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Funktionsweise der Finanzmärkte und theoretische Modelle Srecko Mihaljevic 28. Februar 2014 1

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Funktionsweise der Finanzmärkte undtheoretische Modelle

Srecko Mihaljevic

28. Februar 2014

1

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Inhaltsverzeichnis1 Einleitung 3

2 Statistische Eigenschaften 32.1 Definition der Renditen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2.1.1 Einfache Renditen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.1.2 Logaritmische Renditen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

2.2 Stylized facts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52.3 Höhere Momente einer Zufallsvariable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

3 Funktionsweise der Finanzmärkte 93.1 Quote-driven und Order-driven Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93.2 Orderbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

3.2.1 Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103.2.2 Komponenten des Bid-Ask Spreads . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

4 Mandelbrot Modell 124.1 Stabile Verteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

5 Clarks Subordination Modell 155.1 Dichte der Renditen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

6 Mikrostrukturmodell für Informationseingang 17

7 EKO Modell 217.1 Basis des Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

7.1.1 Uninformierte Händler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217.1.2 Informierte Händler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217.1.3 Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227.1.4 Preisprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

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1 EinleitungDie Forscher und Fachleute, die sich im Alltag mit der Modellierung der Finanzmärktebeschäftigen, wissen bereits, dass die Dichtefunktion der Vermögensrenditen keine echteGlockenform hat, die eine Normalverteilung implizieren würde. Trotzdem basieren sichnoch viele gängige Modelle auf der Annahme der Normalverteilung. Dies liegt teilwei-se an der Einfachheit der auf Normalverteilung basierenden Modelle und andererseitsan mangelndem Verständnis der Problematik. Missbrauch der Gaußschen Modelle kannsehr gefährlich werden und beispielsweise zu einer falschen Wahl des Portfolios, Unter-schätzung der extremen Verluste oder riesig fehlbewerteten Derivaten führen.

Seit mehr als vierzig Jahren ist bekannt, dass die Vermögensrenditen nicht normalver-teilt sind. Der Annahme der Normalverteilung sprechen etliche Fakten aus der Praxiswider. Erstens sind die empirischen, beobachteten Dichten durch dickere Tails gekenn-zeichnet und dazu noch linksschief. Dies hat zu Folge, dass extrem negative Werte öftersauftreten, was eine Rolle bei Risikomanagement und Portfoliosteuerung spielt. Zweitenssind die Renditen zeitabhängig. Quadrierte Renditen, absolute Renditen und alle Ma-ße und Vertreter der Volatilität weisen eine hohe Korellation auf. Dieses Phänomen istheutzutage bekannt unter dem Namen volatility clustering oder conditional heteroske-dasticity.

Ziel dieser Seminararbeit ist einen Einblick in die historische Entwicklung der Nicht-Gaußmodelle zu bieten und die Theorie hinter den Basismodellen zu erklären. Die Arbeitbasiert sich dabei stark auf dem Buch Financial Modeling under Non-Gaussian Distri-butions.

2 Statistische Eigenschaften der FinanzmarktdatenIn diesem Abschnitt wollen wir zuerst die mathematischen Grundlagen schaffen, indemwir erklären welche statistische Größen und Eigenschaften des Finanzmarkts uns inter-essieren.

2.1 Definition der RenditenObwohl wir in einem Finanzmarkt die Preise beobachten, konzentrieren sich die meistenempirischen Untersuchungen nicht auf die Preise, sondern auf die Renditen. Denn, imAllgemeinen, die Preise nicht stationär und die Renditen stationär sind. Es gibt mehrereDefinitonen der Renditen. Im Folgenden definieren wir die einfachen und logaritmischenRenditen.

2.1.1 Einfache Renditen

Die einfache Rendite in einer Periode, in der wir ein Asset halten, ist definiert als:

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Rt = Pt − Pt−1Pt−1

(1)

Pt = Pt−1(1 +Rt) (2)

Dabei ist Pt der Preis des Assets (Dividende enthalten) zur Zeit t und Rt ist die ein-fache Rendite in einer Periode im Zeitraum [t− 1, t].

Halten wir das Asset für k Perioden (t−k bis t), arbeiten wir mit der einfachen Renditein k Perioden:

Rt[k] = Pt − Pt−kPt−k

(3)

Pt = Pt−k(1 +Rt[k]) = Pt−k(1 +Rt−k+1)× · · · × (1 +Rt) (4)

Also, die Einperioden- und Multiperioden-Rendite stehen in einer nichtlinearen Be-ziehung:

1 +Rt[k] =k−1∏j=0

(1 +Rt−j) (5)

Schließlich ist erwähnenswert, dass die einfache Rendite eines Portfolios pmitN Assetseine Linearkombination von den einzelnen Renditen ist. Dabei ist ωi das Gewicht derAnlage ins Asset i (es gilt also

N∑i=1

ωi = 1).

Rp,t =N∑i=1

ωiRi,t (6)

2.1.2 Logaritmische Renditen

Die logaritmische Rendite (log-return) ist definiert als:

rt = log(Pt)− log(Pt−1) = pt − pt − 1, (7)

wo pt = log(Pt) der Log-Preis ist.Der Hauptvorteil der Log-Rendite ist die Tatsache, dass die Multiperioden Rendite

einfach die Summe der Einperioden Renditen ist.

rt[k] = log(1 +Rt[k]) =k−1∑j=0

log(1 +Rt−j) =k−1∑j=0

rt−j . (8)

Leider trifft so eine Eigenschaft auf die Log-Rendite eines Portfolios p nicht zu.

rp,t = log(N∑i=1

ωieri,t) 6=

N∑i=1

ri,t (9)

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2.2 Stylized factsAuf den ersten Blick findet man keinen Grund, wieso die Warenpreise, Aktienpreiseoder Wechselkurse einem bestimmten Verhalten folgen würden. Viele empirische Unter-suchungen haben jedoch in Finanzmarktdaten eine Menge gemeinsamer Eigenschaftenidentifiziert. Diese Eigenschaften nennt man stylized facts.

1. Fat tails: die unbedingte Dichte der Renditen hat dickere Tails als die Tails einerNormalverteilung. Dies bedeutet, wenn wir die Renditen mit einer Normalvertei-lung modelieren unterschätzen wir gleichzeitig die Anzahl und Größe der Krächeund Booms.

2. Assymetry: die unbedingte Dichte ist negativ schief - extrem negative Werte sindhaüfiger als extrem positive Werte.

3. Aggregated normality: mit Verlängerung der Frequenz nähert sich die Verteilungs-funktion der Renditen einer Normalverteilung.

4. Absence of serial correlation: Renditen weisen keine serienmäßige Korrelation auf,außer im Falle hoher Frequenz.

5. Volatility clustering: Volatilität der Renditen ist serienmäßig korreliert. Großer(positiven oder negativen) Rendite folgt eine andere große (positive oder negative)Rendite.

6. Time-varying cross-correlation: Korrelation zwischen Assets und Assetrenditensteigt während Perioden hoher Volatilität.

2.3 Höhere Momente einer ZufallsvariableIn dieser Seminararbeit behandeln wir hauptsächlich nicht-Gaußsche Verteilungen, derenhöhere Momente existieren (Grad > 2). Für eine Zufallsvariable X und ihre stetigeDichtefunktion ist das k-te nicht-zentrale Moment (für k = 1, 2, . . . ) definiert als:

mk = E[Xk] =+∞∫−∞

xkfX(x)dx (10)

Wie schon bekannt ist das erste nicht-zentrale Moment der Erwartungswert (m1 =E[X] = µ). Mithilfe dessen definiert man dann die zentralen Momente:

mk = E[Xk] =+∞∫−∞

xkfX(x)dx (11)

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Abbildung 1: Evolution und Histogramm der täglichen Log-Renditen

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Zweites zentrales Moment ist die Varianz von X (V [X] = µ2 = m2 −m21 = σ2). Der

Erwartungswert und die Varianz sind die definierende Größen einer Normalverteilung.

Das normierte dritte zentrale Moment ist die Schiefe (engl. Skewness). Die Schiefe be-schreibt die Neigungsstärke einer Verteilung. Sie zeigt an, ob und wie stark die Verteilungnach rechts (positive Schiefe) oder nach links (negative Schiefe) geneigt ist. Jede nichtsymmetrische Verteilung nennt man schief. Die Normalverteilung ist eine symmetrischeVerteilung im Gegensatz zu der empirischen Verteilung der Renditen - die ist negativschief.

Das normierte vierte zentrale Moment heißt Wölbung oder Kurtosis (engl. Kurtosis).Die Wölbung ist eine Maßzahl für die Steilheit bzw. Spitzigkeit einer (eingipfligen) Ver-teilungsfunktion. Verteilungen mit geringer Wölbung streuen relativ gleichmäßig. BeiVerteilungen mit hoher Wölbung resultiert die Streuung mehr aus extremen, aber selte-nen Ereignissen. Man kann auch sagen, dass die Wölbung ein Maß für die Dicke der Tailsist. Die Wölbung einer Normalverteilung ist gleich 3. Der Exzess (auch Überkurtosis)ist dann definiert als die Differenz der Wölbung der betrachteten Funktion zur Wölbungeiner Normalverteilung. Verteilungen werden dann entsprechend ihrem Exzess eingeteiltin: normalgipflige oder mesokurtische (γ = 0), steilgipflige oder leptokurtische (γ > 0)und flachgipflige oder platykurtische (γ < 0).

s = Sk[X] = E

[(X − µσ

)3]

= µ3σ3

(12)

κ = Ku[X] = E

[(X − µσ

)4]

= µ4σ4

(13)

γ = Ku[X]− 3 (14)

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Abbildung 2: Vergleich der Normalverteilung mit Verteilungen anderer Schiefe undKurtosis.

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3 Funktionsweise der FinanzmärkteViele verschiedene Typen von Assets existieren (Aktien, Währungen, Derivate, Anleihen,Swaps...) und dazu noch fast genausoviele Handelssysteme sind verfügbar. Es gibt auchviele kleine Details, in denen sich zwei Marktformen unterscheiden. Hier betrachten wirnur die globale definierende Eigenschaften eines Finanzmarkts.

3.1 Quote-driven und Order-driven MarktZuerst wird zwischen einem quote-driven Markt und einem order-driven Markt unter-schieden.

In einem quote-driven Markt existiert ein Dealer. Unter dem Begriff eines Dealersversteht man eine Person oder Institution, die den Preis angibt, zu dem sie bereit ist,eine Menge eines Assets zu verkaufen (ask price) oder zu kaufen (bid price). Wenn einInvestor ein Asset kaufen oder verkaufen will, muss er zuerst an (s)einen Broker wenden,der wiederum den Dealer kontaktiert um den Handel durchzuführen. Dabei können diePreise, die der Dealer angibt, entweder fest oder indikativ sein.

In einem order-driven Markt handeln Investoren direkt miteinander. Alle Orders wer-den in ein elektronisches System eingetragen. Dabei existieren verschiedene Typen derOrders. Die sogenannte Market-Order bedeutet eine sofortige Ausführung (Kauf oderVerkauf des Assets) zu dem besten momentan erhältlichen Preis. Andererseits äußertder Investor im Falle einer Limit-Order seine Bereitschaft, von ihm angegebene Mengeeines Assets zu von ihm angegebenem Preis zu kaufen bzw. zu verkaufen. In vielen Märk-ten ist möglich, zusätzliche Information dazuzugeben, wie z.B. die Zeitdauer, währendder die Order gültig ist.Klarerweise kann jederzeit eine der Limit-Orders gekündigt werden. Eine größere Or-

der kann in kleinere Orders aufgeteilt werden, sodass die Absichten eines großen Händ-lers verborgen bleiben. Gewisse Märkte lassen sogar verborgene Orders zu. Limit-Orderskönnen sogar von Ereignissen abhängen.Order können grob in zwei Kategorien unterteilt werden: es gibt Orders, die gleich

ausgeführt werden, und Orders, deren zukünftige Ausführung durch bestimmte Ereig-nisse bedingt ist. Nun möchten wir uns mit der ersten Kategorie befassen - die Orders,die gleich ausgeführt werden sollten. Die allgemeinste Order aus dieser Kategorie ist dieMarket-Order. Bei einem Market-Order kauft/verkauft man eine Menge des Assets zudem bestmöglichen Preis. Es kann passieren, dass die Anzahl der Assets, die zu kaufenoder zu verkaufen sind, größer als die Anzahl der erhältlichen Assets ist (order runs theorder book). Um so was zu vermeiden, kann sich der Händler für eine all-or-none Orderentscheiden, bei der die Order nur dann ausgeführt wird, wenn alle Assets zum bestenPreis gekauft bzw. verkauft werden können. In der zweiten Kategorie finden wir beding-te Orders, wie zum Beispiel die Limit-Order zum Marktpreis. Passiert bei dieser Order,dass die Anzahl der erhältlichen bzw. verkaufbaren Assets zu bestem Preis zu klein ist- werden nur die gekauft bzw. verkauft, die zum besten Preis erhältlich bzw. verkauf-

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bar sind. Zu den anderen Limit-Orders gehört auch die Day-Order, eine Order die nurwährend des Eingangstages gültig sind. Am Ende des Tages werden solche Orders ausdem Orderbuch gelöscht. Es gibt noch andere wie good-till-cancelled und good-till-dateOrders, deren Namen schon selbsterklärend sind.

3.2 OrderbuchAllgemein sind Assetpreise diskrete Zahlen. Die kleinstmögliche Differenz zwischen zweiPreisen nennt man tick size. Die Differenz zwischen dem Bid- und Ask-Preis heißt Spread.Betrachten wir die Entwicklung eines Orderbuchs kommen wir zum Schluss, dass die

Preise unter anderem auch von den durchgeführten Orders abhängen. Will z.B. ein in-stitutioneller Händler eine große Menge Assets kaufen, spielt die Steigung der Preise ander Ask-Seite eine wichtige Rolle. Diese Steigung heißt Markttiefe (market depth). Jetiefer der Markt, desto größer ist die Wirkung einer großen Order auf den Markt. Natür-lich interessieren große Händler nicht nur die besten Preise sondern auch die Markttiefe,welche bei kleinen Händlern unwichtig bleibt.

3.2.1 Beispiel

Jetzt wollen wir ein paar Worten über das Orderbuch sagen. Betrachten wir jetzt denFall wo der Händler eine Menge eines Assets kaufen will. Sehe das Orderbuch so aus:

Bid Seite Ask SeitePreis Menge Preis Menge99.5 10 100.0 7599.0 35 100.5 3598.5 16 101.0 115

Falls die Order eine at-market-price Order ist, wird nur die Menge gehandelt, die zumbesten Preis erhältlich ist.Wünscht sich der Händler 25 Einheiten zum Markt-Preis, dann, weil 75 Einheiten zu

diesem Preis verfügbar sind, bekommt er sie für 100.0. Nach dem Geschäft würde dasOrderbuch so aussehen:

Bid Seite Ask SeitePreis Menge Preis Menge99.5 10 100.0 5599.0 35 100.5 3598.5 16 101.0 115

Will der Händler stattdessen 80 Einheiten kaufen, wird er nur 75 bekommen. Dierestlichen 5 Einheiten werden dann an der Bid-Seite registriert - d.h. der Händler istbereit, 5 Einheiten zum Preis 100 zu kaufen:

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Bid Seite Ask SeitePreis Menge Preis Menge99.5 10 100.5 3599.0 35 101.0 11598.5 16100 5

Falls die Order eine Market-Order ist, dann bekommt der Händler 75 Einheiten zumPreis von 100.0 und 5 Einheiten zum Preis von 100.5, d.h. das Orderbuch sieht dann soaus:

Bid Seite Ask SeitePreis Menge Preis Menge99.5 10 100.5 3099.0 35 101.0 11598.5 16

Anhand eines Beispiels wollen wir die Markttiefe erklären. Sei dazu das Orderbuchvon folgender Gestalt:

Bid Seite Ask SeitePreis Menge Preis Menge99.5 10 100 10099.0 35 200 20098.5 16 800 900

Die Steigung dee Ask-Seite ist offensichtlich sehr groß. Kauft jetzt ein großer Händler300 Assets, der neue Assetpreis ist 800.

3.2.2 Komponenten des Bid-Ask Spreads

Wir unterscheiden drei Komponenten des Bid-Ask Spreads.Die erste ist die Inventar-Komponente: hält der Händler eine Menge eines Assets

und werden ungünstige Nachricthen veröffentlicht, verliert das Inventar an Wert. DieInventar-Komponente dient als Schutz dagegen. In Finanzmärkten höherer Preisvolati-lität ist dann die Inventar-Komponente größer. Klarerweise ist diese Komponente wich-tiger in einem Dealers Markt, weil Dealers sehr viele Assets.Zweite Komponente ist die Transaktionskosten-Komponente. Jeder Händler in einem

Finanzmarkt muss für die Existenz der Markt zahlen. Diese Kosten können verschiedeneFormen annehmen.

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Zuletzt erwähnen wir die Komponente der asymmetrischen Information. Die Händlerwurden in der Theorie in verschiedene Kategorien unterteilt. Der ersten Kategorie gehö-ren die sogenannte uninformierte Händler (noise traders, liquidity traders). Sie sind z.B.Händler, die ein Asset verkaufen um ein anderes Asset zu kaufen (beispielsweise Aktienverkaufen um ein Auto zu kaufen). Ihr Grund für Handel ist also total zufällig. Die zweiteKategorie besteht aus informierten Händlern. Sie handeln basierend z.B auf Nachrichtenund Ihrer Bewertung. Der Begriff sollte nicht mit insider Trading verwechselt werden.Keine Information ist in diesem Fall illegal erhalten.

4 Mandelbrot ModellSei durch Pt,∆i der Aktienpreis am Tag t zum Zeitpunkt ∆i (i = 1 . . .M) gegeben. Dannist der Eröffnungspreis am Tag t gleich Pt,0. Die Renditen innerhalb eines Tages definiertman als:

ρt,i = log(

Pt,∆iPt,∆(i−1)

)(15)

Die gesamte Tagesrendite ist damit gleich:

rt =M∑i=1

ρt,i (16)

Unter dem ZGVS könnten wir dann erwarten, dass, wenn die Voraussetzungen er-füllt sind, die Tagesrenditen asymptotisch normalverteilt sind. Da es viele Versionen desZGVSes gibt, formulieren wir die Voraussetzungen qualitativ. Seien also die Renditenähnlich verteilt mit Erwartungswert µ und Varianz σ2, und die Inkremente nicht zuabhängig. Es gilt dann laut dem ZGVS (⇒ bezeichnet Konvergenz in Verteilung):

1σ/√M

(1M

M∑i=1

ρt,i − µ)⇒ N (0, 1) (17)

rt ⇒ N (Mµ,Mσ2) (18)Wie schon bekannt ist die empirische Verteilung der Renditen keine Normalverteilung.

Durch die Geschichte wurden verschiedene Ansätze genommen, um das mathematischzu erklären.Der erste, der eine Erklärung angeboten hat, war Benoit Mandelbrot. Weil de ZGVS

für die Verteilungen nicht gilt, impliziert das, dass eine der Voraussetzungen des Sat-zes verletzt ist. In seiner Arbeit The Variation of Certain Speculative Prices (1963), inder er Baumwollpreise betrachtet hat, hat er vorgeschlagen, dass die Voraussetzung desendlichen zweiten Moments verletzt ist. In anderen Worten, er wollte die Renditenver-teilungen mithilfe von Verteilungen, deren Varianz nicht existiert, modellieren. Dabeihat er sich für die Familie der stabilen Verteilungen entschieden. Klarerweise ist dieserAnsatz ziemlich gewagt, er hat aber den Beiträgen von Lévy den Weg geebnet.

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4.1 Stabile VerteilungenStabile Verteilungen wurden von Paul Lévy im Jahr 1920 entwickelt. Seien X1, X2 zweiidentisch verteilte unabhängige Zufallsvariablen Die definierende Eigenschaft der stabilenVerteilungen ist:

∀c1, c2 ∈ R ∃c ∈ R : c1X1 + c2X2 = cX (19)

wo X dieselbe Verteilung als X1, X2 hat.Die Definition der stabilen Verteilung ist gegeben mithilfe ihrer charakteristischen

Funktion. Sei ϕ(u) die char. Funktion. Aus (19) folgt dann für ϕ(u):

ϕ(c1u)ϕ(c2u) = ϕ(cu). (20)

Moderne Definition charakteristischer Funktion einer stabilen Verteilung lautet:

ψα,β = exp(−|u|α

(1− iβ tan(πα2 ) sgn(u)

))(21)

Der Parameter β ist frei wählbar und heißt Schiefeparameter. Endliche Varianz exis-tiert nur für α = 2. Für α = 2 und β = 0 kriegt man die charakteristische Funktion einerNormalverteilung. Für α ∈ (1, 2] hat die Verteilung den Erwartungswert 0, für α ≤ 1existiert kein Erwartungswert. Eigentlich folgt aus dieser Definition, dass:

cα = cα1 + cα2 (22)

Deswegen werden diese Verteilungen auch α-stabil genannt. Die Abbildung (3) zeigt,wie sich die Dichtefunktion verhält bei verschiedener Wahl von Parametern. Erinnernwir uns kurz an die Stylized Facts. Wie ersichtlich, lässt sich die Dichtefunktion durchgeeignete Wahl der Parameter so anpassen, dass sie dickere Tails hat und negativ schiefwird. Ein Beispiel dafür ist die geeignete Cauchy Verteilung.

Obwohl Mandelbrots Modell eine Erklärung für die nichtnormale Renditenverteilunganbot, stieß es auf Skepsis. Erstens würde mit der Annahme der unendlichen Varianzein großer Teil der modernen Finanztheorie entfallen. Zweitens ist die charakteristischeFunktion im Allgemeinen nicht invertierbar, was heißt, dass eine geschlossene Form fürdie Dichtefunktion nicht existiert. Drittens hat William H. DuMouchel in seiner ArbeitOn the Asymptotic Normality of the Maximum-Likelihood Estimate when Sampling froma Stable Distribution (1973) mithilfe der Extremwerttheorie gezeigt, dass die Tails derRenditen i.A. endliche zweite und sogar dritte Momente haben sollten. Letzendlich habensich im Laufe der Zeit andere Methoden entwickelt.

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Abbildung 3: α-stabile Verteilungen für unterschiedliche Parameter

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5 Clarks Subordination ModellWegen vieler Schwierigkeiten verbunden mit der Theorie des Mandelbrots Modells wareine alternative Erklärung eine Frage der Zeit. Eine alternative Erklärung hat Peter K.Clark in seiner Arbeit A Subordinated Stochastic Process Model with Finite Variance forSpeculative Prices (1973) gegeben.

Clark nimmt an, dass es Tage gibt, an denen mehr Nachrichten veröffentlicht werdenals an anderen. Die Tage mit mehr veröffentlichen Nachrichten sollen dann größere Vo-latilität zeigen.

Sei pt = log(Pt) der Log-Preisprozess. Wir nehmen an, dass die Zeit stetige Werteannehmen kann, also t ∈ R. Der Index t steht für die Kalenderzeit. Clark führt einenneuen stochastischen Prozess T (t) : R+ → R+ ein, den er Directing Prozess nennt. DieserProzess ist streng monoton steigend im Sinne, dass für t < s⇒ T (t) ≤ T (s). Dies kannals eine Abbildung der Kalenderzeit in die Ereigniszeit (event time) gesehen werden. DieAnnahme, dass mit der Zeit mehr Information verfügbar wird, ist analog dazu, dass T (t)eine wachsende Funktion der Kalenderzeit ist.Clark nimmt weiter an, dass der Log-Preisprozess gegeben ist durch:

pt = µT (t) + σWT (t) (23)

wo Wt eine Brownsche Bewegung bezeichnet. Dann heißt pt subordiniert zum Wt. DerProzess T (t) heißt Directing Prozess. Betrachten wir jetzt die Log-Preisinkremente überdem Zeitraum Länge ∆:

rt = pt − pt−∆ = µ(T (t)− T (t−∆)) + σ(WT (t) −WT (t−∆)) (24)

Inkremente der Brownschen Bewegung sind normalverteilt. Mit der Notation It =T (t)− T (t−∆) bekommen wir:

rt ∼ N (µIt, σ2It) (25)

Also ist die Verteilung von rt bedingt durch It eine Normalverteilung, was bedeu-tet, dass die Renditen über einen Zeitraum von Aktivität in dem Zeitraum abhängen.Rendite über jedem Zeitraum hat, abhängig von Aktivität im Zeitraum, eine andereVerteilung. Deswegen wird Clarks Modell auch Hypothese der Mischverteilung (mixtureof distributions hypothesis) genannt.Jetzt können wir verschiedene Wege gehen, um die Aktivitätsvariable It zu modellie-

ren. Wir nehmen den Ansatz, den Clark in seiner Arbeit beschrieben hat.

5.1 Dichte der RenditenUm mehr Information über die Aktivitätsvariable It zu gewinnen, können wir einfachannehmen, dass der Directing Prozess einer bestimmten Verteilung folgt. Der Nachteildieser Methode ist, dass Renditen unabhängig sind, was im Widerspruch zu den Stylized

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Facts steht. Clark hat sich in seiner Arbeit, strikt aus empirischen Gründen, für dieLog-Normalverteilung entschieden.Sei f(t) die Dichte der Renditen rt und g(t) die Dichte des Directing Prozesses It.

Dann gilt:

rt =∫

It∈R+

f(rt|It)g(It)dIt (26)

Aus (25) folgt, dass f(rt|It) Dichte einer Normalverteilung ist. Nehmen wir jetzt an,dass It log-normalverteilt ist mit Parametern µ und m2. Dann gilt:

log(It) ∼ N (µ,m2) (27)

f(rt) =∫

It∈R+

1√2πσ2

rItexp

(−1

2(rt − µrIt)2

σ2rIt

)

× 1√2πm2It

exp(−1

2(log(It)− µ)2

m2

)dIt (28)

Die Abbildung (4) zeigt, was für Formen, die Dichtefunktion f(rt) durch geeigneteWahl der Parameter annehmen kann. Model 1 ist das Referenzmodell. Erhöhen wir dieVarianz der Renditen, kommen wir zum Modell 2 - die Dichte wird breiter. Als nächstesschauen wir, was passiert, wenn wir das durchschnittliche Nachrichtenniveau erhöhen.Dies entspricht dem Modell 3. Wie ersichtlich verschiebt sich der Mittelwert nach rechtsund die Dichte wird breiter. Zuletzt erhöhen wir die Varianz der Log-Normalverteilungm2. Dies resultiert in besonders dicken Tails.

Tabelle 1: Parameter der verschiedenen ModelleModell µr σr µ

√m2

1 1 1 1 12 1 1.5 1 13 1 1 2 14 1 1 1 2

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Abbildung 4: Dichten der Modelle 1, 2, 3 und 4.

6 Mikrostrukturmodell für InformationseingangNun gehen wir einen Schritt weiter und untersuchen, wie Informationseingang nicht nurdie Renditen sondern auch das Handelsvolumen beeinflusst. Das Modell von Tauchenund Pitts (1983) ist einfach aber aufschlussreich. Ihre Arbeit erklärt nicht nur, wie sichdie Volatilität mit steigender Anzahl der Händler verhält, sondern auch das empirischeErgebnis von Clark, dass Volumen keine gute Proxy-Variable für Informationseingang ist.

Die definierenden Annahmen des Modells von Tauchen und Pitts sind:

• Es gibt J Händler und diese Anzahl ist exogen gegeben. Der Index j = 1, . . . , Jentspricht den verschiedenen Händlern.

• Während des Übergangs von einem Preisgleichgewichtszustand in den anderenkann sich jeder Händler für eine Long- oder Shortposition entscheiden. Dies be-deutet natürlich, dass dieses Modell geeigneter für Futures-Märkte.

• Jeden Tag gibt es I Geschäfte, wobei jedes Geschäft durch einen Index i = 1 . . . Igekennzeichnet ist. Wenn eine Transaktion stattfindet, jeder Händler hat seinenReservationspreis p∗ij . Sei pi der aktuelle Preis. Dann ist die Nachfrage des Händlersj gegeben durch:

Qij = λ(p∗ij − pi) (29)

Der Parameter λ ist positiv und konstant. Diese einfache Angebots-Nachfrage-Funktion sollte das Modell möglichst einfach machen.

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Klarerweise will der Händler das Asset kaufen, wenn Qij > 0, und verkaufen, wennQij < 0. Schließlich, wenn Qij , ist es nicht in Händlers Interesse zu handeln. Die Reserva-tionspreise sollten die Erwartungen der einzelnen Händler widerspiegeln. Dies resultiertdarin, dass es kein Handel abwickelt, wenn alle den selben Reservationspreis haben (der-selben Meinung sind).Verkaufen einzige Händler Ihre Assets, dann müssen die anderen dieselbe Assets kau-

fen, was die folgende Gleichung ergibt:

J∑j=1

Qij = 0 (30)

Direkt daraus folgt:

pi = 1J

J∑j=1

p∗ij (31)

Der beobachtete Preis in einem Preisgleichgewichtszustand ist also gleich dem Durch-schnitt der Reservationspreise aller Händler. Intuitiv entspricht dieser Sachverhalt derPraxis.Betrachten wir jetzt das gesamte Handelsvolumen zwischen zwei Zeiträumen. Erstens

befassen uns mit dem folgenden Beispiel:

Händler Ti−1 Ti ∆Qij1 3 1 ∆Qi1 = −22 4 5 ∆Qi1 = +13 2 3 ∆Qi1 = +1

In der ersten Spalte steht der Händlersindex. In der zweiten und dritten Spaltenbefindet sich die Anzahl eines Assets bevor und nach dem i-ten Geschäft. Die letzteSpalte enthält die Differenzen. Wie aus der Tabelle ersichtlich ist das Nettovolumengleich 2 - eine Hälfte des Betrags der total gehandelten Assets. Somit gilt für das gesamteVolumen beim Geschäft i:

vi = 12

J∑j=1|Qij −Qi−1,j | =

λ

2

J∑j=1|∆p∗ij −∆pi| (32)

Das Handelsvolumen ist eine Folge der durchschnittliche Änderung in Reservations-preisen einzelner Händler. Analog zu dem Fall des beobachteten Preises merken wir, dasses kein Volumen geben muss, wenn alle Händler gleiche Erwartungen haben.Tauchen and Pitts nehmen in ihrem Modell weiter an, dass die Änderungen der Re-

servationspreise eine Folge der globalen und händlerspezifischen Information:

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∆pij = φi + ψij (33)

Die erste Komponente φi entspricht der globalen Information zum Zeitpunkt des Ge-schäfts i. Die zweite Komponente ist die Information, über die der Händler j zu demsel-ben Zeitpunkt verfügt. Weiters wird angenommen, dass:

E[φi] = E[ψij ] = 0 (34)V [φi] = σ2

φ (35)V [ψij ] = σ2

ψ (36)

wo φi und ψij unabhängig sind. Wir führen die durchschnittliche individuelle Infor-mation ein und formen die Ausdrücke um:

ψ̄i = 1J

J∑j=1

ψij (37)

ri = ∆pi = φi + ψ̄i (38)

vi = λ

2

J∑j=1|ψij − ψ̄i| (39)

Die Gleichung (38) zeigt uns, dass beide Arten der Information die Preisänderungbeeinflussen. Die individuelle Information eines Händlers beiträgt dabei nur mit demFaktor 1

J zur Änderung. Aus (39) sieht man, dass das Handelsvolumen von Heterogenitätder Ansichten abhängt.Gehen wir jetzt noch einen Schritt weiter und annehmen, dass φi ∼ N (0, σ2

φ) undψij ∼ N (0, σ2

ψ), kommen wir zu den folgenden Ergebnissen:

mr = E[ri] = 0 (40)

σ2r = V [ri] = σ2

φ +σ2ψ

J(41)

mv = E[vi] = λJ

2 E[|ψij − ψ̄i|] = λJ

2

√2πσψ

(J − 1J

) 12

(42)

σ2v = V [vi] =

2

)2V [|ψij − ψ̄i|] (43)

Nun sehen wir, falls die Anzahl der Händler steigt, kann auch das erwartete Volumenmv damit steigen, aber die Varianz der Preisänderung verringert sich. Dies entsprichtder Eigenschaften eines Finanzmarkts. Die letzten zwei Gleichungen zeigen, dass dieHeterogenität der Ansichten als Folge größeres Volumen und Varianz des Volumens hat.

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Mithilfe dieses Modells können wir auch einen bestimmten Moment eines Tages be-trachten, an dem die Anzahl der Händler J konstant sein sollte. Während des Tagesbeobachten wir I Preisgleichgewichtszustände. Unter dem Begriff wird gemeint, dassein Geschäft passiert ist. Deswegen wählen wir als Proxy-Variable für die Anzahl derGleichgewichtszustände die Anzahl der Geschäfte. Somit bekommen wir:

r =I∑i=1

ri (44)

v =I∑i=1

vi (45)

wo I der Directing Prozess ist. Die zwei Prozesse r, v sind dann die zu I subordinierteProzesse. Bedingt durch I und mit der Annahme der Normalverteilung folgt:

r ∼ N (0, Iσ2r ) (46)

v ∼ N (Imv, Iσ2v) (47)

Umgeschrieben bedeutet das:

r =√Iσrzr zr ∼ N (0, 1) (48)

v = Imv +√Iσvzv zv ∼ N (0, 1) (49)

(48) und (49) sind ausgezeichnete Anfangspunkte für empirische Untersuchungen. Wirmerken auch, dass Volumen aus zwei Komponenten besteht. Neben der ersten Kompo-nente Imv, die die Anzahl der Informationseingänge vertritt, gibt es noch eine Kompo-nente

√Izv. Daraus folgt, dass Volumen keine gute Proxy-Variable für Informationsein-

gang ist.

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7 EKO ModellEKO Modell, entwickelt von Easley, Kiefer und O´Hara in 1997, versucht das Preis-verhalten in einem quote driven Markt zu erklären. Das Modell setzt Existenz einesMarktmachers voraus, d.h. einer Person oder Institution, die die Marktpreise bestimmtund risikoneutral ist. Theoretisch bedeutet dies, dass die Preise in diesem Modell denErwartungswerten entsprechen.

7.1 Basis des ModellsWir unterteilen die Händler wiederum in informierte und uninformierte.

7.1.1 Uninformierte Händler

Da die uninformierte Händler über keine Information über den echten Wert eines Assetsverfügen, entweder verkaufen sie oder kaufen mit der Wahrscheinlichkeit ε

2 . Es ist auchmöglich, dass sie überhaupt nicht handeln mit Wahrscheinlichkeit (1− ε).

Abbildung 5: Mögliche Entscheidungen eines uninformierten Händlers im EKO Modell

7.1.2 Informierte Händler

Wenn wir von informierten Händler reden, reden wir von Händler, die basierend aufNachrichten und anderen Signale handeln. Im EKOModell wird dieser Sachverhalt durchpositive und negative Signale, die ein Asset betreffen, modelliert. Sei V der Wert einesAssets.Eine Information über das Asset kann mit Wahrscheinlichkeit α freigegeben werden,

muss aber nicht. Falls die Information freigegeben wurde, kann das entweder ein negati-ves oder positives Signal für den Assetswert sein, mit Wahrscheinlichkeit δ bzw. (1− δ).Wenn ein positives Signal vorliegt, wird der aktuelle Assetwert V zu einem höherenWert V . Analog wird bei einem negativen Signal der Assetwert zu V . Nach dem Infor-mationseingang kann sich der informierte Händler für Handel mit Wahrscheinlichkeit µentscheiden. Die untenstehende Abbildung soll das ganze EKO Ereignisbaum darstellen:

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Abbildung 6: EKO Ereignisbaum mit Wahrscheinlichkeiten

7.1.3 Simulation

Wegen seines Aufbaus ist das EKO Modell sehr geeignet für Simulation. Mit Parametern

α = 0.6δ = 0.5ε = 0.5

führen wir eine Simulation durch. Simuliert werden 10 Tage mit jeweils 100 Geschäftepro Tag. Das Symbol × steht für eine Kauforder, � für eine Verkaufsorder und Punktfür kein Handel im gegebenen Zeitraum.Durch reine Beobachtung der Geschäfte, die an bestimmten Tag stattgefunden haben,

können wir auf das Signal, das an dem Tag freigegeben wurde, schließen. Zum Beispiel,am Tag 1 (unterste Zeile) finden sehr viele Geschäfte statt, fast alle von denen sind Kau-forders. Dies bedeutet, dass an diesem Tag positives Signal freigegeben wurde. Deswegenwaren informierte Händler sehr aktiv. Betrachten wir jetzt den Tag 2, merken wir, dass

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Abbildung 7: Simulation 1 mithilfe des EKO Modells

sehr wenig gehandelt wurde und kein Muster erkennbar ist. Daraus folgt, dass keineInformation veröffentlicht wurde. Nur die uninformierten Händler haben gehandelt.Es ist ja klar, dass der Handelsstrom die Schlüsselkomponente dieses Modells ist.

7.1.4 Preisprozess

Eine noch interessantere Eigenschaft des EKO Modells ist die Tatsache, dass es mit-hilfe dessen ein plausibeler Preisprozess herleiten lässt. Wie bereits erwähnt, legt derMarktmacher die aktuelle Preise fest, bedingt dadurch, ob sie Kauf- oder Verkaufspreisesind. Jeder Preis ist dann einfach der Erwartungswert bedingt dadurch, ob das nächsteGeschäft ein Kauf oder ein Verkauf ist.Im Weiteren bezeichnet B Anzahl der Kaufperioden, V Anzahl der Verkaufsperioden

und N Anzahl der Perioden ohne Handel. Ψ bezeichnet das Signal: ∅ kein Signal, H pos.Signal, L neg. Signal.Wir beginnen mit den Preisen bei Marktöffnung:

E[V |S] = V P [V = V |S] + V P [V = V |S] (50)

Jetzt, falls Ψ = ∅:

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P [V = V |S] = P [V = V ,Ψ = ∅,Ψ = H,Ψ = L, S]P [S]

= P [V = V ,Ψ = ∅, S]× P [Ψ = ∅|S]+ P [V = V ,Ψ = H,S]× P [Ψ = H|S]+ P [V = V ,Ψ = L, S]× P [Ψ = L|S]

= δ × P [Ψ = ∅|S] + 1× P [Ψ = L|S] (51)

Die erste Zeile ist Folge davon, dass Ψ nur drei Werte annehmen kann. Weile diese dreiWerte ausschließlich sind, kommen wir zu der zweiten Zeile. Rest folgt aus der Strukturdes Ereignisbaums.Um die übriggebliebenen Wahrscheinlichkeiten auszurechnen, wenden wir die Bayes

Formel nochmal an. X bezeichne generisch die Werte ∅, H, L.

P [Ψ = X|S] = P [S|Ψ = X]× P [Ψ = X]P [S] (52)

wo

P [S] = P [S|Ψ = ∅]× P [Ψ = ∅]+ P [S|Ψ = H]× P [Ψ = H]+ P [S|Ψ = L]× P [Ψ = L] (53)

Die genauen Werte bekommen wir schließlich mithilfe des Baumes:

P [Ψ = ∅|S] = (1− α)ε/2P [S] (54)

P [Ψ = L|S] = (µ+ (1− µ)ε/2)αδP [S] (55)

P [Ψ = H|S] = (1− αµ)(1− δ)ε/2P [S] (56)

P [S] = µαδ + (1− µα)ε/2 (57)

Jetzt können wir den Bid- und Ask-Preis von Marktmacher ausdrücken als:

b1 = E[V |S1] = δV (αµ+ x) + (1− δ)V xδαµ+ x

(58)

a1 = E[V |B1] = δV x+ (1− δ)V (αµ(1− αµ) + x)(1− δ)αµ+ x

(59)

wo x = (1− αµ)ε/2

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Während des Tages wird der Marktmacher die Preise zu den verfügbaren Informatio-nen anpassen.Bezeichnen wir mit B, S, N die Anzahl der Käufe, Verkäufe bzw. Intervalleohne Handel bis zum Zeitpunkt i lässt sich der Preis zur Zeit i definieren als:

bi+1 = E[V |B,S + 1, N ] (60)ai+1 = E[V |B + 1, S,N ] (61)

Nochmal zeigt sich das EKO Modell geeignet für Simulationen. Jetzt können wir diePreisentwicklung simulieren. In unterer Abbildung (8) befindet sich die Preisentwicklungfür die Tage 10 und 9 unterstehender Simulation. Wie man leicht sehen kann, gab esan diesem Tag fast keine Geschäfte und die, die es gab, waren zufällig. Daraus schließenwir, dass hauptsächlich uninformierte Händler gehandelt haben. Wobei am Tag 9, ammeistens Kauforders stattfinden - positives Signal wurde freigegeben.

Abbildung 8: Simulation 2 mithilfe des EKO Modells

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Abbildung 9: Bid- und Ask-Preisentwicklung am Tag 10

Abbildung 10: Bid- und Ask-Preisentwicklung am Tag 9

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Literatur[1] Eric Jondeau, Ser-Huang Poon, Michael Rockinger Financial Modeling under Non-

Gaussian Distributions 2004.

[2] Wikipedia http://www.wikipedia.org, Aufrufsdatum 24.2.2014