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    Gefangenen InfoC 10190 4.1.2008 Preis: 1,55 332

    Hervorgegangen aus demAngehrigen Info. Das

    Angehrigen Info entstand imHungerstreik der politischen

    Gefangenen 1989.

    Heike Schrader zu ihrerKriminalisierungGeplant hatte ich eine Rundreise durchDeutschland, um meine neueste Arbeit vor-zustellen. Fr den Pahl-Rugenstein Verlagin Bonn hatte ich das Buch von SavvasXiros I mera ekeini bersetzt. Das wollteich unter seinem deutschen Titel Guan-tanamo auf Griechisch - ZeitgenssischeFolter im Rechtsstaat in verschiedenenStdten vorstellen.

    Doch schon bei meiner Landung am10.12. auf dem Flughafen in Kln-Bonnwurde ich aufgehalten. Beamte des Bun-desgrenzschutzes und des Bundeskriminal-amtes nahmen mich direkt an der Maschi-ne in Empfang: Gegen mich existiere seit2001 ein Haftbefehl, der 2005 in einen in-ternationalen Haftbefehl umgewandeltworden sei. In diesem wird mir vorgewor-fen, von Frhjahr 1996 bis Frhjahr 1998Mitglied einer im Inland innerhalb der le-galen DHKP-C bestehenden terroristischen

    Vereinigung gewesen zu sein. Und wrtlichweiter: Die Beschuldigte war flchtig undwurde seit dem Jahr 2001 mit Haftbefehlgesucht.

    Tatschlich war ich in den vergangenenJahren alles andere als flchtig. So bin ichgleich in zwei Lndern ordnungsgem ge-meldet, mit Wohnsitz in Deutschland beimEinwohnermeldeamt und mit Steuernum-

    mer beim Steueramt in Athen. Seit 2002 miteinem Griechen verheiratet und habe ichseitdem meinen Lebensmittelpunkt in

    Athen. Seit Jahren bin ich dort beim grie-chischen Presseministerium als junge

    Welt-Korrespondentin akkreditiert. Dies istauch den deutschen Behrden bekannt.Und natrlich besuchte ich in den vergan-genen Jahren wiederholt meine Familie inDeutschland sowie die jW-Redaktion. Dar-ber hinaus trat ich in der BRD mehrfachals Referentin in ffentlichen politischen

    Veranstaltungen auf, zuletzt im Mrz die-ses Jahres in Berlin.

    Trotzdem musste ich die Nacht von Mon-tag auf Dienstag in einer Zelle auf der Po-lizeiwache in Bonn verbringen, bevor icham Dienstag (11.12) zum Haftprfungster-min zur Bundesanwaltschaft nach Karlsru-he gebracht wurde. Dort konnte meine An-wltin erreichen, dass ich unter der Aufla-ge, Deutschland nicht zu verlassen, mich

    jeden Freitag auf der Polizeiwache meinesHeimatortes zu melden und unter Hinterle-gung von 5000 Euro Kaution noch am sel-ben Tag auf freien Fu gesetzt wurde. Was die Anschuldigungen betrifft, muss

    ich natrlich erst einmal die entsprechen-den Akten einsehen, bisher ist mir nur der Haftbefehl bekannt. Im Anklagezeitraumwar ich fr das Informationszentrum fr Freie Vlker in Kln ttig, einem Men-schenrechtsverein, der sich fr Menschen-rechte in der Trkei einsetzte. In dem Zu-sammenhang hatte ich natrlich auch Ver-bindungen zur in der Trkei verbotenen, inDeutschland aber bis August 1998 legalen

    DHKP-C. Die damals ebenfalls von mir her-ausgegebene Zeitung Kurtulus wurde imDHKP-C Verbotsverfahren im August 1998ebenfalls verboten.

    Politisch unbequeme journalistische Ar-beit und linke Menschenrechtsarbeit recht-fertigen nicht den Vorwurf des Terrorismus.Ich vermute, dass mit meiner Festnahme inDeutschland eine Diskussion um Folter inder EU verhindert werden sollte. In seinemBuch beschreibt Savvas Xiros nmlich de-tailliert, wie er nach seiner Verhaftung 2002trotz schwerster Verletzungen von den Si-cherheitsbehrden des EU-MitgliedslandesGriechenland auf der Intensivstation in ei-nem Athener Krankenhaus gefoltert und zu

    Aussagen erpresst wurde. Man muss beilei-be kein Anhnger der 17N sein, um das indem Buch geschilderte Agieren von Polizeiund Geheimdiensten in der EuropischenUnion als skandals und Versto gegen die

    Antifolterkonvention zu bezeichnen.Trotz aller Behinderungsversuche war die

    Lesereise ein voller Erfolg. Vor allem auf der Buchvorstellung bei der Linke Buch-messe in Nrnberg war der ber etwa 100Sitzpltze verfgende Saal vllig berfllt.Guantanamo auf griechisch wurde amMittwoch auf Einladung der Linksfraktionauch wie geplant im Bundestag vorgestellt.Deren innenpolitische Sprecherin Ulla Jel-pke kritisierte bei der Gelegenheit das ab-surde Ermittlungsverfahren gegen einecouragierte Journalistin und den ge-zielten Einschchterungsversuch zu Be-ginn einer Vortragsreise ber Folter an po-litischen Gefangenen.

    Savvas Xiros anseine LeserInnen inder BRDAls Gruwort einige Gedanken an dieFreundInnen und GenossenInnen inDeutschland, anlsslich der Vorstellung desBuches Guantanamo auf griechisch - Zeit-genssische Folter im Rechtsstaat.

    Gegenstand des Buches ist ein Thema mitpolitischen, gesellschaftlichen und juristi-schen Auswirkungen: Im Jahre 2002 wur-

    den innerhalb der Grenzen der EU, unter dem Einsatz moderner pharmazeutischer Methoden, die beim Verhrten zu Persn-lichkeitsvernderungen fhren - zum see-lischen Tod, wie der Mediziner sagt - Ver-

    hre unter Folter gefhrt. In einer zentra-len Universittsklinik eines staatlichen

    Krankenhauses in Athen, deren Intensiv-station in eine Folterkammer fr einen zwi-schen Leben und Tod schwebendenSchwerverletzten verwandelt wurde. Unter Mitwirkung von Wissenschaftlern aus Me-dizin und auslndischen Geheimdiensten,unter dem Schutz der Staatsanwaltschaftund auf unmittelbare Anweisung aus der Politik.

    Ist es also eine zufllige Entgleisung oder eine notwendige Folge, wenn der Rechts-staat genau in dem Moment, in dem er sei-ne fr sich in Anspruch genommene ber-legenheit zeigen und den politischen Geg-

    ner zum Verstummen bringen knnte, sichgezwungen sieht, ihn statt dessen auer Kraft zu setzen?

    Die selektive Ersetzung des Rechtssy-stems durch das Gesetz der Lynchjustiz hatSavvas Xiros, links im Bild

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    die gleichen Auswirkungen, ob sie nun ei-nen Schuldigen oder Unschuldigen (im Sin-ne des Strafgesetzes) betrifft. Nicht nur, weilsie jemanden verurteilt, - und zwar zu ei-ner mittelalterlichen Strafe - bevor er noch

    vor Gericht gestellt wurde. Sondern vor al-lem, weil die Verletzung der Rechtsstaat-lichkeit durch den Staat diesen selbst zumSchuldigen macht. Und weil eine solche

    Verletzung der Rechtsstaatlichkeit eben

    nicht nur auf besondere Flle beschrnktwerden kann. Denn Willkr lsst sich nichtbeschrnken, kennt keine Kriterien, son-dern wird eben gerade willkrlich einge-setzt. Wenn das Rechtssystem wahlweise legal

    oder illegal angewendet werden kann, dannhngt die Auswahl der ersten Alternative

    vom guten Willen des Anwenders ab. Dieschlimmste Geiel aber entspringt demje-nigen, dessen Moralvorstellungen und

    Werte einfach nur durch das Strafgesetz-buches bestimmt sind. So jemand kann al-les ignorieren, was weit von ihm entferntstattfindet, oder auf eine Weise nutzen, dienicht mit Paragraphen und Vorschriften inKonflikt kommt. Man erschaudert, wennman nur drber nachdenkt, was alles imEinklang mit dem Gesetz gemacht werdenkann.

    Das Fehlen eines Sicherheitsmechanis-mus zur Verhtung oder Verhinderung vonFoltervorfllen fhrt zu ihrer schrittweisenLegalisierung. Anfangs durch das schwei-gende Tolerieren der Folter selbst und sp-ter durch die Verwendung der Folterpro-dukte in Urteilen, die in jedem Fall politischgedeckt werden. Dann reicht eine einzigeBesttigung eines solchen Urteils durch ei-nen Obersten Gerichtshof und die Rechts-wissenschaft verfgt ber einen Prze-denzfall, durch den Folter knftig gesetz-lich legitimiert ist.

    Folterungen, wie sie in den geheimenoder auch nicht geheimen Gefngnissenrund um die Welt vorgenommen werden,gelten jetzt schon als akzeptabel im Nameneiner sowohl unbestimmten als auchheuchlerischen Sicherheit. Die Durchset-zung eines einheitlichen Netzes an unter-einander durch zwischenstaatliche Abkom-

    men verbundenen Terrorgesetzen, die etap-penweise Strkung des Repressionsappara-tes und die direkte oder indirekte Legali-sierung extremer Repression wird unter der heute gltigen globalisierten Ausbeutungals unter allen Umstnden notwendig pr-sentiert.

    Trotz allem ist die Methodik zur Herr-schaftssicherung des Wertesystems der Neuen Weltordnung nicht unbesiegbar.

    Wenn sie sich zu einem groen Teil auf dasSchweigen, das Unwissen, die Desorientie-rung, die Fehlorientierung, die Erzeugung

    von Deftismus, den Rckzug, die Uninter-

    essiertheit sttzen, dann ist alles, was sichdagegen richtet eine gute Art von Wider-stand.Savvas Xiros,Gefngnis Korydallos, 9.11.2007

    Savvas Xiros mussraus!Die Website http://freesavvasxiros.webs.com wurde eingerichtet, um die Forderungnach Freilassung des in Griechenland ein-sitzenden politischen Gefangenen SavvasXiros zu untersttzen, dessen Haftbedin-gungen ein fortwhrendes Verbrechen dar-stellen.

    Die Geschichte von Savvas Xiros ist nichtnur in Griechenland, sondern internationalbekannt. In seinen Hnden explodierte imSommer 2002 vorzeitig eine selbst gefer-tigte Bombe, gedacht fr einen Anschlagauf einen leer stehenden Verkaufskiosk ei-ner griechischen Schifffahrtsgesellschaft.Savvas wurde durch die Explosion schwer

    verletzt und zwischen Leben und Todschwebend auf die Intensivstation einesKrankenhauses gebracht. Die dortige rzt-liche Behandlung zur Rettung des Lebensdes Verletzten wurde vom ersten Augen-blick an begleitet durch barbarische Ver-hre, mit denen ihm Informationen ber dieRevolutionre Organisation 17. Novem-ber, 17N, der Savvas angehrte, abgepres-st werden sollten. Seine Erfahrungen auf der Intensivstation hat Savvas Xiros in ei-nem Buch beschrieben, das im Dezember 2007 im Pahl-Rugenstein-Verlag unter demTitel Guantanamo auf griechisch - Zeit-genssische Folter im Rechtsstaat in deut-scher Sprache erschienen ist.

    Die durch die Explosion und die Be-handlung der Untersuchungsbehrden er-littenen Schden (eine Behandlung, die er

    als das Verbrechen des Evangelismos-Krankenhauses bezeichnet) sind schwer-ster Art. Der zu fnf Mal lebenslnglich ver-urteilte Savvas Xiros sitzt derzeit sein sech-stes Jahr zusammen mit anderen im glei-chen Prozess gegen mutmaliche Mitglie-der der 17N Verurteilten unter eigens fr diese politischen Gefangenen geschaffenenIsolationsbedingungen ab. Savvas hat dreiFinger der rechten Hand verloren, ist fast

    blind, fast taub und leidet unter schwerenGesundheitsschden wie Atemproblemen,Gleichgewichtsstrungen, Schden desNervensystems und den Nachwirkungeninnerer Verletzungen. Das wenige ihm ver-bliebene Augenlicht droht im Gefngnisunwiederbringlich verloren zu gehen.

    Obwohl diese schweren Gesundheits-schden rztlich dokumentiert sind, sind al-le drei bisher von Savvas gestellten Antr-ge auf Strafaussetzung zur Behandlung ineinem Krankenhaus von den Behrden ab-gelehnt worden.

    Deswegen hat seine Verteidigung dieseInitiative zur Sammlung von Unterschrif-ten gestartet, um das Selbstverstndliche zufordern: Die Entlassung von Savvas Xirosaus dem Gefngnis.

    Die gesammelten Unterschriften werdenzur Untersttzung eines entsprechenden

    Antrages verwendet werden.

    Text zur Unterschriftensammlung Wir, die Unterschreibenden, fordern, dassSavvas Xiros, der seit 2002 mit schwerengesundheitlichen Problemen, wie Atembe-schwerden, Gleichgewichtsstrungen, feh-lenden Fingern an einer Hand, Hrschdenund einer schweren Sehbehinderung mitdrohender vollstndiger Erblindung im Ge-

    fngnis von Korydallos unter Sonder-haftbedingungen einsitzt, aus dem Ge-fngnis entlassen wird. Wir sind der Meinung, dass weder die

    Natur der Straftaten fr die er eine Stra-fe absitzt, noch das besondere Gewicht,das dem Fall 17N zugemessen wird, als

    Vorwand und noch viel weniger als Be-grndung herhalten knnen, um einenMenschen in derartiger Situation, mitnachgewiesenen schweren Gesundheit-

    sproblemen und drohenden unwiderruf-lichen Gesundheitsschden im Gefngniszu halten.

    Drei Antrge auf Haftverschonung wur-den bisher abgelehnt. Wir fordern, dass Savvas Xiros, unab-

    hngig von jeder Interessenslage, die da-gegen spricht, unverzglich aus dem Ge-fngnis entlassen wird, damit der Rest an

    Augenlicht, ber das er noch verfgt ge-rettet und seinen anderen bedrohlichenGesundheitsprobleme behandelt werdenknnen.

    Den link http://freesavvasxiros.webs.comanklicken und dann unterschreiben.Menschen, wie z.B. Gefangene, die keinenZugang zum Internet haben, knnen die Un-terschrift ans Info schicken.

    Tageszeitung Avriani vom 10. Juli 2002 (Fo-to): Riesiger journalistischer Erfolg. Alter (griechischer privater Fernsehsender) foto-grafierte Xiros!

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    Axel, Florianund Oliversind frei ...Axel, Florian und Oliver wurden am 28. No-vember aus der Untersuchungshaft entlas-sen. Ihre Freilassung, aber auch das wei-terhin laufende Ermittlungsverfahren ge-gen sie regt dazu an, sich fr einen brei-ten, antimilitaristischen Widerstand zu en-gagieren. Auch die derzeitigen politischen

    Verhltnisse liefern einen Anlass dazu.

    Am 28.11.2007 hat der Bundesgerichtshof ber die Haftbeschwerde der drei Antimili-taristen Oliver, Florian und Axel entschie-den und damit ber die Frage, ob der An-titerrorismus-Paragraph 129a, der deutscheGesinnungs- und Ausschnffelungspara-graph, weiter Haftgrund bleiben soll oder nicht.

    Der Bundesgerichtshof ist der Anklageder Bundesanwaltschaft nicht gefolgt, son-dern hat die den Inhaftierten vorgeworfe-ne versuchte Brandstiftung an Bundes-wehrlastwagen nicht als terroristischen,sondern als kriminellen Akt definiert. Fr die drei Gefangenen bedeutete das die

    Auer-Vollzug-Setzung der Haftbefehle -nach fast 4 Monaten im Knast Berlin-Mo-abit unter den Bedingungen des 129a.

    Dennoch muss weiterhin gegen die Poli-tik der Ausschnffelung linker Szenen pro-testiert werden, die die Anwendung des129(a) in diesem Verfahren ebenso wie inanderen laufenden 129(a)-Verfahren lngstermglicht hat. Das gleiche gilt fr die Po-litik der berwachung, die mit massiver Be-spitzelung, Strategien so genannter prventiver Kriminalittsbekmpfungarbeitet, mit dem Ziel der Ausforschung lin-ker Szenen und der Einschchterung des

    politischen und persnlichen Umfeldes der Angeklagten.

    Vor allem aber - und das sollte im Zen-trum stehen: Es gilt weiterhin gegen die inder Entscheidung des BGH aufrechterhal-tene Kriminalisierung antimilitaristischen

    Widerstandes vorzugehen: Gegen die Un- verhltnismigkeit dieser Entscheidung,dagegen, dass eine konkrete Abrstungs-aktion - der Versuch, Kriegsmaterial un-

    schdlich zu machen - als Verbrechen, alskrimineller Akt eingestuft wird. Demge-genber gelten die eigentlichen kriminel-len Akte, die im Zuge von deutschen Kriegs-einstzen geschehen, insbesondere Angrif-fe auf Zivilbevlkerungen - genannt Kol-lateralschden - als legitim und die dafr

    Verantwortlichen bleiben straflos.

    Die Anti-Kriegs-Aktion, die Oliver, Axelund Florian vorgeworfen wird, war ein Bei-trag zur antimilitaristischen Bewegung undder Friedensbewegung, die seit dem Jugos-lawienkrieg gegen deutsche Kriegseinstzeprotestieren. Dieser Krieg etablierte neue

    Verhltnisse einer deutschen Normalitt- er erinnerte aber auch so manche daran,dass es ein im Grundgesetz verankertes

    Recht auf Widerstand gegen vlkerrechts-widrige Kriege gibt. Wir haben es mit einer Normalisierung

    von militrischen Auslandseinstzen zur Absicherung geopolitischer StrategienDeutschlands oder der EU in der Sicherung

    von Einflusszonen, Wirtschaftsmrktenund Rohstoffquellen zu tun - und auch miteiner schleichenden Militarisierung von In-nenpolitik. Alles Tatsachen, die verschie-

    denste Formen des Widerstandes, antimili-taristische Kampagnen, Bewegungen und Aktionen notwendig machen:

    - Die Bundeswehr ist international mitber 9.000 Soldaten in acht Kriegseinstze

    verwickelt, bei denen tglich Menschensterben. Die Medien nennen dies Kollate-ralschden, um das Erschrecken darber,

    um eine Terrorangst, die hier berechtigtwre - wie etwa zu Zeiten des Vietnam-kriegs - zur verhindern. Die gewhlteSprache macht diesen Kriegsterror asep-tisch und bilderlos. Auch die Flchtlingeaus diesen Regionen sollen die wirklichenTerrorbilder und -erfahrungen nicht zuuns bringen - dafr sorgen Abschottungs-und Lagerpolitiken, so genanntes kon-fliktnahes Migrationsmanagement.

    - Diese Militarisierung der Auenpoli-tik wird zunehmend auch auf europi-scher Ebene etabliert - etwa ber die mas-sive Beteiligung deutscher SoldatInnen anden europischen battle groups alsSpeerspitze der EU-Eingreiftruppen. DieMilitarisierung europischer Politik wirdauch ber den EU-Reformvertrag ver-folgt, der einen eigenen europischen Mi-litrhaushalt etablieren soll und die Ver-pflichtung zur Aufrstung enthlt - und

    sich anders als der gescheiterte EU-Verfas-sungsvertrag jeglicher demokratischer Kontrolle entzieht.

    - Die Bundeswehr wird aber auch zuneh-mend im Innern eingesetzt - der Einsatz vonTornado-Aufklrungsflugzeugen ber denCamps der G8-GipfelgegnerInnen war nur ein erstes Signal. Die zivil-militrische Zu-sammenarbeit wird auch ber Katastro-phenschutzbungen und bei Groereignis-

    Brief von Florian, Axel & OlliLiebe Genossen/innen, Freund/innen undUntersttzer/innen! Wir danken Euch auf diese Weise

    nochmals fr eure Solidaritt, Freund-schaft und Loyalitt.

    Mit Euch haben wir die schwierige Zeitim Knast berstanden. Die Briefe und Be-suche der Angehrigen und politischenGenossen/innen, eure Solidaritt gegenihre Repression, die durch die zahlreichenSolidarittsveranstaltungen, Aktionen,Demos, Protesterklrungen an Substanz

    gewonnen haben, waren fr uns mehr alshilfreich. Besonderer Dank gilt auch den Anwlten, die uns intensiv untersttzt ha-ben, und auch den Leuten, die die Kautio-

    nen fr uns organisiert haben.Unsere Haftverschonung und die Auf-hebung des 129 a sind ein Teilerfolg, der durch Euch errungen wurde. Das Ende der Haft war ein besonderer Glcksmomentfr uns.

    Trotzdem gibt es keine Entwarnung! DieGeneralbundesanwaltschaft ermittelt nunim Kontext des 129 (Kriminelle Vereini-gung) weiter, das BKA spioniert und schi-kaniert uns mit groem Aufwand. Ihr Zielist es, nicht nur unsere politische Identitt,sondern natrlich die radikale Linke, fr die weiterhin die Utopie einer befreiten

    Gesellschaft auf der Tagesordnung steht,zu vernichten. Dafr wird der prventiveberwachungsstaat bis auf Weiteres alleseine Mittel einsetzen.

    Wir lassen uns aber nicht einschchternund uns von unserer notwendigen eman-zipatorischen Arbeit abhalten. Wir ma-chen weiter! Wir mssen uns als Ex-Gefangene erst

    wieder im Alltag zurechtfinden, uns etwaserholen, uns gemeinsam mit den Freun-den/innen, Familienangehrigen gegen-seitig stabilisieren, so dass wir wieder al-le fit und stark werden. Wie wir feststel-len mussten, brauchen wir dafr mehr Zeit, als wir bislang dachten.

    Fr den anstehenden Prozess brauchenwir aber auch weiterhin eure Unterstt-

    zung.Danke und mit solidarischen Gren!Florian, Axel & OlliBerlin, Dezember 2007

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    sen wie der WM eingebt. Und angesichtsder Debatte ber den Abschuss ziviler Flug-zeuge warnt selbst Btikofer als Vorsitzen-der der Kriegstreiberpartei der Grnen da-

    vor, dass es hier um eine sehr viel umfas-sendere Etablierung von Kriegsrecht im In-nern geht.

    - Um diese Politik der Militarisierungnach auen und innen dauerhaft etablierenzu knnen, kdert die Bundeswehr Ar-

    beitslose und Jugendliche mit aggressiven Werbekampagnen in Arbeitsmtern, Schu-len und Universitten und nutzt dabei so-ziale Probleme - Arbeitslosigkeit und ins-besondere Jugendarbeitslosigkeit alsDruckmittel, sich in Zeiten von Hartz IV auskonomischen Grnden rekrutieren zu las-sen.

    - Militrische Mobilmachung nach innenund auen schlgt sich auch in einer Um-strukturierung der Haushaltspolitik nieder:

    Whrend der Sozialhaushalt 2008 gekrztwird, steigt der Rstungsetat 2008 um eineweitere Milliarde auf 29,3 Mrd. Euro. Unddeutsche Rstungskonzerne profitierenmassiv von dieser Militarisierung der In-nen- und Auenpolitik: So finanziert Ber-lin mit drei Milliarden Euro den neuenSchtzenpanzer Puma fr die Bundeswehr.

    An der Entwicklung und dem Bau verdientdie PSM GmbH in Kassel, zu je 50 Prozent

    eine Tochtergesellschaft der fhrendendeutschen Rstungskonzerne Krauss-Maf-fei Wegmann und Rheinmetall.

    Diese Militarisierung deutscher Auen-und Innenpolitik und die gleichzeitige un-

    verhltnismige Kriminalisierung von an-timilitaristischem Widerstand sollte dieLinke zum Anlass nehmen, um mit vielfl-tigen Mitteln klarzustellen:

    - Die Bundesregierung und die Bundes-wehr als ausfhrendes Organ sind die ei-gentliche kriminelle Vereinigung!

    - Antimilitaristischer Widerstand ist legi-tim und muss breiter und vielfltiger wer-

    den!- Die Verfahren gegen Axel, Oliver undFlorian und alle anderen 129(a)-Beschul-digten mssen eingestellt werden!http://einstellung.so36.net/

    Zu den ZeugInnen-Vorladungen durchdie BAWStand November 2007

    Im Laufe des aktuellen 129a-Verfahrens ge-

    gen sieben Beschuldigte (mg-Verfahren)gerieten mehrere Menschen aus dem fami-liren, privaten, beruflichen und politi-schen Umfeld der Beschuldigten als Zeu-gInnen in den Blickwinkel der Ermitt-lungsbehrden.

    Nachdem das BKA Vorladungen an dieZeugInnen erfolglos versandt hatte undauch nach Knastbesuchen mit den poten-tiellen ZeugInnen nicht ins Gesprch kam,

    versandte die BAW im Oktober ber 20 Vor-ladungen zur ZeugInnen-Vernehmungnach Berlin, wo man kurzer Hand beim BKABerlin eine Auenstelle Karlsruhe einrich-tete. Dabei waren mehrere Beamte der BAWsowie des BKA zugegen, die Betroffenenhatten zur Untersttzung AnwltInnen da-bei, und vor der Tr fand eine Solikundge-bung mit ca. 100 TeilnehmerInnen statt.

    Zu Beginn der Fragestunde wollte dieBAW von mehreren Vorgeladenen wissen,was fr eine Schulbildung sie denn htten.

    Auf den Hinweis der AnwltInnen, dass dieswohl berhaupt nichts zur Sache tte, war die Antwort, man wolle schlielich wissen,mit wem man es zu tun habe bzw. was fr einen Bildungsstand die jeweilige befragtePerson htte. Es wurde abgelehnt, auf dieFrage zu antworten. Im Weiteren haben fastalle Geladenen die Aussage verweigert. Obeine/r ein Zeugnisverweigerungsrecht (eswurde sich dabei auf 53 und 55 StPOberufen) zugestanden wird, ist noch nichtentschieden.

    Der Mehrzahl der ZeugInnen, die die Aus-sage komplett verweigert haben, wurdenein Ordnungsgeld und eine zweite Ladungnach Karlsruhe in Aussicht gestellt. Bisher hat niemand einen Ordnungsgeldbeschlusserhalten. Jedoch wird trotz der Aussetzungder Haftbefehle von Axel, Florian und Oli-

    ver und nachdem der Vorwurf des 129aStGB fallengelassen wurde, mit weiteren Aktivitten durch Frau Vanoni (jung-dy-namisch und erfolglose Staatsanwltin der BAW) und ihre BAW-Vereinigung gerech-

    net.Einige ZeugInnen beantworteten einzel-

    ne Fragen der BAW, die jedoch nichts mitden aktuellen Tatvorwrfen zu tun hatten.Ziel dieser Befragungen war die Erstellung

    von Persnlichkeitsprofilen der Beschul-digten und Dritter. Hieran sieht man, wieweit ihr Ermittlungsinteresse geht.

    Mit den Zwangsmitteln von Ordnungs-geld bis maximal 1.000,00 Euro und Beu-

    gehaft bis zu sechs Monaten sollen auch indiesem Verfahren ZeugInnen gezwungenwerden, gegen ihre Freunde und Bekannteauszusagen. Dabei steht den Betroffenenein Aussageverweigerungsrecht nur dannzu, wenn sie entweder mit den Beschuldig-ten verlobt, verwandt oder sonst in einemfamiliren Verhltnis stehen ( 52 StPO),wenn sie sich durch ihre Aussagen selbstbelasten knnten ( 55 StPO) oder wenn sieBerufsgeheimnistrgerInnen (z.B. Rechts-anwltInnen, JournalistInnen, rztInnen)sind (53 StPO).

    Neben Ordnungsgeldern, Anwaltsho-noraren, mssen im Fall von Beugehaftauerdem laufende Kosten fr Miete, Kran-kenkassenversicherung etc. bezahlt wer-den. Mit diesen Problemen wollen wir dieBetroffenen nicht allein lassen. Darumbentigen wir dringend Spenden! SammeltGeld, macht Partys und/oder berlegt EuchPatenschaften und teilt dies der ZeugInnen-Gruppe mit!Solidaritt statt Paranoia!!!Wir lassen niemanden allein!Aussageverweigerungsrecht fr ALLE!Schafft ffentlichkeit! Sammelt Spenden!Kontakt: [email protected]

    Der TotalverweigererMoritz ist wieder freiMoritz Kagelmann (siehe Gefangenen Info330) ist am 11.12. berraschend aus dem

    vierten Arrest und aus der Bundeswehr ent-lassen worden. Er war zum Oktober 2007einberufen worden, trat den Kriegsdienstaber nicht an. Feldjger fhrten ihn Mitte

    Oktober der Truppe zu. Gegen ihn wurden vier so genannte Disziplinararreste in Hhe von 7, 14, 20 und 21 Tagen verhngt.

    Der vierte Arrest htte am 19.12. geen-det.

    KurzmeldungenIn der Ausgabe vom Freitag 51/52 ist ein lngeres Interview mit Christian Klarer-schienen. Auch im Netz unter: www.freitag.de oder www.political-prisoners.net zulesen.

    Christian selbst ist seit ber 25 Jahren inhaftiert und kommt frhestens Anfang 2009frei.Fr das Jahr 2008 soll es laut dem Justizminister Baden-Wrttembergs Ulrich Gollendlich fr Christian Hafterleichterungen geben. (junge Welt 7.12.)

    Gleichzeitig hat die Bundesanwaltschaft gegen ihn und gegen 3 ehemalige Gefan-gene aus der RAFBrigitte Mohnhaupt, Knut Folkerts und Gnter SonnenbergBeu-gehaft fr sechs Monaten wegen Aussageverweigerung beantragt.( jW 15.12.)

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    ich bin nur ausfhrendes Organ - es ist von oben angeordnet!ich zu dem Kalfaktor bei der Essensausgabe an der Tr der Einzelzelle:guten Tag, wie heit du?keine Unterhaltung - sagt der Schlieer - es ist von oben angeordnet!

    ein Gefangener durch das vergitterte Fenster beim Hofgang zu mir:eh, warum hast du Einzelhofgang?nicht stehen bleiben, keine Gesprche, weitergehen - sagt der Schlieer - es ist

    von oben angeordnet!

    ich versuche die Liste der Sonderhaftbedingungen durchzulesen, die an der Auenseite meiner Zellentr hngt:nicht lesen, in die Zelle treten - sagt der Schlieer - es ist von oben angeordnet!

    ich bleibe auf dem Hof stehen - in der Freistunde - an einer Stelle, wo ich die Kundgebung vor dem Knast besser mitbekommen kann:Rundgang fortsetzen, oder die vorgesehenen Bnke zum Sitzen benutzen - sagt der Schlieer - es ist von oben angeordnet!

    Anwaltsbesuch ist angekndigt, davor Zellenrazzia.Leibesvisitation vor der Zellenrazzia, Leibesvisitation nach der Zellenrazzia und erneut vor dem Besuch, der sowieso mit Trennscheibe stattfindet, Leibesvisitation nach dem Besuch.wo, was zu mir nehmen und verstecken?die Anweisung kommt von oben - sagt der Durchsuchungsbeamte - es ist angeordnet!

    SIE sind oft unbeteiligt,IHRE Gesichter manchmal auch freundlich-verlegen,Ihre Blicke heischen Verstndnis.aber IHR Gru trifft ins Leere:Unverstndnis, Verwirrung auf IHRER Seite.

    was mir Angst macht sind nicht einzelne Leute, nicht Temperamente, Charakterzge, politische Einstellung,nicht Gegner zum Greifen,es ist der Apparat, den SIE bilden:gehorchen, Erfllen der Pflicht - anonym, gesichtslos und scheinbar ohne eigene Absicht.IHR Gewissen, der Diensteid.ein Apparat, wozu kann und wird er dienen?die Geschichte ein Lehrstck!

    SIE qulen dich, SIE foltern dich, SIE tten dich,SIE verbieten dir das sprechen - mit IHNEN spricht niemand.ich bin nur ausfhrendes Organ - sagt der Schlieer, der Polizist, der Soldat - es ist von oben angeordnet!IHRE Blicke bitten um Zustimmung, um Verstndnis.

    Hamburg, Untersuchungsgefngnis, Herbst 1989, Fritz Storim

    Freispruch fr Matti Am 13.12. ging vor dem Amtsgericht Tier-garten der Prozess wegen gefhrlicher Kr-perverletzung gegen den Gewerkschafter und Antifaschisten Matthias Z. mit einemFreispruch zu Ende. Am letzten Verhandlungstag forderten der

    Vertreter der Staatsanwaltschaft und die An-wlte der Nebenklger einen Freispruch austatschlichen Grnden fr Matthias Z. be-zglich des Vorwurfs der gefhrlichen Kr-perverletzung.

    Matthias Z. wurde vorgeworfen, am 29.November 2006 an einer Auseinanderset-zung zwischen zwei verurteilten Neonazisund vermeintlich Linken in Berlin-Lichten-berg beteiligt gewesen zu sein. Nur durch die

    Aussagen der zwei polizeibekannten Neona-zis konstruierten der Polizeiliche Staats-schutz des Landeskriminalamtes (LKA) sowiedie politische Abteilung der Staatsanwalt-schaft den Vorwurf des versuchten Tot-

    schlags gegen Matthias Z. Der Beschuldigtewar den beiden militanten Neonazis auf-grund seines antifaschistischen Engage-ments bereits bekannt. Sie legten den ermit-telnden Beamten ein Foto von Matthias Z.aus ihrer Anti-Antifa-Feindkartei vor.

    Bereits am zweiten Prozesstag war der bisdahin nur auer Vollzug gesetzte Haftbefehlgegen Matthias Z. aufgehoben worden,nachdem bereits vor Monaten das Konstruktdes versuchten Totschlags in sich zusam-menbrach. Am 13.12. nun musste sich der Staats-

    schutzbeamte den Fragen des Gerichts stel-len, der die Vernehmung der Belastungszeu-gin gefhrt hatte. Offenbar hatte er die Neo-nazizeugen in einem anderen Verfahren von

    vornherein als unglaubwrdig und deren

    Angaben als zweifelhaft eingeschtzt. Dieshinderte ihn jedoch nicht daran, wenige Mi-nuten spter den zweifelhaften Aussagenderselben Belastungszeugin gegen MatthiasZ. Glauben zu schenken. Er konnte dem Ge-

    richt und der Verteidigung nicht erklren,warum er diese offenkundigen Zweifel an der Glaubwrdigkeit der Zeugin P. als Bearbei-ter des gegen Matthias Z. gefhrten Verfah-rens nicht mit einem Wort aktenkundig ge-macht hatte. Dieses Versumnis wiegt umsoschwerer, als gegen Matthias Z. zum Zeit-punkt der Vernehmung bereits Untersu-chungshaft vollstreckt wurde. Dieses war dem vernehmenden LKA-Beamten, der denHaftbefehl nur wenige Tage zuvor selbst an-geregt hatte, auch bekannt. Ein anderer Staatsschtzer versuchte darzulegen, dass ei-ne Matthias Z. entlastende Auswertung sei-ner Telefonverbindungen ein Indiz fr seineTterschaft sei, da er zum Tatzeitpunkt ab-sichtlich nicht telefoniert habe. Diese Er-mittlungsmethoden wurden durch die Ver-

    teidigung scharf kritisiert.Rechtsanwalt Dr. Gercke, einer der An-wlte von Matthias Z., berichtete von Aus-sagen des damals die Ermittlungen fhren-den Staatsanwaltes, der bereits beim ersten

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    Haftprfungstermin erklrt habe, man ms-se ein Zeichen gegen politische Gewalt imLichtenberger Weitlingkiez setzen. Rechts-anwalt Daniel Wlky legte in seinem Pl-doyer dar, dass es explizite Strategie der An-ti-Antifa ist, politische Gegner willkrlichschwerer Straftaten zu bezichtigen. Rechts-anwalt Dr. Pananis verwies auf die schwer-wiegenden Folgen der monatelangen Unter-suchungshaft fr Matthias Z.

    Die Sprecher der Solidarittsgruppe Frei-heit fr Matti, Stefan Jakob und MarinaKochova, erklren hierzu: Der Prozessver-lauf hat gezeigt, dass der Staatsschutz nichtdavor zurckschreckt, unserise Ermitt-lungsmethoden einzusetzen und dabei auchdie Inhaftierung Unschuldiger in Kauf zunehmen.http://freiheitfuermatti.com/index.php?opt ion=com_content&task=view&id=132&Itemid=71

    Solidaritt mit Andrea!Gefangene aus der ANTIFASCHISTISCHENBEWEGUNG

    Am 1. Dezember wurde die Berliner Antifa-schistin Andrea im Umfeld der im SdostenBerlins stattfindenden Neonazi-Demonstra-tion von Zivilbeamten der politischen Ab-teilung des LKA festgenommen. Seit fnf Monaten hatte sie sich dem Haftantritt am2. August in den geschlossenen Vollzug inBerlin-Lichtenberg erfolgreich widersetzt, dasie viel lieber auerhalb der Mauern gegendie vorherrschenden Zustnde kmpft, alshinter grauen Mauern zu sitzen. Die folgen-den 14 Monate wird sie nun hinter Gittern

    verbringen mssen und dabei ist sie auf un-sere Solidaritt von auerhalb angewiesen.

    Nach anderthalb Wochen in Lichtenbergwurde Andrea berraschenderweise am 11.Dezember nach Berlin-Pankow verlegt, da-mit entfiel ein schon genehmigter bevorste-hender Besuchstermin, die zustndigen Be-diensteten weigerten sich, kooperativ zu sein,auerdem mssten alle Antrge (Pakete,Sport, Besuche,...) neu gestellt werden. Am 12. Juli 2007 verurteilte das Landge-

    richt Mnchen sie zu 4 Monaten Haft ohneBewhrung. Obwohl es an dem Tag keine lin-ke Demonstration gab und deswegen dasTragen von Pfefferspray vllig legal war, be-grndete das Gericht die Verurteilung damit,dass im ganzen Bezirk ein Ausnahmezustandherrschte, allerdings gab es keinerlei ffent-liche Mitteilung an die rtliche Bevlkerungdarber. Aufgrund dieses Urteils erfolgte zu-dem ein Bewhrungswiderruf von drei Mo-naten wegen des Mitfhrens von mit Pfeffer gefllten Eiern bei einer antifaschistischen

    Aktion am 1. Mai 2005 in Berlin.In einem Sammelverfahren wurde sie am31. Juli zu weiteren fnf Monaten verurteilt.

    Angeklagt wurde sie aufgrund einer Aktionder berflssigen in der Auslnderbehrde

    Berlin-Lichtenberg im Oktober 2006, Block-adeversuch bei einem Neonazi-Aufmarschesim August 2006 und wegen Vermummungbei Protesten gegen die Neonazi-Demon-stration zur JVA Tegel aus Solidaritt mitdem Landsersnger Michael Regner (Luni-koff) im Oktober 2006.

    Dazu kommen noch zwei weitere MonateHaft ohne Bewhrung wegen einer Hausbe-setzung in der Liebigstrae in Berlin-Frie-drichshain.

    Die Urteile sind eindeutig politisch moti- viert, da damit erreicht werden sollte, dasseine unbeugsame politische Aktivistin fr ei-ne lange Zeit hinter Gittern verschwindet.Schreibt Karten und Briefe:

    Andrea Neff Bnr: 746/07/2

    Justizvollzugsanstalt fr Frauen in Berlin Arkonastrae 5613189 BerlinSpendet Geld:Rote Hilfe e.V.Kontonummer: 7189590600BLZ: 100 200 00 Berliner BankVerwendungszweck: Soli Andreaanarchist black cross Berlin

    Neues zu Christian S.Ein anderer Berliner Aktivist kam am 30.11.

    vermummt zu einem Prozess gegen ihn. AlsBegrndung gab er an: Ich habe den heu-tigen Prozess gegen mich zum Anlass ge-nommen, um fr die Freiheit von ChristianS. zu demonstrieren. Christian vegetiert imGefngnis, weil die Polizei (LKA) und dieStaatsanwaltschaft gegen ihn Straftatenkonstruiert haben. Zudem setzen sie sich mitHilfe anderer Repressionsorgane ber Geset-

    ze hinweg. Beispielsweise am 26.06 2007 undam 10.09.2007 traten Polizeibeamte maskiertund mit Codiernummer im Gericht Turm-strae auf, um gegen Christian auszusagen.

    Aber auch die ungengende gesundheitliche

    Versorgung von Christian ist auszurumen.Darum werde ich whrend meinem ,Prozessim Gericht maskiert auftreten und mich nur mit meiner Codiernummer anreden lassen.

    Was die knnen, das knnen wir schon lan-ge!

    - Die Staatsanwaltschaft Berlin will gegendas Urteil im 13.12.2005 Prozess nicht in Re-

    vision gehen. Damit ist das Urteil rechts-krftig und Christian in der Sache freige-sprochen. Leila allerdings wurde zu 1800,-Euro Strafe verurteilt, weil sie in Dresden

    Waffen mit sich fhrte. Den beiden war vor-geworfen , anlsslich eines Nazisaufmar-sches Anfang des Jahres 2005, ein Flaschein Richtung der Polizei geworfen zu haben.

    - Christian hat in der dritten Dezember-woche seinen Vollzugsplan in der JVA-Tegelbekommen. Nach Auffassung der Anstalts-leitung hat er keine Chance auf Offenen Voll-zug, da er Hass auf faschistische Organisa-tionen hat und diesen offenbar nicht unter-drcken kann. Auch sein Umfeld habe die-sen antifaschistischen ,Virus, was ihm eineschlechte Sozialprognose beschert.

    Es gibt jetzt eine Soliseite auf franzsisch,die sich mit Christians Fall beschftigt.www.conf-free-christian.info

    Grubotschaft frAndrea und ChristianLiebe Andrea!Lieber Christian! Wir sind heute auf einer Veranstaltung

    in Hamburg zu dem im Knast fr 46 Mo-nate weggesperrten Berliner Antifaschi-

    sten Christian S.Geplant war ursprnglich, da du And-rea, die Beitrge mit vorbereitet hast, dassdu folglich auch hier sprechen solltest. Am Samstag, den 1.12. ,bist du anlss-

    lich einer anti-faschistischen Demo inBerlin verhaftet worden. 14 Monate mus-st du wegen verschiedener Aktionen ge-gen das herrschende Unrecht im Knast ab-brummen.

    Christian ist wegen zweier anti-faschi-

    stischen Aktionen inhaftiert worden. Er wird wegen seiner politischer Gesinnungim Knast von Nazis mit dem Tod bedrohtund der Staat schaut dabei weg und schi-kaniert ihn trotz seines angegriffenen Ge-sundheitszustandes ebenso weiter.

    Euch beide, Andrea und Christian, las-st euch nicht unterkriegen und viele herz-liche Gre!

    Wir werden uns dafr einsetzen, dassihr so bald wie mglich wieder drauenseid!

    Deshalb: Power durch die Mauer, bis siebricht!

    TeilnehmerInnen einer Veranstaltungs-reihe gegen Repression und 129a, dieim Vorfeld der Demo Out of Control, am12.12., in Hamburg in der Schwarzen Kat-ze mit der Jugendantifa stattfand.

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    Erfurter Antifaschist vorGerichtGewerkschaft entzog ihm die SolidarittIm Januar 2008 wird in Erfurt der haupt-amtliche Sekretr der Dienstleistungsge-werkschaft ver.di in Thringen, Angelo Lu-cifero, vor Gericht stehen. Er hatte sich mit

    einer Schreckschusspistole gegen einen Angriff von Neonazis gewehrt.Der Vorfall ereignete sich im Mrz 2007

    whrend einer Demonstration gegen Sozi-alabbau in der Erfurter Innenstadt. EinBlock von knapp 50 Rechtsextremisten seimit Kameradschafts- und NPD-Fahnenaufmarschiert und gegen bekannte Linke

    vorgegangen, berichteten Augenzeugen. Auch Lucifero habe einen Schlag auf denRcken bekommen. Als er sich mit einer Schreckschusspistole wehrte, wurde der Gewerkschafter festgenommen und erken-nungsdienstlich behandelt.

    Statt ber die Einschchterungsversucheund die Angriffe der Neonazis zu berich-ten, setzte eine Medienkampagne gegenden Antifaschisten ein. Sie reichte von der NPD, die die sofortige Entlassung des Ge-werkschaftssekretrs forderte, bis zu Abge-ordneten der Thringer CDU-Landtags-fraktion, die Lucifero ein zweifelhaftes De-mokratieverstndnis vorwarfen. Die Ost-thringer Zeitung emprte sich: Der ausItalien stammende Organisator zahlloser Demos gegen Rechts fhlt sich sofort als

    Auslnder stigmatisiert und von den Behr-den kriminalisiert, sobald er auf die Spiel-regeln des Rechtsstaats verwiesen wird.

    Aber auch innerhalb des DGB gab es von Anfang an Kritik. So erklrte der Thringi-sche Landesbezirksleiter der Gewerkschaft

    ver.di, Thomas Vo: Wir knnen und wol-len uns nicht der gleichen Mittel bedienen,wie man sie aus dem rechtsradikalen Raumkennt.

    Mitte Dezember gab der DGB nun demDruck nach und entlie Lucifero. Da dieSchlsse ausgewechselt waren, kam er nicht an seine Arbeitsmaterialien.

    Untersttzung bekam Lucifero von dem

    Bndnis Gewerkschafter gegen Rechts.Sie forderten in einem Offenen Brief, der von ber 280 Gewerkschaftern unter-schrieben wurde, dass Angelo Lucifero die

    volle Untersttzung erhlt und die sofor-tige Rcknahme der Kndigung. Sie sehenin diesem Schritt eine Verbeugung vor denRechten. Als Konsequenz fordern sie, dieSolidaritt mit Lucifero zu verstrken undden Prozess zu besuchen.

    Die Termine sind:Mittwoch, 16. Januar 2008, ab 8 Uhr Mittwoch, 23. Januar 2008, ab 8 Uhr Die Verhandlung findet im Amtsgericht

    Erfurt, Rudolfstrae 46,Raum 18. Aus der Ferne solidarisieren:Nicht nur Teilzeit-, sondern auch virtuel-

    le Solidaritt sind hoch erwnscht! Wir ge-hen davon aus, dass viele vor allem der Aus-

    wrtigen nicht nach Erfurt kommen kn-nen. Wenn ihr trotzdem etwas zum Prozesserklren mchtet, dann schreibt! Ob priva-te Soli-Adressen oder solche, die ihr selbstirgendwo verffentlicht: Wir leiten sie so-fort an Angelo weiter, den ihr parallel auchselbst kontaktieren knnt ([email protected]).Bitte notiert bei allen Soli-Erklrungen, obwir sie auf unserer Homepagehttp://ggr.blogsport.de/ verffentlichen

    sollen; und wenn ja mit welchen eurer An-gaben (Namen, Internet-Adressen etc.oder anonym oder mit fiktiven Namen).

    Fr alle aus Erfurt und Umgebung gibt esam 10. Januar um 19 Uhr bei Radio F.R.E.I.,Gotthardtstrae 21 eine Info-Veranstal-tung. Dort geht es zum einen um die in-haltliche Dimension, aber auch um prakti-sche Fragen des Prozessablaufs. Auf der Homepage http://ggr.blogs-

    port.de/ sind die aktuellen Infos zu finden.Peter Nowak

    Roten Hilfe bedankt sichfr groe SolidarittOffener Brief des Bundesvorstands der Ro-ten Hilfe an alle, die sich whrend der ver-gangenen Kampagne gegen die RH solida-risch gezeigt haben

    Liebe Freundinnen und Freunde,liebe Genossinnen und Genossen,

    im Zusammenhang mit der Wahl der neu-en Juso-Vorsitzenden Franziska Drohselhat in den letzten Wochen eine vehementeKampagne gegen die Rote Hilfe stattgefun-den. Auch wenn viele auf dieser Angele-genheit versucht haben, ihr parteipoliti-sches Sppchen zu kochen, richtete sichdiese Schlammschlacht doch in erster Liniegegen die Solidarittsarbeit der Roten Hil-fe an sich. Der Verfassungsschutz und dieRechtsauen-Strategen der Jungen Frei-heit haben massive Schtzenhilfe gelei-stet, um den Gedanken der strmungs-bergreifenden Solidaritt, dem sich die Ro-

    te Hilfe verpflichtet fhlt, zu torpedieren.Franziska Drohsel hat fr sich persnlichdie Konsequenz gezogen, aus der Roten Hil-fe auszutreten. Wir bedauern das natrlich.Sehr viel wichtiger als der Verlust dieseseinzelnen Mitglieds ist uns aber die Soli-daritt, die wir von ganz unterschiedlichenSeiten erfahren haben. Wir mchten allendanken, die sich in dieser Zeit ffentlich zur Roten Hilfe bekannt haben, LeserInnen-briefe geschrieben und Internetseiten insNetz gestellt haben und die uns in vielenBriefen und Erklrungen den Rcken ge-strkt haben. Ganz besonders freuen wir

    uns ber etliche neue Mitglieder, die gera-de angesichts der Angriffe aus Medien undPolitik den richtigen Zeitpunkt fr gekom-men hielten, in die RH einzutreten.

    Der Verfassungsschutz hat auch whrend

    der letzten Wochen wieder die lcherlichen Vorwurf in den Medien gestreut, die RoteHilfe untersttze die (seit zehn Jahren nichtmehr existierende) RAF. Jedem, der bereitist, mehr zu sehen als die staatliche Propa-ganda, drfte bekannt sein, dass die RoteHilfe sich keiner einzelnen politischen Str-mung der Linken zuordnet und deshalb auf allgemeinpolitische Aussagen verzichtet.

    Was allerdings hinter diesem Vorwurf steht

    und was den Inlandsgeheimdienst so er-bost, ist die Tatsache, dass die Rote Hilfenicht bereit ist, GenossInnen im Gefngniszu vergessen, aus dem Gedchtnis zu ver-drngen und gesellschaftlich zu isolieren.

    Wir beharren auf der banalen Feststellung,dass auch Gefangene Rechte haben, dass sieeingebunden werden mssen in unsere Dis-kussionen und unsere Solidaritt verdie-nen, wenn sie von der politischen Justizdrangsaliert werden. Die Solidaritt mit denGefangenen aus der RAF wird deshalb wei-terhin eines unserer vielen Bettigungsfel-der bleiben. Wir bleiben dabei: die verblie-bene Gefangenen aus der RAF mssen end-lich raus aus dem Knast und die absurdenneuen Ermittlungsverfahren gegen ehema-lige Gefangene mssen unverzglich ein-gestellt werden!

    Es tut gut, zu merken, dass es Menschengibt, die sich vom Getse der Medienkam-pagnen nicht beirren lassen und der RotenHilfe gerade angesichts staatlicher und me-dialer Diffamierungen zur Seite stehen. MitEurer Hilfe werden wir auch im Kommen-den Jahr weiter gegen Repression, politi-sche Justiz und die Einschrnkung politi-scher Rechte aktiv bleiben.

    Noch einmal herzlichen Dank und soli-darische GreMathias Krause fr den Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V. [Gttingen, 23.12.07]

    Solidarittmit den in U-Haft sitzenden Hausbe-

    setzerInnen der Westendstrae!Seit Ende Juni 2007, also jetzt schon nahe-zu ein halbes Jahr, sitzen drei Jugendlicheim Alter zwischen 17 und 19 Jahren wegeneiner Hausbesetzung in der Westendstrae196 in Mnchen bzw. ihrer militanten Ver-teidigung in Untersuchungshaft.

    Was war geschehen?Der Gebudekomplex in der Westendstrae194 - 198 beim alten Straenbahndepot istschon seit einigen Jahren weitgehend un-bewohnt und gehrt der Stadt Mnchen. In

    einer Stadt mit 10% Leerstand bei Broge-buden und dem teuersten Mietniveau inder BRD ein gesellschaftlicher Skandal.Sptestens seit Mitte Juni 2007 war den zu-stndigen Behrden - der Polizeiinspektion

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    Laim, dem Wohnungsamt und dem Jugen-damt (beide Teil des Sozialreferats) - be-kannt, dass Jugendliche aus der Punk-Sze-ne die leer stehenden Wohnungen nutzten.Street der Rumung am Donnerstag

    Abend um 18:30 Uhr. Zwei Condrobs-Mit-arbeiter berichten gegenber der SZ vom2.11.07, dass die drei jetzt in U-Haft Einsit-zenden um 16:15 Uhr in das Haus zurck-gekommen seien. Dies bedeutet, im Zeit-

    raum zwischen Mittag und Viertel nach Vier war mehrere Stunden kein Mensch indem verbarrikadierten Haus und die ber-wachungseinheiten der Polizei wusstendas!

    Um 18:30 Uhr dann der Befehl an das Un-tersttzungskommando USK, das Haus oh-ne Vorankndigung zu strmen. Die ber-raschten drei Punks verteidigen sich. Esfliegen Steine auf die mit Helmen, Schil-dern, Brustpanzern, Arm- und Schienbein-schonern schwer gepanzerten 60 USKler.Das Ergebnis: Steffi, Sven und Lukas sitzenseitdem wegen Hausfriedensbruchs, Land-friedensbruchs und versuchten Totschlags

    von Polizeibeamten in Untersuchungshaft.

    Die Polizei war nie an einerDeeskalation interessiertDie Polizeifhrung war zu keinem Zeit-punkt an einer Deeskalation bzw. friedli-chen Lsung dieser Hausbesetzung interes-siert. Ganz im Gegenteil: Condrobs wurdeam Tag der Rumung gegen halb elf vor-mittags davon in Kenntnis gesetzt, dass die-se bevorsteht. Die Polizei legte den Mitar-beiterInnen ein Schweigegebot auf unddrohte ihnen mit strafrechtlichen Konse-quenzen wegen Vernichtung von Beweis-mitteln, wenn sie die Jugendlichen vor-warnen wrden (aus der Presseerklrung

    von Condrobs am 7. Juli 2007).

    Die politisch-juristische Ebene desFallesDie Rumung des Hauses zeigt wieder ein-mal die bayerische Null-Toleranz- Liniegegenber HausbesetzerInnen: KeineHausbesetzung soll lnger als 24 Stundenbestehen. Ziel ist es seit jeher, potenzielleBesetzerInnen durch die sog. Deeskalati-

    on durch Strke einzuschchtern und ab-zuschrecken. Jedes Verhalten, das die herr-schenden Eigentumsverhltnisse in Fragestellt, wird mit massiver Repression beant-wortet. Im Falle dieser Hausbesetzung gehtes um mehr: Nach der nicht nur fr den Po-lizeiapparat berraschenden, militantenGegenwehr auf der Samstagsdemo beimG8-Gipfel in Rostock erwogen einige In-nenminister der Lnder, zuknftig Stein-wrfe auf Demonstrationen nicht mehr wiebisher mit Landfriedensbruch und Krper-

    verletzung zu ahnden, sondern als ver-suchten Totschlag zu bestrafen. Die Haus-

    besetzer-Punks bilden hierfr den juristi-schen Testfall fr Bayern. Die jetzt schonbeinahe ein halbes Jahr andauernde Unter-suchungshaft der drei Jugendlichen wirdnmlich genau mit der Hrte des Tatvor-

    wurfs - versuchter Totschlag - und der da-mit eventuell drohenden langjhrigenHaftstrafe begrndet. Dabei scheint es fr die Staatsanwaltschaft keine Rolle zu spie-len, dass der einzige (mit einem angebro-chenem Wirbel) verletzte Polizist sich die-se Verletzung gar nicht durch einen Stein-wurf geholt haben kann. Laut einem Gut-achten kam die Fraktur an der Wirbelsu-le eben nicht von einem Steinwurf, sondern

    von einer Kompression. Sprich, der Polizisthat sich seine Verletzung sehr wahrschein-lich durch den Sprung von einer Mauer beim Sturm des besetzten Hauses geholt.Offenbar wollen das bayerischen Innenmi-nisterium und die bayerische Justiz auf demRcken der drei jugendlichen Hausbesetzer einen Przedenzfall schaffen. Der staatli-che Gewaltapparat und die hiesige Klas-senjustiz wissen sehr wohl, dass die immer weiter auseinanderdriftende Schere zwi-schen Arm und Reich und der fortgesetztesoziale Kahlschlag auch einen zunehmen-den Widerstand und soziale Unruhen zur Folge haben knnen. Der Staat reagiert mitdem Abbau demokratischer Rechte, mehr berwachung und eben hrteren Unter-drckungsmanahmen gegen den Wider-stand. Auch Steinwrfe sollen deswegen

    nicht mehr mit Landfriedensbruch und Kr-perverletzung geahndet werden, sondern

    grundstzlich mit versuchtem Totschlagund monatelanger Untersuchungshaft mitden entsprechenden Folgen fr die kmp-fenden GenossInnen: z.B. Verlust des Ar-beitsplatzes oder der Ausbildungsstelle,bzw. die Schwierigkeit, einen solchen / ei-ne solche zuknftig wieder zu finden, oder

    Verlust der Wohnung, weil keine Mietemehr gezahlt werden kann. Genau deshalb

    verdienen die drei HausbesetzerInnen dieSolidaritt aller Menschen, die gegen ber-wachung, den Abbau demokratischer Grundrechte, die Militarisierung der

    Auenpolitik und den Sozialkahlschlag

    nach innen kmpfen.Nach dem G8-GipfelDer Zeitpunkt der spektakulr inszenierten,gewaltsamen Rumung war gut gewhlt.

    Drei Wochen nach dem G8-Gipfel in Ro-stock/Heiligendamm war das Ansehen desPolizeiapparats in der ffentlichkeit nichtgerade gut. Bundesweite Hausdurchsu-chungen, der Bau eines millionenteurenZaunes, die Einschrnkung des Demon-strationsrechts und der geplante Einsatz

    von Schnffelhunden gegen Demonstran-tInnen riefen bis weit in liberale brgerli-che Kreise Entsetzen hervor. Vergleiche mit

    dem DDR-Stasistaat wurden bemht. DieMilitanz auf der Demo in Rostock sowie dieUnfhigkeit, die gut konzipierten Massen-blockaden zu verhindern, wollte die Polizeiwohl so nicht auf sich sitzen lassen. EinSchlag gegen die Chaoten- und Hausbe-setzerszene in Mnchen passte da ganz gutin das angekratzte Image. Das erinnert anRostock titelte die Abendzeitung vom30.06./01.07. reierisch.

    Strafverfahren werden zur Bespitze-lung der linken Szene benutztDa die ermittelnden Beamten davon aus-gehen, dass die Barrikaden und Steine nichtalleine von den drei Jugendlichen gebautund gebunkert wurden, ldt sie Freundeund Eltern (!) der jetzt in U-Haft Einsitzen-den als ZeugInnen in die Polizeidienststel-

    le. Da dies wohl nicht den gewnsch-ten Erfolg zeigt, einige erscheinen auf

    Anraten der Roten Hilfe nicht, wird zueinem neuen Trick gegriffen. Der Staatsschutz lsst durch die Staatsan-waltschaft in das Polizeiprsidium inder Ettstrae vorladen. In mindestenseinem Fall ist daraufhin beim Erschei-nen der Zeugin gar kein Staatsanwalt

    vor Ort. Und so wird aus der staatsan-waltlichen Zeugenvorladung pltzlichein ganz normales Polizeiverhr. Daging es dann auch gar nicht mehr umdie Aufklrung von Straftaten, son-dern um das Sexualleben der Zeuginoder die politische Einstellung einer der Beschuldigten. Die eingeleitetenErmittlungsverfahren und Hausdurch-suchungen bei Eltern und Bekanntender drei Punks, in deren Verlauf Com-

    puter, Adressbcher, Handys und Kalender beschlagnahmt wurden, werden dazu ge-

    nutzt, linke Strukturen und Gruppenzu-sammenhnge auszuleuchten und zu be-spitzeln. Wir fordern die sofortige Freilassung der

    HausbesetzerInnen und die Einstellung al-ler eingeleiteten Ermittlungsverfahren!

    P.S. Seitdem gab es an Untersttzung fr die drei Verhafteten: eine Solidemo mit knapp 200 Leuten, eine Knastkundgebung, ein Solikonzert, und diverse gesprhte Parolen und ver-

    klebte Plakate.

    Laut SZ vom 17.12. soll der Prozess am21.Januar vor der Jugendkammer des Land-gerichts Mnchen beginnen. Die Anklagelautet auf versuchten Totschlag. Insge-samt sind 8 Verhandlungstage angesetzt.

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    Null Toleranz fr

    die Versammlungs-freiheit ?Demonstration Gegen Sicherheitswahnund berwachungsstaat am 15. Dezem-ber in Hamburg: Grundrechte mit Polizei-stiefeln getreten

    Wer damit rechnet, dass etwa die Teilnah-me an einer Versammlung oder einer Brge-rinitiative behrdlich registriert wird unddass ihm dadurch Risiken entstehen knnen,wird mglicherweise auf eine Ausbung sei-ner entsprechenden Grundrechte (Art 8, 9GG) verzichten. Dies wrde nicht nur die in-dividuellen Entfaltungschancen des Einzel-nen beeintrchtigen, sondern auch das Ge-meinwohl, weil Selbstbestimmung eine ele-mentare Funktionsbedingung eines auf Handlungsfhigkeit und Mitwirkungsfhig-keit seiner Brger begrndeten freiheitlichendemokratischen Gemeinwesens ist. Auf den Tag genau 24 Jahre vor der De-

    monstration Gegen Sicherheitswahn undberwachungsstaat, am 15. Dezember 1983, gab das Bundesverfassungsgericht der Politik diesen Satz als Leitlinie auf. Der Be-fund am 15. Dezember 2007: auf - nach Po-lizeizhlung - 3.000 Demonstranten kamen2.500 Polizisten. Zum Auftakt und whrenddes Versuchs, der angemeldeten Route zu fol-gen, filmten alle 30 Meter Beamte mit der

    Videokamera. Die Demonstrationsmengewar ab dem Auftakt an der Roten Flora

    von einer erdrckenden Macht grn undschwarz martialisch ausgersteter Polizeiumkesselt. Wer da nicht weglief, musste ein ernstes

    Anliegen haben.Die berwiegend sehr jungen Menschen

    wandten sich gegen die inzwischen allge-genwrtige berwachung und gegen eineSicherheits-politik, die Grundrechte tg-lich missachtet sowie gegen die strafrechtli-che Verfolgung linker politischer Opposition

    mit den Mitteln angeblicher Terrorabwehr und dem 129 a StGB.

    Es gibt allen Grund, auf die Strae zu ge-hen:

    Rasterfahndung, groer Lauschangriff,Luftsicherheitsgesetz, Feindstrafrecht, Terro-rismushysterie, zentrale Schlerdatei, Anti-Terror-Datei; Online-Durchsuchung - Bun-destrojaner; Relativierung der Unschulds-

    vermutung; Telekommunikationsberwa-chung; BKA-Gesetzentwurf mit der fast un-begrenzten Befugnis zur prventiven heim-lichen Ermittlung, Zollfahndungsgesetz mitEinsatz als Polizeieinheit und Geheimdienst-funktion mit verdachtsunabhngiger ber-wachung; Leitlinien zur Zentralisierung vonPolizei, Militr und Geheimdiensten, Zentra-lisierung der Melderegister, Zensus 2011. Istdas noch Demokratie? Anwltinnen und Anwlte fr Demokra-

    tie und Menschenrechte (RAV) beobachtetendie Demonstration vom Auftakt um 13.00Uhr bis zur vorzeitigen Auflsung am Mil-lerntor gegen 17.00 Uhr und kamen zu fol-gendem Schluss:

    Die Wahrnehmung des Rechts auf freie De-monstration wurde am 15. Dezember 2007

    von der Polizei verhindert. Die versammelteMenschenmenge wurde von mehreren Rei-hen uniformierter Polizei angefhrt und ineinem Wanderkessel eskortiert, aus dem eskeinen freien Zu- und Abgang gab. Als wei-tere Drohkulisse dienten auf die friedliche

    Versammlung gerichtete Wasserwerfer. DieMglichkeit fr interessierte Brger, das The-ma der Demonstration und die Transparen-te zu erkennen, war durch die Abschirmungdurch Polizei fast genauso ausgeschlossenwie die Mglichkeit, sich dem Zug zustim-mend anzuschlieen.

    Dies kommentiert RechtsanwltinHeinecke (Mitglied im Vorstand des RAV):Der 15. Dezember in Hamburg war eine un-

    verhltnismige, demokratiefeindliche De-

    monstration von Staatsmacht, die bei Br-gerinnen und Brgern zu Gefhlen von Ohn-macht und Sprachlosigkeit fhren muss. Siehat nichts mehr mit dem zu tun, was das Bun-desverfassungsgericht 1985 in der Entschei-

    dung Brokdorf festgeschrieben zur gesell-schaftlichen Bedeutung von Versammlun-gen festgeschrieben hat: ein Stck ur-sprnglich-ungebndigter unmittelbarer Demokratie zu sein, das geeignet ist, denpolitischen Betrieb vor Erstarrung in ge-schftiger Routine zu bewahren.

    Ein Innensenator, der diesen massiven Ver-fassungsbruch zu verantworten hat, ist eineunmittelbare gegenwrtige Gefahr, der esentgegenzutreten gilt und dessen sofortige

    Ablsung ein notwendiges und richtiges Sig-nal wre.Berlin, den 17. Dezember 2007Republikanischer Anwltinnen- und An-wlteverein e.V. (RAV) - Pressemitteilung

    Konfderation der Arbeiter aus derTrkei in Europa

    Stoppt die (Anklage)-Repressaliengegen fortschrittliche MigrantInnen undIhrer rechtmigen Vereine in der BRD

    Am 5. Dezember 2007 wurde in den frhenMorgenstunden eine zeitgleiche Razzia in 3Bundeslndern und in 8 Stdten der BRDdurchgefhrt. Der Bundesgerichtshof in Kar-lsruhe, der diesen operationellen Angriff be-fahl, leitete die Durchsuchung gegen 2 Mi-grantenvereine von ATIF und ATIK sowie 10Personen in 13 Objekten ein. Einiger dieser betroffenen Personen sind links-demokra-tisch gesinnte Mitglieder der legalen ATIF

    Vereine. Allen Personen werden die Mitglied-

    schaft bei der TKP/ML (KommunistischePartei der Trkei / Marxistisch-Leninistisch)

    vorgeworfen! In dem Durchsuchungsbe-

    fehl wird erwhnt, dass diese kommunisti-sche Organisation in der BRD als nicht ver-boten eingestuft wird.

    Hinzu kommt, dass sich alle brgerlichenMedien auf die gleichen Vorurteile der Ju-

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    stizbehrden und der Staatsanwaltschaft be-rufen. Fortschrittliche MigrantInnen, die le-gitim ihre politische Meinungen offenkun-dig darlegen und sich organisieren, werdenunrechtmig als Mitglieder einer terrori-stischen oder linksextremistischen Organi-sation abgestempelt. Obwohl noch nichtmal ein richterlicher Beschluss verkndetwurde.

    Dieses Desinformationsstreben der herr-

    schenden Medien und der Nachrichtenagen-turen ist ein Indiz dafr, dass das Recht auf freien Informationsfluss zu Gunsten der Mchtigen aufgebaut ist. Auch in diesem de-mokratischen Lande wird immer wieder dieMeinungsfreiheit missachtet.

    Fortschrittliche und politisch links einge-stellte einheimische Organisationen und ih-re AktivistInnen wie auch MigrantInnen inder BRD, die sich gegen Ausbeutung undweltweite Repressionen jeder Art und Mis-sachtung der Menschenrechte einsetzen,werden als gemeingefhrlich eingestuftund verfolgt.

    Infolgedessen kann unter Schirmherr-schaft des internationalen Kapitalismus diesystematische Ausbeutung in der BRD un-behelligt weiter ausgebt werden. Dieganzen Staatssicherheitsorgane sind blindauf dem rechten Auge, somit knnen die fa-schistischen Organisationen ihre rassisti-schen Angriffe ungestrt ausben.

    Deshalb fordern wir alle demokratischenOrganisationen und Parteien und sowie Ein-zelpersonen dazu auf, der undemokratischen

    Vorgehensweise und stndig zunehmendenRepressionswelle der BRD entschlossen ent-gegenzutreten.

    Dieser Angriff gegen fortschrittliche Men-schen ist eine erneute Missachtung desGrundgesetzes der freien Meinungsuerungund des Organisationsrechts in der BRD.

    Untersttzt die Kampagne fr das Ein-stellen des Verfahrens!

    Solidarisiert Euch fr eine lebenswertefreie Zukunft!

    Stoppt die Repressalien gegen linke ein-heimische als auch migrantische Organisa-tionen und Vereine!

    Erhht die Internationale Solidaritt undZusammenarbeit der Vlker und aller Lohn-abhngigen dieser Welt!

    Stopp dem innen und auenpolitischwachsenden imperialistischen Kriegswahn!Es lebe die Vlkerfreundschaft!Hoch die Internationale Solidaritt!

    Richten Sie Ihre Proteste bitte an:Generalbundesanwaltschaft Karlsruhe:Brauerstrae 30, 76135 Karlsruhe,Telefon:(0721)81910, Telefax: (0721) 81 91 59 0,eMail: [email protected] [email protected] der Justiz:Mohrenstrae 37, 10117 Berlin, Telefon:

    (030) 18 580 - 0, Telefax: (030) 18 580 - 9525, Dienststelle BONN: Adenauerallee 99 -103, 53113 Bonn, Telefon: (0228) 99 580- 0,Telefax: (0228) 99 580 - 83 25, [email protected]

    Das 6. Internationale Symposium gegenIsolation fand in der Brsseler UniversittULB vom 14. bis 17. Dezember 2007 mit

    Beteiligung von Delegationen aus Kuba, Venezuela, Haiti, Brasilien, Deutschland,Belgien, Holland, Grobritannien, Italien,Griechenland, Dnemark, Irak, Palstina,Libanon, Jordanien und der Trkei statt.

    Revolutionre Gefangene aus verschie-denen Lndern sind dem Aufruf der Inter-nationalen Plattform gegen Isolation ge-folgt und haben sich an dem jhrlich statt-findenden internationalen Solidarittshun-gerstreik beteiligt. Gefangene aus der DHKP-C in der Trkei, politische Gefange-ne in der BRD, Schweiz, Italien, dem Bas-kenland und Spanien haben mit ihrer Teil-nahme am Hungerstreik die internationaleSolidaritt in die Praxis umgesetzt.

    Beim diesjhrigen Symposium wurdenunter dem Motto Der Terror des Anti-Ter-ror-Krieges die Resultate der Rechts- undFreiheitsberaubungen, welche dieSchwarzen Listen und Anti-Terror-Gesetzemit sich bringen, benannt und ber ihre

    Auswirkungen auf die gewerkschaftliche,nationale und Volksbewegungen diskutiert.

    Im Rahmen des 6. Internationalen Sym-posiums gegen die Isolation wurden 6 Se-minare, eine Kulturveranstaltung und einePressekonferenz durchgefhrt. An den Seminaren haben sich ber 50

    Delegierte aus 18 verschiedenen Lndernbeteiligt.

    Ebenfalls im Rahmen der internationalen

    Tage gegen die Isolation fand neben demSymposium in Brssel ein Treffen mit Par-laments- und Senatsmitgliedern in Italienstatt, wonach 23 italienische Abgeordneteund Senatoren eine Initiative ergriffen undsich der Errungenschaften des Todesfa-stenwiderstandes angenommen haben.Demnach rufen sie dazu auf, den in der Tr-kei verabschiedeten Erlass 45/1, welcher bessere Haftbedingungen fr die Gefange-nen bedeutet, gnzlich umzusetzen. Auf dem Symposium, das in den Spra-

    chen franzsisch, englisch und trkischstattfand, wurden je nach Bedarf der Teil-nehmerinnen und Teilnehmer bersetzun-gen ins Spanische, Italienische, Deutsche,

    Arabische und Persische gemacht.

    14. Dezember: Anti-Terrorismus unddie MeinungsfreiheitBeim Seminar, an dem sich Delegierte ausJordanien, Palstina, der Trkei und Belgi-en beteiligten, wurde ber die Angriffe auf die Organisierungs- und Meinungsfreiheitinformiert, die unter der BezeichnungKampf gegen den Terror stattfinden. Eswurde auf die Notwendigkeit des Kampfeshiergegen hingewiesen. Die Redner Prof.Jean Bricmont von der katholischen Uni-

    Der Bremer Rechtsanwalt Eberhard Schultzhat am Wochenende auf einem Symposi-um in Brssel ber die Menschenrechte imZeitalter des Anti-Terror-Kriegs gespro-

    chen. Peter Nowas fhrte mit ihm ein In-terview.

    Was ist fr Sie als Menschenrechtsanwalt das besondere neue Merkmal der Freiheit-seinschrnkungen im Zeitalter des Anti-Terror-Kampfes?

    Guantanamo und Abu Ghraib sind die Vorboten einer weltweiten Wiederkehr der mittelalterlichen Vogelfreiheit. Die neueQualitt sehe ich in dem Versuch, Teile der Bevlkerung als Feinde auszugrenzenund ausdrcklich zu rechtlosen Objekten zumachen, wie es die Lehre vom so genann-

    ten Feindstrafrecht ausdrcklich fordert. Nun stehen Guantanamo und Abu Ghraib fr die Politik der USA nach dem 11.9.2001.Sehen Sie in Europa und speziell auch in

    Deutschland hnliche Entwicklungen? Durchaus, wenn wir an die unsgliche

    Folterdebatten denken, die regelmig beimedienwirksame Entfhrungen, Geisel-

    nahmen usw. losgetreten wird. Oder an denflchendeckenden Widerruf des Status von Asylberechtigten aus Afghanistan, demIrak und der Trkei, wo angeblich keine

    Verfolgung mehr stattfindet. Die erstenKurden, die seinerzeit wegen ihrer Ttigkeitfr die kurdische Bewegung als politisch

    Verfolgte anerkannt wurden, sind soebenan die Trkei ausgeliefert worden. Erinnertsei auch an das vom Parlament verab-schiedete Luftverkehrs.Sicherheitsgesetz,das fr den Fall einer Kaperung eines Flug-zeugs durch mutmaliche Terroristen den

    Abschluss des Flugzeuges vorsah, also den

    Tod Hunderter Unschuldiger. Solche Stim-men stehen nicht nur fr eine andere Re-publik sondern auch fr ein anderes Euro-pa. Es war doch bisher aufgrund der Eu-ropischen Menschenrechtskonvention

    Es gibt Anzeichen fr ein Problembewusein der Justiz in den USA und in Europ

    Internationales Symposiumgegen Isolation ein Beric

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    versitt Leuven, Dogan zgden im Namen von Info-Turc, Asad Ali Hasan Hseyin,Redakteur von Al-Arab Al-Yawn und der Jordanier Hisam Bustani haben in dem Se-minar auf die Gemeinsamkeiten der Anti-Terror-Gesetze und der Repression gegendie Meinungsfreiheit vom Nahen Osten bisEuropa hingewiesen.

    Isolation gegen Vlker und Nationen

    In dem Seminar, an dem sich neben desBotschaftern Kubas und Venezuelas der palstinensische Gefangenenminister be-teiligt haben, wurde die Isolation gegen Na-tionen und Vlker thematisiert. Die Betei-ligung von Botschaftern und Ministern war gleichzeitig ein Zeichen fr die Legitimittdes 6. Internationalen Symposiums gegenIsolation. Anhand von Beispielen wie Em-bargos, Krieg und Besatzungen wurden dieimperialistischen Angriffe gegen die Vl-ker der Erde verdeutlicht. Whrend des teils visuellen Beitrages des

    venezolanischen Botschafters wurde dieEntschlossenheit des Kampfes fr Sozialis-mus unter der Fhrung Chavez unterstri-chen. Die neuerliche Niederlage des sozia-listischen Referendums in Venezuela habelaut Botschafter nicht den Willen zu kmp-fen gebrochen; im Gegenteil, mit den Lek-tionen aus der Niederlage wrde derselbeKampf noch entschlossener gefhrt wer-den.

    Der kubanische Botschafter erklrte, dassdas 50-jhrige Embargo nicht nur eine wirt-schaftliche Einschrnkung sei, sonderndass dieses ein offener Umzingelungsein-satz sei. Er betonte, dass diese Umzingelungeine imperialistische Vernichtungsblocka-

    de sei und die Embargos darauf abzielten,den Willen des kubanischen Volkes zu ver-nichten.

    15. Dezember: Seminar berGefangene

    Whrend des Seminars ber Gefangene be-tonten der trkische Anwalt Behic Asci,Delphine Paci vom internationalen Ge-

    fngnisbeobachtungskomitee, Prsidentder belgischen Liga fr Menschenrechte Be-noit Van Der Meerschen, die Delegation despalstinensischen Gefangenenministeri-ums und das Komitee fr Meinungs- undOrganisierungsfreiheit CLEA, dass die Iso-lationspraktiken gegen Gefangene vonLand zu Land unterschiedlich seien, aber dass das Prinzip der Isolation darauf ab-ziele, die Widerstandskmpferinnen und -kmpfer zu brechen und sie ihrer Identittzu berauben.

    Kulturveranstaltung zgr TutsakEines der Aktivitten am zweiten Tag desSymposiums war die Kulturveranstaltungunter der Bezeichnung zgr Tutsak(Freie Gefangene). Neben Vertreterinnender Internationalen Plattform gegen Isola-tion hielten der Anwalt Behic Asci und der belgische Senator Josy Dubie Reden. Mu-sikalische Beitrge lieferten die BandsCrystal, Nuray und Taner und Grup Yorum.

    Whrend Crystal lateinamerikanische Lie-der spielte, fhrten Nuray und Taner Volks-lieder aus der Trkei auf. Als letzte Bandspielte Grup Yorum und rundete das Ge-samtrepertoir mit Halayliedern und inter-nationalistischen Mrschen ab.

    Eine weitere Darbietung an diesem Abendstellte die Fotoausstellung der italienischenJournalistinnen Grazzia Cecchoni und Em-manuela Rubini dar. Sie stellten ihre Fotosaus, die sie whrend des 7-jhrigen Todes-fastenwiderstandes in der Trkei gemachthatten. Die Ausstellung zog die Aufmerk-samkeit der Besucherinnen und Besucher auf sich.

    16. Dezember: Am dritten Tag des Symposiums fandendrei verschiedene Seminare hinsichtlich der

    Anti-Terror-Gesetze und der Schwarzen Li-sten statt.

    Basisrechte unddie JuristInnenBeim Seminar, an dem sich Anwalt FlavioRossi (Italien), Anwalt Jan Fermon (Belgi-en), Anwltin Sahar Mahdi (Irak), AnwaltEberhard Schultz (BRD), Anwalt Selcuk Ko-zagacli (Trkei), Anwalt Mario Joseph (Hai-ti) und der persnliche Vertreter des ehe-maligen algerischen Staatsprsidenten Ah-met Bin Bella beteiligten, wurde offenge-legt, dass die Anti-Terror-Gesetze unter der Bezeichnung Kampf gegen den Terror

    verabschiedet, wie somit Begriffe wie Rechtund Gerechtigkeit ihres Inhaltes beraubtund dass bezweckt wird, Rechte und Frei-heiten, die im Laufe von Jahrhunderten er-rungen wurden, somit auszulschen. Whrend beim Seminar die wirklichen

    Ausmae der Verbrechen gegen dieMenschlichkeit in den Gefngnissen Haitisund Iraks vor Augen gefhrt wurden, stell-te sich heraus, dass die Praktiken in der BRD, in Italien und Belgien nicht anders

    Konsens, dass das Grundrecht auf Lebenund krperliche Unversehrtheit ebenso not-standsfest ist wie das Folterverbot. Es darf also auch im Fall von Krieg und Ausnah-mezustand nicht auer Kraft gesetzt wer-den.

    Welche Auswirkungen haben die viel zi-tierten Schwarzen Listen konkret?

    Fr die Betroffenen bedeutet dies

    zunchst vor allem die Beschlagnahme ih-rer Bankkonten und die Abstempelung alsTerrorist. Auch sah die EU-Terrorlistekeine Begrndung und keine Anfechtungs-mglichkeit vor.

    Im Fall von Professor Jose-Maria Sison,einem in den Niederlanden anerkanntenFlchtlinge aus den Philippinen, haben wir mit Hilfe eines internationalen Verteidiger-teams erreichen knnen, dass der Europi-sche Gerichtshof in Luxemburg diese Pra-xis fr konventionswidrig erklrte. Das hat-te zur Folge, dass Professor Sison von der Liste gestrichen wurde und kurz darauf mit

    einer floskelhaften und vllig abwegigenBegrndung erneut in die Liste aufgenom-men wurde. Wir stehen also vor weiteren juristischen

    Auseinandersetzungen, diesmal mit einer

    breiteren Untersttzung der kritischen f-fentlichkeit.

    Sehen Sie also auch Zeichen fr ein Pro-blembewusstsein bei in die Justiz?

    Ja. Krzlich sind in Dnemark Vertreiber von T-Shirts mit dem Emblem der kolum-bianischen FARC vom Vorwurf der Terro-rismusuntersttzung freigesprochen wor-den. Solche mutige Entscheidungen gibt es

    immer wieder, auch bei uns und dem Eu-ropischen Gerichtshof fr Menschenrech-te. Selbst in den USA hat der Supreme Courtder Bush Administration bei dem Versuch,mit Guantanamo einen rechtsfreien Raumzu schaffen, eine deutliche Absage erteilt.Es lohnt sich also, an die juristischen Frontzu kmpfen. Mit der weiteren Unterstt-zung der ffentlichkeit kann es dann hof-fentlich gelingen, die vom Gericht er-kmpften Rechte auch bei den zustndigenPolizei- und Verwaltungsbehrden durch-zusetzen.

    Fhlt sich nicht die groe Mehrheit der Be-vlkerung mit Recht gar nicht betroffen vonden Schwarzen Listen und reagiert deshalbdarauf nicht?

    Derzeit sind davon in erster Linie mut-

    maliche Terroristen betroffen und alle,die in das Feindbild Terrorismus bser Moslem passen. Aber es wird versucht, diemenschenrechtswidrige Praxis auf die mi-litante soziale Protestbewegung auszudeh-nen, wie das Beispiel der G8-Proteste undder neuen 129a-Verfahren zeigt. Die groeMehrheit wird derzeit vor allem mit denMitteln der PC-Onlinedurchsuchungen, der

    Videoberwachung usw. zum glsernen

    Menschen gemacht und unter General- verdacht gestellt. Orwells 1989 hat imneuen Jahrtausend endgltig seinen Ein-zug gefunden. Einzelne knnen allerdingsschon jetzt bei den zunehmend aggressi-

    veren Anti-Terrormanahmen Opfer vonKollateralschden werden.

    Sie sehen also Mglichkeiten, die Kritik anden Schwarzen Listen und dem breit ge-

    fcherten Widerstand gegen Vorratsdaten-speicherung zu verbinden?

    Das ist mglich und unbedingt notwen-dig, damit wir nicht in eine vollkommen

    unsolidarische Gesellschaft geraten, diedem neoliberalen Projekt von Konkurrenzund Krieg nach auen und innen keinen

    Widerstand mehr entgegensetzen kann.Interview: Peter Nowak

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    sind und dass unter der BezeichnungKampf gegen den Terror die Gefngnis-bedingungen weltweit hrter werden.

    Basisrechte und -freiheiten undOrganisierungsfreiheit

    An diesem Seminar beteiligten sich CLEAaus Belgien, OPROR aus Dnemark, CAM-PACC und Cage Prisoners aus England,Netzwerk Freiheit fr alle politischen Ge-

    fangenen und die Anatolische Fderationaus der BRD und informierten ber die An-ti-Terror-Gesetze und ihre Auswirkungenauf gesellschaftliche Bewegungen.

    Die grundlegendste Tatsache bei diesemSeminar war, dass die Angriffe gegen dieRechte und Freiheiten zwar in verschiede-nen Lndern stattfinden, aber im Grundedieselben Angriffe darstellen und vom sel-ben Zentrum herrhren. Eine weitere Fest-stellung war, dass die Kmpfe gegen die An-griffe generell unergiebig und lediglich imnationalen Rahmen stattfinden. Es be-sttigte sich ein weiteres Mal die Tatsache,dass ein international organisierter Kampf gegen diese Angriffe notwendig ist.

    Gesellschaftliche Bewegungen und Ein-schrnkung der Freiheiten. An diesem Seminar beteiligten sich ne-

    ben den Vertretern der griechischen Ge-werkschaften ADEDY und DOE der Filia-lenvorsitzende des belgischen Gewerk-schaft ABVV, die belgische ATTAC Vertre-tung, ein Vertreter der italienischen Orga-nisierung ASP und der Redakteur der itali-enischen Zeitung Senza Censura. Die Rededes Vertreters der trkischen GewerkschaftDISK Genel-Is, Mehmet Karagz, der sichnicht am Symposium beteiligen konnte,wurde ebenfalls verlesen. Whrend des letzten Seminars wurden

    die Solidarittsbotschaften der Roten HilfeDeutschland, 23. Novembre Resistance Mo-

    vement aus Bulgarien und Vereinigte Lin-ke Europa verlesen. Anschlieend wurde er-klrt, welche Gefangenen sich an den die-sjhrigen Solidarittshungerstreiks beteili-gen.

    17. Dezember:Pressekonferenz

    Am Mittag des 17. Dezember fand in denRumen belgischen Liga fr menschen-rechte eine Pressekonferenz statt. Auf der Konferenz bewerteten die Delegierten, diesich am Symposium beteiligt hatten, dasdiesjhrige Symposium. An der Konferenzbeteiligten sich neben der belgischen na-tionalen Nachrichtenagentur diverse Zei-tungen.

    Im Anschluss an die Pressekonferenzwurde von der HC (Front fr Rechte undFreiheiten) eine spontane Protestkundge-bung vor der trkischen Botschaft in Brs-sel organisiert. Anlass dafr war die Er-

    mordung der DHKC-Kmpferin Kevser Mizrak in Ankara am 10. Dezember 2007. An dieser Kundgebung beteiligten sich ne-ben den Mitlgiedern der HC auch die in-ternationalen Delegationen.

    Internationale Hungerstreiks an deninternationelen Kampftagen gegendie IsolationFolgend der Text, der auf dem Symposiumhinsichtlich der Solidarittshungerstreiksder politischen Gefangenen verlesen wur-de: Am Hungerstreik beteiligen sich bisher:Ilhan Yelkuvan und 8 soziale Gefangene,

    Hamburg, Santa Fu Aus ihrem Brief:Von Guantanamo bis zu Abu Ghraib,

    von den F-Typen bis zu den Mauern Pal-stinas dauern Folter und Massaker in vie-len Teilen der Welt an.

    Die Folter und Massaker, die hinter denMauern andauern, sind unmenschlich. Die-se Angriffe finden statt, um die Wider-standskmpferinnen und -kmpfer zu iso-lieren und zu vernichten.

    So sehr sie auch versuchen, die Vlker zu verngstigen und einzuschchtern:

    ,Solange die Herzen wachsen, verringernsich die ngste, wenn die ngste wachsen,schrumpft die Menschlichkeit.

    Devrim Gler, Schwbisch Hall:Ich mchte Behic Asci gren. Er hat uns

    die selbstlose Solidarittsbereitschaft ge-lehrt. Auerdem gre ich die Teilnehmerinnen

    und Teilnehmer des Symposiums, die fr Menschenrechte und ihre Ideale keineMhe und Not scheuen.

    Rainer Dittrich, Lbeck:Es macht mich glcklich zu sehen, wie

    internationale Kmpfe und die Aktionender revolutionren Strukturen sich gegen-seitig beeinflussen. Verliert nicht euren Glauben an die Zu-

    kunft, die Opferbereitschaft, und den Glau-ben an den Zusammenhalt; strkt die Ent-schlossenheit des Kampfes, den politischenund menschlichen Willen.

    Die Aachen 4: Jose Fernandez Delgado, RheinbachRafael Martinez Zea, Puerto III

    Joaquin Garcia Villacampa, Castellon

    Gabriel Pombo Da Silva, AachenEs hat sich im Kampf gegen den Kapita-lismus nichts an ihren Plnen des Ausbeu-tung und Unterdrckung gendert Wir sind gezwungen, einen langen Kampf biszur Beseitigung des Kapitalismus zu fhren.

    Marco Camenisch, Regensdorf Christian Facchinetti, BolognaFederico Rizzoli, Bologna

    Juan Fernandez Sorroche, FerraraMatteo Greco, VogheraGefangenen aus PCE(r)/GRAPOGefangene aus der DHKP-C

    Ivano Fadda, Cagliari sandte eine Solida-rittsbotschaft und erklrte, aus gesund-heitlichen Grnden nicht am Hungerstreikteilnehmen zu knnen.

    Jean-Marc Rouillan:Positive EntscheidungKommuniqu der Gruppe NLPF!

    Am 6. Dezember hat das Berufungsgerichtdie Hafterleichterungen, die Jean-MarcRouillan, Gefangener aus der Action Direc-te, am 26. September in Paris zugesprochen

    worden waren, anerkannt.Nach fast 21 Jahren Haft ist es fr Jean-Marc Rouillan ein erster Schritt in RichtungFreiheit und das Collectif Ne Laissons PasFaire! freut sich darber. Aber Hafterleichterung bedeutet nicht

    Freilassung. Fr Nathalie Mnigon fiel eine vergleichbare Entscheidung, die seit dem 2. August 2007 in Kraft ist. Auch Jean-MarcRouillan wird zur Hlfte in Haft bleiben. Er muss tagsber arbeiten und ber Nacht undam Wochenende ins Gefngnis zurck.

    Dennoch ist es ein Sieg fr die Militantenaus Action Directe, die rauskommen, ohneabgeschworen zu haben. Joelle Aubron, Ge-orges Cipriani, Nathalie Mnigon und Jean-Marc Rouillan sind ihrem antiimperialisti-schen und antikapitalistischen Engagementimmer treu geblieben. Whrend all der Jah-re der Haft unter teilweise extremen Bedin-gungen sind sie solidarisch geblieben.

    Georges Cipriani hat im November 2007einen Antrag auf Freilassung auf Be-whrung gestellt. Dieser Antrag wird insechs Monaten entschieden, und nichtsknnte eine Ablehnung rechtfertigen.

    Rgis Schleicher ist 1984 verhaftet wor-den und im 24sten Haftjahr! Er kann erst

    Anfang 2008 einen Antrag auf Freilassungstellen. Wie bei Georges Cipriani wre eine

    Ablehnung von Justizseite vllig inakzep-tabel. Wir werden weiter fr die vollstndige

    Freilassung aller Gefangenen aus Action Di-recte mobilisieren!Paris, den 6. Dezember 2007-12-08 Collec-tif Ne laissons pas faire! [email protected] - http://nlpf.samiz-dat.net Freilassung der Gefangenen aus Action Di-recte

    Italien

    Eintretensprozessgegen verhaftetenKommunistInnenAm 12.12. begann in Mailand derEintretensprozess gegen 17 verhafteteGenossInnen.

    Zur Erinnerung: Am 12.2.07 fand in Itali-en und der Schweiz eine groangelegte Ra-zzia von ber 500 Beamten in Form vonSpezialeinheiten, Staatsschutz, militri-schen Einheiten und so weiter statt.

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    Die international angelegte Repressions-aktion richtete sich gegen die Konstitu-ierung einer politisch militrischen kom-munistischen Partei (PC p-m). Verhaftetwurden aktive BasisgewerkschafterInnen,StudentInnen, Militante von Antikriegs-wie politischen Widerstandsbewegungen,einer war aus der Illegalitt heraus verhaf-tet worden. Politisch fhren ihre Wurzelnzurck zur Debatte innerhalb der Brigate

    Rosse, aus der heraus 1984 zwei Positionenentsprangen. In der PC p-m findet sich die2. Position wieder. Vier von ihnen erklrten sofort, Militan-

    te der Konstituierung der PC p-m zu sein,zehn verweigerten die Aussage, eine/r ent-schied sich zur Kollaboration, die wieder-um fhrte im August und Dezember zu wei-teren drei Verhaftungen.

    Eine groe, auch internationale Solida-rittswelle schlug der Repression entgegen.Diese entstand in den Fabriken, sozialenZentren, der politischen Widerstandsbewe-gung generell. Internationale Aktionenwurden aus Frankreich, Belgien, Deutsch-land, Schweiz und Spanien bekannt. DieTexte der Gefangenen wurden selbst instrkische bersetzt.

    Die vier Gefangenen Bortolato, Davanzo,Latino und Sisi (sie erklrten sich politischzugehrig zur Konstituierung der PC p-m)

    verhielten sich politisch sehr offensiv: Ihre

    Erklrungen findet Ihr unter www.rhi-sri.org Wie zu erwarten war, wurde der Eintre-

    tensprozess von allen Gefangenen und un-ter Hausarrest gesetzten GenossInnen poli-tisch offensiv gefhrt. Eine lange Erklrungwie auch das Verhalten im Prozess selbstwar politisch offensiv.

    Das Datum 12.12. war politisch sehr bri-sant. Erinnert sei an dieser Stelle: am

    12.12.69 explodierte in Mailand in einer Bank an der Piazza Fontana am helllichtenTag eine Bombe, die sofort den Anarchistenin die Schuhe geschoben wurde. Der Ge-nosse Pinelli wurde im Verlaufe des Verhrsaus dem Fenster gestoen und starb. DieseBombe war Teil der berhmt berchtigtenStrategie der Spannung.

    Dass gerade dieses Datum fr den Pro-zess gewhlt wurde, ist wohl kein Zufall.Dass die faschistische Partei Forza Nuovaauf die Strae mobilisierte und sich als Zi-

    vilpartei konstituierte, gehrt mit in diesepolitische Brisanz!

    Es gab sehr wohl eine Mobilisierung hinzum Prozessbunker, aber von linker Seiteher. Auch im Ausland gab es zahlreiche Zei-chen der Solidaritt: von Grubotschaftenbis hin zu Sprayaktionen in Deutschlandund Frankreich oder Brandanschlag undSprayaktionen in der Schweiz.

    Die Gefangenen der PC p-m gingen

    whrend des Symposiums gegen Isolation(14. - 17. Dezember) in Brssel in Solida-ritt mit der Isofolter gegen die trkischenGefangenen in einen Hungerstreik undfhrten ihn angesichts der Isolation, in der sich einige von ihnen seit mehr als 10 Mo-naten befinden, weiter.

    Das Gericht bernahm selbstverstnd-lich, entgegen allen Antrgen der politi-schen Verteidigung, die Wnsche der

    fhrenden Untersuchungsrichterin Boccas-sini.Das eigentliche Prozessdatum ist auf den

    27. Mrz festgelegt!Gegen alle im Verfahren angeschuldig-

    ten, die nicht verhaftet wurden, luft dasErmittlungsverfahren auf polizeilich-stast-schtzerischer Ebene weiter. Die Ermitt-lungshandlungen haben nicht abgebro-chen, die in den Akten aufgetauchten Te-lefonkontroll-Protokolle und Observati-onsbericht sichern diese von den Betroffe-nen gemachten Beobachtungen. Wir fordern alle auf, sich zum Prozess so-

    lidarisch zu verhalten. Angegriffen wird einrevolutionres Projekt mit langjhriger Kontinuitt und Perspektive zugleich: ge-meint sind alle, die im Kampf gegen Kapi-talismus und Imperialismus eine revolu-tionre entwickeln wollen!Mehr und laufend aktuelle Infos findet ihr unter: www.rhi-sri.org

    Chile

    Mapuche-Gefangene imHungerstreikMitte Oktober begannen die Gegangenenihren Streik. Am 57. Tag ihres Hunger-streiks ist der Gesundheitszustand der po-litischen Mapuche-Gefangen in der kriti-

    schen Phase angelangt.Zwei der wegen terroristischer VergehenInhaftierten haben bereits 2006 mehr als dreiMonate lang die Nahrungsaufnahme verwei-gert. Bei den Gefangenen handelt es sich umJos Huenchunao, Jaime Marileo, Hctor Llaitul, Jos Millaln und die Aktivistin Pa-tricia Troncoso, die als einzige nicht in di-rekter Linie vom Volk der Mapuche, der gr-ten Volksgruppe Chiles, abstammt.

    Die Streikenden, die nur Wasser und dentraditionellen Matetee zu sich nehmen, ha-ben zwischen 16 und 22 kg verloren und lei-

    den unter Schwindelanfllen, Sehproblemen,Nierenversagen und Kreislaufstrungen. Ihr Zustand ist derart kritische, dass die Gendar-mera (Gefngnisschutzwache) die Justiz ein-geschaltet hat, um eine jederzeitige Verbrin-

    gung der Gefangenen ins Hospital von Angol,im Sden des Landes, unternehmen zu kn-nen. Dort sollen die Hungerstreikenden ge-gen ihren Willen zwangsernhrt werden.

    Marileo und Troncoso wurden 2001 wegenterroristischer Brandstiftung zu einer Haftstrafe von 10 Jahren und einem Tag ver-urteilt und sind seither im Gefngnis. Auer-dem mssen sie zusammen mit anderen fr schuldig Befundenen ca. 840.000 Dollar andie geschdigte Holzfirma zahlen.

    Huenchunao, der Grnder der radikalenCoordinadora Arauco Malleco (CAM), der wegen desselben Delikts verurteilt ist, war bisMrz dieses Jahres auf der Flucht vor der Ju-stiz.

    Bei den Terrorakten handelt es sich um

    das Niederbrennen von 100 ha Pinienan-pflanzung der Holzfirma Mininco im ca.670km von Santiago entfernten Ercilla, in der Region des von den Mapuche als ihr tradi-tionell angestammtes Territorium angesehe-nen Araucana/Araukanien.

    Um diesen und andere Widerstandshand-lungen der Mapuche gegen ihre Enteignung,

    Vertreibung und Diskriminierung verurteilenzu knnen, brachte der damalige PrsidentRicardo Lagos (2000-2006) das von der Mi-litrdiktatur von Augusto Pinochet (1973-1990) eingefhrte Antiterrorismusgesetz zur

    Anwendung. Diese Vorgehensweise wurde

    und wird von nationalen und internationa-len Menschenrechtsorganismen scharf kriti-siert, die die verhngten Strafen als unver-hltnismig ansehen und die politischenund territorialen (Rechts-) Forderungen der

    Mapuche nicht als Terrorakte einschtzen,sondern fr legitim erachten.

    Die wegen dieses Falls in Angol (Araucana)Einsitzenden haben stets ihre Unschuld ge-genber den Anschuldigen erklrt.

    Llaitul, ebenfalls Mitglied der CAM, befin-det sich in Untersuchungshaft. Ihm werdenmehrere Vergehen zur Last gelegt; darunter die besagte Brandstiftung. Millaln ist wegen

    Verstoes gegen das Gesetz zur Inneren Si-cherheit des Staates zu vier Jahren und ei-nem Tag verurteilt.

    Die Gefangenen haben in mehreren Kom-muniques ihre Forderungen, die die extremeManahme des Hungerstreiks erklren, zum

    Ausdruck gebracht. Die wichtigsten davonsind die sofortige Freilassung aller - 20- po-

    litischen Mapuche-Gefangenen, die Entmili-tarisierung ihrer Gebiete und die Beendigungder Repressionen gegen die Mapuche-Ge-meinden, die aktiv fr ihre politischen undterritorialen Rechte kmpfen. Auerdem verlangen die Hungerstreiken-

    den die Einstellung der gegen die Mapuche- AnfhrerInnen gerichteten politisch-juristi-schen Konstruktionen.

    Jaime Marileo und Patricia Troncoso hat-ten gemeinsam mit anderen Angehrigen der Mapuche-Gemeinschaft bereits zwischenMrz und Mai 2006 einen Hungerstreik von72 Tagen durchgefhrt, der von 67 Personen

    fortgesetzt worden war.Diesen Hungerstreik hatten sie abgebro-chen, weil sie Hoffnungen in ein von Parla-mentsbeamten vorgelegtes Gesetzesprojektgesetzt hatten, das per Dekret, mit dem die

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    Strafen in eine Entlassung unter Auflagen verwandelt werden sollten, ihre Freilassungin Aussicht gestellt hatte. Diese Alternative,die jedoch vom Parlament abgelehnt wurde,war nach einer massiven Kampagne zur Sen-sibilisierung der nationalen und internatio-nalen ffentlichkeit entstanden.

    Der Vater von Patricia Troncoso kommen-tierte gegenber IPS: Ich habe drei oder vier Briefe an die Prsidentin Michelle Bachelet

    geschrieben. Doch ich erhielt nur die Mittei-lung, dass sie diese nicht beantworten kn-ne, weil sie zu beschftigt sei, und hoff-nungslos fgte er hinzu: Die Regierung hatzu nichts Stellung bezogen. Wir haben umdie Einrichtung einer Dialogrunde gebeten,aber wir wissen nicht, was wir noch tun sol-len, damit sie uns beachten.

    Patricia Troncoso (37), die sich stark fr dieBelange der Mapuche engagiert, selbst sagt:Wenn sie uns in korrekter Weise inhaftierthtten, wre die Lage normal. Aber die Ver-fahren waren voller Unregel-migkeiten: Es gab falsche, be-zahlte und vermummte Zeu-gen. Angesichts der Gleichgltig-

    keit der Autoritten haben sechs Angehrige und Freunde der po-litischen Mapuche-Gefangenenam 21. November ebenfalls ei-nen Hungerstreik begonnen.

    Weitere Angehrige und Unter-sttzende errichteten letzte Wo-che ein Protestcamp auf dem

    Auengelnde des Gefngnisses von Angol. Zu ihrer Einschch-terung hat die Wachgarde in-zwischen bereits Warnschsseabgegeben.

    Das ffentliche Zentrum fr Menschenrechtsbeobachtungmit Sitz in Temuco hat am ver-gangenen Mittwoch die Auto-ritten aufgefordert, den Rechts-forderungen der Gefangenen Mapuche zuentsprechen: Wir sind weiterhin der ber-zeugung, dass ihre Strafen ungerecht sindund dass ihre Inhaftierung die dramatischeKonsequenz der Politik der Kriminalisierungdes sozialen Indigenaprotestes ist, die von

    den Regierungen der Pakts der PolitischenParteien fr Demokratie, die seit 1990 an der Macht sind, in Gang gesetzt worden ist.

    Im Verlauf der vergangenen Monate habenin Temuco, Santiago und weiteren StdtenChiles Demonstrationen fr die Lsung desKonflikts stattgefunden, der auch in Europaein Echo gefunden hat. Der Richter im Ru-hestand Juan Guzmn, der den Fall gegen Pi-nochet fhrte, ist eine der wenigen Persn-lichkeiten, die sich ffentlich zugunsten der Hungerstreikenden ausgesprochen haben.

    Seit 2006 bemht sich eine Gruppe vonMenschenrechtsanwltInnen, gesetzliche

    und administrative Lsungen fr diesen Fallzu finden. Einer von ihnen ist Alberto Espi-noza, der die Hungerstreikendem am 2. De-zember besucht hat. Er war Teil der Men-schenrechtskommission der Abgeordneten-

    kammer, die sich bemht hat, die Realitt der Indigenas darzulegen und die Parlamenta-rierInnen dazu zu bewegen, ein Gesetzespro-

    jekt zu befrworten, das die Strafen fr Brandstiftung herabsetzt. Dank der Unter-zeichnung von neun Legislaturbeamten wirddie Gesetzesinitiative eingebracht werden.Sie war auch das Ziel eines Treffens von Espi-noza mit dem (fr Parlamentsbeziehungenzustndigen) ministeriellen Generalsekretr

    der Prsidenz, Jos Antonio Viera-Gallo, der jedoch lediglich versprach, die Situation zustudieren. Der Anwalt schtze seine Haltungdennoch als positiv ein.

    Eine andere, von den Menschenrechtsan-wltInnen vorgeschlagene Alternative ist dieZusage verschiedener Hafterleichterungenwie Freignge nach Hause und die Verlegungin ein Gefngnis auf dem Land. Espinoza, An-walt der Stiftung fr Soziale Untersttzungder Christlichen Kirche, glaubt, dass alle die-se Schritte die Mapuche und die Aktivistin

    aufmuntern und dazu bewegen knnen,ihren Hungerstreik einzustellen. Gleichzeitigaber bezeichnet er es als schwierig, dafr ei-ne Garantie zu geben, denn die Rechtsfor-derungen, die sie stellen, sind keine Angele-genheit einer sofortigen Lsung.

    Die Angehrigen der Gefangenen ihrerseitshaben den ebenfalls Anwalt fr Menschen-rechte Humberto Lagos damit beauftragt, ei-nen Dialogtisch