie weitere interessante Artikel und Berichte rund um die Medizin.

Dein Artikel bei MEDI-LEARN? Wir freuen uns über die Zusendung von Erfahrungs berichten und anderen Artikeln und belohnen die Autoren mit Fachbüchern. Alle weiteren Infos findest du unter www.medi-learn.de/artikel.

Dieser Digitale Nachschlag ist Teil der MEDI-LEARN Zeitung. Die bisherigen Ausgaben findest Du unter: www.medi-learn.de/MLZ-Online

Bücher wälzen: Teil jeder Promotion

Das akademische i-TüpfelchenTipps und Infos zur medizinischen Promotion Fortsetzung aus der MEDI-LEARN Zeitung 03/2010

Die Fragestellung eurer Dis-sertation muss konkret sein.

Sprich: ihr solltet sie verstehen. Das hört sich simpel an, erweist sich aber immer wieder als großes Problem!Wie sieht es mit der Publikation aus – wird die Promotion als Ar-tikel in einem Journal veröffentli-cht? Oder wird ein Poster erstellt? Für eine eventuelle Genehmigung der Ethikkommission ist in der Re-gel der Doktorvater zuständig. Ihr solltet das zu Beginn aber geklärt haben. Dokumentation ist alles: Legt euch einen Ordner nur für die Doktorarbeit an. Macht euch ein Verlaufsprotokoll. Notiert jedes noch so kleine Treffen mit eurem Doktorvater und welche Erkennt-nisse es gebracht hat. Besprecht in regelmäßigen Abständen mit ihm, wie ihr vorankommt.Versucht Veranstaltungen und Kon-gresse zu besuchen. Wenn man sieht, wie andere Doktoranden vor der „high society“ der Wissen-schaftler ihr Poster vorstellen, ist das unglaublich ermutigend!

Vom Kreuzen zum SchreibenNach dem praktischen Teil (so-fern Inhalt eurer Arbeit) geht es ans Eingemachte: Der schriftliche Abschnitt ist für uns Mediziner schon eine Herausforderung für sich. Schließlich haben wir in den letzten Jahren „nur“ Kreuze setzen müssen! Besorgt euch als erstes die Promotionsordnung und das Merkblatt zur Abfassung der Dissertation eurer Uni. Da-rin steht, wie eure Doktorarbeit formal auszusehen hat und was ihr drumherum noch zu beachten habt. Die Fakultätsbibliotheken der einzelnen Unis verfügen über eine ganze Sammlung an Doktor-arbeiten, die bisher an der Fakultät eingereicht worden sind. Leiht euch ein paar als Beispiel aus. Es scha-det nicht, sich ein wenig an diesen Arbeiten zu orientieren!Beim Schreiben gilt: am besten im-mer „am Stück schreiben“. Wer im-mer wieder größere Pausen macht, ist schnell wieder raus und kommt

sehr langsam voran. Das kann sehr frustrierend sein und setzt den Teu-felskreis – kein Fortschritt – keine Lust usw. in Gang. Im Endeffekt kommt man dann gar nicht mehr vom Fleck!Klar gibt es zwischenzeitlich im-mer wieder „Tiefs“. Insbesondere die Diskussion kann einem den letzten Nerv rauben, bis hin zur völ-ligen Verzweiflung. Dann ist es Zeit für eine Pause. Sie kann einen Tag dauern oder sogar einen Monat, da-mit man mit frischem Mut wieder Vollgas geben kann.Steckt ihr beim Schreiben irgendwo fest, solltet hier Zwischentermine mit eurem Betreuer / Doktorvater vereinbaren, sonst verliert ihr un-nötig Zeit und Nerven. Nichts ist demotivierender, als viel Arbeit in ein paar Seiten zu investieren, um dann zu erfahren, dass man „im Kreis geschrieben“ hat. Solltet ihr einmal gar nicht mehr weiter kom-men, kann es hilfreich sein, mit anderen über eure Arbeit zu reden. Ihr könnt sie zum Beispiel mit eu-ren Freunden besprechen, die den Sachverhalt aus einer anderen Per-spektive sehen.

Alles auf EnglischStellt euch schon mal auf richtig viel Literaturrecherche in eng-lischer Sprache ein! Auch das ist Typsache: Nun ist mein Englisch nicht gerade schlecht, doch wissen-schaftliche Literatur auf Englisch, das war ein paar Nummern zu groß für mich! Ich konnte ja noch nicht mal einen deutschen Artikel über die neuesten Interleukine lesen, ohne dass ich schon nach der Einlei-tung die Lust verlor und spätestens nach der Hälfte vor Desinteresse darüber einschlief! Um die ganzen Quellen im Überblick zu halten, die ihr verwendet, ist es ratsam, ein Literaturverwaltungsprogramm zu benutzen. Die meisten Unis bieten hierzu Veranstaltungen an.

Nicht unmöglichEs grenzt schon an ein Wunder, während des Studiums mit der Doktorarbeit fertig zu werden. Doch unmöglich macht es das noch

lange nicht. Setzt man wirklich alles daran, dann gehört man zu den wenigen Glücklichen, die es schaffen und als frischgebackener Assistenzarzt auch schon gleich die zwei akademischen Buchstaben auf dem Namensschild tragen.Noch etwas zum Thema Doktor-arbeit in der Vorklinik: Eigentlich wollte ich bereits zu diesem Zeit-punkt mit der Dissertation anfangen. Zusammen mit meiner Schwester (seinerzeit im höheren Klinikse-mester) hatten wir uns an einigen Instituten der Uni be-worben. Sie wäre genommen worden, doch zu mir sagten die Professoren, ich sollte erst das Physikum bestehen und dann wiederkommen. Es ist nicht unmöglich, be-reits in der Vorklinik zu beginnen, doch solche Fälle sind absolute Raritäten.

Ohne Titel: kein richtiger Arzt?Ob die zwei Buchstaben „Dr.“ nun vor dem Namen stehen

oder nicht: Es sagt nichts darüber aus, wie gut ein Arzt tatsächlich ist. Es besagt lediglich, dass er sich der unglaublichen Mühe und dem Ner-ven zerreißenden Aufwand einer Doktorarbeit ausgesetzt und diese auch bis zum Ende durchgezogen hat. Doch nach wie vor denken viele Laien: Ein Arzt ohne Doktortitel ist kein richtiger Arzt. Auch dessen sollte man sich bewusst sein. Ich kann jeden nur ermutigen, eine Doktorarbeit zu schreiben. Anson-sten könnte man es später bereuen. Wer später nicht in einer Uniklinik arbeitet, der kommt möglicherwei-se nie mehr zu „seinem“ Titel.