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    Gefangenen InfoC 10190 3.6.2007 Preis: 1,55 325

    Hervorgegangen aus demAngehrigen Info. Das

    Angehrigen Info entstand imHungerstreik der politischen

    Gefangenen 1989.

    Angeklagte haben sich nur wegen entwr-digender Haftbedingungen auf Schnellver-fahren eingelassen / Misshandlungen beiFestnahme noch im Gerichtssaal sichtbar

    In sieben Schnellverfahren gegen Globali-sierungsgegner im Alter zwischen 20 und31 Jahren verurteilte das Amtsgericht Ro-stock heute u.a. zwei Spanier, einen Polen

    und drei junge Deutsche zu Haftstrafen zwi-schen sechs Monaten mit Bewhrung undzehn Monaten ohne Bewhrung. Den An-geklagten war schwerer Landfriedensbruchin Tateinheit mit gefhrlicher Krperverlet-zung oder versuchter gefhrlicher Krper- verletzung vorgeworfen worden. Die An-wltInnen des Legal Teams kndigten Be-rufungen gegen die Verurteilungen an.

    Die Angeklagten hatten sich auf dieSchnellverfahren nur eingelassen, weil siein der JVA Waldeck und in der Frauen-JVABtzow unter entwrdigenden Haftbedin-

    gungen festgehalten wurden und ihnen im

    Anschluss an die Schnellverfahren eineHaftentlassung zugesichert worden war.Zudem waren mehrere der Angeklagten beiihrer Festnahme am 2. Juni durch Polizei-beamte so schwer misshandelt worden, dasssie mit sichtbaren Hmatomen im Gesichtund am ganzen Krper im Gericht vorge-fhrt wurden. Eine schmchtige 21-Jhrigeaus Deutschland war bei ihrer Verhaftung

    Rostock, 2. 6., Bild: Indymedia

    Da sich die Ereignisse rund um den G8-Gipfel seit Tagen berschlagen, knnen wir sienicht annhernd dokumentieren und versuchen es deshalb auch gar nicht. Wir dokumen-tieren an dieser Stelle edie Erklrung der Roten Hilfe zu den Auseinandersetzungen am2.6. und zunchst eine Mitteilung des Republikanischen Anwltinnen- und Anwltever-eins (RAV) vom 6.6. zu den ersten Verurteilungen im Schnellverfahren.

    Anwlte kndigen Berufung gegenHaftstrafen in Schnellverfahren an

    Keine Frage der

    Gnade Freilassungder RAF-GefangenenBundesprsident Horst Khler hat am 7.5.07bekannt gegeben, dass er die GnadengesucheChristian Klars und Birgit Hogefelds ablehnt.Diese Entscheidung fiel unter massivemDruck von Seiten der Massenmedien und desrechten Rands der CDU/CSU, der offen ge-droht hatte, Khler im Fall einer Begnadi-gung die Untersttzung zu entziehen.

    Insbesondere die Tatsache, dass ChristianKlar eine Grubotschaft antikapitalistischen

    Inhalts an die TeilnehmerInnen der Rosa-Lu-xemburg-Konferenz gerichtet hatte, wurdezur Begrndung dafr herangezogen, dass erdas Gefngnis auf keinen Fall verlassen dr-fe. Diese Kampagne richtete sich nicht nur

    gegen die ehemaligen Mitglieder der RAF,sondern gegen alle, die darauf beharren, dassder Kapitalismus nicht das letzte Wort der Ge-

    schichte ist.Dennoch sprechen die Medien nahezu ein-hellig von einer souvernen und unabhn-gigen Entscheidung Khlers. Tatschlichmacht die Entscheidung vor allem deutlich,dass der Staat auch neun Jahre nach der Auf-lsung der RAF nicht aufgehrt hat, Rachezu ben an denen, die sich in den Zeiten desVietnamkrieges und weltweiter revolution-rer Aufbrche fr den bewaffneten Kampfentschieden hatten.Aufgrund der Aussagen des mehr als zwei-

    felhaften Gewhrsmannes Peter-JrgenBoock hat die Bundesanwaltschaft sogar wie-

    der ein neues Ermittlungsverfahren gegenStefan Wisniewski eingeleitet, der bereits 21Jahre wegen des Vorwurfs der Beteiligung anAnschlgen der RAF im Gefngnis sa. InWirklichkeit zeigen die jngsten Debatten vor

    allem, unter welch grotesken Umstnden dieUrteile gegen mutmaliche Mitglieder derStadtguerilla schon von Anfang an zu Stan-

    de kamen. Angeklagten wurden grundstz-lich alle in Frage kommenden Taten der Grup-pe zur Last gelegt, eindeutige Beweise warenweitestgehend berflssig. Wer wegen Mit-gliedschaft in einer terroristischen Vereini-gung auf der Anklagebank sa, wurde alsFeind behandelt, bei dem sich rechtsstaatli-che Rcksichten erbrigten.

    Noch immer sitzen drei Gefangene aus derRAF in deutschen Gefngnissen:

    Christian Klar seit 24 Jahren, Eva Haule seit21 Jahren und Birgit Hogefeld seit 14 Jahren.

    30 Jahre nach der Todesnacht in Stamm-heim, nach der ungekannten Aushhlung

    von Verteidigerrechten, nach Isolationshaftund Sondergesetzen ist die Freilassung allernoch im Gefngnis sitzenden Gefangenenaus der RAF die einzig sinnvolle Forderung- nicht als Gnadenakt, sondern als ein Zei-

    Seite 2, 3. Spalte

    Seite 2

    Mumia Abu-JamalGute Signale freinen neuen Prozess

    Seite 9f.

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    chen der ansatzweisen Aufarbeitung einesfinsteren Kapitels der BRD-Geschichte, indem Grundrechte massenhaft auer Kraft ge-setzt wurden.

    Die Rote Hilfe wird sich weiter fr die Frei-lassung der Gefangenen aus der RAF einset-zen und fordert die Einstellung des Ermitt-lungsverfahrens gegen Stefan Wisniewski.Mathias Krause fr den Bundesvorstand derRoten Hilfe

    Neville Alexander aus Sdafrika

    Htte Mandelagesagt ich bereue,wre er heute keinIdol

    Anfang April hatte diesooderso-RedaktionGelegenheit, mit dembekannten sdafrika-nischen Intellektuel-len Dr. Neville Alex-ander zu sprechen, derzu Besuch bei seinemalten Freund und Ge-nossen Jakob Monetawar, dem ehemaligenChefredakteur der Ge-

    werkschaftszeitung Metall. () In dem Ge-sprch interessierte uns auch die Einscht-zung von Neville Alexander zur gegenwrti-gen Debatte um die Freilassung ChristianKlars. Neville Alexander, Jahrgang 1936, warzu Zeiten des Apartheid-Regimes zehn Jah-re lang auf Robben Island inhaftiert.

    Du kennst ja durch deine langjhrigen Ver-bindungen nach Deutschland das Leben unddie gesellschaftlichen Verhltnisse hier. Imletzten halben Jahr wurden wir regelrechtmit einer Kampagne bombardiert, die dieFreilassungen von Gefangenen aus der RAFnach ber 20 Jahren Gefngnis in Frage

    stellt. Das Ganze geht bis zu dem Punkt,dass der Beleg der Gefhrlichkeit am Anti-kapitalismus festgemacht wird.

    Neville Alexander: Die Einzelheiten sinduns jetzt nicht gelufig, aber ich habe mirjetzt hier die ganzen Sachen mal angesehen.Ich denke, dass die Leute Recht haben, diemeinen, dass die Sache jetzt ausgenutzt wird,um die Kapitalismuskritik schlechthin zu de-nunzieren. Das wird keinen Erfolg haben. DerTriumphalismus des modernen kapitalisti-schen Systems ist nur vorbergehend.

    Sicher, aber im Konkreten hat er ja Erfolg.

    Wenn man sich vorstellt, dass jetzt bei denwenigen verbliebenen Gefangenen aus derRAF nach ber 24 Jahren rumgemachtwird, ob sie berhaupt rauskommen drfen.

    Jakob Moneta: Die gleichen Leute, die heu-

    te sagen, dass Christian Klar nicht raus soll,haben nach 45 ehemalige Nazis, die vieleMenschen umgebracht haben, in hohe Posi-tion in Staat und Gesellschaft gebracht.

    Neville Alexander: Die Tatsache, dass es inDeutschland keine groe Bewegung gibt, diesich fr die Solidaritt mit diesen Gefangeneneinsetzt, ist mir sehr befremdlich, sogar un-

    verstndlich. Eigentlich mssten sich alle so-zialistisch orientierten Gruppen fr die Ge-

    fangenen einsetzen. Dass dies nicht geschieht,hat mit der Verrohung der Gesellschaft zu tun.Im Massenbewusstsein ist nicht verankert,dass es sich nicht gehrt, Leute ber 20 Jah-re im Gefngnis sitzen zu lassen. Fr die Lin-ke stellt die Positionierung zur FreilassungChristian Klars einen Lackmus-Test fr dieQualitt ihres menschlichen Bewusstseins dar.

    Wir denken, dass es reichlich Gelegenhei-ten gab und gibt, an dieser Frage Positionzu beziehen. Auch wenn es in der stattfin-denden gesellschaftlichen Diskussion un-realistisch ist das durchzusetzen, msste die

    oppositionelle Bewegung jetzt doch demon-strativ sagen: Jetzt erst recht! Christian Klarund Brigitte Mohnhaupt mssen auf dergroen Anti-G8-Mobilisierung im Junisprechen! Aber an dieser Frage werden sichdie demokratischen und linken Krfte nichtdurchsetzen knnen. Teils wollen sie esnicht, teils verhalten sie sich zu solchenstaatlichen Kampagnen sehr defensiv.

    Neville Alexander: Ich persnlich meine,dass sich die Linken in Deutschland mit derRAF neu befassen sollen, und zwar unter demGesichtspunkt der Frage: Unter welchen Be-dingungen ist der Aufstand gerechtfertigt?Wann soll man sich militrisch auflehnen?Die Revolution, die radikale gesellschaftlicheTransformation ist ein Prozess. Der Guerilla-Aufstand ist auch ein Prozess, ein eigener.ber die Frage des richtigen Zeitpunktes wur-de schon whrend der Oktoberrevolution ge-stritten. Aus diesem Blickwinkel sollte mandie RAF beurteilen, so wie ich mich selber,unsere Leute und unsere Organisation beur-teilt und kritisiert habe. Im Hinblick auf diekonterrevolutionre Haltung des Unity Mo- vements, der Einheitsbewegung, haben wirals National Liberation Movement richtig ge-

    handelt. Dass die Leute bereuen sollen, ist Un-sinn, das kann noch nicht einmal ein Klas-senfeind erwarten. Htte Nelson Mandela ge-sagt, er bereue, dass er den Kampf gegen dieApartheid, gegen den Rassismus entfacht ha-be, um sich auf diese Weise seine Freiheit zuerkaufen, wre er heute kein Idol, kein Held.Nicht wahr?Als ich im Gefngnis sa, habe ich in alle

    Bcher, die ich las, ein Wort Friedrich Schil-lers notiert: Sie knnen uns niedrig behan-deln, sie knnen uns nicht erniedrigen.Dassman von einem Christian Klar verlangt, ersolle sich erniedrigen, ist doch ausgeschlos-

    sen. Von keinem Menschen, der sich demFreiheitsgedanken der Franzsischen Revo-lution verpflichtet hat, kann man so etwaserwarten.

    Aus: So oder So! Nr. 17 Mai/Juni 2007

    so massiv und mehrfach ins Gesicht ge-schlagen worden, dass sich angesichts ihrerHmatome im Gesicht auch der Richter zuNachfragen veranlasst sah.

    In der JVA Waldeck wurden den Ange-klagten teilweise richterlich genehmigte Te-lefonate nicht erlaubt und Hofgnge ver-weigert mit der Begrndung, es knne nichtfr ihre Sicherheit garantiert werden, da inder JVA viele Neonazis inhaftiert seien. Dar-

    ber hinaus wurden einige Angeklagte vonden Wachmnnern beschimpft und bedroht.Da die Umstnde ein rechtsstaatliches

    Verfahren und eine ordnungsgeme Ver-teidigung nicht ermglichten, beschrnktensich VerteidigerInnen darauf, die Vorge-hensweise von Staatsanwaltschaft und Ge-richt zu kritisieren und Erklrungen abzu-geben.

    Im Verfahren gegen einen 20-JhrigenPhilosophiestudenten aus Deutschland bei-spielsweise sttzte sich die Verurteilung aufeine lckenhafte schriftliche Aussage einesPolizeibeamten. Darin wurde behauptet, der

    Angeklagte habe am 2. Juni vier oder fnfFlaschen oder Steine in eine unbekannteRichtung geworfen. Weder wurde klar, obes sich um Glas- oder Plastikflaschen, nochwie viele es gewesen sein sollen, weder obes sich um Kieselsteine noch ob es sich umPflastersteine gehandelt haben soll. Przi-sere Angaben wurden nicht gemacht, den-noch wurde der nicht vorbestrafte 20-Jhri-ge, der die Tat bestritten hat, zu neun Mo-naten Haft ohne Bewhrung verurteilt.Auch in anderen Verfahren mangelte es

    an przisen Tatvorwrfen und Zuschrei-bungen; immer wieder blieb in den polizei-lichen Aussagen unklar, wo, wann und auswelcher Entfernung und in welche Richtunggeworfen worden sein soll.

    Ein Groteil der Angeklagten bestritt dieTatvorwrfe.

    Die Atmosphre der Verfahren war ge-prgt von beleidigenden uerungen desStaatsanwalts gegen Angeklagte und Ver-teidigerInnen. So bezeichnete der Staatsan-walt die Angeklagten als Chaoten undMitglieder des schwarzen Blocks, obwohlkeinem der Angeklagten vorgeworfen wor-den war, vermummt gewesen oder aus dem

    Schwarzen Block heraus agiert zu haben.Einen Angeklagten beleidigte der Staatsan-walt als Durchgeknallten. Zwei Verteidi-gerInnen unterstellte er, er bezweifle, dasssie Jura studiert htten.

    Der zustndige Einzelrichter hatte zudemvon vornherein klar gemacht, dass er keineEinzelflle betrachten wolle und dass esnicht vorstellbar sei, dass Polizisten lgenwrden. Zur Verteidigung der Rechtsord-nung knne er auch keine Bewhrungs-strafen verhngen.

    Bei den Schnellverfahren pnktlich zumAnkunft der Delegationen handelt es sich

    in erster Linie um ein Instrument der Ab-schreckung, sagt Rechtsanwltin ChristinaKlemm, die mit einem fairen Verfahrennichts zu tun haben. Hier agieren Justiz undPolizei Seite an Seite.

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    Durchsichtige Eskala-tionsstrategie derPolizei im Vorfeld desG8-Gipfels

    Vor dem Abschluss der gestrigen Demon-

    stration in Rostock gegen das G8-Treffenhat die Polizei die Protestierenden massivangegriffen, ber 500 Menschen verletztund 165 Menschen festgenommen. Was-serwerfer und Trnengas wurden ziellosund flchendeckend gegen die Menge ein-gesetzt, RechtsanwltInnen und Sanitte-rInnen wurden von der Polizei mit Gewaltdaran gehindert, sich um Verletzte zu km-mern. Nach Berichten von AugenzeugIn-nen kam es zu schweren Misshandlungenbereits festgenommener DemonstrantIn-nen.

    Der Verlauf der gestrigen Demonstration

    straft die Behauptungen der Polizei Lgen,sie verfolge ein Deeskalationskonzept. Werunter dem Vorwand, vereinzelte Sachbe-schdigungen ahnden zu mssen, mit einerhochgersteten Polizeiarmee eine Demon-stration von mehreren zehntausend Men-schen angreift, muss sich nicht darberwundern, dass die Situation eskaliert.

    Der Politik kommt die mediale Inszenie-rung blindwtiger Randale gerade recht,um die massiven Grundrechtsverletzungenim Vorfeld und die geplanten noch weiter-gehenden Einschrnkungen der Versamm-lungsfreiheit im weiteren Verlauf des G8-Gipfels vor der ffentlichkeit zu rechtferti-gen.

    Die Polizei bemht sich nach Krften, die-ses Bild noch zu verstrken: War unmittel-bar nach dem Einsatz noch von 140 ver-letzten Beamten die Rede, wurde schon amnchsten Morgen die Zahl von 450 ver-letzten Polizisten an die Presse lanciert.Nicht unwesentlich drfte fr diesen Zu-wachs die Tatsache sein, dass zwi-schenzeitlich bekannt wurde, dass als Fol-ge der Polizeigewalt weit ber 520 De-monstrantInnen zum Teil schwer verletzt

    wurden, darunter mehrere schwere Kno-chenbrche und Schdeltraumata.Offensichtlich zeigt das Einschchte-

    rungs- und Spaltungskonzept der polizei-lichen Einsatzkoordination Kavala zu-mindest insofern Erfolge, dass sich einzel-ne SprecherInnen von globalisierungskriti-schen Organisationen bemigt sehen, sich

    von Gewalt zu distanzieren - und damitnicht etwa die polizeilichen Ausschreitun-gen meinen. Die Rote Hilfe e.V. ruft alle Pro-testierenden dazu auf, solidarisch zusam-menzustehen, sich nicht in gute und b-se DemonstrantInnen spalten zu lassen

    und allen Versuchen entgegenzutreten, denlegitimen Widerstand gegen das Gipfeltref-fen zu kriminalisieren.Mathias Krause fr den Bundesvorstand derRoten Hilfe e.V., Gttingen,03.06.2007

    Demonstrierenist in Hamburg nichtmehr mglichPolizei schikaniert Proteste gegenASEM-Gipfel

    Mit Emprung hat die Rote Hilfe heute be-obachtet, dass die Hamburger Polizei wiedereinmal bewusst das Recht auf Demonstrati-onsfreiheit aushhlt und Menschen bei ihremRecht auf freie Meinungsuerung behindert.Eine Demonstrationszug von rund 6000 Glo-balisierungsgegnern wurde in seinem Verlaufso heftig schikaniert und angegriffen, dassdie Leitung der Demonstration um 17 Uhr be-schloss, die Veranstaltung deutlich vor demgeplanten Ende aufzulsen.

    Um 12 Uhr hatten sich die Demon-strationsteilnehmer auf dem Heiligen-geistfeld versammelt, um gegen denASEM-Gipfel in Hamburg zu protestie-ren. Von Beginn an begleitete ein mehr-reihiges Polizeispalier den Demonstrati-onszug. Diese im Polizeijargon einsch-lieende Begleitung genannte Manah-me sorgt nicht nur fr eine martialischeDrohkulisse. Sie trennt auch die Demon-strierenden physisch von der ffentlich-keit.

    Es ist uns ein Rtsel, wo die Polizei die2000 gewaltbereiten Globalisierungs-gegner herfantasiert hat, die angeblichTeil der Demonstration sein sollten, mit

    der sie dieses Vorgehen rechtfertigt. Ent-gegen allen ffentlichen Ankndigun-gen, das Recht auf friedliche Proteste ge-gen den G8-Gipfel und andere Veran-staltungen zu respektieren, zeigt so einePolizeistrategie, dass diese Aussagen nurSonntagsreden sind. Der Verlauf der De-monstration besttigte dies: Immer wie-der wurde der Demonstrationszug mit dem Verweis auf vermeintliche Auflagen ange-halten (beispielsweise wegen der angeblichzu langen Seitentransparente) und seine Teil-nehmer wurden daran gehindert, die ffent-lichkeit ber ihre politischen Anliegen zu in-

    formieren. Dabei kam es auch zu mehrerenbrutalen Festnahmen.Allzu sehr wollte die Polizei sich dabei nicht

    ber die Schulter schauen lassen: Menschen,die die bergriffe der Polizei mit den Foto-

    kameras in ihren Mobiltelefonen dokumen-tieren wollten, wurden die Handys abge-nommen. Auerdem versuchte die Polizeimehrfach, die ohnehin vom Verwaltungsge-richt stark beschrnkte Demonstrationsroutenoch weiter einzuschrnken.

    Die Demonstrationsleitung entschloss sichschlielich zum vorzeitigen Abbruch der Ver-anstaltung. Ein Grund waren die fortlaufen-den Versuche der Polizei, die Demonstrieren-

    den zu provozieren und dazu zu bewegen, dieallem Anschein nach lang erwarteten Ge-walttaten zu begehen. Unter diesen Bedin-gungen weiter zu demonstrieren, erschienden Veranstaltern vor allem vor dem Hinter-grund sinnlos, dass die Demonstration nur inmenschenleeren Straen fernab der politi-schen Entscheidungstrger, die erreicht wer-den sollten, stattfinden konnte.

    Nach Beendigung der Veranstaltung setz-te die Polizei gegen die abziehenden Teil-nehmer der Veranstaltung und Unbeteiligteauf dem Heiligengeistfeld ohne erkenntlichenGrund Wasserwerfern ein. Noch Stunden sp-

    ter machten Polizisten Jagd auf vermeintli-che Demonstrationsteilnehmer im Schanzen-viertel und in der Innenstadt und nahm da-bei etliche Menschen fest.

    Es ist nicht hinzunehmen, dass die Ham-burger Polizei durch ihr massives und ge-waltttiges Auftreten Menschen daran hin-dert, ihr Recht auf freie Meinungsuerungwahr zu nehmen. Genau das ist aber seit Wo-chen ihre Strategie. Erst gestern hatte die Po-

    lizei 65 Teilnehmer einer Reclaim the Stre-et-Demonstration in Altona festgenommen.Einige sollen den Verkehr behindert haben,andere angeblich an nicht genehmigten Ver-sammlungen teilgenommen haben. Solchefadenscheinige Nichtigkeiten reichen inzwi-

    schen aus, um unter anderem zwei 14-jhri-ge fr mehrere Stunden in Gewahrsam zunehmen, mehrere Frauen auf der Polizeiwa-che zu zwingen, sich auszuziehen und gegenfnf Menschen ein zweiwchiges Aufent-

    Bilder: indymedia

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    Auf der Rostocker Grodemo Eine andereWelt ist mglich am 2. Juni, dem 40. To-destag Benno Ohnesorgs, konnte diese Re-de des Netzwerks Freiheit fr alle politi-schen Gefangenen auf Grund des brutalenPolizeieinsatzes nicht zu Ende gehalten wer-

    den. Aus diesem Grunde dokumentieren wirdiesen Beitrag. (W.)

    Solidaritt ist unsereWaffe!Heute jhrt sich der 40.T odestag BennoOhnesorgs, der anlsslich einer Demon-stration gegen den Schah aus Persien am2. Juni 1967 erschossen wurde. Der Poli-zist, der die ttenden Schsse auf Bennoabfeuerte, hie Kurras.

    Der Berliner Senat und die Springer-presse rechtfertigten diese Tat.

    Logisch und konsequent ist aus herr-schender Sicht, dass der Polizist Kurraswegen der Erschieung Benno Ohnesorgsfreigesprochen wurde.

    Geschichte wiederholt sichIm Sommer 2001 wurde Carlo Giulianiwhrend der Anti-G8-Proteste in Genua

    von Polizisten erschossen. Auch hier wur-den DemonstrantInnen eingeknastet, unddie Regierung und ein groer Teil der Me-

    dien rechtfertigten die Erschieung Car-los.Folglich laufen die italienischen Polizi-

    sten noch frei herum.

    Repression ist Teil globalerHerrschaftssicherung

    Was die beiden Morde eint, ist der staatli-che Versuch, radikalen Widerstand einzu-schchtern und wenn mglich zu zer-schlagen. Doch die Palette der Herrschen-den ist lang. Sie erstreckt sich von Bespit-zelung ber Gefangenschaft bis hin zu Fol-ter und Mord.

    So gibt es wie berall auf der Welt auchhier in der BRD Dutzende politische Ge-fangene aus den verschiedensten Kmp-fen. Einige davon, wie Christian Klar, seitber 24 Jahren inhaftiert. Neben ihm noch

    weitere 2 ehemalige Militante der RAF ein-geknastet. Die groe Zahl politischer Ge-fangenen mit migrantischem Hintergrundin der BRD, vor allem der trkischen undkurdischen GenossInnen verdeutlicht, wieweit auch auf diesem Gebiet die so ge-nannte Globalisierung voranschreitet.

    berall auf der Welt gibt es politischeGefangene, die gegen die imperialistischeGlobalisierung kmpften und kmpfen.

    Diese Gefangenen sind alle weggesperrt,weil sie sich von ihrer Geschichte nicht di-stanzieren:

    Kollektivitt als AntwortGerade die Kriminalisierungsversuche ge-genber der Protestbewegung gegen denG8 durch BKA und Bundesanwaltschafthaben gezeigt, wie wichtig Solidaritt undeine kollektive Antwort sind. Diese Soli-daritt auf internationalistischer Basismuss gerade auch unseren Gefangenengelten und sie als aktiven Bestandteil un-serer Bewegung begreifen und unterstt-

    zen.Zuletzt wollen wir noch darauf hinwei-

    sen, dass sich im Herbst der Todestag un-serer GenossInnen Andreas, Gudrun undJan im Knast in Stuttgart Stammheim zum30. Mal jhrt. Wir rufen Euch auf: Ver-haltet euch dazu auf lokaler Ebene und or-ganisiert und untersttzt Aktivitten da-zu. Achtet auf Ankndigungen aufwww.political-prisoners.net !

    Solidaritt mit den Gefangenen aus derRAF, Action Directe, der DHKP-C, der PCP-M, den Roten Brigaden, der Grapo! Soli-daritt mit den Gefangenen aus der bas-kischen Linken und den lateinamerikani-schen Befreiungsbewegungen! Solidarittmit allen gefangenen Revolutionrenweltweit!

    Die Revolutionren Gefangenen sindunsere Wrde! Freiheit erkmpfen!

    Fr einen kmpferischen Anti-G8-Wi-derstand!

    Netzwerk fr die Freiheit de politischen Ge-fangenen

    Italien

    Erklrung einigerGenossInnen

    2007-05-28Wir, einige Verhaftete des 12. Februar2007, mchten einige Bemerkungen zu denUmstnden machen, die zu unserer Verhaf-

    tung gefhrt haben. Diese Erklrung mch-te, auer Zeugnis der von uns jetzt erlebtenErfahrung, auch ein Beitrag zum Kampfsein, den alle kommunistischen und anar-chistischen GenossInnen alltglich fhren.

    Die repressive Welle, die uns mit 15 Verhaf-tungen, 80 Durchsuchungen und einer bei-spielslosen Kriminalisierungskampagne derMedien getroffen hat, ist durch eine Lage dernationalen und internationalen politischenKrise charakterisiert und hat sie notwendiggemacht.

    Die Regierung Prodi, in Kontinuitt mit

    der vorhergehenden, ist wieder einmal Pro-tagonistin in einem internationalen Kriegs-szenario: Wer bis letztes Jahr noch die Frie-densfahnen in den Umzgen gegen diekriegstreiberische Logik schwang, setzt sichjetzt an die Spitze der Neufinanzierungspo-litik der Besatzungsauftrge wie der in Af-ghanistan. Ganz abgesehen von der totalenUnterwerfung unter die Amerikaner, wasden Bau eines neuen Sttzpunktes in Vi-cenza mit sich bringt. Die Folgen sind un-mittelbar: ihr Haushaltsplan saugt uns Ar-beiterInnen gar 3257 Millionen Euro Inve-stitionen fr die militrischen Ausgaben aus,mit dem dazu gehrenden Angriff auf un-sere Rechte und Lebensbedingungen. Sofortenthllten sich die Wahlkampagneverspre-chen des Rckzugs unserer Truppen, der Ver-nderung der Legge Biagi, der Schlieungder CPT (Ausschaffungslager) usw. als Be-trug. Im Gegenteil, die Prekaritt bleibtconditio sine qua non fr jene, die heutein der Arbeitswelt stehen mssen, sie ver-mehren die Steuern, die Toten auf den Ar-beitspltzen, die Angriffe auf Rente und Ge-

    Informationsveranstaltung des Netzwerks fr die Freiheit der politischen Ge-fangenen im Rahmen des Tags der revolutionren Gefangenen am 19. Juni

    Revolution und Konterrevolution in Italien

    TeilnehmerInnen: SRI/Schweiz (Rote Hilfe International/Schweiz)

    Zum Thema Geschichte der revolutionren Bewegung in Italien, die Brigatte Ros-se, die revolutionren Gefangenen und die aktuelle Situation hinsichtlich der Re-pression gegen die PCP-M (Politisch-Militrische Kommunistische Partei)

    Anti-G8-Bndnis fr eine revolutionre PerspektiveAktuelles zum Thema G8 und Repression

    18.6. um 19 UhrKATO, Im U-Bhf. Schlesisches Tor, 10997 Berlin-Kreuzberg

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    sundheitsversorgung.Das alles hat die Regierung dazu gebracht,

    ihre Zukunft immer mehr in Gefahr zu se-hen: der reformistische Flgel jener, die vor-her gegen den Krieg waren und sich als Ver-teidiger der Interessen der Massen aufspiel-ten (Gewerkschaften, Rifondazione, usw.)werden nach und nach entlarvt. Die Arbei-tenden sind immer enttuschter und mer-ken, dass es in dieser Gesellschaft keine Re-

    gierungen gibt, die ihre Interessen bescht-zen knnten. Angesichts dieser Tatsache vermehren

    sich in Italien die Mobilisierungen, immerentschlossener und radikalisierter: von FIATbis zu den Kmpfen um den Gesamtarbeits-vertrag der MetallarbeiterInnen mit Schie-nen- und Straenblockaden, von denPrekren von Atesia in Rom bis zum Kampfin Vicenza gegen den US-Sttzpunkt Hochgeschwindigkeitszge, Alitalia, Prote-ste gegen Bertinotti oder verschiedene Ge-werkschafter

    Es besteht also die Gefahr, dass sich revo-

    lutionre Projekte verbreitern; der Refor-mismus hat sein wahres Gesicht gezeigt unddie Massen begreifen, dass er keinen Aus-weg aus der Angriffspolitik gegen die Le-bensbedingungen darstellt, im Gegenteil!Linke regierungsbeteiligte Parteien verlie-ren den Konsens der Basis und die Gewerk-schaften haben immer mehr Mhe, die Pro-teste der ArbeiterInnen zu bremsen.

    So wurde also einerseits die reaktionreMobilisierung notwendig, der fr ihreDrecksarbeit immer mehr Legitimation zu-gesprochen wird und die das Ziel der Spal-tung der Massen sowohl auf der inneren (umdie Klassensolidaritt zwischen den italieni-schen ProletarierInnen und den Immigran-tInnen zu brechen) als auch der ueren (dieSolidaritt mit den Vlkern brechen, dieZielscheibe imperialistischer Aggressionensind) Front hat. Diese Drecksarbeit konkre-tisiert sich mit den Aggressionen (siehe dasangezndete Nomadenlager in Opera), dieJagd auf ImmigrantInnen, die Morde an denGenossen (Dax und Renato) und die xeno-phobe, sexistische und antikommunistischePropaganda der Neofaschisten und der Me-dienkampagnen, um die Gleichung Immi-grant = Terrorist herzustellen. Andererseitsmussten sie gegen Einzelne und kommuni-stische Zusammenhnge, die schon immerdie Gaunereien der Herrschenden verurtei-len, hart zuschlagen: auf den Arbeitsplt-zen, wo sie sich dem Angriff auf die Arbei-tenden seitens einzelner Unternehmer oderder Manver der Regierung (Renten, Art. 18,Finanzplan, Gesetz Biagi, usw.) entgegen-stellen; in den verschiedenen Sozial- oderDokumentationszentren, also jenen Zusam-menhngen, welche die unter Krisenzwangkriegstreiberisch gefhrte Politik, die Re-pression und die bergriffe, denen die Mas-

    sen seitens der Gemeinderte (Sozialwoh-nungspolitik) oder der verschiedenen Regie-rungen ausgesetzt sind, verurteilen.

    Es wurden GenossInnen getroffen, die un-ter den Leuten leben und fr ihre Standfe-

    stigkeit anerkannt sind, mit der sie ihre Idea-le voranbringen. Es ist kein Zufall, dass dieangegriffenen Zusammenhnge, auf die sichdie GenossInnen bezogen, in einer Phasewaren, in der immer mehr Leute zusam-menkamen. Weil sie in der institutionellenPolitik keine Alternative sehen, setzen im-mer StudentInnen, ArbeiterInnen und Pro-letarierInnen auf Selbstbestimmung und ei-genstndige Organisierung. Es ist auch kein

    Zufall, dass wir in Isolation gehalten wer-den, als Besttigung der Angst davor, dasswir mit anderen Gefangenen sprechen knn-ten. Ebenso wenig Zufall sind die Attackender Medien, die zum Ziel haben, um uns her-um und den miteinbezogenen Zusammen-hngen eine Art verbrannte Erde herzustel-len. Die Besttigung ihres Willens, uns zuschwchen und einzuschchtern, ist die Tat-sache, dass gegen viele von uns keinerlei Be-weise vorhanden sind, und der Einsatz des Vereinsbildungsartikel (z.B. Bildung einersubversiven und terroristischen Vereini-gung).

    Wir sind KommunistInnen, und das machtihnen Angst, denn wir haben die Unterord-nung der italienischen Regierungen unterdie imperialistische Politik der USA immerangeprangert. Diese fhrt sie dazu, Ver-bndete in allen Friedenseinstzen oderAntiterroreinstzen zu sein und ihnen wieein treuer Hund in die verschiedenen Ge-genden der Welt zu folgen, in der Hoffnung,etwelche lquellen oder etwelche Gebiete zuerhalten, wo billige Arbeitskraft ausgebeu-tet werden kann.Wir stren, weil wir sagen, dass, um die

    Truppenkontingente, wie fr die verschie-denen Militrausgaben mit immer mehrSteuern und Angriffen auf unsere Rechteeingedroschen wird. Wir stren, weil wir be-haupten, dass der einzige Ausweg fr dieMassen jener ist, sich eigenstndig im Kampfgegen diese Angriffe zu organisieren, auer-halb von Parteien oder institutionellen Ge-werkschaften, deren Ziel die Eindmmungund Erstickung der Mobilisierung ist.Wer auch heute die edlen Werte der Resi-

    stenza noch nicht vergessen hat, hat sichernicht vergessen, dass sie als Banditen be-zeichnet wurden. Wer heute noch entschie-den ist, gegenber der Ausbeutung nichtgleichgltig und folglich nicht ihr/e Kom-plizIn zu sein, kann es nicht zulassen, alsTerroristIn gebrandmarkt zu werden. UnserKampf ist, und war immer, ein ehrlicherKampf auf der Seite jener Leute, die vom Ka-pitalismus mit Fen getreten wurden undihre Rechte einfordern. Wir weisen die An-klage, wir seien TerroristInnen, zurck, weildie wahren TerroristInnen jene sind, die dieVlker, Frauen, Mnner und Kinder mit de-leted uranium bombardieren.

    Die wirklichen TerroristInnen sind dieKomplizInnen der vielen Ttungen am Ar-

    beitsplatz durch mangelnde Sicherheitsvor-kehrungen, die, die das Volk aushungern,und es sind jene, die den Faschismus reha-bilitieren, um den mrderischen und demSystem ntzlichen Rechtsextremen institu-

    tionelle Bewegungsfreiheit zu gewhren.Am 12. Februar haben die wirklichen Ter-

    roristInnen, wie in anderen Fllen auch, Stu-dentInnen und proletarische ArbeiterInnenverhaftet, deren Schuld die Bekennung zumRecht ist, gegen die Prekaritt, die Hunger-lhne, die gewerkschaftlichen Schummelei-en, die imperialistischen Kriege und den Fa-schismus zu kmpfen. Dieser Angriff ver-wundert uns nicht und schwcht uns auch

    nicht, es gibt viele neue GenossInnen, dieunsere Pltze einnehmen werden, die auchdank der Erfahrung, die wir jetzt erleben,wachsen, die uns durch ihre Solidaritt str-ken.Solidaritt fr alle gefangenen Genossin-nen und GenossenUnser Kampf geht weiter!Einige Verhaftete des 12. Februar

    Risn McAliskey er-neut von AuslieferungbedrohtAm 21.Mrz 2007 wurde Risn McAliskey,die Tochter der bekannten irischen Brger-rechtlerin und Sozialistin Bernadette McA-liskey, aufgrund eines deutschen Ausliefe-rungsantrages im Norden Irlands verhaftet.Ihr wird vorgeworfen, als Mitglied der Iri-schen Republikanischen Armee (IRA) im Ju-ni 1996 an einem Anschlag auf eine britischeKaserne in Osnabrck beteiligt gewesen zusein.

    Zur Vorgeschichte:

    Risn wurde am 20. November 1996 von dernordirischen militrischen Bullerei Royal Ul-ster Constabulary (RUC) festgenommen.Trotz ihrer Schwangerschaft brachte man sieins berchtigte Verhrzentrum Castlereagh inBelfast, wo sie z.T. 15 Stunden am Tag ver-hrt und gefoltert wurde. Es gab auch nachsechs Tagen keine Anschuldigung.Aufgrund eines Auslieferungsantrages der

    Bundesanwaltschaft in Karlsruhe kam sie

    nach London zwecks Auslieferungshaft, oh-ne dass ihre Familie oder Anwlte benach-richtigt wurden. Risn soll im Juni 1996 aneinem Anschlag auf einen britischen Militr-sttzpunkt in Osnabrck beteiligt gewesensein. Die einzigen Beweise: ein Stck Pla-stikfolie an einem nicht nher definierten Ort,das neben vielen anderen Fingerabdrckenzwei aufweist, die denen von Risn hnlichsind. Und ein Zeuge, der sie nach Auskunftder Polizei erkannt hat; in der ARD-SendungKontraste vom 27.Mrz 1997 dies aber be-stritt.

    ZeugInnen haben ausgesagt, dass sie Risn

    in der fraglichen Zeit in Irland gesehen ha-ben. Sie selbst sagte, sie sei nie in Deutsch-land gewesen.

    Trotz einer angebotenen Kaution in Hhevon fast einer Million D-Mark wurde der An-

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    trag auf Haftverschonung immer wieder ab-gelehnt. Die Bundesanwaltschaft hat sichnicht darum geschert, dass Risn unterRheuma, Asthma und Depressionen litt.

    Erst nach starkem internationalen Druck von verschiedenen Organisationen, der iri-schen Regierung und Einzelpersonen wurdeRisn in ein Gefngniskrankenhaus verlegt,wo im Mai 1997 ihre Tochter geboren wur-de. Am 3.Juni 1997 entschied das Gericht,

    dass die beiden gegen Kaution nicht mehr inden Knast mssen. Risn litt schwer an post-natalen Depressionen. Erst im Mrz 1998wurde die Auslieferung vom britischen In-nenminister Jack Straw aus gesundheitlichenGrnden abgelehnt.

    Es ist vllig unverstndlich - auch fr dieFreundInnen und Verwandten in Irland -,warum jetzt nach 10 Jahren dieses Ausliefe-rungsersuchen von Deutschland aus gestar-tet wird. Sie haben Risn 10 Jahre lang inRuhe gelassen. Seitdem lebt sie mit ihrenmittlerweile zwei Kindern in Coalisland undstellt keine Gefahr dar - wie es so schn im

    Rechtsjargon heit.Selbst wenn man eine Verbindung mit der

    allgemeinen Hetze hier gegen RAF und G 8-GegnerInnen zieht - was hat Deutschland da-von? Es gibt auch keine Forderungen seitensder Familien der Opfer hinsichtlich der Er-fassung der Tter.

    Damals wurde angenommen, die Britenund die RUC wollten spte Rache nehmen anihrer Mutter, der kmpferischen Brgerrecht-lerin. Das knnte auch heute noch der Fallsein. Bernadette ist immer noch politisch ak-tiv, ihre Veranstaltungen brechend voll. Siehat eine sehr kritische Einstellung zu der Artund Weise, in der dieser Friedensprozess ab-luft. Was knnte das eventuelle Interesse der

    BRD an einer Auslieferung sein? Der zustndige Mensch der Bundesanwalt-

    schaft war 1996 ein Herr More, wie auchschon ein paar Jahre vorher beim Prozessder beiden Gerrys in Dsseldorf (Vorwurfebenfalls: IRA-Anschlag).

    Schon damals wollte Herr More eine Ver-urteilung der IRA in Deutschland. Damit ister nicht durchgekommen, da das Gerichtfestgestellt hat, dass die IRA nicht von der

    BRD aus operiert. Es gab damals auch den Verdacht, dass sichdie BRD innerhalb der EU besonders her-vortun will auf dem Gebiet der Terroris-mus-Bekmpfung, dass sie die Macht ist,die gegen den internationalen Terroris-mus kmpft (Fhrungsrolle).Das Perfide am europischen Ausliefe-

    rungsrecht ist ja, dass es Grundrechte aushe-belt und eine moderne Form der Internierungohne Gerichtsverhandlung ermglicht. Selbstder Haftrichter, der mit Risns Fall beauf-tragt wurde, fand diese Situation so seltsam,dass er nachfragte, welches denn der nied-

    rigste Kautionssatz sei, den er verlangen ms-ste. Er verhngte dann eine Kaution von nur500 Pfund. Risns Mutter Bernadette undihr Mann Michael mussten noch fr weitere1000 Pfund brgen, aber nicht zahlen.

    Am 6.Juni 2007 findet das Auslieferungs-verfahren statt. Wahrscheinlich wird sich erstdann zeigen, was bzw. wer dahinter steckt.Renate Dhr, Irlandgruppe Omega Berlin

    Und bis immer,Eva Forest!In einem der vielen Nachrichten, die manheutzutage in Rahmen der Kommunikati-onsmitteln und deren berfluss mit Erstau-nen entdeckt, ist die Mitteilung, dass Eva Fo-rest gestorben ist. Trnen kommen in meine Augen, ich kannte Eva Forest persnlich.Durch einen Besuch von Internationalisten/-innen in Rahmen eines Kongresses der Bas-kenlandsolidaritt haben wir Eva Forest undAlfonso Sastre in ihrem Haus in Hondarribiabesucht. Im gleichen Haus, wo sie eines vonihren Lebensprojekten, den Verlag HIRUdurchgefhrt haben. In diesem Haus, wo sie

    seit ihrer Wahl wohnten, von Madrid ins Bas-kenland zu ziehen, damals, 1976, als sie ausdem Gefngnis von Yeserias herauskam.

    Eva Forest war und ist bis zu ihrem durcheinen Tumor verursachten Tod im Alter von79 Jahren eine Kmpferin. Sie hat an die Re-volution geglaubt, sie hat Solidaritt als Le-bensbegriff verstanden.

    Viele lernten Eva Forest kennen durch ihrEngagement gegen Folter. Sie grndete mitden Verein TAT (Torturaren aurkako Taldea)und weitere Kommissionen, sie hat selbst dieFolter an eigenem Leib gekannt. Eva Forestkannte ausdrcklich die Repression in der

    Franco-Zeit. Gefngnis, Folter, Exil. Am ei-genen Leib und dem ihres Lebenspartners.Seit 50 Jahre gehen Eva Forest und AlfonsoSastre, auch bekannter Intellektueller undTheaterschriftsteller, einen gemeinsamenWeg. Beide kmpfende Linke, beide [haben]unter Repression gelitten. Ende der 70 Jah-ren beschlieen die in Madrid lebenden In-tellektuellen, ins Baskenland zu ziehen, wosie eine Mglichkeit fr die Revolution desLebens sehen.

    Eva Forest hat sich ber die ganzen Jahrein der Pro-Amnistia-Bewegung engagiert,hat den Feminismus gelebt, gegen Folter

    gekmpft, Cuba geliebt und untersttzt, da-mit auch die neue Prozesse in Venezuela undBolivia, leidenschaftlich hat sie das Volk inIrak vor dem Krieg verteidigt. In Deutschlandprsent auch durch ihre klare Haltung fr die

    Rechte der politischen Gefangene und be-kannt als Verfasserin des Buches OperationMenschenfresser, das den Anschlag gegenFrancos rechte Hand Carrero Blanco be-schreibt.

    Eva Forest ist gegangen. Ihre Asche wurdeins Meer verbreitet, in Begleitung von Ver-tretern der linken Politik, der Menschen-rechtsorganisationen, von Diplomaten ausCuba, Vertretern der Intellektuellen Vereini-

    gung fr den Frieden und vor allem in Be-gleitung von vielen Freunden und Freundin-nen jeden Alters, die dem Leben und demKampf von Eva Forest ihre Anerkennung zei-gen wollten.

    Ich widme auch diese Worte und eine Lie-beserinnerung an Eva Forest.Isa Marin

    Nathalie Mnigonhtte am 22. Mai das Gefngnis

    von Bapaume verlassen sollen!!! Zur

    aktuellen Situation

    Die Staatsanwaltschaft hat gegen die Ent-scheidung des Freigngerstatus von Natha-lie Mnigon Berufung eingelegt. Nathaliewird also das Gefngnis von Bapaume am22. Mai nicht verlassen, wie von einigen Me-dien flschlicherweise gemeldet wurde. Die

    Verbissenheit des Staates in Bezugauf die Gefangenen aus Action Di-recte manifestiert sich in dieserweiteren Herauszgerung vonHafterleichterungen. Am Donnerstag, den 10. Mai,

    entschied der fr Terroristendos-siers zustndige Haftrichter, dassNathalie Mnigon am 22. Mai dasGefngnis von Bapaume verlas-sen sollte. Diese Entscheidung freinen Freigngerstatus htte fol-gendes bedeutet:

    Es geht nicht um eine Freilassung, son-dern um eine Vernderung der Haftbedin-gungen, die die Mglichkeit einer Freilas-sung auf Bewhrung in frhestens einemJahr erffnet.

    Nathalie htte in ein anderes Gefngnisverlegt werden sollen, von dem aus sie vonMontag bis Freitag einer Arbeit auerhalbhtte nachgehen knnen. Jeden Abendsollte sie ins Gefngnis zurck. Jede Ver-zgerung der abendlichen Rckkehrknnte als Fluchtversuch gewertet wer-den.

    Die Wochenenden sollte sie im Gefngnisverbringen Ausgnge auf Antrag.

    Nathalie sollte ein absolutes Verbot f-fentlicher politischer uerungen aufer-legt werden. Das htte ihr die Mglichkeitgenommen, sich weiterhin fr ihre gefan-genen GenossInnen einzusetzen.

    Diese restriktiven Bedingungen nachzwanzig Jahren Haft sind der Staatsanwalt-schaft offensichtlich immer noch zu milde.

    Der Kampf um die Freilassung der Genos-sInnen aus AD geht weiter!

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    Belgien

    Kein Ergeben keine LhmungAm 24. April 2007 verurteilte das Gericht vonDendermonde (Belgien) unseren GenossenGeert Waegemans zu einem Jahr Haft wegenKrperverletzung eines Polizeibeamten und

    Widerstand gegen die Staatsgewalt. Geertwar whrend der Urteilsverkndung nichtanwesend, der Richter hatte sofortigen Arrestangeordnet.

    Im Schatten des demokratischen Staatesund seiner Medien ist eine Diskussion berFakten nicht mglich. Ihre Realitt ist nichtdie unsere, und das zeigte sich wiederwhrend des Prozesses. Am 28. Juni 2005 warin Dendermonde eine Solidarittsdemonstra-tion fr zwei Genossen, die wegen der Zer-strung von Scheiben eines Fastfoodrestau-rants und eines Pelzladens vor Gericht stan-den. Auf klares Betreiben des Staatssicher-

    heitsdienstes wurde Geert whrend der De-monstration visiert (das stellte sich auch an-hand der Aufzeichnungen des Gerichts raus).Die Polizei ergriff die Gelegenheit, mobili-sierte massiv (mit einem speziellen Eingreif-trupp, Hubschrauber etc.), und nach wenigenZusammensten wurden 17 Demonstrantenverhaftet. Die meisten wurden nach 12 Stun-den entlassen, nicht ohne sie zuerst in derDunkelheit der Zellen zu bedrohen undschlecht zu behandeln. Drei Genossen - Ge-ert, Joppe und Olivier - wurden angeklagtund nach 16 Tagen vorlufig entlassen. Nachmehr als zwei Jahren des Rechtszirkus fielletzte Woche das Urteil: Geert wurde zu ei-nem Jahr Knast ohne Bewhrung und Joppeund Olivier zu einem Jahr, wobei 6 Monateohne Bewhrung sind, verurteilt. Alle legtengegen das Urteil Berufung ein. Keiner der dreiGenossen ist derzeit im Gefngnis.

    Dieser Prozess zeigte erneut, wie der StaatFakten kreiert und selektiert, damit es ihm ambesten passt. Geert wurde gefasst, weil er alsAnarchist aktiv in der anarchistischen Bewe-gung ist, und dies auch nach seiner frherenVerurteilung. Geert war im April 2003 nach2,5 Jahren Haft auf Bewhrung entlassen

    worden. Die Gesamtstrafe lautete eigentlich5 Jahre fr eine Serie von Brandanschlgenauf Fastfoodrestaurants und auf die Infra-struktur der fleischverarbeitenden Industrie.Der Staat kann die Strafe in Dendermondenun nutzen, um ihn die aus der frheren Ver-urteilung verbleibenden 2,5 Jahre absitzen zulassen.

    Medien und Justiz lieen es nicht bleiben,durch Jonglieren mit Abkrzungen undAkronymen eine mgliche Ausweitung desanarchistischen Kampfes aufzuzeigen, indem sie so z.B. Organisationen zu identifi-zieren glauben, um dann besser zuschlagen

    zu knnen. Mit Unterdrckung versuchen sieden Kampf gegen Gefngnisse und IHRE Weltzu lhmen, attackieren Solidarittsgruppenwie Anarchist Black Cross und andere.

    Geert gehrt nicht in diese Gesellschaft,

    sagte der Staatsanwalt whrend des Prozes-ses. Tatschlich, Geert und all die, die gegenden Staat, seine Gefngnisse und seine Ge-richte kmpfen, gehren nicht in diese Ge-sellschaft. Repression soll diesen Kampf bre-chen und den Einzelnen, der kmpft, isolie-ren. In diesem Sinne, die Repression gegeneinen von uns richtet gegen uns alle.

    Sollten die Damen und Herren Richter den-ken, wir geben einfach so auf, dass wir sie ei-

    nen Genossen aus unserer Mitte nehmen las-sen, wird unsere Solidaritt das Gegenteil zei-gen. Solidaritt ist fr uns keine therapeuti-sche Aktivitt, sie ist ein wesentlicher Teil inunserem Leben als AnarchistInnen. Die Aus-weitung unserer Revolte ist die einzige Ant-wort auf die Prozesse und Urteile des Staa-tes. Daher liegt es an uns, Mglichkeiten undWege aufzuzeigen.Freiheit fr alle GefangenenFr die Anarchie

    Anarchist Black Cross Antwerpen Anar-chist Black Cross Gent 4.Mai 2007

    Ongietorria Juanra,wir freuen uns mit dir!

    Juan Ramn Rodri-guez Juanra - kamam 14. Mai aus demGefngnis La Zuera inZaragoza frei. VieleFreunde und Freund-innen samt Familien-angehrigen erwarte-ten ihn dort, um mitihm nach Barcelonazu fahren, wo abendsschn gefeiert wurde.

    Juanra ist in seinerStadt Barcelona gut

    bekannt. Dort hat er gelebt, dort hat er Mu-sik gemacht, dort hat er gekmpft. Bis zumSommer 2001, als er wohl wissend, dass diespanische Polizei hinter ihm her ist, die Stadtverlsst. Januar 2002 wurde er in Amsterdamfestgenommen und nach 5 Monaten nach

    Spanien ausgeliefert.Die spanische Justizbehrden hatten gegenJuanra den Vorwurf erhoben, die bewaffne-te Organisation ETA untersttzt zuhaben. In Amsterdam hie noch derGrund der Auslieferung Mitglied-schaft, konspirative Untersttzungdes Mordes und Informationsver-mittlung. Gemeint sind in diesem Falldie Organisation ETA und die Infor-mationen wren ber Neonaziinfra-struktur in Katalanien.

    Mit dem Urteil der Untersttzungbekam Juanra 5 Jahre Haft, die er

    jetzt vollendet hat.In dieser Zeit besuchte er mehrereGefngnisse. Am lngsten sa er inValladolid und jetzt zuletzt in Zara-goza. ber seine Haftbedingungen

    sagt Juanra, er habe 23 Stunden am Tag ein-geschlossen verbracht, eine Stunde durfte erzum Hof, 4 x 3 m, immer allein.Alle seine Briefe, alle Anrufe wurden kon-

    trolliert, wer ihn besuchen wollte, kam aufeiner Liste und wartete, bis die Entscheidunggetroffen wurde. Ein Mal in der Woche be-kam er Besuch, wenn die Familienangehri-gen aus Barcelona kamen, durften sie aucheinen Doppelbesuch in Anspruch nehmen.

    Die einfache Sache, eine Zeitung zu bekom-men, dauerte im Fall der baskischen ZeitungGARA bis zu 6 Monaten juristischem Hin undHer.

    Juanra berichtete jetzt in einem Interviewalle diese Ereignisse, die sein Leben so be-stimmt haben. Bestimmend war aber auch,Teil des Kollektivs der baskischen politischenGefangenen zu sein. Als einer von ihnen er-lebte er mit Intensitt die Anstze fr Ver-handlungen, die letztem Jahr mit dem Waf-fenstillstand von ETA beginnen sollten. EineZeit, wo alles schnell lief, eine Phase vielerUngewissheit. Nach Juanras Bewertung hat

    dieser Prozess seitens der spanischen Regie-rung ausschlielich einen technischen Aus-druck gehabt, wo berlegt wird, wie die Ein-zelheiten zu regeln wren. Er sieht aber kei-nen Wille seitens der Regierung, den Konfliktzu lsen, indem man der baskischen Bevl-kerung die Mglichkeit zur Selbstbestim-mung gibt. Insofern versteht Juanra denKampf der Vlker um ihre Zukunft weiterhinals legitimen Kampf.

    Jetzt in diesen ersten Tagen drauen kon-zentriert sich Juanra darauf, die Strae neuzu betreten, die Leute zu treffen, die Drferund Stdte zu besuchen, Zeit fr seinen Sohnzu haben, fr seine Familie, die mit ihm zu-sammen seine politische Entscheidung mit-getragen hat und die viele und lange Reisenin die Gefngnisse erleiden musste.

    Juanra steht weiterhin zu seiner Entschei-dung der Kohrenz, auf dem Weg nicht auf-zugeben.

    Und Juanra kndigt uns an, auch auf sei-nem musikalischen Weg zu bleiben. Als Sn-ger der Musikgruppe KOP wird er nchstesJahr auf die Bhne kommen, auch wenn esnur fr ein Abschiedskonzert ist - oder viel-leicht fr mehr ...

    Jetzt sagen wir erst ONGIETORRIA, Will-kommen Juanra!Freundinnen und Freunde von Juanra

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    Nach Anhrung im Fall des US-ame-rikanischen Journalisten vergangene

    Woche sieht sein Anwalt gute Signa-le fr einen neuen Prozess. Ein Ge-sprch mit Robert R. Bryan, demHauptverteidiger aus: junge Welt Nr.116 vom 21. Mai 2007

    Am Donnerstag, den 17. Mai, fand vordem 3. Bundesberufungsgericht inPhiladelphia eine Anhrung darberstatt, ob Mumia Abu-Jamal ein neu-er Prozess gewhrt wird. Amy Good-man und Jun Gonzales, Grnder undModeratoren des New Yorker Radio-programms Democracy Now!, das

    ber das Pacifica Radio Network unddas National Public Radio landesweitin den USA ausgestrahlt wird, spra-chen einen Tag nach der Anhrungmit Abu-Jamals HauptverteidigerRobert R. Bryan.

    Mr. Bryan, was genau hat sich am Don-nerstag vergangener Woche vor dem 3. Bun-desberufungsgericht in Philadelphia zuge-tragen?

    In der mehr als zweistndigen Anhrungkonnten wir vor den drei Berufsrichtern un-sere schriftlich vorliegenden Berufungsan-trge mndlich begrnden und von denRichtern dazu befragt werden. Dieses Ge-richt ist das zweithchste gleich nach demObersten Gerichtshof der USA. Die Richterschienen unseren Argumenten mit Interes-se zu folgen. Es ging dabei vor allem umdas Todesurteil als solches, um rassistischeMotive bei der Auswahl der Geschworenenim Prozess 1982 und um das rassistische

    Verhalten und die Vorurteile des Prozes-srichters Albert Sabo.

    Worum ging es im Wesentlichen?

    Angesichts der Vehemenz, mit der dieStaatsanwaltschaft die Hinrichtung meinesMandanten durchsetzen will, ist gerade ei-ne Frage von groem Interesse: die Rechts-brche der Anklage und ihre Verste ge-gen die Verfassung. In der Anhrung ginges deshalb zu etwa 20 Prozent um das To-desurteil und zu 80 Prozent um den Vor-wurf des Rassismus gegen die Bezirks-staatsanwaltschaft von Philadelphia. Undnach ber dreiig Jahren, die ich nun mitTodesstrafenfllen befasst bin, kann ichrckblickend sagen, dass die Anhrung bei-spiellos war. Diese drei Richter, von denen

    wir natrlich noch nicht wissen, wie sieletztendlich entscheiden werden, warenber den Rassismus im Verfahren gegenmeinen Mandanten erkennbar tief besorgt.Das war deutlich zu sehen.

    Sie werfen der Justiz in Philadelphia vor,im ursprnglichen Prozess von 1982 gezieltschwarze Jurykandidaten von der Verhand-lung ausgeschlossen zu haben. Warum istdieser Punkt so wichtig?

    Der Oberste Gerichtshof der USA hat ge-rade in dieser Frage in den letzten Jahrenklar Stellung bezogen. 1986 gab es das er-ste Grundsatzurteil, wonach rassistischeMotive bei der Geschworenenauswahl einenVersto gegen die US-Verfassung darstellen.Und in Abu-Jamals Fall hat StaatsanwaltMcGill mit Zweidrittel seiner zulssigen Ein-sprche afroamerikanische Juroren abge-lehnt und nur in 20 bis 25 Prozent weie. Esgibt statistische Erhebungen, die dokumen-tieren, dass die Bezirksstaatsanwaltschaftvon Philadelphia in den 1980er Jahren unddavor in allen untersuchten Fllen genausoverfahren ist. Deshalb habe ich gestern vorden Richtern die zentrale Frage aufgewor-fen, ob Rassismus - Rassismus im Amt - indiesem Fall eine Rolle gespielt hat. Hoffenwir, dass die Richter diese Frage wie wir miteinem klaren Ja beantworten.

    Hugh Burns, der stellvertretende Bezirks-staatsanwalt, vertrat whrend der An-hrung die Meinung, Bundesrichter Wil-liam Yohn habe eine Fehlentscheidung ge-troffen, als er im Dezember 2001 das To-desurteil gegen Abu-Jamal in lebenslangeHaft umwandelte. Er htte sich laut Burnsder Entscheidung des Obersten Gerichtshofsvon Pennsylvania anschlieen mssen, derbereits vor Jahren festgeschrieben hatte, es

    habe 1982 keine fehlerhafte Rechtsbeleh-rung der Geschworenen gegeben. KnnenSie das nher erlutern? Auerdem denken

    ja viele, Abu-Jamal sei immer noch im To-destrakt.

    Das stimmt aber. Er ist immer noch imTodestrakt! Er befindet sich dort in einer

    Zelle, die kleiner ist als die meisten Ba-dezimmer. Und dort schreibt er seine Ko-lumnen, was phnomenal ist und wor-ber man ausfhrlicher sprechen sollte.

    Aber zu Ihrer Frage: Bundesrichter Yohnhat 2001 das Urteil umgewandelt, weilnach seinen Feststellungen der Prozes-srichter Albert Sabo das Todesurteildurch missbruchliches Vorgehen er-reicht hat. Sabo hat die Jury, bevor siesich zur Beratung zurckzog, instruiert,sie knne in ihrem Urteil ausschlielichdie Todesstrafe aussprechen, es sei denn,alle Geschworenen kmen einstimmig zu

    dem Schluss, dass bestimmte Umstndeein milderes Urteil erforderten. Nach die-ser Belehrung mussten die Geschwore-nen der Meinung sein, ein Todesurteilnur durch einstimmig beschlossene Ein-

    wnde abwenden zu knnen. Das ist aberkompletter Unsinn und widersprichtGrundsatzurteilen des Obersten Gerichts-hofs der USA. Deshalb entschied Bundes-richter Yohn, damals das Todesurteil auf-zuheben, und ordnete an, dass eine neueJury ber die Frage von Leben und Tod zuentscheiden habe. Die Anklage ging sofortdagegen in Berufung, weshalb das To-desurteil weiterhin Bestand hat, und meinMandant bis heute in der Todeszelle sitzt.

    Wie war der Verlauf der Anhrung am Don-nerstag?

    Staatsanwalt Burns durfte als Erster spre-chen, weil er 2001 auch zuerst Berufungeingelegt hatte. Die Bundesrichter unter-brachen ihn mehrfach, und es war ihnenanzumerken, dass es fr sie unbegreiflichwar, wie jemand der Meinung sein kann,dass das, was Richter Sabo damals im Pro-zess gemacht hatte, in Einklang mit der US-

    Verfassung steht. Nach Burns haben wir, dieVerteidigung, unsere Berufungsgrnde er-lutert. Uns geht es natrlich darum, dassunser Mandant nicht hingerichtet wird. Wirwollen einen neuen Prozess fr ihn und indiesem neuen Verfahren kann er nur frei-gesprochen werden. Ich mchte, dass ernach 25 Jahren endlich wieder zu seiner Fa-milie nach Hause zurckkehren kann.

    Wann rechnen Sie mit einer Entscheidungdes Gerichts?

    In den nchsten Monaten, aber es gibt lei-der keine Anhaltspunkte dafr, das genau-

    er vorauszusagen. Ich schtze, dass es 45bis 90 Tage dauern wird. Lassen Sie michin diesem Zusammenhang noch erwhnen,dass gestern Abend etwas passiert ist, dasich in all den Jahren in Hunderten von To-

    Die Richter waren ber den Rassismus imVerfahren gegen Mumia tief besorgt

    Demonstration am 17. Mai in Philadelphia

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    desstrafenverfahren noch nie erlebt habe:Das Gericht hat mir gestern Abend eine E-mail geschickt und mich gebeten, ein Trans-kript des Verhandlungsverlaufs der An-hrung zu beantragen. Es macht einengroen Unterschied, dass das gestern keinProzess vor einer Jury war, sondern einemndliche Anhrung vor drei Bundesrich-tern. Es ist vllig ungewhnlich, dass nacheiner Anhrung eine Niederschrift ange-

    fertigt wird. Die Richter wollen sich nun an-scheinend durch meinen Antrag, zu dem siemich aufgefordert haben, die Handhabe zur

    Anfertigung einer Niederschrift verschaf-fen und sich so selbst in die Lage versetzen,genau nachlesen zu knnen, was wir Ver-teidiger vorgetragen haben.

    Ist es nicht genauso ungewhnlich, dass dieRichter der schwarzen Brgerrechtsorgani-sation NAACP gestattet haben, in der An-hrung ihre bereits vor Monaten schriftlichbei Gericht eingereichte Petition, in der sieein neues Verfahren fr Mumia fordern,

    mndlich zu begrnden?Ja, sicher. Sie mssen wissen, dass ich

    nach bernahme des Falles vor etwa vier-einhalb Jahren sofort Kontakt zum NAACPLegal Defense Fund in New York aufge-nommen habe, weil diese Organisation frihre auerordentlich gute Arbeit bekanntist, insbesondere in Fllen mit rassistischenMotiven bei der Geschworenenauswahl.Christine Swarns hatte also gestern Gele-genheit, vor Gericht fr die NAACP zu spre-chen. Das Gericht war meinem Antrag ge-folgt und hatte ihr einige Minuten meinerRedezeit gewhrt. Nach mir sprach meineMitverteidigerin Judith Ritter, eine Jura-Professorin, die sich vllig auf die Frage derTodesstrafe konzentrierte. Dann sprach dieNAACP-Vertreterin, und ich rundete die Sa-che schlielich ab und sprach ein zweitesMal. Fr uns war es grandios, dass Christi-ne Swarns sprechen durfte, und fr unszeigt sich daran die ernsthafte Besorgnis,mit der das Gericht an den Fall herangeht.Sie scheinen den Fall von allen Seiten be-leuchten zu wollen, um am Ende die rich-tige Entscheidung zu treffen.

    Konnte Mumia Abu-Jamal der Anhrungbeiwohnen?Nein, leider nicht, weil das nur eine An-

    hrung war und kein Proze.

    Wei er, was in der Anhrung passiert ist?Ja, ich habe gestern Sbend lange mit ihm

    telefoniert. Sein Kommentar dazu war:Robert, du kennst meine Haltung dazu. DieLeute sollen begreifen, dass es bei der Sa-che nicht um mich geht. Hier geht es umalle Gefangenen in den Todestrakten dieser

    Welt. Es geht um alle politischen Gefange-nen dieser Welt. Und ich hoffe, dass eine

    positive Entscheidung in meinem Fall auchanderen helfen wird. Dieser bescheideneKommentar ist typisch fr Mumias Hal-tung.

    Was kann der Fall Ihres Mandanten IhrerMeinung nach bewirken, wenn wir dabei diede facto Nachrichtensperre in den kommer-ziellen Medien in Betracht ziehen?

    Die Berichterstattung in den kommerzi-ellen Medien war in der Vergangenheit sehrunterschiedlich. Ich habe mein Mglichesdafr getan, den Fall ffentlich zu machenund unsere Sicht des Falls zu verbreiten.Die Welt schaut auf diesen Fall. In Europa

    habe ich bei verschiedenen Gelegenheitenin Paris und in anderen franzsischen Std-ten gesprochen. Ich habe in England undauch in Deutschland gesprochen, zuletzt imJanuar vor zweitausend Leuten auf der Ber-liner Rosa-Luxemburg-Konferenz. Nachmeinen Vortrgen gab es immer stehendenBeifall, aber nicht wegen mir oder wegenMumia Abu-Jamal. Es zeigt sich an diesenReaktionen, dass die Weltffentlichkeit be-griffen hat, dass Mumia ein Symbol ist frden Kampf zur Abschaffung der Todesstra-fe.(bersetzung: Jrgen Heiser)

    Quelle: http://www.freedom-now.de/ne-ws/artikel336.html

    33 Jahre unschuldig im Gefngnis

    Freiheit frGary Tyler!Im Juli wird Gary Tyler 50 Jahre alt. Er istwegen Mordes verurteilt zu einer lebensln-ger Haftstrafe ohne die Mglichkeit, je frei-gelassen zu werden. Er war einst der jngsteInsasse im Todestrakt der USA. Mit 17 wur-de er in Louisiana zum Tode auf dem elektri-schen Stuhl verurteilt. Bei seinem ersten Be-rufungsverfahren stellte ein Bundesgerichtfest, dass Tyler kein faires Verfahren hatte,weigerte sich aber, ein neues anzuordnen. Alsdas Oberste Gericht der USA Louisianas To-desstrafengesetze fr verfassungswidrig er-klrte, wurde Tylers Todesstrafe aufgehobenund in Lebenslnglich verwandelt. Gegen-wrtig verbt er seine Haftstrafe im berch-tigten Angola-Gefngnis in Louisiana, einer

    ehemaligen Sklavenplantage, die nach demHerkunftsland der Sklaven genannt ist.1954 ordnete das Oberste Gericht der USA

    das Ende der Schulapartheid an, fortan durf-te es keine Schule mehr nur fr Weie geben.Nicht nur die Sd(Sklaven)staaten kmpftenjahrelang und mit allen ihnen zur Verfgungstehenden Mitteln gegen diese Entscheidung,sondern auch vermeintlich ,liberale Stdtewie Boston oder Detroit oder Richmond, Ka-lifonien.

    Mitte der 70er Jahre verlangten die Bun-desgerichte, dass die Schulbehrden endlichPlne zur Desegregation vorlegen. Aus-

    nahmslos hie dass, Schler aus denschwarzen Stadtteilen mit Bussen durchweie Stadtteile in die Schulen zu fahren, wodie Busse meistens von einem weien rassi-stischen Mob, angefhrt von den Eltern der

    weien Schler und mit Untersttzung loka-ler Politiker, mit Steinen und Flaschen ange-griffen wurden. Einer der am meistenschockierenden Angriffe fand in Boston statt.Die Polizei stand in Regel herum und gucktezu.Am Nachmittag des 7. Oktober 1974 wur-

    de in Destrehan, Louisiana ein Bus mitschwarzen Schlern, u.a. Gary Tyler, von ei-nem rassistischen weien Mob angegriffen,

    als er von der Schule wegfahren wollte.Auf einmal fiel ein Schuss und traf einen

    13-jhrigen Schler in den Kopf. Nicht einender schwarzen Schler, sondern einenweien, der mit seiner Mutter zusammen anden Protesten gegen die schwarzen Schlerteilnahm. Wenige Stunden spter erlag er sei-ner Verletzung.Whrend der weie Schler ins Kranken-

    haus gefahren wurde, strmte die Polizei denBus und untersuchte alle schwarzen Studen-ten, ohne eine Waffe zu finden. Der Busfah-rer erklrte der Polizei, der Schuss sei nichtvom Bus aus abgefeuert worden.

    Den Schlern wurde dann befohlen, denBus zu verlassen, whrend dieser durchsuchtwurde. Mehrmals wurde der Bus durchsucht,ohne dass irgendetwas gefunden wurde.

    Anschlieend wurde allen Schlern befoh-len, wieder in den Bus einzusteigen, und sie

    wurden zu einer Polizeiwache gefahren undverhrt.Gary Tyler wurde festgenommen, weil er

    versuchte, seinen Vetter vor Schikanen derPolizei zu schtzen, er wurde in einem Poli-zeiauto zu Wache gebracht.

    Tyler, der der Polizei bekannt war als einer,der sich sprachlich gut verteidigen konnte,wurde sofort zum Hauptverdchtigten er-klrt. Die Polizei schlug ihn gnadenlos zu-sammen, Tyler erklrte spter, ein Polizist ha-be ihn immer wieder von vorne in den Ho-den getreten, whrend ein anderer dies vonhinten versuchte.

    Tyler weigerte sich, ein Gestndnis fr ei-ne Tat zu unterschreiben, die er nicht began-gen hatte. Andere gaben nach unter demDruck der Polizei.

    Die Hauptzeugin gegen Tyler war seine

    GaryTyler,gemaltvonTom

    Mannings

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #325

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    ehemalige Freundin, die im psychiatrischeeBehandlung war und mehrmals Falschanzei-gen bei der Polizei abgegeben hatte. Sie nahmebenso wie alle anderen Belastungszeugenspter ihre Aussage zurck und erklrte, dassdie Polizei sie massiv unter Druck gesetzt ha-be, falsch auszusagen.Als Tatwaffe und angeblichen Beweis fr

    Tylers Schuld tischte die Polizei eine 45 Ka-liber-Pistole auf, ohne Fingerabdrcke drauf,

    die sie am Bus gefunden zu haben behaup-tet, obwohl sie bei der Durchsuchung des Bus-ses nichts gefunden worden war. Die Pistolewar aus einem Schiebungsstand, der vonder Polizei benutzt wurde, irgendwann vor-her geklaut worden. Ebenso, wie sie aus demNichts auftauchte, verschwand sie genausomysteris aus den Polizeiasservaten.

    Tyler wurde von einer ausschlielichweien Geschworenenjury schuldig gespro-chen und zum Tode verurteilt.

    Der Fall Tyler mobilisierte Mitte der 70erTausende Menschen, die fr seine Freiheitund gegen die Todesstrafe protestierten. Am-

    nesty International erklrte Tyler zum poli-tischen Gefangenen.

    Nachdem sein Urteil in Lebenslnglich ver-wandelt wurde, verloren viele Untersttzerden Mut, und die Proteste hrten irgendwannauf. Tyler geriet in Vergessenheit.

    In der letzten Zeit wird zunehmend berTyler in den Medien berichtet, vor allem vonBob Herbert von der New York Times. An-fang Mrz berichtete die RadiojournalistinAmy Goodman von Democracy Now! fast ei-ne Stunde lang ber den Fall. Anfang desJahres forderte Amnesty den Gouverneur vonLouisiana auf, Tyler zu begnadigen.

    Diese Forderung erheben auch 19 Sport-persnlichkeiten, u.a. Rubin HurricaneCarter, der selber Jahre lang unschuldig in-haftiert war, Tommie Smith und John Carlos(Gold- bzw. Bronzemedaillengewinner beiden Olympischen Spielen 1968) und WilliamGerena-Rochet, Hauptredakteur bei LatinoS-ports.com.Weitere Infos: www.freegarytyler.com

    Realitt des

    RassismusInfolge der Kmpfe der liberalen Brger-rechtsbewegung und der radikalen afro-amerikanischen, hispanischen und indige-nen Organisationen wie die Black PantherParty und Black Liberation Army, die Yo-ung Lords und die Brown Berets und die

    American Indian Movement ist US-ameri-kanische Apartheid heutzutage quasi nichtexistent. Es gibt keine Busse, Bars, Toilet-ten usw. nur fr Weie. Keine Trennung inden Fabriken usf. Jede(r) kann dort hinzie-

    hen, wo es sie (er) passt, vorausgesetzt, dassGeld vorhanden ist. Mitglieder ethnischerMinderheiten sitzen in den Parlamenten dereinzelnen Bundesstaaten wie auch im US-Kongress und -Senat. Sie drfen mittler-

    weile sogar Krieg fhren, wie Powell undRice, oder fr das Prsidentenamt kandi-dieren, wie Martin Luther King Jr. oder wiegegenwrtig Barack Obama. Rassismus istgesetzlich verboten, ist aber immer noch

    vorhanden, genauso wie vor 50 Jahren, alsGary Tyler zum Tode verurteilt wurde. Afroamerikanische Schler der Klein-

    stadt Jena in Louisiana fragten im letztenSeptember die Schulleitung, ob sie unterden Baum im Schulhof sitzen drften. DerBaum steht auf der Seite des Schulhofs, wosich seit jeher weie Schler in der Pausentreffen. Ihnen wurde gesagt, sie drften sichberall hinsetzten, was sie auch taten.Am nchsten Morgen hingen drei Schlin-

    gen am Baum. Die Schler und ihre Elternwaren entsetzt, Erinnerungen an denLynchmobs, die die Schwarzen in den Sd-staaten einst terrorisierten, wurden wach.

    Die Schulleitung entschied, die drei

    weien Tter von der Schule zu verweisen.Die Leiter der Schulbehrde aber lehnte die-se Entscheidung ab und erklrte den Vor-fall fr einen Jugendstreich und keine Be-drohung. Die Jugendlichen wurden ledig-lich fr drei Tage von der Schule suspen-diert.

    In den darauf folgenden Wochen kam esin der Schule mehrfach zu Auseinander-setzung zwischen schwarzen und weienSchlern.Auerhalb der Schule schlug ein weier

    Schuler einen Schwarzen, weil dieser bei ei-ner weien Fete auftauchte. Er bekam eine

    Anklage wegen einfacher Krperverlet-zung. Einige Tage spter bedrohte einweier Jugendliche drei schwarze Schlerin einem Supermarkt. Sie rangen ihn nie-der und nahmen ihm die Waffe ab. Alle drei

    wurden verhaften und wegen vorstzlicherKrperverletzung angeklagt. Der weie Ju-gendliche wurde nicht angeklagt. Am 4. Dezember wurde ein weier

    Schler in der Schulsporthalle angeblich von einer Gruppe von Schwarzen ange-griffen. Er soll ein Freund der Schler sein,die die Schlingen aufgehngt hatten, undseine schwarzen Mitschler rassistisch be-leidigt haben. Er wurde bewusstlos ge-schlagen und musste im Krankenhaus be-handelt werden, wurde aber nach kurzerZeit wieder entlassen und nach Haus ge-schickt.

    Der rtliche Staatsanwalt erhob Anklagegegen sechs schwarze Schler wegen ver-suchten Mordes und anderer Straftaten. Beieiner Verurteilung drohen ihnen bis zu 100Jahre Gefngnis. Alle sechs mssen von derSchule.

    Die meisten rtlichen Politiker behaup-

    ten, dass Rassismus keine Rolle in der Stadtspiele. Dagegen erklrte der weie Prediger,Eddie Thompson, auf seiner Internetseite:Ich habe den grten Teil meines Lebenshier gewohnt, und eins kann ich sagen oh-ne jegliche Angst vor einer gegenteiligerBehauptung, dass die LaSalle Gemeinde imRassismus ertrinkt - wirklichem Rassismus.Am 10. Mai wurde der 17-jhrige Justin

    Barker, der im Dezember zusammenge-schlagen wurde, verhaftet, weil die Polizeiein geladenes Gewehr im seinen Auto fand.Das Auto war vor dem Schuleingang ge-parkt. Barker erklrte der Polizei, er htte

    vergessen, dass es im Auto lag, und auchnicht beabsichtigt, es zu benutzen.www.baltimoresun.comBBC Dokumentar: Race Hate in Louisianavom 24.05.2007

    Lynchmord in Marion 1930. Zwischen 1880 und 1960 wurden in den USA etwa 5000Menschen Opfer von Lynchings ganz berwiegend Afro-Amerikaner. In einigen Regio-nen wurden die meisten Lynchmorde in der Zeit zwischen 1890 und 1930 verbt, bis indie 1950er und 60er Jahren waren sie keine Seltenheit.

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #325

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    USA

    Drakonische Strafengegen Umwelt- undTierschutzaktivistenIm Dezember 2005 verhafteten US-Bunde-

    spolizisten in mehreren Bundesstaatensechs politische Aktivisten und fahndetennach fnf weiteren Personen.

    Chelsea Gerlach, William Rodgers, Ken-dall Tankersley (bekannt als Sarah KendallHarvey), Kevin Tubbs, Daniel McGowanund Stanislas Meyerhoff wurde vorgewor-fen, als Mitglieder der Tierschutzorganisa-tion Animal Liberation Front (ALF)und/oder der UmweltschutzorganisationEarth Liberation Front (ELF) an mehreren

    Anschlgen, u.a. Brandanschlgen gegen Abholzunternhemen und eine Tierver-suchsanstalt bzw. Absgen eines Strom-

    masts in Oregon und anderen Westksten-staaten, beteiligt gewesen zu sein (siehe In-fo 307 und 309). Kurze Zeit spter wurdeDarren Thurston ebenfalls verhaftet.

    Rodgers, der in Arizona verhaftet wurdeund auf seine berfhrung nach Oregonwartete, wurde in der Gefngniszelle totaufgefunden. Laut Aussagen der Behrdenhat er eine Plastiktte benutzt, um sich sel-ber zu ersticken.

    In Januar wurde dann Jonathan Paul ver-haftet und Suzanne Sovoie, die ebenfallsauf der Fahndungsliste stand, stellte sichder Polizei. Nach den drei anderen wird im-mer noch gefahndet.

    Die Verhaftungen erfolgten, nachdem einehemaliger Aktivist, Jacob Ferguson, derseit lngerem als Polizei-Informant arbei-tete und Gesprche mit mehreren Ange-klagten heimlich aufgenommen hatte, sieschwer belastete.

    Kurz nach seiner Verhaftung willigteMeyershoff ein, mit den Behrden bei der

    Aufklrung von nicht aufgeklrten An-schlgen, die zum Teil 10 Jahre zurcklie-gen, zusammenzuarbeiten. Einer nach demanderen taten das dann auch Gerlach, Tan-

    kersley, Tubbs, Thurston und Sovoie. DieStaatsanwaltschaft hat allen Angeklagtenmit drakonischen Haftstrafen gedroht, fallssie nicht kooperieren. Bei McGowen Kau-tionsanhrung erklrte der Staatsanwalt,dass ihm bei einer Verurteilung lebens-lnglich plus 35 bis 335 Jahren drohe.Aufgrund dieser Zusammenarbeit wur-

    den dann im Februar Nathan Block undJoyanna Zacher und im Mrz Briana Wa-ters im Bundesstaat Washington verhaftetund die Fahndung nach einer weiteren Per-son eingeleitet. Waters Verfahren ist frSeptember 2007 terminiert. Es wird erwar-

    tet, dass auch Jennifer Kolar und LaceyPhillabaum, die schon wegen verschiede-ner Brandanschlge verurteilt worden sind,als Belastungszeugen gegen sie auftretenwerden.

    Im Juli 2006 begann das Verfahren ge-gen Thurston, Tubbs, Tankersley, Meyer-hoff, Gerlach und Savioe. Sie gaben ihreBeteiligung an verschiedenen Anschlgenzu und verrieten ihre ehemaligen Genos-sen, die daran mitbeteiligt waren. Als Ge-genleistung fr ihre ,Mitarbeit hat dieStaatsanwaltschaft eine Reihe von Ankla-gepunkten fallengelassen und die Straffor-derung vermindert. Die Urteilsverkndung

    wurde fr Mai 2007 terminiert.Angesichts dieser Aussagen und der dro-henden drakonischen Haftstrafen machtenauch McGowan, Paul, Block und Zacher ei-nen Deal mit der Staatsanwaltschaft. Sie er-klrten sich bereit, ihre Mitbeteiligung anden Anschlgen zuzugeben, ohne anderePersonen jetzt noch in der Zukunft irgend-wie zu belasten. Das Verfahren fand im No-

    vember statt, die Urteilsverkndung wurdefr Juni terminiert.

    Die Staatsanwaltschaft bedankte sichweiter bei ihren ,Mitarbeitern, indem siezustzlich ein sog. Terrorism Enhance-

    ment (TE) nach den Bundesrichtlinien frdie Strafmafestsetzung (BRSF) beantrag-te. Ebenfalls beantragte sie ein TE im Ver-fahren gegen McGowan, Paul, Block undZacher.

    Ein TE hat verschiedene Auswirkungen,u.a. ein hheres Strafma. Es beeinflusst, inwelchen Gefngnis der Verurteilte kommt,dies entscheidet ausschlielich die Gefng-nisbehrde (1); es wird bercksichtigt bei

    Anhrung zur vorzeitigen Entlassung; esbedeutet Stigmatisierung als ,Terrorist undhat Auswirkung auf das berufliche Lebennach der Entlassung.

    Nach den BRSF kann ein TE nur beiStraftaten, die unter der Terrorismusdefini-tion des Bundes angewendet werden. Aus-nahmen sind, wenn die Tat nicht unter die-ser Definition fllt, aber bezweckt, auf denStaat durch Einschchterung oder Nti-gung einzuwirken, oder auf den Staat zielt(...).

    Der Staatsanwalt argumentierte, dass un-ter Staat nicht nur die Bundesregierungzu verstehen ist, sondern auch jede Lokal-behrde, und mindestens zwei der An-schlge galten Staatseigentum; dass das

    Bundesgesetz Brandstiftung als Terroris-mus definiert und mindestens einer derBrandanschlge, an denen einzelne Ange-klagten beteiligten waren, dem Staat galt.Die Verteidiger widersprachen dieser Dar-stellung und forderten die Richterin auf zuberprfen, ob ein TE berhaupt berechtigtist.

    Ein Tag vor der ersten Anhrung zurStrafmafestsetzung gab die Richterin ineiner 46-seitigen Entscheidung der Staats-anwaltschaft Recht, erklrte aber, dass dieStaatsanwaltschaft im jeden Einzelfall be-grndet muss, warum ein TE angewendet

    werden soll.Mittlerweile sind auer bei McGowan undPaul alle Strafmae festgesetzt worden.

    Auer bei Thurston wird bei allen ein TEangewendet.

    Die Richterin bleib bei allen, auer Thur-ston, die mit den Behrden zusammenar-beiteten, unterhalb des von der Staatsan-waltschaft geforderten Strafmaes, im Mo-naten: Meyershoff 156 (188); Tubbs 151(168); Gerlach 108 (120); Thurston 37 (37);Savoie 51 (63); Tankersley 46 (51).

    Am 1. Juni wurdenwie von der Staatsan-waltschaft gefordert

    Nathan Block undJoyanna Zacher (Bild)zu 92 Monaten Haft

    verurteilt. Die Richte-rin erklrte, sie httenkeine niedrigerenHaftstrafe bekom-men, weil sie nichtausreichend Reue ge-

    zeigt und nicht vollstndig mit den Behr-den kollaboriert htten. Im Gegensatz zu je-nen, die mit der Behrden zusammenar-beiteten, sind Block und Zacher nur ge-stndig, weil sie es mssten. Echte Hel-

    den, erklrte sie, wenden keine Gewaltan, auch wenn sie durch Gewalt sterben.Alle auer Thurston bekamen zustzlich

    drei Jahre auf Bewhrung und mssen Wie-dergutmachung fr die entstandene Sch-den leisten. Im Falle von Block und Zacher$1.953.412.

    Seit 2005 luft eine Kampagne der Straf- verfolgungsbehrden, Umweltaktivisten,Tierschtzer und Anarchisten als Terrori-sten zu diffamieren und verfolgen. Im Mai2005 erklrte John Lewis, der stellvertre-tende Chef der Antiterrorismusabteilungdes FBI, die ELF sei die grte inlndischeTerrorismusbedrohung (2). In einer Fern-sehsendung in Januar 2006 erklrte einSprecher des FBIs. Eine unserer Haupt-kampagnen gegen inlndischen Terroris-mus richtet sich gegen die ALF, ELF und die

    Anarchistenbewegung. Und es ist eine lan-desweite Kampagne.Weitere Infos: www.cldc.org/index.htmlhttp://portland.indymedia.org

    1 Im Gefngnissystem der Vereinigten Staatenwird zwischen Mindest-, Niedrig-, Mittel- undHochsicherheitsgefngnis unterschieden mitentsprechenden unterschiedlichen Bedingun-

    gen bezglich Kontakt mit anderen Insassen,Hofgang, Freizeit, Kontaktbesuch u..

    2 In regelmigen Abstnden werden linke poli-tische Aktivisten in den USA zu Terroristenoder zur Gefahr fr die nationale Sicherheitoder hnliches erklrt und mit der entspre-chenden Hrte des Staates konfrontiert. Knappzwei Jahre nach der russischen Revolution er-klrte der damalige Justizminister A. MitchellPalmer, dass Kommunisten ein Revolution inden USA planen. Unter der Leitung von J. Ed-gar Hoover wurden 10.000 linke Aktivisten ver-haftet. 249 russische Immigranten, vorwiegendAnarchisten, u.a. Emma Goldmann und Alex-ander Berkmann, wurden nach Russland de-portiert. 1969 erklrte Hoover die revolution-re afroamerikanische Black Panther Party zur grten Gefahr fr die innere Sicherheit derUSA. Nach dem ,Roten Gespenst und dem,Schwarzen Gespenst gibt es nun ein ,GrnesGespenst.

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #325

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    Trkei

    Die Situation in den F-Typ Gefngnissen nachVerffentlichung desRundschreibens!RUNDSCHREIBEN MIT DER NR. 45/1 BE-ZGLICH DER F-TYP GEFNGNISSE MUSSUMGESETZT WERDEN5-05-2007

    Der Istanbuler TAYAD verffentlichte einenneuen Bericht, der sich mit den aktuellenProblemen und dem jetzigen Entwick-lungsstand in den F-Typ Gefngnissen,nach dem Rundschreiben des Justizmini-steriums am 22. Januar beschftigt. Unterdiesem Titel verffentlichte die Angehri-genorganisation TAYAD ihren neuesten Be-

    richt, in dem es um die Umsetzung desRundschreibens geht, welches als Fort-schritt zur Beseitigung der Isolationshaftbewertet und vorbergehend zur Einstel-lung des Todesfastens fhrte, geht.

    Es heit darin, dass die Verordnungen imRundschreiben immer noch nicht umge-setzt und die gewonnenen Rechte nichtwahrgenommen werden: Wir sollten nicht

    vergessen, die Geschichte der Gefngnissenist eine, in der die Regierungen Versprechengeben und diese nicht einhalten Wir ru-fen alle Menschen und Organisationen, diegegen Isolation sind auf, sich fr die Um-setzung des Rundschreibens in den F-TypGefngnissen einzusetzen und den Kampfzu untersttzen.

    Das Rundschreiben, die Praktikenin den F-Typ-Gefngnissen und dieaktuelle Situation

    In einigen Gefngnissen wird versucht, denGefangenen weniger als den versprochenen10 Stunden zuzugestehen; dies geschiehtohne der Angabe von Grnden oder dem

    Vorweisen infrastruktureller Probleme. An

    dieser Stelle muss betont werden, dass dasNicht-Umsetzen des 10-Stunden-Verspre-chens sowie die Versuche, die Stunden zureduzieren anstatt zu erhhen, ein klarerBruch der Versprechen des Rundschreibensist; es ist darber hinaus ein Bruch der Ver-sprechen, die der Minister der ffentlich-keit gegeben hat.

    1. Edirne:Am 25. Januar wurde den Ge-fangenen eine Kopie des Rundschreibensberreicht. Es wurde ein Formular verteilt,auf dem die Gefangenen 9 Personen nen-nen sollten, mit denen sie zusammenkom-men mchten. Die Gefngnisleitung fhr-

    te mit den Gefangenen und Verurteilten Ge-sprche betreffend der Umsetzung desRechts. Soweit bekannt, durften 10 Gefan-gene nur 1 Tag im gemeinsamen Raum zu-sammenkommen, um sich zu unterhalten.

    2. Tekirda&eth Nr. 1: Den Gefangenenund Verurteilten wurde im Bezug auf dasRundschreiben keinerlei offizielle Auskunfterteilt. Am 5.2.07 wurden 42 Gefangene ausden DHKP-C Prozessen auf 6 Gruppen mit

    je 7 Personen aufgeteilt, ihnen wurdemndlich mitgeteilt, dass ihnen 8 Stundenpro Woche die Mglichkeit eingerumtwrde, fr Gesprche zusammenzukom-men.Diese Form der Gruppenaufteilung

    wurde entgegen den Forderungen der Ge-fangenen und Verurteilten von der Ge-fngnisleitung vollzogen. Aus der Praxisgeht hervor, dass die Zusammenkunft derGefangenen auf zwei Tage mit jeweils 4Stunden verteilt werden soll.

    Diese Praxis wurde schon nach 1 Wocheausgesetzt. Die Begrndung lautete, dasskeine ausreichenden Mittel zur Verfgungstnden. Die Tr des gemeinsamen Raumeswird hinter 7 Gefangenen und Verurteiltengeschlossen und vier Stunden lang ge-schlossen gehalten. Im gemeinsamen Raumbefindet sich jedoch keine Toilette. Den Ge-

    fangenen wurde mitgeteilt, dass das Zu-sammentreffen fr jene als beendet gilt, dieden Raum verlassen, um zur Toilette zu ge-hen. Sie wrden danach nicht mehr zumRaum zurck gebracht werden.

    3. Tekyrda&eth Nr. 2: Den Gefangenenund Verurteilten wurde im Bezug auf dasRundschreiben keinerlei offizielle Auskunfterteilt. Am 5.2.07, wurden 6 Gefangene ausdem DHKP-C Prozess, deren Zellen sich ne-beneinander befinden, ohne sie nach ihrerGruppenwahl zu fragen, zum gemeinsamenRaum gebracht. Ihnen wurde mndlichmitgeteilt, dass es eine solche Regelung fr

    je zwei Stunden an 5 Tagen pro Woche ge-ben wird. Nachdem die Gefngnisleitungden Gefangenen nur 10 Minuten gab, umihre Zellen zu verlassen, konnte ein Gefan-gener, der sich gerade in der Dusche befand,nicht mit den anderen zusammenkommen.In Folge bestand die Gruppe lediglich aus5 Personen. Diese einzelne, hier aufgezhl-te praktische Umsetzung beschrnkte sichauf einen Tag mit 2 Stunden und wurde da-nach ohne Angabe von Grnden ausge-setzt. Die zweite Praxis im gleichen Ge-fngnis war die Zusammenlegung von 4

    Gefangenen bzw. Verurteilten aus demMLKP-Prozess nach deren Wunsch, zu glei-chen Bedingungen. Die praktische Umset-zung wurde in der Folge ebenfalls einge-stellt. Es wurde bekannt gegeben, dass ab-gesehen von diesen beiden Gruppen, eini-ge der Gefangenen und Verurteilten, dieForderungen stellten, nicht in die Umset-zung des Rundschreibens miteinbezogenwurden.

    4. Kandira Nr. 1: Den Gefangenen wurdeim Bezug auf das Rundschreiben keine of-fizielle Auskunft erteilt. Ein Fachmann frSoziale Dienste sprach mit den Verurteilten

    und erklrte ihnen, dass die Nutzung dergemeinsamen Rumlichkeiten begrenzt sei,dass sie diesen jedoch eine Stunde pro Wo-che ntzen knnten. Diese dem Rund-schreiben widerstrebende Regelung wurde

    von den Gefangenen und Verurteilten nichtakzeptiert. Am 19.2.2007 wurde den Ver-urteilten ein 9 Personen umfassendeswchentliches Gesprchsprogramm von 5Stunden unterbreitet.

    5. Kandira Nr. 2: Den Verurteilten wurdehinsichtlich des Rundschreibens keinerlei

    Auskunft erteilt. Es wurden keinerlei Rege-lungen gemacht und ist bisher zu keinemGesprch unter Gefangenen gekommen.

    6. Bolu: Den Gefangenen und Verurteil-ten wurde keinerlei offizielle Auskunft berdas Rundschreiben erteilt. Die Gefngnis-leitung teilte den Gefangenen mit, dass esab 20.2.07 eine Regelung von wchentlich10 Stunden bei jeweils zwei Stunden tg-lich geben wird. Mit der Umsetzung wurdebereits begonnen. Ob diese Fortsetzung fin-det ist unbekannt. Es wurde mitgeteilt, dassabgesehen von dieser Gruppe, einige derGefangenen und Verurteilten, die Forde-rungen stellten, nicht in die Umsetzung desRundschreibens miteinbezogen wurden.Hinsichtlich dieser Gefangenen wurde

    mndlich erklrt, dass die alte Regelung vordem Rundschreiben (alle 15 Tage eine Stun-de) weiterhin bestehen bleibt.

    7. Kiriklar Nr. 1: Den Verurteilten wurdehinsichtlich des Rundschreibens keine of-fizielle Auskunft erteilt. Die Gefngnislei-tung lehnte die praktische Umsetzung desRundschreibens bei den Gefangenen, dieihre Forderungen mitteilten, mit der Be-grndung von Disziplinarstrafen gegendiese ab.

    8. Kiriklar Nr. 2: Im Bezug auf das Rund-schreiben wurde keinerlei offizielle Mittei-lung gemacht. Es wurde im Bezug auf dasRundschreiben keinerlei Schritte unter-nommen und es fand auch bisher kein Zu-sammentreffen der Gefangenen statt.

    9. Sincan Nr. 1: Den Gefangenen und Ver-urteilten wurde das Rundschreiben vorge-legt. Die Gefngnisleitung hat im Zusam-menhang mit der Umsetzung des Rechts mitden Verurteilten gesprochen. Nach diesemDatum hat es keine weiteren Entwicklun-gen gegeben. Es wurde mitgeteilt, dass mitder Umsetzung auf das Edirne Gefngnisgewartet wird, welches als Pilotgefngnisaufgezeigt wurde..

    10. Sincan Nr. 2: Es wurde im Zusam-menhang mit dem Rundschreiben keine of-fizielle Mitteilung gemacht. Bisher sindkeinerlei praktische Schritte unternommenworden und es ist auch zu keiner Zusam-menkunft der Gefangenen gekommen.

    Resultat und BewertungDas Justizministerium sollte die Unsicher-heit der Gefangenen und Verurteilten hin-sichtlich der Verbreitung und Verbindlich-keit des Rundschreibens sofort beseitigenund die Anstaltsleitungen mahnen. Die For-derungen der Gefangenen und Verurteilten

    sollten erfllt werden:Nur in einem Fall wurde entsprechendden Forderungen gehandelt, in den ande-ren Fllen wurden unakzeptable Mastbewie Gefangene, deren Zellen sich neben-

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    Brief von Gabriel Pombo da Silva ausdem Gefngnis Aachen

    Stellt euch vor

    Stellt Euch vor, Compaer@s, Ihr seid da-zu verurteilt, an einem Ort wie dem Ge-fngnis Aachen zu leben, und fr mich istes unbedeutend, wer Euch dazu verurteilt

    hat und ebenso das Warum (ich bin keinPriester und auch kein Richter) ...Stellt Euch vor, Euer Leben besteht dar-

    in, 23 Stunden in einer Zelle dahinzuvege-tieren, und was es vor dem Fenster zu se-hen gibt, verdient es nicht, berhaupt hin-zusehen, denn das einzige, was Du sehenwirst, sind Gitter, Stacheldrhte, Eisenstan-gen, Kameras, Schlieer und zwei Mal amTag Gefangene, die fr die Dauer einerStunde in einem Hof von 50 x 100 Meternwie Automaten hin und her gehen ...

    Stellt Euch vor Eure, Korrespondenz istvon den besagten Wrtern systematisch ge-

    lesen und zensiert worden ... und dass Du,um in die Kche, zum Arzt oder um PingPong zu spielen, immer in Begleitung die-ser Individuen sein musst und um alles aufdem Instanzenweg ersuchen musst...

    Stellt Euch vor, vier Mal pro Monat einen45-mintigen Besuch zu haben und dass

    jeder davon unter den stndig wachsamenBlicken der Wrter stattfindet, damit es zukeinen verbotenen Kssen oder zu keinenallzu zrtlichen Liebkosungen kommt oderdass Bildchen und Berichte wie der, wel-chen Ihr lest, geschmuggelt werden ...

    Stellt Euch vor, dass die Gefangenen, vondenen Ihr umgeben seid (mehrheitlich Aus-

    lnder, die wenigstens wissen um was frDinge es sich bei Menschenrechten,Wrde, Rebellion handelt ) mehr alsDelinquenten und Kriminelle, armeTeufel gewesen sind, deren hauptschli-ches Vergehen es ist, im wahrsten Sinne des

    Wortes, arm geboren zu sein ...Stellt Euch vor, dass sie Euch nach und

    nach Eure Identitt rauben ... das Ihr-Selbst-Sein: Euer Recht auf INTIMITT,Euer Recht auf ZWISCHENMENSCHLI-CHE BEZIEHUNGEN ohne Zensur und Zen-soren jeglicher Art und Kondition, EuerRecht auf BILDUNGS-AUSBILDUNGS-

    MATERIAL (Bcher, Studien, Material fr Autodidaktik etc.), Euer Recht darauf,Euch zu POLITISIEREN und Eure eigenepersnliche, menschliche und politischeIDENTITT zu besitzen...

    Stellt Euch vor, dass sie Euch Eure per-snlichen Objekte und Dinge wegnehmen.Kleidung, Fotos, etc. und dass jedes Mal,wenn Du das beanstanden willst, Du Dichzunchst an einen dieser Uniformiertenwenden musst, die nichts anderes interes-siert, als ihre sieben Stunden Schicht-Ar-beit herumzubringen, die aus alldem be-steht, was ich zuvor beschrieben habe...Wenn Ihr fhig wart, Euch all das vorzu-

    stellen, ist es mir gelungen, zusammenzu-fassen, wie meine letzten drei Jahre im Ge-fngnis in Aachen verlaufen sind ... dannhabe ich es geschafft, die Mauern zu ber-winden und drei Jahre der RESOZIALI-SIERUNG la Deutschland mit Euch zuteilen ...

    Dessen Direktor ist von der CDU (oderU.C.D; Partei der deutschen Konservati-

    ven), und die ein oder zwei Mal, die er kam,um mit mir zu sprechen, strubten sich

    ihm die Haare ... Sie sind zu radikal, HerrPombo..., das ist alles, was der alte Mannzu sagen hat ...Was viele von Euch nicht wissen, Com-

    paer@s, ist, dass ich, seit sie mich ver-schleppten und bei einer Prozess-Farcezu 13 Jahren Gefngnis verurteilten, einemFIES-hnlichen (in manchen Dingen sogarnoch schlimmeren) System unterworfenbin und nur aufgrund der alleinigen Tatsa-che, ANARCHIST zu sein ...Als mich einmal der Subdirektor fr Si-

    cherheit aufgesucht hat, um mit mir berSicherheitsmanahmen zu reden, fragte

    ich ihn, mehr aus intellektueller Neugier alsaus sonst einem Grund, wie sie das mit derGefhrlichkeit halten: Bin ich gefhrlicherals ein Mrder oder ein Vergewaltigerund/oder Terrorist ??, worauf mir dieser

    Mann antwortete: Herr Pombo, ich lassemich nicht auf diese Wortspielereien ein ...

    Ich muss nicht erwhnen, dass dieseWortspielereien Kreativitt, Intelligenzund eigene Kriterien erfordern; Werte, dieHerr Peterson natrlich nicht besitzt ...Wenn ich solche Fragen stelle und Kon-

    zepte/und eine Sprache benutze, die nichtmeine eigenen sind (und dabei ich beziehemich darauf, wenn eine Person auf das, was

    sie einmal getan hat, reduziert wird ... einePerson kann sich nicht auf ein Adjektiv be-schrnken ), dann nur, weil ich versuche,mich verstndlich zu machen und weil ich

    versuche, herauszufinden, was fr Sachendiese Individuen denken und weshalb siemich und meinen Compaero Jos diesemSpezial-System unterwerfen ...

    Damit meine ich, dass, wenn diese Ma-nahmen demokratisch zur Anwendunggekommen sind (man verzeihe mir den Sar-kasmus ...), wir daraus die nicht demokra-tische Schlussfolgerung ziehen, dass Josund ich diesem System nicht fr das, was

    wir auf der Strae getan haben, unterwor-fen sind, sondern wegen unserer politischenIdeen ...

    Diese Zeilen, die ich hier schreibe, sind analle AnarchistInnen gerichtet, Jos undmich (und auch Thomas Meyer-Falk unddie brig gebliebenen RAF-Gefangenen) imRahmen Eurer Mglichkeiten zu unterstt-zen und die deutsche Regierung wissen zulassen, dass ihre Arroganz und Folterungenbekannt sind ...

    Ich habe keine Lust zu hungern wegeneiner Frage, bei der es sich fr mich um mei-ne elementaren Rechte handelt, die alleMenschen auf der Erde haben mssen ...,aber wenn die Sicherheitsmanahmenandauern, wenn sie mir weiterhin dieBcher wegnehmen und mich nicht ernstnehmen, werde ich frher oder spter inden Hungerstreik treten mssen ...

    Ich wende mich an Euch, weil ich wei,dass wir, unabhngig von unseren Unter-schiedlichkeiten, hinsichtlich von Takti-ken-Strategien, alle AnarchistInnen sindund fr eine libertre Gesellschaft kmp-fen, in der wir alle, heute in Zukunft, freileben knnen ...

    Die revolutionren und anarchistischenGefangenen brauchen mehr denn je EureUntersttzung...

    Fr die Internationale Solidaritt! Fr dieAnarchie!Gabriel, April 2007

    (in Spanisch unter: http://barcelona.indy-media.org/newswire/display/303490/in-dex.php)

    Mehr zu dieser aktuellen Situation undBriefvorlage an die Justizbevollmchtigtender JVA-Aachen:

    http://de.indymedia.org/2007/05/175938.shtml

    (un Saludo Caliente )

    einander befinden oder die sich im glei-chen Block befinden angewandt.

    Es sollte hervorgehoben werden, dass dieBetonung im Rundschreiben und bei demmndlichen Versprechen am gleichen Tagbei der freien Entscheidung der Gefange-nen und Verurteilten lag, mit welchen Per-sonen sie zusammen kommen mchten.

    Die Missachtung der Abmachungen be-zglich der Dauer der Zusammenkunft und

    der Personenanzahl muss beendet werden:Es ist festzustellen, dass die Anmerkung imRundschreiben die Anzahl der Personendarf 10 nicht bersteigen als Reduzierungder Personenzahl bewertet wurde. DieseHaltung, die dem mndlichen Versprechendes Ministeriums vllig widerspricht, musseingestellt werden. Es muss hervorgehobenwerden, dass die Einschrnkung der Perso-nenanzahl mit dem Vorwand praktischerUmstnde, schlechte Absichten in sichbirgt.

    Es ist zu sehen, dass neben positiv zu wer-tenden praktischen Schritten wie je zwei

    Stunden an 5 Tagen, bzw. je vier Stundenan 2 Tagen der Woche grtenteils auf deralten Praxis beharrt wird - sprich, dass dieMglichkeit einer Zusammenkunft nur al-le 15 Tage 1 Stunde oder 5 Stunden oderweniger pro Woche, gegeben wird. DieserUmstand kann nicht akzeptiert werden. Al-le Versuche, die Dauer der Zusammenle-gung der Gefangenen auf weniger als 10Stunden pro Woche und tglich auf weni-ger als 2 Stunden zu beschrnken, stellensowohl einen Bruch der Versprechungen alsauch die Entfremdung des Zwecks dar. ()

    Tayad

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #325

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    Dokumentiert:

    Werner Braeuner -Zur Frageeiner RckkehrWerner Braeuner wurde 2001 wegen Tot-

    schlags am Verdener Arbeitsamtdirektor zu12 Jahren Haft verurteilt. Werner greiftauch unter den sehr beschrnkten Bedin-gungen der Haft nach wie vor in die gesell-schaftliche Diskussion um Arbeit und Ar-beitszw