Eine dreiteilige Vortragsreihe von Prof. Dr. Joachim Block, DLR · 2019. 5. 23. · In den 1960ern...

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12. März : Fortgesetzte Entgrenzung die Entwicklung unseres Weltbildes 2. April : Entstehung, Entwicklung und Zukunft des Planeten Erde 21. Mai : Vergangenheit und Zukunft unseres expandierenden Universums Horizonte in Raum und Zeit Eine dreiteilige Vortragsreihe von Prof. Dr. Joachim Block, DLR

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12. März : Fortgesetzte Entgrenzung

die Entwicklung unseres Weltbildes

2. April : Entstehung, Entwicklung und Zukunft

des Planeten Erde

21. Mai : Vergangenheit und Zukunft

unseres expandierenden Universums

Horizonte in Raum und Zeit

Eine dreiteilige Vortragsreihe von Prof. Dr. Joachim Block, DLR

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Beim letzten Vortrag ging es um die Geschichte der Erde…

Alter: 4,56 Milliarden Jahre

Chemische Zusammensetzung:

Innerer Erdkern : 94 % Eisen, 6 % Nickel

Äußerer Erdkern : 85 % Eisen, 5 % Nickel,

5 % Sauerstoff, 5 % Schwefel

Erdmantel: 44 % Sauerstoff, 22.8 % Magnesium,

21 % Silizium, 6.3 % Eisen, 2.5 % Calcium,

2.4 % Aluminium, 1 % übrige Elemente

Erdkruste : 46 % Sauerstoff, 28 % Silizium,

8 % Aluminium, 6 % Eisen,

4 % Magnesium, 2.4 % Calcium,

5.6 % übrige Elemente

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Die Erwartung der frühen Jahre – alles bemannt ! Wo kamen diese Elemente her ?

Sie waren in der Gas- und Staubwolke, aus der

vor ca. 4,6 Milliarden Jahren die Sonne entstand

(gleichzeitig mit vielen anderen Sternen) schon

enthalten gewesen – sonst hätte der Prozess der

Planetenbildung gar nicht ablaufen können

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Das funktionierte aber nur, weil die Sonne einer

späteren (jüngeren) Sterngeneration angehört…

Wasserstoff Helium

Im frühen Universum, vor etwa 13 Milliarden Jahren, gab es nur Wasserstoff und etwas

Helium als Produkte des „Urknalls“. Alle anderen Elemente sind erst in den Jahrmilliarden

danach in den Sternen entstanden: bis zum Eisen (Ordnungszahl 26) durch „normale“

Kernfusion, darüber hinaus nur durch Supernova-Explosionen sehr großer Sterne

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Was die ältesten Sterne noch nicht haben konnten…

In Kugelsternhaufen gibt es zahllose uralte Sterne der „ersten Generation“ (12-13 Mrd. Jahre alt).

Sie dürften kaum Planeten haben, weil die Elemente, aus denen Planeten bestehen , bei ihrer

Entstehung noch gar nicht existierten. Auch Sauerstoff existierte noch nicht, und deshalb gab es

im frühen Universum auch noch kein Wasser (H2O) - entgegen zahlreichen Schöpfungsmythen

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Als unser Sonnensystem vor rund 4,6 Mrd. Jahren entstand,

war unsere Galaxis bereits über 9 Milliarden Jahre alt…

Unsere Sonne:

Ein unbedeutender Stern

an einem unbedeutenden

Ort in einem Randbereich

unserer Galaxis, der

Milchstraße

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Seit Hubble wissen wir, dass das Weltall expandiert

1 Megaparsec (MPc)

= 3,26 Mio. Lichtjahre

= 3,08 1019 km

Hubble maß erstmals die nach ihm benannte

Hubble-Konstante, deren Wert bis heute immer

weiter nach oben korrigiert wurde:

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Umkehrschluss: es muss einen Anfang gegeben haben !

Die Rückrechnung der Expansionsbewegung ergab zunächst mangels genauerer

Messwerte aus wirklich (!) großen kosmischen Entfernungen einen zu kleinen Wert:

In den 1960ern schätzte man das Weltalter auf lediglich etwa 5 Milliarden Jahre.

Heute wissen wir: es sind 13,7 - 13,8 Milliarden Jahre.

Außerdem nahm man an, die Expansion würde durch die Schwerkraft der im

Universum eingeschlossenen Materie auf jeden Fall verlangsamt, selbst dann,

wenn sie nicht ausreichen würde, die Expansion in eine Kontraktion umzudrehen

(Analogon: ein nach oben geworfener Körper im Schwerefeld)

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Der finale Horizont

der Sichtbarkeit…

liegt etwas mehr als 13 Milliarden

Jahre in der Vergangenheit (bzw.

13 Milliarden Lichtjahre entfernt)

„billion“ = amerikanisch für Milliarde

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Von der Freisetzung der Hintergrundstrahlung bis zur

Bildung der ersten Sterne – das „dunkle Zeitalter“

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Zeitverlauf der Energiedichte von Strahlung und Materie

Entkopplung von Materie und

Strahlung 380 000 Jahre nach

dem Anfang – der Ursprung der

kosmischen Hintergrundstrahlung

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Die Entdeckung der Hintergrundstrahlung

Penzias und Wilson, 1965

Sie liegt im Mikrowellenbereich und

entspricht heute nur noch einer

„Strahlungstemperatur“ von 2,7 Kelvin,

aber sie ist ein „Nachglühen“ des

Urknalls und kommt gleichmäßig

aus allen Himmelsrichtungen

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Man versucht gegenwärtig ein Verständnis des Urknalls auf dieser Basis: ein Raum

mit n 4 Raumdimensionen tunnelt in eine (3+1)-dimensionale Raumzeit

Und was geschah in der

strahlungsdominierten Ära

vor der Freisetzung der

Hintergrundstrahlung ?

380.000 J.

Sekunden

Um das zu diskutieren, gehen wir ganz an den Anfang der Zeit

Zeit zurück, in die sog. Planck-Ära ( 10-43 Sekunden nach „Null“ )

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Eines der vielen möglichen diskutierten Anfangsszenarien:

Entstand die Welt aus einem kosmologischen Tunneleffekt ?

Da die (nicht-inflationäre) Ausdehnung des Universums proportional zur Quadratwurzel

aus der Zeit erfolgt, bedeutet eine formale Extrapolation über den Nullpunkt hinaus

(zu t < 0), dass der „Weltradius“ imaginär wird. Die Einbeziehung imaginärer Zeit- bzw.

Raumkoordinaten ist jedoch charakteristisch für Quantentunneleffekte. Man versucht

gegenwärtig ein Verständnis des Urknalls auf dieser Basis zu erlangen: ein Raum mit

n 4 Raumdimensionen tunnelt in eine (3+1)-dimensionale Raumzeit.

Aber das ist bis jetzt nur eine von vielen diskutierten Hypothesen: Wir werden wohl

erst mehr wissen, wenn es viel bessere Gravitationswellendetektoren gibt als heute

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Erst ab der „Planck-Ära“ werden die Abläufe verstehbar…

Der früheste Zeitpunkt, über den man mit dem heutigen Wissensstand der Physik ansatz-

weise Aussagen treffen kann, ist die sogenannte „Planck-Ära“, in der die vier Grundkräfte

der Physik noch in einer quantenmechanischen Einheit vereinigt waren. Sie umfasst die

ersten 10-43 Sekunden (= den zehnmillionsten Teil eines Millionstels eines Millionstels eines

Millionstels eines Millionstels eines Millionstels einer Millionstelsekunde ).

Die „Temperatur“ betrug 1032 K. Danach sind die vier Grundkräfte nacheinander „ausgefroren“

10-43 sec 10-35 sec 10-11 sec Zeit

GUT*

*Grand Unified Theory

„Urknall“

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Planck-Ära

GUT-Ära

Bis 10-35 sec „nach Null“ – die „GUT“-Ära

Während die Abspaltung der Gravitation

noch physikalisches „Neuland“ ist, ist die

Forschung hinsichtlich der folgenden Ära,

in welcher die drei übrigen Grundkräfte

noch vereinheitlicht blieben, schon weiter.

Hier arbeiten die Physiker weltweit an

einer sog. „Grand Unified Theory“ (GUT).

Diese Periode heißt „GUT-Ära“ und

ist zwar immer noch nur ein winziger

Zeitabschnitt (10-35 sec), aber immerhin

acht Zehnerpotenzen länger als die

Planck-Ära (10-43 sec).

Am Ende der GUT-Ära kommt es zum

Abkoppeln der starken Wechselwirkung

von der „elektroschwachen“ Kraft

(= der verbleibenden Einheit der

restlichen beiden Grundkräfte) und zur

inflationären Aufblähung des jungen

Universums.

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Der mit der Abkoppelung der starken Kraft

einhergehende Symmetriebruch führt zu

einem Absinken der Energiedichte im

Universum derart, dass es sich

„inflationär“ innerhalb einer winzigen

Zeitspanne um mindestens 26,

möglicherweise bis zu 50

Zehnerpotenzen aufbläht.

Hieraus erklärt sich die heutige

großräumige Gleichförmigkeit der

kosmischen Hintergrundstrahlung.

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Zu Beginn der „elektroschwachen Ära“ (nach der Inflation) existieren Quarks und

Leptonen sowie ihre Antiteilchen (samt den Gluonen, den Koppelungsquanten der

Quarks) in einem ultraheißen Quark-Leptonen-Plasma. Unterhalb einer Temperatur

von 1013 Kelvin (etwa 10-6 sec nach dem Urknall) bilden sich aus je drei Quarks

(bzw. Antiquarks) die Hadronen (Protonen und Neutronen) bzw. ihre Antiteilchen.

Zunächst sind Teilchen und Antiteilchen gleichermaßen vorhanden und stehen mit

der Strahlung im thermischen Gleichgewicht, aber es gibt winzige Fluktuationen.

Schließlich wird eine solche Fluktuation „eingefroren“, und nachdem sich fast alle

Elementarteilchen und ihre Antiteilchen gegenseitig zerstrahlt haben, bleibt ein

winziger Überschuss an „normaler“ baryonischer Materie übrig, aus dem praktisch

die gesamte heutige Materie besteht:

Synthese der Materie

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Primordiale Nukleosynthese

Bei unter 900 Millionen Kelvin konnten sich schließlich durch die Bindung von Protonen

und Neutronen die ersten leichten Atomkerne (abgesehen vom elementaren Wasserstoff)

bilden, nämlich Deuterium (= das schwere Wasserstoff-Isotop) und Helium – alle anderen

Elemente sind dann erst später in den Sternen entstanden. Diese Kernsynthese

dauerte etwa 3 Minuten, und weil in dieser Zeit bereits ein Teil der freien Neutronen

wegen deren geringer Halbwertszeit zerfiel, gibt es heute einen Überschuss von 7:1 der

Protonen gegenüber den Neutronen im Universum.

Diese primordiale Nukleosynthese (insbesondere Entstehung von Heliumkernen) gleicht

der Fusion in den Sternen mit einem wichtigen Unterschied: Die ersten Neutronen waren

Produkte der Hadronenära des Urknalls, in den Sternen hingegen können Neutronen nur

durch Umwandlung von Protonen bei der Bildung von Deuterium entstehen ( schwache

Wechselwirkung)

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Uff ! Nach einigen leider sehr theoretischen Folien…

… sind wir wieder da angelangt, wo wir vorhin schon

gewesen waren: Bei der Freisetzung der kosmischen

Hintergrundstrahlung 380 000 Jahre nach dem Anfang

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Die kosmische Gegenwart

Das sichtbare Universum enthält

einige –zig Milliarden Galaxien,

die ihrerseits jeweils Hunderte von

Milliarden Sternen enthalten, die

meisten davon vermutlich mit

Planeten. Die Zahl möglicher

lebentragender Planeten ist

unfassbar gross…

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Die größten bekannten Strukturen im Universum sind Filamente von Galaxienhaufen mit

riesigen Leerräumen dazwischen.

Die sichtbare Materie reicht für den Zusammenhalt dieser Strukturen bei weitem nicht aus.

Es gibt viel mehr „Dunkle Materie“, die wir noch nicht verstehen

Die größten Strukturen und die „Dunkle Materie“

Seit den 1980er Jahren enthüllen

Weltraumteleskope wie „Hubble“:

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Mögliche Expansionsmodelle

Bis in die 1980er Jahre glaubte man, eines der linken Modelle

entspräche der Wirklichkeit: Die Gravitation der im Universum

eingeschlossenen Materie würde die Expansion entweder

irgendwann rückläufig machen, oder sie würde die Expansion

wenigstens spürbar verlangsamen. Obwohl zwischenzeitlich

noch die „dunkle Materie“ entdeckt wurde, die zur Gravitation

stark beiträgt, wissen wir seit 1995 die schockierende Wahrheit…

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Trotz „dunkler Materie“ zusätzlich zur baryonischen Materie:

Die Expansion das Universums beschleunigt sich !

Ausdehnung des Raumes

Zeit seit dem Urknall

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Aufnahme: Hubble Deep Space Field

Reißt die Dunkle Energie am Ende alles auseinander ?

Die Fluchtgeschwindigkeit aller Galaxien (außer der kollabierten Lokalen Gruppe)

wird über der Lichtgeschwindigkeit liegen, sie werden einfach „entschwinden“.

Spätestens 1014 Jahre nach dem Urknall sind dann auch die letzten Sterne erloschen.

Möglicherweise lässt die Dunkle Energie in noch größeren Zeiträumen auch alle Körper,

sogar alle Atome und schließlich alle Elementarteilchen zerplatzen (ist noch unerforscht)

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„Es ist aus einer Quantenfluktuation entstanden und

wird am Ende wie eine Seifenblase zerplatzen“

Ist das die Wirklichkeit ? Könnte sein…

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Konsequenzen der quantenmechanischen Unschärfe

Die endliche (= von Null verschiedene) Größe des Planckschen Wirkungsquantums

macht alle Prozesse in unserem Universum im quantenmechanischen Bereich „körnig“,

d.h. Prozesse sind auf der Mikroebene prinzipiell nicht schärfer bestimmt.

Dies ist gleichzeitig der Grund dafür, dass

es in unserem Universum keine Vorherbestimmung

und kein „Schicksal“ geben kann. Sämtliche

Prädestinationslehren sind a priori falsch.

Aber wieso können wir dann überhaupt irgendwelche

physikalischen Vorhersagen machen ?

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Unser Universum besitzt eine von Anfang an

eingeprägte quantenmechanische Unschärfe

Gedankenexperiment: Schrödingers Katze

• Physikalische Zustände können nur bis auf die Planck´sche Konstante genau

zusammen bestimmt werden, darunter sind sie prinzipiell unscharf.

• Das hat weitreichende Konsequenzen: Es gibt kein determiniertes Schicksal für

Systeme, die von Variationen der „Mikrozustände“ abhängig sind (z.B. Menschen)

• Das Verhalten von Makrosystemen (z.B. Sternen) kann hingegen genau berechnet

werden, weil alle Mikrozustände in denselben Makrozustand konvergieren.

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Welchen Ozean hätten Sie denn gern ?

Die Unbestimmtheit auf quantenmechanischer Ebene lässt auch z.B. die Wassermoleküle

in einem Ozean ständig woanders sein und unvorhersagbar miteinander wechselwirken.

Weil die Art der Wechselwirkung aber einfach und gleich ist, bleibt der Makrozustand des

Ozeans einfach berechenbar, auch wenn es sich bei dem Ozean im linken Bild streng

genommen um einen „anderen“ handelt als bei dem im rechten Bild.

Das gleiche gilt für die Atomkerne in einem Stern, z.B. in der Sonne: Schon nach kurzer

Zeit führt die quantenmechanische Unschärfe zu völlig anders verteilten Atomkernen und

streng genommen zu einem „anderen“ Stern: Aber der Makrozustand ist völlig gleich und

darum auch einfach vorhersagbar – selbst über Milliarden Jahre

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Unterschied zwischen Mikro- und Makrosystemen

Bei komplexen Systemen, z.B. Lebewesen, können mikroskopische Zufälle sofort

schwerwiegende makroskopische Folgen haben:

Beim Menschen geht das im Augenblick der Zeugung los: Wenn die dabei involvierten

Vorgänge nur im Millisekundenbereich anders ablaufen, kommt ein völlig anderer Mensch

heraus. Innerhalb von 1-2 Generation ergibt das eine völlig andere Menschheit.

Auch der Tod kann durch winzige Zufälle eintreten, z.B. durch eine Wespe, die einen

Fahrer einen Augenblick lang ablenkt. Die Gesamtheit aller „winzigen“ Schwankungen

führt binnen kurzer Zeit zu einer anderen, im Detail nicht vorhersagbaren Welt

Im Resultat ist das „Schicksal“ der Menschheit völlig offen, weil wir nicht in einer

prä-determinierten Welt leben. Alle Prädestinationslehren sind physikalisch unsinnig.

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Jupiter und seine Monde • „Aber es muss doch einen Sinn haben“

Dieses Argument wird oft gebracht, aber es ist unzutreffend. Unsere Kultur ist von

eschatologischen Theorien und Heilslehren geprägt worden, nach denen Alles einen

tieferen Sinn hat, um dem jeweiligen eschatologischen Ziel näher zu kommen.

Ein Universum, das ohne tieferen Sinn spontan entsteht und wieder vergeht, passt

da nicht hinein. Dabei lehrt uns schon die Mathematik, dass nicht Alles einen Sinn

haben muss, sondern dass zahlreiche Dinge „wahr“ und doch „sinnlos“ sind:

• Welchen Sinn hat es, dass 11 eine Primzahl ist und 12 nicht ?

• Welchen Sinn hat es, dass der Satz des Pythagoras immer und überall gilt ?

• Welchen Sinn hat es, dass = 3,14159265…. ist und keinen anderen Wert hat ?

Eigentlich müssten wir in diesem Zusammenhang auch noch das „schwache“ bzw.

„starke Anthropische Prinzip“ diskutieren, aber dazu reicht heute die Zeit nicht

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Der „Urknall“ und seine Folgen

• Die allerersten 10-43 Sekunden des Urknalls nennt man „Planck-Ära“, weil in diesem

allerersten Augenblick alle vier Grundkräfte quantisiert und ununterscheidbar waren:

(1.) Gravitation, (2.) starke Kraft (Kernkraft), (3.) elektromagnetische Wechselwirkung

und (4.) schwache Wechselwirkung. Diese sind dann nacheinander „ausgefroren“ (bei

immer noch unvorstellbar hohen Energiedichten bzw. Temperaturen).

• Am Anfang war das Universum strahlungsdominiert, seit einem Zeitpunkt 380.000

Jahre später wird es von der Materie dominiert. Nach einem „dunklen“ Zeitalter

entstanden etwa 400 Millionen Jahre nach dem Urknall die ersten Sterne.

• Erst durch Kernfusion in den Sternen wurden alle Elemente schwerer als Helium

erzeugt, d.h. erst ab frühestens 1 Milliarde Jahren nach dem Urknall konnten

überhaupt terrestrische Planeten und irgendwann auch Lebewesen entstehen.

• Heute läuft das Universum in eine zweite, sich beschleunigende inflationäre

Expansion hinein. Wohin das führen wird, ist noch unbekannt. Aber selbst wenn die

Sterne in den einzelnen Galaxien davon nicht betroffen werden, so sind doch

spätestens 1014 Jahre nach dem Urknall sämtliche Sterne ausgebrannt.

• Wegen der quantenmechanischen Unschärfe aller Prozesse kann man langfristig

nur Entwicklungen vorhersagen, wo alle Mikrozustände in denselben Makrozustand

münden (z.B. Sternentwicklung). Systeme, deren Schicksal „vom Flügelschlag eines

Schmetterlings“ abhängen (z.B. Menschen) sind prinzipiell nicht vorherbestimmt.

Einen „tieferen Sinn“ kann das Universum für uns daher nicht haben

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Consolatio Philosophiae ?

Vielleicht wäre es ein

philosophischer Trost

für uns, wenn wir durch

unsere Weltraumforschung

irgendwo da draußen bald

noch weitere denkende

Wesen finden würden, mit

denen wir diese Gedanken

teilen könnten…

Plakette auf Pioneer-10 und -11

sowie Voyager-1 und -2

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Consolatio Philosophiae

Schade, dass Ihr so

weit weg seid und

sich dann auch noch

alles ausdehnt… Finden wir auch.

Ein richtig blödes

Universum, in dem

wir leben !