Erste Ernte für Goji-Gärtner aus Bomlitz...2019/07/22  · Erste Ernte für Goji-Gärtner aus...

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BOMLITZ. Die ersten Beeren leuchten seit ein paar Wo- chen orange an den Sträu- chern. In der zweiten Juli- hälfte beginnt die Ernte. 200 Kilogramm Goji-Beeren wollen Ralf und Karin Spie- gel von Hand pflücken. Das Ehepaar aus Bomlitz tritt damit in die nächste Phase ihres Projektes ein, das vor drei Jahren begann. Fitnesstrainer und Taek- wondo-Meister Ralf Spiegel will ein sogenanntes „Su- perfood“ in Eigenregie an- bauen. Die meistens aus Asien oder Südamerika stammenden Beeren, Sa- men, Algen oder getrockne- te Pflanzen erleben seit ein paar Jahren einen Boom in Deutschland. So gilt etwa die Goji-Beere als vitamin- reich, ihr wird eine blutrei- nigende und damit gesund- heitsfördernde Wirkung zu- geschrieben. „Ich war immer müde“, berichtet Ralf Spiegel, als er jedoch anfing, täglich Goji- Beeren zu essen, ver- schwand die Müdigkeit. Auch seine Waden- krämpfe sind seither pas- sé, die den 54-jährige Vermessungstechniker plagten, wenn er fünfmal in der Woche trainierte. Also entschieden sich die Spie- gels dafür, im Nebenerwer- be eine eigene Plantage aufzubauen. 10.000 Pflan- zen wachsen seit 2017 auf einem guten Hektar großen Acker, der zum Biohof Wil- dung in Wenzingen gehört und den die Hobby-Gärtner gepachtet haben. Insgesamt investieren die beiden und ihre drei Töch- ter 20 Stunden pro Woche, damit die inzwischen zwei Meter großen Sträucher vol- ler Beeren hängen. Auf dem Programm steht Unkraut jä- ten, Triebe zurückschnei- den und Bio-Dünger aus- bringen. Die Spiegels wol- len frische Bioqualität ern- ten und sich damit unter- scheiden von dem, was landläufig als Goji-Beeren angeboten wird. Der Ver- braucherschutz schätzt, dass monatlich hunderte Tonnen Goji in Trockenform aus China nach Deutsch- land geschippert werden, oft belastet mit Schwerme- tallen und Pflanzenschutz- rückständen. Auch die lan- gen Transportwege seien wenig klimafreundlich, heißt es in der Berliner Zen- trale. Die im Heidekreis ange- baute Sorte „Turgidus“ stammt hingegen aus Süd- deutschland. Klaus Umbach aus Heilbronn, wo derzeit die Bundesgartenschau stattfindet, hat sie kultiviert. Der Bioland-Gärtner sieht im Nachtschattengewächs ein ähnliches Marktpotenzi- al wie bei der Paprika und ist überzeugt: „Die Heilwir- kung der Goji spricht sich herum.“ Mehr als 3000 Jah- re Erfahrungen mit der ge- sundheitsför- dernden Pflanze in der Traditio- nellen Chi- nesischen Medizin sei- en keine Marketingblase. Das sehen auch immer mehr Konsumenten so. Laut einer Nielsen-Studie gibt jeder vierte Deutsche an, sein Essen mit Superfood anzureichern. Dabei entde- cken die Verbraucher nach den Exoten wieder lokale Powerkörner wie Leinsa- men, als Alternative zu Chia-Samen. Auch der Griff zur Heidelbeere statt zu Acai-Beeren wird beliebter. Das bedeutet aber nicht das Ende der exotischen Früch- te. 51 Prozent der Super- food-Esser wollen aber regi- onal kaufen. Wer – wie die Spiegels Exoten in Deutschland erntet, trifft auf großes Konsumenteninter- esse. Schon in zwei Biohoflä- den stehen demnächst die heimischen, süß schme- ckenden Gojibeeren im Regal. Neben dem Biohof Wildung hat sie Familie Leutnant aus Hünzingen im Bio-Hofladen ‚Zwei Ei- chen‘ und auf dem Wo- chenmarkt in Soltau im Angebot. Und auch beim Regionaltreffen der hiesi- gen Biolandhöfe, das am 25. August in Eilte stattfin- det, finden sich Gojis, die in 25-Gramm-Schälchen angeboten werden. „Weil wir auch über andere Nah- rung Vitamine, Spurenele- mente und Mineralien auf- nehmen, reichen pro Tag zehn bis 20 Gramm“, sagt Ralf Spiegel. Aktiven Sportler rät er allerdings, mehr zu essen, weil ihr Grundumsatz höher ist. Er und seine Familie essen übrigens täglich je 25 Gramm. So viel, wie es im Herkunftsland China emp- fohlen wird. Michael Sudahl Erste Ernte für Goji-Gärtner aus Bomlitz Ralf und Karin Spiegel schwören auf die Gesundheitskraft der süßen Vitaminbeeren / Besonders für Sportler geeignet Ralf und Karin Spiegel (Bild unten) freuen sich auf die eigene Ernte ihrer Goji-Beeren (oben). Spiegel (2) Die Heilwirkung der Goji spricht sich herum Klaus Umbach, Bioland-Gärtner

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BOMLITZ. Die ersten Beerenleuchten seit ein paar Wo-chen orange an den Sträu-chern. In der zweiten Juli-hälfte beginnt die Ernte.200 Kilogramm Goji-Beerenwollen Ralf und Karin Spie-gel von Hand pflücken. DasEhepaar aus Bomlitz trittdamit in die nächste Phaseihres Projektes ein, das vordrei Jahren begann.

Fitnesstrainer und Taek-wondo-Meister Ralf Spiegelwill ein sogenanntes „Su-perfood“ in Eigenregie an-bauen. Die meistens ausAsien oder Südamerikastammenden Beeren, Sa-men, Algen oder getrockne-te Pflanzen erleben seit einpaar Jahren einen Boom inDeutschland. So gilt etwadie Goji-Beere als vitamin-reich, ihr wird eine blutrei-nigende und damit gesund-heitsfördernde Wirkung zu-geschrieben.

„Ich war immer müde“,berichtet Ralf Spiegel, als erjedoch anfing, täglich Goji-Beeren zu essen, ver-schwand dieMüdigkeit.Auch seineWaden-krämpfe sindseither pas-sé, die den54-jährigeVermessungstechnikerplagten, wenn er fünfmal inder Woche trainierte. Alsoentschieden sich die Spie-gels dafür, im Nebenerwer-be eine eigene Plantageaufzubauen. 10.000 Pflan-zen wachsen seit 2017 aufeinem guten Hektar großenAcker, der zum Biohof Wil-dung in Wenzingen gehörtund den die Hobby-Gärtnergepachtet haben.

Insgesamt investieren diebeiden und ihre drei Töch-ter 20 Stunden pro Woche,damit die inzwischen zweiMeter großen Sträucher vol-ler Beeren hängen. Auf demProgramm steht Unkraut jä-ten, Triebe zurückschnei-den und Bio-Dünger aus-bringen. Die Spiegels wol-

len frische Bioqualität ern-ten und sich damit unter-scheiden von dem, waslandläufig als Goji-Beerenangeboten wird. Der Ver-braucherschutz schätzt,dass monatlich hunderteTonnen Goji in Trockenformaus China nach Deutsch-land geschippert werden,oft belastet mit Schwerme-tallen und Pflanzenschutz-rückständen. Auch die lan-gen Transportwege seienwenig klimafreundlich,heißt es in der Berliner Zen-trale.

Die im Heidekreis ange-baute Sorte „Turgidus“stammt hingegen aus Süd-deutschland. Klaus Umbachaus Heilbronn, wo derzeitdie Bundesgartenschaustattfindet, hat sie kultiviert.Der Bioland-Gärtner siehtim Nachtschattengewächsein ähnliches Marktpotenzi-al wie bei der Paprika undist überzeugt: „Die Heilwir-kung der Goji spricht sichherum.“ Mehr als 3000 Jah-re Erfahrungen mit der ge-

sundheitsför-derndenPflanze inder Traditio-nellen Chi-nesischenMedizin sei-en keine

Marketingblase.Das sehen auch immer

mehr Konsumenten so. Lauteiner Nielsen-Studie gibtjeder vierte Deutsche an,sein Essen mit Superfoodanzureichern. Dabei entde-cken die Verbraucher nachden Exoten wieder lokalePowerkörner wie Leinsa-men, als Alternative zuChia-Samen. Auch der Griffzur Heidelbeere statt zuAcai-Beeren wird beliebter.Das bedeutet aber nicht dasEnde der exotischen Früch-te. 51 Prozent der Super-food-Esser wollen aber regi-onal kaufen. Wer – wie dieSpiegels – Exoten inDeutschland erntet, trifft aufgroßes Konsumenteninter-esse.

Schon in zwei Biohoflä-den stehen demnächst dieheimischen, süß schme-ckenden Gojibeeren imRegal. Neben dem BiohofWildung hat sie FamilieLeutnant aus Hünzingenim Bio-Hofladen ‚Zwei Ei-chen‘ und auf dem Wo-chenmarkt in Soltau imAngebot. Und auch beimRegionaltreffen der hiesi-gen Biolandhöfe, das am25. August in Eilte stattfin-det, finden sich Gojis, diein 25-Gramm-Schälchen

angeboten werden. „Weilwir auch über andere Nah-rung Vitamine, Spurenele-mente und Mineralien auf-nehmen, reichen pro Tagzehn bis 20 Gramm“, sagtRalf Spiegel. AktivenSportler rät er allerdings,mehr zu essen, weil ihrGrundumsatz höher ist. Erund seine Familie essenübrigens täglich je 25Gramm. So viel, wie es imHerkunftsland China emp-fohlen wird.

Michael Sudahl

Erste Ernte für Goji-Gärtner aus BomlitzRalf und Karin Spiegel schwören auf die Gesundheitskraft der süßen Vitaminbeeren / Besonders für Sportler geeignet

Ralf und Karin Spiegel (Bild unten) freuen sich auf die eigene Ernte ihrer Goji-Beeren (oben). Spiegel (2)

Die Heilwirkungder Goji spricht sichherumKlaus Umbach, Bioland-Gärtner