FIT - Ausgabe 10, 2014 des strassenfeger

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Straßenzeitung für Berlin & Brandenburg 1,50 EUR davon 90 CT für den_die Verkäufer_in No. 10, Mai 2014 SCHRILL »Mc Fitti fit für die Tour« (Seite 3) FORMIDABEL »Harald Hauswald zum 60.« (Seite 16) WEHMÜTIG »Robert Metzkes Menschenbilder« (Seite 24) FIT

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Straßenzeitung für Berlin & Brandenburg

1,50 EURdavon 90 CT für

den_die Verkäufer_in

No. 10, Mai 2014

SCHRILL»Mc Fitti fit für die Tour« (Seite 3)

FORMIDABEL»Harald Hauswald zum 60.« (Seite 16)

WEHMÜTIG»Robert Metzkes Menschenbilder«(Seite 24)

FIT

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 20142 | INHALT

strassen|feger Die soziale Straßenzeitung strassenfeger wird vom Verein mob – obdach-lose machen mobil e.V. herausgegeben. Das Grundprinzip des strassenfeger ist: Wir bieten Hilfe zur Selbsthilfe!

Der strassenfeger wird produziert von einem Team ehrenamtlicher Autoren, die aus allen sozialen Schichten kommen. Der Verkauf des stras-senfeger bietet obdachlosen, wohnungslosen und armen Menschen die Möglichkeit zur selbstbestimmten Arbeit. Sie können selbst entschei-den, wo und wann sie den strassenfeger anbieten. Die Verkäufer erhalten einen Verkäuferausweis, der auf Verlangen vorzuzeigen ist.

Der Verein mob e.V. fi nanziert durch den Verkauf des strassenfeger soziale Projekte wie die Notübernachtung und den sozialen Treff punkt »Kaff ee Bankrott « in der Storkower Str. 139d.Der Verein erhält keine staatliche Unterstützung.

Liebe Leser_innen,Höher, schneller, weiter – so lautet das Lebensmotto vieler Menschen. Entschleunigung oder Müßiggang ist nicht mehr vorgesehen. Eine ganze Industrie ist mittlerweile rund um das Thema »Fit« entstanden.Wer dazu gehören will, muss topfi t sein. Schwächlinge werden nicht mehr akzeptiert. Waschbrettbäuche regieren die Welt. Na ja, das ist jetzt vielleicht ein wenig über-trieben, aber geworben wird für so eine Gesellschaft rund um die Uhr. Kein Wunder, dass sich nicht nur Leistungssportler, son-dern auch Freizeitathleten Fitnessriegel (die mit Dopingmitteln verunreinigt sind!) reinstopfen oder zu dubiosen Diäten greifen. Ganz zu schweigen von den wie Pilze aus dem Boden schießen-den Fitnessstudios. Pervers: Mit ihren Karteileichen machen sie jede Menge Profi t, weil sie meist Knebelverträge anbieten, die von Menschen mit innerem Schweinehund leider eingehalten werden müssen (Seite 6). Äußerst angesagt, obwohl sicher nicht wirklich gesund, sind die Marathonläufe. Ehrlich, ich habe Res-pekt vor jedem Menschen, der die 42,195 Kilometer laufend am Stück bewältigt. Ich selbst würde aber nie auf die Idee kommen, mich so einer Schinderei hinzugeben. Da spiele ich lieber mit Freunden eine Partie Altherren-Fußball oder Volleyball am Ost-seestrand. Fit hält das allemal! Übrigens: Wissen Sie, was wieder richtig angesagt ist? Der gute alte Turnbeutel (Seite 8)!

Der Aufmacher dieser Ausgabe ist aber ein ganz anderer: Wir haben einmal um die Ecke gedacht und sind auf den Rapper »Mc Fitti« gestoßen. Fit wie nie ist er gerade wieder auf Tour: 14 Auf-tritte in 14 Tagen in ganz Deutschland und der Schweiz. Respekt! Beim Proben dafür hat »Fitti« uns noch schnell ein Interview ge-geben (Seite 3). In der Rubrik art strassenfeger gratulieren wir diesmal dem Fotografen Harald Hauswald zum 60. Geburtstag. Aus diesem Anlass zeigt der »Ostkreuz«-Künstler in der »Fotoga-lerie im Friedrichshain« unter dem bezeichnenden Titel »Quer-beet« Fotografi en aus den Jahren 1976 - 2014. Das Motiv des En-fant terrible der dokumentarischen Fotografi e in der DDR: »Mich interessieren Menschen in Räumen.« Zur Vernissage traf sich ein sehr illustres Völkchen, um dem Jubilar zu huldigen.

Im Brennpunkt geht es um die Kritik der Armutskonferenz an Berliner Jobcentern, die Alg II-Empfänger in Niedriglohnbeschäf-tigungen vermitteln (Seite 20). Urszula Usakowska-Wolff stellt Ihnen diesmal die Ausstellung »Menschenbilder« von Robert Metzkes im Georg-Kolbe-Museum vor (Seite 24). Und – auch die Leibesübungen kommen bei uns diesmal nicht zu kurz (Seite 26).

Ich wünsche Ihnen, liebe Leser_innen, wieder viel Spaß beim Lesen!Andreas Düllick

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FIT»Mc Fitt i «geht auf auf Tour

Karteileichen im Fitness-Keller

Zwei Geschichten eines Turnschuhs

Die Auferstehung des Turnbeutels

Armer Obdachloser – armer Jogger?!

Fitnessriegel und zweifelhaft e Diäten

Schneller, weiter, höher

Fit im Kopf

»Turban-Turbo« Fauja Singh

Vegan fi t zum Marathonsieg

Trainingsgelände Tagebuch

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TAUFRISCH & ANGESAGTa r t s t r a s s e n fe g e r»Mich interessieren Menschen in Räumen« Der Fotograf Harald Hauswald: »Querbeet« zum 60. Geburtstag

Ve re i nKontakt- und Beratungsstelle für Obdachlose

B re n n p u n k tJobcenter und Niedriglohnbeschäft igungen

k a f fe e b a n k ro t tMitmach-Profi s gesucht!

K u l t u r t i p p sskurril, famos und preiswert!

A k t u e l lEin Hauch von Wehmut: Robert Metzkes »Menschenbilder«

S p o r tDortmund 4 – Hertha Null

»Tante Hertha« und ich

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AUS DER REDAKTIONH a r t z I V - R a t g e b e rAnträge für Alg I und II

K o l u m n eAus meiner Schnupft abakdose

Vo r l e t z t e S e i t eLeserbriefe, Vorschau, Impressum

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 2014 FIT | 3

»Mach‘ Dich locker, fühl‘ Dich wohl!«»Mc Fitti« – geht auf wieder auf Tour und ist fitter denn jeI N T E R V I E W : A n d r e a s D ü l l i c k

2013 war ein wildes Jahr für »Mc Fitti«: Di-rekten Einstieg seines Debütalbums »Gei-lon« in die Charts auf Platz 2! Mehr als 40 Festivals und zwei komplett ausverkauf-

ten Touren! 2014 soll es für »Fitti« noch wilder, exzessiver und bunter werden. Im Mai zieht der »Mc Fitti«-Troß 14 Tage lang durch Deutschland, Österreich und die Schweiz, um sein neues Album vorzustellen. Das soll dann im Sommer erschei-nen. Geplant ist auch eine Tournee mit der Band »Fettes Brot«. Na ja, und dann gibt es ja auch noch die unzähligen Sommer-Festivals, die auf den schrägen Rapper aus Berlin warten. Schließlich steht »Fitti« für Sommer, Sonne, Feierei und gute Laune! Andreas Düllick traf einen extrem ent-spannten, aber auc sehr fokussierten »Mc Fitti« während der Proben für die Tour in den Studios von »Black Box Music« zum Interview.

sf: Na Fitti – fit für die »Live Tour«? 14 Gigs in 14 Tagen – fettes Programm!!!

Mc Fitti: Echt?! Ja, das ist sportlich, sportlich!

Wie alles begann…Es begann bei meinem Kumpel Udo Zwa-

ckel hinten in seiner Abstellkammer. Da saßen wir immer und haben Quatsch gemacht. Er ist Produzent und hat Musik gemacht, hatte immer wenig Zeit. Doch wenn er dann mal Zeit hatte, haben wir einfach Musik zusammen gemacht, obwohl ich ja kein Musiker bin. Dabei ist dann der Song »30 Grad« entstanden, den haben wir rausgehauen. Dann war ein schöner Sommer, und dann hat es sich einfach verselbstständigt. Und dann schien erst mal die Sonne.

Gifhorn versus Berlin…Gifhorn ist das Tausendfache kleiner…, aber

am Ende ist alles ein Dorf. Berlin ist am Ende auch klein und man kennt sich, läuft sich über den Weg. Du hast mehr Möglichkeiten hier und du wirst im Supermarkt nicht komisch angeguckt, weil Du eine Jogginghose anhast. Aber ob Du dort oder hier wohnst, arbeiten musst Du trotzdem.

Vorbilder… Ich habe keine speziellen Vorbilder, dass ich

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sagen würde, das ist mein krassestes Idol. Es gibt natürlich ein paar Figuren in meinem Leben, die mich lange begleitet haben. Colt Seavers (»Ein Colt für alle Fälle«), David Hasselhof …Und die komplette Beatles-Bande, und manchmal denke ich auch noch an Olli P…

Etiketten wie »Proll-Rapper« (»Bild«) oder Pop (Mc Fitti)… HipHopper? Hipster?

Das Ding ist, man wird zu irgendwas ge-macht. Da hast Du einen Vollbart, dann haste einen Parka an, sitzt auf einer Bank am Ostkreuz und alle denken, Du bist Pfandflaschensammler. Obwohl das völlig egal, was Du bist. Oder du ziehst mal bunte Klamotten an, um mal ein Foto zu schießen oder es gefällt dir ganz einfach per-sönlich, dann biste auf einmal der bunte Vogel von nebenan. »Prollrapper« – weil ich vielleicht dreimal gesagt habe »jo, jo«. Dann biste schon ein Prollrapper, weil die denken, der kann nicht »ja« sagen. Ich glaube, ich habe immer noch das Handwerker-Blut in mir, ich habe ja Elektroin-stallateur gelernt, und habe immer noch das Be-dürfnis, Sachen zu bauen.

Der Durchbruch kam mit »30 Grad«, Vorbild war »Miami Vice«…

Ja, das ist entstanden, als ich die ersten bei-den Staffeln von »Miami Vice« auf Video geguckt habe. Es war auch das Wetter, Spätsommer, da hatte ich Mega-Bock darauf, das zu machen. Da war ich mit Udo Zwackel unterwegs, und da hin-ten war die Sonne so schön am Untergehen in Rot, es war noch so schön warm, man konnte noch im T-Shirt sitzen…

Internetstar?Das ist das Schnellste, was heute in dem

Bereich geht. Früher war man auf Printmedien angewiesen oder auf das Radio und das Fernse-hen. Heute machst du dir deine Kanäle selbst. »Youtube« ist für mich in diesem Sinn eine Art TV-Sender. Da kann man sich durchklicken und sich viele Sachen anschauen, da gibt es Serien, selbst produziert von Leuten. Ich bin in dieser Zeit halt gewachsen, in der das ziemlich gut an-kommt, und ich bin auch ein Teil der Leute, die das losgetreten haben.

Tour »Besser späti als nie«…Das war meine erste Tour. Da sind wir mit

einem Auto quer durch Deutschland gefahren und hatten ein Notstromaggregat, Lautsprecher und eine Anlage dabei. Wir wurden von »Kiss fm« mit einem GPS-Signal überwacht und da-durch konnte man auf deren Webseite sehen, wo wier gerade langfahren. Wir hatten unseren Aus-gangspunkt in Köln, da hatten wir ein richtiges Konzert, und wir hatten einen Endpunkt eine Woche später, das war Hamburg, auch mit einem Konzert. Und in den Tagen dazwischen hatten wir Freizeit. Und da haben wir die Tour »Besser spät, als nie« gestartet. Die Leute konnten auf Facebook abstimmen, wo wir hinkommen sol-len. Zu denen, die am lautesten geschrien haben, sind wir dann hingefahren, haben unsern Kram aufgebaut und vor 50 bis 400 Leuten gespielt. Das war echt cool!

Das Album »Geilon«…Mein erstes Album! Es sollte auch mein letz-

tes bleiben, das war der ursprüngliche Gedanke. Ich wollte eigentlich nur ein Album machen: das erste und das letzte. Es macht aber so einen Rie-senspaß dieses Musikmachen, das Rumtouren und das ganze Drumherum und was man alles für Möglichkeiten hat, sodass ich jetzt doch ein zweites Album mache. Daran arbeite ich gerade und da war die Frage: Soll es gleich oder ähnlich sein, leichte Kost? Oder will ich eine Entwicklung machen? Und das ist schön, wie das jetzt wächst. Für mich geht’s einfach weiter und ich freue mich darauf. Ohne »Geilon«, das auf Platz 2 der Charts eingestiegen ist, wäre das gar nicht möglich gewe-sen, damit hatte ich auch nicht gerechnet.

»Fitti mit‘m Bart« … Der sitzt hier! Ich wollte eigentlich gar kei-

nen Vollbart haben. Das hat sich so entwickelt. Ich habe mir schon seit Ewigkeiten immer ab Herbst den Bart wachsen lassen und ihn im Frühling wieder abrasiert. Eigentlich wollte ich nur so einen Zwirbler haben, wollte den Vollbart wieder abrasieren. Doch dann habe ich Fotos machen lassen, wir haben zum Spaß Aufkleber gemacht und Videos gedreht – das war ja alles gar nicht geplant – und jetzt ist es ein Markenzei-chen von Mc Fitti. Ich hatte so viel Quatsch da-mit gemacht, da habe ich mich so daran gwöhnt, dass er dran blieb.

Texte – »Rhyme or die« statt Hasstiraden…Ich habe keinen Bock darauf, Dinge aggres-

siv auszudrücken. Ich bin ja von Grund auf auch gar kein aggressiver Mensch. Wenn ich von et-was genervt bin, kann ich schon auch böse wer-den, das kann ja jeder. Aber ich will niemanden zu Stress animieren. Eh, ich will eher: Zieh den Finger aus’m A…, mach‘ Dich locker, fühl‘ Dich wohl! Es gibt so viel Stress, man hat im Leben so viel Terror… Eh, da muss ich nicht noch in der Musik Stress verbreiten. Musik soll doch gute Laune machen!

Erfolg…Was das ist, das habe in letzter Zeit ganz gut

mitgekriegt. Und darauf kann man auf jeden Fall ganz gut aufbauen. Ich habe jetzt Möglichkeiten,

Dinge zu machen, die ich sonst nicht machen konnte. Man kann Blödsinn machen. Das ist das Coolste am Erfolg!

Kohle…Das Gute an Kohle ist, dass man auch mal

für ein paar Monate die Miete safe hat. Und nicht so wie früher immer denkt: »Wann kommt die Kohle?« Ich hatte nie viel Geld, habe mich im-mer von Monat zu Monat gehangelt. Und jetzt kann ich von Jahr zu Jahr denken.

Street credibility…Das ist eine gute Frage! Heutzutage ist

man… Heh, das ist ‘ne gute Frage! Man muss immer hinter dem stehen, was man macht. Manchmal ergeben sich Dinge, die dann anders laufen, wo man denkt »Ach, Scheiße, nicht so geil!« Aber, wenn man weiß, wo man herkommt, wer seine Freunde sind, dann ist man genau da, wo man sein will. Street Credibility eben.

»Flamingo-Girls«…Ja, das ist ein wilder Haufen! Ich weiß gar

nicht, wo die gerade in Berlin unterwegs sind. Be-stimmt in irgendeinem Klub. Oder fliegen gerade über… Die sind immer schwer zu greifen…

Die sind immer auf Deinen Touren dabei?Meist ja, mal sehen, ob jetzt auch wieder

welche mitkommen. Das ist nicht planbar. Die sind ja eigenständig. Die sind nicht von mir ge-castet.

Moderation von »livingroom« auf »joiz.tv?Das bin ich einmal im Monat und hänge dann

da im Wohnzimmer ab. Da kommen dann nette Gäste, die ich interviewen soll. Aber ich glaube, die wussten schon vorher, dass ich das gar nicht so gut kann. Aber learning by doing. Mir macht das sehr viel Spaß. Ich habe da einen Knopf im Ohr und komme mir vor wie James Bond.

»Futuretechnik« – Werbung für »Saturn«?Wenn man versucht mit Musik Geld zu ver-

dienen, musst du entweder der Übermacker sein. Ein Super-Musiker zu sein, der so viele Platten

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01 30 Grad und Summertime (Foto: Oliver Rath)

02 Mc Fitti lässt es gern richtig krachen! (Foto: Oliver Rath)

03 Der Fotograf Oliver Rath und Mc Fitti (Quelle: Oliver Rath/Mc Fitti Presse)

04 Mc Fitti steht dem strassenfeger Rede und Ant-wort (Foto: Andreas Düllick © VG Bild-Kunst)

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 2014 FIT | 5

I N FO

MC Fitti* 10. Januar 1976 in Gif-horn; eigentlich Dirk Witek ist ein deutscher Rapper und Newcomer im Musikbereich, der seit ein paar Jahren in Berlin lebt. Seine Mar-kenzeichen sind der Vollbart sowie Sonnenbrille und Baseballcap.

Webseite: www.mcfitti.de

Selber Stall, gleiches Glück, gleicher Cool-nessfaktor! Ich stehe voll dahinter!

»ONE WARM WINTER« – »Das Leben ist kein U-Bahnhof«… Du warst Teil des Ganzen?

Genau, das hat mir auch sehr viel Spaß gemacht. Und mit den Möglichkeiten, die ich jetzt habe, kann ich mittlerweile auch gut was dazusteuern. Ich bin sehr froh, dass wir damit obdachlose Menschen unterstützen können. Das werde ich auf jeden Fall weitermachen.

Obdachlosigkeit…Mir kommt es vor, als ob immer mehr Men-

schen obdachlos werden. Da muss sich was tun! Da müssen Räume gefunden werden. Leute, die Möglichkeiten haben, müssen dagegen ankämp-fen.

Vielleicht machst Du mal einen coolen Song zum Thema!?

Ja, das kann passieren!

Soziale Straßenzeitung strassenfeger…Den kaufe ich mir, manchmal auch zwei Mal,

um ihn dann weiter zu verschenken. Das Schöne und Wichtige daran ist, dass der strassenfeger vielen Menschen viele Möglichkeiten bietet, mit-zuarbeiten sich einzubringen. Und es ist für mich wie eine große Familiensache. Es sitzen alle in einem Boot, sie wissen, wovon sie sprechen. Ich finde super, dass Leute animiert werden dazu, wegzukommen von der Haltung »Ich sitze ein-fach so im Park und mache nichts«, sondern zu sagen »Ja, ich habe Bock darauf, was zu machen!«

verkauft, dass er davon leben kann, das ist echt schwer. Weil die Leute ja auch viel illegal runter-laden, nicht dafür bezahlen. Man wird ja als Musi-ker sozusagen bestohlen. Um zu überleben, muss man dann andere Sachen machen. Wenn ich Mu-sik machen will, dann will ich das komplett ma-chen und nicht nebenbei. Wenn ich was nebenbei arbeiten müsste, kommt irgendwas zu kurz, meist die Musik. Durch die Werbung kann ich mich dann voll auf meine Musik konzentrieren. Das ist einfach eine Einnahmequelle für mich, die ich als Musiker und Entertainer brauche. Vor allem, wenn man keine reichen Eltern hat. Ich konnte keine Unterstützung von meinen Eltern bekom-men. Ich musste mich da durchstrampeln.

Träume, Wünsche, Hoffnungen?Ich hoffe, dass ich gesund bleibe. Und dass

ich mit meinen Kumpels noch lange diesen »Quatsch« machen kann. Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht. Ich denke da nur von 12 bis Mittag. Einen Langzeitplan habe ich nicht. Mir macht es sehr viel Spaß. Mal sehen, wohin die Reise noch geht.

Ich hatte eigentlich nur damit gerechnet, dass es ein Jahr lang geht, jetzt sind wir schon im dritten Jahr. Cool!

»DOJO FUCKING YEAH«…Das ist eine coole Bande! Die machen das

auch so wie ich, nur das, wo sie Bock drauf ha-ben! Die finanzieren mit seriösen Sachen ihre coolen Sachen.

»Muschi Kreuzberg«…

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Der Personal-Trainer hilft! (Foto http://nowlearning.com.au)

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Karteileichen im Fitness-KellerDie Fitnessindustrie im Einklang mit dem inneren SchweinehundB E R I C H T : J e a n n e t t e G i e r s c h n e r

Wenn das Tageslicht länger reicht als der Arbeits-tag, trifft man überall auf Anzeigen, Flyer und Werbetafeln, die darauf hinweisen, dass die Zeit bis zum Sommerurlaub und damit der un-

weigerlichen Bikinifigur nicht mehr lang ist. Von den üblichen Vorsätzen zum Jahreswechsel ist der, dass man endlich mehr für seine Gesundheit und seine Figur macht, der am häufigs-ten genannte.

Jeder Jahresanfang beschert den Fitnessstudios eine Schwemme an neuen Mitgliedern, von denen nur ein Teil die Jahresmitgliedschaft regelmäßig nutzt. Die sogenannten Kar-teileichen machen einen beträchtlichen Anteil am Umsatz der Fitnessindustrie aus. Laut den Fitnessstudios sind es gerade mal zehn Prozent der Mitglieder, die nach einem hoch moti-verten Monat nur noch ab und zu mal auf den Stepper oder in den Cardio-Zirkel steigen und nach spätestens drei Monaten gar nicht mehr kommen. Jedes Mitglied, das entgegen aller Erwartungen mindestens zweimal in der Woche den Schweiß fließen lässt, sieht Zahlen von 40 – 60 Prozent an Karteilei-chen. Wer kennt nicht die Trainingskarten in seinem Studio, die von Tag zu Tag immer weiter in der Kartei nach hinten rutschen oder weiß aus eigener Erfahrung, wann der innere Schweinehund die Überhand gewinnt.

Friedrich Ludwig »Turnvater« Jahn führte 1810 das Turnen ein, da die Fitness der Bevölkerung mehr als erbärmlich war. Aus dem allgemeinen Turnen entstanden in der Mitte des 19. Jahrhunderts Sportvereine. Zu Beginn des 20. Jahrhun-derts gab es dann gewerbliche Sport-Einrichtungen, die den heutigen Studios ähnlich waren. Das deutsche Wirtschafts-wunder wiederum war keine Zeit des Sports, da der füllige

Körper entgegen dem trainierten Körper mehr von Wohlstand und Gesundheit zeugte. Erst Ar-nie und Jane Fonda brachten eine neue Euphorie hervor, die bis heute ungebrochen ist: Ein rich-tiger Mann hat einen Sixpack; die richtige Frau trägt mindestens Größe 36, um gesund zu sein.

Dieses Bild hat sich in den letzen Jahren ein wenig geändert – der Mann hat natürlich wei-terhin einen durchtrainierten Körper, die Frau aber auch. Es gilt nicht mehr Size Zero, sondern wohldefinierte Muskeln an allen Körperstellen. Es werden Bücher und Zeitschriften, Pülverchen und Gummibänder für den Sport vor dem Fern-seher gekauft, damit der Bikini, der mindestens zwei Größen zu klein gekauft wurde, in den zwei Wochen im Sommer richtig sitzt.

Die Fitnessindustrie weiß um diese Begehrlich-keiten und bietet neben dem schnöden Laufband viele Möglichkeiten, sich ein gesundes Gefühl anzutrainieren. Mitgliedschaften zu geringstem Preis, Erlass der Anmeldegebühr und Kurzzeit-training unter Strom oder Vibration ermöglichen nahezu allen, dem Schweinehund in den Hintern zu treten. Geringe monatliche Beiträge machen es leicht, auch mal nicht zum Training zu gehen. Und genau da beginnt sich der Kreis zu schließen.

Fitnessstudios aller Preisklassen bauen auf Mit-glieder, die nach kurzer Zeit nicht mehr auftau-chen und letztlich diejenigen mitfinanzieren, die allen Voraussagen zum Trotz ihre Mitgliedschaft nutzen. Sie kennen doch sicherlich auch jeman-den, der hochmotiviert eine Mitgliedschaft abgeschlossen hat und nun immer neue Ausre-den findet, warum er nicht zum Training gehen kann. Obwohl es Anbieter gibt, die rund um die Uhr offen haben; obwohl das Training auf der Vibrationsplatte nur 20 Minuten dauert; der innere Schweinehund ist einfach zu groß. Und letztendlich fährt man im Sommerurlaub dahin, wo einen niemand kennt und es eigentlich völlig egal ist, wie man in Badesachen aussieht. Mal davon abgesehen, dass mindestens 60 Prozent der anwesenden Miturlauber die gleichen Vor-sätze gebrochen haben, die man selbst an Neu-jahr ausgesprochen hat.

Wenn Sie sich abends auf der Couch am wohl-sten fühlen, legen Sie sich einfach nach einem anstrengenden Tag auf die Couch und kuscheln mit dem Schweinehund, der sowieso immer gewinnt. Verlegen Sie den Figurstreß auf das nächste Leben, oder das übernächste.

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»Converse Chucks« (Foto: Autorin)

strassenfeger | Nr. 10 | Mai 2014 FIT | 7

Zwei Geschichten eines TurnschuhsNach Aufdeckung zweifelhafter Produktionsbedingungen der Firma »Converse« hat sich eine Alternative zu herkömmli-chen Sport-Tretern entwickeltB E T R A C H T U N G : J o s e p h i n e V a l e s k e

Die Geschichte ist die eines US-ameri-kanischen Traums. Sie beginnt 1917 in den Fabriken der Firma »Con-verse«, in denen Schuhe für Basket-

ballspieler hergestellt werden. Die Sportart ist kaum 30 Jahre alt, und doch sind ihre Champi-ons dabei, nationale Berühmtheiten zu werden. Einer von ihnen ist Chuck Taylor, der neben sei-ner Leidenschaft für den genannten Sport bei »Converse« arbeitet und dem Turnschuhmodell »Converse All Star« 1923 ein Gummiabzeichen mit seiner Unterschrift verpasst. Genau wie er treten auch die Schuhe, von nun an abgekürzt »Chucks«, einen steilen Weg zur Berühmtheit und zu enormen Verkaufszahlen an: Sie zieren 1936 die Füße der amerikanischen Basketball-Olympiamannschaft, die Gold gewinnt, sie wer-den von James Dean, Elvis Presley und Mick Jagger getragen, letzterer heiratete sogar in ihnen. Punks bemalen sie mit Anarchiesymbo-len, Hippies mit Peace-Zeichen, Models stol-zieren in goldglänzenden Exemplaren auf dem Laufsteg herum; ein Jahrhundert lang finden sie ihre Liebhaber in den Generationen der 15- bis 30jährigen. 2003 kauft »Nike« die in-solvente Firma »Converse« und bringt sie auf einen neuen Erfolgskurs. 2008 wird das einmil-liardste Paar produziert.

D a s i s t d i e e i n e G e s c h i c h t e

Die andere Geschichte spielt sich 2011 in den »Converse«-Fabriken in Indonesien ab, in denen die »Chuck Taylor All Stars« produziert werden. Doch ihre Protagonisten dort werden es sich wohl nie leisten können, solche Schuhe selbst tragen zu können – stattdessen werden sie ihnen manchmal gegen den Kopf geworfen. Arbeiter_innen berichteten deutschen Medien, sie würden geschlagen, misshandelt und als »Hunde« oder »Schweine« beleidigt. Der ungeheure Zeitdruck, der von Firmen wie »Nike« auf die Zulieferer ausgeübt wird, führt zu kaum zu erreichenden Zielvorgaben. Da die Zulieferer die Aufträge aber nicht an Konkurrenten verlieren wollen, vergrößern sie den Druck auf die Produktions-stätten – am unteren Ende der Zeitdruckkette stehen die Arbeiter. Produzieren sie langsamer als gefordert, müssen sie zur Strafe oft stunden-lang in der Sonne ausharren. Wenn sie sich be-schweren, werden sie meist entlassen.

»Nike« kündigte schon 2001 an, nur noch mit solchen Zulieferern zu kooperieren, die

internationale Arbeiterrechte umsetzen, aber dies blieb offensichtlich nur ein Lippenbekenntnis. Die Produktions-bedingungen in den indonesischen »Chucks«-Fabriken sind kein Einzelfall.

L i e b e r Fa i r t r a d e - C h u c k s t r a g e n

Da große Konzerne sich kaum bemühen, menschenwür-dige Arbeitsstandards umzusetzen, ist in den vergangenen Jahrzehnten eine Fairtrade-Bewegung entstanden, die un-terschiedlichste Konsumgüter in besseren Verhältnissen produzieren lässt. Auch zu den »Converse-Chucks« gibt es eine Alternative: Die »Ethletic Sneakers« tragen das inter-nationale Fairtrade-Siegel, werden nach Aussagen der Web-seite der Firma »Ethletic« unter umwelt- und vor allem men-schenfreundlichen Bedingungen in Pakistan hergestellt und außerdem als »bio« und »vegan« bezeichnet. Jedes verkaufte Paar Schuhe bringe den Arbeitern außerdem eine »Fairtrade-Prämie« ein, die in die Gesundheitsversorgung und soziale Projekte fließe. Im Gegensatz zu anderen Fairtrade-Produk-ten sind sie nur geringfügig teurer als die (auch nicht billigen) »Converse«-Turnschuhe.

Deshalb hier ein Appell an jeden, der es sich leisten kann: Verlegen Sie Ihren nächsten Einkaufsbummel in Eine-Welt-Läden oder klicken Sie sich durch die Fairtradeshops im In-ternet – es lohnt sich für alle!

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 20148 | FIT

Zum Sport gehören nicht nur MuskelnDie Auferstehung des TurnbeutelsB E T R A C H T U N G : M a n f r e d W o l f f

In Berlin wurde das Turnen erfunden. In der Neuköllner, damals noch Rixdorfer Hasen-heide wurden die ersten Klimmzüge geübt. Was als paramilitärische Ertüchtigung pat-

riotischer junger Männer begann, wurde 1842 zum Bildungsauftrag der Schulen. Dabei wur-den dann auch militärische Umgangsformen gepflegt. Man musste antreten, nach Größe sortiert. Die Übungen wurden auf Kommando ausgeführt, und die Nachwuchsathleten tru-gen eine einheitliche Sportkleidung. Als ich zur Schule ging, waren das für Jungen eine schwarze Turnhose und das Feinrippunterhemd. In der kalten Jahreszeit fanden die Übungen in Turn-hallen statt, die man nur mit den Fußboden schonenden Schuhen betreten durfte.

Diese Kleidungsstücke passten nicht in den Ran-zen. Sie mussten gesondert auf den Schulweg mitgenommen werden. Das war die Geburts-stunde des Turnbeutels. Welche fürsorgliche Mutter als erste einen Turnbeutel für ihr Kind nähte, ist nicht bekannt. Wie viele epochema-chende Erfindungen bleibt das im Dunkel der Geschichte. Die einfache Machart ist genial und kann auch von Personen durchgeführt werden, die kein besonderes Geschick in Nadelarbeit haben. Mein erster Turnbeutel war aus Nessel, und damit er nicht verwechselt wird, hatte meine Mutter meine Initialen draufgestickt.

Der Turnbeutel transportierte nicht nur die Sport-kleidung. Mit ihm wurden auch die Höhen und Tiefen des turnerischen Lebens durch die Zeit ge-tragen. Das waren für die einen die erste Urkunde von den Bundesjugendspielen und der Triumph beim Wettlauf, für die anderen das Versagen an der Reckstange (nasser Sack!) und die Schmach, beim Völkerball als letzter in die Mannschaft ge-rufen zu werden. Vor letzterem versuchten einige auszuweichen, indem sie ihren Turnbeutel »ver-gaßen« und deshalb die Turnhalle nicht betre-ten durften. Sowohl Lehrer als auch Mitschüler durchschauten dieses Manöver, und so entstand das Schmähwort Turnbeutelvergesser.

In den letzten Schuljahren wurde der Turnbeutel vom Matchsack abgelöst, in dem auch Nagel-schuhe oder Fußballstiefel Platz fanden. Turn-beutel war eben nur was für Kinder. Obwohl der Matchsack viel praktischer und auch ansehnli-cher war, fand er dennoch keinen Eingang in die Erinnerungswelt. Eine sprichwörtliche Bedeu-tung errang er erst recht nicht.

Nach all diesen nicht gerade erheiternden Erinnerungen an den Turnbeutel wundert es sehr, dass er seit einiger Zeit als modisches Accessoire der Hipster die Berliner Szene berei-chert. Der Rucksack ist so was von out. Das wurde auch höchste Zeit, denn es sah schon komisch aus, wenn Männer und Frauen wie Himalayatouristen bepackt sich in die U-Bahn quetschten, und war auch gefährlich, wenn sie den Rucksack als Waffe beim Erobern eines Stehplatzes benutzten. Der Turnbeutel wird mit der Kordel wie ein Rucksack auf dem Rücken getragen, ist aber viel kleiner und damit platzsparend.

Es ist allerdings rätselhaft, wie es dem Turnbeutel gelang, diese Wiedergeburt zu schaffen. Einige Theoretiker sehen in ihm eine Weiterentwicklung der Jutetasche. Er ist ebenso öko-logisch korrekt, bietet aber den Vorteil, dass die Hände frei bleiben, sei es nun zum Händchenhalten, zum Argumentieren oder zur Abwehr von drohenden Gefahren. Psychologen ver-muten in der Renaissance des Turnbeutels eher den Ausdruck einer beginnenden Infantilisierung. Die Zeit, als man als Kind mit dem Turnbeutel den Herausforderungen der Leistungs-gesellschaft ausweichen konnte, war doch sooo schön. Sollte diese Annahme richtig sein, werden wir vielleicht bald noch weiter in der kindlichen Entwicklung zurückliegendem Bei-werk begegnen. Vielleicht ist schon bald das Lätzchen für die jungen Leute wieder in. Beim Verzehr mancher Fastfoodpro-dukte könnte das sogar sehr hilfreich sein.

Und noch dieses: Im Turnbeutel steckt noch mehr Potential. Vor ein paar Tagen konnte man lesen, dass es einem Mädchen gelungen ist, mit ihrem Turnbeutel fünf Polizisten kranken-hausreif zu schlagen. Sie hatte das Gerät unter anderem mit einer Wasserflasche gefüllt, was natürlich zu mehr Durch-schlagskraft führte als ein Paar übelriechender Turnschuhe.

Ranzentrolley versus Turnbeutel-Trolley (Quelle: Wikipedia/4028mdk09)

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Armer Obdachloser – armer Jogger?!Eine gewöhnliche Begegnung im ParkB E R I C H T : J a n M a r k o w s k y

Ich jogge nicht, ich gehe auch nicht ins Fitness-studio. Weite Strecken zu Fuß kann ich gut, aber nicht auf Zeit und nicht gerade rennen. Ich mache ein Mal in der Woche ein wenig

Gymnastik. Das Warm-up gehört zu einer Thea-terprobe einfach dazu. In der Theatergruppe des »Unter Druck – Kultur von der Straße e.V.« ma-chen ältere, nicht mehr ganz gesunde Menschen mit, und darauf muss Rücksicht genommen wer-den. Wenn es nach oben geht, nehme ich ungern den Fahrstuhl. Auf Rolltreppen bleibe ich, wenn es mir möglich ist, nicht stehen. Ach ja: Meine Wohnung ist im dritten Obergeschoß eines Alt-baus. Einen Fahrstuhl vermisse ich auch in ab-sehbarer Zeit nicht. Meine kleine Geschichte hat aber nur zum Teil mit meiner Abneigung gegen den Fitnesswahn zu tun.

O b d a c h l o s e s i n d n i c h t a l l e g l e i c h

Wer die Inselstadt Berlin und den Bahnhof Zoo gekannt hat, der hat in der Regel ein Bild von »dem Obdachlosen«: Dreckig, versoffen, stin-kend, laut. Das Bild macht sich an einem Teil der Obdachlosen fest. Jeder Mensch geht mit der Si-tuation, seine Wohnung zu verlieren, anders um. Jeder Obdachlose organisiert sein Überleben anders. Viele haben sich in ihrem Kiez eingerich-tet. Andere haben ihren Platz, an dem sie ihre Kumpel treffen. Und dann sollte sich herumge-sprochen haben, dass Sucht nichts mit mangeln-dem Willen zu tun hat, sondern eine anerkannte Krankheit ist. Auch die Einstellung zu Werten der Gesellschaft erleichtert oder erschwert das Leben auf der Straße. Wer an Besitz von Men-schen oder Gegenständen hängt, dessen Herz ist voll Gram und Trauer.

Ich selbst war froh, fast täglich kostenfrei ein reichhaltiges Frühstück und eine warme Mahl-zeit bei den Franziskanern in der Wollankstraße zu erhalten. Und jeden Dienstag und Freitag habe ich in der Hygienestation bei Bruder Johan-nes meine getragene Wäsche gegen frisch Gewa-schene getauscht und mich geduscht. Ich hatte eine ganze Zeit keinen Pfennig in der Tasche und war eher froh, ohne Geld leben zu können.

D e r a r m e O b d a c h l o s e ? D e r a r m e J o g g e r !

Bruder Johannes hat mir dann auch den ersten Schlafsack gegeben. Ich habe mich zuerst im Tiergarten umgetan. Der war aber so überlau-fen, dass ein ruhiges Plätzchen im Park das große

Glückslos ist. Ich habe dann den Park am Paracelsusbad ent-deckt. Zwei Stationen bis zum Bahnhof Wollankstraße. Zu-erst traute ich mich nicht recht in den Park rein und hatte eine große Wiese an der Rödernallee zu meinem Bett erkoren. Gefragt nach meinem Schlafplatz antwortete ich dem Thea-terpädagogen von »Unter Druck«: »Eine Wiese, hundert mal hundert Meter! So ein großes Bett hast Du nicht!«

Ich lag mit meinem Schlafsack auf einer großen Wiese an einem Baum. Im Schlaf höre ich Schritte und wache langsam auf. Ich registriere, da läuft jemand auf dem Weg im Park. Als ich die Augen öffne, sehe ich einen Jogger, der den langen Weg rennt. Wir sehen uns an, und ich sehe so etwas wie Mitleid in seinen Augen: »Der arme Obdachlose«. Und ich habe Mit-leid mit ihm: »Der arme Jogger«. Ich habe die Stimme eines Mannes im Kopf, der im Radio interviewt worden war. Ihn hatte es aus einer saturierten Gegend Westdeutschlands nach »Neufünfland« verschlagen. Der fühlte sich in der ehemaligen DDR wohler als in seiner alten Heimat, weil in seiner neuen Umgebung nicht auf Äußerlichkeiten Wert gelegt wurde: »Er müsse jetzt nicht mehr jeden Morgen joggen.«

Jogger am Abend (Foto: Wikipedia/Ernst Vikne)

Page 10: FIT - Ausgabe 10, 2014 des strassenfeger

strassenfeger | Nr. 10 | Mai 201410 | FIT

I N FO

› www.focus.de/gesundheit/ernaeh-rung/abnehmen/diaetencheck

› www.fitness.de/fitness-wissen/fitness-riegel-selber-machen

› http://en.wikipedia.org/wiki/Food_guide_pyramid

»Hau wech den Sch...!«Über verunreinigte Fitnessriegel und zweifelhafte DiätenB E R I C H T : A n d r e a s D ü l l i c k

War sie einfach nur dumm? Oder wollte sie besonders clever sein? Diese Frage habe ich mir bei den Olympischen Winterspielen von

Sotschi gestellt, als die deutsche Biathletin Evi Sachenbacher-Stehle in A- und B-Probe positiv auf Doping getestet wurde. Wie sich heraus-stellte, hatte sich die Olympiasiegerin im Team-sprint von Vancouver 2010 von einem privaten Ernährungsberater mit Fitnessriegeln versor-gen lassen, die mit der verbotenen Substanz Methylhexanamin verunreinigt waren. Sachen-bacher-Stehle droht nun eine zweijährige Wett-kampfsperre, ein Urteil wird für die nächsten Wochen erwartet.

»Es war eine Riesen-Dummheit, aber Dummheit schützt vor Strafe nicht«, hatte der damalige Biathlon-Cheftrainer Uwe Müssiggang in Sotschi ziemlich angesäuert konstatiert. Auch der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, Clemens Prokop positionierte sich sehr klar zu diesem Thema: »Unsere klare Emp-fehlung ist, von Nahrungsergänzungsmitteln insgesamt die Finger zu lassen.« Das Risiko, an Produkte zu geraten, die mit Dopingsubstanzen verunreinigt sind, sei unkalkulierbar.

Selbstredend müssen sich alle deutschen Kaderathleten nach einer Empfehlung der sogenannten »Kölner Liste«richten, die der Olympiastützpunkt Rheinland im Internet vor-hält. Hintergrund dieser Empfehlung ist eine internationale, vom IOC geförderte Studie des Instituts für Biochemie an der Deutschen Sport-hochschule Köln. Sie hat das beunruhigende Er-gebnis gebracht, dass etwa 15 Prozent der in 13 verschiedenen Ländern erworbenen Nahrungs-ergänzungsmittel Anabolika (hauptsächlich Pro-hormone) enthielten, die nicht auf der Packung angegeben waren. In Deutschland enthielten ca. elf Prozent der getesteten Nahrungsergänzungs-mittel verbotene Anabolika. Bei den Anabolika handelt es sich wahrscheinlich um Verunreini-gungen, die keinen Dopingeffekt haben, aber dennoch zu positiven Dopingbefunden führen können. Eine ähnlich angelegte Untersuchung aus Österreich untermauert die Ergebnisse. (Quelle www.koelnerliste.com)

S k i v e r b a n d re a g i e r t a u f D o p i n g fa l l S a c h e n b a c h e r -S t e h l e

Als Konsequenz aus dem Dopingfall Sachenba-cher-Stehle hat der Deutsche Skiverband übri-gens am 13. Mai einen Sieben-Punkte-Plan für den Umgang mit Nahrungsergänzungsmitteln erarbeitet. Danach sollen die Vergaberichtlinien und Verteilungswege der Nahrungsergänzungs-mittel durch den DSV überprüft werden. Der DSV-Anti-Doping-Beauftragte soll außerdem

den bisherigen Umgang mit Nahrungsergänzungsmitteln ana-lysieren und eine intensivere Aufklärung zu deren korrekter Verwendung leisten. Außerdem sollen die aktuellen DSV-Partner klären, ob das geprüfte Nahrungsergänzungsmittelan-gebot erweitert werden kann. Damit soll verhindert werden, dass Aktive http://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/abnehmen/diaetencheck/ auf ungeprüfte Produkte zurückgreifen.

Wo h l s t a n d s k r a n k h e i t e n u n d z w e i fe l h a f t e D i ä t e n

Aber nicht nur Nahrungsergänzungsmittel sind mit Vorsicht zu genießen. Mit Schreckensmeldungen, die durchaus ihre Berechtigung gaben, versuchen Hersteller von Diäten gesund-heitsbewusste Menschen zu ködern: Der Gesundheitszustand der Bevölkerung wird immer schlechter. Die Folge der un-gesunden Ernährung sind moderne Zivilisationskrankheiten wie beispielsweise Diabetes, Diabetes Mellitus Typ 2, Fett-leibigkeit und Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Knochenschwund, Osteoporose, Gicht, Kindersterblichkeit, Gefäß-Krankheiten, Allergien, Lungenkrebs, Darmkrebs, Hauterkrankungen wie Neurodermitis und Akne, Essstö-rungen oder bestimmte psychiatrische Erkrankungen. (Quelle www.fitness.de/fitness-wissen/fitness-riegel-selber-machen)

Uff! Wenn man so etwas liest, dann greift man gern und schnell zu einer Diätkur. Besonders, wenn man im Winter ge-gen die Speckröllchen kämpft, um am Strand in Bikini oder Badehose mit einem Idealkörper zu glänzen. Die Liste der offerierten »Verschlanker« reicht von den allseits bekannten »Weight Watchers«-Produkten über Atkins-Diät, Ayurveda-Diät, Low Carb- und Low Fat-Diat, »Fit-for-Fun«-Diät bis hin zur »Paleo«-Diät auch »Steinzeit-Diät« genannt. Ihre Wirkun-gen sind umstritten. Sicher, es gibt Studien, die dafür spre-chen. Es gibt aber auch Studien, die eine Wirkung nicht erken-nen können. Eines ist allerdings sonnenklar: Das Zeug kostet einen Haufen Geld! Besser ist: FdH – Futtere die Hälfte! Das wirkt Wunder und schützt den Geldbeutel!

Evi Sachenbacher-Stehle naschte an verunreinigten Fitnessriegeln (Foto:Wikipedia/Lennart Kjellman)

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 2014 FIT | 11

Schneller, weiter, höher.Wer steht zuerst vor der roten Ampel?B E R I C H T : A n d r e a s P e t e r s

Das Thema ›Laufen‹ verfolgt mich zur-zeit. Erst gerate ich Ende April bei ei-nem Fahrradausflug mit der Familie in den Potsdamer Drittelmarathon,

bei dem immerhin über 2 000 Läufer an den Start gingen. Letzte Woche berichtet mir mein Kollege voller Begeisterung und Stolz von sei-ner Teilnahme am Wehrbellinseelauf im Rah-men des »Brandenburg-Cup«, und dann fragt mich gestern mein Nachbar nach meiner eige-nen kleinen Jogging-Runde, ob ich nicht mit ihm zusammen laufen würde, um für das Deutsche Sportabzeichen zu trainieren.

Bislang habe ich das Laufen eher mäßig, dafür aber regelmäßig, also auch bei schlechtem Wet-ter betrieben. Das hilft mir den Kopf frei zu be-kommen. Liegt zum Beispiel ein Projekt, oder ein Problem vor mir, dann bin ich gedanklich hinterhergelaufen, bis ich dem Ziel näherge-kommen bin oder über die nächsten anstehen-den Zwischenschritte Klarheit habe. Gab es Ärger, Müdigkeit oder eine Verspannung, dann bin ich vor dem weggelaufen. Mindestens eine halbe Stunde, aber auch nicht viel mehr. Das tut gut, regt den Appetit an und reguliert die Ab-wehrkräfte für den Alltagswahnsinn. Mir per-sönlich reicht das völlig aus. Wären da nicht die anderen Mitstreiter, die mich zwischendurch auf andere Gedanken bringen: Achte auf die Zeit und steigere die Distanzen.

Einmal gab es für mich dazu durchaus Grund, weil ich an einer DKB-Teamstaffel über 5 x 5 000-Meter im Tiergarten teilnehmen wollte. Meine Kolleg_innen und ich haben uns dann auch wacker auf matschigen Wegen bei Dauer-regen geschlagen. Mein Verlangen nach einem organisierten Lauf war damit aber bis auf wei-teres gestillt. Immer schneller, weiter und hö-her (mit dem Puls) mag für andere der Stachel zur Motivation sein, meiner ist es nicht. Ich will beim Laufen die Freiheit auskosten, jeden Moment zu tun, was »ich« will. Und wenn es etwas völlig Artfremdes ist. Ich will, bevor ich weiter laufe, ein Foto machen können, wenn es sich ergibt, oder eine Bewegung mit Schul-tern und Armen ausüben, wenn es mir gerade Freude macht.

Leistungsdruck ist für mich beim Laufen des-halb zweitrangig und taugt lediglich als Motiv zu entfliehen. Ich habe genug Druck im Beruf und Alltag. Ich bin nicht bereit, den noch in meine Freizeit zu transportieren. Mir reicht es, dabei zu sein ist und ins Ziel gelangen. Mit solch ei-ner Haltung ist natürlich bei einem offiziellen Marathonlauf wie beim Drittelmarathon kein Blumentopf, geschweige eine Medaille zu ge-

winnen. Das alte olympische Motto »schneller, weiter, höher« tausche ich gerne ein gegen »ge-sünder, glücklicher und befreiter«. Mir würde es jedenfalls nicht im Traum einfallen, morgens um fünf Uhr aufzustehen, um meinen Tag mit einem 5km-Lauf zu starten.

Wenn ich schon morgens so früh aufstehe, dann weil es mir gefällt, morgens Zeit zu haben. Zum Beispiel für ein paar Körperübungen, die nicht nur meinen Kreislauf in Schwung bringen, son-dern gleichzeitig mich und meinen Geist wecken. Wenn ich meinen Tag derart beginne, kann ich meist den ganzen Tag davon zehren. Ich bin be-reits morgens gewappnet gegen die Sorte Fahr-radfahrer, die mich mit ihrem sportlichem Outfit und besonderem Eifer fast umfahren, nur um eher an der nächsten roten Ampel zu stehen. Ich muss nicht um jeden Preis der Schnellste sein.

Ich will ja auch nicht zu jenen gehören, die für maximale Zinsen und auf Kosten anderer alles riskieren. Das ist zwar ein anderes Thema, aber fällt für mich in die gleiche Kategorie.

Ich finde es sympathisch, wenn jemand nach Sinn für sich sucht. Viele finden ihn darin, nach dem Schnelleren, Weiteren und Höherem zu streben, andere eben nicht. Ich versuche bei allem Ehrgeiz, mir zwischendurch die Zeit zu nehmen, mich über das Erreichte zu freuen. Ein Marathonläufer frei-lich kennt keine Pausen, der kennt nur Wachstum, vor allem den seiner Muskeln, seiner Kondition und seiner Trophäen und Souvenirs. Sonst gäbe es ja auch keine grandiosen Weltrekorde und Siege. Schmunzeln muss ich nur über die Tatsache, dass davon vor allem die Wellnesssparte profitiert. Ich brauche so etwas nicht zusätzlich, sondern schaffe das bereits mit dem Laufen.

Am Gleisdreieck wird anständig trainiert (Foto: Autor)

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 201412 | FIT

Fit im KopfGehirnjogging einfach gemachtT E X T : A s t r i d

Ich schreibe Ihnen jetzt mal einige Wörter auf, versuchen Sie sich diese mal in zwei Minuten zu merken. Badematte, Hund, Lat-schen, Briefkasten, Brötchen und Schwimm-

bad. Sechs kleine Wörter, mehr nicht. Lesen Sie jetzt den Rest meines Artikels, und versuchen Sie nicht wieder auf diese Wörter zu schielen, bitte.

Was ich damit bezwecken will? Wer hat noch nicht im Homeshoppingnetwork diese soge-nannten Wunderpillen fürs Gehirn gesehen... ich jedenfalls schon. Die verstärken die Merkfähig-keit, ja sollen sogar gegen Vergesslichkeit helfen, verspricht die Werbung. Doch das ist Blödsinn. Jedenfalls fast.

Unser Gehirn ist fast so wie ein Muskel, der trai-niert werden will. Aber, das geht auch anders. Einfach mal ein Kreuzworträtsel lösen oder ein Sudoku machen. Oder sich Wörter merken und versuchen, sich an diese wieder zu erinnern. Eselsbrücken können helfen, auch Namen. Einer macht es mit Sätzen, so wie ich, andere schrei ben sich die Wörter wieder und wieder auf. Aber eine Pille, um die Merkfähigkeit des Gehirns zu steigern, ich bitte Sie, die gibt es nicht. Nur Pillen, die das Gehirn bei seiner Leistung unterstützen können. Vielleicht. Aber ich will ja nicht alles verteufeln. Aber wer sein Gehirn vernachlässigt, der muss sich nicht wun-dern, wenn er irgendwann nicht mehr weiß, wie die Hauptstadt von Frankreich heißt.

Es gibt viele Möglichkeiten, sein Gehirn auf Trab zu bringen. Gehirnjogging für Spielekonsolen, gute Bücher. Aber auch einige Fernsehsendun-gen können dabei helfen, »Wer wird Millionär?« beispielsweise. Ich sehe sie gern, und lerne auch jetzt noch manchmal etwas, was ich noch nicht wusste. Auch, dass Studenten nicht alles wissen. Aber, wenn sie Enkel und/oder Kinder haben, schauen sie mal mit denen einfach die Sendung mit der Maus, geht auch. Da lernt man immer noch was dazu.

Wir lernen ein Leben lang, nicht nur in der Ju-gend. Und ich will, falls es mir gestattet ist, 100 zu werden, nicht im Rollstuhl sitzen und nichts mehr wissen. Ein wacher Geist ist eine Voraus-setzung für mich, so alt zu werden, sonst möchte ich das nicht.

Ach ja, wissen sie die Wörter noch? Nicht schie-len. Aber alle Pillen können einem nicht dabei helfen, sie machen am Ende nur die Pharmain-dustrie noch reicher. Einige wenige Ausnahmen sind natürliche Ginkgoerzeugnisse, die können bei Gedächtnisstörungen und Konzentrations-störungen im Gehirn wirklich helfen. Das wuss-ten aber die Asiaten schon seit Jahrtausenden, viele der heute hergestellten Pharmaerzeugnisse

sind aber künstlich hergestellt. Ob die so gut sind und helfen? Sehr fraglich.

Ich habe mal aus Spaß ›Gedächtnisstörungen‹ auf Google eingegeben. Huch, 1,2 Millionen Treffer. Zu viele, versuchen wir doch mal ›Hilfe bei Gedächtnisstörungen‹. 480 000, das klingt besser. Von Wasser bis zu Volkshochschule kam alles darin vor, auch einige dubiose Versandapotheken. Wie gesagt, jeder will seinen Euro machen. Leider kann man gegen be-stimmte Krankheiten des Gehirns nicht viel machen. Alters-demenz oder Alzheimer sind bis heute noch unheilbar, aber es wird versucht, diese mit Gehirnjogging zu verlangsamen.

Auch psychisch Kranke werden im Gehirntraining geschult, da manche von ihnen Probleme mit ihren Gehirnleistungen haben. Bipolare Erkrankte werden in vielen Tageskliniken und auch im stationären Bereich im kognitiven Training geschult, letztendlich ist das nichts anderes als Gehirnjogging. Wenn das Gehirn solche Aufgaben bewältigen kann, erreichen die Patienten mit diesen Erkrankungen wieder Ausgeglichenheit. Woher ich das weiß? Ich bin selbst ein von dieser Krankheit betroffener Mensch. Deshalb liebe ich das kognitive Training, und ja, ich sehe auch gerne die Sendung mit der Maus.

Und jetzt erkläre ich Ihnen mal, wie ich mir diese Wörter, die ich ihnen am Anfang vorgegeben habe, merkte. Ich ver-band sie mir mit zwei Sätzen. »Als ich morgens ins Bad kam, hatte mein Hund meine Latschen auf der Badematte zerbissen. Auf dem Weg zum Schwimmbad nahm ich noch einen Brief zum Briefkasten mit und kaufte an der Ecke zwei Brötchen, die es zum Abendessen geben sollte.« Sie sagen, ich schrieb ja diese Wörter? Ja, aber ich lernte sie vor zwei Jahren bei einem Aufenthalt in einer Klinik. Es waren mal zehn, leider weiß ich die anderen nicht mehr. Die habe auch ich vergessen. Leider!

Eine Lebenstreppe aus dem 19. Jahrhundert. Aus dem Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kunstgeschichte, Münster. (Quelle: Wikipedia/unknown artist)

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 2014 FIT | 13

Turban-TurboFauja Singh – der älteste Marathonläufer der WeltB E R I C H T : Ta n n a z

Fauja Singh trägt die Startnummer 100. Un-ter den tausenden Läufern fällt er auf Anhieb auf. Nicht nur sein auffälliger Turban und der lange graue Bart unterscheiden ihn von den

anderen MarathonteilnehmerInnen. Etwas anderes ist es, was Faujas Teilnahme am Marathon so be-sonders macht. Er ist der älteste Marathonläufer der Welt, mit 101 Jahren.

Seien wir doch ehrlich. Silvester haben wir es uns selbst geschworen: Wir wollen mehr Sport ma-chen dieses Jahr. Und jetzt ist schon Mai. Und das be-vorstehende Grillen im Sommer und das viele Bier, das unseren Fussballabend versüßen wird, machen alles auch nicht besser. Mit der Fitness fangen wir am besten 2015 an. Wird sonst zu stressig alles. Dabei bietet Berlin auch dieses Jahr wieder viele Möglich-keiten beispielsweise bei einem Marathon mitzulau-fen. Sie sind noch nicht überzeugt? Vielleicht moti-viert Sie ja Faujas Singhs Geschichte.

W i e a l l e s b e g a n n

Faujas Singh wächst in Indien auf. Seinen Lebens-unterhalt verdiente der sechsfache Vater als Bauer. Als seine Frau stirbt und er seinen Sohn vor eigenen Augen durch einen tragischen Unfall verliert, zieht es den Mann zu seinen Kindern nach London. Bei dem Umzug ist Fauja bereits 84 Jahre alt. Nach den tragischen Verlusten seiner Angehörigen wird er depressiv und denkt teilweise auch an Selbstmord. Doch er findet einen Weg aus der Depression. Er beginnt zu laufen. Mit 89 Jahren macht er etwas, was

alle staunen lässt: Er nimmt an öffentlichen Rennen teil und wagt sich an die großen Marathonstrecken. In Toronto beispielsweise läuft er stolze 42 Kilome-ter in acht Stunden, 15 Minuten und 16 Sekunden. Neun Mal schafft er es wie hier in Toronto über die Ziellinie. Das Gefühl dabei beschreibt er so: »Das zu schaffen ist wie noch einmal heiraten«.

D e r S t a r j e d e s M a r a t h o n s

Seine Freude bei den Rennen zeigt, dass es ihm gar nicht darauf ankommt zu gewinnen. Er will ein-fach nur teilnehmen. Und obwohl Fauja nie einen Marathon gewinnt und teilweise auch als einer der letzten das Ziel erreicht, erobert er alle Herzen und ist bei jedem Marathonlauf eine gefeierte Legende, wie Fans berichten. Allein auf Facebook hat er über 50 000 Anhänger. Er liebt die Aufmerksamkeit, sagt sein Trainer immer. Und die bekommt er auch. Zum 100. Geburtstag gibt es sogar ein kleines Highlight. Er erhält von der Queen sogar ein Gratulations-schreiben und bei den Olympischen Spielen in Lon-don darf er sogar ein Stück lang das Olympische Feuer tragen. Gar nicht so schlecht für einen über 100-jährigen, der sogar einen Werbevertrag mit »Adidas« unterzeichnete. Doch »Turban- Turbo«, wie ihn alle nennen, macht es nicht wegen des Gel-des, sondern weil er einfach laufen möchte. Deswe-gen ist es für ihn auch nicht sonderlich wichtig, dass er es aufgrund einer fehlenden Geburtsurkunde nie ins Guinessbuch der Rekorde schaffen wird. Dabei sind seinen Leistungen in seiner Altersklasse zwölf Weltrekorde zuzuschreiben.

D a s l e t z t e R e n n e n u n d w i e e s w e i t e rg e h t

Es scheint bei stolzen zwölf Weltrekorden zu bleiben. Denn kurz vor seinem 102. Geburtstag vergangenen Jahres, tritt Fauja zu seinem letzten Rennen in Hong-kong an. »Heute war mein letztes Rennen. Aber ich habe ein vollkommenes Leben gelebt«, verkündet er nach dem Rennen in Hongkong. Zehn Kilometer schaffte er in gerade mal einer Stunde und 32 Minu-ten. Doch Sorgen müsse man sich um ihn nicht ma-chen. Zwar nimmt Fauja an keinem Rennen mehr teil, aber das heißt nicht, dass er auf Sport verzichten werde. Man fragt sich zu Recht, wie er es schafft mit 102 Jahren noch so fit zu bleiben. Zumindest für Fauja gibt es eine ganz einfache Erklärung, so alt zu werden, und dabei so gesund zu bleiben. Er lebt vegetarisch und läuft jeden Tag zwölf Kilometer – das sei schon alles. Und es scheint, als wäre kein Ende in Sicht.

Der indischen Zeitung Hindustan Times ge-genüber berichtete der 102-jährige »Ich kann noch immer laufen und auf einen Bus aufspringen«. Von Ruhestand wolle er gar nicht mehr hören. Was Fauja deutlich mehr besorgt, ist die Angst, nach Beendigung seiner Laufkarriere ignoriert und nicht mehr gemocht zu werden. Mir ist, als müsse er sich darum keine Sorgen machen.

Fauja Singh soll der älteste Marathonläufer der Welt sein (Quelle: Wikipedia)

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 201414 | FIT

V E R A N STA LT U N G ST I P P

6. Run of Spirit 9. Juni dem Pfingst-wochenende 2014

› www.evangelisches-johan-nesstift.de/run-of-spirit

01 Annette Steinke, Mitarbeiterin in der Personalentwicklung des ev. Johan-nessstift, Veganerin und Marathon-läuferin (Foto: Autorin)

02 Patrik Baboumian: Stärkster Mann Deutschlands & Pflanzenfresser (Foto:

© Caroline Pitzke & Christine Fiedler für PETA)

02

Vegan fit zum Marathonsieg. Ohne »Muh« und »Mäh« an der Masse vorbeiziehenB E R I C H T : C h r i s t i n e M ü l l e r

Wie und warum wird jemand eigentlich zum Vega-ner? Um das rauszufinden, habe ich Interviews mit Käufer_innen im Veganladen »Dr. Pogo« in Neukölln geführt. Diese Interviews haben mich,

selbst Veganerin seit meiner Osterfastenzeit 2013 durchaus schlauer gemacht. Als Basiswissen brachte ich mit, dass vegan 100 Prozent tierfrei heißt, also kein Fleisch, keine Eier, kein Milchprodukte wie Käse, Milch, Butter. Doch im Gespräch mit Steffen, einem der Kombinatsmitglieder des »Dr. Pogo«, ist mir einiges noch klarer geworden. »Vegan ist nicht automa-tisch auch bio oder öko. Vegan wurde in den 80ern zum politi-schen Statement als »gegen das Establishment sein«, vertreten durch »Ökos« auf der einen und der Hartcoreszene auf der anderen Seite.« Spannend für mich war auch das, was Stef-fen dann sagte: »Die veganen Läden stehen in der Nachfolge des Reformhauskonzepts – sind aber flexibler als Bioläden im Angebot, da sie entscheiden können, ob sie nur zertifizierte Produkte anbieten oder wie ›Dr. Pogo‹ auch eine Kombi aus allem was vegan, gesund, und lecker ist.«

M i t v e g a n e r E r n ä h r u n g M a r a t h o n s i e g e r w e rd e n ?

Meine Frage, wie werde ich denn als Veganer fit für den Ma-rathonsieg, ist im Dr. Pogo jedoch leider ohne konkrete Ant-

wort geblieben. Aber es muss ja gehen, schließlich »werben« doch die Albert-Schweitzer-Stiftung für die Mitwelt und der vegane Supermarkt »Veganz Gmbh« damit, wie fit das Pflanzenessen macht. Eine der Gallionsfiguren der Szene ist Patrik Ba-boumian, der stärkste Mann Deutschlands 2011. Baboumian ist seit 2005 Vegetarier, seit 2011 Ve-ganer. Der erwartete Kraftverlust durch vegane Ernährung bei ihm blieb aus. Leider konnte ich ihn nicht treffen.

Der Zufall half, und der »liebe Gott« schickte mir die passende Interviewpartnerin. Annette Steinke ist Mitarbeiterin der Behinder-tenhilfe des Evangelischen Johannesstifts. Im Gespräch berichtete ich von meinen Interviews im »Dr. Pogo« und meinem Wunsch, doch mal einen veganen Marathonläufer zu interviewen. »Nun, den haben sie jetzt gefunden«, war die prompte Reaktion von Annette Steinke. Zum Marathon kam sie ganz fließend. Bereits von Kindheit war sie Läuferin und ist es – außer einer Pubertätspause –geblieben – ganz frisch gekürt als Meisterin im Team des »LTC Berlin« bei den Deutschen Straßenmeisterschaften über 50 Kilometer im März 2014. »Beeindruckend!« – konnte ich da nur sagen. Doch wie sie denn Ve-ganerin geworden ist wollte ich wissen. »Es war eine ganz egoistische Entscheidung. Bereits seit 18 Jahren ernährte ich mich vegetarisch, bevor ich dann 2013 ganz wechselte und sozusagen ve-gan wurde. Motivator war eine Fernsehsendung zum Gesundheitsmehrwert dieser Ernährungs- und Lebensweise. Letztlich verfolge ich ganz egoistisch den Wunsch alles getan zu haben, um nicht gepflegt werden zu müssen. Auch möchte ich mein Möglichstes tun, um Krankheiten wie Multiple Sklerose und Krebs zu vermeiden oder natürlich heilen zu können.«

Was lernen wir daraus: Auch ohne »Muh« und »Mäh« lebt es sich als Pflanzenesser_in fit. Und man bleibt gesund. Der Schritt zum Wechseln ins Vegane dürfte für uns Deutsche übrigens sehr leicht sein, werden wird doch die im Ausland schon als »Krauts« (England) und »Kartoffel« (Italien). Darauf einen grünen Smoothie mit Dinkelkeks!

Übrigens: Alle gefragten Kunden waren so-fort einverstanden, als ich um ein Kurzinterview für einen Artikel über Veganer im strassenfeger bat. Die meisten kannten die Zeitung und waren gleich ganz begierig, den Artikel nachher auch zu lesen. Wir haben vereinbart, dass ich die Aus-gabe 10/2014 des strassenfeger ab dem 19. Mai im »Dr. Pogo« verkaufen werde.

PS: Mein liebstes veganes Essen: Indische Pakoras gefüllt mit Gemüse und Sauerkraut mit Bandnudeln.

01

Page 15: FIT - Ausgabe 10, 2014 des strassenfeger

strassenfeger | Nr. 10 | Mai 2014 FIT | 15

V E R A N STA LT U N G ST I P P

6. Run of Spirit 9. Juni dem Pfingst-wochenende 2014

› www.evangelisches-johan-nesstift.de/run-of-spirit

...nachts im Hamsterrad Das Trainingsgelände TagebuchT E X T : M i s c h a N .

Ich habe ein Heft gekauft, es aufgeschlagen und ich habe gewartet, in den leeren Seiten eine Antwort gesucht – auf eine Frage, die ich nicht zu stellen wusste. Ich war unru-

hig, betastete mit meinen Pfoten das Papier, mit den Fingerspitzen folgte ich den Zeilen. Mir fiel nichts ein, mir fiel nichts auf. Es war Nacht. Ich konnte nicht schlafen, auch nicht mit dem Heft unter‘m Kopfkissen. Wir waren einander fremd und ich zu scheu für das erste Wort.

Ich habe eine Notiz machen wollen. Es war in der Nacht zwischen einem Dienstag und einem Mittwoch. Ich hatte etwas am Tage geträumt und war deshalb in Bewegung. Ich wusste aber nicht mehr, was ich geträumt hatte und von wem – ob ich es geträumt oder gesehen hatte... es zu mir gehörte oder in das Heft. Vielleicht hatte sich das Heft in mir geleert und war eigentlich ein Buch gewesen, eines - das bereits geschrie-ben und verloren gegangen war. Oder jemand wartete in den Zeilen auf mich... jemand, den ich schon kannte, den ich aber vergessen hatte wie den Traum des Tages.

Vielleicht wartete das dicke Mädchen auf mich, das Mädchen – dem ich nichts sagen konnte. Ich hatte mir das Heft wohl deswegen gekauft, um etwas zu notieren, was ich später zu sagen hätte. Ich wollte diesem Mädchen im Heft schreiben oder etwas über sie herausfinden. Ich wollte ihr gefallen in diesem Heft und nie wieder an sie den-ken müssen. Zwischen den Zeilen, so dachte ich, würde sie von mir Abschied und mir damit die Peinlichkeit eines Wortes im Tage nehmen.

Aber das dicke Mädchen stand im ersten Heft. Ich habe das Heft an einem Dienstag gekauft oder letzte Woche. Letzte Woche war das Mäd-chen eine ältere Dame, verheiratet und im Be-sitz eines Hauses und eines Hundes. Vielleicht ist das Heft ein Brief, dachte ich – einen, den ich später einmal abschicken werde – an das dicke Mädchen.

Ich habe immer nur an sie denken müssen, wäh-rend ich ganz andere traf. Fortlaufend traf ich Menschen, da es sich so gehörte – aber nachts vergaß ich sie alle und vertiefte mich in das Heft. Ich lief dort umher, ich irrte darin und mar-schierte weiter. Ich spürte immer diesen Drang nach Bewegung und suchte anzukommen. Je-der Weg, so dachte ich, müsse ein Ende haben. Deshalb schrieb ich mich dorthin. Aber das Heft hatte keine letzte Seite und ich schämte mich im Schreibwarenladen, wenn ich zahlte... wenn ich immer wieder dieses Heft unter meine Jacke

schob und nach Hause trug, in Erwartung der nächsten Nacht.

Ich möchte auch einmal wieder schlafen kön-nen. Meistens ruhe ich mit offenen Augen und manchmal lege ich nachts meinen Kopf auf das Heft, wenn ich zu sehr erschöpft bin. Ich habe angefangen, das dicke Mädchen im Tag zu su-chen und in ein Telefonbuch geschaut. Ich hätte es gern angerufen und zu einem Kaffee eingela-den, auch wenn das Mädchen inzwischen eine ältere Frau geworden ist. Ich fürchtete aber ihren Mann oder ihre Ablehnung oder den Hund.

Ich wartete auf einen Zufall, eine Begegnung in den Straßen, durch die ich lief. Aber ich blickte in fremde Gesichter. Manchmal habe ich eines gegrüßt, wenn ich darin schon öfter nach dem Mädchen Ausschau gehalten hatte. Hin und wie-der wurde ich nach einem Weg gefragt. Ich kenne die Straßen in dieser Gegend, sie haben sich mir anvertraut, sie haben sich mir gezeigt, denn ich habe in ihren das dicke Mädchen gesucht.

Die ältere Frau trägt immer noch den Namen des dicken Mädchens und ich dachte, dass sie sich meiner vielleicht erinnern wird. Ich überlegte, ihr all die Hefte zu schicken, die ich sorgsam in verschlossenen Schubladen aufbewahre. Aber ich wusste plötzlich, dass ich nie ein Wort an sie gerichtet, statt dessen diese Hefte gekauft hatte.

Ich habe ein neues Heft gekauft, weil ich die Eindrücke aller Nachtwanderungen und das, was mir die Straßen am Tage anvertrauten, notieren muss. Das dicke Mädchen habe ich vielleicht geträumt, aber der Name der älteren Frau steht in einem Telefonbuch. Er ist dem des Mädchen‘s verwandt.

Ich wage nicht anzurufen und habe einen Brief begonnen, in dem ich über das dicke Mädchen, das die Nächte in meinen Heften bewohnte und sorgsam verschlossen blieb, schreiben will.

Der Briefkasten wird am Tag und auch nachts geleert. Ich habe nicht geträumt.

Das Heft... (Foto: Walt Stoneburner, CC BY 2.0)

Page 16: FIT - Ausgabe 10, 2014 des strassenfeger

strassenfeger | Nr. 10 | Mai 201416 | TAUFRISCH & ANGESAGT a r t s t r a s s e n fe g e r

»Mich interessieren Menschen in Räumen«Der Fotograf Harald Hauswald: »Querbeet« zum 60. GeburtstagI N T E R V I E W : A n d r e a s D ü l l i c k

Harald Hauswald, der berühmte »Ostkreuz«-Fotograf feierte am 3. Mai seinen 60. Geburts-tag. Passend dazu wurde ein paar Tage später die Ausstellung »Querbeet« in der Fotogalerie Friedrichshain eröffnet. Dort kann man be-

kannte und neue, bisher unveröffentlichte Fotos von Haus-wald entdecken. Der Schriftsteller Peter Wawerzinek sagt über ihn: »Harald Hauswald kam wie ich als Telegrammzu-steller in die Hinterhöfe der Häuser. Er hat die abweisenden Winkel, das unspektakuläre Leben der einfachen Bürger von unten kennengelernt. Er hat die unbekannte Welt abgelichtet und im Tun grafische Sicherheit gewonnen. Die Architektur, die alle seine Bilder auszeichnet. In Berlin hat er mit der Kamera sein Lebensfeeling gefunden. ›Die vielen kleinen Nebensächlichkeiten, die einem in dieser Stadt zustoßen, sind einfach wunderbar‹. Den intimen Bildern Hauswalds sind sanfte Kühle und Reserviertheit anzumerken. Wer sich unter die Leute mischte, war mitunter ein Verwandlungswe-sen, ein Chamäleon, das seine Farben wechselte. Hauswald konnte mit der Kamera Eckensteher, Hooligan, Hausbeset-zer oder Tangotänzer im schummrigen Saal werden.« Dem ist nichts hinzuzufügen.

Zur Vernissage kamen viele Freunde und Wegbegleiter, aber auch zahlreiche Fans seiner Kunst. Die Galerie platzte förmlich aus allen Nähten. Die Laudatio hielt auf ausdrück-lichen Wunsch Hauswalds Marianne Birthler, früherer DDR-Bürgerrechtlerin und ehemalige Leiterin der Stasi-Unterlagen-Behörde. Musik gab’s von der »Sogenannten Anarchistischen Musikwirtschaft«. Andreas Düllick traf Hauswald kurz vor der Ausstellung.

sf: Tja Harald, 60…H. H.: Das musste irgendwann mal kommen...

Zeit für Resümee oder schaust Du lieber nach vorn?Resümee, nee, ich schaue nach vorn. Ich habe im ver-

gangenen Jahr mit 59 Jahren zum ersten Mal geheiratet. Wir haben uns nichts schenken lassen, nur Geld, weil meine Frau

Gudrun davon träumt, ein Mal Lemuren zu se-hen. Und deshalb wollen wir nach Madagaskar. Vorher machen wir auch noch einen Tauchkurs, und dann geht es los!

Was hast Du am 3. Mai 2014 fotografiert?Nein, gar nichts! Ich war mit Freunden mit

einem Kutter auf der Ostsee. Früh um sieben sind wir raus. Ich hatte auch nur eine kleine Kamera dabei. Es gab aber auch keine Motive, nichts. Wir haben auch keinen, einzigen Dorsch gefangen an diesem Tag. Dafür dann am nächs-ten. Aber es treibt mich auch nicht mehr so um, wenn ich was sehr Schönes sehe, dann fotogra-fiere ich es schon. Aber generell ist das weniger geworden und ich kümmere mich zurzeit mehr um mein Archiv.

Du hängst gerade Deine Fotos in der Galerie auf – was hast Du ausgesucht und warum?

Ich habe das in drei Teile geteilt: Im ersten Raum hängen nur Fotos aus dem Ausland und aus den letzten Jahren. Im zweiten Raum gibt es Fotos, die aus meinem Archiv ausgebuddelt habe und die größtenteils noch nie öffentlich zu sehen waren. Und im dritten Raum findet man die bekannten Bilder. Darauf wollte die Galerie nicht verzichten.

»Querbeet« – dein Ausstellungstitel…Ja, Querbeet, damit die Leute sehen, dass es

auch noch andere Sachen von mir gibt, als die altbekannten.

Gibt es ein Foto, an dem Du besonders hängst, mit dem Du besondere Erinnerungen verbin-dest?

Ganz viele! Gerade auch die Auslandsfotos.

H a r a l d H a u s w a l d

Geboren 1954 in Radebeul, ab-solvierte Harald Hauswald eine Lehre als Fotograf, zog dann 1977 nach (Ost)Berlin und ar-beitete u. a. als Telegrammbote, Heizer, Restaurator, Fotolabo-rant und Fotograf in der Stepha-nus-Stiftung. 1989 wurde er in den Verband Bildender Künstler der DDR aufgenommen. Seine Ausstellungen waren zu sehen in der DDR, der BRD, den USA, der Schweiz, in Frankreich, Ita-lien und den Niederlanden. Er gründete die renommierte Agentur Ostkreuz mit, verfasste zahlreiche Fotoreportagen und arbeitete an mehreren Büchern. 1997 wurde er mit dem Bun-desverdienstkreuz geehrt und 2006 mit dem »Einheitspreis – Bürgerpreis zur Deutschen Einheit«.

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 2014 TAUFRISCH & ANGESAGT | 17 a r t s t r a s s e n fe g e r

01 Die Sängerin und Bassistin der Punk-band »Die Firma« bei einem Auftritt auf dem gelände »Am Zirkus«, Berlin-Mitte (Foto: Harald Hauswald/Ostkreuz)

02 Viele Freunde & Fans kamen zur Vernissage (Foto: Andreas Düllick ©VG

Bild-Kunst)

03 Pfingstreffen der FDJ, Fuß des Fern-sehturms, Berlin, 1989 (Foto: Harald

Hauswald/Ostkreuz)

Vorn gibt es eins aus Budapest, wo so ein Typ in der Kneipe sitzt. Hinten feiern sie und er sitzt traurig und allein und stippt da seine Asche in den Becher. Das Gesicht von dem Mann finde ich sehr beeindruckend. Oder das Foto aus As-sisi, wo der Mönch allein vor der Wand entlang-läuft, das ist für mich grafisch wunderschön. Das Kind in der Türkei nachts um zwei Uhr am Mittelmeer, das rannte plötzlich mit einem Hahn durch die Gegend.

Deine wichtigsten Lebensstationen waren bis-lang…

Zuerst die Zeit, bis ich zur Armee musste. Als ich durch die Gegend trampte und Techniker bei der »Birkholz-Formation« war. Die andert-halb Jahre bei der Armee waren die schlimmste Zeit meines Lebens. Dann meine Lehrzeit zum Fotografen. Dann mein Umzug nach Berlin. Na ja und dann natürlich diese schlimme Zeit mit der Staatssicherheit. Ab 1988 veränderte sich das dann, da spielten die Kulturzensoren der DDR nicht mehr so richtig mit. Und da hatte ich ganz plötzlich Möglichkeiten, die vorher nicht zu erahnen waren. Da hat der »Sonntag« Fotos von mir veröffentlicht, ich wurde in den Künst-lerverband aufgenommen, ich bekam sogar noch ein Stipendium vom Kulturministerium. Aber der wichtigste Moment war natürlich die Maueröffnung, völlig klar!

Was hat Dich als Mensch, aber auch als Foto-graf besonders geprägt?

Neugierde! Und vor allem, mit dieser Neu-gierde umzugehen. Das ist das Entscheidende, dass ich immer aufgepasst habe, dass aus mir kein Paparazzo wird. Dass ich nicht vergessen habe, dass man als Fotograf die Verpflichtung

hat, mit Menschen respektvoll umzugehen.

Was sind Deine Motive im Jahr 2014?Mein Thema ist nach wie vor dasselbe: Mich interessieren

Menschen in Räumen und wie sie miteinander kommunizie-ren oder auch nicht. Das muss so gestaltet sein, dass das Foto eine Geschichte beinhaltet.

Wie »findest« Du Deine Motive?Neugierig sein und suchen! Und man muss lange warten.

Manchmal ist es auch Intuition. Dass ich merke, da passiert etwas Spannendes... Manchmal fotografiere ich mich auch erst rein ins Motiv. Ich fange an und weiß noch gar nicht, was kommt. Und plötzlich ist es dann im Bild. Wenn ich Work-shops mache, sage ich den Menschen auch immer: Reizt es aus! Denn nach dem Fotografieren merken sie dann, wenn sie einen einzigen Schritt nach rechts gegangen wären, dann wäre es ein viel besseres Bild geworden.

Worauf kommt es Dir beim Fotografieren besonders an, was ist Dir wichtig?

Wichtig ist mir, dass ich ein Foto hinkriege, dass ein Au-ßenstehender... Wenn ich früh aufstehe, beginnt ein Film zu laufen. Der läuft den ganzen Tag. Wenn ich dann ein Foto entdecke und es fotografiere, dann halte ich meinen Film für einen kurzen Moment an. Diesen Moment muss ich aber so gestalten, dass ich noch Stückchen davor und ein Stückchen danach mit da rein bekomme, dass ein kleiner Film entsteht. Und dann kann ein Außenstehender seinen eigenen Film er-leben, wenn mir das gelingt. Wenn das klappt, hast Du ein gutes Bild gemacht.

Denkst beim Fotografieren an die Wirkung, die Dein Foto beim Betrachter auslösen wird/könnte?

Nein! Überhaupt nicht! Das ist mein reines Kopf- und Bauchgefühl, das da in diesem Moment arbeitet. Das muss auch so sein, wenn man ein guter Fotograf ist. Die Technik muss so in Fleisch und Blut übergegangen sein. Ich

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Fotogalerie Friedrichshain, Helsingfor-ser Platz 1, 10243 Berlin

Geöffnet: Di, Mi, Fr, Sa 14.00 bis 18.00 Uhr, Do 10.00 bis 18.00 Uhr Tel.: 030 / 296 16 84

E-Mail: [email protected]

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weiß, wenn ich diesen Film drin habe und das Objektiv an der Kamera, die Blende und die Belichtungszeit eingestellt sind, dann weiß ich, wie das Foto hinterher aussieht.

Müssen Fotos Botschaften transportieren?Können!

Mit was für einer Kamera fotografierst Du gerade?Ich habe drei verschiedene Kameras. Canon und Nikon

F1. Und eine kleine Minox. Technik ist nicht so wichtig, aber es muss schon ein gutes Objektiv sein. Die Kamera muss zu-verlässig sein. Das Bild macht der Fotograf und nicht die Ka-mera. Die Kamera ist nur dazwischen.

Rolle von Technik und Material?Nach wie vor Schwarz-Weiß. Ich brauche mein Adrenalin

in der Dunkelkammer.

Erfahrung Dunkelkammer – Entwickeln eines Bildes – heute anders als damals?

Ja. Damals hatte ich mich eingeschossen auf ORWO und einen bestimmten Entwickler. Heute gibt es so viele verschie-dene Fotopapiersorten, die jedes Mal anders reagieren, und so viel Chemikalien. Jetzt muss ich das jedes Mal ausprobieren. So richtig festgeschossen habe ich mich noch nicht. Ich mach nach wie vor alles selbst. Das Problem ist: Das Material ist wesentlich teurer geworden.

Es gibt zwei Momente für den Fotografen: Das Auslösen und wenn das Foto so langsam im Fixierbad zu erkennen ist...

Es sind drei: In dem Moment, in dem du den Kontaktab-zug anguckst. Wenn du rüberguckst, und denkst: Was hast du denn da eigentlich fotografiert. Das ist ein spannendes Hand-werk! Ganz einfach! Hinterher, wenn dann so eine Ausstel-

lung wie diese an der Wand hängt, denkst du: Eh Alter, das hast du alles selbst gemacht!

Hat man mit 60 noch Vorbilder?Ich habe noch nie Vorbilder gehabt! Ich habe mich an

verschiedenen Strömungen orientiert. Aber Vorbilder? Nee, das habe ich vermieden, weil man schnell in die Gefahr gerät, kopieren zu wollen.

Stichwort »OSTKREUZ« – »Agentur der Fotografen«…Nächstes Jahr werden wir 25! Wir sind jetzt 18 Fotogra-

fen, und ich denke, die werden heute alle kommen!

Was hast Du Dir für die nächsten zehn Jahre vorgenommen?Das Archiv aufarbeiten. Und klar, auch fotografieren.

Wenn wir dann nach Madagaskar düsen...

Ein neues Buch?Noch nicht direkt in Planung. Aber mein neuer Verleger

Mark Lehmstedt hat mir gedroht, dass er ja von meinem um-fangreichen Archiv wisse. Er könne sich sehr gut vorstellen, dass da ein oder zwei oder gar drei Bücher möglich sind. Und dann arbeite ich noch mit einem Freund an einem Buch über unsere Elbreise.

Die soziale Straßenzeitung strassenfeger feiert in diesem Jahr ihren 20. Geburtstag. Könntest Du Dir vorstellen, mit Deinen »Ostkreuz«-Kollegen die Themen »Obdachlosig-keit« und »Armut« in den Fokus zu nehmen?

Ich habe Obdachlosigkeit und Armut schon mal vor drei, vier Jahren für das Diakonische Werk fotografiert. Ich habe da einiges im Archiv, was ich Euch zur Verfügung stellen könnte. Aber wenn ich wieder unterwegs bin und ich etwas Interessantes sehe...

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Kommt vorbei!Neue Kontakt- und Beratungsstelle für Obdachlose bei mob e. V.B E R I C H T : E d g a r & A n d r e a s D ü l l i c k

Die Notübernachtung »Ein Dach über dem Kopf« in der Prenzlauer Allee 87 musste Ende Januar schließen. Das ehrenamtliche Team der Notübernachtung wurde ebenso wie unsere ob-dachlosen und wohnungslosen Klienten auf die Straße gesetzt. Für die Notübernachtung gibt es bis heute noch keine neuen Räume. Der neue Sitz des Vereins mob e. V. in der Storkower Straße 139d ist leider nicht wirklich geeignet, eine men-schenwürdige Unterbringung von Obdachlosen anzubieten. Zu wenig Platz für 17 Menschen mit eigenen Betten, eigenen, abschließbaren Schränken, Kleiderkammer und ausreichenden sanitären Einrichtungen. Leider. Wir sind zwar in guten Gesprächen mit dem Land Berlin, aber klar ist noch nicht, ob und wann und wo wir unsere Notübernachtung wieder eröffnen kön-nen. Immerhin gibt es noch Platz für ein Büro, in dem das Team der Notübernachtung hier eine Kontakt- und Beratungsstelle einrichten konnte. Es ist eigentlich, wie der Name schon sagt, zwar nicht die Kernaufgabe des Notübernach-tungsteams, aber es ist das derzeit Mögliche, das wir für die Obdachlosen tun können. Die Bereit-stellung von Notschlafplätzen für Wohnungslose bleibt trotzdem weiter unser Ziel.

E i n e s i c h e re S c h l a f s t e l l e i s t e i n g r u n d l e g e n d e s m e n s c h l i c h e s B e d ü r f n i s !

Wir sehen uns als niedrigschwellige Hilfe-einrichtung, die sich besonders an obdachlose, auf der Straße lebende Menschen richtet, die die herkömmlichen staatlichen Hilfeangebote (noch) nicht nutzen. Geringes Einkommen und oft gesundheitliche Einschränkungen führen zu massiven Beschränkungen der Handlungsmög-lichkeiten dieser Menschen. Unsere ehrenamt-lichen Mitarbeiter versuchen mit einem hohen Grad an Differenzierung und Spezialisierung auf jeden einzelnen obdachlosen bzw. wohnungslo-sen Menschen mit Verständnis für seine Gesamt-lage einzugehen. Ziel ist es, mit den Klienten

gemeinsam ein Stück ihres Weges zu gehen und sie abzuholen, geduldig zu ermuntern, eigene Schritte zu gehen. Anfangspunkt ist oft ein tiefes Tal der Resignation vor einem Gebirge an Prob-lemen. Das Team sieht sich bei diesem Aufstieg als Bergführer. Schwerpunkt ist die allgemeine Sozialberatung mit ALG II-Beratung, Ämter-begleitungen oder die Vermittlung eines Schlaf-platzes. Letzteres ist nach Ende der »Kältehilfe«-Saison nicht einfach. Sofern ein Anspruch auf Sozialleistungen besteht, ist es möglich, einen Wohnheimplatz zu organisieren.

A b r u t s c h e n i n O b d a c h l o s i g ke i t i s t l e i c h t

Ein: Beispiel Volker F., ehemals selbststän-diger Kraftfahrer, ist mit seinem Unternehmen gescheitert. Zu viele Fahrten, die zu wenig ein-brachten, nur neue Schulden. Folge: Zerwürf-nisse und Trennung von seiner Familie. Volker kam zunächst bei Freunden unter, deren Gast-freundschaft erschöpfte sich wegen der beengten Wohnverhältnisse schnell. Ohne festen Wohnsitz fingen die Probleme erst richtig an: keine Arbeit und keine Wohnung, alles dreht sich im Kreis, im Zentrum das schwarze Loch Depression. Für

Volker ist der Weg durch die Ämter kompli-ziert und mühevoll, weil Obdachlosigkeit weit-gehend vom Gesetzgeber unverstanden ist. Unsere Kontakt und Beratungsstelle moderiert Fälle wie Volkers. Unser Ziel ist, in Koopera-tion mit Mitarbeitern verschiedener Ämter für seine Wohnungslosigkeit eine praktikable Lö-sung zu finden. Uns ist bewusst, dass wir das Problem ›Obdachlosigkeit‹ für die große Mehr-zahl der Menschen nicht lösen können. Zudem müssen wir feststellen, dass sich die Lage der Obdachlosen und der von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen eher weiter verschlech-tern. Keine noch so gute Beratung kann ge-nug bezahlbaren Wohnraum schaffen. Für die Stadt Berlin ist es eine Frage der Prioritäten, Lösungen sind längst überfällig.

I N FO

Kontakt- und Beratungsstelle mob e.V.Storkower Straße 139d, 10407 Berlin. S-Bahn Landsberger Allee.

Geöffnet ist am Mo., Mi., Fr. von 11-14 Uhr

Der Autor während einer Beratung (Foto: Andreas Düllick ©

VG Bild-Kunst)

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 201420 | TAUFRISCH & ANGESAGT B re n n p u n k t

I N FO

› www.beratung-kann-helfen.de

› www.dgb.de

› www.landesarmutskonferenz-berlin.de

Berliner Jobcenter vermitteln in NiedriglohnbeschäftigungenEine Studie der Landesarmutskonferenz Berlin kritisiert die mangelnde Bera-tungstätigkeit der Berliner JobCenter bei sittenwidrigen Arbeitsverhältnissen B E R I C H T : B o r i s N o w a c k

Nur eine Handvoll Journalisten war zum Pressege-spräch erschienen, als die Landesarmutskonferenz (lak) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Berlin-Brandenburg Anfang Mai die Ergebnisse ih-

rer Studie zum Thema sittenwidrige Beschäftigung und Ber-liner JobCenter vorstellten. Bad news is good news, heißt es im Mediengeschäft eigentlich, schlechte Nachrichten bringen Aufmerksamkeit. Doch über Armut, zumal in Deutschland, redet niemand wirklich gerne. Über Geld spricht man nicht, das hat man, wenn man arbeitet – oder man sollte es haben.

A r b e i t s l o s i g ke i t g e h t z u r ü c k , N i e d r i g l o h n s e k t o r v e r fe s t i g t s i c hDoch während die Arbeitslosigkeit als Ganzes hierzulande langsam sinkt, stagniert die Anzahl der sogenannten Aufsto-cker weiterhin auf hohem Niveau. Es müssen also weiterhin Arbeitnehmer unterstützende Leistungen vom Staat beziehen, weil der Lohn ihrer Arbeit zum Leben nicht ausreicht. Immer wieder vermitteln die Berliner JobCenter in solche Beschäfti-gungsverhältnisse, weil Arbeitgeber den Lohn nicht angeben müssen. Die Beratung der JobCenter in Sachen sittenwidrige Löhne ist meist unzureichend bis gar nicht vorhanden, gerne wird »auf das Internet« verwiesen. Im besten Fall werden die Kunden in eine sechswöchige Maßnahme über »Lohnver-handlungen mit dem Arbeitgeber« gesteckt. Doch welcher frische Arbeitnehmer verhandelt schon zu Beginn über den Lohn und riskiert die sofortige Kündigung? Und wer eine an-gebotene Stelle nicht antritt, wird mit Abzügen der Unterstüt-zung sanktioniert. Das Berliner Arbeitslosenzentrum (Balz) schickt deshalb unter dem Motto »Irren ist amtlich« einmal im Jahr einen Informationsbus durch die Stadt, der die Arbeitsu-chenden vor den Ämtern berät.

S i t t e n w i d r i g ke i t i s t e i n s c h w a m m i g e r B e g r i f fDenn es ist jedermanns gutes Recht, Arbeit zu sittenwidrigem Lohn abzulehnen. Sittenwidrigkeit liegt vor, wenn die Vergü-tung unter zwei Dritteln des Tariflohns liegt, allerdings gibt es in Berlin gerade einmal für 29 Prozent der Arbeitsverhältnisse Tarifbindung. Im Niedriglohnsektor fehlt diese meist ganz, Arbeitgeber sprechen dann gerne von »ortsüblichen« Löhnen. Das hat dazu geführt, dass sich der Niedriglohnsektor in der Hauptstadt verfestigt hat. Nicht nur die JobCenter-Kunden stellen für unseriöse Arbeitgeber einen breiten Fundus an verzweifelten Arbeitsuchenden dar, die für plus/minus fünf Euro pro Stunde arbeiten. Laut Statistischem Bundesamt ar-beiten 22 Prozent aller Berufstätigen in Deutschland im Nied-riglohnsektor. Auffallend viele Angebote kommen aus der Fleisch- sowie der Hotel- und Gastronomiebranche. In Berlin bekommen rund 105 000 Arbeitnehmer aufstockende Leis-tungen, über die Hälfte arbeitet in sozialversicherungspflich-

tigen Beschäftigungen. Ein zukünftiger Mindestlohn wird da-ran nichts ändern, solange er von Ausnahmen durchlöchert ist. Die Sprecherin der lak Ingrid Stahmer fordert daher eine Lohn untergrenze auch für das Hartz-IV-System.

K e i n e e i n h e i t l i c h e S t r a t e g i e d e r J o b C e n t e rMarkus Wahle, Autor der Studie der lak, bemängelt die feh-lende einheitliche Strategie, gegen unseriöse Arbeitsverhält-nisse vorzugehen. »Wie das JobCenter damit umgeht, hängt davon ab, auf welcher Seite der Straße Sie wohnen«, konsta-tiert er. Es gibt bisher wenig Interesse, diese Fälle statistisch zu erfassen und einheitlich zu behandeln, obwohl es hier um Steuergelder geht, mit denen manche Arbeitgeber auf diese Weise ihre Geschäfte finanzieren. Diese »Kleinstaaterei« zwi-schen den JobCentern, wie es Wahle bezeichnet, wird man nur dadurch beseitigen, indem Berlin als einheitlicher Ar-beitsmarkt gesehen und nicht abhängig vom Bezirk behandelt wird: »Es müssen für alle JobCenter geltende Regeln bezüglich sittenwidriger Löhne aufgestellt werden.« So lange dies nicht der Fall ist, bleibt den Arbeitsuchenden nur, sich über ihre Rechte zu informieren und das JobCenter gegebenenfalls auf unseriöse Arbeitsverhältnisse aufmerksam zu machen. Frank Steger, Vorsitzender des Berliner Arbeits-losenzentrums, rät außerdem, sich, auch gewerkschaftlich, zu organisieren: »Dies ist gerade im Niedriglohnsektor nicht mit hohen Kosten verbunden.«

Armutskonferenz kritisiert Berliner Jobcenter (Foto: Autor)

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 2014 TAUFRISCH & ANGESAGT | 21 k a f fe e b a n k ro t t

Mach‘ mit, mach’s nach, mach’s besser!»kaffeebankrott« bietet sucht Mitmach-ProfisA U F R U F : G u i d o F a h r e n d h o l z

Medienvielfalt ist auch ein Marken-zeichen der Arbeit in unserer Re-daktion. Feiert die Printausgabe des strassenfeger in diesem Jahr bereits

ihr zwanzigjähriges Bestehen, begehen wir das nächste Jubiläum bereits im kommenden Jahr. Genaugenommen sind es sogar zwei. Zehn Jahre gibt es dann das strassenfeger radio im regio-nalen Äther Berlin und Brandenburgs zu hören und immerhin auch schon fünf Jahre machen wir dann TV.

T V m i t N i v e a uWas vor vier Jahren als reine unplugged-Session begann, hat sich zwischenzeitlich zu dem ernst zunehmenden Unterhaltungsmagazin kaffee-bankrott – das magazin entwickelt. Sechzig Mi-nuten ausgefüllt mit Talk und Musik zu gleichen Teilen. Die Liste der bisherigen Gesprächspart-ner ist so bunt wie das Leben. Beispielsweise sprachen wir mit dem Geschäftsführer des paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Dr. Ulrich Schneider über den aktuellen Armutsbericht, mit dem mehrmaligen Landes- und Berliner Meister Daniel Weißhoff über Apnoetauchen und mit der amerikanischen Sängerin und Pia-nisten Jocelyn B. Smith über kulturelle Teilhabe und ihr Chorprojekt in Berlin-Neuköln. Letz-tere war aber auch der musikalische Gast dieses Abends in Begleitung des großartigen Jazzsaxo-phonisten Volker Schlott. Es spielten aber auch schon Torsten Goods, Jimmy Gee, Shon Abram, um nur einige stellvertretend für alle zu nennen, auf unserer Bühne.

K o m m u n d v e r s t ä r ke u n s e re C re w !Nach einem Studiowechsel werden wir die kommenden Produktionen kaffeebankrott aus-nahmslos bei »Black Box Music« produzieren. Der Geschäftsführer Thilo »Baby« Goos und seine Männer entwickeln Veranstaltungskon-zepte und Shows z. B. für Rammstein, Cher, Marius Müller Westernhagen etc. »Baby« stellt uns für unsere Produktion sein Atelier-Studio unterm Dach und einen Großteil der Technik für Bühne, Beleuchtung und Beschallung zur Verfügung. So produzieren wir das Magazin in den ersten sechzig Minuten Live on Tape. Nach einer kurzen Pause werden noch einmal 30-45 Minuten Konzert mit dem jeweiligen musikali-

schen Act aufgezeichnet. Auf diese Art entste-hen mehrere Sendungen an drei bis vier Auf-zeichnungstagen hintereinander.

Tr ä g s t D u g e r n S c h w a r z ?Genau jetzt kommst Du ins Spiel. Wolltest Du schon immer einmal bei einer professionellen TV-Produktion und einem tollen Konzert Teil der Crew sein? Suchst Du Erfahrungen in Büh-nenbau, Beleuchtung und Ton? Möchtest Du unseren Tonleuten, Kamerafrauen und –män-ner mal über die Schulter schauen, ihnen helfen und später vielleicht sogar mal selbst beispiels-weise am Lichtpult stehen. Oder befindest Du Dich derzeit in einer Ausbildung oder einem Studium im Medien- und/oder Eventbereich und suchst dafür nach einer praktischen Her-ausforderung? Egal, ob nun Quereinsteiger oder Profi, Ihr alle seid herzlich dazu eingela-den, unser Team zu verstärken und Euch schon bei der nächsten Aufzeichnung von kaffeeban-krott – das magazin einzubringen.

M I T M AC H E N !

Na, Interesse geweckt!?

Dann schickt eine E-Mail an [email protected] oder ruft mich an unter 0178 1314991!!!

Jocelyn B. Smith & Volker Schlott (Foto: Sandy Reichel)

Probebühne bei »Black Box Music« (Quelle: »Black Box Music«)

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 201422 | TAUFRISCH & ANGESAGT K u l t u r t i p p s

skurril, famos und preiswert!Kulturtipps aus unserer RedaktionZ U S A M M E N S T E L L U N G : L a u r a

01 FESTIVAL

»Umweltfestival«Am 1. Juni steigt am Brandenburger Tor wieder das »Umweltfestival« der »Grünen Liga«. Traditionell werden vor allem Newcomer-Bands auf die beiden Bühnen auf der Straße des 17. Juni eingeladen, die Berliner_innen und ihre Gäste mit guter Musik zu unterhalten. Das »Umweltfestival« ist Europas größte ökologische Erlebnismeile. Hier feiern jedes Jahr mehr als 100 000 Besucher_innen und informieren sich über die Fortschritte im Umweltschutz.

1. Juni, 11Uhr bis 19 Uhr - Eintritt frei!Brandenburger TorPariser Platz10117 Berlin

Info & Bild: www.umweltfestival.de

02 MESSE

»Study World«Bei der internationalen Hochschul-messe »Study World« geht es nicht nur um das Auslandspraktikum, Erasmus-semester oder das Studieren an der Eliteuniversität. Es geht auch um Bewerbungen, um die Finanzierung des Studiums und die akademischen Weiterbildungsmöglichkeiten für Berufstätige. Neben vielen Informati-onsständen gibt es ein großes Vor-tragsprogramm, mehrere Seminare und Workshops.

Vom 23.5. bis zum 24.5., von 10 Uhr bis 18 UhrEintritt: fünf Euro / ermäßigt: drei Euro (für Schüler)Kombiticket für zwei Tage: sechs Euro/ ermäßigt: vier Euro (für Schüler)

Russisches Haus der Wissenschaft und KulturFriedrichstr. 176-17910117 Berlin

Info: www.studyworld2014.com

04 KINDER

»Schnubbel«Tim träumt davon, ein Superstar zu sein. Aber er ist dick, viel allein, schlecht im Fußball und mag sich selbst nicht. Und seine Mutter nennt ihn »Schnubbel«. Samira, Leila und Bodo aus seiner Klasse machen ihn fertig, wo sie können. Wenn sie zu gemein sind, schlägt Tim wild um sich. Dann wird alles noch schlimmer. Erst durch den verrückten singenden Spätkauf-Betreiber Johnnie wird alles anders. Der zeigt Tim, wie man mit Worten Musik macht: »Musik ist alles, was du brauchst!« Ab jetzt wird alles anders. Tim haut ab, wild verfolgt von Samira und Co. Aber auch die haben ihre Geheimnisse...

Am 31.5., um 16 Uhr Eintritt: zehn Euro/ ermäßigt: sieben EuroTicketvorbestellung: Per Telefon unter 030 - 397474 - 0

Grips Theater, Altonaer Straße 22, 10557 Berlin

Info & Bild: www.grips-theater.de

03 FOTOGRAFIE

»Photography Playground«»Photography Playground«, das sind knallbunte Wände des Streetart-Künstlers Maser, Lichtins-tallationen oder ein zerbrechlich wirkendes Kunstwerk aus tausenden Einzelteilen des Kanadiers Philip Beesley. Der Argentinier Leandro Erlich schafft mit einer gespiegelten Hausfassade optische Illusionen. »Die Installati-onen spielen mit dem Raum, lösen Wirklichkei-ten auf und verschieben Dimensionen«, ist das Statement der Veranstalter. Besucher_innen können mit geliehenen Kameras die Schau als Fotospielplatz erkunden.

Noch bis zum 25.5., täglich von 11 Uhr bis 19 Uhr, Eintritt frei!Opernwerkstätten Berlin-MitteZinnowitzer Straße 910115 Berlin

Info: www.omdphotographycontest.olympus.de

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VORSCHLAGENSie haben da einen Tipp? Dann

senden Sie ihn uns an:[email protected]

Je skurriler, famoser und preiswerter, desto besser!

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 2014 TAUFRISCH & ANGESAGT | 23 K u l t u r t i p p s

08 KONZERT

»Nasenflötenorchester etc.«»Pulse – Aussen: stadtmusik« ist ein Konzert mit 200 Musikern. Darunter findet man nicht nur Profimusiker, sondern auch Laienorchester und Anwohner_innen des Wasserturm-Kiezes mit musikalischem Talent. Mit ihrer Unterstützung wird im Prenzlauer Berg eine musikalische Bühne für ortsbezogene Kompositionen und klangliche Collagen geschaffen. Die zur Aufführung kommenden Werke wurden von Daniel Ott, Wolfgang Mitterer und Charles Ives speziell für diesen Ort komponiert. Zu den Musikern gehören unter anderem sieben Schlagzeuggruppen, vier Bläserensem-bles, ein Chor schreiender Männer und ein Nasenflötenor-chester, das musizierend durch das Viertel zieht.

Am 1.6., von 15 Uhr bis 18 Uhr, Eintritt frei!Wasserturmquartier u.a. in der Knaackstr., Belforter Str. und Kolma-rer Str., Prenzlauer Allee 227-228, 10405 Berlin

Info: www.singuhr.de

05 THEATER

»Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand«Allan Karlsson wird 100 Jahre alt. Und während sich Bürgermeister und die lokale Presse auf das große Spektakel vorbereiten, hat der Hundertjährige ganz andere Pläne: Er verschwindet einfach – und schon sucht ganz Schweden nach ihm. Ein Koffer mit gestohlenem Geld, in dessen Besitz Allan eher zufällig gelangt, macht eine Verbrecherorganisation auf ihn aufmerksam, die ihr Eigentum zurück haben möchte. So kommt es, dass Allan von Verbrechern und Polizei verfolgt wird. Aber nach und nach gesellen sich skurrile Figuren wie der Gelegenheitsdieb Julius, der Student Benny und die schöne Elefantenbesit-zerin Gunilla und Elefant Sonja dazu.

Am 30.5. und 31.5., um 20 UhrEintritt: zwischen17 und 39 Euro

Komödie am KurfürstendammKurfürstendamm 20910719 Berlin

Info: www.urania.de Bild: Barbara Braun

06 SPORT

»Respect Gaymes«Berlin steht für eine Vielfalt der Lebensentwürfe und seiner Bewohner. Ganz nach diesem Motto wollen die »Respect Gaymes«, Menschen zusammenbringen. Organisiert vom »Berliner Lesben- und Schwulenver-band« (LSVD Berlin-Brandenburg) geht es darum, mit Schwulen und Lesben Fußball zu spielen, gemeinsam Workshops zu Breakdance oder Graffiti zu besuchen und hinterher zusammen zu feiern. Tagsüber gibt es im Friedrich-Ludwig-Jahnsportpark ein buntes Programm. Um die 60 Teams beteiligen sich am Turnier, daneben finden Beachvolleyball, Breakdance Battles und Workshops statt. Der Abend klingt mit unter-schiedlichen Konzerten auf der Bühne im Sportpark aus.

Am 31.5., von 10 Uhr bis 20 Uhr, Ein-tritt frei!Friedrich-Jahn-SportparkCantianstr 24 10437 Berlin

Info: www.berlin.lsvd.de/projekte/res-pect-gaymes Foto: Danilo Höpfner (LSVD)

07 TANZEN

»Zumba für Einsteiger«Die Geschichte von Zumba ist eher ungewöhnlich: Der Tanzstil wurde von dem kolumbianischen Fitnesstrainer »Beto« Perez in den frühen 1990er Jahren durch Zufall erfunden. Er verbindet traditionelle Aerobicübungen mit lateinamerikanischen Rhythmen und Tänzen wie Salsa, Merengue, Cumbia und Reggaeton. Wortwörtlich bedeutet Zumba sich schnell bewegen und Spaß haben. Mit dabei ist Verena Zienert, eine junge Potsdamer »Zumbianerin«, die über Showtanz, Salsa und beim Hip Hop auf die Spezialisie-rung lateinamerikanischer Tänze gekommen ist.

Immer dienstags, Kurse jeweils 20 - 21 Uhroffen für alle

Lindenpark, Stahnsdorfer Straße 76, 14482 Potsdam

Info: www.lindenpark.deBild: www.verenazienert.zumba.com

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 201424 | TAUFRISCH & ANGESAGT A k t u e l l

01 Zu Bernarda Albas Haus, 2000

02 Zwei Sitzende auf einer Bank, 1991

03 Der Schal, 2013

04 Robert Metzkes mit Hans

Ein Hauch von WehmutDie Ausstellung »Menschenbilder« von Robert Metzkes im Georg-Kolbe-Museum R E Z E N S I O N & F O T O S : U r s z u l a U s a k o w s k a - W o l f f

Sie stehen, sitzen, liegen. Einzeln, zu zweit, in Dreiergruppen. Die Köpfe ge-rade, geneigt, von einer Hand gestützt. Die Arme ausgestreckt, verschränkt, an

den Körper gepresst. Die Beine nebeneinander gestellt, fest auf dem Boden, übereinander ge-schlagen, gespreizt. Sie sind barfuß oder tragen flache Schuhe, Jeans, Dreiviertelhosen, T-Shirts, gestrickte Pullover, Strickkleider und Abend-roben, die wie eine zweite Haut aussehen. Die Köpfe der Akte schmücken Turbane. Diese vor-wiegend weiblichen Geschöpfe sind seltsam leb-los, obwohl sie die Bewegung personifizieren. Sie vermitteln den Eindruck, als seien sie in ihren Gedanken so tief versunken, dass sie sich nicht mehr regen, dass sie von der äußeren Welt nichts mehr wissen wollen. Sie haben sich in Statuen verwandelt, weil sie nur in dieser Form so schön verweilen, so ewig weiblich und von der Zeit un-berührt bleiben können, immer mitten im Früh-ling, in der Blüte ihres Lebens. Solche Figuren sind das Werk des Bildhauers Robert Metzkes, der in diesem Jahr seinen 60. Geburtstag feiert. Aus diesem Anlass zeigt das Georg-Kolbe-Mu-seum seine Ausstellung »Menschenbilder«.

A u t h e n t i s c h u n d a l l t ä g l i c h Es sind 20 zum Teil lebensgroße Skulpturen, Torsi und Büsten, fast alle aus engobiertem Ter-rakotta, die in einem aufwendigen und langwie-

rigen Prozess vom Künstler in seinem Atelier in Berlin-Karlshorst persönlich geformt, bemalt und gebrannt wurden. Diese genau vorgegebene, langsame und umsichtige Entstehungsweise scheinen sie verinnerlicht zu haben, denn die Figuren wirken friedlich, ruhig und entspannt, sie strahlen eine positive Energie aus und laden zum Verweilen und zur Kontemplation ein. Das Publikum fühlt sich erleichtert, denn es begegnet einer Kunst, die nichts anderes und nichts mehr sein will als Kunst. Es ist eine Kunst, mit der man sich gern identifiziert, denn die dargestell-ten Menschen sind authentisch, alltäglich und normal. Wenn sie sich voneinander unterschei-den, dann nur durch Äußerlichkeiten, durch Kleider, Kopfbedeckungen oder schmückende Accessoires wie Schals. Ihre Gesten und Körper-haltungen sind uns allen eigen. Sie sind typisch und individuell, einmalig und gewöhnlich, so wie jeder Mensch als einzigartiges Wesen nur unter anderen Menschen existieren kann.

Ve r t r a u t e F i g u re n Dass Robert Metzkes der Schöpfer der »Men-schenbilder« ist, merkt man ihm sofort an: Viele Figuren sehen ihm ähnlich, sie haben ovale Ge-sichter mit geschwungenem Kinn, glattem Teint, ausgeprägten Wangenknochen, großen, aber schön geformten Nasen und etwas abstehenden Ohren. Das ist kein Zufall, denn die Modelle der

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 2014 TAUFRISCH & ANGESAGT | 25 A k t u e l l

I N FO

Robert Metzkes »Menschenbilder «noch bis zum 6. Juni Georg-Kolbe-Museum, Sensburger Allee 25, 14055 Berlin

Dienstag bis Sonntag 10 – 18 Uhr, Eintritt 5 / 3 Euro, Katalog 15 Euro

› www.georg-kolbe-museum.de

»Menschenbilder« stammen aus seinem Fami-lien- und Bekanntenkreis. Dadurch wirken seine Figuren, darunter sein Sohn Hans, sehr vertraut, sie erinnern an Menschen, die sich in unserem Umfeld bewegen, die auch unsere Verwandten oder Freunde sein könnten, denn sie sind Kinder unserer Zeit. Es sind bewegende und überzeu-gende »Menschenbilder« aus den letzten 30 Jah-ren, zeitgenössisch im Ausdruck, klassisch in der Form: Der Künstler setzt die Tradition fort und knüpft an die ägyptische, etruskische und mo-dernistische Bildhauerei an. Viele seiner Arbei-ten sehen aus, als stammen sie aus alten Zeiten, nur dass seine heutigen Varianten der Nofretete keine Göttinnen sind, sondern Frauen und Mäd-chen, die aus dem Alltag kommen. Ihre Schön-heit hat nichts Spektakuläres, sie ist vergänglich, doch als Kunst werden sie nie altern. Wenn die Skulpturen von Robert Metzkes eine Botschaft haben, lautet sie: Die Jugend und das Leben sind vergänglich. Die Schönheit seiner Figuren, die in sich ruhen und sich in die Welt ihrer Träume zurückziehen, ist von einem Hauch von Wehmut umweht: Der bronzene »Herbst« sitzt schon auf einer Bank im Garten.

L e u t e v o n h e u t e Robert Metzkes, der 1954 in Pirna geboren wurde, in Dresden Bildhauerei studierte und 1977 nach Ost-Berlin zog, stammt aus einer

Familie, in der Kunst zum Alltag gehörte. Seine Eltern sind Künstler, die Mutter Elrid ist eine Weberin, der Vater Harald ist ein bekannter Ma-ler, dank seiner Schwester Verena Hann, einer Keramikerin, fand er den Stoff, aus dem seine Skulpturen sind: Terrakotta. Die familiären Ein-fl üsse sind in seiner Kunst nicht zu übersehen: Die Skulpturen sind eine räumliche Umsetzung der Malerei, sie tragen Kleider, die durch eine »textile« Genauigkeit bestechen. Jede Falte, jedes Muster, jeder Stoff sind auf Anhieb erkennbar. Das verleiht seinen Figuren, die in der Tradi-tion der klassischen Bildhauerkunst stehen, eine große Aktualität. Die Liegenden, Sitzenden und Stehenden sind unverkennbar Leute von heute. In Tops, plissierten Abendroben, Jeans, Polka-Dot-T-Shirts und Cordhosen. Im Gespräch mit Julia Wallner, Direktorin des Georg-Kolbe-Mu-seums, nachzulesen im Katalog der Ausstellung »Menschenbilder«, sagt Robert Metzkes: »Eine Figur führt ihr eigenes Leben, das sich vom tat-sächlichen Leben ablöst, ablösen muss. Man braucht als Künstler das reale Erlebnis auch als Funken zur Vergegenwärtigung der Vorbilder. Die Bildhauerei ist eine Form, die ganze Welt in Besitz zu nehmen. Es ist eine Möglichkeit, dem Gegenüber nahe zu kommen. Eine Legitimation des Dargestellten aus dem eigenen Erleben der Wirklichkeit ist für mich notwendig, sonst blei-ben die Dinge leer.«

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 201426 | TAUFRISCH & ANGESAGT S p o r t

Borussia 4 – Hertha Null!!!Limitierte Berliner landen am Ende auf Platz 11 der 1. FußballbundesligaB E R I C H T & F O T O S : A n d r e a s D ü l l i c k © V G B i l d - K u n s t

Cheftrainer Jos Luhukay überraschte die 76 197 Zuschauer, darunter erstaunlich viele Dortmun-der, im letzte Spiel der Saison 2013/2014 wie-der einmal mit seiner Startaufstellung: Statt der bewährten Stammspieler Änis Ben Hatira und

Sami Allagui ließ er Sandro Wagner und Hany Mukhtar von Beginn an auflaufen. Leider verpasste Wagner schon in der sechsten Minute für die Führung der Berliner zu sorgen. Auch später konnte sich der bemühte, aber vollkommen harmlose Stürmer nicht auszeichnen, dafür ist er einfach zu limitiert. Der 19-jährige Mukhtar hatte 48 (!) Ballkontakte, lief aber immerhin 10,8 Kilometer, schoss aber nicht ein ein-ziges Mal auf’s Dortmunder Tor! Seine Zweikampfquote 38 Prozent. Über die gesamte Saison sah Mukhtars Bilanz so aus: 10 Spiele, null Tore, null Torvorlagen, Durchschnitts-note 4. Anscheinend reicht es für den schmächtigen Bur-schen noch nicht wirklich für die 1. Bundesliga. Gegen phy-sisch starke Dortmunder jedenfalls stand er auf verlorenem Posten, genauso wie Wagner.

E i s k a l t e » B o r u s s i a «Lange hielt Luhukays Team dem Ansturm der Borussen stand. Dann kam es, wie es kommen musste: Stürmer verpasste und im Gegenzug vollendete Dortmunds Topstar Robert Lewan-dowski nach einem Superzuspiel von Marco Reus, eiskalt zum 0:1 (41. Minute). Dabei stand er aber hauchdünn im Abseits. Und es kam noch dicker: In der 44. Minute tanzte Miloš Jojić mit einem Schlenker einzigen »Hertha«-Innenver-teidiger John Brooks aus – der ist immerhin Nationalspieler der USA – und schlenzte dann den Ball elegant an Thomas Kraft vorbei ins Netz. Berlins Torwart schimpfte danach wie ein Rohrspatz über seine schlafmützigen Vorderleute. Gott sei Dank war dann Halbzeit.

R a u s c h e n d e Fu ß b a l l a b e n d e f ü h l e n s i c h a n d e r s a n . . .Robert Lewandowski verwandelte dann in der 80. Minute einen Freistoß direkt, Kraft war dabei ohne Chance. Dieses Freistoßtor zum 3:0 veranlasste Dortmunds Trainer Jürgen Klopp nach dem Spiel zu einem seiner wunderbar emotio-nalen Auftritte: »Robert übt seit vier Jahren Freistöße. Von den 8 000, auf die er es im Training gebracht, waren vielleicht zwei drin. Wie er das hier gemacht hat - cool«, dozierte der Dortmunder Trainer sehr verschmitzt. Gerade mal zwei Mi-

nuten später machte Henrich Mchitarjan dann den Sack zu: Zwar parierte Thomas Kraft gegen Lewandowksi gekonnt. Doch der Abpraller kam zu Aubemeyang, dem rutsche ein Torschuss ab und landete bei Michitarjan. Dortmunds »Chan-centod« verwandelte diesmal sicher. Allerdings fühlte Thomas Kraft sich von einem Dortmun-der behindert und beschwerte sich darüber nach dem Abpfiff noch bei den Schiris.

To r j ä g e rAdrian Ramos hatte vor dem Spiel angekündigt, noch um die Torjägerkanone zu kämpfen. Er lag mit 16 Treffern nur zwei Tore hinter Lewan-dowski. Doch »Herthas« Torjäger, der leicht an-geschlagen war, durfte erst in der 65. für Lewan Kobiaschwili auf den Platz. Dem unwidersteh-lichen Torhunger Lewandowskis hatte Ramos diesmal aber nichts entgegenzusetzen. »Lewa« holte sich die Kanone letztlich verdient mit 20 Toren. Übrigens – wissen Sie, wer 1999 Tor-schützenkönig der Liga war? Jawohl – Michael Preetz, er erzielte damals 23 Tore! Mann, das waren Zeiten! Preetz ist übrigens mit 84 Toren auch Rekordtorschütze der Berliner.

Ta g d e r A b s c h i e d eNach 351 Bundesligaspielen für Freiburg, Schalke und »Hertha« hängte Lewan Kobia-schwili die Fußballschuhe an de Nagel. Der soll der »Hertha« aber in einer noch nicht genann-ten Position erhalten bleiben. Vielleicht wird er Chefscout? Auch für Adrian Ramos war Schluß, allerdings nur bei »Hertha«. Für ihn geht’s in der kommenden Saison unter Jürgen Klopp bei Dortmund weiter. Zwei Abstiege und zwei Aufstiege hat Ramos in Berlin mitgemacht. Die Fans feierten ihn zum Abschied frenetisch, und er gab Trikot und Hose an die Fans. Ob er al-lerdings auch in Dortmund der Topscorer sein wird... Schwer wird er es auf jeden Fall dort haben, denn er soll ausgerechnet Lewandowski ersetzen, für den es das letzte Bundesligaspiel für Borussia Dortmund war. Er kam aber mit Dort-

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 2014 TAUFRISCH & ANGESAGT | 27 S p o r t

01 Adrian Ramos verabschiedet sich von den Fans

02 Robert Lewandowksi ist Torschützenkönig

03 Nix zu halten für Thomas Kraft

mund noch einmal nach Berlin zum Pokalfinale (Ergebnis erst nach Redaktionsschluss), bevor er zum Endspielgegner Bayern München wechselt.

D e r » H e r t h a « -Tr a i n e r s t a n d n i e z u r D i s p o s i t i o n – R e s p e k t !»Hertha« belegt in der Endabrechnung den elften Platz, als Aufsteiger ist das ganz an-ständig. Insgesamt gab es für Luhukay in 34 Spielen elf Siege, acht Unentschieden und 15 Niederlagen. Damit kamen die Berliner auf 41 Punkte, 40 Tore, 48 Gegentore. Das hört sich nicht so schlecht an. Aber die Rückrun-denbilanz zeigt ein ganz anderes Bild: Ganze drei Siege schaffte die »Hertha« (ein Heim-sieg, zwei Auswärtssiege), dazu gelangen vier Unentschieden. Besonders bitter sind die zehn Niederlagen, davon fünf zuhause. Das bedeutete am Ende die magere Ausbeute von 13 Punkten, gerade einmal zehn Tore, aber 28 Gegentore. Trotzdem stand der Trainer nie in Frage, heutzutage fast undenkbar. Doch bei der »Hertha« setzt man auf Kontinuität und vertraut der akribischen Arbeit von Jos Luhu-kay. Respekt an die »Hertha«-Verantwortli-chen! Zur Bilanz muss man auch sagen: Viele Spiele hätten auch ganz anders laufen kön-nen, wenn die »Hertha«-Stürmer ihre vielen hundertprozentigen Chancen einfach genutzt hätten, und wenn sich einige Berliner Abwehr-spieler einige Sekunden weniger im Tiefschlaf befunden hätten. Was aber das Wichtigste ist: Schon mit den 28 Punkten aus der Hinrunde war der Klassenerhalt gesichert!

E i n e r u h i g e M i t g l i e d e r v e r s a m m l u n gDer Höhepunkt der regulären Mitgliederver-sammlung von Hertha BSC ereignete sich kurz vor Mitternacht des 12. Mai: Ein Mitglied stellte den Antrag, doch bitte dem Vereinmaskottchen »Hertinho« ein paar neue Fußballschuhe zu spen-dieren! Die Mitglieder waren begeistert, und das Präsidium konnte nicht anders, als diesem Antrag beizupflichten. Zuvor hatte – neben den Boxern,

Keglern und Tischtennisspielern von Hertha BSC – vor allem die Profiabteilung der Versammlung Rechenschaft über die Saison abgelegt und ihre Pläne für die kommende Saison präsentiert. Ge-stärkt durch die Millionen des strategischen In-vestors »KKR« konnte der Lizenzspieleretat auf 31 Millionen Euro aufgestockt werden.

Manager Michael Preetz verkündete auf Anfrage erneut, dass es seine feste Absicht ist, den an Hamburg ausgeliehenen Stürmer Pierre Michel Lasogga nach Berlin zurückzuholen: Wir wünschen, dass Pierre bei »Hertha« spielt und er sich zum Verein bekennt.« Das passte zu sei-ner kritischen Einschätzung, dass es vor allem im Angriff gravierende Schwächen gab. Gerade beim Torabschluss habe es an der nötigen Effi-zienz gefehlt. Für die nächste Saison hat er 40 Punkte eingeplant. Man müsse weiter an der dauerhaften Etablierung von »Hertha« in der 1. Liga arbeiten. Etwas mehr sportlichen Ehrgeiz würde man sich vom Manager schon wünschen. Zumal ja auch in dieser Saison schon sehr viel

mehr als der 11. Tabellenplatz möglich gewesen wäre. Ziel für die »Hertha«-Chefs muss es sein, das Team endlich wieder in die internationalen Wettbewerbe zu führen. Bei allem Respekt für Paderborn und Co – auch die grandiosen Fans der Ostkurve würden wohl auch lieber Real Ma-drid, Juventus Turin oder Manchester City im Olympiastadion begrüßen.

N e u e S p i e l e rErster Neuzugang der »Hertha« ist Jens Hegeler von Bayer 04 Leverkusen. Der 26-jährige Mittel-feld-Allrounder unterschrieb einen Drei-Jahres-Vertrag. »Jens Hegeler ist ein sehr flexibler, exzel-lenter Mittelfeldspieler, der ganz hervorragend in unsere Mannschaft passt. Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, ihn zu Hertha BSC zu holen«, kommentierte Cheftrainer Jos Luhukay. Hegler ist übrigens noch so ein Spieler, der schon bei ande-ren Klubs unter Luhukay trainierte. Mal sehen, wen man noch so an die Spree locken kann. At-traktiv ist die Hauptstadt für jeden Kicker allemal!

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 201428 | TAUFRISCH & ANGESAGT S p o r t

»Tante Hertha« und ichVon Vizemeisterschaften, nicht gegebenen Elfmetern und dem UEFA-Cup-AusE R I N N E R U N G : D e t l e f F l i s t e r

Hertha BSC, mein Lieblingsverein, ist ein Fußball-verein mit großer Tradition. Am 25. Juli 1892 wurde der »Berliner Fußball Club Hertha 1892«, kurz »BFC Hertha 92«, gegründet. Die größten Erfolge waren die beiden deutschen Meistertitel:

In der Saison 1929/30 gewann »Hertha« gegen Holstein Kiel mit 5:4. In der darauf folgenden Saison gelang gegen den TSV 1860 München ein 3:2-Sieg, mit dabei war Hertha-Legende Hanne Sobeck. In den folgenden Jahren wurde der Verein dann leider zur grauen Maus. Meist gab es Mittelplätze und Abstiegs-kampf. Eine sportlich schwierige Zeit war angebrochen. In der Zeit zwischen 1975 und 1980 schnupperte der Verein wieder an Titeln. Es war die Zeit des beliebten Spielmachers Erich »Ete« Beer. Nach dem ersten Abstieg in der Saison 1979/80 sackte »Hertha« in tiefe Tiefen ab: 1986/87 und 1987/88 ging es runter in die Amateuroberliga Berlin. Als treuer Fan be-suchte ich die Spiele dort regelmäßig.

W i e i c h Fa n v o n H e r t h a B S C w u rd e

Meine Beziehung zu Hertha BSC begann 1974/75. »Hertha« wurde damals Vizemeister. Mein Vater hatte mich damals mit zu seinem Lieblingsverein genommen. Der spätere Meister »Borussia Mönchengladbach« musste auf der »Plumpe« am Gesundbrunnen, »Herthas« damaligen Spielplatz, antreten und verlor das Spiel mit 1:2. Auch im Rückspiel konnten die »Fohlen« die »Alte Dame« nicht bezwingen: Es endete 1:1. Ich war von der Stimmung so angetan, dass ich Fan wurde. Das Ambiente faszinierte mich so, dass ich von »Hertha« bis heute nicht mehr ablassen kann. Die »Plumpe« konnte vom Verein nicht gehalten werden. »Hertha« war 1973 fast pleite, das Gelände musste verkauft werden. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich im Oktober 1974 mit trauriger Miene aus der U-Bahn ausstieg und Richtung »Plumpe« lief. Zum Abschiedsspiel vom legendären »Hertha«-Platz war der 1. FC Nürnberg eingeladen. Doch das Spiel fiel aus, weil der Platz unter Wasser stand. Auf der Rückfahrt habe ich die ganze Zeit geweint, so nahe ging mir das.

K e i n e E l f m e t e r i m D F B - Po k a l

Hertha BSC erreichte 1977 erstmals das Finale des DFB-Po-kals, es ging gegen den 1.FC Köln. Zuvor war im Viertelfinale im Berliner Olympiastation der FC Bayern München nach Verlängerung ausgeschaltet worden. Die »Bayern« konnten in der Verlängerung eine 2:1-Führung nicht halten und verloren noch 2:4. Stolz zog ich nach Hause und träumte nicht nur vom Pokalsieg, sondern auch von späteren Meistertiteln. Am 28. Mai 1977 fand dann das Spiel gegen die Köner »Geiß böcke« statt. Hoffnungsvoll saß ich vor‘m Bildschirm. In der 45. Mi-nute ging Köln durch Dieter Müller in Führung. Den Aus-gleich erzielte Lorenz Horr in der 65. Minute. Das Spiel ging hin und her, Norbert Nigbur, damals »Herthas« Torwart, hielt einfach grandios. Es ging in die Verlängerung, in der »Hertha« klar überlegen war. Kurz vor Schluss wurde Karl-Heinz Gra-nitza im Kölner Strafraum gefoult. Doch der Schiedsrichter gab keinen Elfmeter. Ich war empört, schlecht gelaunt und sah meine »Hertha« betrogen. Im Wiederholungsspiel lief es wie-der unglücklich: »Ete« Beer brachte »Hertha« zwar eigentlich in Führung. Das Tor wurde vom Schiedsrichter jedoch wegen

eines angeblichen Stürmerfouls nicht gegeben. Dann traf Die-ter Müller für die Kölner, die dadurch Pokalsieger wurden. Ich war tagelang schlecht gelaunt. Die Schiedsrichter hatten uns um den Triumph gebracht.

1980 lief es im Pokal ebenfalls sehr gut für uns: Über Worms, Mönchengladbach, Titelverteidiger Köln, Uerdingen und Frankfurt zog »Hertha« ins Endspiel gegen Fortuna Düs-seldorf ein. Es war ein äußerst dramatisches Spiel, alles hatte sich bereits auf‘s Elfmeterschießen eingestellt. Doch dann kam der Ball drei Minuten vor Ende zu »Fortunas« Wolfgang Seel, nachdem der Berliner Uwe Kliemann im Strafraum über den Ball getreten war. Seel vollendete mit einem Kunstschuss zum Siegtreffer. Wütend schrie ich auf und räumte mit der Hand den Tisch ab. Die Blumenvase fiel um, und das Wasser lief den Tisch herunter. Von Vater gab es Prügel, und ich konnte mich mit dieser unverdienten Niederlage nicht abfinden.

D r a m a i m U E FA - C u p

Den letzten Erfolg erreichte »Hertha« im UEFA-Cup: Mit Siegen über Trakia Plovdiv, Dinamo Tbilisi, Esbjerg BK und Dukla Prag erreichte Hertha 1978/79 das Halbfinale gegen Roter Stern Belgrad. Das Hinspiel ging durch ein frühes Tor von Savic 0:1 verloren. Im Rückspiel führte »Hertha« be-reits nach 18 Minuten im strömenden Regen mit 2:0. »Her-tha« stürmte weiter mit »Ete« Beer, der im Strafraum gefoult wurde. Kein Elfmeterpfiff. In der 75. Minute dann statt eines 3:0 der Schock: Miloš Šestić machte für »Roter Stern« das 2:1. »Hertha« war draußen, wieder hatte es nicht sein sol-len. Mit schwerem Schritt und weinend schleppte ich mich danach triefnass zur U-Bahn. Nein, der Fußballgott war kein »Herthaner«. Es sollte noch schlimmer kommen: Mit dem Ab-stieg 1979/80 ging es in kleinen Etappen endgültig bergab. Im letzten Spiel gegen den VFB Stuttgart, das 4:2 für »Hertha« ausging, ich war im Stadion dabei, es fehlten nur zwei Tore zum Klassenerhalt. Bei der Vielzahl an Chancen waren die durchaus möglich gewesen. Eine Welt brach für mich zusam-men. Eben noch fast den UEFA-Cup gewonnen und nun war »Hertha« plötzlich zweitklassig. Ich konnte es nicht fassen...

Gespannt lauschen die Spieler den Worten ihres Trainers Sobek. Von links nach rechts: Sobek, Fritsche, Eilitz, Strechlow. (Quelle: Bundesarchiv, Foto:Heinz Funck CC-BY-SA)

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 2014 AUS DER REDAKTION | 29 R a t g e b e r

I N FO

Mehr zu ALG II und SozialhilfeDer neue Leitfaden ALG II/Sozialhilfe von A–Z (Stand Juli 2013)

› erhältlich für 11 EUR im Büro des mob e.V., Storkower Str. 139d,, oder zu bestellen bei: DVS, Schumanstr. 51, 60325 Frankfurt am Main,

› Fax 069 - 740 169

› www.tacheles-sozialhilfe.de › www.erwerbslosenforum.de

»Tante Hertha« und ichVon Vizemeisterschaften, nicht gegebenen Elfmetern und dem UEFA-Cup-AusE R I N N E R U N G : D e t l e f F l i s t e r

Anträge für Alg I und IIDas Bundessozialgericht hat in seinem Urteil (B4 AS 29/13 R) vom 2.4.2014 das Antragsverhältnis von Alg I und II geklärt. Leider zu Ungunsten der Betroffenen.R a t g e b e r : J e t t e S t o c k f i s c h

Stellen Betroffene einen Antrag auf Alg I, gilt dieser Antrag NICHT auch als Antrag auf Alg II-Leistun-gen. Stellt sich mit dem Alg I-Bescheid (manchmal erst nach mehreren Monaten) heraus, dass zwar ein Anspruch auf Alg I besteht, es jedoch nicht zum Le-

ben reicht, ist die Differenzzahlung durch Alg II für die Zeit ab Antragstellung für Alg I ausgeschlossen.

Kaum ein Antragsteller des Alg I kann sicher sein, dass dass Alg I zum Leben reicht. Zu undurchsichtig sind Anrech-nungsbedingungen, Zeiträume und Höhe des Alg I. Wäre ja noch schöner, wenn Otto-Normal-Bürger so etwas verstehen dürfte. Deshalb kann nur jedem Antragsteller geraten wer-den, GLEICHZEITIG einen Alg II-Antrag zu stellen.

Wer durch die Arbeitslosigkeit nicht gleich in eine finanzielle Notlage gerät, weil er vielleicht noch ausreichend Geld auf dem Konto hat, kann es sich leisten, wenn er möchte, »auf Verzögerung« zu spielen. Das heißt: Den Antrag auf Alg II per Fax (nachweislich mit Sendebericht/Zeugen) stellen. Die Jobcenter sind durch ihre Arbeitsüberlastung, verursacht auch durch die überspannte Datensammelwut, oft nicht in der Lage, umgehend die Antragsformulare zu schicken. Und selbst dann sind meist mehrere Wochen Frist, die Unterlagen abzugeben. Schickt das Jobcenter keine Antragsformulare, bestimmt der Antragsteller selbst, wie lange er sich Zeit lässt. Aber bitte nicht »ewig«.

Betroffene sind, teilweise schon vor der Antragstellung, der Willkür der Jobcenter ausgeliefert. Wenn sie Alg II im Jobcenter beantragen wollen, werden ihnen Bedingungen gestellt, was sie machen müssten (z. B. ein Bewerbungstrai-ning), bevor sie Alg II beantragen DÜRFEN! Das ist eindeu-tig rechtswidrig, wird aber immer wieder praktiziert. Diese Praktiken laufen unter dem Begriff »FÖRDERN«. Man kann sie aber auch als Schikanen und Steuerverschwendung be-zeichnen. Immer wieder kommt es vor, dass erstmal nicht klar ist, ob Betroffene überhaupt einen Anspruch auf Alg II haben, doch werden sie zur Teilnahme an irgendwelchen Maßnahmen gezwungen.

Aus allen diesen Gründen der Hinweis auf die Möglichkeit, den Antrag per Fax zu stellen. Der Antrag kann formlos erfolgen; das heißt, es ist erstmal kein gesondertes Antragsformular vor-geschrieben. Der Text kann ganz einfach formuliert werden. Bei-spiel: »Am 2.1.2014 habe ich einen Antrag für ALG I gestellt. Da ich nicht weiß, ob das Alg I zum Lebensunterhalt reicht, stelle ich vorsorglich und fristwahrend hiermit einen Antrag auf Alg II-Leistungen.« Adresse und Unterschrift nicht vergessen.

Für den Fall, dass der Antrag auf Alg I gänzlich abgelehnt wird, gibt es die Möglichkeit der »Wiederholten Antragstel-lung« nach § 28 SGB X. »Hat ein Leistungsberechtigter von der Stellung eines Antrags auf eine Sozialleistung abgesehen, weil ein Antrag auf eine andere Sozialleistung geltend ge-macht worden ist, und wird diese Leistung versagt oder ist sie zu erstatten, wirkt der nunmehr nachgeholte Antrag bis zu ei-nem Jahr zurück, wenn er innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Monats gestellt ist, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist...«

Das heißt, wer einen Antrag auf eine Sozialleistung gestellt hat und diese abgelehnt wird, muss innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Monats der Widerspruchsfrist den Antrag auf die andere (mögliche) Sozialleistung stellen. Dies gilt zum Beispiel auch, wenn Wohngeld, Kindergeld, Kinderzuschlag, Alg II o.ä. abgelehnt wurde.

ACHTUNG! Die o.g. Frist von sechs Monaten gilt NICHT für die wiederholte Antragstellung auf Alg II! WER ALG II ALS WIEDERHOLTEN ANTRAG STELLEN WILL, HAT DAZU NUR EINEN MONAT ZEIT!

Beispiel: Ablehnungsbescheid am 15.3. erhalten, plus einen Monat Widerspruchsfrist, 14.4., Ablauf des Monats 30.4.; bis zum 30.4. muss der Antrag auf Alg II gestellt werden.

Auch an dieser Stelle werden die Rechte von Alg II-Beziehern massiv beschnitten. Das ist eine eklatante Benachteiligung dieser Menschen gegenüber denen, für die der § 28 SGB X in vollem Umfang gilt.

Page 30: FIT - Ausgabe 10, 2014 des strassenfeger

strassenfeger | Nr. 10 | Mai 201430 | AUS DER REDAKTION K o l u m n e

Karikatur: Andreas Prüstel

Aus meiner SchnupftabakdoseK O L U M N E : K p t n G r a u b ä r

Was wäre Berlin ohne seine vielen kleinen Aufreger? Kaum macht mal einer was, schon regen sich von Frohnau bis Schmöck-witz, von Spandau bis Marzahn die streit-baren Gemüter, denen das überhaupt nicht

gefällt. Sie wollen das nicht besser oder anders machen. Sie wollen es verhindern. Das geht dann zu wie bei dem beliebten »Malefiz«-Spiel. Man muss nicht selbst gewinnen. Wichtig ist, dass der andere nicht gewinnt. Will jemand auf einer Brache ein Haus bauen, rücken ganze Heerscharen von Biologen an, die dann auch garantiert ein Lebewesen finden, das es im Um-kreis von zehn Kilometern nicht noch einmal gibt und des-sen Biotop geschützt werden muss. Ich würde mich wirklich freuen, wenn diese »Aktivisten« sich auch mal für Lebewesen einsetzten, deren Biotop extrem verbesserungsbedürftig ist. Ich denke da an die Obdachlosen in unserer Stadt. Aber die sind wohl zu bescheiden, um überhaupt wahrgenommen zu werden, und wenn sie doch mal bemerkt werden, sollen sie gefälligst verschwinden – aber nicht in eine Wohnung, wo-möglich noch auf der eigenen Etage.

Da sind Leichen ein viel schöneres Thema. Die bewegen jetzt die Gemüter recht heftig, seit bekannt ist, dass im Herbst im Fernsehturm eine Leichenausstellung eröffnet werden soll: die »Körperwelten«, die ja schon mal ein Gastspiel bei uns gegeben hatten. »In unserem Fernsehturm!« empört man sich. Leider gehört der aber nicht uns sondern einer Kapital-gesellschaft, die die Räumlichkeiten gewinnbringend vermie-tet. Die sonst gern für möglichst wenig Staat streiten, haben schnell das Bezirksamt Mitte aufgerufen, dieses Gruselkabi-nett zu verbieten. Doch dort hat man sich auf das Baurecht zurückgezogen und das Ganze zur Kunst erklärt, die nicht verboten werden kann.

Besonders heftig haben die Kirchen protestiert, nicht nur die Protestanten. Sie sehen die gesetzlich geschützte Leichenruhe gefährdet. Das verstehe ich nicht, denn bei der Fernsehbericht-erstattung am 27. April wurden uns doch auch präparierte Lei-

chen in Rom präsentiert. Allerdings hatte man denen nicht die Haut abgezogen, sondern sie in bunte Gewänder gehüllt.

Der Veranstalter dieses Spektakels rühmt sein Tun damit, dass die Kunstharzleichen ein wichtiger Beitrag zur Volksbil-dung seien. Laien und Mediziner können dort dann wertvolle Erkenntnisse über das Innenleben des Menschen gewinnen. Sollte ich den Arzt, der mir mit dem Skalpell zu Leibe rü-cken will, dabei ertappen, wie er sich am Fernsehturm noch mal sachkundig macht, hätte er mich als Kunden verloren. Ob Matze Pachulke lebensverbessernde Einsichten gewinnt, wenn er sich mal das Innenleben eines Menschen reinzieht, wage ich auch zu bezweifeln.

Wenn es um Bildung gehen soll, dann scheint es mir sinnvoll, hier politische Bildung zu betreiben! Der Fernsehturm steht doch ganz in der Nähe des Roten Rathauses. Da liegt es doch nahe, nicht nur Karten spielende, reitende und ringende Chinesen zu zeigen. Man hört immer wieder von Politikern, dass sie fast alle ein paar Leichen im Keller haben. Vielleicht sollte man die mal plastinieren und so dem Bürger einen tieferen Einblick in die Ent-scheidungsabläufe im Rat- und Abgeordnetenhaus ermöglichen. Auch eine Figurengruppe »Politiker beim Koalitionsgespräch« hätte hohen Bildungswert. Da allen Objekten die Haut abgezo-gen ist, ist dann die viel beschworene Transparenz hergestellt.

Ich weiß nicht, ob die Macher der »Körperwelten« auf den Zu-lauf der Berliner spekulieren. In den Schlangen an der Kasse wird man wohl vor allem die lieben Touristen aus Klaukschiet-möhlen und Gschneizlreut treffen, die einen Höhepunkt ihres Berlinerlebnisses haben, von dem sie dann daheim berichten können. Das passt dann zum Wachsfiguren- und Gruselkabi-nett, zum Legoland, zum Straßenstrich in der Oranienburger und zu den Stempel verkaufenden Schießbudenfiguren am Checkpoint Charlie. . . »So ist Berlin«, werden sie sagen, und wir müssen uns nicht wundern, wenn sie die Berliner immer ein bisschen skeptisch anschauen, sollten sie mal einem drau-ßen in der Welt begegnen.

Page 31: FIT - Ausgabe 10, 2014 des strassenfeger

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Fundsache (Foto: Andreas Düllick © VG Bild-Kunst)

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»WAHNSINN«erscheint am 02. Juni 2014

»DER FORENSIKER DR. MARK BENECKE«

»DAVID BOWIE IN BERLIN!«

»REX JOSWIG & HERBST IN PEKING«

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strassenfeger | Nr. 10 | Mai 2014 AUS DER REDAKTION | 31

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ImpressumH E R AU S G E B E R mob – obdachlose machen mobil e.V.Storkower Str. 139d, 10407 BerlinTelefon: 030 - 467 946 11 | Fax.: 030 - 467 946 13

V O R S I TZ E N D E Dr. Dan-Christian Ghatt as, Olga Perwuchin, Andreas Düllick (V.i.S.d.P.)

C H E F R E DA K T E U R Andreas Düllick

R E DA K T I O N E L L E M I TA R B E I TRedaktionelle Mitarbeit: Astrid B., Carsten, Christoph, Andreas Düllick, Laura F., Guido Fahrendholz, Detlef Flister, Werner Franke, Jeannett e Gierschner, Harald Hauswald, Jutt a H., Jeannett e Gierschner, Jan Markowsky, Mc Fitt i, Mischa, Christine Müller, Boris Nowack, OL, Andreas P., Andreas Prüstel, Oliver Rath, Tannaz, Josephine Valeske, Urszula-Usakowska-Wolff , Manfred Wolff

T I T E L B I L D Immer gut gelaunt: Rapper MC Fitt i macht Spaß-Musik (Quelle: Agentur)

K A R I K AT U R E N Andreas Prüstel, OL

D E S I G N V O R L A G E Thekla Priebst

S ATZ U N D L AYO U T Ins Kromminga

S C H R I F T E N Karmina Sans (mit freundlicher Genehmigung von typetogether), Life

B E L I C H T U N G & D RU C K Union Druckerei Berlin

R E DA K T I O N S S C H LU SS 14. Mai 2014R E DA K T I O N Storkower Str. 139d, 10407 BerlinTelefon: 030 - 419 345 91 | [email protected]

A B O - KO O R D I N AT I O N & A N Z E I G E Nmob – obdachlose machen mobil e.V.Telefon: 030 - 419 345 91

AdressenT R E F F P U N K T K A F F E E B A N K ROT TStorkower Str. 139d, 10407 BerlinTelefon: 030 - 447 366 91 Öff nungszeiten: Mo bis So 8.00 – 19.30 UhrZeitungsverkauf: bis 19.30 Uhr

N OT Ü B E R N A C H T U N G V O RÜ B E RG E H E N D G E S C H LO SS E N

T RÖ D E L P O I N T B E I M O B E .V.Storkower Str. 139d, 10407 BerlinMontag bis Freitag 8.00 – 18.00 UhrTelefon: 030 - 246 279 [email protected]

W W W. ST R A S S E N F EG E R .O RG

Namentlich genannte Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Es war nicht möglich, bei al-len Bildern die Urheber festzustellen. Betroff ene melden sich bitt e bei uns. Für unverlangt eingesandte Fotos, Manuskripte oder Illustrationen übernehmen wir keine Haft ung.Der strassenfeger ist off en für weitere Partner. Interessierte Projekte melden sich bitt e bei den Herausgebern.

Vo r l e t z t e S e i t e

Page 32: FIT - Ausgabe 10, 2014 des strassenfeger

Ein Dach über dem Kopf

Die Aktion »Ein Dach über dem Kopf« wurde vom Verein mob – obdachlose machen mobil e.V. gestartet, um Menschen, die in tiefer Not und ohne eigene Bleibe sind, wirksam helfen zu können. Damit wir diese Menschen dauerhaft unterstützen können, benötigen wir Ihre Hilfe.

EINMALIG Ja, ich möchte für eine Woche einem Menschen

Ein Dach über dem Kopf ermöglichen und zahle 14 EUR

Ja, ich möchte für zwei Wochen einem Menschen Ein Dach über dem Kopf ermöglichen und zahle 28 EUR

Ja, ich möchte für einen Monat einem Menschen Ein Dach über dem Kopf ermöglichen und zahle 60 EUR

PARTNERSCHAFT Ja, ich möchte einem Menschen dauerhaft

Ein Dach über dem Kopf ermöglichen und zahle monatlich 60 EUR

Ja, ich möchte die Aktion Ein Dach über dem Kopf regelmäßig unterstützen und zahle monatlich EUR (mindestens 10 EUR)

Bitt e schicken Sie mir eine Spendenbestätigung zu.

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Einzugsermächtigung (Die Einzugsermächtigung gilt bis auf Widerruf)

Bank BLZ

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Bitt e senden Sie den Coupon an : »Ein Dach über dem Kopf« c/o mob e.V.,Storkower Str. 139d, 10407 Berlin

Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft BLZ | BIC 100 205 00 | BFSWDE33BERIBAN DE97100205000003283801Kennwort: »Ein Dach über dem Kopf«

Foto: r.Werner Franke

Michael verkauft den strassenfeger und benötigt auch Ihre Hilfe!