Einfache, vollständig lösbare quantenmechanische...

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30 / 123 3 Einfache, vollständig lösbare quantenmechanische Systeme Durch eine geeignete Transformation der Variablen lassen sich einige Probleme, die nach genauen Lösungen der Schrödingergleichung verlangen, auf eine einfache mathematische Probleme reduzierenn. DIese Probleme sind: Der harmonische Oszillator, der starre Rotator, das Wasserstoffatom und das Wasserstoffmolekülion 2 + 3.1 Der harmonische Oszillator Der eindimensionale harmonische Oszillator ist das einfachste Modell für ein schwingendes zweiatomiges Molekül. a) Die klassische Betrachtung des Modells Hierbei stelle man sich eine schwingende Feder vor. Die Feder ist an einem Ende fixiert und am anderen Ende hängt die Masse , die durch eine äußere Auslenkung zu Schwingungen angeregt werden kann. Dabei soll die Feder das Hooksche Gesetz erfüllen = : Rückstellkraft : Kraftkonstante : Auslenkung Für die Bewegungsgleichung gilt das zweite Newtonsche Gesetz: 2 2 = = Diese Differentialgleichung kann durch folgenden Ansatz gelöst werden: = sin : Amplitude : Kreisfrequenz 2

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3 Einfache, vollständig lösbare quantenmechanische Systeme Durch eine geeignete Transformation der Variablen lassen sich einige Probleme, die nach

genauen Lösungen der Schrödingergleichung verlangen, auf eine einfache mathematische

Probleme reduzierenn. DIese Probleme sind: Der harmonische Oszillator, der starre Rotator,

das Wasserstoffatom und das Wasserstoffmolekülion 𝐻2+

3.1 Der harmonische Oszillator

Der eindimensionale harmonische Oszillator ist das einfachste Modell für ein schwingendes

zweiatomiges Molekül.

a) Die klassische Betrachtung des Modells

Hierbei stelle man sich eine schwingende Feder vor. Die Feder ist an einem Ende fixiert und

am anderen Ende hängt die Masse 𝑚, die durch eine äußere Auslenkung zu Schwingungen

angeregt werden kann. Dabei soll die Feder das Hooksche Gesetz erfüllen

𝐹 = −𝑘𝑥

𝐹: Rückstellkraft 𝑘: Kraftkonstante 𝑥: Auslenkung

Für die Bewegungsgleichung gilt das zweite Newtonsche Gesetz:

𝑚𝑑2𝑥

𝑑𝑡2= −𝑘𝑥

𝑥 = 𝑓 𝑡

Diese Differentialgleichung kann durch folgenden Ansatz gelöst werden:

𝑥 𝑡 = 𝐴 sin 𝜔𝑡

𝐴: Amplitude 𝜔: Kreisfrequenz 2𝜋

𝑠

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Durch Einsetzen dieser Gleichung in der Differentialgleichung erhält man für die

Kreisfrequenz 𝜔:

𝜔 = 2𝜋𝜈 = 𝑘

𝑚

𝜈: Schwingfrequenz 1

𝑠

𝜔 stellt die Eigenfrequenz des Systems dar und hängt nur von 𝑘 und 𝑚 ab. Man kann für den

Impuls schreiben:

𝑝 𝑡 = 𝑚𝑑𝑥

𝑑𝑡= 𝑚 𝜔 𝐴 cos 𝜔𝑡

und für die potenzielle Energie gilt:

𝐹 𝑥 = −𝑑𝑉

𝑑𝑥→

𝑑𝑉

𝑑𝑥= 𝑘𝑥 → 𝑉 𝑥 =

1

2𝑘𝑥2

Die potenzielle Energie kann durch eine parabelförmige Kurve dargestellt werden. Damit gilt

für die Gesamtenergie:

𝐸𝐺𝑒𝑠 =𝑝2

2𝑚+ 𝑉 𝑥 =

𝑝2

2𝑚+

1

2𝑘𝑥2

Einsetzen für 𝑝2(𝑡), 𝑥2(𝑡) und mit sin2 𝑥 + cos2 𝑥 = 1 ergibt die Gleichung:

𝐸𝐺𝑒𝑠 =1

2𝑘𝑥2

Bei der maximalen Auslenkung 𝐴 = 𝑥 ist nur noch potentielle Energie vorhanden.

Wesentlich ist noch, dass das System eine Eigenfrequenz 𝜈 = 𝑓(𝑘, 𝑚) besitzt, die

unabhängig von der Energie, und somit unabhängig von der Auslenkung 𝐴 ist. Um die

Eigenfrequenz des Systems zu verändern, muss man also entweder die Federkonstante oder

die Masse verändern.

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b) Quantenmechanische Behandlung des harmonischen Oszillators

Hier stellt man sich zwei Massen 𝑚1 und 𝑚2 vor, die durch eine Feder mit der

Federkonstante 𝑘 verbunden sind. (Vergleiche: Zweiatomige Moleküle wie 𝐻𝐶𝑙, 𝑁2, 𝑁𝑂, ...).

Um die Energiewerte des Systems zu erhalten, muss als erstes der Hamilton-Operator des

Systems aufgestellt werden. Die Energie ergibt sich klassisch zu:

𝐸𝐺𝑒𝑠 = 𝐸𝐾𝑖𝑛 + 𝐸𝑃𝑜𝑡 =𝑝𝑥

2

2𝑚+

1

2𝑘𝑥2

Mit den Vorschriften zur Bildung des zugehörigen Energieoperators (Hamilton-Operator)

erhält man:

𝐻 = −ℏ

2𝑚

𝜕2

𝜕 𝑥2+

1

2𝑘𝑥2

Damit gilt für die Schrödingergleichung:

𝐻 Ψ = 𝐸Ψ

−ℏ

2𝑚

𝜕2

𝜕 𝑥2Ψ x +

1

2𝑘𝑥2Ψ 𝑥 = 𝐸Ψ 𝑥

Unter der Randbedingung

limx→±∞

Ψ 𝑥 = 0

erhält man aus dieser Gleichung die Energiewerte des Systems:

𝐸𝜈 = 1

2+ 𝑣 ℏ𝜔 =

1

2+ 𝑣 𝑕𝜈

𝑣 = 0, 1, 2, 3, …

𝑣: Quantenzahl

mit 𝜔 = 𝑘

𝑚= 2𝜋𝜈

wobei für die Eigenfunktionen des Systems gilt (für genaue Herleitung siehe Quantum

Chemistry, Ira N. Levine, 1983, S. 58)

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Ψ𝑣 𝑥 = 𝑁𝑣𝐻𝑣 𝑥 𝑒−𝛼𝑥2

2

mit 𝛼 =𝑚𝜔

𝑁𝑣 = 𝛼

2𝑣𝑣! π

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𝑁𝑣: Normierungsfaktor

𝐻𝑣 𝑥 : Hermitesche Polynome

Hermitesche Polynome sind mathematisch tabellierte Funktionen, die folgendermaßen

aussehen:

𝐻0 𝑥 = 1

𝐻1 𝑥 = 2𝛼𝑥

𝐻2 𝑥 = 4 𝛼𝑥 2 − 2

𝐻3 𝑥 = 8 𝛼𝑥 3 − 12𝛼𝑥

Die graphische Darstellung:

Unterschiede zum klassischen Fall:

- Die erhaltene Energiewerte sind gequantelt, so sind nur ganz bestimmte Amplituden

der Auslenkung erlaubt. Die Eigenfrequenz des Systems ist bereits im klassischen Fall

durch 𝜔 = 𝑘

𝑚 gegeben, jedoch sind beliebige Amplituden und damit beliebige

Energiewerte erlaubt (siehe Potentialkurve).

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- Der tiefste Energiezustand des Systems enthält eine Restenergie, die

Nullpunktsenergie: 𝐸0 =1

2ℏ𝜔 =

1

2𝑕𝜈. Damit ist der Heisenbergsche

Unschärferelation genüge getan, da sonst der Ort des Teilchens und seine Energie

(→Impuls) exakt bekannt wären.

- Die Wellenfunktion Ψ 𝑥 und damit auch Ψ 𝑥 2 erstrecken sich über den

klassischen Aufenthaltbereich hinaus. Dieses Phänomen kann mit Hilfe des

Tunneleffekts gedeutet werden.

- Für höhe Quantenzahlen wird die Amplitude von Ψ(𝑥) nach außen hin größer, was

der klassischen Aufenthaltswahrscheinlichkeit entspricht, das Korrespondenzprinzip

ist also erfüllt.

- Die Zahl der Knotenebenen in der Wellenfunktion Ψν(𝑥) entspricht der Quantenzahl

𝑣

c) Exkurs: Einführung der reduzierte Masse

Um mathematisch einfacher rechnen zu können, muß das Zweiteilcehensystem zu einem

Einteilchensystem reduziert werden. Daher transformiert man das Koordinatensystem in ein

neues Koordinatensystem (Schwerpunktkoordinaten), in dem 𝑚1 willkürlich im Ursprung

liegt:

Damit kann das Molekül als ein fiktives Teilchen mit den Schwerpunktkoordinaten 𝑥, 𝑦, 𝑧 und

Masse 𝜇 betrachtet werden, das gegen eine Wand schwingt:

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Dabei ist 𝜇 die reduzierte Masse:

𝜇 =𝑚1𝑚2

𝑚1 + 𝑚2

d) Ausblick auf den anharmonischen Oszillator

Das Modell des harmonischen Oszillators basiert auf der Näherung, dass die Feder nicht

überdehnt wird, was für den Fall des Moleküls nicht zutrifft. Wie man aus der Chemie

(chemische Reaktionen) weiß, können Moleküle dissoziieren. Dieses Problem wird durch

Einführung des anharmonischen Oszillators gelöst (siehe dort.):

𝑅0: Gleichgewichtsabstand

𝐷0: Dissoziationsenergie

Durch spektroskopische Methoden kann man Δ𝐸 von verschiedenen Verbindungen erhalten,

Spektrum:

Durch Einsetzen dieser Energiewerte in

Δ𝐸 = 𝑕𝜈0 = 2𝜋𝑕 𝑘

𝜇

kann die Kraftkonstante für die Verbindungen errechnet werden. Die Kraftkonstante ist ein

Maß für die Stärke der Bindung. Damit hat man eine Größe, mit der man verschiedene

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Bindungen vergleichen kann. Durch weitere Messungen (Oberschwingungen) kann auch die

Dissoziationsenergie 𝐷0 aus spektroskopischen Schwingungsdaten errechnet werden. (Siehe

Spektroskopie)

1. Exkurs: Rechnen mit Operatoren

Rechenregeln:

a) Summe:

Für zwei Operatoren 𝐴 , 𝐵 und die Funktion 𝑓 𝑥 gilt:

𝐴 + 𝐵 𝑓 𝑥 = 𝐴 𝑓 𝑥 + 𝐵 𝑓(𝑥)

Beispiel:

𝑑

𝑑𝑥+ 3 𝑒2𝑥 = 2𝑒2𝑥 + 3𝑒2𝑥 = 5𝑒2𝑥

b) Produkt

Für das Produkt zweier Operatoren 𝐴 , 𝐵 gilt:

𝐴 𝐵 𝑓 𝑥 = 𝐴 𝐵 𝑓 𝑥

Diese Regel findet bei Kommutatoren Anwendung.

1. Beispiel:

𝑑

𝑑𝑥3 𝑒2𝑥 = 6𝑒2𝑥

und

3 𝑑

𝑑𝑥 𝑒2𝑥 = 6𝑒2𝑥

D.h. sie kommutieren: 𝑑

𝑑𝑥, 3 = 0

2. Beispiel:

𝑑

𝑑𝑥𝑥 𝑒2𝑥 =

𝑑

𝑑𝑥𝑥𝑒2𝑥 = 𝑒2𝑥 + 2𝑥𝑒2𝑥

𝑥 𝑑

𝑑𝑥 𝑒2𝑥 = 𝑥

𝑑

𝑑𝑥𝑒2𝑥 = 𝑥2𝑒2𝑥

D. h. sie kommutieren nicht: 𝑑

𝑑𝑥, 𝑥 ≠ 0

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Vergleiche hierzu die nicht gleichzeitige Bestimmbarkeit von Ort und Impuls,

Unschärferelation

c) Assoziativgesetz:

Für drei Operatoren 𝐴 , 𝐵 und 𝐶 gilt:

𝐴 𝐵 𝐶 𝑓 𝑥 = 𝐴 𝐵 𝐶 𝑓 𝑥

d) Linearer Operator

Ein Operator 𝐴 ist linear, wenn für irgend ein Paar von Funktionen 𝑓(𝑥) und 𝑔(𝑥) die

folgende Beziehung gilt:

𝐴 𝑓 𝑥 + 𝑔 𝑥 = 𝐴 𝑓 𝑥 + 𝐴 𝑔 𝑥

𝑑2

𝑑𝑥2 ist ein linearer Operator, aber 𝑥 und 𝑥 2 sind nicht linear. Alle quantenmechanischen

Operatoren für physikalische Observablen sind linear.

e) Distributivgesetz:

Aus Punkt d) folgt:

𝐴 + 𝐵 𝐶 = 𝐴 𝐶 + 𝐵 𝐶

f) Hermitescher Operator

Hermitesche Operatoren führen zu reellen Eigenwerten. Da nur reelle Werte messbar sind,

muss ein Operator für eine physikalische Observable hermitisch sein:

Ψ∗𝐴 Ψ𝑑𝜏 =+∞

−∞

Ψ 𝐴 Ψ ∗𝑑𝜏

+∞

−∞

Ψ: Eigenfunktionen hermitescher Operatoren

2. Exkurs: Kommutatoren

Es seien 𝐴 , 𝐵 zwei hermitesche Operatoren. Dann gilt für den Kommutator 𝐴 , 𝐵 :

𝐴 , 𝐵 𝑑𝑒𝑓.

= 𝐴 𝐵 − 𝐵 𝐴

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Satz: ist der Kommutator für zwei hermitesche Operatoren 𝐴 , 𝐵 = 0, d. h. kommutieren

zwei Operatoren 𝐴 und 𝐵 , dann besitzen sie einen gemeinsamen Satz von Eigenfunktionen,

d.h. 𝐴 𝜙𝑛 = 𝑎𝑛𝜙𝑛 und 𝐵 𝜙𝑛 = 𝑏𝑛𝜙𝑛 , also ist 𝜙𝑛 sowohl eine Eigenfunktion zum Operator 𝐴

als auch zum Operator 𝐵 .

Damit sind auch die Eigenwerte 𝑎𝑛 und 𝑏𝑛 gleichzeitig messbar, weil sich das System

gleichzeitig im Zustand 𝜙𝑛 befinden kann. Für die Komponenten des Drehimpulses 𝐿𝑥 , 𝐿𝑦

, 𝐿𝑧

gelten (Beweis siehe Quantum Chemistry, I. N. Levine, 1983, S.80):

𝐿𝑥 , 𝐿𝑦

= 𝑖ℏ𝐿𝑧 𝐿𝑦

, 𝐿𝑧 = 𝑖ℏ𝐿𝑥

𝐿𝑧 , 𝐿𝑥

= 𝑖ℏ𝐿𝑦

d. h. zwei Komponenten des Drehimpulses können nicht gleichzeitig gemessen und damit

festgelegt werden. Dagegen kommutieren sie mit 𝐿 2

𝐿 2, 𝐿𝑦 = 0 𝐿 2, 𝐿𝑧 = 0 𝐿 2, 𝐿𝑥 = 0

Daraus folgt, dass nur der Betrag 𝐿2 = 𝐿 2 und eine Komponente des Drehimpulses

gleichzeitig messbar sind, d. h. 𝐿 liegt irgendwo auf dem Kegelmantel (Keine Präzession,

sondern Unschärfe bezüglich 𝐿 und Ort bzw. Richtung):

𝐿 2 und 𝐿𝑧 kommutieren mit dem Hamilton-Operator:

𝐿 2, 𝐻 = 0

𝐿𝑖 , 𝐻 = 0 mit 𝐻 = 𝑇 + 𝑉 und 𝑖 = 𝑥, 𝑦, 𝑧

(Beweis siehe Quantum Chemistry, I.N. Levine, 1983, S.101)

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3.2 Rotation

3.2.1 Raumstarrer Rotator

Man betrachte die Massen 𝑚1 und 𝑚2, die im festen Abstand r voneinander um die feste

Achse 𝑧 rotieren. Für diesen Rotator gilt somit:

a) 𝑟 = 𝑐𝑜𝑛𝑠𝑡. -> starrer Rotator

b) Rotation nur in xy-Ebene -> raumfest --> raumstarrer Rotator

Dieses Modell heißt raumstarrer Rotator. Um dieses Zweiteilchensystem in ein

Einteilchensystem zu transformieren, führt man wieder eine Koordinatentransformation

durch:

und betrachtet die Kreisbewegung eines fiktiven Teilchens mit Masse µ. Nach der klassischen

Mechanik gilt für den Drehimpuls 𝐿 dieses Teilchens:

𝐿 = 𝑟 × 𝑝

Die Gesamtenergie des Teilchens berechnet sich aus:

𝐸𝐺𝑒𝑠 = 𝐸𝐾𝑖𝑛 + 𝐸𝑃𝑜𝑡 =𝑝2

2µ+ 0

Mit dem Drehimpuls ausgedrückt erhält man:

𝐸𝐺𝑒𝑠 =𝐿𝑧

2

2𝐼

𝐼 = µ𝑟2

𝐼: Trägheitsmoment.

Für die quantenmechanische Behandlung muss zuerst der Hamilton-Operator 𝐻 des Systems

konstruiert werden. Da der Hamilton-Operator und der Drehimpuls-Operator 𝐿

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kommutieren 𝐻 , 𝐿 = 0 , wird günstiger weise der Drehimpulsoperator errechnet. Es gilt

für den Drehimpuls nach der klassischen Mechanik:

𝐿 = 𝑟 × 𝑝 =

𝑖 𝑗 𝑘𝑥 𝑦 𝑧𝑝𝑥 𝑝𝑦 𝑝𝑧

= 𝑖 𝑦𝑝𝑧 − 𝑧𝑝𝑦 − 𝑗 𝑥𝑝𝑧 − 𝑧𝑝𝑥 − 𝑘(𝑥𝑝𝑦 − 𝑦𝑝𝑥)

Somit sind alle Komponenten von 𝐿 :

𝐿𝑥 = 𝐿𝑥 = 𝑦𝑝𝑧 − 𝑧𝑝𝑦

𝐿𝑦 = 𝐿𝑦 = 𝑥𝑝𝑧 − 𝑧𝑝𝑥

𝐿𝑧 = 𝐿𝑧 = 𝑥𝑝𝑦 − 𝑦𝑝𝑥

Wenn man für 𝑝𝑖 den quantenmechanischen Operator einsetzt

𝑝𝑖 → 𝑝𝑖 =ℏ

𝑖

∂i

erhält man die Komponenten des Drehimpuls:

𝐿𝑥 =

𝑖 𝑦

𝜕

𝜕𝑧− 𝑧

𝜕

𝜕𝑦

𝐿𝑦 =

𝑖 𝑥

𝜕

𝜕𝑧− 𝑧

𝜕

𝜕𝑥

𝐿𝑦 =

𝑖 𝑥

𝜕

𝜕𝑦− 𝑦

𝜕

𝜕𝑥

Um die Rechnung zu vereinfachen, geht man zu Polarkoordinaten über:

𝐿𝑧 𝑥, 𝑦 → 𝐿𝑧

(𝜙)

Es gilt:

𝑥 = 𝑟 cos 𝜃 sin 𝜙 𝑦 = 𝑟 sin 𝜃 sin 𝜙

𝑧 = 𝑟 cos 𝜃

𝜙 ∈ [0, 2𝜋[

𝜃 ∈ 0, 𝜋

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Für die z-Komponente des Drehimpuls gilt:

𝐿𝑧 𝜙 =ℏ

𝑖

∂ϕ

Jetzt kann der Hamilton-Operator einfach konstruiert werden:

𝐻 = 𝑇 + 𝑉 =𝐿𝑧 2

2𝐼= −

ℏ2

2𝐼

𝜕2

𝜕𝜙2

und damit lautet die Schrödingergleichung:

𝐻 Φ = 𝐸Φ → −ℏ2

2𝐼

𝜕2Φ(𝜙)

𝜕𝜙2= 𝐸Φ 𝜙

Man kann den folgenden Ansatz für die Eigenfunktion (=Wellenfunktion) Φ 𝜙 aufstellen:

Φ 𝜙 = 𝐴 𝑒𝑖𝑎𝜙 →𝜕2Φ 𝜙

𝜕𝜙2= 𝑖𝑎 2Φ 𝜙 = −𝑎2Φ 𝜙

Randbedingung: 𝜙 = 0 → 2𝜋 (Kreisbewegung)

Für 𝜙 und(𝜙 + 2𝜋) müssen sich die selben Werte der Wellenfunktion Φ ergeben.

Φ(𝜙) = Φ(𝜙 + 2𝜋)

Durch Einsetzen erhält man:

𝐴 𝑒𝑖𝑎𝜙 = 𝐴 𝑒𝑖𝑎 𝜙+2𝜋 = 𝐴 𝑒𝑖𝑎𝜙 𝑒𝑖𝑎2𝜋

1 = 𝐴𝑒𝑖𝑎2𝜋 1 = cos 2𝑎𝜋 + 𝑖 sin 2𝑎𝜋 𝑎 = 𝑚 = 0, ±1, ±2, ±3, … Aus der Randbedingung folgt die Quantenzahl 𝑚 und damit die Energiewerte für den

raumstarren Rotator:

𝐸𝑚 =𝑚2ℏ2

2𝐼

𝑚 = 0, ±1, ±2, ±3, …

Normierung der Wellenfunktion Φ𝑚 ergibt den Normierungsfaktor 𝐴:

𝐴𝑒−𝑖𝑚𝜙 𝐴𝑒+𝑖𝑚𝜙 𝑑𝜙 = 12𝜋

0

𝐴21𝑑𝜙 = 𝐴2𝜙 02𝜋 = 2𝜋𝐴2 = 1 → 𝐴 =

1

2𝜋

2𝜋

0

→ Φ𝑚 𝜙 =1

2𝜋𝑒𝑖𝑚𝜙

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Um von den komplexen Wellenfunktionen weg zu kommen, kombiniert man Φ+𝑚 und Φ−𝑚

linear zu Φm ′, wobei man reelle Wellenfunktionen erhält.

Φ𝑚′ =

1

2𝜋 Φ+𝑚 + Φ−𝑚

Φ+𝑚 =1

2𝜋𝑒+𝑖𝑚𝜙

=1

2𝜋[cos 𝑚𝜙 + 𝑖 sin 𝑚𝜙]

Φ−𝑚 =1

2𝜋𝑒−𝑖𝑚𝜙

=1

2𝜋 cos 𝑚𝜙 − 𝑖 sin 𝑚𝜙

→ Φ𝑚′ =

1

2𝜋

1

2 cos 𝑚𝜙 =

1

4𝜋 cos 𝑚𝜙

Φ0 =1

4𝜋 für 𝑚 = 0

Φ0 ist somit ein Band mit Höhe 1

4𝜋

Da 𝐻 und 𝐿𝑧

kommutieren, können nun die Wellenfunktionen und die Eigenwerte des 𝐿𝑧 -

Operators erhalten werden:

𝐻 Φ𝑚 𝜙 = 𝐸𝑚Φ𝑚 𝜙 𝐻 =𝐿𝑧 2

2𝐼

𝐿𝑧 2

2𝐼Φ𝑚 𝜙 =

𝑚2ℏ2

2𝐼Φ𝑚 𝜙

𝐿𝑧 2

Φ𝑚 𝜙 = 𝑚2ℏ2Φ𝑚 𝜙

D. h. 𝛷𝑚(𝜙) ist sowohl eine Eigenfunktion für 𝐻 als auch zu 𝐿𝑧 .

Die Eigenwerte des Betrags des 𝐿𝑧 -Operators sind damit 𝑚ℏ wobei 𝑚 die Werte

0, ±1, ±2, … einnehmen kann (Quantisierung). Daraus folgt, dass der Betrag des

Drehimpulses in Einheiten von ℏ quantisiert ist. (Längen-Quantisierung). Die Energiewerte

des starren Rotators zeigen Analogie mit den Energiewerten des Teilchens im Kasten:

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En =n2ℏ2

8mL2

Em =m2ℏ2

2I

Statt der Masse 𝑚 hat man hier das Trägheitsmoment 𝐼, die Kastenlänge 𝐿 fehlt bei dem

Rotator, da es keine entsprechende Größe im Modell gibt. Die Herleitung der Energiewerte

und ihre Quantelung ist in beiden Modellen analog.

3.2.2 Raumfreier starrer Rotator (Rotation in drei Dimensionen)

Beim raumfreien Rotator ist die Ebene der Rotation nicht festgelegt. Ansonsten geht man

genau so vor wie bei dem raumstarren Rotator:

𝜇 =m1m2

m1 + m2 reduzierte Masse

L = r × p Drehimpuls 𝑟 = 𝑐𝑜𝑛𝑠𝑡.

EPot = 0 𝐸𝐾𝑖𝑛 =

𝑝2

2𝑚

EKin =L2

2μr2=

L2

2I

D. h. 𝐸𝐾𝑖𝑛 ist vom Gesamtimpuls 𝐿 abhängig und nicht nur von 𝐿𝑧 . Für die Komponenten des

Drehimpuls-Operators in Polarkoordinaten gilt:

𝐿𝑥 =

𝑖 𝑦

𝜕

𝜕𝑧− 𝑧

𝜕

𝜕𝑦 = 𝑖ℏ sin 𝜙

𝜕

𝜕𝜃 + cot 𝜃 cos 𝜙

𝜕

𝜕𝜙

𝐿𝑦 =

𝑖 𝑥

𝜕

𝜕𝑧− 𝑧

𝜕

𝜕𝑥 = −𝑖ℏ cos 𝜙

𝜕

𝜕𝜃− cot 𝜃 sin 𝜙

𝜕

𝜕𝜙

𝐿𝑧 =

𝑖 𝑥

𝜕

𝜕𝑦− 𝑦

𝜕

𝜕𝑥 = −𝑖ℏ

𝜕

𝜕𝜙

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𝐿 2 = 𝐿𝑥 2

+ 𝐿𝑦 2

+ 𝐿𝑧 2

→ 𝐿 2 = ℏ

𝑖

2

1

𝑠𝑖𝑛2𝜃

𝜕

𝜕𝜃sin 𝜃

𝜕

𝜕𝜃+

1

𝑠𝑖𝑛2 𝜃

𝜕2

𝜕𝜙2

Die Schrödingergleichung des Systems lautet:

𝐻 𝜓(𝜃, 𝜙) = 𝐸𝜓(𝜃, 𝜙)

Einsetzen von 𝐻 =𝐿 2

2𝐼 ergibt:

𝐿 2

2𝐼 𝜓(𝜃, 𝜙) = 𝐸𝜓(𝜃, 𝜙)

Separiert man die Wellenfunktion 𝜓(𝜃, 𝜙) in zwei voneinander unabhängige Anteile 𝑆(𝜃)

und 𝛷(𝜙) (Produktansatz), so kann man die Schrödingergleichung lösen:

𝜓(𝜃, 𝜙) = 𝑆(𝜃)𝛷(𝜙)

𝛷(𝜙) ist vom vorhergehenden Fall bekannt:

𝛷𝑚 = 𝐴 𝑒𝑖𝑚𝜙 mit 𝑚 = 0, ±1, ±2, …

Für 𝑆(𝜃) kann durch längere mathematische Rechnung gezeigt werden, dass die Legendre-

Polynome eine Lösung des Problems sind (Einzelheiten siehe Quantum Chemistry, I. N.

Levine, 1983, S. 79):

𝑆𝑙 ,𝑚(𝜃) = 2𝑙 + 1

2

𝑙 − 𝑚 !

𝑙 + 𝑚 !

12

𝑃𝑙 𝑚

(cos 𝜃)

mit 𝑃00 = 1, 𝑃1

0 = cos 𝜃, 𝑃20 =

1

2(3 𝑐𝑜𝑠2 𝜃 − 1),…

und den Quantenzahlen:

𝑙 = 0,1,2, … ml ≤ l 𝑚𝑙 = 0, ±1, ±2, …

Man erkennt, dass das System zwei Freiheitsgrade der Bewegung besitzt, bzw. zwei

Quantenzahlen 𝑙 und 𝑚𝑙 hat, d. h. das fiktive Teilchen mit der Masse 𝜇 rotiert auf einer

Kugelschale mit Radius 𝑟. Die Wellenfunktion 𝜓(𝜃, 𝜙) wird auch Kugelfunktion genannt

(spherical harmonics) 𝑌𝑙 ,𝑚 𝑙(𝜃, 𝜙):

𝜓 (𝜃, 𝜙) = 𝑌𝑙 ,𝑚 𝑙(𝜃, 𝜙)

In folgender Tabelle sind einige dieser Funktionen für 𝑙 und 𝑚𝑙 aufgeführt:

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𝑙

𝑚𝑙

𝑌𝑙 ,𝑚 𝑙

𝜃, 𝜙

0 0 1

2 𝜋

1 0 1

2

3

𝜋cos 𝜃

1 ±1 ±1

2

3

𝜋sin 𝜃 𝑒±𝑖𝜙

2 0 1

4

3

𝜋 3 cos 𝜃 − 1

2 ±1 ±1

2

15

𝜋cos 𝜃 sin 𝜃 𝑒±𝑖𝜙

2 ±2 ±1

4

15

𝜋sin2 𝜃 𝑒±𝑖𝜙

Wenn man diese Funktionen in die Schrödingergleichung des Systems

𝐻 𝑌𝑙 ,𝑚 𝑙(𝜃, 𝜙) = 𝐸𝑙𝑌𝑙 ,𝑚 𝑙

(𝜃, 𝜙)

einsetzt, erhält man für 𝐸𝑙 :

𝐸𝑙 =𝑙 𝑙 + 1 ℏ

2𝐼 mit 𝑙 = 0,1,2, … 𝑚𝑙 = 0, ±1, ±2, …

Die Graphische Darstellung einiger 𝑌𝑙 ,𝑚 𝑙 𝜃, 𝜙 -Funktionen:

𝑌(𝜃, 𝜙) mit 𝑙 = 0 und 𝑚𝑙 = 0 ist eine Kugel mit Radius 𝑟 =1

2 𝜋. Dieser Funktion entspricht

ein s-Orbital (siehe später H-Atom, winkelabhängiger Anteil 𝑌(𝜃, 𝜙) der Wellenfunktion

𝛹(𝑟, 𝜃, 𝜙)).

Diese Funktion ist nicht 𝜙-abhängig. Sie entspricht einem 𝑝𝑧-Orbital im Wasserstoffatom.

Die 𝑝𝑦 - und 𝑝𝑧-Orbitale werden durch Linearkombination von 𝑌1,+1(𝜃, 𝜙) und 𝑌1,−1(𝜃, 𝜙)

erhalten (siehe H-Atom).

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Die Eigenwerte zum Drehimpulsoperator 𝐿 können wieder durch die

Kommutatoreigenschaft [𝐻 , 𝐿 ] = 0 errechnet werden (Vergleiche hierzu die Eigenwerte zu

𝐿𝑧):

𝐻 𝑌𝑙 ,𝑚 𝑙 𝜃, 𝜙 =

𝑙 𝑙 + 1 ℏ2

2𝐼𝑌𝑙 ,𝑚 𝑙

𝜃, 𝜙

𝐻 =𝐿 2

2𝐼

𝐿 2

2𝐼𝑌𝑙 ,𝑚 𝑙 𝜃, 𝜙 =

𝑙 𝑙 + 1 ℏ2

2𝐼𝑌𝑙 ,𝑚 𝑙

(𝜃, 𝜙)

L = l l + 1 ℏ 𝑙 = 0,1,2, …

𝑌𝑙 ,𝑚 𝑙(𝜃, 𝜙) ist auch eine Eigenfunktion von dem 𝐿 2-Operator. Der Betrag des Drehimpulses

ist in Einheiten von ℏ quantisiert, d. h. seine Länge ist quantisiert. Damit ist auch die

Winkelgeschwindigkeit der Rotation quantisiert. 𝐿 = 𝑟 × 𝑝 = 𝐼𝜔 . Für die Eigenwerte des

𝐿𝑧 -Operators gilt wegen der Kommutatoreigenschaft [𝐻 , 𝐿𝑧

] = 0:

𝐿𝑧 𝑌𝑙 ,𝑚 𝑙

(𝜃, 𝜙) = 𝑚ℏ𝑌𝑙 ,𝑚 𝑙(𝜃, 𝜙)

→ 𝐿𝑧 = 𝐿𝑧 = 𝑚ℏ

Somit sind der Betrag von 𝐿 und seine 𝐿𝑧 -Komponente nicht gleichzeitig messbar,

𝐿 , 𝐿𝑧 = 0, d. h. nur über die LÄnge von 𝐿 , nicht aber über die Richtung von 𝐿 kann etwas

gesagt werden. So liegt 𝐿 auf einem Kegelmantel:

Orientierungsquantelung des Rotators / Entartung:

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Liegt eine Vorzugsrichtung z. B. durch ein elektrisches oder magnetisches Feld vor, so kommt

es zur Orientierungsquantelung des Rotators. Wenn keine Vorzugsrichtung vorliegt ist jeder

Zustand (2𝑙 + 1)-fach entartet.

Zusammenfassung wichtiger Ergebnisse:

Der Betrag 𝐿 des Drehimpulses 𝐿 ist quantisiert:

𝐿 = 𝑙 𝑙 + 1 ℏ 𝑙: Bahndrehimpulsquantenzahl

Der Betrag 𝐿𝑧 des Drehimpulses in z-Richtung 𝐿𝑧 ist ebenfalls quantisiert

𝐿𝑧 = 𝑚ℏ 𝑚: Orientierungsquantenzahl 𝑚𝑙 = 0, ±1, ±2, … , ±𝑙

Die Rotationsenergie 𝐸 =𝐿2

2𝐼 ist ebenfalls quantisiert

𝐸𝑙 =𝑙 𝑙 + 1 ℏ2

2𝐼

Die Rotationsspektren können durch Einstrahlen im Mikrowellenbereich 𝜆 = 0,1𝑚𝑚 −

1𝑚𝑚 gemessen werden.

Der Rotator besitzt keine Nullpunktsenergie

Es gelten folgende Eigenwertgleichungen:

𝐻 𝑌𝑙,𝑚 𝑙 𝜃, 𝜙 =

𝐿2

2𝐼𝑌𝑙,𝑚 𝑙

𝜃, 𝜙 = 𝐸𝑙𝑌𝑙,𝑚 𝑙 𝜃, 𝜙

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𝐿 𝑌𝑙,𝑚 𝑙 𝜃, 𝜙 = 𝑙 𝑙 + 1 ℏ2 𝑌𝑙 ,𝑚 𝑙

(𝜃, 𝜙)

𝐿𝑧 𝑌𝑙,𝑚 𝑙

(𝜃, 𝜙) = 𝑚𝑙ℏ 𝑌𝑙 ,𝑚 𝑙(𝜃, 𝜙)

Die Rotation ist bezüglich einer Vorzugsrichtung orientierungsquantisiert (d. h. keine freie

Einstellung der Orientierung zu einer Vorzugsrichtung). Die Vorzugsrichtung kann z. B. durch

das Einschalten eines elektrischen oder magnetischen Feldes entstehen, mit dem der Rotator

wechselwirkt.

3.3 Wasserstoffatom und wasserstoffähnliche Atome (He+, Li2+)

Aus den spektroskopischen Untersuchungen der Linienspektren konnte man schließen, dass

das H-Atom diskrete Energieniveaus besitzt. Die beobachteten Übergänge werden durch die

Serienformel beschrieben:

Δ𝐸 = 𝑕𝑐𝑅𝐻 1

𝑚2−

1

𝑛2

Nachfolgend wird eine Theorie beschrieben, die die experimentellen Befunde auf der Basis

der Quantenmechanik erklärt.

3.3.1 Hamilton Operator und Schrödingergleichung

Modell: Ein Elektron 𝑒− befindet sich im Abstand 𝑟 vom 𝑍-fach positiv geladenen Kern und

erfährt eine Coulombwechselwirkung. Die potenzielle Energie ist durch das

Coulombpotential 𝑉𝐶 gegeben:

𝑉𝐶 = −𝑍𝑒2

4𝜋𝜖0𝑟 𝑉𝐶 ∝

1

𝑟

Die kinetische Energie des Elektrons lässt sich als 3-dimensionales Problem beschreiben:

𝐸𝐾𝑖𝑛 =𝑝2

2𝑚𝑒=

𝑝𝑥2

2𝑚𝑒+

𝑝𝑦2

2𝑚𝑒+

𝑝𝑧2

2𝑚𝑒

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bzw. in Operatorschreibweise:

𝑇 = −ℏ2

2𝜇Δ = −

ℏ2

2𝑚𝑒Δ

Die Reduzierte Masse 𝜇

𝜇 =𝑚𝑘𝑚𝑒

𝑚𝑘 + 𝑚𝑒 𝑚𝑘 : Kernmasse

𝑚𝑒 : Elektronenmasse

vereinfacht sich in diesem Fall zu 𝑚𝑒 , da 𝑚𝑘 > 𝑚𝑒 .

Die Behandlung des Systems in Polarkoordinaten bringt eine Vereinfachung mit sich, da es

sich um ein kugelsymmetrisches Problem handelt. Die Umformung des Laplace-Operators

lautet:

Δ =𝜕2

𝜕𝑥2+

𝜕2

𝜕𝑦2+

𝜕2

𝜕𝑧2=

𝜕2

𝜕𝑟2+

1

𝑟2ℏ2ℏ

1

sin 𝜃

𝜕

𝜕𝜃sin 𝜃

𝜕

𝜕𝜙+

1

sin2 𝜃

𝜕2

𝜕𝜙2

→ 𝐻 = 𝑇 + 𝑉 = −ℏ2

2𝑚𝑒 𝜕2

𝜕𝑟2+

2

𝑟

𝜕

𝜕𝑟−

1

ℏ2𝑟2𝐿 2 + 𝑉(𝑟)

Die Wellenfunktion wird in Polarkoordinaten transformiert:

Ψ 𝑥, 𝑦, 𝑧 → Ψ 𝑟, 𝜃, 𝜙

Somit lautet die Schrödingergleichung:

𝐻 Ψ 𝑟, 𝜃, 𝜙 = 𝐸Ψ 𝑟, 𝜃, 𝜙

−ℏ2

2𝑚𝑒 𝜕2

𝜕𝑟2+

2

𝑟

𝜕

𝜕𝑟−

1

ℏ2𝑟2𝐿 2 + 𝑉 𝑟 Ψ = 𝐸Ψ

Eine Separation der Wellenfunktion in Radial- und Winkelanteil ist möglich, da für folgende

Kommutatoren gilt:

𝐻 , 𝐿 2 = 0

𝐻 , 𝐿𝑧 = 0

Die Operatoren 𝐻 und 𝐿 2 besitzen simultane Eigenfunktionen.

𝐻 Ψ = 𝐸Ψ

𝐿 2Ψ = 𝑙 𝑙 + 1 ℏ2Ψ

𝐿𝑧 Ψ = 𝑚𝑙ℏΨ

Da 𝐻 nur auf 𝑟 einwirkt und 𝐿2 nur auf 𝜃 und 𝜙, kann ein Produktansatz gemacht werden:

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Ψ 𝑟, 𝜃, 𝜙 = 𝑅 𝑟 ∗ 𝑌𝑙𝑚 𝜃, 𝜙

𝑅(𝑟): Radialanteil

𝑌𝑙𝑚 : Winkelanteil, spherical harmonics vom raumfreien Rotator

3.3.2 Energieeigenewrte und Quantenzahlen

Als Randbedingung gilt

limr→∞

Ψ = 0

da Ψ∗Ψ integrierbar und normierbar sein muss. Für die Energieniveaus erhält man:

𝐸𝑛 = −1

𝑛2

𝑍2𝜇𝑒4

32𝜋2𝜖0ℏ2= −

1

𝑛2

𝑍2ℏ2

2𝑚𝑒𝑎2

𝜇 ≈ 𝑚𝑒

𝐸𝑛 = −1

𝑛2𝐸𝐴

𝐸𝐴 = 𝑅𝐻𝑕𝑐 =𝑍2𝜇𝑒4

32𝜋2𝜖0ℏ2

𝑎: Bohrscher Radius

𝑎 =4𝜋𝜖0ℏ

2

𝑚𝑒𝑒2= 0,532 Å

𝑅𝐻(𝑏𝑒𝑟𝑒𝑐𝑕𝑛𝑒𝑡) stimmt mit 𝑅𝐻(𝑒𝑥𝑝𝑒𝑟𝑖𝑚𝑒𝑛𝑡𝑒𝑙𝑙) überein.

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Ergebnisse des Modells:

Die Energie 𝐸𝑛 hängt nur von der Hauptquantenzahl 𝑛 ab. Die Energieniveaus sind für einen

bestimmten Wert 𝑛2-fach entartet. Unter Berücksichtigung des Spins, der aus der

relativistischen Quantenmechanik abgeleitet werden kann (P. A. M. Dirac), resultiert eine

2𝑛2-fache Entartung der Niveaus.

Es resultieren folgende Quantenzahlen:

Hauptquantenzahl 𝑛 = 1, 2, 3, …

Nebenquantenzahl 𝑙 = 0, 1, 2, 3, … , 𝑛 − 1; n Werte (Bahndrehimpulsquantenzahl)

Orientierungsqantenzahl 𝑚𝑙 = −𝑙, −𝑙 + 1, … , 𝑙 − 1, 𝑙; 2𝑛 + 𝑙 Werte (Magnetische

Quantenzahl)

3.3.3 Wellenfunktionen des H-Atoms

Definition:

Orbital = Einelektronenwellenfunktion

aus 3.3.1.:

Ψ𝑛𝑙𝑚 𝑟, 𝜃, 𝜙 = 𝑅𝑛𝑙 𝑟 ∗ 𝑌𝑙𝑚 𝜃, 𝜙

Buchstabensymbole für l-Werte:

𝑙 = 0, 1, 2, 3, …

𝑠, 𝑝, 𝑑, 𝑓, …

Die graphische Darstellung von Ψ 𝑟, 𝜃, 𝜙 müsste in einem 4-dimensionalen Raum erfolgen,

da dies aber nicht möglich ist, hat man zur Veranschaulichung drei Darstellungsformen

gewählt:

a) Darstellung des Radialanteils 𝑅(𝑟)

b) Darstellung des Winkelanteils 𝑌 𝜃, 𝜙

c) Höhenliniendiagramm, das 90% von Ψ Ψ⟩ wiedergibt

Die Wellenfunktionen sind für 𝑚𝑙 verschieden von Null alle komplex. Aufgrund der Relation

𝑒𝑖𝜙 + 𝑒−𝑖𝜙 = 2 cos 𝜙 (sin analog) können je zwei Wellenfunktionen mit +𝑚𝑙 und −𝑚𝑙 zu

zwei reellen Funktionen kombiniert werden, z.B.:

Ψ2𝑝𝑥 =1

2 Ψ2𝑝−1 + Ψ2𝑝+1 =

1

4 2𝜋 𝑍

𝑎

52𝑟𝑒−

𝑍𝑟2𝑎 sin 𝜃 cos 𝜙

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Ψ2𝑝𝑥 =1

4 2𝜋 𝑍

𝑎

52𝑥𝑒−

𝑍𝑟2𝑎 𝑥 = 𝑟 sin 𝜃 cos 𝜙

Ψ2𝑝𝑦 =1

𝑖 2 Ψ2𝑝−1 + Ψ2𝑝+1 =

1

4 2𝜋 𝑍

𝑎

52𝑦𝑒−

𝑍𝑟2𝑎

Ψ2𝑝𝑧 =1

𝜋

𝑍

2𝑎

52𝑧𝑒−

𝑍𝑟2𝑎

Die linearkombinierten Wellenfunktionen sind noch Eigenfunktionen zu 𝐻 und 𝐿 2, aber nicht

mehr zu 𝐿𝑧

a) Darstellung des Radialanteils 𝑅𝑛𝑙 𝑟 :

Die Darstellung von 𝑅(𝑟) gibt wenig Einsicht in die physikalischen Verhältnisse des Systems.

Besser ist die Darstellung der Wahrscheinlichkeit, ein Elektron im Volumen 𝑑𝜏 zu finden:

𝑃 = Ψ 2𝑑𝜏 = 𝑅 𝑟 2 𝑌 𝜃, 𝜙 2𝑟2 sin 𝜃 𝑑𝑟𝑑𝜃𝑑𝜙

Die Wahrscheinlichkeit, ein Elektron in einer Kugelschale zwischen 𝑟 und 𝑑𝑟 zu finden

beträgt ohne Einschränkung von 𝜃 und 𝜙:

𝑃 = 𝑅 𝑟 2𝑟2𝑑𝑟 𝑌 𝜃, 𝜙 2 sin 𝜃 𝑑𝜃𝑑𝜙 = 𝑅 𝑟 2𝑟2𝑑𝑟𝜋

0

2𝜋

0

Das Doppelintegral hat wegen der Normierungsbedingung den Wert 1.

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b) Darstellung des Winkelanteils 𝑌𝑙𝑚 (𝜃, 𝜙)

Hierbei wird 𝑟 konstant gehalten (analog zum starren Rotator):

Beispiel: s-Orbital

𝑌 =1

2 𝜋

Kugel mit Radius 𝑟 =1

2 𝜋, 𝜃 und 𝜙 sind frei.

Beispiel: p-Orbital

𝑌10 = 𝑌1𝑧 =1

2

3

𝜋

12𝑐𝑜𝑠 𝜃 = 𝑐 cos 𝜃

𝜙 ∈ 0, 2𝜋

c) Darstellung von Ψ Ψ⟩ = 0,9:

Von den 4 Veränderlichen Ψ = 𝑓(𝑟, 𝜃𝜙) wird Ψ fest gewählt wobei Ψ 2 = 0,9 (90 %), d. h.

es wird der Bereich angegeben, in dem die Wahrscheinlichkeitsdichte 90 % beträgt

Anmerkung zum H-Atom:

Warum ist das System stabil, wenn die potenzielle Energie des Elektrons im Kern maximal

ist? Bei der Annäherung an den Kern nimmt das Elektron kinetische Energie auf und kann

deshalb am Kernort nicht verweilen, sondern entfernt sich vom Kern unter Gewinn von

potenzieller Energie. Es stellt sich so ein Gleichgewicht zwischen 𝐸𝐾𝑖𝑛 und 𝐸𝑃𝑜𝑡 ein (keine

Kreisbewegung wie beim Bohrschen Modell, da das 1𝑠-Elektron keinen Bahndrehimpuls

besitzt).

3.4 Bahndrehimpuls des Elektrons

a) Bahndrehimpuls eines Elektrons im H-Atom

Je nach dem, in welchem Orbital sich das Elektron befindet (s,p,d,f,...), besitzt es einen

entsprechenden Bahndrehimpuls 𝑙 = 0,1,2, 3, … . Der Bahndrehimpuls eines Elektrons

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wird mit dem Kleinbuchstaben 𝑙 gekennzeichnet, wobei die selben Eigenwertgleichungen

und Quantenbedingungen gelten:

𝑙 2Ψ𝑛𝑙𝑚 = 𝑙 𝑙 + 1 ℏ2Ψ𝑛𝑙𝑚

𝑙𝑧 Ψ𝑛𝑙𝑚 = 𝑚𝑙ℏΨ𝑛𝑙𝑚

da 𝐻 , 𝑙 2 = 𝐻 , 𝑙𝑧 2 = 0

𝑙 = 0, 1, 2, … , 𝑛 − 1

𝑚𝑙 = 0, ±1, ±2, … , ±𝑙

b) Spin des Elektrons:

Spektroskopischen Befund (wie z. B. Stern-Gerlach-Versuch, Zeeman Aufspaltung, Duplett

der Na-D-Linie) zeigen, dass zur Charakterisierung des Elektrons die bisherigen

Quantenzahlen nicht ausreichen, sondern dass das Elektron noch zusätzlich Zwei Zustände

besitzen muss, die als Spinzustände 𝛼 und 𝛽 bezeichnet werden. Diese Spinzustände

ergeben sich aus der relativistischen Behandlung des Elektrons (Dirac 1928). Der

Spinoperator 𝑠 verhält sich analog zu 𝑙, d. h. die Eigenwerte für 𝑠2 und 𝑠 können gleichzeitig

angegeben werden.

𝑠 2𝛼 = 𝑠 𝑠 + 1 ℏ2𝛼

𝑠𝑧 𝛼 = +1

2ℏ𝛼

𝑠 2𝛽 = 𝑠 𝑠 + 1 ℏ2𝛽 𝑠𝑧 𝛽 = +

1

2ℏ𝛽

mit 𝑠 =1

2 und 𝑚𝑠 = ±

1

2

Wegen der Ähnlichkeit des Spinoperators und des Drehimpulsoperators hat man den Spin

häufig als Eigenrotation des Elektrons gedeutet, dies ist aber strenggenommen nicht korrekt.

Der Spin ergibt sich aus der relativistischen Behandlung des Elektrons. Für die Beiden

Spinfunktionen 𝛼 und 𝛽 können keine reellen Koordinaten angegeben werden. Die

Gesamtwellenfunktion des H-Atoms lautet nun:

Ψ𝑛𝑙𝑚 𝑙𝑚𝑠= 𝑅𝑛𝑙 𝑟 𝑌𝑚𝑙 𝜃, 𝜙

𝛼𝛽

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Jeder Zustand ist durch 4 Quantenzahlen charakterisiert: 𝑛, 𝑙, 𝑚𝑙 , 𝑚𝑠

Da die Energie ohne äußeres Feld und ohne Berücksichtigung weiterer Wechselwirkungen

(z.B. Spin-Bahn-Kopplung) nur von der Hauptquantenzahl 𝑛 abhängt, ist die Entartung 2𝑛2-

fach.

3.5 Magnetisches Moment des Elektrons, Einelektronen-Spin-Bahn-

Kopplung, Zeeman-Effekt

a) magnetisches Moment und Bahndrehimpuls

klassisches Bild: Eine auf einer Kreisbahn bewegte Ladung stellt einen Strom 𝐼 dar.

𝐼 = 𝑞𝑣

2𝜋𝑟

𝑟: Radius 𝑣: Geschwindigkeit 𝐴: Fläche 𝑞: Ladung

magnetisches Moment 𝜇:

𝜇 = 𝐼𝐴 = −𝑒𝑣

2𝜋𝑟𝜋𝑟2 = −

𝑒𝑣

2𝑟

Die Vektorgleichung lautet:

→ 𝜇 = −𝑒

2𝑚𝑒𝑙 = 𝛾𝑒 𝑙 𝑟 × 𝑝 = 𝑙

𝜇 = −𝑒

2𝑚𝑒𝑟 × 𝑝 𝛾𝑒 : Gyromagnetisches Verhältnis

𝛾𝑒 = −𝑒

2𝑚𝑒

Für den Betrag des magnetischen Momentes gilt:

𝜇 = 𝛾 𝑙 = 𝛾 𝑙 𝑙 + 1 ℏ = 𝜇𝐵 𝑙 𝑙 + 1

𝜇𝐵 =𝑒ℏ

2𝑚𝑒

𝜇𝐵 = 0,27 × 10−24𝐽𝑇−1 Bohrsches Magneton

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b) magnetisches Moment und Spin

In Analogie zum Bahndrehimpuls ist auch mit dem Elektronenspin ein magnetisches Moment

verknüpft. Die analoge Behandlung zum Bahndrehimpuls liefert aber das falsche Ergebnis:

𝜇𝑠 ≠ −𝑒

2𝑚𝑒𝑠

Diese Gleichung muss um den Faktor 𝑔𝑒 = 2. ,023 … korrigiert werden

(magnetomechanische Anomalie). Der Faktor 𝑔_𝑒 ergibt sich ebenfalls aus der

relativistischen Behandlung des Systems. Die korrekte Gleichung lautet:

𝜇𝑠 = −𝑔𝑒

𝑒

2𝑚𝑒𝑠 = 𝑔𝑒𝛾𝑠

𝜇𝑒 = 𝑔𝑒𝜇𝐵 𝑠 𝑠 + 1

e) Wechselwirkung der magnetischen Momente, Spin-Bahn-Kopplung, Roussel-Sounders-

Kopplung für ein Elektron

Der Bahndrehimpuls 𝑙 und der Spin 𝑠 koppeln durch ihre magnetischen Momente

miteinander (vgl. zwei Stabmagnete). Sie sind nicht voneinander unabhängig. Die Kopplung

von 𝑙 und 𝑠 kann durch Vektoraddition zum Gesamtdrehimpuls 𝑗 dargestellt werden:

𝑗 = 𝑙 + 𝑠

Der Gesamtdrehimpuls 𝑗 ist wieder gequantelt:

𝑗 = 𝑗 𝑗 + 1 ℏ

𝑗 = 𝑙 + 𝑠, 𝑙 + 𝑠 − 1, … , |𝑙 − 𝑠|

𝑗: Gesamtdrehimpulsquantenzahl

𝑗𝑧 = 𝑚𝑗ℏ

𝑚𝑗 = 𝑗, 𝑗 − 1, 𝑗 − 2, … , −𝑗

𝑚𝑗 : Orientierungsquantenzahl

Termschreibweise:

𝑇2𝑠+1𝑗

𝑠: Spinquantenzahl

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𝑗: Gesamtdrehimpulsquantenzahl

𝑇: Großbuchstaben der Symbole von 𝑙

z.B.:

p-Elektron:

𝑗 = 𝑙 + 𝑠 = 1 +1

2=

3

2

→ 𝑚𝑗 =3

2,1

2, −

1

2, −

3

2

𝑗 = 3

2

3

2+ 1 ℏ =

15

4ℏ

𝑗 = 𝑙 − 𝑠 = 1 −1

2=

1

2

→ 𝑚𝑗 =1

2, −

1

2

𝑗 = 1

2

1

2+ 1 ℏ =

3

4ℏ

s-Elektron:

𝑙 = 0 𝑠 =1

2

𝑗 = 𝑠 =1

2

→ 𝑚𝑗 =1

2, −

1

2

Da 𝑙 = 0, kann hier keine Spin-Bahn-Wechselwirkung erfolgen, 𝑗 = 𝑠: Im Magnetfeld kommt

es nur zu einer Aufspaltung der beiden Spinzustände.

d) Magnetisches Gesamtmoment 𝜇𝑔

In Analogie zu den Drehimpulsen erhält man das Gesamtmoment ebenfalls durch vektorielle

Addition:

𝜇𝑔 = 𝜇𝑙 + 𝜇𝑠

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𝜇𝑔 präzediert um die 𝑗-Achse.

Wegen der magnetomechanischen Anomalie ist 𝜇𝑗 nicht kollinear mit 𝑗 sondern es gilt:

𝜇𝑗 = −𝑔𝑗

2

2𝑚𝑒𝑗

𝜇𝑗 = 𝑔𝑗𝜇𝐵 𝑗 𝑗 + 1

𝑔𝑗 ist der Lande-Faktor:

𝑔𝑗 = 1 +𝑗 𝑗 + 1 − 𝑙 𝑙 + 1 + 𝑠 𝑠 + 1

2𝑗 𝑗 + 1

e) Zeeman-Effekt

Ein Elektron im Magnetfeld:

Das magnetische Gesamtmoment 𝜇𝑗 wechselwirkt mit dem Magnetfeld 𝐵. Für die

Wechselwirkungsenergie gilt:

𝐸𝐵 = −𝜇𝑗 𝐵0

𝐵-Feld in z-Richtung, parallel zu 𝑗𝑧 :

𝐸𝐵 = 𝑔𝑗

𝜇𝐵

ℏ𝑗𝑧 𝐵𝑧

= 𝑔𝑗𝜇𝐵𝑚𝑗𝐵0

Durch das Magnetfeld wird die Entartung aufgehoben.

z.B.:

p-Elektron mit 𝑗 =1

2, Term 𝑇2

1

2

𝐸𝐵 = −𝜇𝑗 𝐵𝑧 = 𝑔𝑗𝜇𝐵𝑚𝑗𝐵𝑧 = ±

1

2𝑔𝑗𝜇𝐵𝐵𝑧

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p-Elektron mit 𝑗 =3

2, Term 𝑇2

3

2

𝐸𝐵 = −𝜇𝑗 𝐵𝑧 = 𝑔𝑗𝜇𝐵𝑚𝑗𝐵𝑧 =

3

21

2

−1

2

−3

2

𝑔𝑗𝜇𝐵𝐵𝑧

𝑔𝑗𝜇𝐵 lässt sich auch mit ℏ𝛾 substitueren.

f) Zusammenfassung

Beispiel:

Elektron im 2p-Orbital

𝐸2𝑝 = −𝑍2

𝑛2 𝐸𝐴 = −

𝑍2

2213,6 𝑒𝑉 = 1,097 × 105𝑐𝑚−1

Die Energie ist in erster Näherung nur von der Hauptquantenzahl 𝑛 abhängig. Berücksichtigt

man jedoch weitere innere Wechselwirkungen, so ergibt sich ein detaillierteres Bild mit

kleineren Aufspaltungen:

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3.6 Termschema für Atome mit einem Valenzelektron - Spektroskopische

Übergänge

3.6.1 H-Atom

𝐸𝑛 = −𝑍2

𝑛2𝐸𝐻 𝐸𝐻 = 13,6 𝑒𝑉 =

𝑚𝑒𝑒4

32𝜋2𝜖02ℏ2

Die Energiezustände sind in 1. Näherung nur von der Hauptquantenzahl 𝑛 abhängig. Durch

die Spin-Bahn-Kopplung erfolgt eine Aufspaltung der Zustände in Terme. Die Energieniveaus

hängen nun vom Gesamtdrehimpuls 𝑗 ab. Für die Termsymbole gilt folgende Notation.

𝑇2𝑠+1𝑗

2𝑠 + 1: Multiplizität 𝑗: Gesamtdrehimpuls 𝑇: Zustandssymbol 𝑙 = 0, 1, 2, 3, … 𝑇 = 𝑆 𝑃 𝐷 𝐹 …

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3.6.2 Alkaliatome - Feinstruktur der Na-D-Linie

Die Alkaliatome besitzen ein Valenzelektron (Leuchtelektron), die restlichen Elektronen

bilden eine abgeschlossene Schale. Die Kernladung wird durch diese Elektronen abgeschirmt,

woraus eine effektive Kernladungszahl 𝑍𝐸𝑓𝑓 resultiert. Für die Energieniveaus gilt:

𝐸𝑛 = −𝑍𝐸𝑓𝑓

2

𝑛2𝐸𝐻

Es resultiert eine Aufspaltung der Energiezustände wegen der Spin-BahnKopplung. Die 2𝑛2-

fache Entartung ist wegen unterschiedlicher 𝑍𝐸𝑓𝑓 und der Elektronwechselwirkung ebenfalls

aufgehoben. Im Magnetfeld spalten die Zustände weiter auf (anomaler Zeeman-Effekt).

Es gilt:

𝐸𝐵 = 𝑔𝑗𝜇𝐵𝑚𝑗𝐵𝑧

𝑔𝑗 = 1 +𝑗 𝑗 + 1 − 𝑙 𝑙 + 1 + 𝑠 𝑠 + 1

2𝑗 𝑗 + 1 𝑔𝑗 : Lande-Faktor

Auswahlregeln:

Δ𝑛 = 0, 1, 2, 3, … Δ𝑙 = ±1 Δ𝑗 = 0, ±1 (Spin-Bahn-Wechselwirkung) Δ𝑚𝑗 = 0, ±1 (Zeeman-Effekt)

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