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Whitepaper Erfolgsfaktor Digitalisierung – Wie digital ist die Schnittstelle zwischen Versicherungsunternehmen und Kunde? Kundendaten strukturiert erfassen und Dunkelverarbeitung ermöglichen – eine Marktbetrachtung Sascha Däsler

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Erfolgsfaktor Digitalisierung – Wie digital ist die Schnittstelle zwischen Versicherungsunternehmen und Kunde?

Kundendaten strukturiert erfassen und Dunkelverarbeitung ermöglichen – eine Marktbetrachtung

Sascha Däsler

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Management Summary

.Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Digitalisierung und Kundenerwartungen

Die Wettbewerbsbedingungen im Versicherungsumfeld haben sich in den letzten Jahren stark verschärft. Zur Positionierung und Alleinstellung sind neue Maßnahmen und Geschäftsmodelle erforderlich. Dem Kunden stehen durch seine technischen Möglich­keiten vielfältige Wege in der Kommunikation mit seinem Versicherungsunternehmen zur Verfügung. Er ist eigenständiger, flexibler und anspruchsvoller geworden. Er kann sich bei Kaufentscheidungen und Serviceanliegen zunehmend unabhängig entscheiden, ob, wann und wie er mit dem Unternehmen in Kontakt treten möchte. 24/7 über alle Kanäle hinweg wird von ihm vorausgesetzt und ist aus anderen Branchen „gelerntes Verhalten“. Ein relevantes strategisches Steuerungsinstrument in der Kundenkommunikation stellt dabei der Customer­Self­Service dar. Zum einen wird der Kunde befähigt, seinem Bedürfnis nach Autonomie, Schnelligkeit, Mobilität und Flexibilität nachzukommen, zum anderen wird er aktiv in die Rolle des Leistungserbringenden einbezogen, wodurch die Unter­nehmen intern erhebliche Ressourcen sparen.

Mit der vorliegenden Untersuchung möchte PPI aufzeigen, wieviel Potenzial in Bezug auf Self­Services bei Versicherungsunternehmen an der Schnittstelle zum Kunden noch vorhan­den ist und wie dieses Potenzial erschlossen werden kann. Die im Folgenden dargestellte Bestandsaufnahme zeigt, in welchem Digitalisierungsgrad sich die verschiedenen Versiche­rungsunternehmen befinden. PPI hat im Rahmen seiner Digitalisierungsinitiative 37 Web­sites von Versicherungsunternehmen auf ihren Digitalisierungsgrad in Bezug auf Geschäfts­vorfälle, die der Kunde mit dem Versicherungsunternehmen abwickeln kann, untersucht. Ein Großteil aller Onlinevorgänge, die ein Kunde bei einer Versicherung ausführen kann, verfügt über einen niedrigen Digitalisierungsgrad. Die Branche selbst schätzt sich in Befra­gungen hoch digital ein.1 Die hier im Folgenden dargestellte Analyse von 37 großen Versiche­rungen in Deutschland zeigt, dass einige wenige Versicherungen den anderen weit voraus sind. 40 % der digitalen Geschäftsvorfälle beschränken sich darauf, Informationstexte bereitzustellen, PDFs ausdrucken zu lassen, einen Rückruf zu aktivieren oder einen Experten in der Nähe zu suchen. Einen höheren Digitalisierungsgrad liefern im Regelfall Geschäftsvor­fälle wie „Angebote einholen“ oder „Vertragsabschluss“, „Schadenmeldungen“ und „Vertrags service“. Aufgrund dieser Beobachtungen lässt sich darauf schließen, dass ein Großteil der Daten nicht strukturiert erfasst wird. Das erschwert eine Dunkelverarbeitung von Routine fällen und der Kunde kann seinem Self­Service­Bedürfnis nicht nachkommen.

1 Monitoring-Report Wirtschaft DIGITAL 2018, S. 20

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Ausgangssituation

Irrtum in Versicherungsunternehmen

Finanz- und Versicherungsdienstleister sind nach Selbstein-schätzung bei der Digitalisierung ganz vorne mit dabei. Eine direkte Betrachtung der eigentlichen digitalen Schnittstellen zwischen Versicherungsnehmer und -unternehmen zeigt jedoch, dass nur einige wenige Versicherungsunternehmen einen hohen Digitalisierungsgrad aufweisen. Sie sind den anderen weit voraus. Wer sich weiter mit niedrig digitalisierten Vorgängen zufriedengibt, läuft Gefahr, die Digitalisierung zu verschlafen.

Der Monitoring-Report Wirtschaft DIGITAL 2018 sollte optimistisch stimmen. Die Hälfte der befragten Unternehmen ist mit der Digitali-sierung zufrieden, ein Fünftel sogar sehr. Die große Mehrheit der Finanz- und Versicherungsdienstleister (88 %) schätzt die Digitalisie-rung ihrer internen Vorgänge als hoch oder besser ein. Wie hoch der Digitalisierungsgrad der Online-Geschäftsvorfälle der Versicherungs-branche allerdings wirklich ist, lässt sich nicht zuverlässig über die Selbsteinschätzung der Unternehmen feststellen.

Die Digitalisierung hat den Kunden nicht erreicht. Versicherer schöpfen die Möglichkeiten der Digitalisierung nicht aus. Das größte Potenzial in der Digitalisierung der Finanz- und Versicherungsbran-che liegt in der verbesserten Kundenkommunikation. Der Kunde ist allerdings gerade an dieser Schnittstelle unzufrieden. Die Art und Dauer der Schadenbearbeitung landete in jedem Jahresbericht der BaFin seit 2012 auf Platz eins der Beschwerdegründe in der Versiche-rungsbranche.2 Das ist weder im Interesse der Versicherungsgesell-schaften, noch im Interesse der Versicherungsnehmer. Vor allem ist es vermeidbar.

Laut Selbsteinschätzung der Finanz- und Versicherungs-dienstleister ist die Branche bei der Digitalisierung ganz vorne mit dabei.

Versicherungen schöpfen das Potenzial der Digitalisierung bei weitem nicht aus.

2 BaFin-Jahresbericht 2012 bis 2017

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Wie steht es also wirklich um den Digitalisierungsgrad der Online-Vorgänge? In der PPI Marktbetrachtung wurden die Stan-dard-Online-Geschäftsvorfälle der großen deutschen Sach- und Lebensversicherungsgesellschaften untersucht.

Analysiert wurden online 604 Geschäftsvorfälle von 37 Versicherungs-gesellschaften. Betrachtet wurden Sach- und Lebensversicherer mit mehr als 200.000 abgeschlossenen Verträgen pro Jahr und mehr als 200.000 versicherten Personen. Jeder Online-Vorgang wurde nach den operationalisierten Kriterien Struktur, Plausibilitätsprüfung, Modulari-tät und Datenübernahme bewertet. Aus diesen Kriterien wurde der Digitalisierungsgrad des Vorgangs abgeleitet. Die operationalisierten Kriterien reflektieren die Parameter Effektivität, Effizienz und Grad der Zufriedenstellung (Benutzerfreundlichkeit) nach ISO 9241. Als Geschäftsvorfälle mit einem geringen Digitalisierungsgrad gelten solche, die mindestens einen der Parameter Effektivität, Effizienz und Grad der Zufriedenstellung nicht ausreichend erfüllen.

Bei der BaFin genannte Beschwerdegründe

Jahr Platz Grund Anzahl

2012 1 Art der Schadenbearbeitung/Verzögerungen 1.155

2012 2 Deckungsfragen 1.136

2013 1 Art der Schadenbearbeitung/Verzögerungen 1.336

2013 2 Höhe der Versicherungsleistung 1.081

2014 1 Art der Schadenbearbeitung/Verzögerungen 1.426

2014 2 Höhe der Versicherungsleistung 1.254

2015 1 Art der Schadenbearbeitung/Verzögerungen 1.364

2015 2 Höhe der Versicherungsleistung 1.014

2016 1 Art der Schadenbearbeitung/Verzögerungen 1.266

2016 2 Deckungsfragen 1.176

2017 1 Art der Schadenbearbeitung/Verzögerungen 1.240

2017 2 Höhe der Versicherungsleistung 918

Platz 1 und 2 für die Jahre 2012 bis 2017

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In der Analyse wurden Sach- und Lebensversicherer aus einer reinen Außenperspektive über ihre Websites untersucht. Der Fokus lag darauf, inwieweit Kunden und Interessenten Standard-Geschäftsvor-fälle online strukturiert erledigen können. Analysiert wurden die dafür auf der Website des Versicherers zur Verfügung gestellten Formulare, um deren Digitalisierungsgrad zu bewerten. Folgende Geschäftsvorfälle wurden untersucht und getestet:

• Angebot anfordern• Antrag stellen• Schaden melden• Vertragsdaten ändern (Adresse, Name und BLZ) und

Informationen anfordern

Analyse

Noch viel Luft nach oben

Zwei Drittel der 604 getesteten Vorgänge weisen einen durch-schnittlichen oder niedrigen Digitalisierungsgrad auf. Etwa 16 Prozent aller Vorgänge haben einen hohen und etwa 8 Prozent einen sehr hohen Digitalisierungsgrad. Diese Zahlen stellen die Selbsteinschätzung der Branche („88 Prozent hohe Digitalisierung oder besser“) infrage.

Wie sieht das Formular aus? Struktur

Digitalisierungsgrad Usability

Wird auf Eingabe­fehler geprüft? Plausibilität

Werden unnötige Fragen vermieden? Modularität

Werden Eingabe­ duplikate vermieden? Datenübernahme

Abbildung 1: Kriterien für die Bewertung des Digitalisierungsgrades

Der Digitalisierungsgrad der meisten Onlinevorgänge ist durchschnittlich oder niedriger.

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Der Anteil an hoch digitalisierten Vorgängen unterscheidet sich stark – sowohl zwischen Versicherungsgesellschaften als auch zwischen den Geschäftsvorfällen der Versicherungsgesellschaften. Während einzelne Versicherungsgesellschaften mit einigen Vorgängen über einen sehr hohen Digitalisierungsgrad verfügen, bietet ein Großteil der Versiche-rungen sehr viele digitalisierte Vorgänge mit geringem Digitalisierungs-grad an. Verschiedenen Sparten scheint dabei unterschiedlich viel Aufmerksamkeit geschenkt zu werden. Selbst Versicherungen, die einige hoch digitalisierte Vorgänge besitzen, bieten gleichzeitig Vor-gänge an, die einen niedrigen oder sehr niedrigen Digitalisierungsgrad erreichen (beispielsweise Versicherung 11, 7, 5, 19 und 18 in Abbildung 3). In Abbildung 3 werden die Ergebnisse von Abbildung 2 für jedes kontrollierte Versicherungsunternehmen dargestellt. Jeder Balken repräsentiert eine anonymisierte Versicherung, die X-Achse zeigt die Verteilung von sehr niedrig, niedrig, durchschnittlich, hoch und sehr hoch digitalisierten Online-Vorgängen an.

0

5

10

15

20

25

30

35

Digitalisierungsgrad aller getesteten VorgängeProzentuale Verteilung des Digitalisierungsgrades

16,4

29,6 30,5

15,9

7,6

sehr niedrig niedrig durchschnittlich hoch sehr hoch

Anteil in %

Abbildung 2: Digitalisierungsgrad aller getesteten Vorgänge

Prozentuale Verteilung des Digitalisierungsgrades

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Digitalisierungsgrad verschiedener Versicherungen

25 % 50 % 75 % 100 %

Digitalisierungsgrad sehr hoch hoch durchschnittlich niedrig sehr niedrig

Vers

iche

rung

en (a

nony

mis

iert

)

1711

710

41918261333202716

228352936

132

621311235

537251534

98

2322142430

0 %

Abbildung 3: Digitalisierungsgrad verschiedener Versicherungen

Jede Zahl auf der Y-Achse repräsentiert eine Versicherung. Auf der X-Achse wird die Verteilung des Digitalisierungsgrades für die Versicherung angezeigt.

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Zu den typischsten Vorgangsstrukturen, die einem Kunden angeboten werden, gehören immer noch nicht-digitale Pro-zesse, wie z. B. ein Anruf einer Service-Hotline oder der Besuch eines Experten. Zwar sind typische Vorgänge auf den Webseiten des Versicherers vorhanden, doch verweisen viele davon auf nicht-digitale Vorgänge. Abbildung 4 stellt alle betrachteten Vor-gänge in Abhängigkeit ihres Digitalisierungsgrades und der Formu-larstruktur dar. Jedes Quadrat repräsentiert dabei einen überprüften Geschäftsvorfall einer beliebigen Versicherung. Die Farbe zeigt den Digitalisierungsgrad an.

Am häufigsten kamen Vorgänge vor, die über „digitale Formulare“ und „Aufrufe zum Anruf“ abgewickelt wurden. Ein sog. „digitales Formular“ fragt auf der Webseite die Kundendaten ab und erlaubt keinen Freitext. Ein „Aufruf zum Anruf“ fordert den Kunden entweder dazu auf, einen Experten in der Nähe zu kontaktieren oder sich bei einer Hotline zu melden. Etwa 40 Prozent aller Vorgänge wurden

Digitalisierungsgrad einzelner Geschäftsvorfälle in Abhängigkeit der Struktur

sehr hoch

technischer F

ehler

Informatio

nstext

echtes Form

ular

Aufruf zu

m Anruf

Formular m

it Freite

xt

digitales F

ormular

modulares Form

ular

intelligentes F

ormular

sehr niedrig

Digitalisierungsgrad

Digi

talis

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sehr hoch hoch durchschnittlich niedrig sehr niedrig

Abbildung 4: Digitalisierungsgrad einzelner Geschäftsvorfälle in Abhängigkeit der Struktur

Etwa 40 Prozent aller Vorgänge hatten eine Struktur, die eher auf nicht-digitale Vorgänge wie z. B. dem Aufruf zum Anruf oder einem analogen Formular basierten.

Jeder Datenpunkt repräsentiert einen betrachteten Geschäftsvorfall

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über Strukturen mit sehr niedrigem Digitalisierungsgrad geregelt („Informationstext“, „echtes Formular“ oder „Aufruf zum Anruf“).

Zwei Vorgänge (0,3 Prozent) konnten aufgrund technischer Fehler auf den Webseiten nicht abgeschlossen werden. Sechs Vorgänge (1 Prozent) boten lediglich Informationstext über die Produkte an. 26 Vorgänge verlangten vom Nutzer, eine PDF herunterzuladen und auszufüllen (4,4 Prozent). 138 Vorgänge forderten zu einem Anruf oder zu einem direkten Besuch eines Beraters auf (23,1 Prozent). Die etwas breitere Streuung des Digitalisierungsgrades bei der Klasse „Aufruf zum Anruf“ ist abhängig von den dort oft rudimentär imple-mentierten digitalen Vorgängen. Häufig wird der Nutzer über ein kurzes Formular oder Interface aufgefordert, seinen Namen und den Grund für die Beratung anzugeben. Vorgänge mit einem niedrigen Digitalisierungsgrad in diesem Bereich präsentieren im Regelfall eine Tabelle mit diversen Hotlines. Andere fordern den Nutzer zur Ein-gabe einiger weniger Daten wie der Anschrift und dem Anliegen auf. Eine Beratersuche über Postleitzahleingabe stellt hier oft den Vor-gang mit dem höheren Digitalisierungsgrad dar.

Von den digitalisierten Formularen verlangten 80 (13,4 Prozent) die unstrukturierte Eingabe in ein Freitextfeldfeld, das von einem Sach-bearbeiter anschließend interpretiert werden muss. 164 Formulare erfassten die Daten strukturiert (27,5 Prozent), 132 Formulare (22,1 Prozent) reagierten dabei auf vorherige Antworten der Nutzer und blendeten als Reaktion unnötige Fragen aus. 49 Formulare (8,2 Prozent) zeigten „intelligentes“ Verhalten und unterstützten den Kunden aktiv durch Vorschläge.

Der Digitalisierungsgrad der unterschiedlichen digitalen Formular-klassen kann einen höheren Digitalisierungsgrad vorweisen. Eine beträchtliche Anzahl weist jedoch einen niedrigen Digitalisierungs-grad auf. Grund dafür sind große Unterschiede in der Plausibilitäts-prüfung von Nutzereingaben und Datenmanagement. Zwar werden Daten strukturiert erfasst, jedoch oft nicht oder unzureichend auf Fehler oder Plausibilität geprüft.

Die Streuung des Digitalisierungs-grades erhöht sich bei digitalen Formularen, Formularen mit Frei-text und modularen Formularen.

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Versicherungen versäumen dadurch einen der größten Vor-teile in der Digitalisierung. Eine strukturierte Datenerfassung mit umfangreicher Plausibilitätsprüfung der Angaben ermöglicht eine automatisierte Verarbeitung von Schadenmeldungen und Änderun-gen an Bestandsdaten. Die Plausibilitätsprüfung ist vor allem bei Formularen mit Freitext oder digitalen Formularen darauf beschränkt, ob ein Pflichtfeld ausgelassen wurde. Die Fehler- und Plausibilitätsprüfung findet in den meisten Fällen also nur lücken-haft statt. Globale Plausibilitätskontrollen sind oft nur in intelligen-ten Formularen vorhanden. Die vorher benannten Strukturdefizite im Servicebereich bedingen auch, dass die meisten Geschäftsvor-fälle keine globale Plausibilitätsprüfung beinhalten. Lediglich vier von 111 Vorgängen aus dem Servicebereich führten eine globale Plausibilitätsprüfung durch.

Verteilung der Plausibilitätsprüfung

Manuell erstellt!

keine Fehlerkontrolle

lückenhafte lokale Fehlerkontrolle

globale Plausibilitätskontrolle

nicht nötiglokale Fehlerkontrolle

unbekannt Prüfung, ob ein Pflichtfeld ausgelassen wurde

lokale Fehlerkontrolle und Plausibilitätskontrolle

globale Plausibilitätskontrolle zeitgleich mit Eingabe

0

25

50

75

100

Formular mit Freitext digitales Formular modulares Formular intelligentes Formular

Anteil in %

Abbildung 5: Verteilung der Plausibilitätsprüfung

Betrachtung der digitalisierten Vorgänge in Prozent

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Die Versicherungsbranche vernachlässigt erheblich die Digitalisierung von Vertragsservices und Schadenmeldungen zugunsten der Vertragsabschlüsse. Von den 49 „intelligenten“ Formularen bildeten 48 Formulare solche ab, in denen ein Interes-sent einen Vertrag abschließen oder ein Angebot einholen kann (siehe Abbildung 6). Ein einziger Geschäftsvorfall mit intelligentem Formular war zur Abbildung einer Schadenmeldung gedacht.

Die Digitalisierung von Vorgängen findet primär bei Vertragsab-schlüssen oder -angeboten statt. Vertragsservices und Schadenmel-dungen werden in der Regel nicht durch „intelligente“ Formulare abgebildet. Es besteht ein Servicedefizit. Vertragsservices wie die Vertragsdatenänderung werden bereits strukturiert über digitale Formulare (63 Prozent) abgewickelt. Schadenmeldungen werden in den meisten Fällen über ein Formular mit Freitext erfasst (30 Pro-zent) und setzen voraus, dass der Versicherungsnehmer in der Lage ist, den Schaden vollumfänglich beschreiben zu können und zu wollen. Darüber hinaus müssen diese von Sachbearbeitern gelesen und interpretiert werden. Namensänderungen, Änderungen der Konto- oder Adressdaten werden sehr selten auf Fehler überprüft. Hauptsächlich erfolgen Änderungsvorgänge über sehr niedrig digitalisierte Formulare. Daten müssen mehrfach eingegeben werden, obwohl diese dem System nach Login bekannt sein dürften.

Es bestehen große Digitalisierungsdefizite bei Schadenmeldungsvorgängen und Vertragsservices

Abbildung 6: Anzahl der Geschäftsvorfälle für jede Struktur

0

50

100

150

200

Anzahl der Geschäftsvorfälle für jede Struktur

Struktur

Anzahl

technischer F

ehler

Informatio

nstext

echtes Form

ular

Aufruf zu

m Anruf

Formular m

it Freite

xt

digitales F

ormular

modulares Form

ular

intelligentes F

ormular

Vertragsdaten anfragen/abschließen Vertragsservices und Schadenmeldung

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Die Mehrheit der Onlinevorgänge erfasst die vom Kunden eingegebenen Daten nicht strukturiert, sondern per Telefon, auf Papier oder in Freitextfeldern. Es findet keine ausgereifte Prüfung der Eingabefehler oder Plausibilitäten statt. Damit verpassen Versiche-rungsunternehmen die Chance, den Kunden selbstverantwortlich handeln zu lassen und den Sachbearbeiter zu entlasten, um dadurch Bearbeitungszeiten, Rückrufe und den damit verbundenen Personal- und Zeitaufwand beträchtlich zu reduzieren. Der Kunde würde von der strukturierten Datenerfassung profitieren, indem sich die Bearbeitungsdauer verkürzen würde und der Vorgang für ihn transparenter gestaltet werden könnte.

Die Probleme beim Digitalisierungsgrad sind zwischen Versi-cherungen unterschiedlich stark ausgeprägt. Während einige Versicherungsgesellschaften über eine Vielzahl an Prozessen mit hohem Digitalisierungsgrad verfügen, weist ein Großteil noch relativ niedrige Digitalisierungsgradquoten auf. Um konkurrenzfähig zu bleiben, sollten diese zu den anderen aufschließen.

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Die Lösung

Customer Self Service Performance

Niedrig digitalisierte Vorgänge erfassen die Kundendaten zu unstruktu-riert. Selbst digitalere Vorgänge prüfen nur sehr rudimentär, ob ein Eingabefehler gemacht wurde. Das erschwert unnötigerweise eine automatisierte Verarbeitung der Kundendaten. Der Kundenservice wird durch den unstrukturierten Eingang von Serviceanfragen belastet.

An dieser Stelle setzt das von PPI entwickelte Framework CSSP (Customer Self Service Performance – „Kundenselbstbedie-nung“) an. CSSP ermöglicht die Digitalisierung von versicherungs-typischen Geschäftsvorfällen, insbesondere im Bereich Vertrags-service, wie Vertragsdatenänderung und Schadenmeldung. Die Vorgänge und Workflows sind im Backend anpassbar. Der Content im Frontend lässt sich vollständig konfigurieren und an die individuellen Bedürfnisse anpassen. Darüber hinaus ist eine beliebig umfangreiche Plausibilisierung am Point of Sale möglich.

Abbildung 7: Der CSSP Workflow

KopfarbeitHandarbeit

CSSPStrukturierte

Daten

RPARobotic Process

Automation

WFMWorkflow

Management

BRMBusiness Rule Management

AIArtificial

Intelligence

Eingebettete kognitive Intelligenz

Versicherungsunternehmen

Vers

iche

rung

sneh

mer

Symbole von oben nach unten: Brief, Fax, Telefon, 24h-Hotline, persönlich, E-Mail, Chat, Portal, Website, App

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unstrukturierte Daten

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CSSP benötigt nicht zwingend eine Authentifizierung des Kunden, ist auf Schnittstellen vorbereitet, erfasst Kundendaten vollständig und strukturiert, lässt sich intuitiv bedienen und ermöglicht dem Kun-den, alle gewünschten Geschäftsvorfälle über einen Touchpoint selbstständig, flexibel und in Echtzeit 24/7 abzuwickeln.

Eine direkte Schnittstelle ist nicht nötig. CSSP kann sowohl als evolutionärer Zwischenschritt zur Dunkelverarbeitung über einen Roboter mit vorhandenen Interface-Schnittstellen interagieren, als auch direkt Daten ins Bestandsführungssystem zur weiteren Dunkel-verarbeitung abgeben. Durch CSSP erfasste Daten können grund-sätzlich in die vorhandenen Bestandssysteme übertragen werden.

Fazit

Potenziale ausschöpfen

Der Digitalisierungsgrad am Frontend zum Kunden im Versi-cherungsbereich hat noch viel Potenzial. Die Herausforderung besteht darin, die am Frontend relevanten Geschäftsprozesse vollständig zu digitalisieren und dem Kunden den Self-Service anzubieten, den er aus anderen Dienstleistungsbereichen schon seit Jahrzehnten kennt. Schnelligkeit, Erreichbarkeit und hervorragende Lösungskompetenz werden das Kundenerlebnis in Zukunft maßgeb-lich beeinflussen.

Weiterführende Informationen erhalten Sie über die PPI Website unter www.ppi.de/versicherungen/digitalisierung/ customer­self­service­performance/ oder sprechen Sie uns gerne direkt an.

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Die PPI AG

Die PPI AG ist seit über 30 Jahren als Beratungs- und Softwarehaus erfolgreich für Banken, Versiche-rungen und Finanzdienstleister tätig. Als stabil wachsende Aktiengesellschaft in Familienbesitz verknüpfen wir Fach- und Technologie-Know-how, um Projekte kompetent und unkompliziert umzusetzen. Mehr als 600 Mitarbeiter konzentrieren sich dabei ganz auf den Erfolg unserer Kunden. Versicherungsunternehmen bietet PPI fachlich wie methodisch exzellente Lösungen für alle Kernprozesse des Assekuranzgeschäfts. Das Spektrum reicht dabei von Management-, Strategie-, Organisations-, Prozess- bis hin zu IT-Beratung.

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