doc.be 6 08 D - Berner Aerzte · ÄRZTEGESELLSCHAFT DES KANTONS BERN SOCIÉTÉ DES MÉDECINS DU...

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Reformstau, Föderalismus, ablehnende Volksentscheide, angeschlagene Reputation der Krankenversicherer, Tarifsysteme, Finanzierungssysteme – ein gesundheitspolitisches Wirrwar. «Hemmnis bei der Lösung unserer gesund- heitspolitischen Probleme ist die Staatswirtschaft und der Medizinerdünkel» (Nationalrat T. Bortoluzzi, 8.11.2008). Gesundheitspolitiker projizieren ihre Frustration auf die Ärzteschaft. Die Ärzte- schaft wird zum Sündenbock und damit schuldig für gesundheitspolitische Misserfolge. Diese Rolle ist uns seit Jahren vertraut und führt u.a. dazu, dass junge Nachwuchskräfte unserer Profession weniger Interesse entgegenbringen als in früheren Jahren. Wer will schon einer NEIN-Sager-Gruppe angehören, einer Gruppe von Kostentreibern. Seit dem NEIN zum Kassendiktat am 1. Juni 2008 hat diese Sündenbockrolle für viele unter uns eine neue Dimension erreicht: Der Bundesrat hat die Verordnung über die Kostenermittlung und die Leistungserfassung durch Spitäler und Pflegeheime in der Krankenversiche- rung (VKL) erlassen. Damit werden ab 1.1.2009 die Kosten der ärztlichen Weiterbildung von den Spitälern nicht mehr den Leistungsträgern in Rechnung gestellt werden dürfen. Der Bundesrat lässt offen, wer die Weiterbildung in Zukunft finanzieren soll. Dies wird die in Weiterbildung stehenden Assistenz- und Oberärzte treffen, von denen heute schon kaum noch 50% ein schweize- risches Staatsexamen besitzen. Zudem will der Bundesrat ab 1.1.2009 die Marge auf Medikamenten von 15% auf 12% reduzieren. Unter den Ärzten trifft diese Reduktion v.a. selbstdispensierende Hausärzte in Randregionen, welche damit einen Fünftel ihrer Deckungsbeiträge aus der Selbstdispensation ver- lieren. Dies zu einem Zeitpunkt, wo sich auf dem Land ein Ärztemangel abzeich- net. Zudem plant der Bundesrat, ab 1.4.2009 die Labortarife um 25% zu senken. Viele ÄrztInnen mit Praxislabor werden – falls es soweit kommt – ihr Praxislabor schliessen müssen. Dies zu einem Zeitpunkt, wo jährlich 5% aller berufstätigen ÄrztInnen das Pensionsalter erreichen und ihre damit zunehmend unattraktiven Praxen nicht weitergeben können – neuerdings bereits in den Agglomerationen. Innovative Lösungen werden kommen – aber erst in der Eng- pass-Situation. Am 12.11.2008 hält Frau Grossrätin Feldmann im Freiburger Parlament zum drohenden Ärztemangel im Kanton fest: «Es ist am Berufsstand, für Nachwuchs zu sorgen.» Für mich ist dies nicht Zynismus, sondern entspringt dem ver- breiteten Kenntnismangel von lösungsorientierten Gesundheitspolitikern: Im Gesundheitswesen wimmelt es von Lösungen, aber sie passen kaum zu den Problemen. Am 19.11.2008 hat die Delegiertenversammlung-FMH Kampfmassnahmen beschlossen. Diese sind durch die FMH zu ergreifen und zu koordinieren, sofern die revidierten Labortarife wie geplant eingeführt werden. – Gerade für dünkel- hafte Mediziner geziemt sich weiterhin der aufrechte Gang. Jürg Schlup, Präsident der Ärztegesellschaft doc.be ÆRZTEGESELLSCHAFT DES KANTONS BERN SOCIETE DES MEDECINS DU CANTON DE BERNE Nr. 6 / Dezember 2008 www.berner-aerzte.ch Themen dieser Ausgabe: Hausarztmedizin 2 Beschlüsse der DV 23.10.08 3 Benefizkonzerte des MOB 3 Med. Kontrolluntersuchungen von über 70-jährigen Fahrzeug- führern 4 Eröffnungstag Jubiläum 5 Begrüssungsrede J. Schlup 6 Referat G. Domenighetti 8 Bühne frei für Dr. Knock! 10 Interview mit «Puls»-Hausarzt Th. Kissling 12 Notfalldienst im Emmental 14 Angriff auf die Hausarzt- praxis 15 MPA-Lohnempfehlungen 16 Wir schaffen es! ROKO Leistungsdaten Praxis- inhaber 2009 In der Beilage erhalten Sie die Stichdatenkarte 2009. Wir bitten Sie, diese Karte keinesfalls zurückzusenden, sondern z.B. in die Agenda zu legen, um am aufgeführten Datum während des laufenden Jahres die Angaben ohne grossen Aufwand einzutragen und im nächsten Jahr in den Fragebogen zu übertragen.

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Page 1: doc.be 6 08 D - Berner Aerzte · ÄRZTEGESELLSCHAFT DES KANTONS BERN SOCIÉTÉ DES MÉDECINS DU CANTON DE BERNE 6/2008 – 3 Dr. iur. Thomas Eichenberger, Sekretär BEKAG Teilrevision

Reformstau, Föderalismus, ablehnende Volksentscheide, angeschlageneReputation der Krankenversicherer, Tarifsysteme, Finanzierungssysteme – eingesundheitspolitisches Wirrwar. «Hemmnis bei der Lösung unserer gesund-heitspolitischen Probleme ist die Staatswirtschaft und der Medizinerdünkel»(Nationalrat T. Bortoluzzi, 8.11.2008).

Gesundheitspolitiker projizieren ihre Frustration auf die Ärzteschaft. Die Ärzte-schaft wird zum Sündenbock und damit schuldig für gesundheitspolitischeMisserfolge. Diese Rolle ist uns seit Jahren vertraut und führt u.a. dazu, dassjunge Nachwuchskräfte unserer Profession weniger Interesse entgegenbringenals in früheren Jahren. Wer will schon einer NEIN-Sager-Gruppe angehören,einer Gruppe von Kostentreibern. Seit dem NEIN zum Kassendiktat am 1. Juni2008 hat diese Sündenbockrolle für viele unter uns eine neue Dimensionerreicht: Der Bundesrat hat die Verordnung über die Kostenermittlung und dieLeistungserfassung durch Spitäler und Pflegeheime in der Krankenversiche-rung (VKL) erlassen. Damit werden ab 1.1.2009 die Kosten der ärztlichenWeiterbildung von den Spitälern nicht mehr den Leistungsträgern in Rechnunggestellt werden dürfen. Der Bundesrat lässt offen, wer die Weiterbildung inZukunft finanzieren soll. Dies wird die in Weiterbildung stehenden Assistenz-und Oberärzte treffen, von denen heute schon kaum noch 50% ein schweize-risches Staatsexamen besitzen. Zudem will der Bundesrat ab 1.1.2009 dieMarge auf Medikamenten von 15% auf 12% reduzieren. Unter den Ärzten trifftdiese Reduktion v.a. selbstdispensierende Hausärzte in Randregionen, welchedamit einen Fünftel ihrer Deckungsbeiträge aus der Selbstdispensation ver-lieren. Dies zu einem Zeitpunkt, wo sich auf dem Land ein Ärztemangel abzeich-net. Zudem plant der Bundesrat, ab 1.4.2009 die Labortarife um 25% zusenken. Viele ÄrztInnen mit Praxislabor werden – falls es soweit kommt – ihrPraxislabor schliessen müssen. Dies zu einem Zeitpunkt, wo jährlich 5% allerberufstätigen ÄrztInnen das Pensionsalter erreichen und ihre damit zunehmendunattraktiven Praxen nicht weitergeben können – neuerdings bereits in denAgglomerationen. Innovative Lösungen werden kommen – aber erst in der Eng-pass-Situation.

Am 12.11.2008 hält Frau Grossrätin Feldmann im Freiburger Parlament zumdrohenden Ärztemangel im Kanton fest: «Es ist am Berufsstand, für Nachwuchszu sorgen.» Für mich ist dies nicht Zynismus, sondern entspringt dem ver-breiteten Kenntnismangel von lösungsorientierten Gesundheitspolitikern: ImGesundheitswesen wimmelt es von Lösungen, aber sie passen kaum zu denProblemen.Am 19.11.2008 hat die Delegiertenversammlung-FMH Kampfmassnahmenbeschlossen. Diese sind durch die FMH zu ergreifen und zu koordinieren, soferndie revidierten Labortarife wie geplant eingeführt werden. – Gerade für dünkel-hafte Mediziner geziemt sich weiterhin der aufrechte Gang.

Jürg Schlup, Präsident der Ärztegesellschaft

doc.beÆRZTEGESELLSCHAFTDES KANTONS BERNSOCIETE DES MEDECINSDU CANTON DE BERNE

Nr. 6 / Dezember 2008www.berner-aerzte.ch

Themen dieser Ausgabe:

Hausarztmedizin 2

Beschlüsse der DV 23.10.08 3

Benefizkonzerte des MOB 3

Med. Kontrolluntersuchungenvon über 70-jährigen Fahrzeug-führern 4

Eröffnungstag Jubiläum 5

Begrüssungsrede J. Schlup 6

Referat G. Domenighetti 8

Bühne frei für Dr. Knock! 10

Interview mit «Puls»-HausarztTh. Kissling 12

Notfalldienst im Emmental 14

Angriff auf die Hausarzt-praxis 15

MPA-Lohnempfehlungen 16

Wir schaffen es!

ROKO Leistungsdaten Praxis-inhaber 2009

In der Beilage erhalten Sie die Stichdatenkarte2009. Wir bitten Sie, diese Karte keinesfallszurückzusenden, sondern z.B. in die Agenda zulegen, um am aufgeführten Datum während deslaufenden Jahres die Angaben ohne grossenAufwand einzutragen und im nächsten Jahr inden Fragebogen zu übertragen.

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ÄRZTEGESELLSCHAFT DES KANTONS BERNSOCIÉTÉ DES MÉDECINS DU CANTON DE BERNE 6/2008 – 2

Dr. med. Peter Frey,

AdministrativerLeiter Forschung Fakultäre Instanz

für Hausarzt-medizin FIHAM

Akademisierung der Hausarztmedizin

Die Hausarztmedizin zeichnet sich durchihren hohen Stellenwert in der Primär- undGrundversorgung der Patientinnen undPatienten aus. Eigene Lehrstühle mit zen-tralen Aufgaben in Lehre und Forschungwaren bisher an den Medizinischen Fakul-täten in der Schweiz eher die Ausnahme.Dies hat sich innert einem Jahr geändert:neben den Lehrstühlen in Basel und Zürichsind nun auch solche in Lausanne, Genfund Bern in Entstehung. Diese Verände-rungen werden sich positiv auf die Aus-und Weiterbildung zum Grundversorgerauswirken: zukünftige Hausärzte erhaltennun auch von der Medizinischen FakultätBern die Möglichkeit, eine akademischeKarriere einzuschlagen.

Aus- und Weiterbildung

450 Grundversorger betreuen heute an derMedizinischen Fakultät 650 Medizinstu-dierende während den ersten vier Studien-jahren in ihrer Praxis (siehe doc.be 6/2007).Auf diese Weise lernen die Studierendendie Vielseitigkeit und spezifischen Rah-menbedingungen einer Schweizer Haus-arztpraxis kennen. Diese obligatorischenund kontinuierlichen Praktika für Studie-rende in immer derselben Praxis sind in derSchweiz und Europa einzigartig. Der Out-come dieser neuen Ausbildungsmodulewird ein Gegenstand der neuen Forschungin Hausarztmedizin sein.

Ein erster Schritt in Richtung einer sys-tematischen und praxisbasierten Weiter-bildung zum Grundversorger ist die «Praxisassistenz» mit dem vom KantonBern subventionierten Modellversuch(doc.be 3/2008).

Forschung

Viele klinische Forschungsergebnisse ba-sieren auf hochselektiven Patientenpopu-lationen und stammen zu einem grossenTeil aus Universitätskliniken. Solche Er-kenntnisse lassen sich häufig nur sehr ein-geschränkt auf die tägliche Arbeit in derGrundversorgung anwenden. Forschungin der Hausarztmedizin muss das kom-plexe Umfeld einbeziehen, in dem derPraktiker wirkt, damit gültige Antwortenauf praxisrelevante Fragen gefunden wer-den. Ein Workshop mit Fakultätsvertreternund Grundversorgern Mitte Dezember sollmögliche Schwerpunkte der Berner For-schung in Hausarztmedizin festlegen. DieStudiendurchführung soll mit den täg-lichen Aufgaben in der Praxis vereinbarsein, die Ergebnisse sollen der optimalenBehandlung der Patienten dienen.

In der Schweiz wird die Forschung in derGrundversorgung neu von der Arbeits-gruppe fam-med, bestehend aus Vertre-tern aller fünf Fakultäten, koordiniert. Einesihrer Ziele ist die Bestandesaufnahme derbisherigen Projekte. Wir bitten Sie daher,uns alle bisherigen Evaluations- und For-schungsprojekte zur Grundversorgungaus dem Kanton Bern zu melden.

Habilitation als Hausarzt

Damit eine Habilitation in der Grundversor-gung möglich wird, braucht es Ärztinnenund Ärzte mit dem Weiterbildungsziel All-gemeinmedizin oder Innere Medizin, diegrosses Interesse an wissenschaftlichenFragen und auch an der Tätigkeit als prak-tizierende Hausärzte haben.

Aus diesem Grund plant die MedizinischeFakultät der Universität Bern für interes-

sierte Bewerberinnen und Bewerber einCurriculum mit folgenden Elementen:

• Klinische, supervisierte Tätigkeit inHausarztmedizin

• Forschungstätigkeit in Projekten derHausarzt-Forschung

• Ausbildung in Methodologie (Statistik,Epidemiologie, Study-Design und Ver-fassen von Publikationen)

Dabei soll ein Teil der Weiterbildungszeitan geeigneten (auswärtigen) Institutionenim In- oder Ausland verbracht werden undes soll ein weiterführender akademischerGrad (z.B. MPH, PhD) erworben werden.

Ziel des Programms ist der Aufbau vonqualifiziertem Nachwuchs für einen Lehr-stuhl in akademischer Hausarztmedizin inBern.

WONCA-Kongress 2009

Vom 16.–19. September 2009 findet inBasel der weltgrösste Kongress zur Haus-arztmedizin statt (www.woncaeurope.org).Die FIHAM Bern ist Mitorganisatorin die-ses Kongresses. Berner Hausärztinnenund Hausärzte können sich aktiv mit einerKurzpräsentation, einem Poster oder einerenglischsprachigen Moderation (2h) be-teiligen. Interessenten können sich gernebei uns melden! Auch nur der Besuchdieses Welt-Kongresses vor unserer Haus-türe, an dem gleichzeitig auch die SGAM-Tagung stattfinden wird, ist eine einmaligeGelegenheit, Einblicke in die Situation derGrundversorgung der ganzen Welt zuerhalten.

Hausarztmedizin Die Hausarztmedizin etabliert sich Schritt für Schritt: Hausarztpraktika

und Praxisassistenz stellen wichtige Massnahmen zur Attraktivierung derHausarztmedizin dar. Peter Frey, Administrativer Leiter Forschung

der Fakultären Instanz für Hausarztmedizin zeigt auf, welche Schwerpunktedie FIHAM in der Forschung setzen will.

Bitte melden Sie sich bei der FIHAMBern, wenn Sie

• bereits ein kleines Forschungspro-jekt in der Grundversorgung durch-geführt haben.

• Interesse an der aktiven Mitarbeitam WONCA-Kongress (Poster, Mo-deration) haben.

[email protected]

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ÄRZTEGESELLSCHAFT DES KANTONS BERNSOCIÉTÉ DES MÉDECINS DU CANTON DE BERNE 6/2008 – 3

Dr. iur. ThomasEichenberger,

Sekretär BEKAG

Teilrevision der Statuten (kleinere An-passungen: 2/3-Mehr erforderlich)

Einstimmig angenommen mit 50:0 Stimmenbei 0 Enthaltungen

Begründung:Der Bezirksverein Bern-Stadt und der Ärz-tebezirksverein Bern-Land haben fusio-niert. Neu heisst der Bezirksverein «Ärzt-licher Bezirksverein Bern-Regio». Der Ärzt-liche Bezirksverein für das engere Oberlandgibt sich neu den Namen «Ärztlicher Be-zirksverein Berner Oberland» und der Ärzt-liche Bezirksverein Thun und Umgebungändert den Namen in «Ärztlicher Bezirksver-ein Thun und westliches Berner Oberland»um (vgl. Art. 2 Abs. 1 der Statuten). DerÄrztliche Bezirksverein Bern-Regio über-nimmt die beiden Sitze der fusioniertenBezirksvereine und hat demzufolge An-spruch auf zwei Vertreterinnen oder Ver-treter im Kantonalvorstand (vgl. Art. 23 Abs. 1 der Statuten).

Die Vereinigung der Spitalärzte wird alsSektion Bern des VLSS statutarisch auf-gewertet und mit dem VSAO Sektion Berngleichbehandelt. Die erforderliche Vernet-zung zwischen der BEKAG und den kanto-nalen Spitalärztevereinigungen wird in denrevidierten Statuten deutlicher verankert(vgl. Art. 2 Abs. 2, 14 Abs. 1 und 23 Abs. 3der Statuten). Die Zusammenarbeit hataber faktisch bereits so stattgefunden.

Im Übrigen erfolgen reine Anpassungen andie heutigen Gegebenheiten und kleinereKorrekturen redaktioneller Natur (vgl. Art. 4Ziff. 1, Art. 16, Art. 31, Art. 35 und Art. 36Abs. 2 der Statuten).

weils 1 Stunde vor Konzertbeginn geöffnetsein wird, können neben normalen Konzert-karten auch reduzierte Karten für Schülerund Studenten bezogen werden.

Wir hoffen, dass Sie sich möglichst zahl-reich auf die spannende Begegnung vonklassischer und zeitgenössischer Musikeinlassen und mit Ihrem Konzertbesuch dieStiftungen «Aeschbacherhuus Münsingen»und «Blindenschule Zollikofen» unterstüt-zen, denen der Reinerlös aus den Konzer-ten zufliesst. Es wäre schön, wenn Sie auchIhre Familienangehörigen, Bekannten undPatienten zu einem Besuch ermunternkönnten.

Das Medizinerorchester Bern bedankt sichbereits heute für Ihre Unterstützung!

Beschlüsse der Delegierten-

versammlung vom 23. Oktober 2008

Unter dem Motto «Musik – Medizin – Ge-sundheit» veranstalten im Jubiläumsjahrdie Ärztegesellschaft des Kantons Bernund das Medizinerorchester Bern insge-samt sechs Benefizkonzerte. Die erstendrei Konzerte finden im Januar 2009 wiefolgt statt:Sonntag, 18. Januar 2009, 17:00

Burgdorf, StadtkircheDienstag, 20. Januar 2009, 20:00

Bern, Französische KircheDonnerstag, 22. Januar 2009, 20:00

Interlaken, Aula Sekundarschule Alpenstrasse

Mit unseren Konzerten spannen wir denBogen über die letzten 200 Jahre, indem wir Werken von Joseph Haydn (Todesjahr1809) Kompositionen von Studentinnenund -studenten der Hochschule für KünsteBern HKB gegenüber stellen. Bei diesenAuftragskompositionen zum Thema «Musik– Medizin – Gesundheit» handelt es sich umdrei kurze Stücke für Orchester und Solo-violine, welche sich zu einem Zyklus zu-sammenfügen. Solistin in den Konzerten imJanuar ist die junge Geigerin Marianna Sza-dowiak, welche ebenfalls an der HKB stu-diert. Eingerahmt werden die Stücke vonWerken von Joseph Haydn. Es erklingen dieOuvertüre zur Oper «La vera costanza» undaus den Londoner-Sinfonien die SinfonieNr. 103 («Mit dem Paukenwirbel»).

Konzertkarten können Sie für alle Konzerteab sofort unter www.berner-aerzte.ch odertelefonisch unter 0900 00 00 42 (CHF1.70/Min., MO–FR, 08:00–12:00 Uhr) be-ziehen. Die Plätze sind unnummeriert undwerden zum Einheitspreis von CHF 40.– an-geboten. An der Abendkasse, welche je- Marianna Szadowiak, Solovioline

Benefizkonzerte des Medizinerorchesters Bern

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lungsmassstab anwenden. Zu diesemZweck hat das Strassenverkehrs- undSchifffahrtsamt des Kantons Bern (SVSA)das Arztzeugnisformular für über 70-jähri-ge Fahrzeugführer überarbeitet und ver-schiedene Krankheitsbilder, welche für dieverkehrsmedizinische Beurteilung mass-gebend sein können, in den Fragebogenaufgenommen. Zudem wird der Hausärz-tin/dem Hausarzt neu die Möglichkeit ge-geben, in Zweifelsfällen oder gerade auchbei Befangenheit die betroffene Person aneine andere Stelle oder einen Vertrauens-arzt des SVSA weiterzuleiten, unter An-gabe einer kurzen Begründung oder Dia-gnose.

Website hilft weiter

Die Umstellung auf das neue Arztzeugnis-formular erfolgt per Anfang 2009 – die bis-herigen Formulare haben aber nach wievor Gültigkeit und werden wohl noch eini-ge Monate im Umlauf sein.Bei Bedarf wird das neueArztzeugnisformular auf derHomepage des SVSA her-untergeladen werden können(www.be.ch/svsa, Link Füh-rerausweise, medizinischeAnforderungen). Es mussaber manuell mit den vollstän-digen Personendaten ergänztwerden. Ebenso sind diemedizinischen Mindestanfor-derungen gemäss Anhang 1zur Verkehrszulassungsver-ordnung dort einsehbar.

Hausarztmodell hat sichbewährt

Rund 30'000 Personen erhal-ten im Kanton Bern pro Jahrdas Aufgebot zur periodi-schen ärztlichen Fahreig-nungsabklärung. Bereits die-se Zahl zeigt, dass eine «Zen-tralisierung» der ärztlichenKontrollen sehr aufwändigwäre und zudem wohl in zahlreichen Fällender Hausarzt bei der Beurteilung dennoch

Medizinische Kontrolluntersuchungen vonüber 70-jährigen Fahrzeugführern

Neues Arztzeugnisformular des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamtes des Kantons Bern

Im Kanton Bern werden die über 70-jäh-rigen Fahrzeugführer periodisch denHausärzten zur Kontrolle zugewiesen.Das Strassenverkehrs- und Schiffahrts-amt will sicherstellen, dass alle Grund-versorger einen einheitlichen Beurtei-lungsmassstab anwenden. Das Arzt-zeugnisformular für über 70-jährigeFahrzeugführer wurde überarbeitet.Krankheitsbilder, welche die Fahreig-nung beeinträchtigen können, wurdenin den Fragebogen aufgenommen.

Die periodische Überprüfung der Fahreig-nung von über 70-jährigen Fahrzeugführe-rinnen und Fahrzeugführern wird aufgrundder demografischen Entwicklung zuneh-mend an Bedeutung gewinnen. Die Le-benserwartung in den westlichen Indu-striestaaten nimmt stetig zu, und es wer-den immer mehr ältere Personen hinterdem Steuer sitzen, welche sich aber auchdank der guten medizinischen Versorgungnach wie vor in einem guten körperlichenund psychischen Zustand befinden. Ob-wohl Unfälle von Senioren im Strassenver-kehr zwar z.T. grosse Beachtung in denMedien finden, stellen die älteren Fahr-zeugführer statistisch gesehen keine aus-serordentliche Risikogruppe dar, müssenaber sorgfältig beobachtet werden.

Periodische Kontrolluntersuchungdurch den Hausarzt: Neues Formular

Der zweijährige Rhythmus der periodi-schen Kontrolluntersuchung von über 70-jährigen Fahrzeugführern ist vom Bundes-recht vorgegeben (Art. 27 der Verkehrs-zulassungsverordnung – VZV). Senioren,welche Inhaber der Kategorien der 3.Gruppe (u.a. Kat. B – Auto, A – Motorrad)sind, werden gestützt auf die geltendeRegelung den Hausärzten zur medizini-schen Beurteilung zugewiesen. Grund-sätzlich soll im Kanton Bern an diesemHausarztmodell, welches sich sehr be-währt hat, festgehalten werden. Der Haus-arzt kennt seine Patienten am besten undweiss in der Regel um deren (auch ver-borgenen) Schwächen und Stärken. Es sollaber sichergestellt werden, dass alleHausärzte einen einheitlichen Beurtei-

mit einbezogen werden müsste. Im KantonBern wurde daher – auch auf politischerEbene – nach eingehender Prüfungbeschlossen, am bewährten Hausarztmo-dell festzuhalten.

Verkehrssicherheit hat Vorrang

Eine negative Beurteilung der Fahreignunghat für viele ältere Fahrzeugführer ein-schneidende Wirkung – der Verlust derMobilität gerade in ländlichen Gebietenkann sehr belastend sein. Vorrang mussjedoch grundsätzlich die allgemeine Ver-kehrssicherheit haben. Somit werden Sieals Hausärztin und Hausarzt weiterhin ge-fordert sein, bei klaren Fällen die Fahr-eignung zu verneinen und diese Verant-wortung auch wie bisher wahrzunehmen.Die Weiterleitung des Probanden an einezweite Untersuchungsstelle darf nicht zurRegel werden, sondern soll nur in begrün-deten Fällen erfolgen.

Das Strassenverkehrs- und Schifffahrts-amt dankt Ihnen für Ihre wertvolle Mitarbeitund Ihr Engagement.

Thomas BaumgartnerFürsprecher, Abteilungsleiter Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamtdes Kantons Bern

Das überarbeitete Formular kann aufwww.be.ch/svsa heruntergeladen werden.

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Prof. Dr. Emilio Bossi, Präsident des Organisationskomitees, stellte dasJubiläumsprogramm vor.Bild: Felix Adank, PID

Das Publikum erschien zahlreich zur Eröffnungsfeier in den Räumlichkei-ten der Berner Fachhochschule in Burgdorf.Bild: Edgar Höfs, Praxisphotograph; Praxis für Histopathologie, Dr. med. J. Janzen, MPhil

Medizin für die Zukunft – seit 200 Jahren Streiflichter des Eröffnungstages in Burgdorf vom 25. Oktober 2008

Eine Ausstellung von Arztpraxen aus den Jahren 1809, und 1909 sowieein «Health Center» des Jahres 2109 informierte die Bevölkerung überdie Entwicklungen in der Medizin. Die Abbildung zeigt eine Arztpraxis desJahres 1909. Bild: Edgar Höfs, Praxisphotograph; Praxis für Histopathologie, Dr. med. J. Janzen, MPhil

Die Bilder und Skulpturenausstellung von Ärztinnen und Ärzten rundetendie Veranstaltung ab. Hier: R. Grüring «Sonnenblumen in der Ariège».Foto: Emilio Bossi

Christoph Erb, Direktor Berner KMU, ging am Stand der Swiss Healthand Performance Lab der Universität Bern in die Luft.Bild: Marco Tackenberg, PID

Verschiedene musikalische Darbietungen von musizierenden Ärztinnenund Ärzten untermalten die Aktivitäten am Eröffnungstag.Bild: Edgar Höfs, Praxisphotograph; Praxis für Histopathologie, Dr. med. J. Janzen, MPhil

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Heute habe ich das Privileg, Sie im Na-men der Ärztegesellschaft des KantonsBern an unserer Eröffnungsfeier begrüs-sen zu dürfen.

Sie fragen sich: Wie kommt es zurJubiläumsfeier in Burgdorf?Unsere Gesellschaft ist die älteste kan-tonale Ärztegesellschaft der Schweiz. Sieist 100 Jahre älter als die FMH. Sie zähltheute 2800 Mitglieder und ist damit diezweitgrösste Kantonale Ärztegesellschaft.

Vor 200 Jahren – eine bewegte ZeitIm Herbst 1808 herrscht Krieg• Die Romandie ist grösstenteils von

Frankreich annektiert.• In der übrigen Schweiz gilt die von Frank-

reich diktierte Mediationsverfassung.• Zwischen Frankreich und Russland be-

steht ein brüchiger Waffenstillstand.

Im Herbst 1808 herrscht Aufbruchstim-mung!• Das erste Linienschiff mit Dampfantrieb

läuft in New York vom Stapel.• Die erste Schreibmaschine kommt in

Italien zum Verkauf.• Die moderne Chirurgie beginnt: der

Orthopädische-Chirurge Johann GeorgHeine revolutioniert die Behandlung von

Beinbrüchen mit seiner Erfindung derExtension und Reposition.

• An der Leipziger Buchmesse rüttelt Jo-hann Wolfgang von Goethe mit seinerErstausgabe des Faust I am damaligenklerikalen Weltgefüge: Das liebenswür-dige und religiöse Gretchen fragt denneuzeitlichen Mediziner Faust: «Nunsag, wie hast du’s mit der Religion?» Sieantwortet sogleich selber: «Allein ichglaub, du hältst nicht viel davon.»

• In Wien fanden die vier markantestenTakte der Musik erstmals Gehör. ImHerbst 1808 Ludwig van Beethoven,Uraufführung seiner 5. Sinfonie.

Und im bernischen Burgdorf beschliessen –im Oktober 1808 – zwei Dutzend versam-melte Ärzte, die «Medizinisch-chirurgischeGesellschaft des Kantons Bern» zu grün-den. Damit schlossen sich erstmals im Kan-ton handwerklich ausgebildete Wundärztemit akademisch ausgebildeten Ärzten derInnern Medizin zusammen. Sie überwandendamit den im Jahr 1215 vom 4. Laterankon-zil beschlossenen Ausschluss der Chirurgieaus der akademischen Medizin.

Die älteste kantonale Ärztegesellschaftder Schweiz ist seit 200 Jahren kontinu-ierlich aktiv. Unsere Ärztegesellschaft istälter als der heutige Kanton Bern und älter

als unser heutiger Bundesstaat. Beharr-lichkeit und Seriosität sind prägendeEigenschaften dieser Ärztegesellschaft.

Die Ärztegesellschaft des KantonsBern entwickelt sichDie Reise beginnt vor 200 Jahren bei Ehreund Geselligkeit – und legt heute bei Öko-nomie und Öffentlichkeit einen Zwischen-halt ein.Gegründet als medizinisch-chirurgischeGesellschaft heisst sie heute und seit 100Jahren Ärztegesellschaft.Die Entwicklung geht von der Gelehrten-verbindung zur Berufsorganisation.

Der rasche Strukturwandel der wenigenletzten Jahre hat dazu geführt, dass dieÄrztegesellschaft ärzteeigene Firmen ge-gründet hat: Die PonteNova AG, ein TrustCenter und die Medphone AG, ein Call-Center. Mit letztgenannter Firmengrün-dung haben wir 2006 den Anna-Seiler-Preis für innovative Lösungen im Ge-sundheitswesen gewonnen.

Die politische Entwicklung schliesslich hatdie Ärztegesellschaft 2005 dazu bewogen,dem Verband Berner KMU beizutreten.

Das Umfeld verändert sich in diesen200 Jahren bis heutevon den Anfängen vereinzelter Ortskran-kenkassen zur obligatorischen Kranken-versicherung.

Die ärztliche Berufsausübung wird vonder honorierten gesellschaftlichen Auf-gabe zur tarifarisch entschädigten Dienst-leistung.

Das Leben und die Gesundheit ver-ändern sich in diesen 200 Jahren bisheuteDamals war das Leben eine unantastbareLeihgabe. Die Gesundheit ein Privileg.Heute ist beides zu einem Recht ge-worden und damit einklagbar. Von derdemütigen Dankbarkeit zur rechtlichenEmpörung – dies auch eine Folge desmedizinischen Fortschritts.

Und in 100 Jahren – 2108?• Was ist in einhundert Jahren? Die ganze

Welt ein Krankenhaus?• Ist dannzumal für die Gesundheit der

Bürgerinnen und Bürger der Staat zu-ständig?

• Herrscht Medizin-Totalitarismus? Dietotale Gesundheit?

Äuwää! Aber nid ds Bärn! Chöit dänke• Wir werden seltener krank sein als heute.

Begrüssung Jubiläumsfeier 25.10.2008 Die Eröffnungsfeier des 200-Jahr-Jubiläums der Ärztegesellschaft des

Kantons Bern am 25. Oktober 2008 fand vor versammelten Rängen statt. Namhafte Vertreter aus Politik und Medizin ehrten den Anlass mit ihrer

Anwesenheit. doc.be publiziert hier die Eröffnungsrede von Dr. med. Jürg Schlup, Präsident der Ärztegesellschaft des Kantons Bern.

Bild: Marco Tackenberg, PID

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• Wir werden die Gewissheit unseresTodes weiterhin ertragen müssen.

• Und bezüglich der Medizinerinnen undMediziner wird Gotthelf weiterhin Rechtbehalten mit seiner Behauptung, dassdie meisten Menschen ihrer Grossmut-ter weit mehr verdanken als allen stu-dierten Doctores.

Meine Damen und Herren – Warum einJubiläum?1.Weil wir Freude haben und diese mit

Ihnen teilen wollen!2.Weil wir stolz sind auf unsere ärztlichen

Vorfahren.3.Weil wir die Flamme weitertragen wol-

len, die unsere Kolleginnen und Kolle-gen entfacht haben.

4.Weil wir Ärztinnen und Ärzte gemeinsamaufbrechen wollen in die Medizin derZukunft.

5.Weil wir der Bevölkerung mit Fantasieund Engagement Freude bereiten wollen.

Dieser silberne Becherhier ist ein äusseres Sinnbild unserer Ärz-tegesellschaft. Gestiftet 1821 vom 4. Prä-sidenten David Rudolf Isenschmid. Regel-mässig benutzen wir diesen Becher beibesonderen Anlässen.

Lieber Donator Isenschmied

als 34. Präsident dieser Gesellschaft ver-sichere ich Ihnen, dass wir heute offen,selbstkritisch und – humorvoll die Zukunftbeginnen.

Ich erhebe diesen Becher

• Auf das Wohl unserer Kantonsregierung• Auf die Gesundheit unserer Bevölke-

rung• Und – darauf, dass es allen Ärztinnen

und Ärzten in diesem Kanton gut gehenmöge.

Gesundheit!

Das Jubiläumsbuch

Die 1809 in Burgdorf gegründete Ärztegesellschaft des KantonsBern ist die älteste, ununterbrochen tätige kantonale Ärztevereini-gung der Schweiz. Von den Anfängen bis heute verfolgte sie dasZiel, die Ärzteschaft zu vereinigen, zu Fragen des Gesundheitswe-sens und der Standespolitik Stellung zu nehmen und zur prakti-schen Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse beizutragen.

Die Jubiläumsschrift legt den Schwerpunkt ins 20. Jahrhundert, indessen Verlauf sich die ärztliche Tätigkeit und ihr Umfeld grund-legend wandelten. Die Fachbeiträge werden ergänzt durch persönliche Statements, indenen Ärztinnen und Ärzte zu Grundsatzfragen Stellung nehmen.

Die beigelegte DVD enthält Dokumente, u.a. die Festschrift und dasLiederbuch von 1909 (mit Tonaufnahmen) und eine Porträtgalerievon Berner Ärztinnen und Ärzten, fotografiert von Peter Friedli.

Mit Beiträgen von Jürg Schlup, Urs Boschung, Madeleine Herren,Eberhard Wolff, Martin Lengwiler, Franziska Rogger, Anouk Hiedl,Simona Isler. – Statements von Christine Aebi-Ochsner, EstherFischer-Homberger, Max Geiser, Benedikt Horn, Marco Mumentha-ler, André Piguet, Werner Ringli, Hans Rudolf Sahli, Jürg Steiger.

Das Jubiläumsbuch wird in den nächsten Monaten gratis aufBestellung zugeschickt. Benutzen Sie den beiliegenden Fax-Bestellschein.

Bild: Edgar Höfs, Praxisphotograph; Praxis für Histopathologie, Dr. med. J. Janzen, MPhil

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Die Thematik der Medikalisierung desLebens und der Gesellschaft lässt sich bisan den Anfang des vergangenen Jahrhun-derts zurückverfolgen, als der genialeJules Romains seinen Doktor Knock sagenlässt, dass «jeder gesunde Mensch einKranker [ist], der es noch nicht weiss».Später erklärte Mr. Henry Gadsen, CEOvon MSD, anlässlich eines Interviews derWirtschaftszeitschrift Fortune, sein Traumsei es, Medikamente für die Gesundenherzustellen (ein Traum, der heute bereitszu grossen Teilen realisiert wurde). Un-längst erinnerte uns der Incipit eines Arti-kels des British Medical Journal vom 13.April 2002 daran, dass «man viel Geldmachen kann, indem man die Gesundendavon überzeugt, dass sie in WahrheitKranke sind». In der Schweiz stellte AlexMüller, Präsident der Schweizerischen

Akademie der medizinischen Wissen-schaften, bereits 1996 fest, dass «wir inder Schweiz an einer medizinischen Über-versorgung leiden. Die Widersprüche einerübermedizinalisierten Gesellschaft ma-chen eine Neudefinition der Ziele nötig, diemit der Revidierung dreier Bereiche einhergeht: der üblichen Verfahren, der wissen-schaftlichen Entwicklung und der Werteder Gesundheit»

Von Hippokrates zu Dr. Knock

Hippokrates scheint langsam aber sichervon Doktor Knock, dem wahren Ge-schäftsmann, übertroffen zu werden.Wahrscheinlich sind wir im Begriff, denÜbergang von einer hippokratischen zueiner «knockokratischen» Medizin zu erle-ben. Im Folgenden soll dargelegt werden,wie dies geschieht.

Ausweitung der Medizin aufdrei Ebenen

Abgesehen von den natürlichen (demogra-fische Alterung) oder ausserhalb des Ge-sundheitssystems liegenden Gründen(zusätzliche Sterblichkeit als Folge derUngewissheit, der Unsicherheit und desStresses am Arbeitsplatz), die eine wach-sende Nachfrage nach medizinischenLeistungen mit sich bringen, welchewiederum die Gesundheitskosten in dieHöhe treiben, findet die Medikalisierungdes Lebens und der Gesellschaft ihrenUrsprung in einer Ausweitung der Medizinauf drei Ebenen:

1) Quantitative Ebene: Auf operationeller Ebene gelingt es, diepotentielle Anzahl der «Kranken» zu er-höhen, indem die Grenze des «Patho-logischen» für eine ganze Reihe diffuser«Risikofaktoren» nach unten korrigiert wird(insbesondere in Bezug auf Hypertonie,Hypercholesterinämie, Diabetes, etc.).

Dadurch kommen Millionen zusätzlicherPersonen für eine medizinische Behand-lung in Frage, indem ihr Status von «sub-jektiv Gesunden» zu «objektiv Kranken»verändert wird.

Eine kürzlich durchgeführte Studie hatgezeigt, dass im Alter von 40 Jahren 23%der weiblichen und 86% der männlichenBevölkerung Norwegens gemäss denneuen Grenzwerten der «Guidelines» 2003der Europäischen Gesellschaft für Kardio-logie ein hohes kardiovaskuläres Risikoaufweisen und damit eine medizinischeBehandlung benötigen (im Alter von 65Jahren sind es 84% der Frauen und 92%der Männer).

Es ist wichtig zu unterstreichen, dass diemedizinische Behandlung von Risikofak-toren den therapeutischen Ansatz deutlichin Richtung einer Behandlung «anonymerWahrscheinlichkeiten» verschiebt.

Wenn gesunde Individuen behandelt wer-den, welche lediglich gewisse Risikofak-toren aufweisen, kann das Resultat dereinzelnen Behandlung nämlich lediglichauf Basis von «surrogate endpoints»gemessen werden, welche oftmals trüge-risch sind.

Eine solch «epidemische» Massenbe-handlung erlaubt es nicht, diejenigen Indi-viduen zu identifizieren, für welche darauseffektiv ein Vorteil im Sinne eines verhin-derten Akut- oder Todesfalles resultiert.

2) Zeitliche Ebene:Häufig besteht der Hauptfaktor zu Beginnder Medikalisierung des Lebens in der Vor-wegnahme einer Diagnose ohne erkenn-bare Krankheitszeichen durch die Verbrei-tung von «Check-ups» oder durch dieFörderung vorzeitiger Diagnostik-Testsund von Vorsorgeuntersuchungen, derenWirksamkeit oft zweifelhaft, kontroversoder noch nicht solide nachgewiesen ist.Dies verleitete die New York Times vom 2. Januar 2007 zur Aussage «what’s mak-ing us sick is an epidemic of diagnoses».

Mit Erstaunen lässt sich jedoch in der Be-völkerung ein eigentlicher Enthusiasmusfür Angebote an Vorsorgeuntersuchungenfeststellen.In den USA beispielsweise lassen 50% derFrauen, welche sich einer vollständigenEntfernung der Gebärmutter unterziehenmussten, weiterhin den Pap-Test machen.In der Schweiz wären 60% der Bevölke-rung bereit, einen Test zur Früherkennungvon Pankreaskrebs durchführen zu lassen– ein praktisch unheilbarer Tumor. Eben-

Medikalisierung der Gesellschaft und Nachhaltigkeit der Gesundheitssysteme

Referat von Prof. Dr. Gianfranco Domenighetti an der Eröffnungsfeier des Jubiläums in Burgdorf.

In seiner Festrede am Eröffnungstag des 200-Jahr-Jubiläums der Ärztegesellschaft des Kantons Bern analysierte der Gesundheitsökonom

Prof. Dr. Gianfranco Domenighetti die Ursachen und Folgen einer medikalisierten Gesellschaft. Die in französischer Sprache

vorgetragene Rede wird hier übersetzt und in leicht gekürzter Form wiedergegeben.

Bild: Edgar Höfs, Praxisphotograph; Praxis für Histopathologie,Dr. med. J. Janzen, MPhil

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falls in der Schweiz glauben 65% der Frau-en, dass Vorsorgeuntersuchungen mittelsMammographie das Risiko, an Brustkrebszu erkranken, reduziert oder gar aufhebt.

3) Qualitative Ebene: Der dritte Pfad in Richtung Medikalisierungzeigt sich in der vermehrten, bereits erfolg-ten oder noch möglichen Umdeutungmenschlicher Zustände und Situationen in«Krankheiten». Es ist kein Zufall, wenn dasBritish Medical Journal bereits eine «inter-nationale Klassifikation der Nicht-Krank-heiten» publiziert hat, in der mehr als 200Situationen aufgelistet werden, welchefälschlicherweise den Ruf eines krankhaf-ten Zustands haben.

Paradoxerweise wendet das Gesundheits-system im Kampf gegen Krankheiten Mil-liarden auf, währenddem es in Wahrheitgleichzeitig auch Millionen von zusätz-lichen Kranken schafft und die Gesundenzum Verschwinden bringt. Dies ist derTriumph der Medizin, den Jules Romainsvor beinahe einem Jahrhundert voraus-gesehen hat.

Streben nach Profit

Motor dieser Entwicklung sind die Produ-zenten medizinal-therapeutischer Techno-logien, d.h. die Industrie, deren haupt-sächliches (und legitimes) Ziel es ist, denMarkt zu vergrössern und die Profite zusteigern, und dies unabhängig vom «Mehr-wert» der Innovationen. Die Instrumente,welche dieser Strategie zugrunde liegen,sind die Folgenden: Der Einsatz generellaggressiver und «intransparenter» Mar-keting- und Kommunikationsstrategien,und der Gebrauch häufig geradezu «per-verser» wirtschaftlicher und beruflicherAnsporne (Herbeiführen von Interessens-konflikten, Korruption etc.).

Die Faktoren und Bedingungen, die denErfolg der Strategien der Industrie begün-stigen, gründen in der Komplexität, derUnsicherheit und dem generellen Informa-tionsungleichgewicht, welche den Ge-sundheits«markt» charakterisieren, sowiein der sozialen Präferenz von Gesundheitund Leben gegenüber Unbehagen und Tod.

Innovation führt zu höherenGesundheitskosten

Es ist also kein Zufall, wenn sämtliche wirt-schaftlichen Studien die Verbreitung tech-nologischer «Innovationen» als Haupt-faktor für die steigenden Gesundheitsaus-

gaben bezeichnen (die demografischeAlterung schlägt lediglich mit 10% bis15% zu Buche).

Nimmt man die Pharmaindustrie als Bei-spiel, stellt man insbesondere fest:

• dass die Investitionen für Marketingdoppelt so hoch sind, wie diejenigen fürForschung und Entwicklung;

• dass lediglich 2.6% der zwischen 1981und 2005 auf den Markt gebrachtenMedikamente (N = 3335) einen bedeu-tenden oder wichtigen therapeutischenFortschritt darstellen (6.8% stelleneinen bestehenden, wenn auch be-schränkten Fortschritt dar), während-dem 85% nur Kopien bereits existieren-der Produkte sind (mit dem Unter-

schied, dass der Preis verdreifachtwurde);

• und dass, so Richard Smith, bis 2005Herausgeber des British Medical Jour-nal, die von der Industrie finanziertenForschungsergebnisse für den Sponso-ren fast immer günstig ausfallen – dankeiner ganzen Reihe von Manipulationenan den Analysemethoden – und dassunliebsame Ergebnisse sehr häufignicht publiziert werden.

Der Gesundheits«markt» hat eine schöneZukunft vor sich – zumindest solange dernationale Reichtum, die öffentlichen Gel-der und vor allem die Haushaltseinkom-men in der Lage sind, eine ungehindertwachsende wirtschaftliche Last zu tragen.

Die gesellschaftliche Schaffung vonKrankheiten ist gegenwärtig im Begriff,durch die industrielle Schaffung von Mor-biditäten ersetzt zu werden. Dies wirdeinen wesentlichen Einfluss auf die indivi-duelle und gesellschaftliche Angst, auf dieZunahme der Nachfrage und der Kostenund damit auf die Nachhaltigkeit und Dau-er der «universellen» Gesundheitssystemehaben, wie wir sie heute kennen.

Prof. Dr. Gianfranco Domenighetti war von 1969 bis 2007 Direktor des Gesund-heitsamtes des Kantons Tessin und somit verantwortlich für die öffentlicheGesundheit. Heute ist er Professor für Gesundheitsökonomie an den Universi-täten Lausanne und an derjenigen der italienischen Schweiz.

«What’s making us sick is an epidemic of diagnoses».

New York Times, 2.1.2007

Bild: Felix Adank, PID

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Das Publikum schaut gebannt zum schwe-ren Vorhang, der sich gleich für die Premie-re des Jubiläums-Wandertheaters «Knockoder Der Triumph der Medizin» heben wird.Eine köstlich bissige Satire verspricht dasProgramm. Allein die Tatsache, dass einEnsemble aus Ärztinnen und Ärzten einStück über die Medizin spielt, macht neu-gierig. Der Vorhang hebt sich und dieSpannung steigt im voll besetzten Casino-Theater Burgdorf. Nun heisst es: Bühnefrei für Dr. Knock!

Ein Landarzt ohne Patienten

Dr. Knock, brilliant dargestellt von PeterJavet, übernimmt in einer französischenKleinstadt die schlecht laufende Praxiseines Kollegen. Er fühlt sich zunächstübers Ohr gehauen, denn offensichtlich er-freuen sich die Bewohner bester Gesund-heit. Sein Vorgänger Parpalaid, überzeu-gend gespielt von Michel Marchev, hatseine Patienten in der Manier eines be-häbigen Landarztes mehr betreut alsbehandelt und überlässt Dr. Knock einenbescheidenen Patientenstamm.

Die Wunderliche medizinische Laufbahn des Dr. Knock

Bevor er sich der Medizin zuwandte, ver-suchte sich Dr. Knock als Romanist, Kra-wattenverkäufer, Erdnussgrosshändlerund Schiffsarzt – ohne Diplom. Die Doktor-würde erlangte Dr. Knock erst kurz vor derPraxisübernahme. Seine Idee der Heil-kunst bringt er bereits im Titel der Doktor-arbeit zum Ausdruck, welcher lautet:«Über das angebliche Wohlbefinden». AlsSchiffsarzt hat Dr. Knock die Überzeugungentwickelt, an der «Konservierung derKranken» arbeiten zu müssen. Diese Über-

zeugung führt er im weiteren Verlauf adabsurdum.

Der kollektiver Wahn nimmt seinen Lauf

Der neue Landarzt macht sich denn aucheifrig ans Werk. Mit manipulativem Ge-schick gelingt es ihm, die Bürgerinnen undBürger in seine Praxis zu locken. Alle erlie-gen sie der Autorität des Dr. Knock, derkeinerlei Widerspruch duldet. Der kollekti-ve Wahn führt so weit, dass das Hotel desOrtes in eine Kurklinik umgewandelt wird.Als sein Vorgänger Parpalaid die Stadtnach drei Monaten besucht, ist dieser dereinzige, der von sich behauptet, er seigesund – bis Dr. Knock auch ihn vomGegenteil überzeugt.

Verschiedene Interpretationen

Was bezweckte Jules Romains, als er dasStück im Jahr 1928 schrieb? Als reine Ärz-tesatire, wie dies zunächst den Anscheinhaben könnte, war das Stück wohl nichtgedacht. Romains Interesse galt vielmehrdem Phänomen kollektiver Bewegungen.

Volksverführer Dr. Knock

Knock ist kein gewöhnlicher Kurpfuscher,er ist Glaubensstifter und Demagoge zu-gleich. Was ihn treibt, ist ein Machthunger.Seine Mission bringt er in folgender Aus-sage auf den Punkt: «Ich komme in einGebiet von einigen tausend gesichtslosen,unbestimmten Individuen. Meine Aufgabeist nun, ihnen eine Bestimmung zu geben,ihnen eine medizinische Existenz zur ver-leihen. Ich schaffe sie ins Bett und schaue,was dabei herauskommt (...) Nichts istunerträglicher als diese undefinierbarenWesen, die Sie als gesund bezeichnen».So belehrt er seinen Vorgänger Parpalaid.Medizin ist für Knock keine Heilkunst son-dern totalitäre Existenzform.

Unanimismus

Jules Romains gilt als Begründer desUnanimismus, einer philosophischen Be-wegung, welche die mystische Idee einerKollektivseele propagierte. Der Unani-mismus betrachtete Menschen nicht alsIndividuen, sondern als Teil einer Gemein-schaft im Sinn einer beseelten Einheit(unanime). In Knock führt Romains die Ideedes Unanimismus ins Absurde.

Bühne frei für Dr. Knock!

Zur Premiere von «Knock oder der Triumph der Medizin» am 24. Oktober in Burgdorf.

Ein Theatergenuss der besonderen Art bot sich in Burgdorf am 24. Oktober 2008: Das Ensemble aus Ärztinnen, Ärzten und Praxis-

assistentinnen lud zur Erstaufführung von «Knock oder der Triumph der Medizin». Das Wandertheater gastiert noch

bis Mitte 2009 im ganzen Kanton Bern. Die Aufführung begeistert nicht nurinhaltlich, sondern auch durch die hervorragende schauspielerische

Leistung des Laienensembles.

von Sandra Küttel, Presse- und Informationsdienst

«Ich komme in ein Gebiet voneinigen tausend gesichtslosen, un-bestimmten Individuen. Meine Aufgabe ist nun, ihnen eine Bestim-mung zu geben, ihnen eine medi-zinische Existenz zur verleihen. Ichschaffe sie ins Bett und schaue,was dabei herauskommt (...) Nichtsist unerträglicher als diese undefi-nierbaren Wesen, die Sie als gesundbezeichnen.»

Dr. Knock

Die Spannung steigt im voll besetztenCasino-Theater Burgdorf.Bild: Edgar Höfs, Praxisphotograph; Praxis für Histo-pathologie Dr. med. J. Janzen, MPhil

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Satire oder bitterer Ernst?

Der Arztberuf beschäftigte Jules Romainsnachhaltig: Im Essay «Le médecin et lemalade» entwarf er ein Idealbild des Arztesaus Leidenschaft, der sein Metier wie eineKunst ausführt und für dessen ArbeitInstinkt und Intuition wichtiger seien alsder Intellekt. Romains erhob die Medizin inden Rang einer gleichsam mystischenTätigkeit. Diese Stilisierung hat dazu ge-führt, dass man bis heute zweifelt, obRomains seinen Knock wirklich satirischverstanden hatte.

Das Wandertheather

Dem Ensemble von «Knock gebührt grös-ster Respekt: Nebst ihrem beruflichenEngagement als Arzt, Ärztin oder Praxis-assistentin verbringen sie einen Grossteilihrer Freizeit mit Proben und Aufführungen.Das Premieren-Publikum anerkennt dieDarbietung mit Standing Ovations, unddies zu recht! Die Inszenierung vermagnicht nur inhaltlich, sondern auch durchdie hervorragende schauspielerische Leis-tung der Darsteller zu überzeugen.

Rechts:Das Ensemble des

Wandertheaters «Dr. Knock oder derTriumph der Medizin»

Bilder: Edgar Höfs, Praxisphotograph; Praxis für Histopathologie, Dr. med. J. Janzen, MPhil

Peter Javetalias Dr. Knock

Rudolf Schützalias Chauffeur Jean

Marianne Weberalias Madame Rémy

Ingeborg Marti-Hrabikalias Madame Parpalaid

Mariella FluryaliasDame in Violett

Silvia Denzleralias Zimmermädchen

Das Schauspiel «Knock oder Der Triumph der Medizin» wird in der Zeit vom 25.Oktober 2008 bis 13.Juni 2009 33 Mal an 15 Ortenim ganzen Kanton Bern aufgeführt. Weitere Informationen: www.berner-aerzte.ch.Vorverkauf in allen Arztpraxen, online (www.berner-aerzte.ch) und telefonisch unter 0900 00 00 42 (1.70/Min, MO-FR 08.00-12.00).Die Abendkasse ist jeweils eine Stunde vor Vorstellungsbeginn geöffnet.

Die nächsten Vorstellungen: Beginn jeweils 20.00, wo nichts anderes vermerkt

Spieldaten 2009

Januar SA 31. Bümpliz - Aula Schulhaus Bümpliz

Februar SO 1. Nachmittagsvorstellung Bümpliz – Aula Schulhaus BümplizSO 1. Bümpliz - Aula Schulhaus BümplizMI 4. Thun – alte oeli thunDO 5. Thun – alte oeli thunFR 6. Thun – alte oeli thunDO 12. Bern – Theater am KäfigturmFR 13. Bern – Theater am KäfigturmSA 14. Bern – Theater am Käfigturm

März SA 7. Schwarzenburg – Mehrzweckhalle Pöschen

Michel Marchevalias Dr. Parpalaid

Philipp Hurnialias Lehrer Bernard

Rolf Zundelalias Apotheker Mousquet

Hugo Flückigeralias Ausrufer

Daniela LutzaliasDame in Schwarz

Jürg Weberalias Patient

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doc.be: Herr Kissling, wie wird manFernsehdoktor?Thomas Kissling: Ich habe mich diesenFrühling auf ein Inserat in der Schweize-rischen Ärztezeitung beworben: Die Sen-dung «Puls» suchte einen Hausarzt – undprüfte die Kandidaten in einem mehrstu-figen Auswahlverfahren. Am Schluss wur-den Probesendungen mit den drei verblie-benen Ärzten gedreht, und ich wurde aus-gewählt.

Gab es Reaktionen von ihren Patienten?Im Moment erhalte ich noch jeden Tag Re-aktionen – praktisch alle sind positiv. Wennich beispielsweise veraltete Begriffe wie«Arztgehilfin» verwende, gibts berechtigteKritik. Ab und zu ist auch meine Kleidungein Thema...

Die Reaktionen der Kollegen?Ich erhalte auch viele Reaktionen von Kol-legenseite – manchmal sogar von Kolle-gen, mit denen ich jahrelang keinen Kon-takt mehr hatte. Die Grundversorger be-stärken mich, die Rolle des Hausarztesöffentlich zu vertreten.

Ist es anstrengend, im Rampenlicht zu stehen?Ich glaube nicht, dass ich im Moment imRampenlicht stehe, ausser während denSendungen. Diese sind für mich schonanstrengend, denn «Puls» ist eine Live-Sendung: Das bedeutet mehr Stress, weilAussagen nicht herausgeschnitten werdenkönnen.

Haben Sie keine Angst, falsche Antworten zu liefern?Vielmehr Respekt, aber so ist es auch imAlltag beim Patienten. Ich bin es alsogewohnt, zu meinen offenen und ehrlichenAntworten zu stehen.

Wie bereiten Sie sich auf die Sendungen vor?Die Themen sind spätestens vier Tage vorder Sendung bekannt. Dann gibts Vorge-spräche mit der Redaktion, vorerst perMail und per Telefon. Ich lese mich ein,rede mit Kollegen. Ab Montagmittag binich in Zürich und bereite die Sendung mitdem «Puls»-Team vor. Die Fragen der Mo-deratorin kenne ich nicht im Voraus: DasGespräch wird vor laufender Kamera freigeführt.

Sie verkörpern in der Sendung den Hausarzt – vertreten Sie in derSendung auch standespolitische Anliegen?Ich will am Fernsehen keine Standespolitikbetreiben und trenne das bewusst: Puls istein Ratgeber für Patienten, keine politischeSendung. Grabenkriege zwischen Grund-versorgern und Spezialisten oder State-ments zur Finanzierung des Gesundheits-wesens haben in diesem Sendegefässkeinen Platz. Sicher will ich mit meinemAuftritt die Rolle des Hausarztes stärken.

TV-Doktor Samuel Stutz stand in der Kritik, weil er versteckte Werbungin seine Sendungen einbaute. Sind Sie unabhängig?Für mich ist das eine unbedingte Notwen-digkeit, völlig unabhängig meine Meinungäussern zu können. Ich bin vom SchweizerFernsehen als freier Mitarbeiter angestellt.

Heizen Sie, bzw. die Sendung «Puls»nicht die Nachfrage nach medizinischen Leistungen an?Diese Gefahr besteht im Prinzip schon. Ichpropagiere in der Sendung aber nicht ein-fach neue Therapien, sondern hinterfrageaufgrund von Studien und Langzeitbeob-achtungen, ob diese sich auch bewähren.

«Ich will im Kleinen etwas Gutes erreichen»

Gespräch mit «Puls»-Hausarzt Thomas Kissling

Thomas Kissling tritt seit diesem Sommer als «Fernsehdoktor» im Gesundheitsmagazin «Puls» auf. Als Facharzt für Allgemeinmedizin ver-

körpert er in der Sendung den Hausarzt. Neben seiner Praxis- und Fernsehtätigkeit ist Thomas Kissling

auch noch Lehrbeauftragter für Hausarztmedizin an der Universität Bern.Wie gelingt es ihm, diese anspruchsvollen Tätigkeiten zu koordinieren

und welche Zukunft sieht er für die Hausarztmedizin?

Interview: Felix AdankPresse- und Informationsdienst

Der Hausarzt Thomas Kissling tritt seit Sommer 2008 als «Fernsehdoktor» in der Sendung «Puls» in Aktion (hier mit der Moderatorin Nicole Westenfelder).

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Ich spüre auch seitens der «Puls»-Redak-tion ein ehrliches Interesse, neue Entwick-lungen kritisch zu hinterfragen

Sie sind neben Ihrer Praxis- und Fernsehtätigkeit auch noch Lehrbeauf-tragter für Hausarztmedizin an derUniversität Bern – wie stark bean-spruchen Sie Ihre Tätigkeiten?Im Moment bin ich schon stark bean-sprucht – aber ich habe auch Spass an derSache! Das ist für mich Burnout-Prophy-laxe, indem ich Abwechslung habe undständig dazulerne! Diese Neugier für Neu-es motiviert sehr.

Sie haben zwischen 1993 und 2006verschiedene Auslandeinsätze absol-viert, so für die UNO (Westsahara),OSZE (Bosnien), UNHCR (Albanien)oder die NATO (Kosovo) – sind Sie einKosmopolit?Ich würde mich nicht als Kosmopolitbezeichnen. Aber diese friedenserhalten-den Einsätze, die ich als sinnvoll erachte,haben mir den Blick für andere Kulturenund Lebenswelten geschärft. Neben derArbeit waren es kleine Erlebnisse, welchemir ein Leben lang in Erinnerung bleibenwerden: in der Wüste unter einem gross-artigen Sternenhimmel mit einem argen-tinischen Oberst, einem russischen undeinem amerikanischen Kampfpiloten«Tschau Sepp» spielen oder zusammenmit Angehörigen aus 27 Nationen eineKette bilden, um Wasserkanister in einLager zu transportieren. Da entsteht dasGefühl: ein friedliches Zusammenleben istmachbar.

Sie führen seit 1988 als Facharzt fürAllgemeinmedizin eine Praxis in derGemeinde Mühleberg. Was bedeutetIhnen Ihre Tätigkeit als Hausarzt?Sie bedeutet mir viel, und ich bin immernoch fasziniert von der Vielfalt des Haus-

arztberufes. Meine Rolle als Hausarztgefällt mir – ich bin für die Bevölkerung daund finde es spannend, die Entwicklungeines Menschen vom Kleinkind zumErwachsenen mit zu erleben.

Wie sehen Sie die Zukunft der Haus-arztmedizin – haben Sie mit der Suchenach Ihrem Nachfolger bereits be-gonnen?Direkt habe ich mich noch nicht damit be-schäftigt. Wir müssen das Interesse an derHausarztmedizin bereits während desStudiums fördern, so steigt die Chance füruns Grundversorger, einen Nachfolger zufinden.Um die Zukunft des Grundversorgersmache ich mir grosse Sorgen. Obwohl vonallen Seiten immer wieder auf die Wichtig-keit der Hausärzte hingewiesen wird, istdas Umfeld im Moment alles andere alsoptimal.Die Hausärzte werden in Zukunft sicherhäufiger in den Gruppenpraxen arbeiten –ich könnte mir auch bei uns im Amt Lau-pen ein grösseres Ärztehaus vorstellen mitmehreren Kollegen unter einem Dach.Auch der Zusammenschluss zu Netz-werken wird die Zusammenarbeit unterden Hausärzten fördern. Wir haben vor dreiJahren ein Ärztenetzwerk gegründet, andem sich 18 Hausärzte beteiligen. Die Zu-sammenarbeit in den Qualitätszirkeln undder gegenseitige Erfahrungsaustauschsind sehr stimulierend.

Haben Sie Pläne für Ihre eigeneZukunft – welches persönliche Zielmöchten Sie noch erreichen?Ich spüre im Moment keinen Druck, etwasNeues zu machen – die aktuell laufendenTätigkeiten sind spannend und beanspru-chen mich im Moment voll. Ich verfolgeauch nicht ein weit entferntes grossesLebensziel, mein unmittelbares Umfeld istmir wichtiger: Wenn es mir gelingt, imKleinen etwas Gutes zu tun, geht es auchden Menschen um mich herum besser. Ichbin überzeugt, dass mit diesen kleinenSchritten viel Positives entstehen kann.Daneben möchte ich weiterhin genug Zeithaben für meine Familie, fürs Segeln undfürs Musizieren. Das brauche ich zum Aus-gleich.

Herr Kissling, besten Dank für das Gespräch!

Dr. med. Thomas Kissling hat Jahr-gang 1955 und ist Facharzt für All-gemeinmedizin. Er führt eine Haus-arztpraxis in Mühleberg, ist verhei-ratet und Vater von vier Kindern. Seit Sommer 2008 agiert er als«Fernsehdoktor» in der Sendung«Puls» von SF DRS. Seine Hobbiessind Segeln, Saxophon spielen, In-lineskaten, Joggen und NordicWalking.

Impressum

doc.be, Organ der Ärztegesellschaft des Kantons Bern Herausgeber: Ärztegesellschaft des Kantons Bern, Bolligenstrasse 52, 3006 Bern / erscheint 6 x jährlich Verantwortlich für den Inhalt: Vorstandsausschuss derÄrztegesellschaft des Kantons BernRedaktor: Marco Tackenberg, Presse- undInformationsdienst, Postgasse 19, 3000 Bern 8 Tel. 031 310 20 99; Fax 031 310 20 82; E-Mail: [email protected]: P. Wolf, Bolligenstrasse 52, 3006 Bern Tel. 031 330 90 00; Fax 031 330 90 03; E-Mail: [email protected]: forum | pr, Postgasse 19, 3011 Bern,www.forumpr.chDruck: Druckerei Hofer Bümpliz AG, 3018 BernAusgabe Dezember 2008

BETAKLI 2008

Die BETAKLI fanden vom 19.–22. No-vember im Inselspital statt. Über 350Berner Ärztinnen und Ärzte aber auchÄrztinnen und Ärzte aus den umliegen-den Kantonen konnten während vierTagen ein vielfältiges Fortbildungspro-gramm absolvieren und den offenenAustausch zwischen Universitätsspitalund privatärztlicher Praxis pflegen. Ander Buchvernissage am Donnerstag-abend wurde die Jubiläumsschrift «200Jahre Ärztegesellschaft. Von der Gesel-ligkeit zur Standespolitik» vor zahl-reichen Gästen präsentiert. Und dasanschliessende Theaterstück «Knockoder der Triumph der Medizin» in einerberndeutschen Fassung erntete tosen-den Applaus.

Wir danken dem Inselspital, insbeson-dere der Klinik für Allgemeine InnereMedizin, für die ausgezeichnete Zu-sammenarbeit und den reibungslosenAblauf und freuen uns auf die nächstenBETAKLI 2011.

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ÄRZTEGESELLSCHAFT DES KANTONS BERNSOCIÉTÉ DES MÉDECINS DU CANTON DE BERNE 6/2008 – 14

doc.be: Der Notfalldienst bietet Anlass für intensive Diskussionen inden Bezirksvereinen. Welches sind dieaktuellen Entwicklungen im BVEmmental?Doris Zundel: Wir haben einerseits die An-zahl Dienstkreise reduziert. Zudem arbei-ten wir im Dienstkreis Langnau nachts mitdem Spital Langnau zusammen. Wir pla-nen, auch im unteren Emmental eine er-weiterte Zusammenarbeit mit dem Spital,inkl. einer Hausärztlichen Notfallpraxis(HANP) im Spital.

Wie ist es zu dieser Umstrukturierunggekommen?Unsere Mitglieder waren in den vergange-nen Jahren zunehmend unzufrieden mitder Organisation des Notfalldienstes. DasHauptproblem ist die grosse zeitliche Be-lastung bei geringer Nachfrage.

Wie viele Notfalldiensttage musstenIhre Mitglieder denn leisten?Es gab grosse regionale Unterschiede, imDienstkreis Hasle-Rüegsau-Oberburg leis-ten die Ärzte bis zu 60 Notfalldiensttagepro Jahr. Wenn man so oft vom Notfall-dienst absorbiert ist, obwohl die Dienst-leistung eigentlich gar nicht gefragt ist,macht sich schon Frustration breit.

Wird sich die zeitliche Belastung mitder Neuorganisation verringern?Ja, ganz klar. Wir können den Notfalldienstin Burgdorf auf mehr Ärzte verteilen, indemwir Notfalldienstkreise zusammenlegen.Unser Ziel ist, die Notfalldiensttage in allenKreisen auf eine Zahl von 20 bis 30 proJahr zu reduzieren. Mit der Reorganisationwerden auch neue Bedürfnisse der Grund-versorger, wie zum Beispiel Teilzeitarbeit

oder die bessere Vereinbarkeit von Berufund Familie, im Notfalldienst berücksich-tigt werden können.

Beobachten Sie weitere Probleme inBezug auf den Notfalldienst?Viele Ärztinnen und Ärzte haben eine nega-tive Haltung zum Notfalldienst, weil sie denKanton als zu diktatorisch wahrnehmen.Zudem erleben sie zu wenig Wertschät-zung, unter anderem auch in finanziellerHinsicht.

Und wie begegnen Sie dieser Problematik?Wir sind überzeugt, dass wir mit der Reor-ganisation eine allgemeine Verbesserungder Situation erreichen können.

Was sind die Vorteile der Haus-ärztlichen Notfallpraxis für den Arzt/die Ärztin?Das wichtigste Kriterium ist die Reduktionder Notfalldiensttage. Für Ärztinnen undÄrzte mit Kindern stellt die Notfalldienst-pflicht eine besondere Herausforderungdar. Man kann heute nicht mehr automa-tisch davon ausgehen, dass der Partner,die Partnerin für die Kinderbetreuung zurVerfügung steht. Die Zusammenarbeit mitdem Spital bietet aber auch in fachlichenund kommunikativen Bereichen eineChance.

Man könnte die Anzahl notfalldienst-leistender Ärzte auch mit einerErhöhung der Dienstaltersgrenze ver-grössern. Ist das ein Thema imEmmental?Die Statuten des Bezirksvereins sehen kei-ne Dienstaltersbegrenzung vor. Aber dieDienstkreise haben in dieser Frage Auto-nomie. Sie regeln die Notfalldienstpflichtselbständig. Sollte ein Dienstkreis zu weni-ge Ärzte aufweisen, um den Notfalldienstzu gewährleisten, müssten wir eine Rege-lung finden. Dies war aber bisher nicht derFall.

Das Durchschnittsalter der Hausärz-tinnen und Hausärzte ist seit Langemzu hoch. Wie begegnet der Bezirksver-ein Emmental dem Nachwuchs-problem?Wir unterstützen das Lehrärzte-Modell derFIHAM nach Kräften. Die überwiegendeMehrheit unserer Mitglieder betreibt Nach-wuchsförderung und hat einen Studentenoder eine Studentin angestellt. Die Neu-organisation des Notfalldienstes wird auchLösungen bieten für neue Wege derPraxisformen und Teilzeitarbeitende.

Welches sind Ihre nächsten Schritte in der Umgestaltung des Notfalldienstes?Der Bezirksverein Emmental wird imFebruar 2009 über zwei wichtige Neuerun-gen abstimmen: Das ist zum einen die Ein-führung des Modells der HausärztlichenNotfallpraxis im Spital (HANP) in Burgdorf.Das zweite Projekt ist eine einheitlicheNotfallnummer für das ganze Emmental.Diese Notfallnummer würden wir gerneüber MEDPHONE realisieren. Das wäresicher eine optimale Lösung zur Verein-fachung des Notfalldienstes.

Notfalldienst im Emmental

Interview mit Frau Dr. med. Doris Zundel,Präsidentin des Aez BV Emmental

Der gesellschaftliche Wandel wirkt sich auch auf den Notfalldienst aus: Die Dienstpflicht muss auf immer weniger Ärztinnen und Ärzte verteilt

werden. Wie begegnet der Ärztliche Bezirksverein Emmental den drängenden Problemen? Wir haben nachgefragt bei

Frau Dr. med. Doris Zundel, Präsidentin des BV Emmental.

Interview: Sandra Küttel, Presse- und Informationsdienst

Frau Dr. med. Doris Zundel,Präsidentin des Aez BV Emmental

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ÄRZTEGESELLSCHAFT DES KANTONS BERNSOCIÉTÉ DES MÉDECINS DU CANTON DE BERNE 6/2008 – 15

Es geht nicht nur um das Labor. Im Kon-text der ganzen Gesundheitspolitik – denBestrebungen zur Aufhebung der freienArztwahl, den Absenkungen bei der Medi-kamentenmargen, dem erodierenden Not-falldienst, der zunehmenden Bürokratieund dem sich abzeichnenden Ärztemangel– kommt der Vorschlag des BAG einemAngriff auf die Hausarztpraxis gleich.

Bis heute funktionierte die Hausarztpraxisals kleine, bewährte und effiziente Einheit.Dank dem Praxislabor können Ärztinnenund Ärzte die wichtige Funktion der Triagebei den Patientenströmen rasch undkostengünstig vornehmen. Wird das Pra-xislabor zerschlagen, so nimmt man denHausärzten eines ihrer wichtigsten Instru-mente aus der Hand.

BAG verweigert Transparenz

Besonders stossend ist die Tatsache, dassdas Bundesamt für Gesundheit seine Kos-tenberechnung für die angestrebte Tarif-senkung bis zum heutigen Tag (Redak-tionsschluss 28.11.2008) nicht offengelegthat. Obwohl 70% der Praxislabors schonheute nicht mehr zu kostendeckendenPreisen geführt werden können, werdenmit saloppen Aussagen und fragwürdigenVergleichen mit dem Ausland die Ärzte alsVerhandlungspartner schlicht desavouiert.

Lassen sich wenigstens die behauptetenEinsparungen von 250 Millionen Frankenfür das Gesundheitswesen realisieren?Nein, wie die Modellrechnung der Schwei-zerischen Gesellschaft für Allgemeinmedi-zin zeigt. Ohne eigenes Labor häufen sichzwangsläufig die Arztkonsultationen. DerPatient muss erneut aufgeboten werden.Rechnet man noch die Arbeitsausfällehinzu, so droht ein volkswirtschaftlicherSchaden von 319 Millionen Franken!

Dritte willkürliche Absenkung

Die willkürliche Absenkung der Tarife wärejetzt bereits die dritte seit 1997. Per 1. Okt-

ober 1997 erfolgte eine erste Tarifsenkungvon 10 Prozent für die 50 häufigsten Ana-lysen. Auf den 1. Januar 2006 verordneteBundesrat Couchepin eine weitere lineareTarifsenkung um 10 Prozent. Es war diesder Entscheid, der das Fass erstmals zumÜberlaufen brachte: Tausende von Ärztin-nen und Ärzten demonstrierten am 1. Juni2006 auf dem Berner Bundesplatz gegenden Akt der Willkür und für bessere Ar-beitsbedingungen. Die Politik signalisierte,die Botschaft verstanden zu haben. InSonntagsreden lobte man die Ärzteschaftals Grundpfeiler des Gesundheitswesens.Aber schon am Montag wurde die nächsteGängelung in die Wege geleitet ...

Ohne Praxislabor ergeben sich für denPatienten der Hausarztpraxis viele Nach-teile. Dass eine Diagnose erst in den Fol-getagen feststeht, darf nicht einfach als

«Komfort-Problem» bagatellisiert werden.Auch die informierten Patienten wissenheute, dass eine Thrombose eine Embolieauslösen kann. Sie wollen rasch die ge-eignete Behandlung. Und weisen sichansonsten selber ins Spital ein. Überhauptlässt sich nicht wegdiskutieren, dassPatienten ohne Praxislabor länger kranksind: Weil der behandelnde Arzt mehrereTage auf die Resultate des Labortests war-ten muss, bevor die Therapie beginnt.

Hausarzt als Durchgangsstation

Die ganze Auseinandersetzung verweistnoch auf ein tieferliegendes Problem: Wirsehen sehr wohl, dass in Nachbarländernwie Italien der Hausarzt nur noch Durch-gangsstation für die Patienten ist. Patien-ten werden dann – trotz erheblicher Mehr-kosten – ins nächste Spital eingewiesen.Dies ist die Entwicklung, die hier Sorgebereitet. So droht mit der vorgeschlagenenRevision letztlich eine Ausweitung des Ärz-temangels in der Grundversorgung. Weilder Beruf für die nachkommenden Gene-rationen immer unattraktiver wird.

Die Ärzteschaft fordert daher eine Revi-sion, die

• die Patientensicherheit gewährleistet• die Grundversorgung (mindestens) nicht

noch weiter schwächt • nach transparenten, betriebswirtschaft-

lichen Kriterien berechnet ist

Kampfmassnahmen

Die FMH bereitet zusammen mit derSGAM, mit dem VEDAG und mit kanto-nalen Ärztegesellschaften Massnahmenzur Erhaltung des Praxislabors vor. Bereitswurden Kontakte zu den Medizinischen

Praxisassistentinnen, Konsumenten- undPatientenorganisationen und anderenGruppierungen, auch aus der Politik,geknüpft. Der Ruf nach koordiniertenKampfmassnahmen der Ärzteschaft wirdlauter...

Marco Tackenberg, Presse- und Informationsdienst

Revision der Analysenliste:

Angriff auf die HausarztpraxisZum dritten Mal seit 1997 will das Bundesamt für Gesundheit (BAG)

die Tarife für Laborleistungen senken. Es strebt eine erneute Preisreduktionvon 20 bis 25 Prozent an. Innerhalb der Ärzteschaft wird der Ruf nach

Kampfmassnahmen lauter.

Der Ruf nachKampfmass-

nahmen gegen dieAbsenkung derLabortarife wird

lauter.

Bild: KEYSTONE

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Sibylle blickt durch.

Als direkte Ansprechpersonen arbeiten unsere biomedizinischen Analytikerinnen nicht nur mit Pipetten und Reagenzgläsern. Sondern mit Köpfchen und Verantwortung. Da zählen nebst Kompetenz und Erfahrung auch derBlick fürs Ganze und ein offenes Ohr. Und damit das so bleibt, bilden sich unsere Damen stetig fort, intern wie extern. Davon profitieren auch jedes Jahr 1 – 2 Laborantinnen in spe: unsere Praktikantinnen.

Medics Labor AG professionell und persönlichChutzenstrasse 243001 [email protected] T 031 372 20 02www.medics-labor.ch F 031 371 40 44

MPA-Lohnempfehlungen 2009 Kanton Bern

BasislohnFr. 3750.– x 13 bei einer Wochenarbeitszeit von 42 Stunden und 4 Wochen Ferien.

DienstalterszulageFr. 100.– pro Monat Erhöhung (je Dienstjahr) für die dem ersten folgenden Dienstjahre. Die Dienstalterszulage soll ein Thema desjährlichen Qualifikationsgespräches bilden.

FunktionszulageEs wird empfohlen, Medizinischen Praxisassistentinnen mit abgeschlossenem Lehrmeisterkurs und Ausbildungsfunktion in derPraxis eine Funktionszulage auszurichten.

Lehrlingslöhne1. Lehrjahr: Fr. 250.–; 2. Lehrjahr Fr. 900.–; 3. Lehrjahr Fr. 1300.–. Ein 13. Monatslohn wird ausgerichtet.

TaxpunktwertTarmed-KVG Arztpraxis Kanton Bern 2009 beträgt unverändert

86 Rappen