Erfolgsfaktoren Des Marketing

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3 Käuferverhalten 3.1 Reason Why: Warum man wissen muss, was Käufer fühlen und denken ................................ 34 3.2 Problemerkennung: Wie man die relevanten Bedürfnisse identifiziert ................................. 35 3.3 Informationsverarbeitung: Wie Kunden Informationen einholen und verarbeiten .............................. 38 3.4 Kaufentscheidung: Wie Käufer Einstellungen bilden und Entscheidungen fällen .................................... 41 3.5 Soziales Umfeld: Wie andere den Kaufentscheidungsprozess beeinflussen ................................ 43 3.6 Nachkaufphase: Wie Käufer im Nachhinein mit der Kaufentscheidung umgehen .................................. 44 3.7 Neuere Tendenzen in Wissenschaft und Praxis .............. 45 Einst war Kräuterlikör etwas, was ältere Männer in verrauchten Kneipen trinken. Daran erinnert heute nur noch der alt- deutsch anmutende Schriftzug der Marke. Denn Jägermeister vollzog 1999 einen radikalen Imagewechsel zum Life Style- Getränk für junge Leute. Damit trug das Wolfenbütteler Unternehmen der Er- kenntnis Rechnung, dass Konsumenten ein Produkt nicht nur wegen bestimmter Qualitätsmerkmale kaufen (z.B. Ge- schmack), sondern sich auch und v.a. von psychologisch erklärbaren Einflüssen leiten lassen (z.B. von sozialen Be- zugsgruppen). So konsumiert die neue Zielgruppe Jägermeister primär des- halb, weil er Teil ihrer Identität als Angehörige der Partyszene ist. Beson- ders jungen Menschen ist es wichtig, attraktiven sozialen Gruppen anzugehören und dies in ihrem Konsumverhalten zu demonstrieren. Jäger- meister positionierte daher seine Produkte als „Muss-Artikel“ für Partygän- ger. Erreicht wurde dies durch Event-Marketing (z.B. Gratis-Longdrinks, Foto-Shooting in Diskotheken) und die Infotainment-Homepage. Dort be- grüßen den Besucher zwei sprechende Hirsche, begleitet von Rockmusik und Partygeräuschen. Ein Film zeigt gut gelaunte junge Leute, die an einer Bar stehen und feiern. Ab und zu schwebt ein Angebot in den virtuellen Raum (z.B. ein Radio-Player im Jägermeister-Design). Das Konzept hat

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3 Kuferverhalten3.1 Reason Why: Warum man wissen muss, was Kufer fhlen und denken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343.2 Problemerkennung: Wie man die relevanten Bedrfnisse identifiziert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353.3 Informationsverarbeitung: Wie Kunden Informationen einholen und verarbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383.4 Kaufentscheidung: Wie Kufer Einstellungen bilden und Entscheidungen fllen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413.5 Soziales Umfeld: Wie andere den Kaufentscheidungsprozess beeinflussen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433.6 Nachkaufphase: Wie Kufer im Nachhinein mit der Kaufentscheidung umgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443.7 Neuere Tendenzen in Wissenschaft und Praxis . . . . . . . . . . . . . . 45EinstwarKruterlikretwas,wasltereMnnerinverrauchtenKneipentrinken.Daranerinnertheutenurnochderalt-deutsch anmutende Schriftzug der Marke.DennJgermeistervollzog1999einenradikalenImagewechselzumLifeStyle-Getrnk fr junge Leute. Damit trug dasWolfenbttelerUnternehmenderEr-kenntnisRechnung,dassKonsumenteneinProduktnichtnurwegenbestimmterQualittsmerkmalekaufen(z.B.Ge-schmack), sondern sich auch und v.a. vonpsychologisch erklrbaren Einflssen leiten lassen (z.B. von sozialen Be-zugsgruppen). So konsumiert die neue Zielgruppe Jgermeister primr des-halb, weil er Teil ihrer Identitt als Angehrige der Partyszene ist. Beson-dersjungenMenschenisteswichtig,attraktivensozialenGruppenanzugehren und dies in ihrem Konsumverhalten zu demonstrieren. Jger-meister positionierte daher seine Produkte als Muss-Artikel fr Partygn-ger.ErreichtwurdediesdurchEvent-Marketing(z.B.Gratis-Longdrinks,Foto-Shooting in Diskotheken) und die Infotainment-Homepage. Dort be-grendenBesucherzweisprechendeHirsche,begleitetvonRockmusikund Partygeruschen. Ein Film zeigt gut gelaunte junge Leute, die an einerBarstehenundfeiern.AbundzuschwebteinAngebotindenvirtuellenRaum(z.B.einRadio-PlayerimJgermeister-Design).DasKonzepthat34 3 KuferverhaltenErfolg: Nach eigenen Angaben ist der Spirituosenhersteller heute der welt-weitgrteAnbietervonKruterlikr.Allein2006stiegderUmsatzder0,7-Liter-Flasche um 15%, auf insgesamt 76,5 Mio. Flaschen.3.1 Reason Why: Warum man wissen muss, was Kufer fhlen und denkenS-O-R-ModellLange Zeit ging man davon aus, dass das Kuferverhalten einem simplenSchemafolgt:PotenziellenKufernwirdeinProduktangeboten,dessenAussehen,Preisetc.zusammenmitWerbemanahmen(=Stimulus)siedazu veranlassen, es zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmtenMengeineinembestimmtenGeschftzukaufen(=Response).DiesealsBehaviorismusbekannteWissenschaftsrichtungbeschrnktesichdarauf,sichtbare menschliche Reaktionen (z.B. Kauf) als Folge sichtbarer Umwelt-reize(z.B.Preissenkung)zuerklren.Dieberlegungen,Gefhle,Stim-mungenetc.,diewhrenddesEntscheidungsprozessesimKonsumentenentstehen, betrachteten Behavioristen als Black Box: als komplexe, unsicht-bare und der Forschung unzugngliche Phnomene. Diese Black Box (vgl.Abb. 1) jedoch gilt es zu verstehen, wenn man bspw. erklren mchte, wa-rum Teenager auf unbequemen Miniaturtastaturen massenweise SMS ver-senden oder Grostdter einen Gelndewagen kaufen: Die Teenager wollenals cool gelten und einer Gemeinschaft angehren, und die bermotori-sierten Grostdter mchten auffallen.Im Verlauf der sechziger Jahre setzte sich daher die Erkenntnis durch, dassman verstehen muss, was eine Person denkt und fhlt (= Organismus), umderen(Kauf-)Verhaltenerklrenundbeeinflussenzuknnen.Ausgehendvon diesem Stimulus-Organismus-Response-Modell thematisiert die Kon-Abb. 1: S-O-R-Modell des KuferverhaltensStimulusProdukt, z.B.:Weites Produktumfeld, z.B.:QualittPreisVerpackungVerfgbarkeitEnges Produktumfeld, z.B.:EinkaufssttteKonkurrierende MarkenKonjunkturTechnischer FortschrittResponsez.B.Produkt- undMarkenwahlKaufzeitpunktKaufmengeZufriedenheitWiederkaufabsichtWeiterempfehlungs-absichtRegretBeschwerdePsychologischeFaktorenSoziodemogra-fische FaktorenOrganismus (Black Box)Kaufentscheidungsprozess:ProblemerkennungInformationsverarbeitungKaufentscheidungSoziales UmfeldKap. 3.2 3.5 Kap. 3.6Stimulus:Auf denMenscheneinwirken-der ReizResponse:SichtbareReaktion aufeinen Reiz3.2 Beitrag des Marketings zum Unternehmenszweck 35sumentenverhaltensforschungseithernichtnurdiesichtbarenReaktionenderKunden,sondernauchdieimOrganismusablaufendenunsichtbarenPhasen des Kaufentscheidungsprozesses (vgl. Abb. 1).Struktur des KaufentscheidungsprozessesDer Entscheidungsprozess beginnt damit, dass der Konsument ein Problemerkenntbzw.einBedrfnisversprt(z.B.Durst)undsichdaraufhinbermgliche Problemlsungen (z.B. Mineralwasser, Fanta, Bier trinken) infor-miert.DiesebewertetderKuferanhandvonProduktmerkmalen,diefrihnbedeutsamsind(z.B.geringerKaloriengehalt),undentscheidetsichdannfreineProduktkategorie(z.B.Mineralwasser)sowieeineMarke(z.B. Apollinaris). Nach dem Kauf berdenkt er seine Entscheidung: Ist erdamit zufrieden, zweifelt er sie an oder bedauert er sie gar? Diese fr dieNachkaufphasecharakteristischenKognitionenundEmotionenbeeinflus-sen, ob jemand ein Produkt wiederkauft bzw. weiterempfiehlt. Wiederkaufund Weiterempfehlung sind die beiden Key Performance Indicators (KPI),die am Ende des Entscheidungsprozesses stehen und Auskunft darber ge-ben, ob sich ein Produkt tatschlich erfolgreich auf dem Markt etablierenkonnte. Alle vorgelagerten Leistungsindikatoren sind dafr nur eine not-wendige Voraussetzung (vgl. Abb. 2).3.2 Problemerkennung: Wie man die relevanten Bedrfnisse identifiziertBedrfnis als Ausgangspunkt des KaufprozessesIm Zuge der menschlichen Evolution haben sich innere Antriebskrfte ent-wickelt,derenFunktiondarinbesteht,dasphysische(z.B.Hunger),aberauch das soziale berleben des Menschen zu sichern (z.B. Zugehrigkeits-Abb. 2: Key Performance-Indikatoren fr ein Produkt (beispielhafter Kurvenverlauf)Quelle: in Anlehnung an Kreutzer (2006, S.63).73,056,941,622,413,29,99,04,71,3020406080100gesamt AidedRecallUnaidedRecallKauf-interesseKaufbereit-schaftNach-frageErstkauf Nutzung Wieder-kaufEmpfeh-lung100,0 Anteil an Konsumenten (in %)-27 -22 -27 -46 -41 -25 -9 -48 -73Rckgang (in %)im Vergleich zurVorphaseLesebeispiel:22,4% der angesprochenen Konsumentensind bereit, das Produkt zu kaufen. Diesentspricht einem Rckgang um 46%im Vergleich zum Anteil der Konsumenten,die sich fr das Produkt interessieren.Nachkauf-phase: Zeit nach dem Kauf, in wel-cher der Kufer seine Entschei-dung ber-denkt36 3 Kuferverhaltenbedrfnis).DieseerblichangelegtenBedrfnisse,dieimLebenszyklusbspw. durch Erziehung und andere individuelle Einflsse berformt undweiterentwickelt werden, steuern das menschliche Verhalten. Von der indi-viduellen Ausprgung der Bedrfnisse (z.B. Sicherheitsbedrfnis) hngt esu.a. ab, auf welche Produktmerkmale Kunden bei einer KaufentscheidungWert legen (z.B. Seiten-Airbag) und welches Produkt sie letztlich whlen.Bedrfnisse lassen sich auch als ein spezifischer Mangelzustand beschrei-ben.WeichtderIst-Zustand(z.B.unansehnliche,abgewetzteKleidung)sprbar vom Soll- bzw. Ideal-Zustand (z.B. modische Erscheinung) ab, be-stehteinMangel,deralsunangenehmempfundenwird.AbererstderWunsch, dieses unangenehme Gefhl zu beseitigen, verwandelt das unspe-zifische Bedrfnis in einen konkreten Bedarf: ein auf ein konkretes Wirt-schaftsgut(z.B.Jeans)bezogenesBedrfnis.ZueinemKaufwiederumkommt es nur dann, wenn der Konsument ber die erforderliche Kaufkraftund Kaufbereitschaft verfgt, sodass der Bedarf in Nachfrage transformiertwird. Je nachdem, ob das Bedrfnis durch den Kauf befriedigt wurde, ent-steht Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit (vgl. Abb. 3).BedrfnishierarchieDie unterschiedlichen Bedrfnisse stehen nicht gleichrangig nebeneinander,sondernsindhierarchischgeordnet.VisualisiertwirddieseVorstellungdurchdiesog.BedrfnispyramidedesamerikanischenPsychologenA.Maslow. Demzufolge befriedigen wir zunchst unsere grundlegenden physi-ologischen Bedrfnisse wie Hunger. Erst wenn diese gestillt sind, wendenwir uns sukzessive den sekundren Motiven zu: Sicherheit soziale Bezie-hungen Wertschtzung Selbstverwirklichung (vgl. Abb. 4). Das Origi-nalmodell wurde oft kritisiert: Es sei statisch und realittsfremd. So erlangensehr religise Menschen trotz mangelhafter sozialer Beziehungen und sozi-aler Wertschtzung Selbstverwirklichung im Sinne von Transzendenz. AuchverlierentiefereBedrfnisstufenihreRelevanznichtgnzlich,sondernAbb. 3: Wirkungskette des KuferverhaltensQuelle: in Anlehnung an Balderjahn/Scholderer (2007, S.53).BedrfnisBedarfNachfrageKaufZufriedenheitAntriebsebeneObjektausrichtungBeschaffungsdispositionTransaktionsebeneBeziehungsebeneRckkopplungim Sinne vonErfahrungenz.B.Bedrfnis nach sozialer Anerkennungz.B.Bedarf an einerMarken-Jeansz.B.Nachfrage nach einerbezahlbaren Marken-Jeansz.B.Kauf einer verfgbarenMarken-Jeansz.B.Unzufriedenheit mitder Wirkung der Jeansim sozialen UmfeldPhysio-logischesBedrfnis:KrperlicherMangel-zustandTranszen-denz: Glaubean bersinn-liches3.2 Beitrag des Marketings zum Unternehmenszweck 37nur vorbergehend. So streben viele Deutsche, wie in postmaterialistischenWohlstandsgesellschaften blich, nach Selbstverwirklichung (z.B. Erlebnis-orientierung). Die Bedrfnisse nach Sicherheit (z.B. Altersvorsorge), sozia-len Beziehungen (z.B. Online-Communities) und Wertschtzung (z.B. Sta-tus-bzw.Luxusprodukte)sindabergleichfallssehreinflussreich.Diesemsowohl-als-auch trgt das dynamische Modell Rechnung.Bedrfnisse und LebenszyklusViele Bedrfnisse ndern sich im Laufe des Lebens und damit auch dieNachfrage nach bestimmten Produkten. Der Lebenszyklus eines Menschenlsst sich grob in vier Phasen unterteilen: Single Volles Nest I VollesNest II Leeres Nest. Wer bspw. zu Beginn seines Studiums aus dem El-ternhaus auszieht, hat als Single mit begrenztem Einkommen im Regelfalldas Bedrfnis, sich preiswert einzurichten. Die im Leeren Nest zurck-bleibendenElternerfllensichhingegenendlichdenWunschnachmehrLuxusundersetzenihreabgenutztenSitzmbeldurcheineDesigner-Couch. Familien mit kleinen Kindern (Volles Nest I) bentigen Betreuungs-angebote;solchemitgrerenKindernwiederumbuchenCluburlaube(VollesNestII).NatrlichistdieseDarstellunghchstvereinfachend.Sohaben ltere Singles andere Bedrfnisse (z.B. nach Pflegeprodukten und -dienstleistungen) als jngere. Aber das Modell bietet dem Marketing eineerste Orientierungshilfe, um Bedrfnisse zu identifizieren.Identifikation von BedrfnissenFr das Marketing ist es unerlsslich, Bedrfnisse zu identifizieren. Denndaraus kann man konkrete Anforderungen an die Produktgestaltung (wel-che Bedrfnisse muss das Produkt befriedigen) und Kommunikationspoli-tik (mit welchen Argumenten lsst sich das Produkt bewerben) ableiten. Be-Abb. 4: Statische und dynamische BedrfnishierarchiePhysiologische Grundbedrfnisse(z.B. Hunger, Durst, Sexualitt)Sicherheit(z.B. Wohnen, Gesundheit, Vorsorge)Wertschtzung(z.B. soziale Anerken-nung, SelbstachtungSoziale Beziehungen(z.B. Zugehrigkeit, Zuneigung)Selbst-verwirk-lichung(z.B. Indivi-dualitt, Erlebnis)Statisches Originalmodell Dynamisches ModellRele-vanzWohlstandGrund-bedrfnisseSelbstver-wirklichungSicher-heitWert-schtzungSozialeBeziehungenVolles Nest I: Paar mit jun-gen KindernVolles Nest II: Paar mit lteren Kin-dernLeeres Nest: Paar, Kinder aus dem Haus38 3 Kuferverhaltendrfnisse lassen sich mit Hilfe von Marktforschung einerseits anhand direk-ter Fragen identifizieren, z.B. nach der Wichtigkeit von Leistungsangebo-ten.AndererseitswerdentiefenpsychologischfundierteFragetechnikeneingesetzt, um tiefer liegende, den Befragten selbst oft verborgene Bedrf-nisse erkennen zu knnen. Eine Variante ist die Laddering-Technik. DabeiwirddurchschrittweisesNachfragenerforscht,warumeinemKuferbe-stimmteProduktmerkmalewichtigsind.Ergebnissindsog.MeansEnd-Ketten: Jedes Produktmerkmal (z.B. Airbag) wird mit seinem Nutzen (z.B.Schutz vor Verletzung) und dieser wiederum mit zugrunde liegenden Be-drfnissen (z.B. Sicherheit) verknpft. Daraus kann der Anbieter u.a. ablei-ten,mitwelchenProduktmerkmalenerwelcheBedrfnissebefriedigenkann und welche Nutzenversprechen in der Werbung fr derartige Produktezu betonen sind.3.3 Informationsverarbeitung: Wie Kunden Informationen einholen und verarbeitenAufmerksamkeit als Voraussetzung der InformationsaufnahmeDie menschlichen Sinnesorgane sind nur begrenzt leistungsfhig. Um sichvor Reizberflutung zu schtzen, nimmt der Mensch nicht alle Informatio-nen wahr, insb. solche nicht, die in Form von Produkten oder Produktwer-bungaufihneinstrmen.DieSelektivittderWahrnehmungsorgtdafr,dass nur bedrfnisgerechte Stimuli aufgenommen und verarbeitet werden.So schenkt eine junge Mutter mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Anzeigefr Babywindeln mehr Beachtung als einer Bacardi-Werbung. Da aber vielemehr oder minder austauschbare Angebote (z.B. Pampers, Babydream) umdie Aufmerksamkeit der gleichen Zielgruppe konkurrieren, mssen Anbie-ter die potenziellen Kufer mit den Mitteln der Kommunikationspolitik ak-tivieren, d.h. in einen physiologischen Spannungszustand versetzen.Einflussfaktoren der InformationssucheWie intensiv Kufer nach Informationen suchen, hngt von ihrem Produkt-Involvementab:KonsumenteninteressierensichinunterschiedlichemMaefrdieverschiedenenProduktebzw.Produktkategorien.DauerhaftInvolvierte (z.B. Hobbyfotograf) sind, unabhngig von konkreten Kaufpl-nen, besonders aufnahmebereit fr produktspezifische Informationen (z.B.LeistungsvergleichSpiegelreflexkameravs.elektronischeKamera).Vomdauerhaften ist das situative Involvement abzugrenzen, welches ber die In-tensittderInformationssuchevoreinerKaufentscheidungentscheidet.Hungrige Menschen bspw. sind zeitweilig ausgesprochen daran interessiert,etwas Essbares zu kaufen; und wer zu einem Vorstellungsgesprch oder ei-ner feierlichen Abendveranstaltung geladen ist, dessen situatives Involve-SelektiveWahr-nehmung:Ausblendenvon Umwelt-reizen, dienicht mitrelevantenBedrf-nissen korre-spondieren3.3 Wie Kunden Informationen einholen und verarbeiten 39ment gilt dem Kauf geeigneter Kleidung (Anzug, Kostm etc.). Das Aus-madessituativenInvolvementshngtvondreiFaktorenab:demKaufrisiko, der Kaufhufigkeit und externen Anreizen (vgl. Abb. 5).Bei hohem Kaufrisiko informieren sich Kunden vor dem Produktkauf ein-gehend,z.B.berProduktqualittundPreise.Sienehmenbetrchtliche(Such-)AnstrengungeninKauf,umeinebewusste,kognitivkontrollierteKaufentscheidung treffen zu knnen. Bezieht sich diese auf selten gekaufteProdukte (z.B. PC, Pkw), so spricht man von einer extensiven Kaufentschei-dung. Erfolgsfaktor ist hier ein umfassendes passives (z.B. Prospekte, Web-site)undaktivesInformationsangebot(z.B.Beratungdurchgeschultes,VertrauenerweckendesPersonal).DemErwerbvonhufigergekauftenProdukten, wie Kleidungsstcken, gehen hingegen limitierte Kaufentschei-dungen voraus: Hier greifen die Kunden auf ihre Erfahrungen zurck undorientieren sich vorzugsweise an Schlsselinformationen (z.B. Gtesiegel,Marke, Preis).Wenig risikobehaftete Kaufentscheidungen laufen unter geringerer kogniti-ver Kontrolle ab. Liegt kein zustzlicher externer Anreiz vor (z.B. Sonder-angebot),dannkommteszueinerhabituellenKaufentscheidung.Beson-dersLowInvolvement-Produkte,etwaWarendestglichenBedarfs,werdengewohnheitsgemgekauft,weilsicheinerhhterBeschaffungs-aufwand in ihrem Fall zumeist nicht lohnt. Der Erfolgsfaktor besteht darin,eine starke Marke zu etablieren, welcher die Kufer blind vertrauen.Fr impulsive Kaufentscheidungen ist das Zusammentreffen von geringemKaufrisiko, schwacher kognitiver Kontrolle und externem Anreiz charakte-ristisch.DieskanneineAusnahmesituationsein(z.B.Urlaubsreise),einebesondersreizvolleLadendekoration,ZeitdruckoderdasBestreben,sichein Schnppchen nicht entgehen zu lassen. Anbieter sind sehr daran inter-Abb. 5: Vier Arten von Kaufentscheidungenextensiv(ausfhrlichinformiert)impulsiv(reizgesteuert)habituell(gewohnheits-mig)limitiert(begrenztinformiert)ErfolgsfaktorenProdukt-informationenSchlssel-informationen(u.a. Preis)MarkierungStimulation(u.a. Optik,Preis)Kauf-risikokognitiveKontrolleKauf-entscheidungstarkschwachhochgeringKaufhufigkeitseltenhufigexterner AnreizneinjaBeispielePkw, PC, Urlaub,Solaranlage,MaschineKleidung,kleinere tech-nische GerteLebensmittel,Wasch-, Putz-,ReinigungsmittelvorportioniertesObst in derFrischethekeKaufrisiko: Ungewiss-heit ber die Konsequen-zen einer Kaufent-scheidung40 3 Kuferverhaltenessiert, Impulskufe auszulsen; denn fr diese ungeplanten und spontanenKaufentscheidungenisteineberdurchschnittlicheZahlungsbereitschaftcharakteristisch.BegnstigenlassensichImpulskufedurchknstlicheVerknappung (Nur heute im Angebot!), geschickte Platzierung (z.B. ne-ben der Kasse), vorteilhafte Preise (Sonderangebote) oder Verkaufspromo-tions (z.B. Verkostungsaktion).Speichern von InformationenDamiteinKundedieaufgenommenenProduktinformationenjederzeitalso auch fr sptere Kaufentscheidungen abrufen kann, muss er sie inseinemGedchtnisspeichern.DerdazuerforderlicheLernprozesskannaufverschiedenenMechanismenberuhen.DasPrinzipderklassischenKonditionierung (Lernen durch Gleichzeitigkeit) hat erstmal I. Pawlowbeschrieben.InExperimentenmitHundenliederrussischeWissen-schaftler beim Fttern der Versuchstiere eine Glocke ertnen. Auf Futter(= unkonditionierter Reiz) reagieren Hunde reflexartig mit Speichelfluss,whrend der Glockenton fr sich genommen diese Reaktion nicht auslst(= neutraler Reiz). Nach mehrmaliger gleichzeitiger Darbietung (= Konti-guitt) des unkonditionierten mit dem neutralen Reiz war allerdings auchder Glockenton in der Lage, den Speichelfluss auszulsen. Er wurde zumkonditioniertenReiz.UnternehmennutzendiesenelementarenLernpro-zess und konditionieren ihre Marken mit gewnschten, einzigartigen Pro-duktmerkmalen.SoschreibenvieleKufereinemKrperpflegeprodukt,daswiederholtmiterotischenMotivenbeworbenwurde,einebesondereemotionale Qualitt zu.B.F.SkinnerwieserstmalsdasPrinzipderoperantenKonditionierungnach: Lernen durch Belohnung oder Bestrafung. In Experimenten belohnteerTaubenundRatten fr einbestimmtesVerhalten(z.B.KlopfenaufeinMetallplttchen, Bettigen eines Hebels) mit Futter oder bestrafte sie mit ei-nemleichtenStromsto.WiederholteBelohnungverstrktedasentspre-chende Verhalten, whrend mehrfach bestrafte Tiere die jeweilige Ttigkeitschlielichunterlieen.InderMarketing-PraxislassensichnachdiesemPrinzip Produkte, Marken oder ganze Unternehmen positiv aufladen. Ty-pischeoperanteBelohnungensindPreisnachlsseoderanerkennendeBe-merkungen der Verkufer (Der Pullover steht Ihnen gut!).DasModell-LernenberuhtaufderErkenntnis,dassnichtnurBelohnungundBestrafung,diemanselbsterfhrt,verhaltenswirksamsind,sondernauchBelohnungundBestrafung,dieeinModell,alsoz.B.einandererMensch, erhlt. Der Beobachter lernt in diesem Falle, dass er durch Imita-tion des Modellverhaltens mit demselben Ergebnis rechnen kann. Deshalbist auch hufig von Imitations-Lernen die Rede. Unternehmen nutzen diesesPrinzip, indem sie z.B. auf Referenzkunden verweisen und in der Werbungzeigen,wieTestimonials(=typischeVertreterderZielgruppe)vomGe-brauch des beworbenen Produkts profitieren.Lernen:bernahmevon Verhal-tensweisenaufgrund vonBeobach-tung odereigenerbzw. stellver-tretenderErfahrungReferenz-kunden:Kufer, diemit ihrenpositivenBerichtenandere vondem Produktberzeugen3.4 Wie Kufer Einstellungen bilden und Entscheidungen fllen 413.4 Kaufentscheidung: Wie Kufer Einstellungen bilden und Entscheidungen fllenEinstellungsbildungDie gesammelten Informationen nutzt der Kufer, um die angebotenen Pro-dukte zu beurteilen. Allerdings unterzieht er im Regelfall nicht alle verfg-baren (= Availability Set) bzw. ihm bekannten Produkte (= Awareness Set)einer eingehenden Bewertung, sondern nur solche, die in der konkreten Ent-scheidungssituationfrihnprinzipiellinFragekommen(=EvokedSet).Ergebnis dieses Bewertungsprozesses ist eine Einstellung, die ausdrckt, obwireinProduktmgenodernicht.Einstellungensindsubjektiv,relativberdauernd und nur schwer zu ndern. Auf ihrer Grundlage treffen Men-schenKaufentscheidungen.FrMarketing-Manageristesdaherwichtig,die Einstellungen ihrer Kunden zu kennen, ihre Informationspolitik daranauszurichten und bei der Produktpolitik zu bercksichtigen.ProduktbezogeneEinstellungenlassensichimRahmenvonBefragungenbspw. mit Hilfe des Adequacy Importance-Modells messen, welches zu denMultiattributiv-Modellen zhlt. Hierfr bittet man die Auskunftsperson an-zugeben, welche Attribute des Produkts (bei einer Digitalkamera z.B. Bild-qualitt, Design) ihr in welchem Mae wichtig sind (= Wi) und wie ber-zeugt sie ist, dass die betreffende Marke die einzelnen Leistungsmerkmalebesitzt (= i). Summiert ergibt sich dann die Einstellung Ej. Abb. 6 zeigt hy-pothetischeWertefrzweikonkurrierendeMarken:PanasonicundFuji-film, die im Beispiel annhernd gleich abschneiden.Angesichts der Pattsituation hat Panasonic verschiedene Handlungsoptio-nen, um die Kaufentscheidung mglicher Kunden zu seinen Gunsten zu be-einflussen(vgl.Abb.7).SokannderAnbieterversuchen,diesubjektiveAbb. 6: Einstellungen eines Kufers zu zwei konkurrierenden DigitalkamerasAttribut (i) desObjekts (j)Wichtigkeit (Wi)(1 = unwichtig, 10 = wichtig)BildqualittVideoqualittBetriebsdauerBedienungskomfortVielseitigkeitDesign10349289410844587868iijjW = Eberzeugung (ij)(1 = schwach, 10 = stark)Einstellung (Ej)254 250Panasonic FujifilmEinstellung: Bereitschaft, sich einem bestimmten Objekt gegenber generell ablehnend oder befr-wortend zu verhaltenMultiattri-butiv-Modell: Operationali-siert Einstel-lungen als (gewichtete) Bewertung mehrerer Produkt-merkmale42 3 KuferverhaltenWichtigkeit bislang unwichtiger Attribute, bei denen er besser als Fujifilmabschneidet, zu erhhen (z.B. Betriebsdauer). Hierbei hilft eine Werbebot-schaft wie Bei fnf Tagen Akku-Laufzeit knnen Sie ohne Ladegert aufDienstreise gehen..Einstellungs-VerhaltensdiskrepanzEigentlichmsstejederKonsumentausseinemEvokedSetjeneMarkewhlen, zu der er die positivste Einstellung hat. Aus vielerlei Grnden gehtdiese simple Gleichung allerdings oft nicht auf. So geben viele Verbraucherin Befragungen an, umweltbewusst zu sein; dies bedeutet aber nicht, dasssie in der Realitt immer, hufig oder auch nur bisweilen koproduktekaufen. Die sog. Einstellungs-Verhaltensdiskrepanz hat verschiedene Grnde,von denen der wichtigste das Bedrfnis vieler Menschen ist, in Befragungensozial erwnschte Antworten zu geben. Daneben sind folgende Strfakto-ren bedeutsam: Der Kufer kann sein Verhalten selbst nicht kontrollieren, weil situativeVariablen den Kauf verhindern. Mglicherweise kann er sich teure ko-lebensmittel nicht leisten (finanzielle Restriktionen), oder der Weg zumnchsten Naturkostladen ist bzw. scheint ihm zu weit (zeitliche Restrik-tionen). Kaufentscheidungsprozesseknnensich,v.a.wennsieHighInvolve-ment-Produkte betreffen, ber einen lngeren Zeitraum hinziehen. Damitsteigt die Wahrscheinlichkeit, dass unerwartete Ereignisse (z.B. Arbeits-losigkeit)eintretenundeineneinstellungskonformenKaufverhindernoder die Prferenzen des Kufers sich kurzfristig ndern (z.B. aufgrundeiner spektakulren Rckrufaktion). Die Einstellung ist nicht gefestigt und lsst sich daher nicht aktivieren.Dies ist zumeist dann der Fall, wenn Einstellungen auf Basis von Werbe-versprechen des Anbieters oder Berichten anderer Kufer gebildet wur-den,nichtaberaufgrundeigenerErfahrungen.KostenloseProduktpro-ben knnen daher ein entscheidender Erfolgsfaktor sein.Abb. 7: Handlungsoptionen fr PanasonicWichtigkeit des Leistungsmerkmalswichtigbesserschlechter/gleich gutLeistungsmerkmalim Konkurrenz-vergleichBsp.: BildqualittBsp.: Design, BedienungskomfortStrke kommunizieren und falls mglich ausbauenSchwche beseitigen und dieVerbesserung kommunizierenunwichtigBsp.: Videoqualitt, VielseitigkeitBsp.: BetriebsdauerStatus quo bewahren und event.als wichtig kommunizierenSchwche vernachlssigenSozialerwnschteAntworten:An gesell-schaftlichenNormen(z.B. ge-sunde Ernh-rung, mi-ger Alkohol-genuss)ausgerich-tete Ant-worten3.5 Wie andere den Kaufentscheidungs-prozess beeinflussen 433.5 Soziales Umfeld: Wie andere den Kaufentscheidungs-prozess beeinflussenSozialer EinflussDer Mensch ist ein soziales Wesen und lsst sich daher von Personen, diefr ihn bedeutsam sind, beeinflussen. Er bentigt das Urteil von Freunden,BekanntenundanderenBezugspersonen,umseineigenesVerhaltenalsrichtig oder falsch einschtzen zu knnen (informativer sozialer Einfluss).Darber hinaus hat der Mensch das Bedrfnis, von anderen gemocht undakzeptiert zu werden (normativer sozialer Einfluss). Folglich mchten wir,dass mglichst viele, v.a. aber fr uns wichtige und aus unserer Sicht attrak-tive Personen, unsere Handlungen billigen. Dies gilt, wie Abb. 8 beispiel-haft zeigt, gerade auch fr Kaufentscheidungen.Bezugspersonen und BezugsgruppenEine Schlsselrolle spielen dabei zunchst die Familienmitglieder. Je nach-dem, welchen Anteil sie an Kaufentscheidungen haben, lassen sich weibli-che (Kinderkleidung, Lebensmittel, Kchengerte) und mnnliche Dom-nen(Lebensversicherung)unterscheiden.BeianderenProduktkategorienentscheidenPaareehergemeinsam(Wohnzimmermbel,Urlaub).BeimUrlaubmssenElternauerdemnochRcksichtaufihreKindernehmen(z.B. Club-Urlaub mit Betreuungsangebot). Oftmals regen Kinder Produkt-kufe sogar selber an. So zeigen Beobachtungen in Supermrkten, dass dieInitiativezumKaufvonCornflakesinzweiDrittelnderFllevomKindausgeht. Fast immer stimmten die Eltern diesem Wunsch zu, mehrheitlichsogar auch der ausgesuchten Marke. Man spricht in diesem Fall von abge-leiteter Nachfrage.Wichtig sind weiterhin Bezugsgruppen. So lassen sich Menschen auch vonden Werten ihrer sozialen Schicht, ihres Freundeskreises bzw. ihrer Alters-kohorte leiten. Besonders Jugendliche orientieren sich auf der Suche nachIdentitt an ihrem Umfeld. Sie lassen sich piercen, weil es andere in der Cli-Abb. 8: Genutzte Informationsquellen zum Thema PC/EDVQuelle: Communication Networks 11.0 (2007).Freunde oder Bekannte 62,7 Angeforderte Produktinformationen 8,1FachhndlerInternetFachzeitschriftenFernsehenZeitungenWerbung in TageszeitungenPublikumszeitschriften26,425,122,617,715,011,110,0Werbung in FachzeitschriftenDemo-Software, TestinstallationenWerbung in PublikumszeitschriftenMessen und AusstellungenFachbcherWeblogs im Internet7,57,06,84,94,82,9Anteil (in %); Basis: n =24.765Theorie sozialer Vergleiche: Menschen vergleichen sich mit Personen aus ihrem Um-feld, wenn sie ihr Ver-halten nicht anhand objektiver Kriterien einordnen knnen Abgeleitete Nachfrage: Bedarf an einem Pro-dukt, der (nur) durch eine Mit-telsperson (z.B. Mutter) befriedigt werden kann Alters-kohorte: Zur selben Zeit aufgewach-sene und44 3 Kuferverhaltenque auch tun, oder kaufen einen iPod, um dazu zu gehren. Dies trifft vor-wiegendaufsozialaufflligeProduktbereichezu.SogebenderStudieBravoFaktorJugend2005zufolge92%der18-22-Jhrigenan,sichvordemKleidungskaufbeiFreundenzuinformieren;beiGesichtspflegepro-dukten sind es immerhin noch 71%.EinebesondereRollespielenMeinungsfhrer.InnerhalbihrerBezugs-gruppe nehmen sie eine zentrale Stellung ein (Soziozentralitt) und kom-munizierenintensivmitanderenMitgliederndessozialenNetzwerkes.WennsieauerdemvielbereinProduktwissen(Fachwissen)undsichstark dafr interessieren (Involvement), dann werden vorzugsweise sie vonanderen um Rat zu diesem Produkt gefragt. Besonders wichtig sind solcheReferenzen fr Produkte mit hohem Kaufrisiko (teure imagebildende oderkomplexe Produkte). Deshalb ist es wichtig, dass Anbieter zunchst Mei-nungsfhrerberihreNeuerungeninformieren.LassensiesichvondemAngebot berzeugen, dann werden ihnen andere folgen. Aus diesem GrundsendenetwagroeSportartikelherstellersog.Scoutsaus,diejugendlicheMeinungsfhrer aufspren und ihnen Markenware kostenlos oder leihweisezur Verfgung stellen.3.6 Nachkaufphase: Wie Kufer im Nachhinein mit der Kaufentscheidung umgehenNachkaufdissonanz und RegretNachdem der Kufer sich fr ein bestimmtes Angebot entschieden hat, be-ginnt die Nachkaufphase, in der er das Produkt nutzt oder konsumiert. Pa-radoxerweise setzt er sich in diesem Stadium oft besonders intensiv mit In-formationenberdenbetreffendenProduktbereichauseinander;dennermchteseineEntscheidungbesttigtwissen.SammelterindieserPhaseschlechte Erfahrungen, oder er erhlt neue, negative Informationen ber dasProdukt (z.B. aus der Presse oder von anderen Kufern), dann entsteht ko-gnitiveNachkaufdissonanz.Nahezuunausweichlichistdiesesunange-nehmeGefhl,wennanfnglichzwei(odermehr)ProduktezurAuswahlstanden, welche der Kufer hnlich gut bewertete. Zumeist hat nmlich jedeProduktalternativeeinspezifischesNutzenpotenzial,sodassdieEntschei-dung fr Produkt A (bspw. Mercedes = Sicherheit) zwangslufig den Ver-zicht auf das Nutzenpotenzial von Produkt B (bspw. BMW = Sportlichkeit)bedeutet. Das Bedauern, auf den Nutzen der verworfenen Alternative ver-zichten zu mssen, wird als Regret bezeichnet. Es ist deshalb ratsam, demKufer gerade in der Nachkaufphase konsonante, d.h. seine EntscheidungbesttigendeInformationenzurVerfgungzustellen.DieskanndurchNachkaufwerbung geschehen, indem ein Autohaus bspw. auf ADAC-Testshinweist, wonach der erworbene Pkw der sicherste seiner Klasse ist, oderdurchaffirmativeBemerkungendesVerkufers(z.B.FrdiesesModellhtte ich mich an Ihrer Stelle auch entschieden.).daher vondenselbenEreignissengeprgteMenschen(z.B. Nach-kriegsgene-ration)Referenzen:Berichte vonKonsumen-ten, die an-deren denKauf vonProduktenempfehlenoder davonabratenDissonanz:Als negativwahrge-nommenerWiderspruchzwischenKognitionen3.7 Neuere Tendenzen in Wissenschaft und Praxis 45Kundenzufriedenheit und KundenbindungIn der Nachkaufphase entscheidet sich auch, ob der Kunde das Produkt wie-derkauft oder nicht. Besonders in wettbewerbsintensiven Mrkten ist Kun-denbindungentscheidendfrdenErfolgeinesAnbieters.EinWiederho-lungskufer kennt die Produkte des Unternehmens und vertraut ihm, mussalso kaum mehr beraten bzw. berzeugt werden. Ausschlaggebend fr denWiederkauf ist, ob es dem Anbieter gelingt, einen Kufer mit dem Produkt,dem Service und v.a. mit der Nachkaufbetreuung zufrieden zu stellen. Darinsind manche Branchen besser als andere, wie der Kundenmonitor Jahr frJahr zeigt (vgl. Abb. 9).3.7 Neuere Tendenzen in Wissenschaft und PraxisEmotionen: Menschen entscheiden sich oft spontan und scheinbar irratio-nalfreinProdukt.GrundhierfrknnenEmotionenundStimmungensein. Wer sich bspw. glcklich fhlt, kauft eher als jemand, der traurig ist.UnternehmenstattenihreVerkaufsrumedaheroftmitangenehmenUmweltreizenaus(z.B.Hintergrundmusik,Duft).Weiterhinbeeinflussenantizipierte (d.h. vorweggenommene bzw. erwartete) Emotionen die Kauf-entscheidung (Ich werde stolz auf mich sein, wenn ich jeden Tag auf die-semHometrainertrainiere.).SolcheGefhleanzusprechenerhhtdieKaufwahrscheinlichkeit (Sie mchten Ihren inneren Schweinehund ber-winden?).Abb. 9: Kundenzufriedenheit nach Branchen Quelle: Kundenmonitor Deutschland (2007).BrancheOptikerBuchversand und -clubsKaffeefachgeschfteDrogeriemrkteElektrohaushaltsgrogerte (Kundendienst)MobilfunkanbieterBausparkassenKrankenkassen und -versicherungenLebensmittelmrkteBau- und HeimwerkermrkteStromversorgungsunternehmenBriefpostPostfilialenFondsgesellschaftenReiseveranstalterKfz-PrfstellenHrgerte-AkustikerSchuhfachgeschfteBanken und SparkassenInternetanbieterFinanzmter1 1,5 2 2,5 3 5vollkommenzufriedenun-zufrieden zufriedensehrzufrieden46 3 KuferverhaltenMoralisches Kaufverhalten: Da viele Produkte gleichermaen gute Qua-litt versprechen und Verbraucher zunehmend sensibilisiert sind fr sozi-ale und kologische Missstnde, hat sich das sog. Cause Marketing zu ei-nem Erfolgsfaktor entwickelt. Hierbei engagieren sich Unternehmen frsoziale Belange. Allerdings geschieht dies nicht in Form herkmmlicherSpenden, sondern etwa durch Verknpfung von Produktkauf und gemein-ntzigem Engagement. So spendete Krombacher im Rahmen der Kampa-gne Gute Sache, gutes Bier! fr jede verkaufte Flasche einen Cent freinen guten Zweck (z.B. Rettung des Regenwalds). Seinen Kunden ver-hilftdasUnternehmenmitCauseMarketingzueinemgutenGewissen.Sich selbst differenziert es von Konkurrenten und prsentiert sich oben-dreinalsbesondersverantwortungsvoll.Tatschlichodervermeintlichverantwortungslos handelnde Unternehmen hingegen sehen sich ffentli-cherKritikodergarKonsumentenboykottsausgesetzt(z.B.Electroluxnach der geplanten Stilllegung des zum Konzern gehrenden NrnbergerAEG-Werkes).Neuro-Marketing:JahrzehntelangdominiertedasS-O-R-ParadigmadieKonsumentenverhaltensforschung. In dem Mae jedoch, wie die MethodenderHirnforschungverfeinertwurden,etabliertesicheinForschungsfeld,welches das Entscheidungs- und Kaufverhalten anhand von Hirnstrmen zuerklren versucht. So visualisiert die Magnetresonanz-Tomografie, welcheHirnareale durch einen Stimulus wie stark aktiviert werden. Dadurch lsstsich u.a. die fr den Erfolg einer Marke wichtige Emotionalisierung prfen.SokonntedasMarktforschungsunternehmenViacomnachweisen,dassWerbung fr eine Alkopop-Marke bei jungen, britischen Testpersonen eineheftigeGehirnaktivitthervorruft,WerbungfreineTeemarkehingegennicht.Kultur und Kaufverhalten: Menschen lassen sich in ihrem Kaufverhaltenvon den Werten ihres Kulturkreises leiten. So demonstrieren Japaner gerneMacht und Status auch und v.a. durch die Wahl prestigetrchtiger Marken.Die heimische Marke Suntory bietet daher verschiedene Sorten Whisky an,von denen jede fr eine bestimmte Stufe der Karriereleiter angemessen ist(Tory oder White vor dem Berufseinstieg, Red und Kaku fr einfache sowieOldundReservefrleitendeAngestellte).SolchesozialenAbstufungenkann (und soll) etwa schottischer Whiskey nicht nachbilden.3.7 Neuere Tendenzen in Wissenschaft und Praxis 47berprfen Sie Ihr WissenWiederholende und weiterfhrende Fragen finden Sie in den Begleitmate-rialien im Internet unter www.erfolgsfaktoren-marketing.deGrundlegende LiteraturBalderjahn, I.; Scholderer, J.:KonsumentenverhaltenundMarketing,Stuttgart2007.Kroeber-Riehl,W.;Weinberg,G.:Konsumentenverhalten,8.Aufl.,Mnchen2003.Solomon, M.; Bamossy, G.; Sren, A,: Konsumentenverhalten. Der europischeMarkt, Mnchen 2001.Trommsdorff, V.: Konsumentenverhalten, 7.Aufl., Stuttgart 2008.Weiterfhrende LiteraturMller,S.;Gelbrich,K.:Marktpsychologie,in:Handelsblatt(Hrsg.):Wirt-schaftslexikon, Stuttgart 2006, S.3817-3835.Mller, S.; Gelbrich, K.: Interkulturelles Marketing, Mnchen 2004.Raab, G.; Unger, F.: Marktpsychologie, 2.Aufl., Wiesbaden 2005.