Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen...

52
Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008

Transcript of Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen...

Page 1: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Dr. Corinna Petersen, M.A.

Institut für Medizinische Psychologie

UKE

Rehabilitative Interventionen

nach Polytrauma

Leitsymptomvorlesung

20.06.2008

Page 2: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Überblick

• Bereits „beackert“- Das System der Medizinischen

Rehabilitation- Polytrauma

• Neuland- Polytrauma & Rehabilitation- Psychologische Aspekte der

Notfallsituation

Page 3: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Gliederung

• Notfallsituation- Merkmale/ Personen- Hilfeverhalten

• Medizinische Rehabilitation- Definition und Ziele- ICF

• Polytrauma- Definition- Rehabilitation (insbesondere Frührehabilitation)- Psychische Folgen- Psychotherapeutische Interventionen

Page 4: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Notfallsituationen rücken dann in das Blickfeld der Öffentlichkeit, wenn sie

spektakulär sind. An welche Ereignisse können Sie sich erinnern?

Page 5: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Erdbeben

Zugunglück

Lawine

Überschwemmung

Page 6: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Notfallsituation = soziale Situation

• Beziehen sich auf die- Notfallopfer und deren Angehörige- Einsatzkräfte- Retter- Augenzeugen

• Zusammentreffen unterschiedlicher Bedürfnisse, Motivationslagen und Kompetenzen machen den Notfall zu einer hochkomplexen sozialen Situation.

Page 7: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Stressinduzierende Merkmale I

• Unvorhersehbarkeit, Plötzlichkeit und Unausweichlichkeit der Situation

• Gefühl des Kontrollverlusts und des Ausgeliefertseins

• Widrige äußere Gegebenheiten:

- Existenz Schaulustiger

- Auf Hilfe warten müssen

- Unfähigkeit Körperposition zu verändern

- Unfähigkeit zu kommunizieren

Page 8: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Stressinduzierende Merkmale II

• Sichtbarkeit:

- Kopfwunde vs. schwere innere Verletzung

- Verletzungen und Verbrennungen • Bedeutung des betroffenen Organs:

- vital

- subjektiv bzw. symbolisch • Schmerzen

Page 9: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Stressinduzierende Merkmale III

Maercker/ Barth 2004

Gewalt/Aggressivität Angedrohte Gewalt (mit potentieller Todesbedrohung)

Direkte Auseinandersetzung mit Tätern

Großschadensereignisse Situationen, in denen nicht allen hilfsbedürftigen Personen geholfen werden kann

Umgang mit Leichen Bergung von Leichen bzw. Leichenteilen,

Mitarbeit bei der Identifikation von Leichen

Einschränkung der persönlichen Freiheit

Geiselnahme

Verschüttung

Verletzung bzw. Todesfälle

Eigene körperliche Verletzung

Tod oder Verletzung eines Kollegen

Gefühl von Unzulänglichkeit

Page 10: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Fallbeispiel: Erleben einer Notfallsituation

Ein Motorradfahrer nach einem Sturz mit seinem Motorrad und mit tiefen Schürfwunden an Armen und Beinen und unter Schock:

„Während ein Autofahrer Hilfe holte, blieb der andere bei mir. Er sprach mit mir, tröstete mich, und sagte, dass bald Hilfe eintreffen würde. Im Nachhinein muss ich sagen, dass diese Zuwendung im Augenblick der höchsten Not eine unschätzbare Hilfe war, um die langen Minuten bis zum Eintreffen des Rettungswagens zu überbrücken und Panik zu verhindern“.

Page 11: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Situation des Notfallverursachers

• sozial stigmatisierte Rolle des Schuldigen

• Aufmerksamkeitskonzentration auf das Opfer

• Reaktionen und Verarbeitungsstile:

- Verleugnung der Verantwortlichkeit, Verharmlosung

- Aggressionen gegen sich selbst bis hin zu Suizidalität

- Rechtfertigungsversuche, Abwertung des Opfers

- Versuche der Wiedergutmachung

Page 12: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Prinzipien „Psychische Erste Hilfe“

• Emotionale Präsenz („Ich bleibe bei Ihnen, bis der Krankenwagen kommt.“)

• Abschirmen des Verletzten vor Zuschauern (Absichern der Unfallstelle)

• Vorsichtiger Körperkontakt (Berühren am Kopf, Zudecken)

• Selbst sprechen und aktives Zuhören • Soziale Unterstützung

(„Soll ich jemanden benachrichtigen?“)

(Lasogga & Gasch, 2002, siehe Krisenintervention)

Page 13: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Wovon hängt das Hilfeverhalten ab?

• Kontakt und Nähe zum Opfer• Attraktivität des Opfers• Ähnlichkeit zwischen Opfer und hilfeleistender

Person• Anzahl und Verhalten anderer Personen

(„Verantwortungsdiffusion“)• Gefühle mangelnder Kompetenz• Befürchtung negativer Folgen für den Helfer

Page 14: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Fachbegriffe der Sozialpsychologie

• Bystander Effekt• Pluralistische Ignoranz• Verteilung der Verantwortlichkeit• Bewertungsangst

Page 15: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Der barmherzige Samariter

Darley, J. M., and Batson, C.D., "From Jerusalem to Jericho": A study of Situational and Dispositional Variables

in Helping Behavior". JPSP, 1973, 27, 100-108

Page 16: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Der barmherzige Samariter

• Studierende eines theologischen Seminars • 2 Diskussionsgruppen:

- Berufsperspektiven- Samariter-Gleichnis

• Eine Rede soll von jedem Teilnehmer im Anschluss gehalten werden.

• Auf dem Weg zum Vortragsraum wurde der Zeitdruck manipuliert (niedrig, mittel, hoch).

• Hilfsbedürftige Person lag auf dem Weg.

Page 17: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Zur Erinnerung: Gleichnis

...Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab gen Jericho und fiel unter die Mörder; die zogen ihn aus und schlugen ihn und gingen davon und ließen ihn halbtot liegen. Es begab sich aber ungefähr, dass ein Priester dieselbe Straße hinabzog; und da er ihn sah, ging er

vorüber. Desgleichen auch ein Levit: da er kam zu der Stätte und sah ihn, ging er vorüber. Ein Samariter aber reiste und kam dahin; und da er ihn sah, ging er zu ihm,

verband ihm seine Wunden und goss darein Öl und Wein und hob ihn auf sein Tier und führte ihn in die Herberge...

Lukas 10:29-37

Page 18: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Ergebnisse

Was meinen Sie:

Welche Gruppe zeigte am ehesten ein Hilfeverhalten?

Page 19: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Ergebnisse

Situative Bedingungen üben einen entscheidenden Einfluss auf das Hilfeverhalten aus!

0

42

3325

50

80

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

hoch mittel niedrig

Berufsperspektiven

Gleichnis

Page 20: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Förderung von Hilfeverhalten

• Reduktion von Ambiguität in kritischen Situationen: - „Ich brauche jetzt Hilfe!“

• Verantwortlichkeit konkreter Personen herstellen: - „Ich brauche Deine Hilfe!“

• Identifikation fördern: - „Versetze Dich in meine Lage!“

• Soziale Erwartungen und Normen aktivieren

Page 21: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Gliederung

• Notfallsituation- Merkmale/ Personen- Hilfeverhalten

• Medizinische Rehabilitation- Definition und Ziele- ICF

• Polytrauma- Definition- Rehabilitation (insbesondere Frührehabilitation)- Psychische Folgen- Psychotherapeutische Interventionen

Page 22: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Medizinische Rehabilitation

Es war einmal...

Page 23: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Medizinische Rehabilitation

• Rehabilitation - Zielt auf die Verbesserung der Funktionsfähigkeit und

Teilhabe (ICF-Modell).- Ist im Prinzip unabhängig von der Grunderkrankung

durchzuführen- Muss auf die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen

abgestimmt werden.- Ist in allen Sektoren des Gesundheitssystems

anzusiedeln.- Bedarf einer speziellen Aus-,Fort- und Weiterbildung

der Beteiligten.

Gutenbrunner (2005)

Page 24: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Reha-Ziele

• Die Effekte der Rehabilitation beziehen sich auf die:- Steigerung der Leistungs- und

Erwerbsfähigkeit- Verbesserung des Gesundheitszustandes und

der Lebensqualität- Verbleib der Rehabilitanden im Berufsleben- Verringerung von Ausgaben auch in anderen

Sektoren

Steinmetz & Arlt (2005)

Page 25: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Diagnose-übergreifender Ansatz: Krankheitsfolgen (ICF – Modell)

Page 26: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

GeschädigteKörperfunktion & -struktur

Einschränkung in der AktivitätBeschränkung in der Partizipation

Page 27: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Funktionsfähigkeit

Page 28: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Gliederung

• Notfallsituation- Merkmale/ Personen- Hilfeverhalten

• Medizinische Rehabilitation- Definition und Ziele- ICF

• Polytrauma- Definition- Rehabilitation (insbesondere Frührehabilitation)- Psychische Folgen- Psychotherapeutische Interventionen

Page 29: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Polytrauma - Definition

• Verletzung mehrerer Körperregionen oder Organsysteme- wobei wenigstens eine Verletzung oder die

Kombination mehrerer Verletzungen vital bedrohlich ist

• Zu unterscheiden von der Mehrfachverletzung ohne vitale Bedrohung oder der schweren, lebensbedrohlichen Einzelverletzung (Barytrauma)

Page 30: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Polytrauma - Epidemiologie

• In Deutschland 8000 Polytraumen/Jahr• Führende Todesursache der unter 44-jährigen• überwiegend männliches Geschlecht

• Gesamtletalität ca. 20%

Quelle: DGU (2002)

Page 31: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Rehabilitationsprozess

• Diagnostik• Plan• Durchführung• Dokumentation• Nachsorgekonzept

Steinmetz & Arlt (2005)

Page 32: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Einige Besonderheiten der Rehabilitation nach Polytrauma

• individuelle Verläufe

• vielfältige, gravierende Folgen

• Dauer

• ...

Page 33: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Frührehabilitation I

• steigende Überlebenschancen von Patienten mit schweren akuten Erkrankungen und Verletzungen

• erhebliche Einschränkungen von Funktionen, Aktivitäten und der Teilhabe

• frühzeitiger Beginn der Rehabilitation zielt auf eine Verbesserung des Langzeit-Outcomes

Gutenbrunner (2005)

Page 34: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Frührehabilitation II

• Phasenmodell in der neurologischen Rehabilitation: - Phase B/C

• Patient weist ein ausgeprägtes Defizit aus und erfüllt damit nicht die Kriterien der Anschlussheil-behandlung (AHB: Phase D)

• Patient ist überwiegend bewusstseinsklar.

Page 35: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Frührehabilitation: Voraussetzungen

• Rehabilitationsbedürftigkeit: - zu erwartende dauerhafte alltagsrelevante

Einschränkung der Selbstständigkeit• Rehabilitationsfähigkeit:

- Möglichkeit, an einem Therapieprogramm teilzunehmen

• Motivation oder Motivierbarkeit• Rehabilitationsprognose• Barthel-Index unter 30 Punkte• Liegedauer mindestens 7 Tage

Gutenbrunner (2005)

Page 36: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Frührehabilitation: Grundkonzept

• frühzeitiger Beginn rehabilitativer Interventionen• multiprofessionelles Frühreha-Team• intensive funktionelle Behandlung• enge Verzahnung mit anderen Fachabteilungen• Durchführung im Akutkrankenhaus

Gutenbrunner (2005)

Page 37: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Frührehabilitation: Therapien

• Physiotherapie (z.B. aktives oder passives Bewegen)

• Ergotherapie (z.B. Training von Essen, Waschen, Anziehen)

• Medizinische Trainingstherapie (z.B. Herz-Kreislauftraining)

• Logopädie• Dysphagietherapie• Lymph-, Hydro-, Elektro- und Massagetherapie• Musiktherapie

Gutenbrunner (2005)

Page 38: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Fallbeispiel: FilmFrührehabilitation

Page 39: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Interviewstudie

Page 40: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Berufliche Wiedereingliederung nach Polytrauma

• 11-19% bleiben vollständig arbeitslos (Anke et al., 1997; Regel et al., 1993)

• 14-52% der verletzten Patienten: Umschulung/ Änderung der Berufssituation

• Berufliche Wiedereingliederung erfolgt stark verzögert. • Faktoren: Verletzungsmuster, Alter, Art der beruflichen

Tätigkeit, psychische Auffälligkeiten• Mögliche Folgen: sozialer Abstieg, psychische

Störungen

Page 41: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Potentielle Psychische Folgen

• Posttraumatische Belastungsreaktion/akute Belastungsstörung

• Phobien (Autofahren)• Angststörungen • Depressionen• Somatoforme Beschwerden • Substanzabhängigkeit

Vor allem innerhalb des ersten halben Jahres nach Unfall

Page 42: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Das Störungsbild Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) wird nach DSM-IV durch sechs Kriterien definiert:

Kriterium A: Traumakriterium

Kriterium B: Wiedererleben des traumatischen Ereignisses

Kriterium C: Vermeidung und emotionale Betäubung

Kriterium D: Hyperarousal

Kriterium E: Symptome B, C, D dauern mind. 4 Wochen an

Kriterium F: Symptome B, C, D verursachen klinisch bedeutsames Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen

Das Störungsbild Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) wird nach DSM-IV durch sechs Kriterien definiert:

Kriterium A: Traumakriterium

Kriterium B: Wiedererleben des traumatischen Ereignisses

Kriterium C: Vermeidung und emotionale Betäubung

Kriterium D: Hyperarousal

Kriterium E: Symptome B, C, D dauern mind. 4 Wochen an

Kriterium F: Symptome B, C, D verursachen klinisch bedeutsames Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen

Diagnostik: Posttraumatische Belastungsstörung

Page 43: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Kriterium A: Traumakriterium (nach DSM-IV)

Konfrontation mit einem oder mehreren Ereignissen, die tatsächlichen oder drohenden Tod oder ernsthafte Verletzung oder die Gefahr der körperlichen Unversehrtheit der eigenen Person oder einer anderen Person beinhalteten.

Die Person reagierte mit intensiver Furcht, Hilflosigkeit oder

Entsetzen

Potentiell traumatische Ereignisse

... kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschläge, Folter, Gefangenschaft, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Unfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit

Kriterium A: Traumakriterium (nach DSM-IV)

Konfrontation mit einem oder mehreren Ereignissen, die tatsächlichen oder drohenden Tod oder ernsthafte Verletzung oder die Gefahr der körperlichen Unversehrtheit der eigenen Person oder einer anderen Person beinhalteten.

Die Person reagierte mit intensiver Furcht, Hilflosigkeit oder

Entsetzen

Potentiell traumatische Ereignisse

... kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschläge, Folter, Gefangenschaft, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Unfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit

Kriterien

Page 44: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Kriterium B: Wiedererleben des traumatischen Ereignisses Eindringliche, ungewollte und quälende Erinnerungen, Bilder, Gedanken, Albträume, Flashback-Episoden, die mit dem Trauma in Zusammenhang stehen

Kriterium C: Vermeidung und emotionale Betäubung Anhaltende Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma verbunden sind (u.a. Gedanken, Gefühle, Gespräche, Aktivitäten, Orte, Personen), Entfremdung, eingeschränkte Bandbreite des Affekts, Abflachung der allgemeinen Reagibilität

Kriterium D: Hyperarousal Schlafschwierigkeiten, Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Hypervigilanz, ausgeprägte Schreckreaktion

Kriterium B: Wiedererleben des traumatischen Ereignisses Eindringliche, ungewollte und quälende Erinnerungen, Bilder, Gedanken, Albträume, Flashback-Episoden, die mit dem Trauma in Zusammenhang stehen

Kriterium C: Vermeidung und emotionale Betäubung Anhaltende Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma verbunden sind (u.a. Gedanken, Gefühle, Gespräche, Aktivitäten, Orte, Personen), Entfremdung, eingeschränkte Bandbreite des Affekts, Abflachung der allgemeinen Reagibilität

Kriterium D: Hyperarousal Schlafschwierigkeiten, Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Hypervigilanz, ausgeprägte Schreckreaktion

Kriterien B, C, D

Page 45: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) Prävalenzen

Prävalenzen:Lebenszeitprävalenz Allgemeinbevölkerung: 8% (Frauen 10%, Männer 5%) (Traumaexposition: 56%) Prävalenz Risikogruppen: 6-40% (vereinzelt höher)

Besonders gefährdete Berufsgruppen:• Rettungskräfte• Feuerwehr• Polizei• Pflegekräfte• Journalisten• Bankangestellte• Lokführer

Teegen, 2003; Bengel & Heinrichs, 2004

Page 46: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Einige Risikofaktoren für Chronifizierung

• Art und Schweregrad des Traumas

• Dauer und Häufigkeit des Traumas

• Nähe zur traumatischen Situation

• Wahrgenommene Gefahr

• Häufigkeit von bisherigen Traumatisierungen

• Negative Reaktionen Umfeld / geringe soziale Unterstützung

(erweitert nach Expert Consensus Guidelines, 1999)

Page 47: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Einige Indikatoren für ungünstigen Verlauf

• Kontrollverlust, Ausmaß der initialen Symptome

• Symptome nach 2-4 Wochen

• Grübeln und Vermeiden

• Schmerz, gesundheitl. Probleme, Komorbidität

• Negative Reaktion des Umfelds, weitere Belastungen

Page 48: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Psychotherapie nach Unfall

• Wichtige Behandlungskomponente der Rehabilitation

• Bislang nicht ausreichend berücksichtigt.• Fokaltherapien wirken sich langfristig positiv aus

(Koss & Butcher, 1986)• Wirkung untersucht bei PTSD, Depression,

Angst• Günstig: kognitiv-behavioraler Ansatz

(Entspannung, kognitive Umstrukturierung, Blanchard et al., 2003)

Page 49: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Kognitionspsychologisches Behandlungsangebot für Verkehrs-, Unfall und zivile Gewaltopfer

(Bryant et. al. 1998)

• Rahmen:

Einzel oder Gruppe, innerhalb der ersten zwei Wochen nach Trauma, fünf Sitzungen

• Bestandteile:

- Psychoedukation über übliche Traumareaktionen- progressive Muskelrelaxation- In-sensu-Exposition mit den traumatischen Erinnerungen- kognitive Restrukturierung von angstbezogenen Überzeugungen

- graduierte In-vivo-Konfrontation mit vermiedenen Situationen

Page 50: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Prinzipien des Debriefing

• In der Regel einmalige Sitzungen, 1- 3 Stunden Dauer

• Zeitnah zum Ereignis, Stunden bis Tage

• Standardisiert nach Phasen, Gruppen- oder Einzelsetting

• Rekonstruktion auf Fakten-, Kognitions- und Emotionsebene

• Psychoedukation über Traumafolgen und Behandlungsstrategien

• Sicherung mittel-/langfristige Versorgung

• Problem: Neuere Untersuchungen stellen die Wirksamkeit in

Frage (Foa et. al. 2000)

(Dyregov, 1989; Mitchell 1983)

Page 51: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Effekte der Psychotherapie

• Pirente & Berger (2005): Effekt einer frühzeitigen psychotherapeutischen Intervention

• N= 130 Patienten, randomisiert• Therapiebausteine:

- Erinnerung & Verarbeitung des traumatischen Erlebnisses

- Frustrationstoleranz & Umgang mit der aktuellen Situation

- Aktuelle und langfristige Veränderungen im Leben• Reduktion von Angst und Depression• Keine Unterschiede in der Lebensqualität und dem

beruflichen Erfolg

Page 52: Dr. Corinna Petersen, M.A. Institut für Medizinische Psychologie UKE Rehabilitative Interventionen nach Polytrauma Leitsymptomvorlesung 20.06.2008.

Zusammenfassung

• Notfallsituation=Stress• Die Rehabilitation leistet einen

entscheidenden Beitrag für Genesung.• Ein Polytrauma geht einher mit einer Vielzahl

von langwierigen Folgen.• Psychische Störungen werden oftmals zu

spät oder gar nicht diagnostiziert.• Eine kontinuierliche Betreuung/Begleitung

von Polytrauma-Patienten ist notwendig.